Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
Das Zentrum
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Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 1788
Testcenter
Im Bann der Intelligenz-Maschine – Homer G. Adams wird geprüft
von Susan Schwartz
Seit über 1200 Jahren hat sich in der kleinen Galaxis Hirdobaan, rund 118 Millionen Lichtjahre von der Milchstraße entfernt, ein Herrschaftssystem etabliert: mit den Maschtaren an der Spitze, mit dem Händlervolk der Hamamesch und den pantherähnlichen Fermyyd, der Schutztruppe der Galaxis, sowie vielen anderen Völkern. Und irgendwo darüber existiert angeblich eine unbekannte Macht namens Gomasch Endredde.
Das ist die Situation, die von Perry Rhodan und der Besatzung des Riesenraumschiffes BASIS angetroffen wird, die gegen Ende des Jahres 1220 Neuer Galaktischer Zeitrechnung in Hirdobaan operieren. Die Spur der Galaktiker führt über das abgeschottete Zentrum der Galaxis – dort liegt Endreddes Bezirk, und in diesem werden rund dreißig Millionen Intelligenzen aus der Menschheitsgalaxis gefangen gehalten.
Die Galaktiker von der BASIS konnten mittlerweile die Herren der Galaxis stellen und besiegen. Anderen Galaktikern gelang es, den Schirm um das Zentrum abzuschalten, wenn auch nur für kurze Zeit; die BASIS und einige Begleitschiffe konnten eindringen. Bei ihrer Suche nach weiteren Hinweisen auf die Rätsel der Vergangenheit stoßen einige Menschen auf das TESTCENTER ...
Reginald Bull – Mit seinen Begleitern von der GRIBBON sitzt er in der Ebene der Kelche fest.
Homer G. Adams – Das Finanzgenie im Bann der Intelligenz-Maschine.
Alaska Saedelaere – Der ehemalige Maskenträger sucht alte Freunde.
Ralf Barjom – Ein wagemutiger Pilot von der BASIS.
Harold Nyman und Esker Harror – Zwei ehemalige Imprint-Outlaws.
Es lebt, sagte Fink Petticul. Ich kann es spüren.
Es zog ihn an, unwiderstehlich.
Komm, wisperte es. Kommkommkommkomm ...
Wir haben es endlich geschafft, murmelte Fherll Checkert.
Es ist wunderbar, flüsterte Dino Gonkers.
Ich möchte es berühren, wisperte Belavere Siems.
Nach galaktischer Zeitrechnung schrieb man den 18. November 1220. Die Zeitrechnung auf dem brennenden Mond Nundor, dessen goldenes Licht auf den Planeten Mollen fiel, war nicht bekannt. Es gab hier kein intelligentes Leben. Aber eine Atmosphäre. Erstaunlich war, dass die natürlichen Umgebungswerte von Nundor den künstlichen Umweltbedingungen der Planeten aller Levels entsprach.
Und noch etwas anderes war erstaunlich: 3000 kelchartige, auf zehn Meter hohen Stielen sitzende, gläserne Behältnisse standen in einer Ebene auf dem Wunderkerzen-Kontinent, alle untereinander mit auf drei Meter hohen Stelzen befestigten Rohren verbunden. Die Kelche waren mit einer seltsamen rosafarbenen Masse gefüllt, die an vielen Stellen kleisterartig über die Kelche hinauswucherte; bis zum Boden. Etwas Merkwürdiges ging von dieser Masse aus.
Es ist erstaunlich, sagte Reginald Bull. Was ist das nur?
Langsam streckte er die Hand aus, und er sah, dass die anderen dasselbe taten.
Dann war alles ganz anders ...
*
Es war den Galaktikern endlich gelungen, den Schutzschirm zu durchdringen. Die BASIS operierte nun zusammen mit den Korvetten und den Großraumern ATLANTIS und CIMARRON im galaktischen Zentrum Hirdobaans – in Endreddes Bezirk. Damit gab es für die ehemaligen Phasenspringer und die 30 Millionen gefangenen Galaktiker endlich einen Hoffnungsschimmer, wie es schien ... Doch so einfach war es nicht. Der Transitionsschirm hatte sich längst wieder stabilisiert und die BASIS mit den Großraumern von den übrigen Einheiten isoliert.
