GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 01/2006 vom 19.01.2006
Software-Controlling - Objektive Messung des Wertes von Software mittels der Function Point Analyse
M.Westphal
Kernthesen
- Software beansprucht wachsende Anteile am Budget eines Unternehmens.
- Die sinkenden Budgets für IT-Ausgaben zwingen die Unternehmen zu konsequenteren Messungen des Wertes von Software für das Unternehmen.
- Bisher werden kaum objektivierbare Methoden zur Messung des Wertes von Software genutzt.
- Die Function Point Analyse stellt eine allgemein anerkannte Metrik zur objektiven Messung des Wertes von Software dar.
Beitrag
Das Controlling von Software-Projekten mit objektiven Messzahlen rückt zunehmend in den Fokus von Unternehmen. Controlling wird von Unternehmen stiefmütterlich behandelt. Jedes Jahr werden für die Herstellung und Wartung von Software Milliarden von Euro ausgegeben. Trotzdem ist es in dem nahezu halben Jahrhundert seit es Software gibt, noch nicht gelungen, Kalkulationsschemata für dieses Produkt zu schaffen.
Software ist ein sehr großer Budgetposten, dessen Controling vom Unternehmnen stiefmütterlich behandelt wird
So sind für Produktionsunternehmen übliche Kostenplanungen oder die Bildung von Produktivitätskennzahlen im Bereich der Software-Entwicklung Fremdworte. Das Problem besteht darin, dass den signifikanten Investitionen eine schwer zu quantifizierende Leistung gegenüber steht. (5)
(6)
Solange der Output oder auch die Leistung von Software-Entwicklung nicht bewertet werden kann, kann es kein aussagekräftiges Controlling für die Entwicklung und den Betrieb von Informationssystemen geben.
Nur durch eine Leistungsmessung können Verbesserungen der Effizienz und Qualität nachweisbar erreicht werden.
Häufig wird mit eher subjektiven Größen wie der Nutzwertanalyse gearbeitet, die die "Tauglichkeit des Vorhabens" bewertet. (6)
Oder die Kosten für Softwareprojekte werden einfach nur geschätzt und mit einem üppigen Risiko-Aufschlag versehen. In diesem Falle ist es für die Entwickler selten ein Problem, innerhalb der vereinbarten Budgets zu bleiben. (2)
Aber auch eine unternehmensübergreifende Bewertung mittels des Substanzwerts eines Systems ist problematisch, da der Substanzwert häufig einfach mit den Projektkosten gleichgesetzt wird. Eine effiziente oder auch ineffiziente Projektdurchführung wird nicht berücksichtigt, wobei diese natürlich zu recht unterschiedlichen Ergebnissen führen könnten. Eine objektivierbare Methode wird gesucht. (6)
In der Software-Entwicklung herrscht immer noch die Meinung vor, dass es sich hierbei um einen kreativen Akt handelt, der nur in seiner Gesamtheit betrachtet und welcher wertmäßig nicht alleine nach seinem Aufwand berechnet werden kann. Es wird bisher zuwenig berücksichtigt, dass das Umsetzen von Anforderungen der Anwender in ablauffähige Programme auch als Handwerk unter Berücksichtigung aktueller Hardwaretechnik und Softwaremethodik ist. (5)
Es gibt für den Bereich der Software-Entwicklung weder ein Maß für die "Größe" der Software noch sind Statistiken für die Erstellungszeiten verfügbar. Es müssen zunächst entsprechende Vorarbeiten geleistet werden, um ein Datengerüst für Kalkulationen zu schaffen wie dieses in der Industrie üblich ist. (5)
Notwendig ist eine gute Datenstruktur und Datendefinitionen, die in gemeinsamen Reporting-Tools erfasst werden. (7)
Die Leistung von Software ist schwer fassbar, daher sind die Bewertung und das Controlling von EDV-Programmen und Software-Entwicklung schwierig aber unabdingbar. (6)
Die Function Point Methode schafft eine einheitliche und objektive Dokumentation der IT-Anwendungssysteme aus Benutzersicht. Dieses resultiert in einem Tool, welches Projektentscheidungen, Investitionen und Verträge absichert und eine Lieferantenauswahl ermöglicht. (3)
Es gibt verschiedene Ansätze, den Wert von Software zu messen
Das Scheitern vieler IT-Vorhaben ist vorprogrammiert, da ihr Umfang und die Kosten erst im laufenden Projekt klar werden und nicht schon im Vorfeld. Es fehlen Methoden zur Aufwandsschätzung. (1)
Zur Schätzung von IT-Projekten bieten sich mehrere Methoden an, die in der Regel zweistufig sind.
Im ersten Schritt muss für den künftigen Systemumfang eine funktionale Maßzahl ermittelt werden. Diese wird auf der Basis von Erfahrungswerten aus vorangegangenen Projekten hochgerechnet. So ermittelt man dann die Eckwerte des künftigen IT-Systems. Die hierfür gängigste Ermittlungsmethode ist die Function Point Methode, die Datenbewegungen zählt und nach den Regeln der International Function Point User Group oder dem Common Measurement International Consortium eine Maßzahl für den Funktionsumfang der Software ermittelt. (1)
Ebenso gibt es aber neben diesem methodengestützten Verfahren auch die Expertenschätzklausur, die sehr weit verbreitet ist. Experten schätzen in diesem Falle den funktionalen Umfang und leiten die Projekteckwerte auf Basis ihrer persönlichen Erfahrungen ab. (1)
Ein weiteres, bisher häufig genutztes Indiz für die Größe eines Programms nämlich die "Lines of Code" (Anzahl der Programmzeilen), ist auch abhängig von der verwendeten Programmiersprache wie auch der Arbeitsweise der Programmierer. (5)
Besser wäre es, die Größe einer Software an ihrer Funktionalität zu messen. Dieses Maß ist unabhängig von allen anderen Einflussgrößen. Unter der Funktionalität wird die Summe aller Eigenschaften, die dem Anwender zur Verfügung gestellt werden, verstanden. (5)
Eine Leistungsmessung, die nachvollziehbar, objektiv und vergleichbar ist und mit vertretbarem Aufwand durchgeführt werden kann, kann das Controlling sinnvoll unterstützen oder gar erst ermöglichen. (6)
Die bekannteste funktionsorientierte Meßmethode für Softwareprodukte ist die bereits in den achtziger Jahren entwickelte "Function Point Analysis" mit der Maßeinheit "Function Points". Sie ist durch die ISO standardisiert. Auch wenn die Anwendung der Function Point Analysis in Deutschland bisher kaum verbreitet ist, so setzt sie sich in anderen Ländern immer stärker durch. (5)
(6)
Die Ermittlung der Produktivität in der Software-Entwicklung lässt sich durch die Kennzahl "Function Point" sehr gut messen. Damit ist diese Kennzahl auch für die Kalkulation der Softwareprojekte sehr geeignet. (5)
Die Produktivität errechnet sich aus Function Points pro Stunde (FP/h). Dabei wird die Produktivität zusätzlich noch von der Gesamtheit der restlichen Kostentreiber beeinflusst. Sie ist natürlich bei erfahrenen Mitarbeitern höher als bei Anfängern. (5)
Allerdings ist für eine zuverlässige Produktivitätsmessung mittels Function Points zu berücksichtigen, dass die Dokumentation, die den Function-Point-Ermittlungen zu Grunde liegt, auch einer einheitlichen Norm unterliegt. (5)
Das Controlling von Software muss sehr unterschiedliche Leistungsarten bewerten
Sofern das Controlling für eine Anwendungsentwicklung durchgeführt wird, stellen sich folgende Fragen:- Reichen die Mitarbeiter und das Budget aus, oder ist die Ausstattung zu reichlich?- Die Anforderungen des Marktes wachsen. Kann auch die Leistung entsprechend gesteigert werden?
