Cover
Titel
Impressum
Ein geheimnisvolles Haus
1. Ein Ferienhaus in Oberbayern
2. Das versteckte Lager
3. Das geheimnisvolle Haus
4. Im Garten der Hexe
5. Wie wohnt eine Kräuterhexe?
6. Eine neue Freundschaft
Der Herbststurm
7. Herbstferien!
8. Es braut sich was zusammen
9. Dem Geräusch auf der Spur
10. Höchste Gefahrenstufe
11. Die Rettung
Geheimnis um die Rauhnächte
12. Weihnachtsferien!
13. Geheimnisvolle Bücher
14. Xavers Oma erzählt
15. Das fast vergessene Zimmer
16. Aus dem Dornröschenschlaf geweckt
17. Zauberhafte Räucherdüfte
18. Der Ruf der Eule
Das Geheimnis der Silberdistel
19. Osterferien
20. Auf dem Flohmarkt
21. Die Entdeckung
22. Der Silberdistel auf der Spur
23. Eine heiße Spur
24. Das Ostergeschenk
Spannende Urlaubsabenteuer für Kinder im Grund- und Vorschulalter
Die Autoren
Alexandra Benke | Markus Erkens
Biber & Butzemann
Für meine Nichte und meinen Neffen
Alexandra Benke
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www.facebook.com/biberundbutzemann
© Kinderbuchverlag Biber & Butzemann
Geschwister-Scholl-Str. 7
15566 Schöneiche
1. Auflage, Juni 2015
Alle Rechte vorbehalten. Die vollständige oder auszugsweise Speicherung, Vervielfältigung oder Übertragung dieses Werkes, ob elektronisch, mechanisch, durch Fotokopie oder Aufzeichnung, ist ohne vorherige Genehmigung des Verlags urheberrechtlich untersagt.
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.ddb.de abrufbar.
Text: Alexandra Benke
Illustrationen: Markus Erkens
Layout und Satz: Andrea Jäke
Lektorat: Steffi Bieber-Geske, Juliane Just, Martina Bieber
Lektoratsassistenz: Gaby Feniuk, Pia Kollmer, Eva Ribstein, Hanja Runge,
Tatjana Schmischke, Jennifer Trapp
Korrektorat: Peggy Büttner
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015
ISBN: 978-3-942428-93-4
„Was haben wir vergessen?“, fragte Mama, als sie ins Auto stieg.
„Nichts!“, war Tim überzeugt. Schließlich war das Auto bis obenhin vollgepackt mit Kleidung für warme und kühlere Tage, Büchern, Kuscheltieren, Badesachen, Flossen, Kescher, Becherlupe und allem, was sie sonst noch für den Urlaub in ihrem Ferienhaus am Ammersee brauchten. Selbst auf der Rückbank war es ziemlich eng.
Aber egal – endlich ging es los.
Viel zu langsam, so kam es Tim und seiner zwei Jahre älteren Schwester Rosalie vor, rollte das Auto über die Autobahn. Aber irgendwann wurden die Straßen kleiner und sie fuhren durch Dörfer, deren Häuser anders aussahen als zu Hause. Oft waren sie mit prächtigen Blumenkästen geschmückt. Die Zugspitze, mit knapp 3.000 Metern Deutschlands höchster Berg, schien zum Greifen nahe.
„Das liegt an der trockenen, warmen Luft, die der Föhnwind mit sich bringt“, erklärte Papa ihnen. In der Dunkelheit konnte man von hier aus sogar das Licht der Münchner Hütte auf der Zugspitze sehen.
Nun würden sie bald da sein. Die Schläfrigkeit der langen Fahrt war auf einmal wie ausradiert. Rosalie und Tim hatten vor lauter Vorfreude ein Kribbeln im Bauch, als sie die Abzweigung mit der riesigen steinernen Seejungfrau erreichten – nun war es nur noch ein Katzensprung bis zum Ferienhaus. Vor vielen Jahren hatte ein Bildhauer die Seejungfrau angefertigt und hier aufgestellt. Jeder in der Gegend hatte sie lieb gewonnen.
