Dunja Rotkvic
Zwischen Hoffnung und Heilung
Mein Weg aus der Multiplen Sklerose zurück ins Leben
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Hinweis
Vorwort
Erste Jahre
Zusammenbruch
Sankt Wendel
Wieder zu Hause
An der Universität
Zwischen Heilaffirmation und Dauerstress
Tirol
Noch einmal mit letzter Kraft voraus
Kollaps
Reiki
Wieder im Leben
Impressum neobooks
Dieses Buch beruht auf wahren Begebenheiten, die sich zwischen 2000 und 2012 zugetragen haben. Medizinische und alternativtherapeutischen Fakten und Angaben wurden von der Autorin mit größtmöglicher Sorgfalt recherchiert, nachgeprüft und beschrieben. Dennoch kann die Autorin keine Haftung für alle Angaben, die in diesem Buch stehen, übernehmen. Die beschriebenen alternativmedizinischen bzw. energiemedizinischen Methoden und Techniken sind von der Autorin verantwortungsbewusst dargestellt und zumeist selbst erprobt worden. Doch übernimmt die Autorin keine Verantwortung dafür, wie diese Techniken gebraucht werden. Ebenso wenig wie sie eine Garantie dafür übernimmt, dass diese Techniken und Methoden zu erwarteten bzw. beschriebenen Resultaten führen. Bei Erkrankungen ist das Hinzuziehen des Arztes in jedem Fall ratsam. Allen Menschen mit MS wird unbedingt empfohlen, sich sofort nach der Diagnose in medizinische Behandlung zu begeben.
Was fühlt man, wenn einen blutjung eine schwere Krankheit erwischt?
Man hat sich vielleicht gerade erst aus dem schützenden Nest der Familie herausgewagt, neugierig in die Welt hinaus gelunzt, sie für aufregend befunden, aber auch für beunruhigend, durch die Freiheit und die Größe, die sich einem da plötzlich auftun an der Schwelle zur Adoleszenz. Man ahnt den anderen Maßstab außerhalb des Klassenzimmers, außerhalb des gewohnten jugendlichen Umfelds. Da entschließt man sich, mutig einen Schritt hinein zu gehen in diese Welt der Erwachsenen und fast das erste, was sich dann ereignet, ist ein gewaltiger Schlag in die Magengegend. Man japst nach Luft, krümmt sich. Versteht die Welt nicht mehr vor lauter Schmerz und Erschütterung. Wo kommt dieser Schlag plötzlich her? Wer hat ihn ausgeführt? Vor wem gilt es, sich in Zukunft zu schützen? Es ist nichts Fremdes, das man als Feind ausmachen könnte. Nein, der Schlag ist einer, den der eigene Körper gegen einen gerichtet hat. Unbarmherzig und lange unverständlich bleibt er, weil er so illoyal erscheint. Denn so etwas hat man noch nicht erlebt. Vom eigenen Körper! Bis jetzt hat doch alles ganz normal funktioniert. Wieso jetzt nicht mehr?
Aber man erholt sich langsam. Vielleicht ist es die jugendliche Naivität, die Vorstellung, dass man das, was einem wehtut, einfach so von sich abschütteln könnte. Das ist doch unser aller geheime Hoffnung, dass die Krankheit, die sich da so unbarmherzig in das eigene Leben gedrängt hat, ohne, dass wir sie eingeladen hätten, wieder verschwindet. Und am liebsten von alleine, bitteschön!
Dieses Buch ist an alle gerichtet, die verstanden haben, vielleicht schon direkt nach der Diagnosestellung verstehen, weil sie Realisten sind, oder auch erst nach Jahren des Kampfes, so wie ich, dass man auf diese Weise nicht gegen die Gefahr Krankheit wird ankommen können, die da plötzlich im eigenen Leben so erschreckend real geworden ist. Im gleichen Atemzug ist es an Menschen gerichtet, die dennoch nicht resignieren wollen, nicht die Hoffnung aufgeben, dass sie einmal wieder zu körperlicher Stabilität finden könnten. Die bereit sind, sich dafür zu engagieren, mit all ihren Kräften. Die sich auf die Suche machen nach Heilung, obwohl dieses Damoklesschwert über ihnen hängt, das einem alle Kräfte zu rauben scheint: Ab jetzt wird alles anders sein. Du hast keine Chance mehr auf ein normales Leben…
Aber gerade jetzt gilt es, sich vom Schock, von der Angst, der Frustration, vor allem aber auch von der geheimen Wut auf diesen plötzlich so schwächelnden Körper zu befreien, denn gerade jetzt ist es wichtig, seine Kraftreserven zu mobilisieren, um seinem Körper den nötigen Raum der Regeneration zu ermöglichen. Es gilt, sich zu sammeln, mit dem Schock, der Wut und der Verzweiflung, die da aus einem herausdrängen, seinen Frieden zu schließen und zu schauen, dass man seinem Körper einfach der beste Freund wird, der man in diesem Leben für ihn sein kann.
Ich habe Jahre gebraucht, um dies zu verstehen. Jahre, in denen ich das letzte aus meinem kranken, völlig ausgelaugten Körper gepresst habe, nur um irgendwie, längst schon am Rande des Zusammenbruchs agierend, weiter machen zu können. Um noch wenigstens mit halbem Bein dabei zu sein im Leben, auch wenn es für mich längst schon eine andere Qualität besaß als für die Menschen um mich herum, eine harte, eine quälende, eine völlig blockierte Qualität. Und selbst da noch habe ich weiter davon geträumt, dass sich eines Tages alles einmal in Luft auflösen würde, die Kraftlosigkeit und die körperliche Qual, die Frustration und das Wissen um den tiefen Abgrund, der sich da unter mir auftat. Ich habe gelitten wie ein Hund und dennoch habe ich genau so weiter gemacht wie bisher und habe mich immer weiter hinein gedreht in diesen Abgrund.
Bis ich irgendwann dann nach Jahren endlich verstanden habe, wirklich einmal tief verstanden: Hier geht es um deine Zukunft, um DEIN Leben! Nur du kannst diesen Teufelskreis aus Krankheit, emotionalem Leid und körperlicher Überforderung unterbrechen! Wenn du es nicht tust, wird dir kein Arzt, kein Therapeut und auch nicht deine Mutter da raus helfen können. Nur du kannst dich entschließen, wieder gesund zu werden! Und dann, in diesem Moment, wenn die Richtung klar ist, dann, wenn du dich entschlossen hast, den Weg der Gesundheit mit all seinen Konsequenzen zu gehen, dann gilt es, einen Friedensvertrag zu schließen, und zwar mit dem eigenen Körper. Ja! Das ist ganz wichtig! Man muss den kranken Körper dringend mit ins Boot holen. So selbstverständlich das klingt, so schwer ist das im Fall von Krankheit auch umzusetzen, weil man diesen kranken Körper unterschwellig einfach hasst. Ihn mit Vorwürfen belegt: Du hast die Krankheit doch zugelassen! Du bist der, der mein Leben blockiert. Du bist gerade dabei, es zu zerstören!
