Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
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Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 1796
Rückkehr der Sydorrier
Die Öffnung des Zentrums – und eine neue Zukunft für ein Volk
von Susan Schwartz
Die Besatzung der BASIS hat es gegen Ende des Jahres 1220 Neuer Galaktischer Zeitrechnung geschafft, in das bisher abgeschottete Zentrum der kleinen Galaxis Hirdobaan vorzustoßen. Die Besatzungsmitglieder konnten die gefangenen dreißig Millionen Galaktiker evakuieren, bevor die vierzehn Planeten von Endreddes Bezirk zerplatzten.
Aus den Überresten der zerstörten Planeten löste sich jeweils die sogenannte Evolutionsebene – und daraus formte sich ein gigantisches Raumschiff mit einem Durchmesser von rund 1500 Kilometern. Kommandant des Raumschiffes ist Aachthor, und er erhielt seinen Auftrag vor über 200.000 Jahren: Lebenssporen mit Hilfe des Gigantraumers in einem noch unbekannten Teil des Universums zu verbreiten. Dafür braucht das mächtige Wesen aber die Hilfe von Perry Rhodan und den anderen Aktivatorträgern.
Parallel zu diesen kosmischen Ereignissen hat sich auch die Situation in Hirdobaan im Allgemeinen verändert. Die alten Machtstrukturen sind zerfallen, die Handelsfürsten der Hamamesch in Gefangenschaft, die Kampfflotten der Fermyyd geschlagen.
Ziel der Terraner ist nun, einen dauerhaften Frieden in Hirdobaan zu schaffen. Ein Weg dazu ist die RÜCKKEHR DER SYDORRIER ...
Michael Rhodan – Der Sohn des großen Terraners als Friedensstifter für eine Galaxis.
Kamhele – Die Sydorrierin entpuppt sich als Mitglied einer Geheimloge.
Ron-Er-Kan – Ein Fermyyd, der verhandelt.
Perry Rhodan – Der Terraner an Bord eines gigantischen Sporenschiffes.
Aachthor – Ein mächtiges Wesen stellt neue Forderungen.
17. Dezember 1220 NGZ
Drei Tage waren vergangen, seit das Wunder geschehen war.
Für Michael Rhodan war es immer noch wie ein Traum, so unwirklich und kaum fassbar.
Einen Moment mit sich und seinen Gedanken allein, wanderte er in einem Konferenzraum seiner MONTEGO BAY umher und ließ die Ereignisse der vergangenen Tage Revue passieren.
Fast hätten sie uns gehabt, dachte er, und ein kurzer Schauer lief über seinen Rücken hinab.
Mehr als 50.000 Einheiten der Hirdobaan-Flotte hatten sich auf eine Handvoll Galaktiker-Schiffe gestürzt, angeführt von dem fanatischen Ferm-Kommandanten Raa-Nu-Kal. Alle Versuche, mit den Fermyyd in Kontakt zu treten und eine friedliche Verhandlung zu erreichen, waren fehlgeschlagen.
Selbst die Hamamesch-Fürsten, allen voran Jeschdean von Jondoron, hatten Raa-Nu-Kal aufgefordert, das Feuer einzustellen, da sich die politische Lage vollständig geändert habe: Es sei Zeit, umzudenken und sich an den Aufbau einer Neuordnung zu machen. Raa-Nu-Kal jedoch zeigte sich völlig uneinsichtig. Ihn kümmerte weder die veränderte Situation noch die Versicherung der Handelsfürsten, dass die Fermyyd auch in Zukunft im Geschehen der Galaxis eine wichtige Rolle spielen würden.
Seine Antwort war stets die gleiche gewesen: Die Galaktiker hatten den Tod der Maschtaren zu verantworten, jener Herrscher von Hirdobaan und Gomasch Endreddes Sprachrohre. Sie hatten das Chaos in der Galaxis verursacht, die Handelsfürsten wie Vieh ins Oktogon getrieben und gefangen gehalten.
Für den Ferm-Kommandanten stand es fest, dass die Galaktiker nichts anderes als die absolute Macht in Hirdobaan wollten und diese mit allen Mitteln zu erreichen versuchten. Nun hatten sie es sogar geschafft, die überlebenden Fürsten auf ihre Seite zu bringen, vermutlich mittels suggestiver Beeinflussung.
Jedenfalls schienen die Fürsten vergessen zu haben, was die Galaktiker getan hatten: Der Tod der Maschtaren war ein so ungeheuerliches Verbrechen, dass er nur mit dem Tod aller Fremden gesühnt werden konnte.
