Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
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Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 1798
Werkstatt des Lebens
Sie fliegen nach Acctol – der Welt der Biophore-Katastrophe
von Peter Terrid
Gegen Ende des Jahres 1220 Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist das Problem der dreißig Millionen ehemaligen Imprint-Süchtigen so gut wie gelöst: Die BASIS konnte in das bisher abgeschottete Zentrum der kleinen Galaxis Hirdobaan vorstoßen, und mit Hilfe einer Blues-Hilfsflotte kann nun die große Rettungsaktion ablaufen.
Aus den Überresten der zerstörten Level-Planeten hat sich jeweils die sogenannte Evolutionsebene gelöst – es entstand ein gigantisches Raumschiff mit einem Durchmesser von rund 1500 Kilometern.
Kommandant des Raumschiffes ist Aachthor, und er erhielt seinen Auftrag vor über 200.000 Jahren: Lebenssporen mit Hilfe des Gigantraumers in einem noch unbekannten Teil des Universums zu verbreiten. Dafür braucht das mächtige Wesen aber die Hilfe von Perry Rhodan und den anderen Aktivatorträgern. Aachthor nimmt sie an Bord des Sporenschiffes und fliegt mit ihnen nach Queeneroch, der Nachbargalaxis. Dort stoßen sie auf uralte Hinterlassenschaften der Roach, auf zwei alte Freunde vom Volk der Arcoana, auf mysteriöse Hyperraum-Phänomene und auf die WERKSTATT DES LEBENS ...
Voltago – Der Kyberklon greift nach der Macht.
Perry Rhodan – Der Terraner versucht eine Welt vor dem Untergang zu retten.
Ronald Tekener – Der »Smiler« als Retter in der Not.
Colounshaba – Die Arcoana berechnet Hyperraum-Phänomene.
Michael Rhodan – Sirenenklänge werden ihm gefährlich.
Neun Unsterbliche, Träger des Zellaktivatorchips, der ihnen von ES eingepflanzt worden war:
Perry Rhodan, der Terraner, hochgewachsen, hager, das Gesicht angespannt, ohne erkennbaren Gefühlsausdruck.
Atlan, der frühere Kristallprinz, später Imperator des Großen Imperiums von Arkon, seine rötlichen Augen blickten kalt und beherrscht.
Icho Tolot, der gewaltige Haluter, wie zu einer Statue erstarrt, anscheinend nur damit beschäftigt, das gegenwärtige Geschehen in seinen beiden Gehirnen zu verarbeiten.
Alaska Saedelaere, blass, ab und zu zwinkernd, die Lippen zu einem schmalen Strich zusammengepresst.
Mila und Nadja Vandemar, die immer wieder Blicke wechselten, sich stumme Fragen zu stellen schienen, auf die sie ebenso klar erkennbar keine Antworten wussten.
Homer G. Adams, gleichsam in sich selbst zurückgezogen, ebenso schweigend wie die anderen, vielleicht hauptsächlich damit beschäftigt, mit sich selbst und seiner Handlungsweise in den letzten Wochen und Monaten endlich ins Reine zu kommen.
Michael Rhodan, äußerlich ruhig und gelassen, ein schmales Lächeln auf den Lippen.
Ronald Tekener, die Augen geschlossen, der Mund ohne erkennbaren Ausdruck, beherrscht bis in die letzte Faser.
Dazu einer, von dem niemand zu sagen wusste, wie lange seine Lebensspanne währte, ob er überhaupt im klassischen Sinne des Wortes lebte:
Voltago, der Kyberklon aus der Werkstatt Taurecs. Reglos, wie festgewurzelt stand er im Boden neben dem Schrein.
In dem Schrein: ein Sterbender.
Aachthor – gewissermaßen der achte der Mächtigen, jener unbegreiflichen Wesen von jenseits der Materiequellen. Kemoauc, dem Aachthor auffallend glich, Bardioc, Ganerc – Namen, die Perry Rhodan und seine Freunde mit großen und gefährlichen Stunden in der Geschichte der Menschheit in Verbindung bringen konnten. Beauftragte der Kosmokraten, ausgestattet mit einer Machtfülle und technischem Potenzial, deren Grenzen niemals auch nur erahnt, geschweige denn jemals ausgelotet worden waren.
Und doch starb Aachthor. Hier und jetzt, in dem Schiff, das nach ihm benannt worden war, der AACHTHOM, mit deren Hilfe er den Auftrag hätte vollenden sollen, den die Kosmokraten ihm vor vielen Jahrtausenden erteilt hatten.
Was dieser Auftrag war? Perry Rhodan hätte es nicht zu sagen vermocht, auch Atlans Extrahirn und Icho Tolots gewaltige kalkulatorische Fähigkeiten hatten dieses Rätsel nicht zu lösen verstanden.