Hinzu kam, dass die Vorstöße zu den verschiedenen Planeten durch eine starke 5-D-Störstrahlung behindert wurden: Nicht nur die SERUNS fielen aus, sondern auch die Syntroniken von Sonden und sogar Korvetten versagten nach einiger Zeit völlig. Glücklicherweise blieb diese Strahlung auf die Planeten beschränkt, dennoch erschwerte es die Unterstützung der notleidenden Galaktiker und die Erforschung des Bezirks.
Nundor: Reginald Bull
Ich fühle mich nicht bedroht, und es geht mir gut.
Leider habe ich überhaupt kein Zeitgefühl; ich weiß nicht, wie lange ich mich schon hier drin befinde ..., was auch immer dieses hier drin bedeuten mag.
Es ist eine gallertartige, rosafarbene Substanz, die mich umgibt. Dennoch kann ich ungehindert atmen, ich verspüre keinen Hunger oder Durst.
Was immer es ist, auf eine gewisse Weise lebt es. Es weiß genau, dass ich da bin, es hat mich in voller Absicht verschlungen.
Ich kann mich daran erinnern, dass ich vor diesen riesigen Kelchen gestanden hatte, und dann hatte ich diese Kleistermasse berührt, die an vielen Stellen über den Rand gequollen war und die Stiele hinab bis fast zum Erdboden wucherte. Ich kann mich sogar daran erinnern, dass ich wie magisch von diesem Gallert angezogen worden war.
Es ist merkwürdig, einerseits ist alles ganz klar, andererseits wieder diffus und verschwommen. Ich weiß zum Beispiel nicht, weshalb ich mich diesem Bann nicht entziehen konnte. Schließlich bin ich mentalstabilisiert und kein blutiger Anfänger.
Trotzdem hat irgendetwas ausgesetzt, sobald ich in den Bannkreis der Kelchebene geraten war. Es war aber nicht so, dass ich völlig weggetreten gewesen wäre; ich bekam beispielsweise mit, dass auch meine Begleiter von der GRIBBON mit in den Bann gezogen worden waren.
Kurze Zeit darauf fanden wir uns innerhalb des Gallerts wieder – als Gefangene.
Ich weiß nicht, was mit uns geschehen wird. Weder sind wir absorbiert worden, noch werden wir abgestoßen. Wir können uns aus eigener Kraft nicht aus dem Kleister befreien. Die Bewegungsfähigkeit ist sehr stark eingeschränkt, eine einzige Handbewegung braucht sehr lange und kostet sehr viel Kraft.
Zum ersten Mal – was an sich reichlich pervers ist – wünschte ich mir, der Oszillationseffekt wäre nicht aufgehoben. Dann wäre unsere Gefangenschaft schon längst beendet gewesen.
*
Angefangen hatte es damit, dass wir mit unserem selbstgebastelten Schiff WIZO auf Nundor gelandet waren und die genetische Fabrik auf dem Wunderkerzen-Kontinent untersucht hatten. Vor sehr langer Zeit hatte sich hier eine aufwendige Anlage für genetische Forschungen befunden, heute war alles mit Moos und Gras überwuchert.
Den ersten Schock erlitten wir, als wir die konservierte Leiche eines archaischen Arcoana fanden. Wir konnten bis jetzt nicht herausfinden, weswegen sich ein Urahn der heutigen Arachnoiden ausgerechnet hier befand, aber er war wohl der zentrale Ausgangspunkt der genetischen Experimente gewesen.
Irgendetwas musste dann vorgefallen sein, weshalb diese Experimente nicht mehr fortgeführt wurden. Die unterirdischen Schaltanlagen, von denen aus der gesamte Komplex gesteuert worden war, waren abgeschaltet worden. Es gab keinerlei Anzeichen von Gewalteinwirkung oder Beschädigungen. Die Forscher hatten einfach aufgehört und Nundor für immer verlassen.
Möglicherweise hatten die Experimente zu einem Erfolg geführt und ihren Zweck erfüllt.
Natürlich gäbe es auch jede Menge anderer Gründe. Uns war das alles zu wenig gewesen, und wir hatten uns weiter umgesehen, bis wir auf die seltsame Pipeline gestoßen waren, die uns schließlich zur Ebene der Kelche geführt hatte – und in dieses Gefängnis.
Gleichwohl, Nundor an sich war für uns schon ein Gefängnis gewesen – durch die Bruchlandung mit unserem improvisierten Raumschiff war uns der Rückweg abgeschnitten gewesen. Zuerst hatten wir uns darüber keine Gedanken gemacht; das taten wir erst, als die 13:01 Stunden um gewesen waren und der Oszillationseffekt nicht eingetreten war.
