Gerda Althoff
Mit Rucksack und Herzklopfen
Oma reist um die Welt
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Mit Rucksack und Herzklopfen
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Impressum neobooks
Oma reist um die Welt
Der Wunsch, mit dem Rucksack um die Welt zu reisen, spukte schon lange in meinem Kopf, allein der Glaube, dass Backpacking nur etwas für junge Leute wäre, hinderte mich jahrelang daran, diesen Wunsch auch in die Tat umzusetzen. Ich war mittlerweile 54 Jahre alt, meine beiden Töchter erwachsen und meinen sieben Enkeln ging es gut.
Mein Mann war vor vier Jahren an einem Herzinfarkt gestorben und da ich meine neu gewonnene Freiheit liebte, blieb ich von da an allein, den Plan von einer Weltumrundung immer im Hinterkopf behaltend. Je weiter die Zeit voran schritt, um so klarer wurde mir aber; wenn ich es nicht bald tun würde, wäre es definitiv zu spät monatelang, mit einem Rucksack auf dem Rücken, sich so einer Strapaze auszusetzen.
Die Angst, etwas Entscheidendes in meinem Leben verpasst zu haben, ließ mich letztendlich aber alle Zweifel ignorieren und irgendwann stand der Entschluss fest, meinen Rucksack zu packen und einige Monate damit um die Welt ziehen.
Am Anfang so einer Aktion stand natürlich die Planung.
Zunächst musste ich eine möglichst interessante Route ausarbeiten, die außerdem machbar war.
Das hieß Stopps auszusuchen, die innerhalb eines Round the world Angebots lagen. Natürlich konnte man alle Strecken auch individuell buchen, aber das würde die Kosten enorm in die Höhe treiben. Wenn man nicht gerade zu den besser Verdienenden gehörte, ein Ding der Unmöglichkeit.
Die üblichen Angebote führten entweder über Asien oder Afrika, dann hatte man die Möglichkeit, Neuseeland oder Australien zu wählen, ein bis zwei Südseeinseln und schließlich die USA oder Südamerika. Ich wollte jedoch Asien und Afrika mit einschließen, weil ich zum einen Kapstadt und die Garden Route kennen lernen wollte und zum anderen eine Freundin in Singapur besuchen wollte, die ich vor einigen Jahren in einem Backpacker Hostel in San Francisco kennen gelernt hatte .
Nachdem ich wochenlang das Internet durchforstet hatte, entdeckte ich eine Reiseagentur in London, die genau diese Möglichkeit anbot und außerdem noch sehr preisgünstig.
Meine ausgewählte Route war folgende: London - Kapstadt/ Johannesburg - Singapur - Sydney - Auckland - Tonga - Los Angeles/ San Francisco - London
Dazu musste noch der Flug von Düsseldorf nach London und zurück organisiert werden.
Für Australien benötigte ich ein Visum, das eigentlich 20 Euro kosten sollte, aber ich war der Meinung, dass Geoff, mein englischer Kommunikationspartner, so kulant sein sollte, das im Rahmen eines Round-the-world Tickets kostenlos auszustellen.
Da es ein elektronisches Visum war, brauchte er nur meine Daten in den Computer einzugeben und in einer Minute war alles erledigt.
Zuerst wollte er sich nicht darauf einlassen, schrieb sogar, er würde das nicht als Hobby machen, sondern Geld damit verdienen müssen, gab dann aber letztendlich doch nach und berechnete das Visum nicht.