So aber wird kein Körper wieder gesund, wenn wir oberflächlich, weil uns die körperlichen Symptome in die Knie zwingen, nachgeben, aber unterschwellig wollen wir es einfach nicht akzeptieren, dass unser Körper jetzt wirklich Ruhe braucht und tatkräftige Unterstützung. Alle Energie, die wir noch zur Verfügung haben, gilt es, jetzt in seine Regeneration zu stecken! Alle Ohren zu spitzen, alle Hände auszustrecken nach Möglichkeiten, die uns helfen könnten. Hört nicht auf zu suchen! Auch dann nicht, wenn die Krankheit schon fortgeschritten ist. Wenn chronische Symptome den Körper belasten und jede Handlung zu einem Kraftakt mutieren lassen. Gebt dennoch nicht auf! Und sucht nach einem Weg, vielleicht auch einem ungewöhnlichen, einem unkonventionellen, der euch da wieder herausführen könnte! Stärkt die Hoffnung in euch und glaubt daran. Euer Leben ist es wert, dass man für es und seine Gesundheit mit all seinen Kräften eintritt. Und das ist im Idealfall kein lauter, kein wütender, kein frustrierend erschöpfender Kampf, sondern ein ruhiger, einer der weiß, dass auch die kleinsten Schritte schon zählen auf dem Weg der Genesung. Heilung von degenerativen Schäden benötigt seine Zeit, manchmal viel Zeit und genauso viel Engagement, Energie und auch Geld. Aber es lohnt sich allemal. Ganz einfach für das Leben, das noch vor einem liegt!
Es gibt keine Garantie auf diesem Weg. So ist das leider. Auch ich kann mit den Methoden und therapeutischen Maßnahmen, die mir selbst letztendlich geholfen haben und die ich in diesem Buch bekannt machen möchte, keine Heilung von einer MS versprechen. Dafür ist diese Krankheit viel zu komplex und auch die Menschen, die sie erleiden, sind viel zu unterschiedlich. Das einzige, was ich machen kann, ist, mit meinem Beispiel anderen Betroffenen Mut zuzusprechen. Denn mir geht es heute nach einem langen Weg des Leidens wieder sehr gut. Ob ich geheilt bin, das weiß ich nicht. Aber ich bin seit Jahren schub- und auch fast gänzlich symptomfrei. Und das ist es doch wert! Darum geht es!
Eigentlich möchte ich sogar wirklich niemandem empfehlen, es mir bei meinem Weg gleich zu tun, denn zu schwierig war er, zu riskant und in manchen Phasen einfach auch verantwortungslos. Und obwohl ich der schulmedizinischen Behandlung der Multiplen Sklerose teils kritisch gegenüberstehe, möchte ich dennoch niemandem raten, sich gänzlich außerhalb ärztlicher Behandlung oder zumindest einmal ärztlicher Betreuung zu bewegen. Aber es gilt, sich seine Ärzte genau anzuschauen. Und dort zu bleiben, wo man sich in sicheren Händen fühlt. Das kann von Patient zu Patient ganz unterschiedlich sein. Weil wir Menschen einfach auseinander gehende Erwartungen haben, verschiedenen Sicherheitsbedürfnissen erliegen und jeweils andere Heilungssysteme anerkennen.
Wer sich unter schulmedizinisch-medikamentöser Therapie gut aufgehoben fühlt, wer das Gefühl hat, dass die Medikamente bei ihm positiv anschlagen, dass sie Schübe hinauszögern, vielleicht gar die Erfahrung macht, dass er damit zu einem guten Teil schubfrei bleibt, der soll bitte auch an dieser Therapie festhalten! Denn alles, was die Gesundheit erhält, ist richtig! Für die aber, die neben der medikamentösen Behandlung noch parallele Möglichkeiten suchen, ihrem kranken Körper Kraft und Energie zukommen zu lassen in seinem Bemühen um ein gesundes Gleichgewicht, denen möchte ich in diesem Buch einige alternativmedizinische bzw. auch energietherapeutische Behandlungsmöglichkeiten vorstellen. Vielen sind sie sicherlich auch schon bekannt. Die therapeutischen Hinweise, Informationen und Links finden sich dabei immer mit meiner persönlichen Geschichte verwoben. Denn das meiste, was ich in diesem Buch beschreibe, habe ich selbst in langjähriger Suche nach Heilung erprobt. Manches davon war weniger wirksam oder es hat mich sogar nur noch tiefer in die Fänge der Krankheit getrieben. Anderes war der Schlüssel auf meinem Weg in die Gesundheit. Wie eine helfende Hand, die sich mir aus dem Himmel entgegengestreckt hat, kam mir gerade die energetische Behandlungsform vor in meiner verzweifelten, hilflosen Lage.
Wenn ich dem ein oder anderen Betroffenen auch nur ein wenig seiner Verzweiflung nehmen kann und Mut zu schenken vermag mit meiner Geschichte, dann hat sich ihr Niederschreiben schon gelohnt! Denn ich weiß, die Verzweiflung kommt schnell bei einer Krankheit wie der Multiplen Sklerose.
Eines liegt mir am Herzen: Gebt die Hoffnung nicht auf! Ganz egal wo ihr steht und ganz egal, wohin euer Weg euch führen wird. Man weiß es niemals, wenn man beginnt zu laufen, ob am Ziel die vollständige oder teilweise Genesung auf einen wartet oder doch nur eine kleine körperliche Verbesserung, trauriger Weise vielleicht sogar noch weniger. Letztendlich wisst ihr aber eines ganz gewiss: Dass ihr euch auf die Suche macht. Für die Gesundheit eures Körpers! Für euch selbst!
Neu-Isenburg, den 29.03.2013
Ich bin in einem Raum, umringt von lauter Leuten. Musik schallt durch die Lautsprecher und gibt den Beat vor, nach dem wir uns bewegen. Die Stimmung ist fröhlich, ausgelassen. Die, die die Bewegung lieben, tanzen, die anderen schauen zu, feuern an, lassen sich, wenn nicht mit ihrem Körper, so doch mit den Augen ein auf die Musik, die den Raum füllt. Als einer auf die Idee kommt, folkloristischen Pop aufzulegen, moderne Interpretationen alter Folkloreklänge, lächelt mein Tanzpartner mir zu. Sie sind uns beiden bekannt, diese Klänge, unsere Familien stammen aus dem gleichen südslawischen Raum. Ich habe schon als Kind zu ihnen getanzt und die Erinnerung kommt von alleine. Die Beine wissen, was zu tun ist, die Hüfte bewegt sich leicht im wiegenden Schritt, der Oberkörper bleibt steif, in einer geschmeidigen Linie zum Partner geneigt, so wie es sein soll. Schon damals habe ich die lebhaften, gleichförmigen Klänge geliebt, zu denen man schnellen, wippenden Schrittes tanzt, gemeinsam im „kolo“, im Kreis, der sich wie von selbst auflöst und zur Linie wird, die sich in lauter Einzelpaare zerstreut, um sich wieder kunstvoll zu vereinen. Jetzt jedoch sind wir wenige, die sich unmittelbar eingefunden haben in diese Musik. Die anderen umkreisen uns. Sie werden zu unseren Einheizern, verfolgen uns mit ihren Blicken, aus denen die Zustimmung spricht, die Aufmunterung, das angeregte Interesse. Mein Tanzpartner umschließt fester meine Taille. Er ist ein gut aussehender, charmanter Mann, der Beau unserer Gruppe, und heute Abend hat er sich mich als seine Partnerin ausgewählt und ich bin stolz. Wir wiegen uns langsam im Rhythmus der Klänge, die Körper bewegen sich fast von alleine.