- Ist der Einsatz an Mitarbeitern für Wartung und Support angemessen?
- Hat der Bereich eine dem Industriestandard entsprechende Ausfall- und Fehlerquote der EDV-Systeme? (6)
Natürlich ist die Function Point Analyse nicht nur für Software-Projekte geeignet. Sie kann ebenso für Standardsoftware eingesetzt werden. In diesem Falle gibt es aber für die Function-Point-Analyse keine "Standardbewertung", da Standardsoftware ja immer an die Bedürfnisse des Unternehmens modifiziert worden ist und daher die Bewertungsbasis auch immer dem konkreten Einsatz angepasst werden muss. (6)
Wird das Controlling für das Monitoring von externen EDV-Dienstleistern verwandt, muss jederzeit eine objektivierbare Leistungsbewertung durchgeführt werden, um zu überprüfen, dass die vom Dienstleister erbrachten Leistungen Marktstandards genügen. Denn aufwandsbasierte Vergütungen oder Festpreisvereinbarungen alleine können diesen Tatbestand nicht sicherstellen. (6)
Auch gesetzliche Vorschriften zwingen die Unternehmen zur Nutzung objektiver Metriken zur Wertmessung von Software
An das Controlling stellen sich aber auch Anforderungen gemäß internationaler Controlling-Standards. Sofern nämlich Software-Entwicklungskosten in der Bilanz z. B. nach US-GAAP aktiviert werden müssen, muss auch nachgewiesen werden, dass ihnen entsprechende Leistungswerte gegenüber stehen. So fordern internationale Controllingstandards wie ITIL (IT Infrastructure Library), dass in der EDV-Anwendungsentwicklung kontinuierlich Leistungsmessungen durchgeführt werden. Der empfohlene Standard hierbei ist die Function Point Analysis. (6)
Auch im Zuge der neuen Buchführungsrichtlinien im Rahmen von IAS/IFRS ist die Erfassung von "Werten" für Entwicklungsaufwendungen erforderlich. So kann unter Umständen auch eine Wirtschaftlichkeitsrechnung verlangt werden, was im Unternehmen eine entsprechende Systematik und EDV-gestützte Überwachung voraussetzt. (4)
Die Vorgehensweise bei der Messung von Softwareprojekten durch die Function Point Analyse verläuft nach einem standardisierten Schema
Die volle oder zumindest teilweise Automatisierung von Geschäftsprozessen muss durch EDV-Systeme geleistet werden. Hierdurch werden Kosten-, Zeitvorteile oder Alleinstellungsmerkmale für das Unternehmen erzielt.
Ein Geschäftsprozess ist eine geordnete und definierte Folge von Aktivitäten. Eine Aktivität ist die kleinste, sinnvoll abgeschlossene Einheit innerhalb eines Geschäftsprozesses.
Ein Elementarprozess ist die kleinste sinnvolle fachliche Funktion innerhalb eines Systems und ist durch Ein- oder Ausgabe von Daten in irgendeiner Form gekennzeichnet.
Im Rahmen der Function Point Analysis wird jedem Elementarprozess und jedem Datenbestand nach genau vorgegebenen Regeln ein Punktwert zugeordnet. (6)
Natürlich müssen sämtliche Elementarprozesse und bewerteten Datenbestände innerhalb der Function Point Analysis detailliert aufgelistet werden. Das kann z. B. in Form eines Funktionsbaums geschehen. Für eine Function Point Analysis ist die Angabe eines pauschalen Ergebniswertes nicht ausreichend. Es muss nachvollzogen werden können, welche Elementarprozesse und Datenbestände berücksichtigt wurden. (6)
Bei der Bewertung ist zu unterscheiden zwischen einem bestehenden System, welches am Besten in Form eines strukturierten Interviews zu analysieren ist.
Fachliche Anforderungen werden entweder im Rahmen einer Anforderungsanalyse oder eines Workshops mit den Anforderern selbst durchgeführt. (6)
Wichtig ist es, bei Function Point Analysen auf erfahrene Experten zurück zugreifen. Sie sollten im Jahr mindestens zehn, besser aber zwanzig Analysen durchführen. Nur dann ist genügende Routine und Praxis gewährleistet. (6)
Die Function Point Analyse ermittelt verschiedene Kennzahlen für das Controlling relevanter Messzahlen
Als Kennzahl für Software-Projekte hat sich "Kosten pro Function-Point" in den Vordergrund gespielt. Diese Kennzahl ist auch eine Art Stückkosten. In der Software-Entwicklung sind die Kosten allerdings auch sehr stark mit der Produktivität korreliert. Diese definiert sich aus dem Verhältnis der durch das Projekt gelieferten Function-Points zum Projektaufwand. (6)
Daneben zählt auch die Geschwindigkeit, mit der ein Projekt Ergebnisse liefert. Hierzu werden die Function-Points ins Verhältnis zu den Kalendermonaten gemessen. (6)
Qualität eines Software-Projekts wird auch über die Fehler, also das Abweichen des Systemverhaltens von explizit oder implizit vorgegebenen Anforderungen, definiert. Gemessen wird dieses mit Function-Points pro Fehler, was einen sehr guten Maßstab darstellt für die Fehlerdichte eines Projektes. (6)
Fallbeispiele
Die HVB Systems, Tochter der Hypovereinsbank, hat mit Hilfe der Unternehmensberatung Droege & Comp eine Methode zur Messung von Software-Entwicklung erstellt. Erste Aufgabe bei dieser Entwicklung war die Definition der überhaupt entscheidenden objektiven Daten. Hierbei bieten sich die Lines of Code an, die aber zur objektiven Messung normiert werden müssen.