Mein Returnticket nach London war dagegen kein Problem. Die Billigfluggesellschaften boomten und unterboten sich ständig gegenseitig und so gelang es mir, bei der englischen Gesellschaft BUZZ ein Ticket für 6, 37 Euro zu bekommen, wohlgemerkt, hin und zurück. Hinzu kamen noch 35, 63 Euro an Steuern. Das machte 21 Euro pro Strecke, weniger als ein Zugticket von Dortmund nach Frankfurt. Ein kleiner Wermutstropfen war, dass die Maschine in London Stansted landete, das weit außerhalb von London lag und wo alle Billigflieger landeten, weil die Airportsteuern auf den anderen Flughäfen zu hoch waren, um solche Dumpingpreise anbieten zu können. Den regulären Fluggesellschaften waren sie ein Dorn im Auge, weil sie ihnen massenhaft Passagiere abspenstig machten. Die Busfahrt zum Flughafen Heathrow, von wo aus mein erster internationale Flug startete, dauerte länger als der Flug von Deutschland nach Stansted und war fast genauso teuer. Was für eine verkehrte Welt! Alles zusammen gerechnet war es dann doch noch relativ günstig und ich fieberte dem Tag entgegen, an dem es endlich losging.
In der Zwischenzeit erstellte ich eine Liste mit Sachen, die ich mitnehmen wollte, sammelte im Internet Informationen über die einzelnen Länder, die ich besuchen würde und die Klimaverhältnisse, die während meines Aufenthaltes dort zu erwarten waren und natürlich musste ich die Einreise- und Zollbestimmungen aller Länder kennen, die auf meiner Route lagen. Außer für Australien brauchte ich jedoch nirgendwo ein Visum. In einige Länder durfte man keine Lebensmittel einführen, keine Muscheln, geschützte Tiere und Pflanzen und selbstverständlich keine Waffen oder Drogen.
Um unnötigen Stress vor Ort zu vermeiden, suchte ich mir eine größere Anzahl von Backpackeradressen aus dem Netz und schrieb sie geordnet nach Ländern und Städten in ein Schulheft.
So vorbereitet, trat ich an einem kalten, nebligen Tag im November meine Reise an, die mich einmal rund um die Welt führen sollte und damit begannen auch schon meine Probleme. Als ich aus der Haustür trat, glaubte ich in einer Waschküche zu stehen, so dunstig war es und wenn der Nebel so stark blieb, dass die Maschinen in Düsseldorf nicht starten konnten, würde ich meinen Flieger nach Kapstadt verpassen. Zumindest fuhr schon mal der Zug. Zwar etwas langsamer als gewöhnlich, aber ich hatte noch genügend Zeit. Angestrengt sah ich aus dem Fenster auf die weiße Nebelwand, die an mir vorbei zog. Noch sah es nicht gut aus, aber mit fortschreitender Zeit schien sich der Nebel etwas aufzulösen.
Der Weg zum Flughafen zog sich hin wie Kaugummi und als dann endlich die Ansage kam: "Nächste Station Düsseldorf Flughafen,"
fühlte ich förmlich, wie mein Puls in die Höhe schoss. Ich konnte es kaum erwarten, bis der Skytrain endlich die Abflughalle erreichte.
Mein erster Blick fiel auf die Anzeigetafel mit den Abflugzeiten.
Keiner der Flüge war annulliert worden und nur wenige verspätet, aber das war ja normal. Mein Flug nach London wurde als pünktlich angezeigt und ich fühlte einen riesengroßen Stein vom Herzen fallen.
Das Check-in verlief zügig und ich saß nun in dem kleinen Wartesaal und wartete darauf, dass das Boarding begann.
Die Maschine, eine Boing 737, stand schon bereit. Die Buchstaben BUZZ nahmen die ganze Seitenfläche ein und vermittelten den Eindruck, dass es sich um eine renommierte Fluggesellschaft handelte, ansonsten machte die Maschine eher einen leicht vergammelten Eindruck. Reservierte Sitzplätze gab es nicht, man konnte sich hinsetzen, wo man wollte, denn eine erste Klasse gab es sowieso nicht. Trotz des Superpreises war die Maschine nicht ausgebucht und der Platz neben mir blieb leer. Obwohl ich immer scharf auf einen Fensterplatz war, nutzte er mir hier gar nichts, denn auch als wir die Nebelwand überwunden hatten, lag eine dichte Wolkendecke unter uns und somit konnte man nichts sehen. Der Flug nach Stansted dauerte kaum länger als eine Stunde und wenn man davon absah, dass die Toilette an Bord geschlossen war und es auch sonst keinen Service gab, war er nicht besonders erwähnenswert. Im Internet hatte ich mich schon über die Fahrpreise in die Stadt erkundigt und dementsprechend Geld in die britische Währung umgetauscht. Dreißig Pfund sollten reichen, denn ein einfaches Ticket ins Zentrum kostete 12 Pfund. Ich steckte also 20 Pfund in meine Geldbörse und die restlichen 10 Pfund schweißte ich in Folie ein und verwahrte sie ganz hinten in meinem Geldgürtel, da ich sie ja erst wieder in 5 Monaten brauchte, wenn ich von hier den letzten Flug meiner Reise zurück nach Deutschland antreten würde.
