ÅSA LARSSON
SONNENSTURM
ROMAN
Aus dem Schwedischen
von Gabriele Haefs
C. Bertelsmann
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Die schwedische Originalausgabe erschien 2003
unter dem Titel »Solstorm« bei Albert Bonniers Förlag, Stockholm.
Copyright © 2003 by Åsa Larsson
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2004
beim C. Bertelsmann Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
ISBN: 978-3-641-12647-6
V002
www.bertelsmann-verlag.de
Hinter meiner Stirn
wächst es wie ein Baum des Zorns,
mit rotem, blitzendem Laub, blauem Laub, weißem!
Wie ein Baum,
der noch immer im Wind bebt.
Und ich werde
dein Haus zerstören, und nichts
soll mir fremd sein,
nicht einmal
das Menschliche.
Wie ein Baum, der sich von
innen einen Ausweg bricht
und das Haus
des Schädels zerschlägt.
Und leuchtet
wie eine Laterne in den Wald,
in die Finsternis.
Göran Sonnevi
Und es ward Abend, und es ward Morgen,
◾◾◾◾◾◾◾◾◾◾◾◾◾◾◾◾◾ das war der erste Tag.
DASS ER STIRBT, passiert Viktor Strandgård durchaus nicht zum ersten Mal. Er liegt in der Kirche der Kraftquelle auf dem Rücken und schaut durch die riesigen Dachfenster hoch droben. Nichts scheint ihn von dem düsteren Winterhimmel über ihm zu trennen.
Näher als jetzt kann man gar nicht kommen, denkt er. Wenn man die Kirche auf dem Felsen am Ende der Welt erreicht hat, dann ist der Himmel so nah, dass man fast die Hand ausstrecken und ihn berühren kann.
Das Nordlicht schlängelt sich wie ein Lindwurm durch die Nacht. Sterne und Planeten müssen ihm weichen, diesem gewaltigen Wunder aus funkelndem Licht, das sich gelassen seinen Weg durch das Himmelsgewölbe bahnt.
Viktor Strandgård folgt dieser Wanderung mit seinen Augen.
Ob es wohl singt, überlegt er. Wie ein einsamer Wal unter dem Himmel?
Und als hätten seine Gedanken es erreicht, hält das Nordlicht für eine Sekunde inne. Unterbricht seine unaufhaltsame Reise. Betrachtet Viktor Strandgård aus kalten Winteraugen. Denn er ist wahrlich schön wie eine Ikone, wie er so daliegt. Das dunkle Blut wie ein Heiligenschein um seine langen blonden Luciahaare. Jetzt spürt er seine Beine nicht mehr. Er ist unendlich müde. Er hat keine Schmerzen.
Seltsamerweise denkt er an seinen ersten Tod, während er hier liegt und dem Lindwurm ins Auge schaut. Damals fuhr er im Spätwinter auf dem Rad den langen Hang auf die Kreuzung von Adolf Hedinsvägen und Hjalmar Lundbohmsvägen zu. Fröhlich und fromm und mit der Gitarre auf dem Rücken. Er weiß noch, wie sein Rad hilflos über das Eis glitt, als er zu bremsen versuchte. Wie er sie von rechts kommen sah, die Frau in dem roten Fiat Uno. Wie sie einen Blick tauschten, wie beide im Auge des Gegenübers die Erkenntnis registrierten, jetzt beginnt sie, die eisige Rutschfahrt in den Tod.
Mit diesem Bild vor Augen stirbt Viktor Strandgård zum zweiten Mal in seinem Leben. Schritte nähern sich, aber die hört er nicht. Seine Augen brauchen das funkelnde Messer nicht einmal zu sehen. Wie eine leere Schale liegt sein Körper auf dem Kirchenboden und wird durchbohrt. Wieder und wieder. Und der Lindwurm nimmt gelassen seine Wanderung über das Himmelsgewölbe wieder auf.