Steil ging es die Bergstraße hinauf durch einen im Sonnenlicht hellgrün leuchtenden Buchenwald. Rechts blitzte der Ammersee durch die Bäume. Er ist einer der fünf Seen, die es hier im sogenannten Fünfseenland gibt. Der Ammersee und der Starnberger See sind die größten, die drei kleineren heißen Wörthsee, Weßlinger See und Pilsensee.
Als sie am Weiher vorbeifuhren, packten die Angler gerade ihren Fang, die Angelruten, Eimer und Stühle ein. Dann war die Familie im Ferienhaus angekommen. Rosalie und Tim warfen ihre Sachen auf die Betten, liefen durch alle Zimmer und öffneten die knarrenden Fensterläden. Der Geruch der Zimmer ließ Erinnerungen an die letzten Ferienerlebnisse wach werden.
Die Kinder hüpften hinaus in den Garten. Unterhalb des Grundstücks zog ein Wildbach seine Bahn, der in den heißen Sommerwochen nur so viel Wasser führte, dass man gefahrlos im Kühlen plantschen konnte, wenn man nicht in einem der fünf Seen baden ging.
Um der Hitze zu entgehen, fuhr die Familie im Sommer auch gern an die Isar, einen großen Fluss, der im Karwendelgebirge entspringt und durch Bayerns Hauptstadt München fließt. Auf der Isar kann man prima Kanu fahren oder am Ufer grillen. Und im Wasser kann man die herrlichsten Steine finden. Besondere Kiesel waren Rosalies Spezialgebiet, seit sie in Krün, einem Ort im sonnigen Isartal mit zauberhaftem Blick auf die Berge, an einem Steinekurs für Kinder teilgenommen hatte.
„Timmy! Rosalie!“ Diese Stimme kannten die Kinder. Es war Lotta, die Enkeltochter der Nachbarn, die nach ihnen rief. Sie hatte vor Kurzem ihren zehnten Geburtstag gefeiert, genau wie Rosalie.
Ein dunkelroter Lockenkopf spähte über den Zaun. „Schön, dass ihr wieder da seid. Ich muss euch ganz viel erzählen!“
So schnell wie möglich krochen die Geschwister unter dem Zaun hindurch. Er hatte neben einem Busch eine praktische Durchschlupfstelle.
„Hallo Lotta, was gibt’s Neues? “ Rosalie und Tim waren gespannt, denn mit Lotta erlebten sie immer die tollsten Abenteuer. Leider rief Mama in diesem Augenblick zum Essen.
„Morgen nach dem Frühstück in unserem Lager, okay?“, flüsterte Tim Lotta verschwörerisch zu, dann liefen die Geschwister zurück zum Ferienhaus. Das Abendessen stand schon auf dem großen Holztisch auf der Terrasse. Papa hatte ihn selbst aus alten Brettern gebaut. Die frische Luft hier hatte den Kindern Appetit gemacht und sie ließen es sich ordentlich schmecken. Auch Mama und Papa waren so fröhlich und entspannt wie schon lange nicht mehr.
Als die zwei nach einer Katzenwäsche im Bett lagen, überkam sie die Müdigkeit. Rosalie hörte eine Eule rufen. Vielleicht war das die kleine weiße Schleiereule, die sie schon einmal abends im Wald gesehen hatten? Kurz darauf waren die Kinder auch schon eingeschlafen.
Fast ohrenbetäubend laut war das Gezwitscher der Vögel am nächsten Morgen. Rosalie und Tim zogen schnell kurze Hosen und T-Shirts an, tranken ihre Milch und schlangen ihre Frühstückstoasts hinunter. „Nicht so hastig“, ermahnte Mama sie, konnte die beiden aber nicht davon abhalten, so schnell wie möglich hinaus in den Garten zu laufen. Anders als zu Hause in der Stadt durften Rosalie und Tim hier in dem kleinen Ort am Ammersee, wo beinahe jeder jeden kannte, stundenlang allein durch die Gegend streifen, solange sie pünktlich zum Essen wieder im Ferienhaus waren.
Ihr Weg führte durch das quietschende Gartentürchen, am Weiher entlang, durch dichtes Gestrüpp und an Quellen vorbei, von denen man sich erzählte, dass sie heilsame Kräfte hätten.