Aachthor war als Gebieter gedacht über ein Schiff, das die Größe eines beachtlichen Mondes hatte, ein Sporenschiff, wie es die wahren sieben Mächtigen in ihrer Zeit befehligt hatten.
Die Aufgabe dieser Sporenschiffe war bekannt: Sie sollten die Biophore in vorherbestimmte Regionen des Universums tragen. Die Biophore bestanden aus hyperphysikalischen Elementen, die mangels präziserer Erfassungsmöglichkeiten als On- und Noon-Quanten bezeichnet worden waren.
On-Quanten hatten die Bestimmung, auf einer Welt, die damit gleichsam besamt worden war, organisches Leben hervorzurufen und eine Evolution des Lebens in Gang zu bringen. Zweck der Noon-Quanten war es, in einem späteren Stadium die Intelligenzentwicklung dieses Lebens voranzutreiben und zu fördern.
Dies alles war bekannt. Nur – in welcher Region des Universums hätte Aachthor seine Biophore freisetzen sollen? In Queeneroch schwerlich. Dort hatte Aachthor bereits Leben vorgefunden, dessen Hilfe er sich bedient hatte, um das gewaltige Sporenschiff zu bauen – und anderes Leben, das ihn letztlich in die Flucht geschlagen und ihn gezwungen hatte, seine Pläne um zwei Jahrhunderttausende aufzuschieben.
Hirdobaan vielleicht? Dort war längst hochentwickeltes Leben entstanden. Zwar hinkte die Technologie der Hamamesch und der anderen Hirdobaan-Völker beachtlich hinter dem gegenwärtigen Entwicklungsstand der Galaktiker her, aber dies nicht so weit, dass es der Noon-Quanten bedurft hätte, ihnen auf die Sprünge zu helfen.
Wo also?
Aachthor lag im Sterben, zur Strecke gebracht von einer geheimen Abwehrwaffe der Arcoana, deren Vorfahren die Vollendung von Aachthors Auftrag verhindert hatten. So vollkommen dieses Geschöpf der Kosmokraten auch gewesen war, in seiner Körperlichkeit war es angreifbar gewesen, und die früheren Arcoana hatten nach langem Suchen und Probieren einen Weg gefunden, es tödlich zu schädigen.
Perry Rhodan ließ einen sehr leisen Seufzer hören.
»Wir werden es wohl nie erfahren«, sagte er kaum hörbar.
Voltago machte eine herrische Geste. Atlan kniff die Augen zusammen und betrachtete den Kyberklon intensiv.
Das Schweigen im Raum war bedrückend.
Die ursprünglichen Mächtigen waren nie durch sonderliche Zimperlichkeit im Umgang mit Geschöpfen aufgefallen, denen sie überlegen zu sein glaubten; im Bewusstsein ihrer übergeordneten Abstammung hatten sie regelrechte Herrenallüren entwickelt, die mitunter kaum zu ertragen gewesen waren. Aachthor war zu seinen Lebzeiten ohne Zweifel das arroganteste und hochmütigste Ekelpaket gewesen, und das, obwohl keiner seine Rolle so richtig zu deuten wusste.
Ein achter Mächtiger?
Die ominöse Sieben ...
Aber das hatte ganz gewiss nichts mit der Geisteswelt der Kosmokraten zu tun. War es Zufall, dass es sieben Mächtige gegeben hatte und sieben Sporenschiffe? Oder waren es von Anfang an acht gewesen?
Kemoauc und seine Brüder konnte man danach nicht mehr befragen. Nicht einmal mehr BARDIOC, der mit der Kaiserin von Therm verschmolzen war.
Aachthor jedenfalls würde ganz gewiss auf diese Frage keine Antwort mehr geben können.
Das unwiderrufliche Ende seiner Macht war erreicht, die Arcoana hatten ihn letztlich doch zur Strecke gebracht.
Er starb.
Warum hatte Voltago Perry Rhodan und die anderen an Bord der AACHTHOM gebracht, mit einem technischen Verfahren, das einem Fiktivtransmitter sehr ähnlich sein musste?
Um sie zusehen zu lassen, wie ein Mächtiger starb, ohne seine Aufgabe erfüllt zu haben?
Aachthor lag in seinem Schrein, lang ausgestreckt. Eine Handspanne größer als zwei Meter, mit einem Körper und einem Gesicht von solchem Ebenmaß, wie es selbst die Natur kaum jemals zustande brachte. Jedes Mal, wenn er Aachthor sah, musste Perry Rhodan an die Vollkommenheit griechischer Statuen aus der Zeit des Perikles denken ...