Allerdings entschied sich das Projektteam zusätzlich zur Messung fachlicher Use-Cases. Dieses sind Handlungsabfolgen und Prozesse, die von Nutzern im Umgang mit der fertigen Software durchlaufen werden. (2)
In Italien ist es gesetzliche Vorschrift, den Leistungsumfang von angebotenen Softwareprodukten in Function Points anzugeben, sofern der Kunde eine staatliche Stelle ist. (3)
Werkzeuge zur Messung von Software, die sich Lines of Code als Metrik bedienen, kämpfen auch mit einem Paradoxon der Sprachumrechnungsfaktoren (Assembler-Äquivalent). So hat ein Programm mit einem Personalaufwand von einem Mannmonat etwa 10 000 Lines of Code in der Programmiersprache COBOL. Daraus bemisst sich eine Produktivität von 10 000 Lines of Code pro Mannmonat.
Wäre dieses Programm aber in der Programmier-/Maschinensprache Assembler programmiert, entspräche der Umfang etwa 30 000 Lines of Code. Damit betrüge die Produktivität in diesem Falle 30 000 Lines of Code je Programmiermonat. So wäre das Projekt in diesem Falle dreimal produktiver als das COBOL-Projekt. Aus diesem Grunde sind Lines of Code-basierte Metriken bei Metrikspezialisten sehr umstritten. (3)
Weiterführende Literatur
(1)
Projekte realistisch planen
aus Computerwoche, 14.10.2005, Nr. 41 Seite 38
(2)
Software-Entwicklung richtig kalkulieren
aus Computerwoche, 17.06.2005, Nr. 24 Seite 32
(3)
Einsatz und Nutzen der Function-Point-Methode - Aufwandsschätzung von Softwareprojekten
aus Projektmanagement, Heft 1/2005, S. 23-30
(4)
Enterprise Compliance Management reagiert oder agiert der CIO?
aus IM Information Management & Consulting, Heft 4/2005, S. 13-19
(5)
Wie teuer ist die Softwareentwicklung? - Von der Aufwandschätzung zur Kostenkalkulation
aus REFA-Nachrichten, Heft 5/2005, S. 29-32
(6)
Poensgen, Benjamin, Leistungsorientiertes Controlling in Entwicklung und Betrieb von Informationssystemen, Controlling, Heft 11, November 2005, S. 671 678
aus REFA-Nachrichten, Heft 5/2005, S. 29-32
(7)
Daum, Jürgen H. / Brandt, Werner / Buess, Thomas / Francke, Lennart / Kappler, David, The Future of Enterprise Performance Management From Best to Next Practice, Controlling, Heft 11, November 2005, S. 679 - 684
aus REFA-Nachrichten, Heft 5/2005, S. 29-32
GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 02/2006 vom 20.02.2006
Kennzahlensysteme - Die wachsende Anzahl von Kennzahlen behindert eine effektive Unternehmenssteuerung
M.Westphal
Kernthesen
- Ohne Kennzahlen, die die Komplexität des unternehmerischen Umfeldes reduzieren, lässt sich ein Unternehmen nicht mehr steuern.
- Die ständige Bereicherung der IT-Landschaft durch neue Software-Lösungen erhöht auch die Anzahl der zur Verfügung stehenden Kennzahlen.
- Die Anzahl der Kennzahlen muss auf ein überschaubares Maß reduziert werden und sie müssen auf die individuellen Anforderungen des Unternehmens zugeschnitten werden.
Beitrag
Die steigende Anzahl von durch Software-Systeme bereit gestellten Kennzahlen erschweren eine effektive Unternehmenssteuerung. Aufgrund des wachsenden Kostendrucks in Unternehmen wächst der Einfluss der Controller auf das Betriebsgeschehen zunehmend.
Die wachsende Komplexität der unternehmerischen Umwelt erhöht die Bedeutung von Kennzahlen
Dabei gewinnt die Steuerung des Unternehmens nach Kennzahlen immer mehr an Bedeutung und rückt hierarchisch in die oberste Untermnehmensebene zum Chief Financial Officer (CFO). (5)
Der Sinn und Zweck von Kennzahlen besteht in der Reduktion der Komplexität betriebswirtschaftlicher Sachverhalte auf ein überschaubares Maß. (1)
Kennzahlensysteme sind akzeptierte Instrumente des Controllings, indem sie quantitative Indikatoren in eine sachlich sinnvolle Beziehung zueinander stellen. (1)
Allerdings besteht die Gefahr eines reinen auf Kennzahlen basierenden Kostenmanagements in Unternehmen darin, dass die Strategie des Unternehmens aus dem Auge verloren und sich rein an Kostengesichtspunkten orientiert wird.
Die ständig wachsende Anzahl von Software-Lösungen erhöht die Anzahl der bereitgestellten Kennzahlen
Einen wesentlichen Einfluss auf diese einseitige Betrachtungsweise haben auch die vielen Softwarehersteller, die immer neue Softwareprogramme zur Steuerung des Unternehmens anbieten. Die Einführung ständig neuer Softwaresysteme, die mit ihrer Leistungsfähigkeit zu geringen Kosten immer mehr Zahlen verarbeiten und zu immer neuen Kennzahlen verdichten, führen zu einem unübersichtlichen Dschungel an Kennzahlen, deren Aussagekraft selten genauer untersucht wird. (3), (1), (2)
Die zunehmende Verbreitung von "Data Warehouses" erreicht nämlich in der Informationsbereitstellung genau das Gegenteil, denn es wird eine neue Unübersichtlichkeit erzeugt.