Ich genieße den Augenblick, möchte weiter machen, immer weiter, doch nach einiger Zeit verlieren meine Beine an Kraft. Trägheit erfasst plötzlich ihre Bewegungen, subtile Schwere zieht die Glieder nach unten. Ich fühle Müdigkeit in mir hochsteigen. Auch mein Tanzpartner bemerkt sie, die kurze Verzögerung meiner Schritte. Nur immer weiter, weiter. Das Publikum feuert uns an. Der aufmunternde Blick meines Partners gibt mir für einige Zeit wieder Kraft. Irgendwann aber geht es nicht mehr. Es ist noch gar nicht sehr spät, wir haben doch erst vor Kurzem angefangen zu tanzen, aber meine Beine fühlen sich an, als ob sie unausweichlich vom Boden angezogen würden, wie von einem unsichtbaren, für die anderen nicht spürbaren Magneten, der sich hier im Untergrund versteckt hält. Ich jedoch kenne ihn. Ich kenne die Müdigkeit, die Trägheit, die über die Beine den gesamten Körper, irgendwann, einnehmen wird. Wie ein Echo aus der Vergangenheit ist sie plötzlich wieder da. Und ich weiß, ich muss aufhören, bis sie den gesamten Körper erfasst. Denn auch wenn die rasche Ermüdung der Beine noch so unnatürlich erscheint und mir einfach nur unfair, denn sie macht mich wütend, in meinem Inneren ruft es, tanzt weiter, lasst mich nicht im Stich, so weiß ich doch, dass ich abbrechen muss, wenn ich am nächsten Tag einigermaßen munter sein will. Und so höre ich auf, lasse einen enttäuschten Mann stehen, ein Publikum, das gerade erst angefangen hat warm zu werden, und muss gehen, verschwinde von dieser fröhlichen Betriebsfeier, viel zu früh.
Am nächsten Morgen wache ich mit dumpfem Kopf und müden Gliedern auf. Der Abend, so fröhlich er war, hat mich angestrengt. Mein ganzer Körper fühlt sich an, als ob eine große Kraftanstrengung ihn ausgelaugt hätte. Auch der Schlaf hat es nicht geschafft, ihn wieder aufzubauen. Daher lasse ich die Morgenstunden gemütlich angehen, Kräfte schonend. Kurz nach dem Mittagessen gehe ich ins Fitnessstudio. Nicht an die Geräte, für die ich nicht bezahle, weil sie mir zu anstrengend wären. Im Keller des Studios befindet sich ein kleines Schwimmbecken. Kaum kann man sich darin bewegen, wenn ein paar mehr Leute zugegen sind. Aber in den Stunden, in denen ich komme, ist es oft leer. Oder wir sind zu zweit und schwimmen die lächerlich kurzen Bahnen entlang, einander störend, weil das Becken nicht mehr hergibt. Heute achte ich darauf, dass es nicht zu lange wird, was es eigentlich nie wird. Heute möchte ich nur ein bisschen die Glieder erfrischen, die Müdigkeit vertreiben – das ging damals noch, irgendwann aber sollte der Zeitpunkt kommen, an dem auch das nicht mehr gehen würde, an dem mich jede Bewegung unendlich müde machen würde, auch die wohlgemeinte.
Es war eine seltsame Zeit. Mir war es lange gut gegangen. Ich hatte vieles mitmachen können. Ich hatte einen normalen Alltag: Studium, Halbtagsjob am Telefon, gut bezahlt, aber auch stressig. Wir waren chronisch unterbesetzt in dieser Zeit der ersten Wirtschaftsflaute, nachdem es Deutschland lange Jahre gut gegangen war. Es gab kaum Studentenjobs und ich war froh gewesen, diesen ergattert zu haben. Ich hatte mich gegen einige hundert Mitbewerber durchsetzen können. Wir absolvierten zuerst eine dreimonatige Schulungszeit, die gesellig und lehrreich war. Ich hatte mich wohl gefühlt in diesem kleinen Kreis unserer Neulingsgruppe und mochte die täglichen Lerninhalte. Doch irgendwann war die schöne und intime Zeit vorbei und wir wurden hinausgeschmissen, mitten in dieses Großraumbüro mit seinem Lärm, seinem Trubel und seiner Unruhe. Jetzt hatten wir nicht mehr freundliche und engagierte Schulungsleiter über uns, sondern misstrauische und bissige Teamleiter, mit barschem Umgangston und überzogenen Ansprüchen. Schnell merkte ich, dass diese Arbeit eine Herausforderung für meine Nerven sein würde. Sie erforderte permanente Aufmerksamkeit, viel Telefon, fast keine Pausen, manchmal über Stunden. Aber die gute Bezahlung lockte mich und die desolate wirtschaftliche Lage saß uns allen in den Knochen. Auch die schon investierte Zeit in die Schulung, wegen der das Semester mal wieder gelitten hatte, wollte ich nicht einfach so nutzlos werden lassen. Also blieb ich.
Meine Nerven hielten erstaunlich lange durch. Manchmal wundere ich mich noch heute darüber. Erst nach mehr als einem Jahr sollte mein Körper einknicken. Meine rechte Hand, die Schreibhand, weigerte sich weiter mitzumachen. Sie wollte nicht mehr. Nicht mehr so wie ich es wollte bzw. wie ich musste. Als ob sie von meinem inneren Widerstand gegen diese perspektivlose Arbeit geahnt hätte. Oder von meiner unterschwelligen Wut gegen die Sklaventreiber-Methoden, die sie bei uns anwenden konnten, weil wir jung waren und arbeiten wollten und weil die wirtschaftliche Lage sie in eine begünstigte Position gebracht hatte. Jetzt half mir mein eigener Arbeitswillen auch nicht mehr, denn meine rechte Hand streikte. Sie entzog sich meiner Kontrolle und wurde schwer und lahm. In mir staute sich Enttäuschung gegen diese Blockadehaltung auf. Oh nein, dachte ich. Bitte nicht. Nicht schon wieder der Ausfall eines so grundlegenden motorischen Vermögens, der doch niemals hätte sein dürfen. Hatte sie den nicht mitzumachen, diese meine Hand, so wie immer, so wie es ganz natürlich war? Unterlag sie nicht der Kontrolle meines Willens? Aber sie tanzte aus der Reihe. Ihre Bewegungen hackten. Sie hatten alle unmittelbare Leichtigkeit und fließende Selbstverständlichkeit verloren und waren plötzlich unendlich mühevoll auszuführen. Jedes Mal eine kleine Kraftanstrengung, die meine ganze Konzentration erforderte. Und je mehr ich diese Hand triezte, je mehr ich von ihr abverlangte sich meinem Willen unterzuordnen, desto stärker weigerte sie sich. Sie wurde immer schwerer, immer müder, unbeweglicher. Ich ärgerte mich über diese plötzliche körperliche Blockade, die sich so gleichgültig gegenüber meinem eigenen Willen vollzog, und ich war gleichzeitig furchtbar enttäuscht, weil ich mir eingestehen musste, dass sie wieder zugeschlagen hatte, nachdem sie eine ganze Zeit lang ruhig geblieben und in den Hintergrund getreten war. Ich hatte sie eigentlich schon abgeschrieben.