Aachthor trug auch im Sterben jene einfache, eng am Körper anliegende Kombination in schwarzer Farbe, die die perfekten Proportionen seines athletischen Körperbaus betonte. Die langen schwarzen Haare, die ihm im Stehen bis auf die Schultern fielen, lagen nun um seinen Kopf verteilt. Die dunklen, fast schwarzen Augen, die manchmal in verhaltener Wut zu glühen schienen, waren geschlossen. Die Brust hob und senkte sich in langsamer werdenden Zügen.
Wohin ging ein Mächtiger, wenn er starb? In diesen langen Minuten der Stille schien die Frage nebensächlich.
Langsam, fast zeitlupenhaft hob Aachthor den rechten Arm. Er streckte ihn nach Voltago aus, der wie versteinert neben dem Schrein stand. Die Fingerkuppen des Mächtigen berührten die Oberfläche des Kyberklons.
Abschied? Ein letztes Aufbäumen?
Perry Rhodan konnte sehen, wie Voltago erbebte. Ein kaum merkliches Zittern lief durch den Körper des Kyberklons.
Was geschah hier?
Es war nicht zu sehen, nicht mit Augen, Ohren oder dem Tastsinn festzustellen, nur mit dem Gespür eines lebenden, beseelten Geschöpfs, das mitunter fähig war, seine psychischen Grenzen zu überschreiten und Dinge wahrzunehmen, die sich den normalen Sinnen entzogen.
Etwas ging über auf Voltago, glitt in den Kyberklon hinein, breitete sich in ihm aus.
Noch immer Schweigen, gelegentlich unterbrochen durch langsame, fast seufzende Atemzüge.
Dann endlich etwas, das sich mit den Sinnen erfassen ließ: Voltago begann sich zu verändern.
Der Kyberklon hatte sich immer schon durch eine ganz besondere Form von Mimikry ausgezeichnet; er vermochte Wesen, denen er begegnet war, mit seinem Körper nachzubilden, mit verblüffender, oftmals erschreckender Genauigkeit bis ins Detail.
Aber diese Fähigkeit schien verlorengegangen zu sein, nachdem sich Aachthor und Voltago begegnet waren. Das mächtige Wesen hatte sie dem Kyberklon untersagt. Kehrte sie jetzt zurück?
Atlan stieß ein halblautes Keuchen aus. Sein Extrasinn erfasste schneller als die übrigen Anwesenden, was geschah, und einen Augenblick später konnte es dann auch Perry Rhodan sehen.
Voltago nahm die Gestalt eines Mächtigen an. Nein, nicht eines Mächtigen – es war das Gesicht von Aachthor, das sich immer deutlicher und markanter in seinen Zügen ausprägte, bis die Ähnlichkeit nicht mehr zu übersehen war.
Wie hatte Voltago angekündigt? Er – und nur er – werde von Aachthor befugt werden, die On- und Noon-Quanten an Bord des neuen Sporenschiffes zu übernehmen, eine Vollmacht, die sonst nur einem wahren Mächtigen zustand.
War dies gleichsam die Übertragung dieser Vollmacht?
Es sah nach mehr aus, nach sehr viel mehr.
Es dauerte nur wenige Minuten, in denen die Galaktiker kaum zu atmen wagten, denn sie spürten, dass sich etwas Großes, nahezu Unbegreifbares vor ihren Augen vollzog.
Ein eigentümlicher Ruck ging durch den Körper des Kyberklons. Es war, als würde sich das Aachthor-Imago gleichsam in Voltagos Körper festsetzen und von ihm Besitz ergreifen. Im gleichen Augenblick fiel die Hand des Mächtigen kraftlos zurück.
»Es ist vollbracht!«
Der knappe Satz, von Voltago gesprochen, ließ Perry Rhodan instinktiv schaudern.
Zum einen war es nicht Voltagos Stimme, die erklungen war, und er hatte sich weder des Hamsch noch des Interkosmo bedient. Er hatte die Sprache der Mächtigen benutzt – und er hatte mit der Stimme Aachthors geredet.
Zum anderen aber:
Voltago hatte viel Zeit mit den Galaktikern verbracht, er kannte ihre Sprache, ihre Eigenart, ihre Kultur, die Mythen der Terraner und ihre Religionen. Der Kyberklon musste daher wissen, aus welcher Quelle dieser Satz stammte – wenn es denn ein Zitat war und nicht einfach nur Zufall.
Die letzten Worte des Gekreuzigten von Golgatha – jedenfalls nach der Überlieferung des Johannes.
Zufall?