Jede neue Management-Software produziert neue, zusätzliche Daten und Kennzahlen. Allerdings verschwinden die Daten und Kennzahlen der alten Anwendungen nicht, da sich für einen solchen Selektionsprozess keiner verantwortlich fühlt. Außerdem drängt sich die Vermutung auf, dass die Manager sich durch die ständig neuen Kennzahlen dazu genötigt fühlen, möglichst viele der Kennzahlen in ihre Arbeit einzubeziehen. So ist es aber schwer nachvollziehbar, warum und wie die produzierten Zahlen in Entscheidungsprozesse einfließen. (3)
Die Frage ist, welche Kennzahlen aus der Liste aller vorhandenen oder möglichen Kennzahlen unter zu beachtenden Randbedingungen den maximalen Nutzwert liefern. (1)
Das blinde Vertrauen auf Kennzahlen ohne Überprüfung ihrer Eignung ist gefährlich
Die damit verbundene steigende Anzahl von Kennzahlen und das häufig blinde Vertrauen auf die Problemlösungsfähigkeit der Kennzahlen führen dazu, dass viele Unternehmen die betrieblichen Systeme wie mit einem Cockpit eines Flugzeugs bedienen möchten. Blinkt eine rote Lampe auf aufgrund des Überschreitens eines festgelegten Grenzwertes für eine der vielen Kennzahlen, so wird eine standardisiert festgelegte Maßnahme zum Gegensteuern eingeleitet. Außerdem wird hiermit ein Auswahlproblem erzeugt, also das Qualifizieren einzelner Kennzahlen als Element eines Kennzahlensystems sowie die aperiodische Anpassung dieser.
Die Steuerung eines Unternehmens ist nur mit konsequentem Zahlenmanagement, ohne den Blick auf die gesamtheitliche Strategie des Unternehmens, nicht möglich. Einfaches reflexhaftes Handeln, welches aus dem Glauben an die alleinige Aussagekraft der Kennzahlen beruht, führt zu reaktionärer und defensiver Unternehmenssteuerung, die die eigentlichen Ziele und häufig auch Kundenbedürfnisse außer Acht lässt. (1), (2)
Nicht nur das Top-Management leidet unter der Flut an Kennzahlen
Ein weiteres Anwachsen der Daten und Kennzahlen wird anstehende Entscheidungen nicht wirklich erleichtern. Aber viel mehr als das Top-Management leidet das mittlere Management unter den Zahlenbergen und sieht sein Heil im Ignorieren dieser, sodass viele Auswertungen überhaupt nicht für die operative Entscheidungsfindung genutzt werden. (3)
Das wesentliche Problem der Nutzung von Kennzahlen zur Ableitung von Entscheidungen liegt darin begründet, dass sich aus ihnen selten Ursachen und Wirkungen herauslesen lassen. (3)
Die Entwicklung eines individuellen Kennzahlensystems ist für eine erfolgreiche Unternehmenssteuerung unerlässlich
Zur erfolgreichen Unternehmenssteuerung gehört ein aussagefähiges Kennzahlensystem. Dieses muss den individuellen (firmenspezifischen) Anforderungen eines Unternehmens angepasst werden und dann in das Controlling integriert werden. Nur so sind individuelle Zukunftsszenarien und Liquiditätsrechnungen möglich, die für eine detaillierte und erfolgreiche Geschäftsplanung unerlässlich sind. (4), (6)
Leitbild sollten hierbei immer die drei Größen Wachstum, Entwicklung und Gewinn darstellen. Sie sollten in etwa gleich gewichtet werden. Die Entwicklung sollte sich hierbei am Marktanteil orientieren und als strategische Kenngröße für Innovation und Problemlösungsfähigkeit aus Kundensicht dienen. Wachstum sollte sich nicht nur am mengenmäßigen sondern auch am qualitativen Wachstum orientieren. Gewinn ist letztendlich die ökonomische Größe für Gewinn und Geld. (6)
Wichtig ist, dass die Kennzahlen für ein funktionstüchtiges Controlling-System entsprechend vernetzt werden und sich zum Beispiel an den fünf Perspektiven der Balanced Scorecard (Finanzen, Kunden, Lieferanten, intern, Entwicklung) orientieren.
Nach der Identifikation der strategischen Ziele und der Erarbeitung von Ursache-Wirkungs-Diagrammen können dann die Messgrößen für die einzelnen definierten Ziele sowie die entsprechenden Zielwerte konkretisiert werden. So wird auch der Grundsatz "Von der Strategie zur Maßnahme" mit Leben erfüllt. Wichtig ist es, die Anzahl und den Fokus der Kennzahlen auf die Messung des Unternehmenszieles hin zu reduzieren. (6)
Folgende Kriterien sind bei der Auswahl der Kennzahlen zu berücksichtigen:
- Validität - Realitätsnahe Messung des eigentlichen Problems ohne Beeinflussung durch exogene Faktoren.
- Robustheit - Mögliche identische Interpretation einer Kennzahl über mehrere Geschäftseinheiten oder Unternehmen hinweg.
- Verständlichkeit der Zusammenhänge - Der Nutzer muss die Zusammenhänge der Messgrößen klar erkennen und verstehen können, um so auch einen Nutzen für die tägliche Arbeit zu generieren.
- Formale Ausgewogenheit - Das Kennzahlensystem muss gleichgewichtig finanzielle und nicht-finanzielle Kennzahlen enthalten.
- Materielle Ausgewogenheit - Jeder Zielaspekt muss mindestens über eine und darf maximal über drei Kennzahlen abgebildet werden.