Montag, 17. Februar
REBECKA MARTINSSON wurde von ihrem Keuchen geweckt, als die Unruhe ihren Körper erfasste. Sie riss in der Dunkelheit die Augen auf. Genau an der Grenze zwischen Traum und Wachen hatte sie das deutliche Gefühl, dass da jemand in ihrer Wohnung war. Sie blieb ganz still liegen und lauschte, aber sie hörte nur ihr eigenes Herz, das wie ein verängstigter Hase durch ihre Brust zu jagen schien. Ihre Finger tasteten nach dem Wecker auf dem Nachttisch und fanden den kleinen Leuchtknopf. Viertel vor vier. Vier Stunden zuvor war sie schlafen gegangen, und nun war sie bereits zum zweiten Mal aufgewacht.
Das liegt an der Arbeit, dachte sie. Ich arbeite zu viel. Und deshalb kommen meine Gedanken nachts ebenso wenig zur Ruhe wie ein Hamster in einem ungeölten Laufrad.
Ihr Kopf und ihr Nacken taten weh. Offenbar hatte sie im Schlaf mit den Zähnen geknirscht. Da konnte sie auch gleich aufstehen. Sie wickelte sich in ihre Decke und ging in die Küche. Ihre Füße fanden den Weg auch im Dunkeln, deshalb brauchte sie kein Licht. Sie schaltete Kaffeemaschine und Radio ein. Immer wieder erklang das Pausensignal, wie ein tonloser Gebetsruf, während das Wasser in den Filter tropfte und sie duschte.
Ihre langen Haare mussten von selbst trocknen. Sie trank Kaffee und zog sich gleichzeitig an. Während des Wochenendes hatte sie ihre Garderobe für die kommende Woche gebügelt und in den Schrank gehängt. Jetzt war Montag. Auf dem Montagskleiderbügel hingen eine kreideweiße Bluse und ein marineblaues Kostüm von Marella. Sie schnupperte an ihren Strümpfen vom Vortag, die mussten noch einen Tag halten. Sie beulten am Spann ein wenig aus, aber wenn sie sie straff zog und unter ihren Fuß stopfte, fiel das nicht weiter auf. Sie durfte eben tagsüber ihre Schuhe nicht abstreifen. Aber das war nicht wichtig. Um Unterwäsche und Strümpfe könnte sie sich noch Gedanken genug machen, wenn die Möglichkeit bestand, dass jemand ihr beim Ausziehen zusehen würde. Ihre Unterwäsche war verwaschen und grau.
Eine Stunde später saß sie in ihrem Büro am Computer. Der Text plätscherte wie ein Gebirgsbach durch ihren Kopf, durch ihre Arme und bis hinaus in ihre über die Tastatur jagenden Finger. Bei der Arbeit fand sie Ruhe. Ihr Unbehagen von vorhin war wie weggeblasen.
Das ist schon seltsam, dachte sie. Die ganze Zeit jammere ich mit den Kollegen darüber, wie schrecklich die Arbeit doch ist. Aber wenn ich arbeite, komme ich zur Ruhe. Finde fast eine Art Freude. Wenn ich dagegen nicht arbeite, dann überkommt mich die Unruhe.
Das Licht der Straßenlaternen bahnte sich mühsam einen Weg durch die großen, vielfach unterteilten Fenster. Noch immer waren im Klangbild von draußen einzelne Autos zu unterscheiden, aber schon bald würde die Straße sich in ein dumpfes Verkehrsdröhnen verwandeln. Rebecka ließ sich in ihrem Schreibtischsessel zurücksinken und begann mit dem Ausdrucken. Im dunklen Gang draußen erwachte der Drucker zum Leben und machte sich an den ersten Auftrag des Tages. Dann fiel die Tür bei der Rezeption ins Schloss. Rebecka seufzte und schaute auf die Uhr. Zehn vor sechs. Ihre Einsamkeit hatte ein Ende.