Oder wollte Aachthor/Voltago damit klarstellen, welchen Rang er sich selbst beimaß, trotzig-herausfordernder Anspruch, der den Galaktikern klarmachen sollte, wie gering sie in seinen Augen bewertet wurden? Gewollte Blasphemie?
»Was willst du damit sagen, Voltago?«, fragte Atlan und starrte den Kyberklon in seiner neuen Gestalt an.
»Nenn mich nicht Voltago«, wurde ihm erwidert, mit Aachthors Stimme und im Idiom der Mächtigen. »Voltago ist überflüssig, er ist nur mehr der Träger einer höheren Macht.«
»Welcher Macht?«
Perry Rhodans Stimme klang scharf.
Hatte es so etwas wie eine Seelenwanderung gegeben, ein Überfließen der Persönlichkeit Aachthors auf den Kyberklon, ein Verschmelzen der Bewusstseinsinhalte? Wahrscheinlich nicht, mit den bekannten Mustern der Persönlichkeitsübertragung, die Perry Rhodan schon erlebt hatte, war dieser Vorgang nicht zu vergleichen.
Es sah vielmehr danach aus ...
Die Aura Aachthors, die ihm von den Kosmokraten verliehen worden war, war auf Voltago übergegangen, das war Perry Rhodans Eindruck. Dahinter musste die eigene Persönlichkeit Voltagos zurücktreten, sie war nicht mehr von Bedeutung.
Ein Hinweis mehr darauf, wie hoch in der Wertschätzung der Kosmokraten ein Individuum stand – sie waren alle nur eines: Werkzeuge und Instrumente, die zur Erfüllung angeblich höherer Ziele verwendet wurden. Und weggeworfen, sobald man ihrer nicht mehr bedurfte.
Voltago blickte auf den Leib Aachthors. Der Brustkorb bewegte sich nicht mehr. Lautlos schloss sich der Schrein und entzog den Körper der Betrachtung durch andere Wesen, die er nicht als ebenbürtig empfunden hatte.
Die Waffe der Roach, der Arcoana-Vorfahren, hatte Aachthor wohl getötet, aber sie hatten seine Körperlichkeit nicht zerstört – ein Geheimnis mehr im Umfeld der Kosmokraten, das Perry Rhodan nicht zu lösen vermochte.
»Wir müssen der Bestimmung folgen«, verkündete Voltago in einem Tonfall, der keinen Widerspruch erlaubte.
Voltago versiegelte die Grabkammer und führte seine Gäste – oder Gefangenen? – in die Kommandozentrale der AACHTHOM.
Perry Rhodan betrat den Raum als Letzter. Er ahnte, dass sich die Verhältnisse einmal mehr gewandelt hatten.
Und ganz bestimmt war mit diesem neuen Voltago nicht einfacher zu reden als mit Aachthor.
»Wird das für immer so bleiben?«, fragte Mila Vandemar und deutete auf Voltagos Gesicht. Es fehlte nur Aachthors Haarpracht, um das Ebenbild komplett zu machen.
»Für immer!«, antwortete Voltago. »Aber das ist jetzt von minderem Interesse. Wir müssen das Werk zur Vollendung bringen.«
»Das heißt, die Biophore bergen und an Bord nehmen«, vermutete Atlan halblaut.
»Du hast es erkannt, Arkonide!«
So, wie Voltago/Aachthor das Wort »Arkonide« aussprach und betonte, klang es wie »Wicht«. Aber der ausgefuchste Arkon-Admiral Atlan war mit solchen Mitteln nicht zu beeindrucken.
»Wo sind die Biophore?«, fragte Tekener knapp.
Der Smiler lehnte an einem Instrumentenpult und betrachtete Voltago/Aachthor mit einem Blick voll herausfordernder Kälte.
»Im Hyperraum gelagert, wie dir bekannt sein dürfte«, versetzte der Kyberklon.
Tekener zeigte einen Anflug eines grimmigen Lächelns.
»Der Hyperraum ist groß, und verglichen damit ist die Ladung eines Sporenschiffes sehr klein«, konterte er provozierend. »Wo genau im Hyperraum gelagert?«
Voltago/Aachthor schwieg einen Augenblick lang.
»Das werden wir noch herausfinden müssen«, sagte er. »Die Biophore sind nicht überdimensional fixiert, sie wandern im Hyperraum gleichsam umher, zeigen sich mal hier, mal dort.«
»Dann brauchen wir ja nur zu warten, bis sie sich hier bei uns zeigen«, lästerte Tekener.
In der Kunst, sein jeweiliges Gegenüber mit trockenem Sarkasmus in einen Zustand der Weißglut zu versetzen, war er wahrscheinlich sogar dem giftigen Spötter Atlan überlegen.
Voltago/Aachthor bedachte ihn mit einem Blick voller Verachtung.
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