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Gelegentlich werde ich zu Colleges und Seminaren eingeladen, um die Geschichte zu erzählen, die hinter Humans of New York steckt. Dann habe ich immer eine sehr laienhafte PowerPoint-Präsentation dabei, an der ich ständig herumfeile, weil ich nicht ganz sicher bin, wo ich mit der Geschichte anfangen soll. Das liegt daran, dass Humans of New York nicht aus einem Geistesblitz entstanden ist. Vielmehr hat es sich in fünf Jahren durch Ausprobieren, Vermurksen und Weiterbasteln herausgebildet. Ich sage immer: Wenn ich gewartet hätte, bis ich auf die Idee zu Humans of New York gekommen wäre, hätte ich mit dem Projekt nie angefangen.

Am einfachsten kann man die Entwicklung von HONY in den letzten fünf Jahren folgendermaßen beschreiben: Es hat sich von einem Foto-Blog zu einem Blog, auf dem Geschichten erzählt werden, weiterentwickelt. In den ersten Jahren war HONY der Versuch, Tausende Menschen auf den Straßen von New York City zu fotografieren – genau genommen 10 000. Doch nachdem ich Tausende von Menschen katalogisiert hatte, kam mir der Einfall, zu den Fotos Zitate der Protagonisten hinzuzufügen. Die Aussagen wurden immer länger, bis ich irgendwann jeden, den ich fotografierte, 15 bis 20 Minuten lang interviewte. Diese Interviews und die Geschichten, die sich daraus ergaben, wurden zur neuen Bestimmung von Humans of New York. Seitdem ist der Blog dazu da, die Geschichten von Fremden auf der Straße zu erzählen.

Mitten in dieser Übergangsphase wurde das erste Humans-of-New-York-Buch veröffentlicht. Es enthält einige Zitate und Geschichten, doch in weiten Teilen zeigt es die fotografischen Ursprünge von HONY. Es ist ein umfassender visueller Katalog des Lebens auf den Straßen der Stadt. Kurz nachdem es in Druck gegangen war, wurde klar, dass noch ein Buch gemacht werden musste – eines, das die tiefer gehenden Geschichten erzählt, für die der Blog heute bekannt ist. Das ist dieses Buch.

Für alle, die das Buch nur aus Spaß in die Hand genommen haben, möchte ich noch einen letzten wichtigen Punkt zu Humans of New York ansprechen: Mehr als 15 Millionen Menschen verfolgen den Blog täglich in den sozialen Netzwerken. Wenn Sie einer von ihnen sind – vielen Dank. Vielen Dank für die positiven Äußerungen und für die Freundlichkeit, die Sie im Kommentarbereich einbringen. Danke an alle, die mir auf der Straße Hallo gesagt haben und mir erzählt haben, wie viel ihnen der Blog bedeutet. Danke an alle, die einen Beitrag geteilt oder einen Freund über HONY informiert haben. Vielen Dank für all das Geld, das Sie für die Anliegen gespendet haben, die wir unterstützen. Ich werde in Interviews immer wieder gefragt, wie eine solch positive und optimistische Community geschaffen wurde. Die Wahrheit ist, dass ich das gar nicht so genau weiß. Die Follower von Humans in New York sind aber die tollste Gruppe Menschen der Welt. Vielen, vielen Dank, dass Sie ein Teil davon sind.

Brandon

»Am 26. Januar war ich acht Minuten lang tot. Seitdem habe ich echt abgefahrene Träume.«



»Du fotografierst mich ja!«

»Ich will mal eine Brücke bauen.«

»Wie baut man denn eine Brücke?«

»Wenn du eine Brücke bauen willst, dauert das lange und es kann auch schwer sein, weil deine Angestellten die Brücke vielleicht nicht genauso gerne bauen wollen wie du. Du musst auch überlegen, welche Art von Brücke es werden soll. Eine Art Brücke ist eine Hängebrücke und eine andere ist eine Bogenbrücke. Die Brooklyn Bridge ist eine Hängebrücke und wurde von John Roebling und seiner Familie gebaut. Das ist alles, woran ich mich aus der zweiten Klasse erinnern kann. Die Brücke muss auch stabil sein, weil das Wasser vielleicht steigt und die Brücke nach oben drückt. Ich glaube, ich würde die Brücke gerne in Wisconsin bauen, weil es in Wisconsin viele Menschen gibt, die vielleicht keine Brücken haben. Ich weiß aber nicht genau, wo Wisconsin liegt.«

»Ich bin halb Alur und halb Lugbara. Beide Stämme haben sich in Uganda am Nil angesiedelt.«

»Was magst du an deinem Bruder am liebsten?«

»Er ist niedlich.«

Heute in Mikromode ...