(1)
Sofern ein Data Warehouse zur Verfügung steht, sollte auf einen elektronischen Import der Daten geachtet werden, um manuelle Eingaben zu vermeiden. (1)
Wichtig ist zu berücksichtigen, dass ein Kennzahlensystem letztendlich auch immer einen positiven Nettonutzen aufweisen muss. Da die Kosten steigen, desto mehr Kennzahlen verarbeitet und analysiert werden müssen, muss die Anzahl weitestgehend reduziert werden, um der Restriktion "Wirtschaftlichkeit" zu genügen. (1)
Aus der großen Menge an möglichen Kennzahlen muss eine kleinere Menge ausgewählt werden, die unter der Beachtung verschiedener Nebenbedingungen einen möglichst hohen Eignungsgrad aufweisen muss. (1)
Fallbeispiele
IBM Business Consulting berichtet auch von einer beratenen Bank, die Systeme nutzt, die weit über 200 Kennzahlen liefern. Leider waren die Manager der Bank überfordert mit der Identifikation der Kennzahlen, die für die Steuerung des Unternehmens wirklich wichtig sind. (3)
Weiterführende Literatur
(1)
Liebetruth, Thomas / Otto, Andreas, Ein formales Modell zur Auswahl von Kennzahlen, Controlling, Heft 1, Januar 2006, S. 13 23
aus REFA-Nachrichten, Heft 5/2005, S. 29-32
(2)
Wenn Controller im Cockpit sitzen
aus Handelsblatt Nr. 030 vom 10.02.06 Seite k03
(3)
Von Zahlenbergen erdrückt
aus Handelsblatt Nr. 030 vom 10.02.06 Seite k02
(4)
Controlling light Die Geschäftsentwicklung systematisch zu verfolgen ist nicht aufwendig - aber nützlich. \ Eine Rostocker Professorin hilft Chefs dabei. Finanzplanung
aus Impulse vom 01.02.2006, Seite 60
(5)
Chefsache Finanzierung
aus FINANCE - Der Markt für Unternehmen und Finanzen Heft 2 vom 27.01.2006, Seite 018
(6)
Kennzahlen zur erfolgreichen Unternehmenssteuerung Kennzahlen als Wegweiser in Unternehmen
aus Saarbrücker Zeitung vom 09.12.2005
GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 03/2006 vom 17.03.2006
IT-Kosten - Lifecycle Management und Prozesskostenanalyse sind auch für das IT-Controlling unverzichtbar
M.Westphal
Kernthesen
- Die IT-Strukturen sind in vielen Unternehmen unübersichtlich und erlauben daher kein sinnvolles Kostencontrolling.
- Die Wirtschaftlichkeit von IT-Investitionen wird häufig nur unter Berücksichtigung einiger aber lange nicht aller resultierenden Kostenblöcke beurteilt.
- Nur eine ganzheitliche Betrachtung sämtlicher Kosten und Kosteneinsparungen über den gesamten Lebenszyklus hinweg ermöglicht eine aussagekräftige Wirtschaftlichkeitsanalyse der installierten Software- und Hardware-Architektur.
Beitrag
Das IT Lifecycle Management kann die Übersichtlichkeit und Wirtschafltichkeit der IT-Systeme erhöhen.
In vielen Unternehmen sind die IT-Strukturen über lange Zeit gewachsen. Das führt zu einer hohen Heterogenität und Unübersichtlichkeit. Der Wunsch nach mehr Übersichtlichkeit kann über das IT Lifecycle Management befriedigt werden. Das eigentliche Ziel besteht in einer sinnvollen und problemmindernden Abstimmung der IT-Systeme des Unternehmens, um Betriebs- und Managementkosten zu senken. (7)
Wesentliche strukturelle Fragen sind:
- Wo steht welcher Computer, wie alt ist er und welche Software läuft auf ihm
- Welche Wartungsverträge bestehen? Welche Garantie- und Service-Leistungen gibt es? (7)
Die IT-Systeme und damit auch ihr Controlling müssen sich an den Geschäftsprozessen orientieren
Der Ruf nach Kosten- und Leistungstransparenz für IT-Projekte wird immer lauter. Die IT-Verantwortlichen betrachten ihre Arbeit häufig von der eigenen Warte aus, etwa als Netzleistung oder Speicherkapazität. (6)
Die Voraussetzung für eine zukunftsorientierte erfolgreiche Implementierung von IT-Lösungen ist zunächst ein integriertes Geschäftsprozessmanagement. Erst dann können unternehmensstrategische Entscheidungen und die entsprechend resultierenden Prozesse in eine service-orientierte Architektur überführt werden.
Die inzwischen sehr modular aufgebauten Software-Architekturen erlauben flexible Lösungen für die Unterstützung der individuellen Geschäftsprozesse (1)
Für den Controller ist es wichtig, die für einen Geschäftsprozess notwendigen IT-Services zu einem IT-Produkt zu bündeln. Dann lassen sich mit Hilfe der Prozesskostenrechnung die direkten und indirekten Kosten einem solchen Vorgang zuordnen. Voraussetzung hierfür ist aber auch, dass das IT-Produkt eindeutig definiert wird. (6)
Zu unterscheiden sind drei Varianten der Kostenrechnung:
1. Request for Existing Services
2. Request for Change (Veränderung eines bestehenden IT-Produkts)
3. Request for New Services (6)
Der aus dem Marketing entlehnte Begriff des Produktlebenszyklus ist auch für das IT-Controlling von hoher Relevanz
Im Marketing gibt es den Begriff des Produktlebenszyklus. Dieser unterscheidet für Produkte die Phasen Einführung, Wachstum, Reife und Rückgang. Auch für IT-Vorhaben ist es möglich eine derartige Systematisierung anzuwenden.
Diese Projekte gliedern sich typischerweise in eine
- Planungs-
- Realisierungs- und
- Betriebsphase. (5)
Die Planungsphase umfasst hierbei- Bedarfsermittlung- Organisatorische Maßnahmen
- Information und Beratung verantwortlicher Stellen
- Teilnahme an Sitzungen / Gremienarbeit
- Erarbeitung von Konzepten und Richtlinien
- IT-Planung
- Allgemeine Koordination und Steuerung
- Wirtschaftlichkeitsuntersuchung / Planungsgrundlage (5)
Die Realisierungsphase umfasst:- Beschaffung, Ersatzbeschaffung von Hard- und Software- Erstinstallation von Hard- und Standardsoftware
- Erstinstallation von Fach- und Querschnittsverfahren
- Software-Erstellung
- Software-Weiterentwicklung
- Hard- und Software-Roll-Out
- Soft- und Hardware-Prüfung
- Schulung
- Projektmanagement (5)
Die Betriebsphase umfasst:- Wartung von Hardware- Pflege von Software
- Administration von Datenbanken
- Help-Desk und Fehleranalyse
- Produktionssteuerung
- Datenschutz und Datensicherung
- Verschrottung
- Information verantwortlicher Stellen
- Lizenzmanagement
- Schulung
- Betreuung der Anwendenden (5)
Aber auch an die Qualität müssen Mindestanforderungen gestellt werden, die Basis der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung sein müssen:
- Durchschnittliche Zufriedenheit der Nutzenden mit der Verfügbarkeit
- Erreichbarkeit des User-Helpdesks
- Lösungsquote First Level Support
- Tatsächliche Zugangszeiten zum Inhousenetz
- Tatsächliche Zugangszeiten zum Verfahren (5)
Diese Indikatoren müssen auch regelmäßig während der gesamten Laufzeit erhoben werden. (5)
Das Lifecycle-Controlling berücksichtigt die Kosten und Kosteneinsparungen über die gesamte Lebenszeit eines Projektes hinweg
Im Rahmen des Lifecycle-Controlling werden im Gegensatz zur traditionellen Kostenrechnung die Kosten dem Ertrag von Anlagen oder Produkten nicht nur isoliert für jedes Jahr einzeln, sondern über die gesamte Lebenszeit hinweg gegenüber gestellt. Das heißt, dass ein Lifecycle-Controller nicht nur die Kosten der Anschaffung berücksichtigt, sondern auch die gesamten aus der Maßnahme resultierenden Kosten wie Planung, Betrieb und Abbau am Ende des Produktlebens.