Sie konnte nicht hören, wer da gekommen war. Die weichen Teppiche auf dem Gang dämpften alle Schritte, aber nach einer Weile wurde die Tür zu ihrem Zimmer geöffnet.
»Darf man stören?«
Es war Maria Taube. Sie stieß die Tür mit der Hüfte auf, denn sie hielt in jeder Hand eine Kaffeetasse. Rebeckas Computerausdruck klemmte unter ihrem rechten Arm.
Beide Frauen arbeiteten als frischgebackene Anwältinnen mit Spezialgebiet Steuerrecht in der Kanzlei Meijer & Ditzinger. Die Kanzlei lag im Obergeschoss eines schönen Jugendstilgebäudes in der Birger Jarlsgatan. Der Flur war von semi-antiken Perserteppichen bedeckt, und an einigen Stellen standen gediegene Sofas und bequeme Sessel aus altem Leder. Alles strahlte Erfahrung, Einfluss, Geld und Kompetenz aus. Es war ein Büro, das den Mandanten das Gefühl gab, sich hier in sicherer Obhut zu befinden und sorgsam betreut zu werden.
»Wenn man stirbt, wird man so müde sein, dass man sich wünscht, es gäbe kein Leben nach dem Tod«, sagte Maria und stellte eine Tasse auf Rebeckas Schreibtisch. »Aber das gilt natürlich nicht für dich, Maggie Thatcher. Wann bist du heute gekommen? Oder bist du gar nicht erst zu Hause gewesen?«
Sie hatten beide den Sonntagabend im Büro verbracht. Maria war als Erste nach Hause gegangen.
»Ich bin erst seit ein paar Minuten hier«, log Rebecka und nahm Maria den Ausdruck ab.
Maria ließ sich in den Besuchersessel sinken, streifte ihre viel zu teuren Lederschuhe ab und zog die Beine hoch.
»Was für ein Wetter«, sagte sie.
Rebecka schaute überrascht aus dem Fenster. Regen hämmerte gegen die Fensterscheibe. Ihr war das noch gar nicht aufgefallen. Doch dann fiel ihr ein, dass es schon geregnet hatte, als sie ins Büro gekommen war. Aber sie wusste nicht mehr, ob sie zu Fuß gekommen war oder die U-Bahn genommen hatte. Ihr Blick haftete wie hypnotisiert an dem Wasser, das gegen das Fenster prasselte und daran hinunterlief.
Stockholmer Winter, dachte sie. Kein Wunder, dass man sein Bewusstsein ausschaltet, wenn man das Haus verlässt. Zu Hause ist das anders. Mit mittwinterblauem Dämmerlicht und knisterndem Schnee. Oder im späten Winter. Wenn man auf Skiern von Omas Haus in Kurravaara am Fluss entlang zur Hütte in Jiekajärvi gelaufen ist und dann eine Pause macht und sich auf den ersten schneefreien Fleck unter einer Tanne setzt. Die Baumrinde, die in der Sonne kupferrot aufglüht. Der Schnee seufzt vor Erschöpfung, wenn er in der Wärme in sich zusammensinkt. Kaffee, Apfelsinen und belegte Brote im Rucksack.
Marias Stimme holte sie aus diesen Erinnerungen. Rebeckas Gedanken wehrten sich und wollten weiter ihren Gang gehen, aber sie riss sich zusammen und sah die erhobenen Augenbrauen ihrer Kollegin.
»Hallo! Ich habe gefragt, ob du die Nachrichten hören willst.«
»Sicher.«
Rebecka ließ sich im Sessel zurücksinken und streckte die Hand nach dem Radio auf der Fensterbank aus.
Himmel, was ist sie mager, dachte Maria und musterte den Brustkorb ihrer Kollegin, der sich unter deren Jacke abzeichnete. Auf den Rippen kann man doch glatt Xylophon spielen.