»Ich habe Angst, dass sie eines Tages verloren geht und keiner begreift, dass sie taub ist.«

»Sie akzeptiert, dass ich Probleme habe, jemandem zu vertrauen, und geht sehr geduldig damit um. Ich hatte schon immer Schwierigkeiten, Nähe aufzubauen, doch ganz gleich, wie oft ich misstrauisch war – sie sagte immer: ›Ich bleibe bei dir.‹«

»Ich hatte mein Leben lang ein arrogantes Auftreten und lerne gerade, dass ich das ändern muss, wenn ich erfolgreich sein will. Ich habe begriffen, dass es keine Rolle spielt, wie schlau du bist, wenn keiner mit dir zusammenarbeiten will.«

»Ich habe Probleme in der Schule mit Dingen wie Struktur und Organisation.
Das sind meine Schwächen.«

»Und was sind deine Stärken?«

»Ungeschliffene Intelligenz. Ich weiß nicht, wie ich es anders ausdrücken könnte.«

»Wenn ich einen Raum betrete, sage ich immer: ›Hier kommt die Queen!‹«

»Ich versuche, selbstbewusster zu sein, glaube ich ... ja.«

»Ich warte einfach nur auf den Sommer.«

»Was verursacht in deinem Leben die größten Schuldgefühle?«

»Dass ich wegen meiner Essstörung gelogen habe. Dass ich meinen Eltern gesagt habe, es geht mir gut, obwohl das gar nicht stimmte.«

»Er sagt immer, dass ich genau wie meine Mutter bin. Er kann meine Mutter nicht ausstehen.«

»Ich möchte Menschen mit Behinderung in China das Leben erleichtern. Ich weiß, wie das ist, weil ich in einem chinesischen Waisenhaus gelebt habe, bis ich zehn war. Ich konnte nicht zur Schule gehen, weil ich nicht laufen konnte. Das ist aber nur ein kleiner Teil von mir. Ich möchte Diplomatin werden, reisen und alle möglichen Sachen machen, die nichts mit Behinderung zu tun haben. Ich will nicht, dass Menschen Mitleid mit mir haben. Ich will nicht wie viele andere ›die Arme‹ sein. Ich will auch niemanden motivieren. ›Motivation‹ ist ein Wort, das Behinderte oft zu hören bekommen. Für euch ist es positiv. Für uns ist es bevormundend. Ich lebe nicht ein wunderbares Leben für eine Behinderte. Ich lebe ein wunderbares Leben – Punkt. Heute Morgen wurde ich an der London School of Economics angenommen. Jetzt warte doch mal kurz – ich will etwas Lipgloss auflegen, bevor du mich fotografierst.«

»Ich war zehn Jahre lang im Gefängnis, doch das habe ich alles hinter mir.«

»Weshalb waren Sie im Gefängnis?«

»Warum sollte ich Ihnen das erzählen?«

»Es ist Ihre Geschichte.«

»... organisiertes Verbrechen – angeblich.«

»Es gab da so einen Zwischenfall am College, deswegen werde ich mich wohl für die Air Force Reserves melden.«

»Was für einen Zwischenfall denn?«

»Deren Meinung nach habe ich meine Kurse nicht bestanden.«

»Ich versuche, ein Buch über mich zu schreiben, aber ich verändere mich andauernd.«

»Als ich angefangen habe, waren diese Felsen in Licht getaucht. Jetzt sind sie nur noch eine schattige Masse. Ich muss mir überlegen, wie ich sie in Erinnerung behalten möchte.«