Das war wirklich schlimm, die Erkenntnis, dass sie immer noch da war, diese unheimliche Krankheit, die aus dem Hinterhalt zuschlug, unberechenbar, und mir mit einer schmerzlichen Selbstverständlichkeit die Kontrolle über meinen Körper nahm, einfach so. Von einer auf die andere Sekunde. Hierin lag ihr ganzer Schrecken. Zack, und jetzt kannst du halt deine Hand nicht mehr bewegen. Eben war doch noch alles in Ordnung gewesen. Ja eben, aber jetzt nicht mehr. Am Anfang zeigte sich das Symptom noch leicht, nur der Anflug einer kleinen Bewegungshemmung. Ich übersah sie geflissentlich. Weil ich die Hoffnung hatte, dass eigentlich gar nichts sei. Eine leichte Muskelschwäche vielleicht oder gar einfach nur eine psychosomatisch hervorgerufene Irritation? Unterlag meine Hand doch meinem Willen. War dem nicht so? Der Kopf schickt einen Befehl an den Körper. So schnell und präzise, dass wir davon gar nichts merken. Und schon hebt sich die Hand. Sie winkt. Wollten wir wirklich winken? Die Hand ist schlauer als wir. Sie kennt die Konventionen des Alltags genau. Die haben sich tief eingegraben in die Nervennetzwerke unseres Gehirns. Hier werden Millionen von Stromschlägen geschaltet. Unendlich viele Informationen, die mit Lichtgeschwindigkeit die Nervenbahnen passieren, um dieses wundervolle Kraftwerk Körper aufrechtzuerhalten. Damit seine Millionen lebenswichtigen Funktionen, die ganz ohne unser Bewusstsein, leise und heimlich, wie von selbst im Hintergrund ablaufen, damit dieses Ich als Mensch existieren kann, sich bewegen, lachen, denken, traurig sein. Und dann ärgern wir uns über diesen Körper, wenn er einmal nicht so funktioniert, wie wir es gewohnt sind. Wenn eine seiner zigtausend Funktionen aus dem Takt gerät. Als ob wir ein Recht hätten auf seine unermüdlich ergebene und dabei völlig stimmlose Mitarbeit. Wir sind davon überzeugt, ein Recht auf diese zu haben, und bedenken dabei nicht, dass es gar nicht um Mitarbeit geht, sondern vielmehr um existentielle Vorraussetzung menschlichen Daseins, um Körper als Basis des Lebens, weil wir ohne ihn gar nichts vermögen, so abhängig sind wir von ihm.
Das wird einem in einem solchen Moment der körperlichen Blockade erschreckend deutlich bewusst. Jedes Mal wieder ist es ein heftiger Schock, diese Gefühle der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins an den eigenen Körper zu erleben, die eine plötzlich auftretende körperliche Behinderung zwangsläufig in einem hinterlässt. Meine Hand also machte nicht mehr mit und mich frustrierte das unendlich, hatte ich doch eine Arbeit hier zu verrichten. Ich saß vor dem Computer und versuchte mit der plötzlichen Schwäche der Hand irgendwie klarzukommen. Durch das Telefon prasselten die Informationen auf mich ein. Viel zu schnell, als dass ich sie mit dieser Hand hätte gewissenhaft eintippen können. Dann war das Telefonat auch schon vorbei, aber ich hatte noch lange keine Ruhe. Ich musste meine ganze Konzentration auf diese blockierte und überforderte Hand richten, dass sie mir half, die fehlenden Informationen noch nachzutragen. Da war der neue Anrufer schon in der Leitung und überschlug sich mit seinen Forderungen. Panne. Es regnet in Strömen. Bitte um Hilfe. Wer hilft mir? Ja, wer denn? Nur ich selbst hätte es in diesem Moment vermocht. Aber ich entschied mich, die Blockadehaltung meiner Hand mit Gewalt zu überwinden. Meine ganze Konzentration musste ich gegen ihre Bewegungsträgheit ausrichten, dass sie mir doch langsam, in ihrem abgehackten und schwerfälligen Tempo entgegenkam und meinen Willen ausführte. Ihre Bewegungen aber blieben trotz unglaublicher Kraftanstrengung unsauber, gehemmt, träge. Und sie kosteten mich so unendlich viel Energie. In mir wuchs die Anspannung. Die Verkrampfung meiner Hand stand mir auch ins Gesicht geschrieben. Ein Schwall von Stresshormonen durchflutete meinen Körper, machte mich fahrig, nervös, erschöpfte mich noch mehr.
Natürlich hatte ich Angst. Vor allem war ich furchtbar enttäuscht. Ich wollte gar nicht daran denken, dass sie wieder da war, diese Krankheit. Und ich dachte, ich sei sie losgeworden. Mein Magen fühlte sich flau an, als wolle er in sich zusammensacken. All meine Enttäuschung und der Schrecken rumorten in ihm. In meinem Kopf flogen die Gedanken durcheinander, gleichzeitig war er so leer. Ich war doch voller Hoffnung gewesen, dass mit mir alles normal sei. Dass ich das gleiche Leben führen konnte wie all die anderen jungen Leute um mich herum, auf Partys gehen, studieren, arbeiten, Geld verdienen. Das gehörte doch alles dazu. Und jetzt verweigerte mir mein Körper wieder die Mitarbeit. Hatte ich diese Krankheit nicht einigermaßen erfolgreich aus meinem Leben gedrängt? Hatte von all diesen Dingen, die plötzlich in meinem Nervengewebe vor sich gingen, eigentlich nichts wissen wollen. Hatte mir Ruhe gegönnt, soweit sie nötig war, mich um regelmäßige Essens- und Schlafenszeiten gekümmert, war gemütlicher geworden und vorsichtiger. Mir schien es so gewesen, als ob ich mein Leben gut im Griff gehabt hatte. Die Krankheit jedenfalls hatte eine ganze Zeit keine Macht über mich gehabt. Aber die Angst war ja doch da gewesen, dass alles wieder hoch kommen könnte. Wie ein Damoklesschwert hatte sie über meinem Kopf gehangen und mir die Unbeschwertheit, die Selbstverständlichkeit meines Lebens genommen. Wenn die anderen lachten, so hatte ich mitgelacht. Ein ausdrückliches Lachen war es gewesen, laut und herausfordernd, im Grunde genommen voller Furcht, es einmal endgültig zu verlieren. Denn wenn man genau hinhörte, hätte man heimliche Nervosität heraushören können. Man hätte erspüren können, dass etwas auf diesem meinem Lachen lag, das es niederdrückte. War sie doch immer da gewesen, die Angst vor dem Unwirklichen, vor dem Unfassbaren, dass da so plötzlich in mein Leben getreten war und es für die Zukunft bestimmen sollte, ohne Möglichkeit, zu entkommen. Da war etwas Endgültiges an dieser Krankheit, das ich so in meinen jungen Jahren noch nicht kennengelernt hatte. Ich hatte es nicht glauben können. Mit manch anderer Diagnose wäre ich wohl leichter zurechtgekommen, aber diese Krankheit, die in vielen Fällen früher oder später im Rollstuhl endet. Das wusste man doch. Die einem schleichend, aber fast sicher langsam alle motorischen Fähigkeiten nehmen würde, bis man nur noch ein unbewegliches Wrack war.