Rebecka drehte das Radio lauter, und die zwei Frauen saßen mit ihren Kaffeetassen da und senkten ihre Häupter wie zum Gebet.
Maria blinzelte. Dabei taten ihre müden Augen weh. Heute würde sie beim Bezirksgericht im Fall Stenman Berufung einlegen müssen. Måns würde sie umbringen, wenn sie ihn um noch mehr Zeit bäte. Sie spürte, wie ihr Zwerchfell brannte. Bis zum Mittagessen durfte sie keinen Kaffee mehr trinken. Hier saß sie wie in einem Dornröschenschloss, Tage und Nächte, Abende und Wochenenden in diesem tristen Büro mit all den verdammten Akten, die sich zum Teufel scheren konnten, all den versoffenen Partnern, die ihr in den Ausschnitt glotzten, und draußen strömte das Leben einfach vorbei. Sie wusste nicht, ob sie weinen oder revoltieren sollte, aber am Ende konnte sie sich nur nach Hause vor den Fernseher schleppen und im angstdämpfenden Geflimmer einnicken.
»Es ist sechs Uhr morgens, hier kommen die Nachrichten. Ein bekannter religiöser Aktivist von Mitte zwanzig wurde am frühen Morgen in der Kirche der Kraftquelle in Kiruna ermordet aufgefunden. Die Polizei von Kiruna wollte sich bisher zu diesem Mordfall nicht äußern, hat inzwischen aber mitgeteilt, dass noch keine Verdächtigen festgenommen worden sind und dass die Tatwaffe bisher fehlt. Immer mehr Gemeinden entziehen sich ihren Fürsorgeverpflichtungen, wie eine neue Untersuchung zeigt…«
Rebecka ließ ihren Stuhl so rasch herumwirbeln, dass sie mit der Hand gegen die Fensterbank knallte. Sie schlug auf die Austaste des Radios und goss sich gleichzeitig Kaffee über das Knie.
»Viktor«, rief sie. »Jemand anders kann das doch gar nicht sein.«
Maria musterte sie überrascht.
»Viktor Strandgård? Der Paradiesjünger? Hast du den gekannt?«
Rebecka riss sich von Marias Blick los. Starrte den Kaffeefleck auf ihrem Rock an. Ihr Gesicht war ausdruckslos und verschlossen. Ihre Lippen dünn und zusammengepresst.
»Natürlich hab ich ihn gekannt. Aber ich war seit Jahren nicht mehr zu Hause. Ich kenne da eigentlich niemanden mehr.«
Maria erhob sich aus ihrem Sessel, kam auf Rebecka zu und nahm die Kaffeetasse aus den erstarrten Händen ihrer Kollegin.
»Wenn du sagen willst, dass du ihn nicht gekannt hast, dann macht das auch nichts, Herzchen, aber du kannst hier jeden Moment ohnmächtig werden. Du bist leichenblass. Beug dich vor und steck den Kopf zwischen die Knie.«
Rebecka gehorchte wie ein Schulkind. Maria lief zur Toilette und holte Papier. Sie wollte versuchen, den Kaffeefleck aus Rebeckas Rock zu bekommen. Als sie zurückkam, saß Rebecka zurückgelehnt im Sessel.
»Geht’s dir besser?«, fragte Maria.
»Ja«, antwortete Rebecka zerstreut und sah hilflos zu, wie Maria sich mit feuchtem Papier über ihren Rock hermachte. »Ich habe ihn gekannt«, sagte sie dann.