Zu vergleichen ist dieses Lifecycle-Controlling mit den Überlegungen beim Autokauf und dem ganzheitlichen Vergleich der Anschaffungskosten zusammen mit den Folgekosten. So kann zwar Auto A in der Anschaffung deutlich günstiger sein, aber höhere Versicherungsbeiträge, höhere Treibstoffkosten oder teurere Reparaturen nach sich ziehen.
Schon bei der Gestaltung eines Produktes werden etwa 95 Prozent der Gesamtkosten festgelegt. Die Kostenrechnung erfasst davon aber zu diesem Zeitpunkt nur etwa 15 Prozent. Wichtig ist es, wirklich alle Kosten zu erfassen. Im Rahmen der Neuinstallation einer Software heißt das, dass auch berücksichtigt werden muss, dass sich damit die unternehmensinternen Abläufe ändern. Daraus resultiert zum einen die Erfassung dieser Change-Kosten aber auch die Berücksichtigung, ob die neuen Prozesse auch effizienter sind und die entsprechenden Kosteneinsparungen die Gesamtkosten der Anschaffung und des Betriebs mindestens kompensieren. (4)
Wie schnell sich die Einführung eines Lifecycle Managements in der IT amortisiert lässt sich schwer beziffern. Diese Zeitspanne ist auch abhängig von der Höhe der Investitionskosten für das System sowie die Unterhaltskosten. Ohne ein Lifecycle Management sind Kosten und Einsparpotenziale aber überhaupt nicht transparent sichtbar. (7)
Auch in der öffentlichen Verwaltung setzt sich IT-Controlling mit modernen Methoden durch
Auch die öffentliche Verwaltung hat im Zuge von E-Government mit dem Ziele der einfachen, schnellen und kostengünstigen Bereitstellung von Leistungen die Erhöhung der Kundenorientierung und Effizienz der Verwaltung im Visier. Aber auch hier muss eine ganzheitliche Planung der entstehenden Kosten mit den möglichen gesamten Kosteneinsparungen verglichen werden, um die Effizienz der einzelnen Maßnahmen zu klären. (5)
So führen die Initiativen im Rahmen des E-Government alleine im Zeitraum 2001 bis 2005 zu Investitionen von 1,3 bis 1,6 Milliarden Euro. Viele Projekte werden von ihrer Nutzenseite her bisher nur qualitativ beschrieben. Quantitative Aussagen sind leider noch sehr selten. Aber es muss bei Vorhaben derartiger Dimension nicht nur der Anschub berücksichtigt werden. Vor allem müssen die für die spätere effiziente Nutzung anfallenden Kosten dieser Anwendungen und Dienste berücksichtigt werden, um eine fortwährende Wirtschaftlichkeitsanalyse durchführen zu können. (5)
Fallbeispiele
Die CIBER Novasoft GmbH erweitert ihr Leistungsspektrum konsequent in die Richtung, jederzeit in der Lage zu sein, für SAP-Anwender maßgeschneiderte Weiterentwicklungen ihrer IT-Strukturen zu gewährleisten. Dabei wird in Zukunft der gesamte IT-Lifecycle umfasst, von der SAP-Implementierung bis zur Integration von Lösungen von Dritt-Anbietern oder Outsourcing-Lösungen. Ziel ist es, ein Maximum an Kosten- und Zeiteffizienz zu garantieren. (2)
Das Software-Unternehmen Mercury hat auf seiner Veranstaltung Mercury World 2005 seine integrierte Suite für Business Technology Optimization vorgestellt. Sinn dieser Suite ist die betriebswirtschaftliche Optimierung der Unternehmens-IT. So sind auch komplette Change-Prozesse als Lifecycle automatisiert abbildbar. (3)
Die Stadtverwaltung Ludwigshafen hat im Zuge der Effizienzsteigerung ihrer IT-Landschaft den Dienstleister BASF IT Services mit dem Austausch von 1 200 der 1 600 Arbeitsplatz-PC beauftragt. Die Zahl der eingesetzten Programme sinkt auf 400 was eine Reduktion um etwa ein Drittel ausmacht. So hat sich die Stadt im Falle von zwei in Nutzung befindlichen Anwendungen mit gleichem Nutzen jeweils immer nur für eine entschieden. Viele Unternehmen schrecken aber vor zu großer Standardisierung zurück, da die hohen Migrationskosten und die Risiken bei der Umstellung gefürchtet werden. Allerdings langt häufig ein Vergleich der Kosten vorher/nachher, um derartige Vorbehalte zu entkräften. (7)
Weiterführende Literatur
(1)
IDS Scheer ebnet Kunden den Weg zur Enterprise Service Architecture (ESA)
aus news aktuell, 2006-02-09
(2)
CIBER NOVASOFT ERWEITERT LEISTUNGSSPEKTRUM / Heidelberger Unternehmen setzt neue Standards für SAP Services
aus news aktuell, 2006-02-07
(3)
IT-Infrastruktur betriebswirtschaftlich optimiert im Griff
aus iX - Magazin für professionelle Informationstechnik, 12/2005, S. 42
(4)
Kostenkontrolle von Geburt an Lifecycle-Controlling berücksichtigt sämtliche Aufwendungen für ein Produkt schon in der Frühphase. Das wird immer wichtiger für Unternehmen.
aus Financial Times Deutschland vom 15.11.2005, Seite 3
(5)
Garbe, Marc-Stephan / Schneider, Andreas W., IT-Kosten-Controlling in der Verwaltungspraxis am Beispiel Land Berlin, Controlling, Heft 2, Februar 2006
aus Financial Times Deutschland vom 15.11.2005, Seite 3
(6)
Endlich Klarheit: Das kostet die IT
aus Computerwoche, 17.02.2006, Nr. 7 Seite 62
(7)
Zeitsprung Wildwuchs bei der Informationstechnologie sorgt für oft horrende Folgekosten. Die lassen sich mit IT Lifecycle Management in den Griff kriegen
aus Financial Times Deutschland vom 08.02.2006, Seite ENEP13
GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 04/2006 vom 21.04.2006
Sport-Controlling - Vereine rüsten sich mit professionellem Controlling gegen größer werdende Finanzlöcher
M.Westphal
Kernthesen
- Professionelles kaufmännisches Management und damit vor allem Controlling ist in vielen Vorstandsetagen von Vereinen noch ein Tabu-Thema.