Das durfte nicht war sein! Alle hatten sie sich geirrt. Ich würde es ihnen schon zeigen, hatte ich gedacht und mein Leben wieder in ruhigere Bahnen gelenkt, hatte das Rauchen aufgegeben und auch die mich ernährende Unsitte von Brot mit Käse, Brot mit Wurst. Die Krankheit hatte gut darauf angesprochen und sich wie ein unterlegener Feind zurückgezogen. Aber jetzt war sie wieder da. Diesmal hatte sie kein lautes Tamtam eingeleitet, keine große innere Unruhe und Zerrissenheit, wie damals, als ich geahnt hatte, wieso er plötzlich eingeknickt war, mein Körper. Jetzt gab es nur den Stress auf Arbeit. Und gerade das erschien mir so unfair, als ob es mein Leben auf ungebührliche Weise einschränkte. Jeder hatte doch Stress, war immer wieder größeren Belastungen ausgesetzt. Man biss halt die Zähne zusammen und machte weiter. So lange, bis sich der Druck wieder legte und ruhigere Zeiten kamen. Mein Körper aber reagierte plötzlich mit dieser gefährlichen Krankheit auf Überforderung. Das war ein teurer Preis, Nervenzellen zu verlieren für ein bisschen Aktionismus, aber damals war mir noch nicht bewusst gewesen, wohin das Ganze führen konnte. Nicht, weil ich nicht auch davon gelesen hätte, von arbeitsunfähigen, schwerstbehinderten Menschen, im Extremfall vom langsamen Siechtum in den Tod hinein. Aber ich hatte das alles nicht wirklich an mich heranlassen können. Es erschreckte mich zu sehr. Und ich hatte dieses Leben, in dem ich stand. Ich hatte Verpflichtungen, das Studium, das abgeschlossen werden wollte, die Wohnung, die zu finanzieren war, und ganz generell die ganzen Lebenserhaltungskosten, die da tagtäglich auf einen zukamen. Wie sollte ich das alles meistern mit einer solchen Krankheit im Rücken? Ich hatte gekämpft für diesen so anständig bezahlten Job. Hatte gute Aussichten, hier eine gesicherte Arbeitsstelle zu erhalten. Ich war doch eine junge Frau mit Hoffnungen und Plänen. Und dann streikte mein Körper einmal wieder, nachdem er sich längere Zeit - eine schöne, hoffnungsvolle, Mut machende Zeit - ruhig verhalten hatte. War das gerecht? Nein, das war es nicht. Aber es war Realität. Ich versuchte sie dennoch zu umgehen. Doch die plötzliche Schwäche der Hand kam immer deutlicher zum Vorschein. Ich spürte die Blockade bei jeder kleinsten Bewegung. Sie ließ sich nicht mehr abtun, schon gar nicht leugnen. Die Belastung auf Arbeit nahm enorm zu. Meine Hand schrie nach Ruhe. Jede einzelne ihrer Nervenfasern sehnte sich nach Bewegungs- und Spannungslosigkeit.
Diese Behinderung meiner Hand war mir, wenn ich ehrlich war, nicht neu, sie war vor einigen Jahren schon einmal aufgetreten, damals, als ich von einer auf die andere Sekunde Probleme hatte, die Vorlesung des Professors mitzuschreiben, weil mir die Stiftführung plötzlich schwer fiel und meine Hand so fürchterlich stockte, dass sie nur noch eine unleserliche Krakelschrift aufs Papier brachte. Meine Banknachbarin hatte - ich erinnere mich genau - erschrocken auf das Blatt Papier unter meiner Hand gestarrt, auf diese völlig scheppen Buchstaben einer Schreiblegasthenikerin, und ich hatte angefangen zu schwitzen. Jetzt war sie wieder da, die Bewegungsblockade, lange hatte sie sich nicht mehr gemeldet. Oder war es nur ein ähnliches Symptom? Als Zwillingsbruder getarnt, der doch nichts mit der früheren Symptomatik zu tun hatte? Jedenfalls wurde es innerhalb von Tagen stärker. Die Hand entzog sich immer mehr meiner Kontrolle und ich musste nach einiger Zeit einsehen, dass es nur noch schaden würde weiterzumachen. Jetzt saß ich bei meinen Eltern zuhause. Ich war hierher geflüchtet, wie jedes Kind bei Enttäuschung nach Hause flüchtet und Trost sucht. Ich weinte vor meiner Mutter, die mich traurig ansah und versuchte mir wieder Hoffnung zu machen. – Es wird schon wieder. Du wirst sehen. Auch die anderen Symptome haben sich ja wieder zurückgebildet. Dann fuhren sie in den lange geplanten Urlaub und ließen mich alleine zurück. Vorher aber hatte ich mir für die Nächte von meinem Vater abends ein Leinentuch, in das ich klein gehackte, frische Zwiebeln gewickelt hatte, auf den Rücken binden lassen. Dort, wo ich das Gefühl hatte, dass die Entzündung saß. Dieses seltsam anmutende Vorgehen hatte ich dem Tipp einer türkischen Freundin zu verdanken, der mir schon einmal gute Dienste geleistet hatte. Zwiebel hilft bei Entzündungen, hatte sie mich in das Haus- und Heilwissen ihrer Mutter Einblick nehmen lassen und ich hatte es einfach ausprobiert. Zu verlieren gab es nichts. Ich war damals wirklich erstaunt gewesen von der Wirksamkeit dieser einfachen Methode und hatte sie ein paar Nächte, die Wirbelsäule entlang, angewendet. Nur der stechende Geruch, der noch Tage danach an meiner Haut und in der Matratze hing, war eine wirklich unangenehme Begleiterscheinung.
Die Zwiebel wird nicht nur als Küchenkraut verwendet, sondern kann auch als Heilpflanze eingesetzt werden, besitzt sie doch viele wertvolle Inhaltsstoffe wie das Allicin, eine antibiotisch wirksame, schwefelhaltige Verbindung. Daher lässt sich Zwiebel bei jeder Art von äußeren, aber auch inneren Entzündungsvorgängen anwenden. Für die äußere Anwendung wird ein Zwiebelwickel empfohlen, bei dem Zwiebelscheiben oder auch Zwiebelbrei auf ein Tuch gegeben werden, das um die betroffene Körperstelle gebunden wird, so dass der Zwiebelsaft für einige Zeit, am Besten über Nacht, durch die Haut einwirken kann. Zwiebelwickel helfen z. B. bei Abszessen, verschleimten Bronchien, Gichtanfällen der Hände und Füße, wieso dann nicht auch bei Entzündungen des Rückenmarks, dachte ich mir. Ist die Zwiebel frisch, wird gründlich klein gehackt und als feuchter Wickel auf den betroffenen Teil der Wirbelsäule gebunden, habe ich die besten Erfahrungen bei akuten Schüben oder noch nicht ganz so alten Herden gemacht. Man sollte sich aber unbedingt einige Tage der Ruhe und Regeneration gönnen, um den Heilprozess, der hierdurch im Körper angestoßen wird, nicht zu unterlaufen. Und man sollte generell eher unempfindlich gegen den stechenden Zwiebelgeruch sein, der sich schnell an Körper und Matratze bindet.