Die Schlange vor dem Schalter war lang und als ich endlich an der Reihe war, wollte die Dame hinter dem Schalter 24 Pfund von mir haben. Ich war leicht geschockt und verwirrt, schließlich hatte ich im Internet auf der offiziellen Seite des Busfahrunternehmens nachgesehen. Tatsache war, dass der Bus ins Zentrum von London 15 Pfund kostete, aber zum Flughafen nach Heathrow fast das Doppelte, nämlich satte 24 Pfund. Damit war der Bus sogar um einiges teurer als der Flug. Das bedeutete, dass ich die restlichen 10 Pfund aus dem Geldgürtel hervor holen musste. Ich zog den Gürtel aus den Schlaufen, öffnete ihn vorsichtig damit nicht das andere Geld, das davor lag, heraus fiel, zerriss die Plastikfolie, die den Geldschein umhüllte, zog den Reißverschluss wieder zu, führte den Gürtel durch die Schlaufen der Hose und schloss die Schnalle. Jetzt konnte ich endlich mein Ticket bezahlen. Die Schlange hinter mir war inzwischen deutlich angewachsen, aber keiner beschwerte sich. Alle warteten geduldig bis ich meine zweifelhafte Aktion beendet hatte.
In Heathrow angekommen, lief dann endlich einmal alles reibungslos, zunächst wenigstens. Den Schalter von Virgin Atlantics fand ich ohne groß suchen zu müssen, bekam sämtliche Flugtickets ausgehändigt und konnte auch sofort einchecken, obwohl bis zum Abflug noch über 3 Stunden Zeit waren. Meinen Pass steckte ich in die Tasche meiner grauen Trekkingweste, die ich bei größeren Reisen immer anzog, da man alle mögliche Sachen in den vielen Taschen, die sie besaß, verstauen konnte. Bei der Passkontrolle hatte ich ihn dann sofort griffbereit. So weit, so gut!
Jetzt kam die Personen- und Gepäckkontrolle. Ich musste meine Weste ausziehen, den Gürtel ebenfalls und zusammen mit Portemonnaie und Camcorder in die Schale legen, die mir der Beamte hinschob. Weil nichts piepte und auch der Inhalt meines kleinen Rucksacks nichts Verdächtiges zu enthalten schien, durfte ich weiter gehen. Bloß den Geldgürtel nicht vergessen, schoss es mir durch den Kopf und nachdem ich ihn wieder angelegt hatte und meine Kameratasche an mich genommen hatte, ging ich weiter in Richtung Duty Free Shops. Heathrow ist ein sehr großer Flughafen und man muss viel laufen, bis man da ist, wo man hin will. Ich hatte noch viel Zeit, stattete zunächst der Toilette einen Besuch ab und setzte mich dann auf einen der Sitze, die hier standen, um ein bisschen zur Ruhe zu kommen. In den vergangenen Tagen hatte ich immer ein leichtes Kratzen im Hals und damit es nicht schlimmer wurde, wollte ich mir das Halstuch umlegen, dass ich vorsichtshalber in eine der Westentaschen gesteckt hatte. Meine Hand griff ins Leere. Erst jetzt realisierte ich, dass ich die Weste gar nicht an hatte. Für einige Sekunden arbeitete mein Gehirn auf Turbo. Bei der Personen- und Gepäckkontrolle hatte ich mich so auf meinen Geldgürtel fixiert, dass ich vergessen hatte, die Weste wieder anzuziehen. Zu allem Überfluss steckte da auch mein Pass drin. Die Situation, ohne Pass in Kapstadt angekommen zu sein, mochte ich mir gar nicht vorstellen und hoffte inständig, dass die Weste noch da war. Jeder hätte sie praktisch mitnehmen können. Es war ein langer Weg zurück, aber die Erleichterung war groß, als ich meine Weste, einsam und verlassen, immer noch in der Schale liegen sah. Niemand hatte sich darum gekümmert oder sie zumindest zur Seite gelegt. Das war ja ein toller Start, wenn das so weiter ging, konnte es nur in einer Katastrophe enden, doch es ging zunächst so weiter.