Raa-Nu-Kal übermittelte in nahezu pausenlosen Wiederholungen allen übrigen Ferm-Kommandanten seine Parolen, dass die Pantherwesen ausschließlich im Dienste der Maschtaren stünden und ihren Willen auch nach deren Tod umzusetzen hätten.
So konnte kein noch so eindringlicher Versuch seitens der Galaktiker oder besonnener Hamamesch, Frieden zu stiften, zu den Fermyyd durchdringen.
Der oberste Ferm-Kommandant hatte nicht lange gezögert, sondern eine riesige Flotte im Riffta-System zusammengezogen, um die unerwünschten Eindringlinge zu vernichten.
Angesichts dieser Übermacht blieb den Galaktikern keine andere Wahl, als sich zurückzuziehen. Sie konnten zwar das Feuer erwidern, aber 50.000 Einheiten konnten sie nicht zurückschlagen. Auch die Abschirmungen der Schiffe konnten einem solchen Dauerbeschuss irgendwann einmal nicht mehr standhalten.
Wie Wespenstiche, schoss es Michael Rhodan durch den Kopf. Gegen eine einzelne Wespe kann man sich gut wehren, und das Gift schadet kaum. Aber gegen einen riesigen Schwarm hilft nur noch die Flucht.
Aber das war nicht allein der Grund für den Befehl zum Rückzug gewesen.
Die Galaktiker sahen in den Fermyyd keine Feinde. Die Pantherwesen verteidigten zäh und verbissen eine alte Ordnung, auch wenn diese auf einer Lüge aufgebaut worden war. Dies musste ihnen begreiflich gemacht werden, und deshalb versuchten die Unsterblichen auch weiterhin Friedensverhandlungen zu erreichen.
Der einzige wirklich gefährliche Gegner war der oberste Kommandant Raa-Nu-Kal, blind in seinem Fanatismus.
So blieb den Galaktikern keine Wahl.
Michael Rhodan erinnerte sich gut daran, als er den Befehl für den endgültigen Rückzug gegeben und trotzdem auf ein Wunder gehofft hatte.
Und dann war dieses Wunder tatsächlich geschehen! Plötzlich tauchte ein Raumschiff nur allzu bekannter Bauart auf, dann zehn, dann hundert, tausende.
Unter dem Kommando des Blue Yenyik Zuetyl mit seinem Flaggschiff ZAAZA trafen im wahrhaft allerletzten Moment 8000 Diskusraumer der Blues ein. Die Hamamesch-Schiffe ergriffen angesichts dieser unerwarteten Verstärkung für die Galaktiker nacheinander die Flucht.
Die Fermyyd zögerten noch, da Raa-Nu-Kal erbittert weiterkämpfte. Sie gaben erst auf, als die SHATTUR zusammen mit dem obersten Kommandanten vernichtet und sie damit führungslos geworden waren.
*
Michael Rhodan musste unwillkürlich lächeln, als er sich an die jubelnde Begrüßung erinnerte, die nach Beendigung der Kämpfe endlich erfolgt war. Die Blues waren überschwänglich empfangen und mit Fragen bestürmt worden. Obwohl sie keine menschliche Physiognomie besaßen, merkte man ihnen doch an, dass sie sehr erfreut über diesen Empfang waren. Gleichzeitig waren sie sehr überrascht, die Heimkehrer von der Großen Leere hier anzutreffen. Doch die Augenzeugenberichte dieser mussten noch warten.
Während einer Zusammenkunft auf der im Durchmesser 620 Meter messenden ZAAZA berichtete Yenyik Zuetyl aus der Heimat.
»Wir sind zur Versorgung und Bergung der Imprint-Süchtigen gekommen«, begann der Blues-Kommandant.
Bereits bei seinem Eintreffen am 13. Oktober hatte Zuetyl eine diesbezügliche Andeutung gemacht, ebenso, dass Geo Sheremdoc diese von allen Völkern des Galaktikums finanzierte Aktion initiiert hatte.
»Ihr könnt euch wahrscheinlich gut vorstellen, welche Zustände bei uns herrschen«, fuhr Yenyik Zuetyl fort. »Nicht alle Imprint-Süchtigen konnten nach Hirdobaan aufbrechen. Milliarden sind zurückgeblieben. Sie konnten sich den Flug entweder nicht leisten oder waren bereits zu krank, seelisch und körperlich. Noch vor unserer Abreise waren sämtliche Medocenter schon restlos überfüllt. Die Mediker stehen vor einer nicht zu bewältigenden Aufgabe, denn sie können kein Mittel gegen die Sucht finden. In manchen Bereichen der Galaxis herrscht totales Chaos.«
»Wir können es uns leider nur zu genau vorstellen«, sagte Michael Rhodan leise.