Siehe generell zur Zwiebel:
http://lexikon.huettenhilfe.de/gewuerze/zwiebel/zwiebel-biochemisches-und-heilkunde.html (15.10.2012)
Peter Pukownik: „Kleine Hausapotheke Gottes“, 1999, S.121ff.
Ulrich Ravens: „Die geheime Kraft der Zwiebel. Verblüffend einfache Rezepte für Gesundheit und Wohlbefinden“, 1997.
Damals waren meine Empfindungsstörungen in den Beinen, die kleine, kaum sichtbare Gangstörung und die Schreibblockade meiner Hand innerhalb von einigen Wochen immer mehr verblasst und ließen sich drei Jahre später tatsächlich nicht mehr nachweisen als Schäden im Nervengewebe des Rückenmarks. Was für eine Wirkung hatte man mit diesem kleinen, unscheinbaren Hausmittel doch erreichen können! Ich war voller Hoffnung gewesen. Vor allem hatte mich diese Erfahrung in meinem Glauben an die Alternativmedizin gestärkt.
Mein Verhältnis zu den Ärzten war schon immer ein zwiespältiges gewesen, schon von Anfang an. Ich mochte die Distanz nicht, mit der sie uns Patienten begegneten, ihren hilflosen Lakonismus, wenn sie ihre Unsicherheit vor der Wahrheit einer so unberechenbaren und zerstörerischen Krankheit zu verbergen suchten, und ich mochte ihre Selbstgefälligkeit nicht, mit der sie herumwedelten, dass nur ja jeder mitbekam, dass sie die einzige Instanz waren, die sich jetzt noch eine Einschätzung erlauben durfte. Ab jetzt, dem Eintritt der Krankheit in mein Leben, würden sie das Ruder übernehmen, ob ich wollte oder nicht, eine schreckliche Vorstellung für mich, die ich die letzten Jahre den Doktor gemieden hatte wie die Katze das Weihwasser. In Wahrheit traute ich ihnen nicht. Ich hatte tagelang im Krankenhaus gelegen, hatte lauter Untersuchungen, Nadelstiche und Tabletten über mich ergehen lassen, ohne dass ich im Geringsten darüber aufgeklärt worden war, was hier gerade geschah. Von einem auf den anderen Tag mitten in dieses Krankenhausgetümmel geworfen, war ich doch völlig alleine mit meiner Angst vor dieser plötzlichen Entwicklung, vor den Vorgängen in meinem Körper und mit der Vorausahnung, dass es etwas Schlimmes sein könnte, etwas Unerhörtes, das doch so nicht sein durfte. – Ich an ihrer Stelle würde ins Krankenhaus fahren, hatte mir der nette Bereitschaftsarzt der medizinischen Notfallstelle geraten. Ich war gerade ganz aufgelöst nach Hause gekommen, nachdem man mir die MRT-Bilder meines Rückenmarks in die Hand gedrückt hatte. (Magnet-Resonanz-Tomographie, ein radiologisches Bildgebungsverfahren, das mit Magnetfeldern arbeitet.)Auf mein vorsichtiges Fragen hin war ich von dem behandelnden Radiologen nur angefahren worden. - Was wollen Sie denn von mir wissen? Extra für Sie werden die Kollegen am Wochenende Überstunden machen, dass Ihre Ärztin so schnell wie möglich den Arztbericht in Händen hält! Extra für mich sollten Wochenendschichten geschoben werden? Das musste etwas Schlimmes sein! Ich hatte mich damals wegen eines Taubheitsgefühls im linken Bein, das zuerst nur ganz punktuell im Bereich des hinteren Oberschenkels zu spüren gewesen war, an diese Ärztin gewandt.
Dabei hatte ich eine wahre Odyssee zurücklegen müssen, um zu dem Termin zu kommen. - Zu viel zu tun. Sie müssen warten. Ein paar Monate. Ein halbes Jahr. Das war die Antwort der meisten neurologischen Praxen gewesen. Ich war irritiert, wieso bemühte ich mich eigentlich um einen Termin? Wegen dieser leichten Empfindungsstörung!? Wahrscheinlich hatte sich nur ein Nerv eingeklemmt. Ich hatte damals viel Stress gehabt. Hatte in einem schmucken, gutbürgerlichen Restaurant meine festen Arbeitsschichten absolviert. War viel gerannt, hatte lächeln müssen, freundlich und dabei immer in Bewegung. Gerade hatte ich mich entschlossen, mein Studium der Volkswirtschaftslehre an den Nagel zu hängen, weil mir sein Sinn abhanden gekommen war. Mich langweilten das ganze Auswendiglernen und die leere, stumpfe Wissensabfrage, aber im Grunde genommen hielt ich dem Druck nicht mehr stand. Das lange nächtliche Arbeiten und morgens früh die wichtigen Vorlesungen. Ich war seit einiger Zeit so unerklärlich müde gewesen, so wenig belastbar und konzentrationsschwach. Dann die Statistikstunden. Dieser weltentrückte, bizarre Professor, der hinter seinem Pult Kapriolen schlug mit Zahlen und Ableitungen von Zahlen, die sich im unendlichen Raum mathematischer Relativitäten verloren. Ich saß mit nur wenigen anderen in seiner Veranstaltung. Die meisten hatten ihn wohlweislich gemieden. Aber für mich war dieser Schein in diesem Semester wichtig gewesen. Ich hatte mir viel vorgenommen und kapitulierte am Ende vor meiner eigenen Abgeschlagenheit. Woher kam diese ungewohnte Müdigkeit, die mich am frühesten Abend schon einlullte und mir die Konzentration raubte für mein Studium? Jetzt hing ich also in der Luft, arbeitete viel, lief viel, machte mich zum Bückling derer, die dem Genuss von guter Speise und Bedienstetenschikane frönten, wollte eigentlich ganz woanders sein und musste doch Geld verdienen.
Und dann kam diese Empfindungsstörung, die sich in Höhe des Gesäßknochens manifestierte, erst erbsengroß, dann irgendwann wie ein langes Band bis in den Unterschenkel hineinreichend. Ich hatte sie einige Wochen beflissentlich ignoriert. Bis ich dann irgendwann doch Sorge empfand und mich um ärztliche Begutachtung bemühte. Dann plötzlich ging alles ganz schnell, nachdem ich die Bilder in Händen hielt. Drei Tage später lag ich schon mit Nachtkittel im Krankenhaus. Man führte hier alle Untersuchungen, die man für nötig befand, durch und ließ mich dennoch im Unklaren. Ich war hilflos, ich war gereizt, ich hatte Angst. Neben mir lag eine Parkinsonpatientin, der sie die Gebärmutter entfernt hatten. Jetzt hatte sie das Gefühl, dass in ihrem Bauchraum die Würmer hausten. Wenn sie die Klingel drückte, was sie ungern tat, wurde sie von den Schwestern erst einmal ausgeschimpft. Irgendwann verlor ich dann selbst die Nerven. Man hatte mich tausendfach gepiekst. Hatte mir Nadeln in den Körper gesteckt und sie einfach drinnen gelassen, provisorischer Weise. Ich hasse diese Nadeln bis heute, nachdem mir als Kind eine resolute Krankenschwester ganz scheinheilig zur Begrüßung die Hand entgegengestreckt hatte. Kaum hatte ich sie ergriffen, wurde mir meine schon umgedreht und eine dicke Nadel steckte mitten in meinem Handgelenk. Ich war vielleicht neun und der Vertrauensmissbrauch schockierte mich so sehr, dass seitdem jede Blutabnahme für mich ein Martyrium ist. Der junge Assistenzarzt bemühte sich ehrlich um mich, aber ich hatte schon längst meine Nerven verloren. Er versuchte es immer wieder. Nur eine einfache Blutentnahme. Ich hatte derer aber in den letzten Tagen so viele gehabt, dass sich meine Armbeuge dagegen wehrte und sich krampfhaft zusammenzog. Entspannen Sie sich, sagte er. Meine Muskeln zogen sich nur fester zusammen. Er versuchte es auf der anderen Seite. Auch hier das gleiche Spiel. Er schaute verzweifelt und ich musste lachen. Langsam wurde er wütend. - Hören Sie auf, sagte er. Aber mich hatte der Lachkrampf erwischt, ich kam aus dem Lachen gar nicht mehr heraus, lachte ihn aus, seine Hilflosigkeit, meine eigene Hilflosigkeit. Tatsächlich unterlag mein Lachen der gleichen nervösen Anspannung wie meine Armbeuge.