Da die Zeit inzwischen fortgeschritten war und der Abflug näher rückte, suchte ich nach meinem Gate und setzte mich auf einen der Stühle im Warteraum, den Camcorder auf dem Sitz neben mir.
Dann kam endlich der Aufruf zum Boarding. Ich war wieder in der glücklichen Lage einen Fensterplatz zu haben. Da wir die ganze Nacht durchfliegen würden, konnte man wenigstens halbwegs schlafen, ohne ständig angerempelt zu werden.
Das Boarding war beendet und die Türen geschlossen, als eine Stewardess zu meinem Sitz kam. Sie hatte meine Tasche mit dem Camcorder in der Hand. Das konnte doch nicht wahr sein! Sollte das jetzt so weitergehen? Gott sei Dank hatte ich einige Visitenkarten in die Seitentasche gesteckt und so konnte man anhand meines Namens herausfinden, wem die Tasche gehörte. Noch vor meinem ersten Abflug schon so viele Pannen, das konnte nichts Gutes bedeuten.
Nachdem ich mich von dem weiteren Schreck erholt hatte, begann ich mich für meine Umgebung zu interessieren.
Ich kam mir gar nicht vor wie in der Holzklasse, die Sitze erschienen mir relativ breit und der Sitzabstand war für meine kurzen Beine mehr als ausreichend. Das Beste aber war, dass jeder seinen eigenen Monitor hatte. Man konnte zwischen acht Spielfilmen und sechs Fernsehprogrammen wählen, Schach spielen oder Nintendo, oder sogar die Flugroute verfolgen. Zwölf Stunden trennten mich von Kapstadt. Die Luft im Flieger war etwas trocken und das tat meinem angegriffenen Hals gar nicht gut und ich suchte nach meinen Halsbonbons, die sich in einer der Westentaschen befanden. Die Kräuter und ätherischen Öle, die in dem Bonbon steckten, taten gut und schon nach dem ersten Spielfilm fielen mir die Augen zu, was zur Folge hatte, dass ich den Getränkeservice verpasste. Etwas Flüssigkeit hätte meinem Hals jetzt auch gut getan, also musste ich zur Küche gehen, um ein Glas Wasser zu besorgen. Neben mir der Platz war leer geblieben, das war eine optimale Voraussetzung für einen angenehmen Nachtflug.
Um sieben Uhr morgens Ortszeit landeten wir pünktlich in Kapstadt.
Die Passkontrolle dauerte fast eine Stunde und zerrte an meinen übermüdeten Nerven. Das Geld umzutauschen entwickelte sich auch als Ärgernis. Man verlangte allen Ernstes 25 Prozent Kommission, aber was blieb mir übrig, ich brauchte unbedingt Geld in der Landeswährung. Das war der afrikanische Rand und man bekam für einen Euro knapp zehn davon, minus den besagten 25 Prozent.