Er berichtete dem Blue in Stichworten, was in Hirdobaan seit der Ankunft der Imprint-Outlaws und der BASIS geschehen war. Allerdings ließ er die augenblickliche Lage noch beiseite.
»Und es gibt keinerlei Hoffnung, solange die Süchtigen den zweiten Imprint nicht erhalten. Ein anderes Heilmittel gibt es nicht.«
»Du sprichst uns ja eine Menge Mut zu«, meinte der Blues-Kommandant. »Wir wollten uns eigentlich die Hoffnung bewahren, dass während unserer Abwesenheit der Durchbruch kommt.«
Er sah Michael Rhodan und Julian Tifflor nacheinander erwartungsvoll an, aber die Unsterblichen schüttelten den Kopf.
»Die Süchtigen werden zu psychischen Wracks, viele werden bald sterben«, sagte Tifflor ohne Beschönigung. »Auch hier sind einige gestorben, bevor sie den zweiten Imprint erhalten konnten.«
»Du meinst – ohne den zweiten Imprint haben sie tatsächlich gar keine Chance auf Heilung?«
Wieder schüttelten beide Männer den Kopf.
»Hart gesagt.« Der Blue lehnte sich zurück und spielte mit dem leeren Glas, das vor ihm auf dem Tisch stand.
»Ich habe rund 8000 Diskusraumer zwischen 400 und 800 Metern Durchmesser mitgebracht«, fuhr er dann fort. »Wir sind medizinisch und waffentechnisch auf dem neuesten Standard und mit hochqualifizierten Teams ausgerüstet: Mediziner und Medorobots, Techniker und Elite-Kampftruppen, da wir mit Auseinandersetzungen rechnen mussten.«
Der Blue hob die rechte Hand, als Tifflor etwas sagen wollte.
»Nachdem absehbar war, dass das Leid der Süchtigen in der Milchstraße immer größer werden würde, berief Geo Sheremdoc eine Versammlung im Galaktikum ein. Wir alle konnten uns ausrechnen, dass es für die Millionen von Imprint-Outlaws nach dem Tausch galaktischer Hightech gegen Imprint-Waren nahezu unmöglich sein würde, wieder die Heimreise anzutreten. Die wenigsten Schiffe sind für mehrere derartiger Langstreckenflüge geeignet, so dass es für die meisten ohnehin nur eine Fahrkarte in eine Richtung war. Wir haben natürlich damit gerechnet, dass es unterwegs eine Menge Kämpfe und zerstörte Schiffe geben würde. Da wir Blues offenbar die einzigen Immunen gegen den Imprint sind, wurde beschlossen, dass von uns Schiffe und Mannschaften für eine Rettungsflotte zur Verfügung gestellt werden. Geo Sheremdoc hat die gesamte Aktion geplant und vorgetragen, und sie wurde von den meisten Völkervertretungen akzeptiert. Wir haben uns dann so schnell wie möglich auf den Weg gemacht.«
»Und ihr seid gerade noch zur rechten Zeit gekommen«, fügte Michael Rhodan hinzu. Er verbarg die heftigen Gefühle, die ihn bewegten, hinter einer geradezu gleichgültig wirkenden Maske. »Allerdings haben wir da ein Problem.«
»Noch eines?«, hakte Yenyik Zuetyl mit leichter Ironie nach.
»Das da war noch das geringste.« Mike deutete auf ein Holo, das in der Ferne noch ein paar schwach schimmernde Fermyyd-Regenbogenschiffe zeigte.
»Die ehemaligen Süchtigen, die BASIS und fast alle weiteren Schiffe außer unserem kläglichen Rest hier befinden sich hinter dem Transitionsschirm, der das galaktische Zentrum umgibt. Solange der Schirm besteht, können wir gar nichts unternehmen.«
Der Blues-Kommandant zwinkerte überrascht. »Ein Schutzschirm? Für welchen Zweck?«
»Dahinter liegt Endreddes Bezirk«, antwortete Michael Rhodan und holte die zuvor ausgelassenen Einzelheiten über Gomasch Endredde, seinen Bezirk und sein Geheimnis nun nach.
Nachdem er geendet hatte, wiegte der Blues-Kommandant bedächtig seinen Tellerkopf.
»Da haben wir in der Tat ein Problem«, stimmte er Mike zu. »Vielleicht sollten wir es mit einem konzentrischen Beschuss versuchen.«
»Das geht nicht«, lehnten Mike Rhodan und Julian Tifflor sofort ab.