»Mmm, dazu war ja auch kein Lügendetektor nötig«, sagte Maria, ohne den Blick vom Fleck zu heben. »Geht es dir nahe?«
»Nahe? Ich weiß nicht. Nein, es macht mir eher Angst.«
»Angst?« Maria unterbrach ihre heftigen Wischbewegungen. »Angst wovor denn?«
»Ich weiß nicht. Dass vielleicht jemand…«
Rebecka konnte den Satz nicht beenden, denn jetzt brach das Telefon in schrilles Gedudel aus. Sie fuhr zusammen und starrte es an, nahm den Hörer aber nicht ab. Nach dem dritten Klingeln griff Maria ein. Sie legte die Hand auf die Sprechmuschel, damit die Person am anderen Ende der Leitung sie nicht hören konnte, und flüsterte:
»Das ist für dich und offenbar aus Kiruna. Irgendein Mitglied der Muminfamilie.«
ALS DAS TELEFON KLINGELTE, war Polizeiinspektorin Anna-Maria Mella bereits wach. Der Wintermond füllte das Zimmer mit seinem starken weißen Licht. Die Birken vor dem Fenster zeichneten blaue Bilder ihrer verkrümmten Körper an die Wand. Noch ehe das erste Klingeln verhallt war, hatte Anna-Maria den Hörer abgenommen.
»Hier ist Sven-Erik, warst du schon wach?«
»Ja, aber ich liege noch im Bett. Also?«
Sie hörte Robert seufzen und lugte verstohlen zu ihm hinüber. War er geweckt worden? Nein, er atmete weiterhin gleichmäßig und tief. Sehr gut.
»Verdächtiger Todesfall in der Kirche der Kraftquelle«, sagte Sven-Erik.
»Na und? Ich habe seit Freitag Bürodienst, falls du das vergessen haben solltest.«
»Ich weiß.« Sven-Eriks Stimme klang gequält. »Aber verdammt, Anna-Maria, das hier ist wirklich kein Normalfall. Schau dir die Sache doch wenigstens mal an. Die Technik wird bald fertig sein, dann können wir rein. Es geht um Viktor Strandgård, er liegt hier, und die Kirche sieht aus wie ein Schlachthof. Ich schätze, wir haben eine Stunde, dann wird jeder verdammte Fernsehsender mit Kameras und dem ganzen Scheiß hier antanzen.«
»Ich bin in zwanzig Minuten bei dir.«
Sieh mal an, dachte sie. Da ruft er mich doch wirklich an, um mich um Hilfe zu bitten. Er hat sich geändert.
Sven-Erik gab keine Antwort, aber Anna-Maria hörte, wie er beherrscht, aber erleichtert aufatmete, ehe er das Gespräch beendete.
Sie drehte sich zu Robert um und ließ ihren Blick auf seinem schlafenden Gesicht ruhen. Seine Wange lag auf seinem Handrücken, und er hatte seine himbeerroten Lippen ein wenig geöffnet. Sie fand es unwiderstehlich sexy, dass sein struppiger Schnurrbart und seine Schläfen jetzt graue Sprenkel aufwiesen. Er selbst dagegen stand häufig besorgt vor dem Badezimmerspiegel und vertiefte sich in den Anblick seiner wachsenden Geheimratsecken.
»Die Wüste breitet sich aus«, jammerte er dann immer.
Sie küsste ihn auf den Mund. Ihr Bauch war im Weg, aber sie schaffte es doch. Zweimal.
»Ich liebe dich«, beteuerte er, noch immer schlafend. Seine Hand kam vorsichtig unter der Decke zum Vorschein, um sie an sich zu ziehen, aber inzwischen saß sie bereits auf der Bettkante. Sie musste plötzlich entsetzlich dringend pinkeln. Das war wirklich eine nervtötende Sache, die ganze Zeit. In dieser Nacht war sie schon zweimal auf dem Klo gewesen.