Zu Hause hatte ich mir schon einen Backpacker ausgesucht, wo ich die ersten Tage übernachten wollte und der hieß Green Elephant Backpackers. Ich wollte online ein Bett reservieren, aber das ging nur, wenn ich per Email meine Kreditkartennummer angegeben hätte und so blöd bin ich ja dann doch nicht. Ich musste es also jetzt darauf ankommen lassen, ob sie noch ein freies Bett für mich hatten oder nicht. Ich suchte nach einem Telefon und wählte die Nummer, die ich mir schon zu Hause notiert hatte, aber es funktionierte nicht. Auch ein zweiter und dritter Versuch schlug fehl. Ich überlegte, was ich jetzt tun sollte. In jedem Flughafen gab es eine Tourist-Information, bestimmt auch hier und so machte ich mich auf die Suche und fand sie kurz darauf in einer Ecke der Ankunftshalle. Man bedauerte mir nicht helfen zu können, stattete mich aber mit Informationsbroschüren und einem Stadtplan von Kapstadt aus und der Information, dass mir die, etwas versteckt in der Mitte der Halle liegende Zimmervermittlung, vielleicht eher weiterhelfen könnte. Die war dann auch leicht zu finden. Ich gab ihnen die Telefonnummer des Backpackers und seltsamerweise funktionierte es diesmal. Eine Viertelstunde später holte mich jemand von den "Green Elephant Backpackers" ab.
Die junge Dame war sehr freundlich und hilfsbereit. Während der Fahrt erzählte sie mir, dass sie eigentlich studierte und diesen Job nur machte, weil sie keine reichen Eltern hatte und ihren Lebensunterhalt während des Studiums selbst verdienen musste. Das Hostel, sowie die Mauer drum herum, waren orange angestrichen und neben dem Eingang befand sich ein großes, rundes Emblem mit einem grünen Elephant in der Mitte, der ein Rotweinglas in der rechten "Hand" hielt.
Über dem Eingang neben der Anmeldung stand ein großes Regal, voll gepackt mit Broschüren, Plänen und alles, was sonst noch für Backpacker von Interesse sein könnte. Ich bekam ein Bett in einem Schlafsaal, war aber alleine. Das war schon mal positiv. Zwei Stunden Schlaf, dann war ich wieder einigermaßen fit, fragte an der Anmeldung, wie ich in die Stadt käme und machte mich auch gleich auf den Weg. Die Hauptstraße war nur zweihundert Meter entfernt und laut Anweisung, die ich gerade im Hostel erhalten hatte, stellte ich mich an den Straßenrand und wartete, bis einer der Minibusse vorbei kam, die hier den ganzen Tag über zwischen den Vororten und dem Stadtzentrum hin und her pendelten. Auf der gegenüber liegenden Straßenseite stand, etwas im Hintergrund, ein riesengroßes Gebäude. Groote Schuur Hospital stand in großen Lettern auf die
Fassade geschrieben. Den Namen hatte ich schon mal irgendwo gehört und dann fiel es mir auch wieder ein. In diesem Krankenhaus verpflanzte ein Chirurg namens Christiaan Barnard 1967 zum ersten Mal ein Herz.
Der 55-jährige Mann, Luis Washansky, überlebte zwar zunächst, starb aber 18 Tage später an einer Lungenentzündung. Ansonsten gab es hier nichts zu sehen, außer Gras und kleinen Büschen am Straßenrand. Ich sah, wie sich ein Kleinbus näherte und hob die Hand. Dieser reagierte sofort, drosselte die Geschwindigkeit und kam direkt neben mir zum Stehen. Es saßen schon mehrere Leute in dem Wagen, die mir bereitwillig Platz machten. Nachdem ich drei Rand Fahrgeld bezahlt hatte, ging die Fahrt weiter. Die Umgebung hatte auch weiterhin nichts zu bieten. Ödes Land, ab und zu mal ein Haus, aber nichts, was wirklich interessant wäre. Die Bebauung nahm zu und das ließ mich vermuten, dass wir uns dem Zentrum näherten. Ich weiß nicht, was genau ich erwartete hatte, aber im Stadtinnern angekommen, sah es nicht viel anders aus als in Europa. Nun gut, man fuhr auf der linken Seite, aber das tat man in Großbritannien auch. Der einzige Unterschied bestand darin, dass der Anteil der schwarzen Bevölkerung hier deutlich höher war, als in Europa. Ich bummelte durch die Straßen und mir fiel auf, dass viele der Häuser bunt angestrichen waren. Ich entdeckte Pizza Hut und Mac Donalds und fühlte mich gleich wie zu Hause. Allein an den Preisen merkte ich jedoch, dass ich ganz woanders war. Ein komplettes Big Mac Menu kostete hier umgerechnet 1,10 Euro. Auf den Straßen ging es ähnlich zu wie in meiner Heimatstadt. Eiscafes, deren Stühle fast bis zur Straßenmitte reichten, Künstler, die ihre Werke präsentierten und dabei auf ein kleines Trinkgeld hofften und Verkäufer, die lauthals Souvenirs anboten, die man unbedingt seinen Lieben zu Hause mitbringen musste. Gestärkt durch Mac Donalds, wollte ich auch mal die Seitenstraßen erkunden. Die Häuser hatten fast alle einen Garten und waren teilweise mit hohen Zäunen umgeben. In einem der Vorgärten sah ich ein Schild, das mir den Glauben an das Gute nahm. Da stand doch wortwörtlich: "Trespassers will be shot, survivers will be shot again." Übersetzt hieß das: "Eindringlinge werden erschossen, Überlebende werden noch mal erschossen."
