Augusta Videlicorum, so lautete im alten Rom der Name unserer geliebten Heimatstadt. Gegründet wurde unser Augsburg vor über 2000 Jahren, um 15 vor Christus. Der große Kaiser Augustus hatte seine beiden Stiefsöhne Tiberius und Drusus mit dem Bau beauftragt und als Hauptstadt der römischen Provinz Raetia erstreckte sich der Einfluss Augsburgs in der Spätantike bis nach Norditalien. Damit ist Augsburg heute nicht nur eine der geschichtsträchtigsten, sondern auch einer der ältesten Städte Deutschlands.
Der Name Augusta leitet sich vom Namen des Kaisers ab. Videlicorum dagegen ist der lateinische Name eines alten keltischen Stammes, der einst zwischen den Flüssen Wertach und Lech siedelte, wo sich auch heute unsere Stadt erstreckt. Diese Kelten nannten sich „die Vindeliker“. An die alten Römer erinnert in Augsburg heute noch so vieles. Neben wichtigen Ausgrabungen, wie dem Forum und einer Thermenanlage, zeugt auch eine Zirbelnuss im Stadtwappen, das einst das Feldzeichen einer römischen Legion war, von dieser alten geschichtsträchtigen Herkunft.
Wer nun aber glaubt, dass damit die lange Geschichte schon zu Ende sei, der wisse, dass es noch sehr viel mehr zu erzählen gibt. Denn das alte Augsburg wuchs im späten Mittelalter zu einer reichen Stadt heran. Die Familie Fugger trieb Handel in der ganzen Welt. Kaiser Maximilian weilte hier besonders gern und die Renaissance erlebte in Augsburg auf deutschem Boden ihre erste Blütezeit. Neben allen diesen Wahrheiten erzählen sich die alten Augsburger auch gern manch phantastische Geschichten. So behaupten alte Legenden, die Stadt sei einst von den Söhnen Japhets gegründet wurde. Wer den Namen Japhet bis jetzt noch nicht gehört hat, dem sei gesagt, das Japhet einer der Söhne Noahs war, des Mannes, der einst die Arche baute, als die Sintflut über die Erde kam.
So alt ist, den Sagen nach, auch unser Augsburg. Unter den Kindern und Kindeskindern Japhets soll die Stadt zum ersten Mal erblüht sein und zwar so lange, bis Marthesia, eine Königin der Amazonen, aus dem fernen Osten kommend die Stadt eroberte und diese zerstörte. Das alles soll sich ereignet haben ganze 600 Jahre vor der Gründung Roms.
Ja, so erzählen es die alten Geschichten. Aber steckt nicht in jeder Sage auch ein Fünkchen Wahrheit? Vielleicht, wenn man sich die Mühe machte und einmal tiefer gräbe als es bisher geschehen ist, so fände man unter Umständen die Gebeine der Kinder Japhets. Vielleicht findet man auch noch die strahlende Rüstung einer Amazonenkriegerin. Doch bis es soweit ist, bleibt Kaiser Augustus, der auch heute noch Tag für Tag mit erhobener Hand von seinem Brunnen auf dem Rathausplatz grüßt der offizielle Gründer der Stadt Augsburg, dem alten Augusta Vindelicorum.
Die nun folgende Begebenheit ist zwar schon oft erzählt worden, aber auf Grund ihrer Tragik ist sie es wert, immer und immer wieder vorgetragen zu werden. Es ist eine Geschichte die von Arm und Reich, von Liebe und Hass erzählt, und diese Sage, so sagt man, hat sich genau so zugetragen:
Es war als Kaiser Sigismund auf dem Thron des Heiligen Römischen Reiches saß. Alljährlich pflegte man damals im alten Augsburg ein prächtiges Turnier zu veranstalten. Ja, man schrieb noch jene Zeiten, in denen die vornehmen Herren in Eisen gekleidet, hoch zu Ross mit Lanzen aufeinander einstachen. Viel edles Volk versammelte sich da in der Stadt. Unter ihnen war auch der Herzogssohn Albrecht III., der Nachkomme des bayerischen Herzogs Ernst. Auf jedem Turnier war dieser junge und wunderbar anzusehende Mann zu finden, denn das Lanzenstechen war eine seiner besonderen Leidenschaften. Da er ein sehr tapferer und geschickter Kämpfer war, hatte er auch schon so manche Partie gewonnen. Reihenweise flogen ihm die Herzen der Damen zu, denn solch einen stattlichen Burschen, den liebten und bewunderten die Frauen. Albrecht hätte wohl in diesen Tagen jede bekommen können, die ihm gefallen hätte. Und wenn es die Tochter des Kaisers selbst gewesen wäre.
Doch unergründlich sind oft die Wege der Liebe und der junge Herzogssohn verguckte sich ausgerechnet in ein Mädchen namens Agnes Bernauer. Diese Agnes war nicht etwa von hoher Geburt oder entstammte einer reichen Kaufmanngilde der Stadt. Nein, Agnes war die Tochter des Augsburger Baders Kaspar Bernauer. Doch, dass sie nur ein einfaches Mädchen war, störte den jungen Albrecht nicht, denn bei Albrecht und Agnes war es Liebe auf den ersten Blick.
So geschah es, dass, kaum war das Turnier in Augsburg vorüber, Albrecht seine Geliebte mit auf sein Schloss nach München nahm. Als das Volk davon erfuhr, ging das Gerede und Getuschel los. Die Menschen bei Hofe zerrissen sich förmlich die Münder. „Habt ihr schon gehört? Ein Bader! Ein Bader aus Augsburg? Und sie selbst? Hat sie etwa auch den Menschen im Badehaus den Buckel geschrubbt? Jaja, das wohl, und noch vieles, vieles mehr, denn ihr wisst ja wie es in einem Badehaus zugehen kann“, so tuschelte man allerorten.
Als dann der junge Herzogssohn Albrecht seine Agnes auch noch vor den Traualtar führte, war das Maß voll. Herzog Ernst von Bayern konnte das nicht dulden. Er musste und wollte das Mädchen loswerden! Aber wie sollte er seinen Sohn von ihr fortlocken? Tag für Tag hockten die beiden Turteltäubchen zusammen. Er wusste keinen Rat und freute sich daher sehr, als ihm unerwartet ein Vetter aus Landshut zu Hilfe kam. Das Bayernland bestand zu dieser Zeit noch aus drei, zwar verwandten, aber wie das in Familien manchmal so ist, nicht immer freundschaftlich verbundenen Herzogtümern. Wenn allerdings auch oft Unfriede zwischen diesen Ländern herrschte, hielten sie zusammen, wenn es darum ging die eigene Macht zu vermehren und zu stärken.