Eine Viertelstunde später stieg Anna-Maria auf dem Parkplatz vor der Kirche der Kraftquelle aus ihrem Ford Escort. Es war noch immer höllenkalt. Die Luft biss und kniff in ihre Wangen. Wenn sie durch den Mund atmete, schmerzten Hals und Lunge. Atmete sie durch die Nase, dann froren die Flimmerhärchen dabei aneinander fest. Sie wickelte ihren Schal so, dass er ihren Mund bedeckte, und schaute auf die Uhr. Höchstens eine halbe Stunde, sonst würde der Wagen nicht mehr anspringen. Es war ein großer Parkplatz, der mindestens hundert Wagen Platz bot. Ihr blassroter Escort sah klein und jämmerlich aus, neben Sven-Erik Stålnackes Volvo 740. Neben dem Volvo stand ein Streifenwagen. Ansonsten war auf dem Parkplatz höchstens ein Dutzend verschneiter Autos zu sehen. Die Techniker waren offenbar schon wieder weg. Sie ging den schmalen Weg zur Kirche auf Sandstensberget hoch. Der Raureif lag wie Kristallstaub auf den Birken, und oben auf dem Berg ragte die mächtige Kristallkirche in den dunklen Nachthimmel, umgeben von Sternen und Planeten. Wie ein riesiger leuchtender Eiswürfel lag sie dort und funkelte mit dem Nordlicht um die Wette.
Verdammter Protzkasten, dachte sie und mühte sich den Hang hoch. Diese stinkreiche Gemeinde sollte ihre Kohle lieber den SOS-Kinderdörfern geben. Aber bestimmt ist es witziger, in einer prachtvollen Kirche Gospel zu singen, als in Afrika Brunnen zu bohren.
Aus der Ferne sah sie vor der Kirchentür ihren Kollegen Sven-Erik Stålnacke, den Assistenten Tommy Rantakyrö und den Inspektor Fred Olsson. Sven-Erik, wie immer barhäuptig, stand ganz still und leicht zurückgelehnt da und hatte die Hände in die wärmenden Taschen seiner Daunenjacke gebohrt. Die beiden jüngeren Männer neben ihm liefen wie eifrige junge Hunde aufgeregt hin und her. Sie konnte sie nicht hören, sah aber Rantakyrös und Olssons aufgeregte Reden wie weiße Blasen aus ihren Mündern quellen. Die jungen Hunde begrüßten sie mit glücklichem Gebell, als sie sie entdeckten.
»Hallo«, kläffte Tommy Rantakyrö. »Wie geht’s denn?«
»Mir geht’s gut«, rief sie freundlich zurück.
»Jetzt kann man zuerst deinen Bauch begrüßen, und eine Viertelstunde später kommst du dann nach«, sagte Fred Olsson.
Anna-Maria lachte.
Sie erwiderte Sven-Eriks ernsten Blick. In seinem gewaltigen Walrossschnurrbart hatten sich bereits kleine Eiszapfen gebildet.
»Danke, dass du gekommen bist«, sagte er. »Ich hoffe, du hast schon gefrühstückt, das hier ist nämlich nicht gerade appetitanregend. Gehen wir rein?«
»Sollen wir auf euch warten?«
Fred Olsson stapfte im Schnee hin und her. Sein Blick wanderte zwischen Sven-Erik und Anna-Maria hin und her. Sven-Erik sollte Anna-Maria vertreten, rein formal war er jetzt also der Chef. Aber da auch Anna-Maria hier war, war es nicht so leicht zu entscheiden, wer gerade das Sagen hatte.
Anna-Maria hielt den Mund und schaute Sven-Erik an. Sie war nur zur Gesellschaft hier.
»Es wäre nett, wenn ihr warten könntet«, sagte Sven-Erik. »Damit nicht plötzlich irgendwelche Unbefugten reinkommen, solange der Leichnam noch hier liegt. Aber ihr könnt ruhig in die Kirche gehen, wenn euch kalt ist.«
»Nicht doch, Mann, wir können im Freien warten, ich wollte das nur wissen«, beteuerte Fred Olsson.