Halleluja!
Dabei sah alles so friedlich aus. Eine ruhige Straße, links und rechts Häuser, umsäumt von Vorgärten. Wie man sich doch täuschen kann, oder war es nur ein Scherz? Danach sah es allerdings nicht aus.
Ich ging zurück ins Zentrum, setzte mich auf eine Bank und beobachtete das bunte Treiben um mich herum, um nicht mehr darüber nachzudenken, was ich gerade gelesen hatte.
Von dieser Stelle aus konnte man auch den weltweit bekannten, 669 Meter hohen Lion´s Head sehen, der vor den Toren Kapstadts stand und in dessen Gipfel man mit viel Fantasie den Kopf eines Löwen erkennen konnte. Das Klima hier hatte fast europäischen Charakter, die Sonne schien zwar, war aber nicht sehr heiß und am späten Nachmittag wurde es deutlich kühler, deswegen machte ich mich rechtzeitig auf den Rückweg zum Hostel. Den richtigen Minibus zu finden war nicht leicht, aber die Tatsache, dass sich dieses berühmte Krankenhaus in der Nähe befand, war sehr hilfreich und so befand ich mich kurze Zeit später auf den Weg zum Hostel. Dort angekommen, zog ich mich auf mein Zimmer zurück und begann damit die Informationsblätter, die ich gesammelt hatte, zu studieren. Ich hatte drei Wochen Zeit von Kapstadt aus, die Garden Route entlang, nach Johannisburg zu kommen, von wo aus mein Weiterflug nach Singapur startete. Die beste Option schien der Bazz Bus zu sein, der die Küste hochfuhr bis nach Johannesburg und sogar noch weiter. Da wurden die Fahrgäste vom Hostel abgeholt, man sagte Bescheid, in welchem Ort man aussteigen wollte und falls man noch keine Unterkunft dort hatte, konnte der Fahrer auch dafür sorgen. Er hatte eine Liste aller Backpacker dabei und rief bei Bedarf an, um nachzufragen, ob noch ein Bett frei war. Zunächst wollte ich aber noch ein oder zwei Tage in Kapstadt verbringen und einen Ausflug zum Kap der Guten Hoffnung machen. Die organisierten Touren kamen nicht in Frage, da sie extrem teuer waren; die reinste Abzocke. Von den Angestellten des Hostels bekam ich aber wertvolle Tipps, wie man da auch allein hinkommen konnte. Ganz in der Nähe des Hostels gab es einen Bahnhof, von wo aus ein Zug nach Simonstown ging, von dort wiederum fuhren Minibusse zum Kap. In Muizenberg müsste ich den Zug wechseln, gab man mir noch auf den Weg mit. Ich fuhr erster Klasse, was mir nicht weiter auffiel, da kannte ich aber auch die Holzklasse (2.Klasse) noch nicht. Als ich in Muizenberg aus dem Zug stieg, erfuhr ich, dass es gar nicht nötig gewesen wäre, aber nun musste ich ein neues Ticket kaufen. Diesmal habe ich bewusst ein 1. Klasse Ticket gekauft, als ich aber dann in den Zug einstieg, stand ich in der Holzklasse. Wie das Wort schon sagt, einfache, harte Holzsitze und total überfüllt. An der nächsten Station stieg ich aus und lief weiter nach vorn zum nächsten Waggon. Wieder Holzklasse! An der dritten Haltestelle das gleiche Spiel, aber diesmal fragte ich jemanden auf dem Bahnsteig, wo die erste Klasse wäre. Er deutete ganz nach vorn auf den ersten Wagen und ich lief los und