Ich war am Ende. All die Ungewissheit, die Rumschieberei, das Ausgeliefertsein zerrten an meinen Nerven. Daher bat ich die Oberärztin mir zu sagen, was Sache sei. Sie schaute mich abwehrend an. Aber dann hat sie mich doch in diesen Raum geholt. Es ging alles ganz schnell. Plötzlich saß ich auf einer provisorischen Kiste, mitten zwischen offenen Lüftungsschächten, Kabeln, die überall herumlagen, sowie allen möglichen Kisten. Ich saß im Innersten dieses Krankenhauses, in das kein Patient jemals einen Blick werfen darf, weil es hier nicht mehr um Patientenbehandlung geht, sondern rein um die Selbsterhaltung des Gebäudes. Und nur hier in diesem Abstellraum schien es den schützenden Bereich für ein offenes Arzt-Patienten-Gespräch zu geben. - MS, sagte sie. - Sehr wahrscheinlich Multiple Sklerose. Ich schaute sie erschrocken an, aber eigentlich hatte ich so etwas schon fast erwartet. - Dreißig, dreißig, dreißig, sagte sie. So oft würde ich diese Zahlen nachher noch hören. Bei dreißig Prozent verläuft die Krankheit relativ moderat, sie bleiben beweglich. Dreißig Prozent müssen nach Jahren mit erheblichen bleibenden Einschränkungen rechnen. Und bei dreißig Prozent zeigt sich die Krankheit von Anfang an äußerst aggressiv. Ich beschloss sofort, dass ich zu den dreißig Prozent gehörte, bei denen die Krankheit sich nur verhalten melden würde. Am liebsten gar nicht mehr. Die Diagnose schockierte mich. Aber wenigstens hing ich nicht mehr in der Luft. Ich war der Ärztin wirklich dankbar für ihr unkonventionelles Entgegenkommen.
Etwas differenzierter betrachtet überwiegt zu Krankheitsbeginn der schubförmig-remittierende Krankheitsverlauf mit etwa 90%, d. h. hier bilden sich die ersten Symptome nach einer gewissen Zeit ganz oder zu einem guten Teil wieder zurück. 10-15% der Patienten unterliegen von Beginn an einem primär-chronisch progredienten Verlauf. Hier chronifizieren schon die Erstsymptome und der Gesundheitszustand verschlechtert sich fortlaufend. Nach anfänglich schubförmigem Verlauf gehen nach ca. 10-15 Jahren etwa 30-40% der Krankheitsfälle in einen sekundär chronisch progredienten Verlauf über. Das bedeutet, dass etwa 15 Jahre nach Krankheitsbeginn ca. 50% aller Erkrankten mit einer chronischen, fortschreitenden Verlaufsform rechnen müssen. (Siehe: Rudolf Manfred Schmidt; Frank Hoffmann (Hrsg.): „Multiple Sklerose“, 5. Auflage 2012, S.59-67.)
Sie hatten nicht nur eine Läsion im Rückenmark feststellen können. Zerstörte Myelinscheiden, die man als weißen Fleck inmitten des grauen Marks ausmachen konnte, welcher die typischen Zeichen einer akuten Entzündung aufwies. Die Empfindungsstörung meines Beines ließ sich also auf diese kleine Stelle in meinem Rückenmark zurückführen, die in Höhe der unteren Brustwirbel saß. Hier hatte sich das Myelin, die schützende Fettschicht um die Nervenfasern, die erst ihre Leitfähigkeit garantiert, entzündet und war jetzt nicht mehr in der Lage, die elektrischen Impulse in gewohnter Geschwindigkeit an die ausführenden Organe weiterzuleiten, ähnlich einem angeschmorten Elektrokabel. Aber damit nicht genug. Man machte mich darauf aufmerksam, dass es eine weitere vernarbte Stelle gab, diese in meinem Gehirn, im rechten Hirnlappen, ganz nahe am Balken gelegen. Sie wies keine Zeichen einer akuten Entzündung mehr auf und wurde daher als vernarbtes Gewebe, das eine frühere Entzündungstätigkeit hinterlassen hatte, bestimmt. Daher waren die Ärzte davon überzeugt, dass die Krankheit sich schon einmal manifestiert haben musste.
Bei der Multiplen Sklerose unterscheidet man vier verschiedene Herdformen, die sich durch das MRT-Bildgebungsverfahren als weiße oder schwarze Flecken von der grauen Gehirnmasse bzw. dem Rückenmark abgrenzen lassen. Ein akut entzündlicher, frischer Herd erscheint im MRT-Bild als aufgeblähter weißer Fleck mit unscharf begrenzter Oberfläche. Er reichert Kontrastmittel an, das dem Patienten kurz zuvor injiziert worden ist. Aus einem frischen Herd kann sich nach Wochen ein Schattenherd entwickeln, sichtbar als weißer Fleck, der sich von seiner Umgebung deutlicher abgrenzt. Der Zerstörungsprozess ist in einem solchen Fall ev. nicht ganz so heftig verlaufen, die verbliebenen Oligodentrozyten können noch in der Lage sein, zugrunde gegangenes Myelin notdürftig zu ersetzen. Symptome, die von solchen Herden ausgehen, haben die Chance, sich (teilweise) wieder zurückzubilden. Hiervon muss man die chronisch inaktiven Herde abgrenzen, die im TR1-gewichteten MRT-Bild als schwarze Flecken zu sehen sind, ein Zeichen dafür, dass an diesen Stellen irreversibler axonaler Schaden entstanden ist, der auf eine mehr oder weniger komplette Nervendegeneration hinweist. Außerdem gibt es noch die chronisch aktiven Herde, bei denen nicht der ganze Herd, sondern nur sein Rand ringförmig Kontrastmittel anreichert. Hier scheint der Entzündungsprozess chronisch fort zu schwellen. (Siehe: Wolfgang Weihe: Multiple Sklerose. Eine Einführung, 5. aktual. Aufl. 2010, S. 69ff.)