- Immer mehr Sportvereine kommen in eine bedrohliche Finanzlage, sodass die Forderung nach der Implementierung eines professionellen Controllings zunimmt.
- Traditionelle Controlling-Tools können nicht ohne weiteres übernommen werden, da die Rahmenbedingungen eines Sportvereins andere sind, als die eines "normalen" Unternehmens.
Beitrag
Die bedrohliche Finanzlage in der sich viele Sportvereine befinden, mündet in der Forderung nach Implementierung eines professionellen und an den spezifischen Gegebenheiten des Sports orientierten Controllings im Management.
Die Controlling-Funktion ist in vielen Sportvereinen nicht existent oder orientiert sich nicht an den sportspezifischen Determinanten
In den Medien wird nahezu täglich über die katastrophale Finanzlage von Bundesliga-Fußballclubs berichtet. Bedrohliche Schuldenstände und steigende Verluste sind die Themen, über die berichtet wird. Der größte Ausgabenposten, und damit Grund für diese Schieflage vieler Clubs, sind die Personalausgaben, die sich aus Gehältern und Ablösesummen für Spieler zusammensetzen.
Bisher ist gemäß empirischer Untersuchungen kein klares Controlling-Verständnis vorhanden, Controllingfunktionen sind in der Managementorganisation nicht implementiert. Die Investitionsentscheidungen basieren nur selten auf langfristig orientierten Kalkulationen, noch ist häufig das Bauchgefühl der Manager entscheidend. (9)
Eine kritische unter kaufmännisch fundierten Gesichtspunkten geführte Beurteilung von Spielerinvestitionen ist daher von Seiten des Vereinsmanagements im Vorhinein unerlässlich, um für die Clubs existenzbedrohende Auswirkungen zu vermeiden. (9)
Neben der Schwierigkeit der Identifikation und Zurechnung von Einzahlungsströmen auf die einzelnen Investitionsobjekte Spieler ist auch der sportliche Erfolg als Baustein für wirtschaftlichen Erfolg schwer planbar.
Eine wesentliche Determinante im Profisportbereich im Hinblick auf den Erfolg hat der Zufall. Darunter werden all jene Umstände verstanden, die bis zum Spiel- bzw. Wettbewerbsbeginn nicht bekannt oder prognostizierbar sind. Zufall wird bestimmt durch Glück und Tagesform.
Glück beinhaltet hierbei all jene beeinflussenden Ereignisse, die nicht auf die eigene und beabsichtigte Leistung zurückzuführen sind. So können Schiedsrichter-Fehlentscheidungen, Witterungseinflüsse, Unebenheiten des Fußballplatzes oder Spielerausfälle kurz vor oder während des Spiels zu "unerwarteten" Ergebnissen führen. Ex ante ist dieses Glück zwar gleich verteilt, ex post aber, und das kann für ein Spiel aber auch eine gesamte Saison gelten, ist nicht von einer Gleichverteilung auszugehen. (1)
Die Tagesform ist die Standardabweichung von einem zuvor geschätzten Qualitätsstandard. So kann sich ein Glücksumstand zu einem frühen Zeitpunkt eines Spiels positiv auf das Selbstbewusstsein bzw. das Engagement des bevorteilten Teams auswirken und den kompletten Spielverlauf beeinflussen. Glücks- oder Pechsträhnen können gar eine längerfristige Auswirkung auf das Selbstvertrauen und damit die gesamte Leistung eines Teams haben. (1)
Die Quantifizierung dieses Faktors Zufall erscheint im Vorhinein unmöglich. (1)
Spielerinvestitionen
Mit Investitionsentscheidungen wird kaufmännisch in der Regel eine Vermögensmaximierung verfolgt. So wird ein Investitionsprojekt nur dann durchgeführt, wenn es das Vermögen nachhaltig positiv beeinflusst. (9)
Ein wesentlicher, die Vereinsfinanzen stark belastender, Faktor sind die Investitionen in Spieler. Das Problem in der Anwendung traditioneller Controlling-Verfahren zur Investitionsentscheidung ist in diesem Falle die hohe Risikobehaftung und Unsicherheit von Spielerinvestitionen. Damit sind die notwendigen Prognosen über Höhe und Zeitpunkt der Geldzuflüsse nur schwer kalkulierbar. So muss die klassische Kapitalwertrechnung um Instrumente aus der Sensibilitätsanalyse erweitert werden. Die zusätzliche Nutzung eines vollständigen Finanzplans, sodass mit nur geringem Mehraufwand realitätsnahe Finanzierungs- und Anlageoptionen aufgezeigt werden können, kann darüber hinaus die Controllingqualität erhöhen.
Sinnvoll erscheint im Rahmen einer Sensitivitätsanalyse die Kapitalwerte im Rahmen der Drei-Punkte-Methode in mehrere Szenarien (best-case, real-case, worst-case) zu berechnen. Mit Hilfe eines Entscheidungsbaums können auch Alternativpläne und ihre Auswirkungen aufgezeigt werden. So könnte bei Ausbleiben der Optimalleistung eines Spielers die Option Verkauf oder Leihgebühr inklusive der sich daraus ergebenden finanziellen Zuflüsse (aber auch ausbleibender Zuflüsse durch z. B. verringertes Merchandising oder verringerte Abflüsse durch eingesparte Gehälter) aufgezeigt werden. (9)
Langfristig kann auch die Realoptionsmethode zum Einsatz kommen. Aufgrund der Komplexität dieses Verfahrens, unter Berücksichtigung der noch jungen und sich erst entwickelnden Controllingstrukturen in Vereinen, scheint ein solcher Einsatz aber noch verfrüht.