Es war wirklich ein magischer Ort. In einem im Wald versteckten kleinen Verschlag aus alten Brettern und Ästen, der sich an einen großen felsigen Stein lehnte, trafen sich die Geschwister mit Lotta, um Neuigkeiten auszutauschen und Pläne zu schmieden. Nirgendwo sonst kamen sie auf so gute Ideen. Gelegentlich kam auch Xaver im Lager vorbei, ein Junge aus dem Dorf. Er war acht Jahre alt wie Tim und wohnte das ganze Jahr über in dem kleinen Berg- und Bauerndorf oberhalb des Sees.
Völlig außer Atem kamen sie an. „Da seid ihr ja endlich!“, begrüßte Lotta sie und legte los. Sie berichtete, dass sie von einer Frau gehört habe, die hier im Dorf in einem verwunschenen kleinen Holzhaus wohne. „Angeblich spricht sie mit Pflanzen und Tieren und braut aus Kräutern die verschiedensten Zaubertränke“, erzählte Lotta.
„Wie bei Asterix und Obelix!“, warf Xaver ein, der gerade ankam und Lottas letzte Sätze gehört hatte.
„Mich erinnert das eher an eine Hexe“, sagte Rosalie, der bei diesem Gedanken ein Schauer über den Rücken lief. „Ich möchte das Haus sehen!“
Rosalie war immer für ein Abenteuer zu haben – egal, ob es um einen Besuch des Hochseilgartens in Utting am Ammersee ging oder um einen Reitkurs auf dem Blasl-Hof am Staffelsee. Tim interessierte sich eher für die Esel, Schafe und die vielen anderen Tiere auf dem Bauernhof. Außerdem führte der Bauer Sepp jedes Jahr kleine Stücke auf seiner Märchenbühne auf. Das hatte sowohl den Kindern als auch den Eltern immer sehr gut gefallen.
„Ich dachte mir schon, dass ihr euch das Hexenhaus nicht entgehen lassen wollt“, antwortete Lotta grinsend. „Den Weg dorthin habe ich schon ausgekundschaftet. Aber wir müssen vorsichtig sein! Es scheint so, als wisse niemand wirklich viel über diese Frau. Wir haben keine Ahnung, was uns erwartet!“
„Und wenn es wirklich eine Hexe ist …?“ Tim war der mutigste Junge der Welt, wenn es darum ging, mit dem Schlitten oder den Skiern den Berg hinunterzurasen. Auch auf der Sommerrodelbahn am Blomberg bei Bad Tölz, die wie eine Alpenachterbahn den Hang neben der Seilbahn hinabschießt, war er immer der Schnellste. Aber bei geheimnisvollen Dingen wollte Tim immer erst einmal nähere Informationen sammeln.
„Hexen gibt es doch gar nicht!“, erwiderte nun Xaver, dem das Gespräch zu lange dauerte. Er handelte lieber, als ewig zu reden. Die vier Kinder beschlossen, sich auf den Weg zu dem geheimnisvollen Haus zu machen.
Lotta führte die Gruppe über einen Feldweg vorbei am Weiher, dann wieder durch ein Stück Wald den Berg hinauf. Just in diesem Moment rief laut eine Krähe, als wollte sie die Kinder warnen.
„Seid ihr sicher, dass es keine Hexen gibt?“, wollte Tim zur Sicherheit noch einmal wissen.
„Opa hat mir erzählt, dass man früher Frauen, die über Heilkräfte und ein besonderes Wissen verfügten oder auf die man wegen ihrer Schönheit neidisch war, als Hexen bezeichnete“, schnaufte Lotta.
Tim war zwar noch nicht ganz überzeugt von der Sache, aber nun ging es so steil den Hang hinauf, dass eine Unterhaltung schwerfiel. Oben auf dem Berg angekommen, schlängelte sich der Weg zwischen alten Häusern und einer kleinen Kirche hindurch, die sie rechts liegen ließen. Plötzlich standen sie vor dem vermeintlichen Hexenhaus.
„Pst, seid leise!“, flüsterte Rosalie, die einen Sinn für alles Geheimnisvolle hatte.
Die Kinder schlichen an der Wildrosen-Hecke entlang, um einen Blick auf das Haus werfen zu können. „Hier sieht man gut!“, flüsterte Rosalie. „Aber passt auf, diese Rosen sind ganz schön stachelig.“