»Das muss von innen her geschehen, da Endreddes Bezirk mehr Gefahren und Geheimnisse birgt, als uns hier draußen bislang bekannt sind«, sagte Mike. »Wir können hier nur in ständiger Bereitschaft bleiben und darauf hoffen, dass Perry einen Weg findet, den Schirm endgültig zu desaktivieren.«
»Und wenn es irgendwo eine Möglichkeit zur Heilung für die Süchtigen in der Milchstraße gibt, dann werden wir sie auch nur dort in Endreddes Bezirk finden«, setzte Tifflor hinzu.
»Aber keine Sorge, bis es so weit ist, werden wir uns schon nicht langweilen«, sagte Michael Rhodan leichthin und deutete wieder auf das Holo.
»Eine vordringliche Frage habe ich noch«, bat der Blues-Kommandant. »Im Auftrag von Geo Sheremdoc: Was ist mit Homer Adams?«
»Er befindet sich in Endreddes Bezirk«, antwortete Mike. »Und den Umständen entsprechend geht es ihm gut.«
»Das ist wenigstens eine weitgehend erfreuliche Nachricht«, zeigte sich Yenyik Zuetyl erleichtert.
*
Auf dem Rückweg zur MONTEGO BAY spürte Michael Rhodan, dass er von Julian Tifflor beobachtet wurde.
»Du hast mich vorhin auch schon einmal so genau angesehen«, bemerkte er.
Tifflor nickte. »Dein Gesichtsausdruck, als du Zuetyls Bericht gelauscht hast. Du kannst deine Verwandtschaft mit Perry wahrhaftig nicht leugnen.«
Michael lächelte, aber nicht fröhlich. »Schließlich sind auch nur noch wir beide übrig geblieben.«
»Denkst du noch an sie?«
»Oft.« Er versuchte sich zu erinnern. Wie lange war es her? Äonen schienen seit der unbeschwerten Zeit vergangen zu sein, als er das erste Mal die Verkleidung angelegt und sich in den Freihändlerkönig Roi Danton verwandelt hatte. »Wir sind eine Familie gewesen, Julian. Ich habe meine Mutter und meine Schwester sehr geliebt. So etwas vergisst man nicht.«
»Seltsam, welche Gedanken einen manchmal überfallen, obwohl man sich über dieses Stadium eigentlich längst hinausfühlt, nicht wahr?«, fragte Julian Tifflor versonnen.
»Stets bei derartigen Gelegenheiten«, antwortete Michael Rhodan, und diesmal lächelte er wirklich. »Dafür sind wir Menschen.«
MONTEGO BAY: das Treffen
Michael Rhodan unterbrach seine Gedanken und wandte sich um, als er einen Luftzug in seinem Rücken spürte. Das Schott hatte sich geöffnet, und Julian Tifflor war eingetreten.
»Hier bist du«, sagte Tifflor. »Hast du meinen Funkruf nicht gehört?«
»Nein«, antwortete Mike überrascht. »Ich war völlig in Gedanken.«
»Dann solltest du jetzt in die Wirklichkeit zurückkehren. Die anderen sind inzwischen eingetroffen – alle.«
»Das ist gut«, nickte Perry Rhodans Sohn. »Hoffen wir, dass es endlich zu einer friedlichen Einigung kommt. Gibt es sonst Neuigkeiten?«
»Wenn du damit den Transitionsschirm meinst: nein.« Tifflor seufzte. »Yenyik Zuetyl hat sich schon mehrmals gemeldet. Er patrouilliert den Schirm entlang und versucht, Funkkontakt mit der BASIS zu erhalten.«
»Uns glaubt er wohl nicht?«
»Beschäftigungstherapie. Sonst hat er nicht viel zu tun. Die Blues sind alle nervös und gereizt, weil die Hilfsaktion bisher nicht im gewünschten Maße anlaufen konnte. Sie haben sich das natürlich anders vorgestellt.«
»Sie werden noch jede Menge Arbeit bekommen, wenn der Schirm erst einmal ausgeschaltet ist. Sie haben uns eine große Sorge abgenommen.«
»Aber nur vielleicht«, orakelte Tifflor düster. »Wir wissen nicht, was inzwischen mit ihnen geschehen ist ...«
Mike hob beide Brauen und musterte den Freund scharf. »Natürlich wissen wir das nicht. Aber du gehst doch wohl nicht davon aus, dass sie inzwischen alle gestorben sind – mehr als dreißig Millionen?«
»Nein ...«
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