Aber auch weiche Faktoren müssen bei derartigen Entscheidungen berücksichtigt werden und können durch Scoring-Modelle erfüllt werden. (9)
Probleme bei der Vorbereitung einer Investitionsentscheidung für einen Spieler
Die Zurechnung der Ein- und Auszahlungen auf die einzelnen Leistungsträger in einem Profi-Verein gestaltet sich als schwierig. So sind zwar Ablösesummen und Gehälter eindeutig auf die jeweiligen Spieler zuzurechnen, aber auf der Einzahlungsseite entfallen Positionen wie (zusätzliche) Einzahlungen aus Fernsehgeldern, Spielbetrieb oder Werbung und Merchandising auf die gesamte Mannschaft und erfordern somit eine Schlüsselung, die schwierig zu ermitteln ist. Sind z. B. die zusätzlichen Einnahmen im Spielbetrieb einem hauptverantwortlichen Leistungsträger zuzurechnen und wenn ja, in welcher Höhe ist sein Anteil zu bemessen? (9)
Aufgrund des nahezu unkalkulierbaren Risikos der Verletzung oder des Ausfalls eines Spielers ist zum einen eine Sportinvaliditätsversicherung durch den Verein abzudecken, die weitere Auszahlungen nach sich zieht. Andererseits sind die Folgen einer längeren Verletzung und damit evtl. verbundene Änderungen/Verringerungen der Einzahlungsströme im Vorhinein nicht zu kalkulieren. (9)
Ebenso unkalkulierbar erscheint ein Phänomen, welches als ko-spezifische Spielerinvestition bezeichnet wird. Hierunter wird die bessere oder schlechtere Leistung bezeichnet, die ein Spieler in seiner neuen Vereinsumgebung erbringt, je nachdem ob er in der Konstellation und Integration des Vereins besser oder schlechter mit den anderen Spielern der Mannschaft harmoniert. (9)
Eine weitere Besonderheit im Rahmen von Investitionsentscheidungen in Spieler besteht in Qualitätsschwankungen oder Leistungseinbrüchen. Im materiellen Investitionsgütergeschäft gilt hierfür die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Reklamations- oder Stornoansprüchen. Im Falle von Sportvereinen liegt das Risiko des Wertverlustes komplett beim Investor. (9)
Ungewissheit als das Controlling erschwerender Faktor
Ein wichtiges Qualitätsmerkmal professioneller Sportwettbewerbe ist die Ungewissheit über den Ausgang des Spieles oder Wettbewerbs. (1)
Daraus resultiert das Interesse von Fußballclubs und Kapitalgesellschaften, möglichst gleichstarke Gegner zu finden, wenn das oberste Ziel die Erlösmaximierung darstellt. Bei zu großer sportlicher Überlegenheit könnten das Publikumsinteresse und damit das Einnahmepotenzial schrumpfen. Im Sportbereich ist im Gegensatz zu anderen Industriebranchen ein Monopol nicht gewinnoptimal. (1)
Damit lässt sich auch die z. B. in der Fußball-Bundesliga noch herrschende Zentralvermarktung der Fernsehübertragungsrechte durch die Deutsche Fußball Liga begründen, die sportliche Ausgeglichenheit durch Erlösumverteilung anstrebt. (1)
Ein interessanter Indikator zur Bestätigung der These des Zufalls ist die Quotenfestsetzung für Sportwetten. Diese orientieren sich im Fußballbereich an der Spielstärke der beteiligten Mannschaften, den taktischen Möglichkeiten, der Fähigkeiten der Trainer, dem Heimvorteil, der Bedeutung von Siegesserien und ähnlichen im vorhinein bekannten Faktoren. Die "zufälligen" Faktoren wie Glück und Tagesform offenbaren sich aber erst im Spielverlauf. Daher ist also auch hier noch einmal der "Zufall" ein bestimmender Faktor, der dafür sorgt, dass ein Gewinn bei Sportwetten auch dem Zufall unterliegt. (1) Somit sind auch Spielausgänge nicht prognostizierbar.
Für das Controlling erschwert sich damit die Aufgabe nach verlässlichen Messgrößen zu suchen und die Zukunftsplanung auf eine verlässliche Basis zu stellen.
Korreliert der sportliche Erfolg eines Vereins mit seiner Finanzkraft?
Bisher wird in Wissenschaft und Praxis vielfach die Ansicht vertreten, dass der sportliche Erfolg im Wesentlichen mit der Finanzkraft der Vereine korreliert. Empirisch allerdings ist diese Aussage nicht zu bestätigen, nicht immer spielt die finanzstärkste Mannschaft den attraktivsten Fußball, auch hat die Mannschaft mit dem attraktivsten Fußball nicht immer den größten sportlichen Erfolg. So ist davon auszugehen, dass die Managementqualität einen nicht unwesentlichen Einfluss auf das sportliche Abschneiden hat. (1)
Den meisten Vereinen dient der sportliche Erfolg als Oberziel. Unter Einhaltung aller Nebenbedingungen, wie Aufrechterhaltung der Liquidität und dem Erzielen eines Gewinns. (9)
Langfristig erfolgreiche Vereine wie Manchester United leben nach einer anderen Maxime. Bei ihnen ist die gute sportliche Leistung nur das Mittel zur Erzielung einer langfristig attraktiven Rendite und muss sich somit den unternehmerischen Zielen unterordnen. (9)
Fallbeispiele
Der 1. FC Kaiserslautern baut eine professionelle Managementstruktur auf. So ist als Präsident der Diplom-Kaufmann und bisherige Leiter Controlling und Rechnungswesen Erwin Göbel ernannt worden. Er wird ab Sommer die Nachfolge für den scheidenden Rene C. Jäggi übernehmen. Außerdem wird in Kürze ein Fachmann für Marketing vorgestellt werden. Sein Aufgabenbereich wird auch die Bereiche Außendarstellung, Vereins-Mitglieder und Fans sowie Saison-Dauerkarten umfassen. Unterhalb des Vorstands wird darüber hinaus ein Sportdirektor installiert werden. Wesentliches Ziel ist die wirtschaftliche Konsolidierung des Vereins. (2)
Beim TSV Pfungstadt arbeitet seit 2005 eine achtköpfige Strukturkommission an der inhaltlichen und personellen Erneuerung des Vereins. Hierbei steht die Professionalisierung des Managements, welches sicher auch zu erhöhten Managementkosten führen wird, im Vordergrund. Der Verein hat seit 2001 schwere Jahre hinter sich. Nicht professionelles kaufmännisches Controlling führte im Rahmen einer Steuerprüfung zu Nachzahlungsforderungen in Höhe von 360 000 Euro. (3)
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