Das war natürlich sehr positiv, da wir nun genügend Zeit für die Erforschung des brennenden Mondes hatten. Andererseits aber hatten wir hier keine syntronische Unterstützung, ohne die wir von hier nicht mehr wegkamen.
Immerhin konnten wir unser Überleben sichern, da es Wasser gab, Früchte und Schlangenwesen, die auf den ersten Augenschein essbar schienen. Wählerisch durften wir nicht sein; wir konnten nur hoffen, dass sich die anderen so bald wie möglich auf die Suche nach uns machen und uns abholen würden.
*
Nun hör schon mit diesen Grübeleien auf, vernahm ich eine leise Stimme in meinem Kopf.
Ich schreckte unwillkürlich hoch. Das war neu. Bisher hatte ich mich völlig isoliert von den anderen gefühlt und mich durch Nachdenken davor bewahrt, verrückt zu werden.
Aber dieses Wispern stammte eindeutig nicht von einem tiefgründigen anderen Ich, sondern von Fink Petticul!
Gut erraten, Alter. Ich weiß nicht, wieso wir einander erkennen können, aber ich erkannte dich auch sofort. Ich versuche schon seit einiger Zeit, mit dir zu sprechen, aber du warst ziemlich abwesend. Wie die anderen übrigens auch. Aber ich glaube, so nach und nach kommen sie zu sich.
Wie hast du das herausgefunden? Ich meine, dass wir untereinander Kontakt aufnehmen können?
Es lebt, Bully. Das hast du bestimmt schon selbst bemerkt. Ich meine, da ist mehr als dieser suggestive Impuls, der uns in diese Lage gebracht hat!
Ja, natürlich.
Das erklärte bei weitem nicht, weshalb es auch mich erwischt hatte.
Bilde dir nur nicht so viel ein, Bully. So perfekt bist du trotz deines Alters nicht ... Aber jetzt mal im Ernst: Anstatt über die Vergangenheit nachzugrübeln, sollten wir uns endlich mit der Gegenwart beschäftigen ...
Was ist denn jetzt wieder los?, kam plötzlich ein anderer Gedanke dazwischen. Sind wir auf einmal zu Telepathen geworden?
Ganz und gar nicht, Dino, antwortete ich. Das hängt alles mit diesem Gallert zusammen.
Nach und nach meldeten sich auch die anderen, mehr oder minder zaghaft. Wie es aussah, hatten wir uns über einen gewissen (und für uns unbestimmbaren) Zeitraum hinweg in einem halbwachen, dämmrigen Zustand befunden. Jetzt aber waren wir vollständig erwacht und konnten sogar miteinander kommunizieren.
Die nächste Zeit nutzten wir für intensiven Gedankenaustausch.
Auf seltsame Weise unterstützte uns das Gallert dabei. Wir benutzten bald den Ausdruck Biomasse, was vielleicht diese merkwürdige Existenzform am besten beschrieb, denn da war noch etwas anderes ...
Als Erstes erfuhren wir, dass wir nicht allein waren.
Tatsächlich war die Biomasse auch nicht unmittelbar für unsere Kommunikation verantwortlich. Sie war nicht wirklich lebendig, und sie hatte nur scheinbare parapsychische Fähigkeiten.
Es war vielmehr so, dass diese Biomasse den Grundstoff bildete für etwas, das in ihr ruhte. Sie war das genetische Programm, die Grundsubstanz, aber allein nicht handlungsfähig oder in der Lage, unsere mentale Verbindung aufzubauen.
Möglicherweise war das Programm der Auslöser dafür gewesen, sich uns einzuverleiben. Jetzt aber gab es keine weiteren Befehle mehr – die Biomasse wusste nicht, was sie mit uns anfangen sollte. Daher tat sie das, was ihre Hauptaufgabe war: schützen und ernähren.
Jeder von uns hatte bereits im halbwachen Zustand undeutlich merkwürdige Verdichtungen in dem rosafarbenen Kleister gesehen und sich gefragt, was es damit auf sich haben mochte.
Diese Verdichtungen, so erfuhren wir nunmehr, waren das eigentliche Leben im Gallert; aus diesem Grundstoff entstanden.