schaffte es gerade noch rechtzeitig wieder einzusteigen, bevor der Zug los fuhr. Claire von der Rezeption des Hostels erzählte mir, dass Simonstown ein kleines, verträumtes Fischerdorf wäre, aber es entpuppte sich als ansehnliche Kleinstadt. Auf der Hauptstraße, die sich schnurgerade durch den Ort zog, herrschte reger Verkehr und zu beiden Seiten gab es zahlreiche Geschäfte. Obwohl ich sonst gern durch die Geschäfte bummelte, interessierte mich das heute nicht. Ein junger Mann sprach mich an, ob ich nicht wüsste, wie man zum Kap der Guten Hoffnung käme. Damit waren wir schon zwei. Zusammen suchten wir nach einer Tourist-Info und nachdem wir diese gefunden hatten, wurde uns geholfen. Die nette Dame hinter dem Tresen erklärte uns, dass es Mini-Busse gab, die dorthin führen. Diese hießen Riki und sie bestellte auch gleich einen für uns. Als der Riki eintraf, saßen schon sieben Leute drin und mit uns zweien war es voll besetzt. Sie fuhren immer erst los, wenn alle Plätze besetzt waren, sonst würde es sich wahrscheinlich auch nicht lohnen. Bald hatten wir Simonstown hinter uns gelassen. Die Landschaft war wenig spektakulär, flaches Gelände, keine Bäume, nur niedere Pflanzen und ab und zu ein paar Büsche. Unterwegs passierten wir einen Kontrollpunkt. Ab hier begann der Naturschutzpark, der sich über das gesamte Kap erstreckte. Wir mussten des Öfteren anhalten, weil Strauße über die Fahrbahn liefen oder auch einfach in der Mitte stehen blieben. Sie zeigten keinerlei Scheu wie sie so die Straße entlang spazierten, immer vor uns her, als ob sie uns zeigen wollten, wer hier der Boss war. Für mich war es eine einzigartige Erfahrung, denn Strauße kannte ich bisher nur aus dem Tierpark. Ein großes, langes Brett mit der Aufschrift: "CAPE OF GOOD HOPE" verriet mir, dass wir angekommen waren. Es stand mitten auf einem kahlen Felsen. Ein Foto war obligatorisch, schon als Beweismittel für die daheim Gebliebenen. Danach fuhren wir weiter bis auf die Spitze des Kap´s, dem Cape Point. Von hier aus hatte man einen besonders tollen Ausblick auf das Meer. Der Fahrer gab uns eine halbe Stunde Zeit, um alles in Ruhe zu genießen zu können. Auf dem Rückweg, der am Meer entlang führte, machten wir bei einer Pinguin Kolonie Halt. Es war sehr unterhaltsam den putzigen kleinen Kerlchen zuzuschauen, wie sie auf dem Strand hin und her watschelten, ab und zu ins Wasser tauchten und sich ordentlich schüttelten, wenn sie wieder heraus kamen. So wie die Strauße, hatten auch sie die Scheu vor den Menschen schon weitgehend verloren.
Etwas weiter im Meer tauchte plötzlich die riesige Schwanzflosse eines Wals auf, um sofort darauf mit einem lauten Platsch aufs Wasser aufzuschlagen. Eine Wasserfontäne folgte und kurz darauf tauchte wieder die Flosse auf. Wir waren begeistert, Whale watching vom Strand aus. Andere bezahlten viel Geld dafür, um stundenlang mit einem Boot aufs Meer hinaus zu fahren und am Ende doch keinen Wal gesehen zu haben.
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