Impressum
Jochen Kelter
Die Möwen von Sultanahmet
Gedichte
© Weissbooks GMBH Frankfurt am Main 2015
Alle Rechte vorbehalten
Konzept Design
Gottschalk+Ash Int’l
Umschlag
Julia Borgwardt, borgwardt design
unter Verwendung eines Motivs von
© Sayanny/fotolia.com
Foto Jochen Kelter
© Franzis von Stechow
Satz
Publikations Atelier, Dreieich
Erste Auflage 2015
ISBN 978-3-86337-091-6
Dieses Buch ist auch als Printversion erhältlich
ISBN 978-3-86337-017-6
weissbooks.com
Gedichte
Die Möwen
von Sultanahmet
Der Autor dankt der Kulturstiftung des Kantons Thurgau für die Unterstützung der Arbeit an diesem Buch. |
Jochen Kelter, geboren 1946 in Köln, Studium der Romanistik und Germanistik in Deutschland und Frankreich. Erzähler, Lyriker, Essayist. Lebt im schweizerischen Ermatingen am Bodensee. Verschiedene Literaturpreise und Auszeichnungen. Wichtige Publikationen: Bodenseegeschichten, hrsg. zusammen mit Hermann Kinder, Eine Ahnung von dem was ist (Gedichte), Verweilen in der Welt (Gedichte), Hall oder Die Erfindung der Fremde (Roman). Zuletzt erschien bei weissbooks.w Hier nicht wo alles herrscht (Gedichte, 2014).
in memoriam Johannes Poethen
Dein Foto hängt
im engen Treppengang
im handtuchschmalen Haus
unter dem von Thaddäus: Zigarre
im verschmitzten Mund
beinahe eine Dynastie
Seither ist keines mehr
dazugekommen: die Zeit verebbt
nun werden die Despoten
wieder über Nacht verjagt
Luft zu atmen anstelle
der Erstickungsbilder
Bleiben wird von uns nichts
nichts von denen auch
die ihre Völker beraubten
und nichts von jenen
die sie vertrieben Staub
wird am Ende übrig sein
Zwei Verse in einem Buch
das vergilbt wir werden immer
auf ihrer Seite gewesen sein
nie auf jener der Bildnisse
wir hängen uns ab
unsere einzige Zierde
Ein armer Mann
bleibt auch in der Wüste
ein armer Mann
eine Frau ohne das Recht
den Blick zu heben kann
in den Himmel schauen
sie bleibt unter den anderen
und auch in ihrem Hof
allein eine blicklose Frau
ein Jüngling kann
weit über das Meer sehen
bis zu der Linie an der sich
Himmel und Wasser berühren
umdrehen kann er sich nicht
ein Taxifahrer erbricht
mit seinem klapprigen Gefährt
das Brot für seine Familie
seinen Mithäftlingen
den Polizisten entkommt
er nicht der zahnlose Alte
weiss dass es immer so war
seit der Prophet uns verliess
Ist es dieser März
nun in dem ausgesät wird
was die Menschen ernten werden?
Kleine Fächer so vernehm ich
blühen auf zu weissen Segeln
auf dem Fluss und an den Küsten
Starker Wind so hör ich
bläht sie auf zu runden Bäuchen
doch die Winde fürcht ich
könnten fallen Frühjahr
könnte in den Sommer blauen
und wir würden die Bilanzen
Neu anschauen Märzenlust
Frühjahrsband doch der Sommer
schaut genau auf die Zahlen
die das Jahr beenden werden
und uns ist nun mal bestimmt
allem Ende hier auf Erden
Vorzubauen haben wir uns
nicht schon einmal verrechnet
am Strand des Euphrat dazumal?
Ach da wehten keine Winde?
Richtig doch das ist der
Rechnung einerlei ist das Jahr
Dannzumal vorbei wenn wir
nur den Winden trauten
und den Strömen die uns treiben
könnten wir den Grund verlieren
allen Scheins der festen Dinge
die allein uns bleiben
für Sinan Gudzevic
Du gibst weder Laut
noch Wort antwortest nicht
durch die fernen Wellen
des Äthers und nicht
auf Papier: unserem Grund
Wir wollten keine Berge