Wir nannten sie Embryonen, weil uns kein besserer Name einfiel – und irgendwie passte er auch. Mit Hilfe dieser Embryonen konnten wir miteinander kommunizieren, ohne selbst parapsychische Fähigkeiten entwickelt zu haben.
Die heranwachsenden Geschöpfe waren körperlich vollständig ausgereift, wie sie uns übermittelten, aber noch nicht bereit für die Geburt. Etwas ganz Entscheidendes fehlte dazu, die fertigen Wesen in die Welt zu entlassen; etwas, das sie durch die Biomasse offensichtlich nicht erhalten konnten. Ein Anstoß ...
Was sie uns übermittelten, geschah mehr auf emotionale Weise; sie ließen uns an ihren ungewöhnlichen Fähigkeiten teilhaben, ohne uns als Fremdkörper zu erkennen. Sie wussten nicht, wer oder was sie selbst waren, Begriffe wie »ich« oder »wir« waren für sie nicht zu erfassen.
Ihr Verständnis vom »Leben« lag im instinktiven und emotionalen Bereich, ihr bewusstes Denken war nicht vollständig ausgereift; daher wussten sie nur, dass sie noch nicht »fertig« waren und ihnen etwas »fehlte«.
Wahrscheinlich konnte ihr eigenständiges Bewusstsein durch das Fehlen des entscheidenden Impulses nicht erwachen. Deutlich war jedoch, dass sie intelligent waren und außergewöhnliche parapsychische Fähigkeiten besaßen.
Sie besaßen natürlich kein Zeitgefühl, aber für mich selbst reimte ich mir zusammen, dass die Entwicklung dieser Wesen in diesem Stadium schon lange feststeckte, möglicherweise seit die Forschungsanlagen stillgelegt worden waren. Aber das war nur eine Vermutung.
Und das ist wahrscheinlich gar nicht einmal so schlecht, spürte ich Fink Petticuls Gedanken.
Allerdings, stimmte ich zu.
Derartige Fähigkeiten wirkten auf »normale« Menschen wie mich und meine Freunde natürlich bedrohlich, auch wenn wir nicht wissen konnten, was sich aus diesen Wesen entwickeln würde. Wenn es Hunderte oder Tausende solcher Geschöpfe gäbe, die plötzlich das Licht der Welt erblickten, bedeutete das für Hirdobaan in jedem Fall eine entscheidende Änderung – wie auch immer sie ihre Kräfte anwenden würden.
Und dass sie sie anwenden würden, daran konnte kein Zweifel bestehen: Schließlich waren sie speziell in diesen Kelchen gezüchtet worden, anhand eines ausgeklügelten genetischen Programms.
Obwohl ich in meinem Leben schon mit vielen Mutanten und Wesen mit natürlichen parapsychischen Fähigkeiten zu tun gehabt hatte, überläuft mich doch jedes Mal wieder ein Schauer, wenn ich eine Demonstration dieser Kräfte erstmals miterlebe.
Was sind das nur für Wesen?, vernahm ich Fherll Checkerts Frage in meinen Gedanken.
Sie wissen es selbst nicht, antwortete Belavere Siems. Du kannst ihnen keine Fragen stellen, weil ihr Bewusstsein und damit die Fähigkeit, Fragen zu stellen, sich noch nicht entwickelt hat. Noch sind sie nicht viel mehr als ein Hauch von Leben.
Und dabei sollte es auch bleiben, meinte Dino Gonkers. Es wird schon einen Grund dafür geben, dass sich hier niemand mehr befindet.
So einfach ist das nicht, widersprach Fherll Checkert. Immerhin befinden sich diese Geschöpfe im letzten Entwicklungsstadium. Sie leben noch.
Also liegt eine Absicht dahinter, dass daraus eines Tages fertige Wesen entstehen werden.
Aber was für welche?, fragte Fink Petticul.
Ja, was für welche und wofür?, dachte auch ich.
Und wieder überlief mich ein Schauer.
Zimbag
1. Dezember 1220 NGZ
»Wir haben Zimbag bald erreicht«, meldete Ralf Barjom über den Bordfunk.
Alaska Saedelaere, der sich für ein paar Stunden zurückgezogen hatte, machte sich sofort auf den Weg zur Zentrale der Korvette.
»Alles in Ordnung?«, fragte er den Piloten, mit dem er und Gucky bereits im August nach Roenderveen, einem Stützpunkt der Fermyyd, geflogen waren.