Wann war die erste Nervenentzündung eingetreten? Meine Eltern dachten sofort an meine Kindheit. Ich aber dachte an den Backpacker-Urlaub vor etwa einem Jahr, den ich ganz auf mich alleine gestellt begangen hatte. Ich hatte einmal raus gemusst aus der Enge der alltäglichen Verpflichtungen, aus dem Stress, der meine Tage damals prägte, zwischen Studium und Arbeit eingekesselt zu sein, immer auf Achse, immer am Rotieren. Aber am Schlimmsten war die Zerrissenheit gewesen, diese heftigen Kämpfe, die mein Seelenleben damals geplagt und mir die Luft genommen hatten zum Atmen. Emotionen, die sich im meinem Inneren wie zwei bis aufs Blut befeindete Rebellengruppen in einer Frontlinie aufgestellt hatten, und sich gegenseitig attackierten. Irgendetwas in mir war durch die ganzen Nerven zehrenden und schwierigen Erfahrungen der letzten Jahre aus dem Gleichgewicht geraten. Eine Kleinigkeit brachte das Fass dann zum Überlaufen. Mein direktes häusliches Umfeld hatte sich wieder einmal geändert und ich kam mit dieser Veränderung nur schlecht klar. Ich fühlte mich hilflos ausgeliefert, meiner eigenen Überspanntheit und Wut, dem Gefühl der Desintegration, der Distanz der Anderen. Und da brachen sie aus mir heraus, all die inneren Gegensätze, die Enttäuschungen, die Selbstanklagen, die unerfüllten Ansprüche, die sich die letzten Jahre in meinem Inneren angesammelt hatten. Und sie überschwemmten mich mit einer Heftigkeit, dass ich mich ihnen hilflos ausgesetzt sah. Mein Inneres glich in diesem Jahr einem Dampfkochtopf, dem immer wieder gefährliche Zischer entwichen. Aber sie reichten doch nicht aus, um mich von dem immensen Druck, unter dem mein Seelenleben stand, zu befreien. Jetzt rächten sich die Verschlossenheit und das Einzelgängertum, die meinem Charakter so zutiefst zu eigen sind, auch wenn ich gerne rede und das manchmal sehr viel, aber wenn es um mich persönlich, um meine innersten Empfindungen geht, werde ich wortkarg, gerne auch allgemein, ja, ich muss mich manchmal noch heute daran erinnern, die anderen wirklich teilhaben zu lassen an meinem Leben. Willst du, dass sie wieder das Kommando übernehmen, deine zurückgehaltenen Emotionen, die zu inneren Monstern werden können und ein Eigenleben entwickeln, hat man sie nur lange genug aufgetürmt? Ich konnte die lautesten Reden schwingen, wenn es um allgemeine Sachverhalte ging, politische Entwicklungen zum Beispiel oder intellektuelle Erkenntnisse. Zu allem hatte ich eine Meinung und die Gelegenheit, diese darzustellen, nahm ich immer wieder gerne war. Aber das, was mich wirklich persönlich betraf, was mich in meinem Innersten berührte und mich heimlich quälte, dem ich ratlos und empfindlich ausgeliefert war, dem stand ich so unglaublich sprachlos gegenüber. Keiner redet gerne und schon gar nicht offen über seine Emotionen. Aber die andern sind doch anders. Ich beobachte sie und bin überrascht von der Selbstverständlichkeit, mit der sie auch persönlichste Regungen ansprechen, manchmal ganz offen, wenn der geeignete Rahmen dafür vorhanden ist - bei manchen muss er es gar nicht sein, sie drängen einem ungefragt ihren ganzen inneren Müll auf - beiläufig und doch die Reaktion des Gegenübers genau taxierend. Meine natürliche Reaktion auf wirklich persönliche Angelegenheiten ist die Abschottung nach Außen, ja, es kommt mir manchmal fast exhibitionistisch vor, würde ich sie in solchen Momenten heraus kehren. - Du warst damals ganz schön unruhig, sagte mir neulich eine alte Weggefährtin und es klang sehr milde in meinen Ohren, war die innere Unruhe doch noch um einiges größer gewesen als die äußere.
Ich hatte also für einige Zeit meinen inneren Kompass verloren und schnappte nach Luft. Aber dieser Zerrissenheit meines Seelenlebens konnte ich nicht so einfach entkommen. Manchmal denke ich, dass die Krankheit einfach eine gewaltige innere Implosion war – zzabamm, und dann der Feuerbrand in meinem Kopf, anstatt ihn im Außen entfachen zu können. Aber wer weiß das denn schon, wieso diese explosive Krankheit gerade damals, in dieser so unruhigen Zeit, aufgekommen ist. Letztendlich bleibt doch alles nur Theorie, der Versuch einen Vorgang, der komplett außerhalb der bewussten Kontrolle im Innersten des Körpers abläuft und sich sowohl der unmittelbaren persönlichen Teilhabe als auch der wissenschaftlichen Durchleuchtung standhaft entzieht, sich wenigstens im Nachhinein durch Überlegungen, Reflexionen, Selbstbefragung für sich selbst irgendwie erklärlich zu machen, um nicht ganz so hilflos dazustehen.
In der TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) zieht ein emotionales Ungleichgewicht immer die Schwächung des körperlichen Gleichgewichts nach sich. Krankheit, so die Theorie, entsteht, wenn Energie nicht mehr frei fließen kann. Negative Emotionen aber spielen bei der Entstehung von Energieblockaden eine große Rolle. Bei der TCM werden fünf Hauptemotionen unterschieden: Angst, Wut, Grübelei, Unruhe und Kummer. Wenn eine dieser Emotionen für längere Zeit Überhand nimmt, treten irgendwann spezifische körperliche Beschwerden auf. In gleicher Weise kann eine körperlich manifeste Krankheit über die Harmonisierung des emotionalen Ungleichgewichts positiv beeinflusst werden. Der erste Schritt ist immer die Akzeptanz der negativen Emotion, auf den die Bemühung um emotionalen Ausgleich folgen sollte. Ein hilfreiches Buch hierzu mit vielen praktischen Übungen, die auf chinesischer Medizin und buddhistischer Weisheit basieren, ist:
Ton van Gelder, Fiona de Vos: „Die fünf Elemente der Gesundheit. Heilung durch die Kraft der Emotionen“, 2010.
Aber auch die konventionelle Medizin kann ein grundlegendes Zusammenspiel von Psyche und Körper nicht länger von der Hand weisen. In seinem Buch Das Gedächtnis des Körpers beschreibt Joachim Bauer, Facharzt für psychosomatische Medizin, wie Stress, emotionales Ungleichgewicht und depressive Stimmung tief greifend negativ auf unser Immunsystem, auf Gehirnleistung, auf Herz- und Kreislaufsystem, ganz generell auf die Lebenserwartung des Menschen Einfluss nehmen, ja wie das emotionale Empfinden über Botenstoffe selbst die Aktivität genetischer Muster beeinflusst.
Joachim Bauer: „Das Gedächtnis des Körpers. Wie Beziehungen und Lebensstile unsere Gene steuern“, 15. Aufl. 2009.
Ich hatte mich also entschlossen, mich aus meinem gewohnten Alltag heraus zu nehmen, um etwas Ruhe zu gewinnen für mein gequältes Innenleben. Aber ich war in diesen Jahren auch ein abenteuerlustiges, ein erlebnishungriges Mädchen. Die Möglichkeit, etwas zu unternehmen, das spannend war, mich gefangen nehmen wüäüüüüäöäßüööüßü