Eduardo Halfon

Wie mein Zuhause zu verschwinden begann

Aus dem Spanischen von Benjamin Loy

Als wir am späten Nachmittag aus der Schule kamen, war der Schützenpanzer von gegenüber immer noch da. Der Bus steuerte viel langsamer als gewöhnlich durch das Haupttor hinaus, fast mit Behutsamkeit, als ob wir Schüler die Gelegenheit haben sollten, diesen alten Schützenpanzer ganz genau zu betrachten: gewaltig und pompös inmitten des Chaos aus Soldaten, Journalisten, Polizisten, Sanitätern, Feuerwehrmännern und all den Verwandten. Ich drehte mich um und bemerkte, dass vorne an jedem der dreizehn gelben Schulbusse eine Flagge des Roten Kreuzes hing. Plötzlich hielt unser Bus, für einige Minuten stand er einfach da, erfüllt von einem leichten Zittern inmitten des Getöses von Fahrzeugen und Menschen. Drinnen sagte niemand ein Wort. Niemand wagte, sich auch nur zu bewegen. Ich brauchte ein wenig, bis ich im matten Licht des Nachmittags die beiden Polizeiautos entdeckte, die vor und hinter uns standen, wie eine Art Eskorte.

»Es war dort drüben, siehst du, da oben«, flüsterte Oscar, und während der Bus langsam hinter dem Polizeiauto herfuhr, richtete ich den Blick nach oben, wo er hinzeigte: In der Ferne, auf der gegenüberliegenden Seite der Schlucht der Colonia Vista Hermosa, rauchten schwarz die Trümmer eines Hauses.

Die ersten Schüsse waren um zehn Uhr morgens gefallen. Ich hatte sie nicht gehört. Aber die ernsten Mienen meiner Klassenkameraden, die Miene Oscars, sagten mir, dass etwas Wichtiges passiert sein musste. Fast unmittelbar darauf hörten wir wieder eine Salve von Schüssen, und bald noch eine heftigere, die wie eine Antwort auf die vorherige wirkte. Es war ein Donnerstag. Es war der Sommer ’81. Es waren Tage des Schießens. Aber jene Schüsse hatte man viel zu nah gehört, gleich dort drüben. Unsere Lehrerin, Miss Jenkins, eine rundliche und freundliche US-Amerikanerin, lächelte breit und hielt uns dazu an, Lieder auf Englisch zu singen. Alle zusammen sangen wir also mehrere Lieder auf Englisch, während Miss Jenkins klatschend den Takt vorgab, während die Maschinengewehre weiterdonnerten sowie die Karabiner und vereinzelte Pistolen und plötzlich, nach ein paar Sekunden der Stille, eine gewaltige Explosion, die das ganze Schulhaus erbeben und uns stumm und starr vor Angst werden ließ. Miss Jenkins lächelte nicht mehr ganz so breit. Sie ging aus dem Saal hinaus auf den Korridor, wo sich die Lehrer und Direktoren der Schule versammelt hatten und beschlossen, uns alle in die Turnhalle zu bringen.

»Schau dir die mal an«, raunte Oscar mir im Bus beim Anblick der langen Maschinengewehrläufe Kaliber .50 zu, die auf zwei Militärjeeps montiert waren und immer noch direkt auf die Trümmer des Hauses zielten.