»Im Alter zwischen acht und zwölf Jahren wurde ich sexuell missbraucht. Doch ehrlich gesagt möchte ich gar nicht mehr darüber sprechen, weil ich endlich so weit bin, dass ich mich nicht mehr darüber definiere. Ich habe mich lange Zeit als Opfer gesehen, doch darüber bin ich jetzt hinweg. Jetzt bin ich in einer Position, in der ich begreife, dass mein Leben mir gehört. Ich kann es selbst gestalten und genießen und meine Zukunft hängt von meinen eigenen Entscheidungen ab.«

»Das wird mir zu persönlich.«

»Ich habe letzte Nacht nicht viel geschlafen. Ich bin etwas deprimiert.«

»Wie kommt das?«

»Ach, wissen Sie. Die Feiertage, die ganzen Erinnerungen ...«

»Es gibt fünf Leute, die mich hassen. Alle anderen lieben mich.«

»Wem schadet es mehr, wenn du jemanden anschreist: dem anderen oder dir selbst? Wenn du wütend bist, verletzt du dich damit nur selbst. Ich möchte hundert werden. Seit vierzig Jahren bin ich kein einziges Mal mehr laut geworden.«

»Ich habe das Wort ›rumfummeln‹ schon sehr früh gelernt.«

»Die Menschen tun alles, um zu vergessen, dass sie Tiere sind. Wir schaffen uns Institutionen und Bräuche, die unserem tierischen Ursprung widersprechen. Unser Verhältnis zu unseren Eltern ist ein gutes Beispiel: Kein anderes Tier hält die Beziehung zu seinen Eltern aufrecht, nachdem es großgezogen wurde. Das ist gegen die Natur. Wir halten aber daran fest, weil wir glauben, dass uns das als Menschen ausmacht. Denk doch mal an Leute, die du kennst. Freuen sie sich darauf, ihre Eltern zu besuchen? Tun sie es aus eigenem Antrieb? Nein. Sie meckern darüber. Aber sie gehen trotzdem hin. Weil sie sich dadurch menschlich fühlen.«

»Ich sehe in Tieren etwas, das ich in Menschen nicht erkennen kann. Sie haben eine Konzentration und eine Energie, die Menschen nicht besitzen. Sie wollen einfach nur leben. Sie versuchen nicht, irgendjemanden zu beeindrucken. Und sie versuchen auch nicht, jemanden grundlos zu verletzen. Selbst die Ratte im U-Bahn-Schacht hat nur den einen Gedanken, Futter zum Überleben zu finden. Tiere wollen einfach nur leben. Es sind die Menschen, die mehr verlangen, als sie brauchen.«

»Ich war mein Leben lang tief gläubig. Ich gehörte achtzehn Jahre der Southern Baptist Convention und vierzig Jahre der Mainline Church an. Ich bin ordinierter Pfarrer. Doch auf einmal ergibt das für mich alles keinen Sinn mehr. Man sieht Menschen im Namen der Religion schreckliche Dinge tun und denkt: ›Diese Menschen haben einen genauso festen Glauben wie ich. Sie sind genauso überzeugt wie ich.‹ Und das ergibt für mich einfach keinen Sinn mehr. Es ergibt keinen Sinn, an einen Gott zu glauben, der in das Leben der Menschen hineinpfuscht. Wenn ein Flugzeug abstürzt und ein einziger Passagier überlebt, danken alle Gott. Es heißt dann: ›Gott hat diesen Menschen nicht ohne Grund verschont. Er hat eine Bestimmung für ihn.‹ Merken wir eigentlich nicht, wie grausam das ist? Begreifen wir nicht, dass es grausam ist zu sagen, dass Gott diesen einen Menschen für etwas bestimmt hat und damit auch die Absicht hatte, alle anderen in diesem Flugzeug zu töten? Dass er die Absicht hat, Millionen Kinder verhungern zu lassen? Dass hinter Sklaverei und Völkermord die Absicht Gottes steckt? Jedes Mal, wenn man sagt, dass ein Mensch aufgrund seiner Bestimmung erfolgreich ist, wertet man Milliarden von anderen Menschen ab. Denn dann sagt man, dass es ihre Bestimmung ist zu leiden. Und das ist einfach grausam.«

»Meine Mutter hat in meinem Tagebuch so satanisches Zeug gefunden. Sie hat sich tierisch aufgeregt.«

»Ich sage Ihnen: Beten hilft.«

»Wann hat es Ihnen einmal nicht geholfen?«

»Wenn ich nicht gebetet habe.«

»Ich habe Gott für lange Zeit gehasst.«

»Ist das ein Date oder seid ihr nur Freunde?«

»Gute Frage.«

»Erstes Date.«

»Heute sind es einundsechzig Jahre.«

»Zweiundsechzig.«

»Einundsechzig.«

»Zweiundsechzig.«

»Ich habe gestern eine Frau geküsst.«

»Ich habe dieses Armband von einem Fotojournalisten bekommen, den ich in Istanbul kennengelernt habe. Er hat es mir geschenkt, nachdem wir eine Nacht lang zusammen getrunken haben. Er erzählte mir, dass er in besonders schlimmen Momenten die Perlen gezählt und sich bei jeder Perle an etwas erinnert hätte, wofür er dankbar ist. Später habe ich mir seine Internetseite angeschaut.
Da gibt es alle möglichen brutalen Fotos. Auf dem ersten Bild, das ich sah, war ein blutüberströmtes totes Mädchen im Teenageralter in Syrien.«

»Solange du nicht bewiesen hast, dass du es wirklich ernst meinst, wirst du meinen Sohn nicht treffen.«

»Sie macht ihr Ding, ich mach meins. Und zwischendurch machen wir etwas zusammen. Wir sind seit dreißig Jahren verheiratet und mögen das so.«

»Was würden Sie sagen, wenn Sie vielen Menschen einen Rat geben sollten?«
»Bleiben Sie ledig.«

»Ich bin ein schamanischer Heiler. Mein Körper ist hier, aber der größte Teil von mir ist auf der anderen Seite. Ich habe etwa dreihundert YouTube-Videos, in denen ich über diese Dinge spreche. Wenn ich etwas will, brauche ich es mir nur stark genug vorzustellen und es geschieht. Ich wähle es aus, projiziere es, erwarte es und sammle es ein. Ich wollte gern in Ihr Buch.«

»Sie werden das, was ich sage, falsch darstellen.«

»Als ich klein war, durfte ich immer auf seinen Füßen stehen, wenn wir ins Meer gingen, weil ich so große Angst vor Quallen hatte.«

»Mein Vater ist gerade ein riesiges Arschloch. Er hat mir gesagt, dass ich ihn nur Geld koste. Das kannst du ruhig schreiben, ich habe auch schon ein Kunstwerk darüber gemacht.«

»Brandon, ich bin die Jugendliche, die du heute getroffen hast, als ich mit meinem Vater unterwegs war. Wir haben ein bisschen über meine Essstörung gesprochen, aber ich habe gemerkt, dass ich nicht ganz ehrlich geantwortet habe und nicht das gesagt habe, was ich sagen wollte. Wenn ich darüber nachdenke, hätte ich eigentlich sagen sollen, dass diese Essstörung ein einziger Mist war und das Härteste, was ich je erlebt habe und vermutlich je erleben werde. Es gibt keinen bestimmten Augenblick, der besonders schlimm war und in dem mir mein Vater besonders geholfen hat, weil die gesamte Zeit ein einziger Albtraum war.

Solltest du dies als Thema für deine Bildunterschrift haben wollen, könnte ich dir detailliert beschreiben, wie es ist, an einer Essstörung zu leiden, und in zahlreichen Metaphern und Schilderungen davon erzählen, damit die Menschen etwas Sinnvolles hätten, auf das sie antworten oder reagieren könnten. Trotzdem würde dies nicht einmal ansatzweise eine Vorstellung davon vermitteln, wie schwierig, verstörend, zermürbend und unbeschreiblich diese Krankheit ist.

Da es aber ursprünglich um meinen Vater und mich ging, wollte ich noch sagen, dass ich mich auch deshalb nicht an eine bestimmte Situation erinnern kann, in der er mir geholfen hat, weil er immer für mich da war. Er hat die ganze Zeit über sein Bestes gegeben, um mir dabei zu helfen, die Krankheit zu besiegen. Mir ist bewusst, dass das auch für ihn unglaublich hart war, und ich weiß das sehr zu schätzen und bin ihm dafür sehr dankbar. Wäre es übrigens okay, wenn du das Bild mit unseren Händen nehmen und meinen Namen weglassen könntest? Danke.«

»Ich lerne, mit negativen Gefühlen wie Neid umzugehen. Ich bin auf alles Mögliche neidisch. Auf Frauen, die erfolgreicher sind als ich und so. Ich habe festgestellt, dass der Neid an dir kleben bleibt, wenn du dich gegen ihn wehrst. Wenn du ihn aber als ganz normal erachtest und dich selbst nicht dafür verurteilst, dann zieht er vorbei wie eine Wolke.«

»Ich bin mir sicher, dass ich weniger eifersüchtig wäre, wenn ich mehr Selbstvertrauen hätte.«

»Die Hater werden total sauer sein, wenn ich meine Millionen mache.«

»Um mich herum ist eine ganze künstlerische Bewegung aus dem Boden geschossen. Ich habe eine Sippe.«

»Früher war ich besessen vom Kochen. Ich dachte an nichts anderes. Ich machte Kochsendungen für die BBC. Ich habe siebenundzwanzig Kochbücher geschrieben. Eins davon handelt nur von Knoblauch. Eines Abends, als ich die Druckvorlagen für mein siebenundzwanzigstes Kochbuch kontrollierte, nahm ich einen Filzstift und malte eine Meerjungfrau auf ein Stück Papier. Ich schaute die Meerjungfrau an, sie sah mich an und ich habe nie wieder ans Kochen gedacht. Seit diesem Moment denke ich nur noch an Kunst. Ich war sechzig Jahre alt, als ich diese neue Richtung einschlug. Ich weiß nicht, was dazu geführt hat. Entweder war es die Menopause, ein psychotischer Schub oder eine Muse hat mir in den Hintern gebissen!«

»Ich habe in der Dominikanischen Republik als Senator kandidiert. Vier Jahre lang habe ich Wahlkampf gemacht. Ich bin von Tür zu Tür gegangen, habe bei Leuten zu Hause gegessen, Radiointerviews gegeben und Schilder aufgestellt. Doch als es so aussah, als könnte ich gewinnen, hat der amtierende Senator den Vorsitzenden meiner Partei bestochen. Sie haben auf den Stimmzetteln meinen Namen durch den eines alten Kerls ersetzt, der gerade mal 1900 Stimmen erhielt. So läuft das in der Bananenrepublik. Ich habe noch nicht einmal meine Registrierungsgebühr erstattet bekommen.«

»Jeder, der einen IQ von über zweihundert hat, läuft Gefahr, nur noch herumzuhängen, denn dann ist man so sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, dass man einfach nur dasitzen und über sie nachdenken will.«

»Vor acht Jahren war ich verlobt, aber mein Verlobter starb im Irak. Danach habe ich mir geschworen, mich nie wieder von einem Menschen so abhängig zu machen. Nachdem ich meinen heutigen Mann kennengelernt hatte, habe ich mich deshalb lange Zeit gegen die Hochzeit gewehrt. Im September haben wir dann doch geheiratet. Obwohl ich dagegen rebelliert und darin immer eine bedeutungslose Formalität gesehen habe, war ich überrascht: Es ist tröstlich zu wissen, durch einen Schwur mit einem Menschen verbunden zu sein.«

»Während seiner ersten fünf Lebensjahre habe ich meinen Sohn nicht gesehen. Ich habe ihn finanziell unterstützt und seine Mutter schickte mir Fotos, aber ich bin ihm nie begegnet. Mein Verhältnis zu seiner Mutter war sehr angespannt und ich hatte immer Angst, sie würde ihn benutzen, um mich zu kontrollieren. Also blieb ich weg. Dann wachte ich eines Morgens auf und sah auf meinem Telefon neun Anrufe in Abwesenheit. Es stellte sich heraus, dass seine Mutter gestorben war.«

»Was hast du ihm über diese fünf Jahre erzählt?«