»Genau«, sagte Tommy Rantakyrö grinsend und mit blauen Lippen. »Man ist schließlich ein Kerl. Und Kerle frieren nicht.«
Sven-Erik ging dicht hinter Anna-Maria her und zog die schwere Kirchentür hinter ihnen zu. Sie wanderten durch eine Art Garderobe, die im Halbdunkel zu schlummern schien. Lange Reihen leerer Kleiderbügel klirrten wie ein tonloses Glockenspiel im Luftstrom, mit dem die Kälte von draußen auf die Wärme im Haus stieß. Zwei Schwingtüren führten in die eigentliche Kirche. Sven-Erik wurde unwillkürlich leiser, als sie sie betraten.
»Viktor Strandgårds Schwester hat gegen drei die Wache angerufen. Sie hatte ihn tot aufgefunden und rief aus dem Pfarramt an.«
»Wo ist sie jetzt? Auf der Wache?«
»Nein. Wir haben keine Ahnung. Ich habe auf der Wache Bescheid gesagt, dass sich jemand auf die Suche nach ihr machen muss. Als Tommy und Fredde hergekommen sind, war hier kein Mensch mehr.«
»Was sagt die Technik?«
»Nur ansehen, nicht anfassen.«
Der Leichnam lag mitten vor dem Altar. Anna-Maria blieb ein Stück weit von ihm entfernt stehen.
»Aber was zum Teufel«, rutschte ihr heraus.
»Sag ich doch«, sagte Sven-Erik, der dicht hinter ihr stand.
Anna-Maria zog ein kleines Tonbandgerät aus der Jackentasche. Sie zögerte einen Moment. Sie sprach normalerweise auf Band, statt sich Notizen zu machen. Aber jetzt war sie ja eigentlich nicht einmal im Dienst. Vielleicht sollte sie einfach den Mund halten und nur Sven-Erik Gesellschaft leisten?
Mach jetzt nicht alles so kompliziert, ermahnte sie sich selbst und schaltete das Tonbandgerät ein, ohne ihren Kollegen auch nur anzusehen.
»Es ist fünf Uhr fünfunddreißig«, sagte sie ins Mikrofon. »Es ist der 16. Februar, nein, der 17. ist es jetzt schon. Ich stehe in der Kirche der Kraftquelle und betrachte jemanden, den wir nach unserem bisherigen Wissensstand für Viktor Strandgård halten, allgemein als Paradiesjünger bekannt. Der Tote liegt mitten vor dem Altar. Er scheint mit vielen Stichen getötet worden zu sein, denn er stinkt bestialisch und der Teppich unter dem Leichnam ist durchgeweicht. Bei der Flüssigkeit handelt es sich vermutlich um Blut, aber das ist nicht so leicht zu sagen, da es sich um einen roten Teppich handelt. Seine Kleidung ist ebenfalls blutverschmiert, und die Wunden in seinem Bauch sind kaum zu sehen, aber ich habe den Eindruck, dass ein wenig Gedärm hervorquillt. Dazu kann sich später ein Arzt äußern. Er trägt Jeans und einen Pullover. Seine Schuhsohlen sind trocken, und unter den Schuhen ist der Teppich nicht nass. Die Augen sind ausgestochen worden…«
Anna-Maria unterbrach sich und schaltete das Tonbandgerät aus. Sie ging um den Leichnam herum und beugte sich über dessen Gesicht. Sie hatte schon den alten Spruch über die schöne Leiche loslassen wollen, aber es musste doch Grenzen dafür geben, was sie Sven-Erik gegenüber laut denken durfte. Als sie das Gesicht des Toten sah, fiel ihr König Ödipus ein. Sie hatte in ihrer Schulzeit einen Film davon auf Video gesehen. Damals hatte sie die Szene, in der Ödipus sich die Augen aussticht, nicht weiter berührt, jetzt aber tauchte dieses Bild mit seltsamer Kraft vor ihr auf. Und sie musste schon wieder aufs Klo. Und sie durfte ihr Auto nicht vergessen. Also beeilte sie sich wohl besser ein wenig. Sie schaltete das Tonbandgerät wieder ein.
»Die Augen sind ausgestochen worden, seine langen Haare sind blutig. Offenbar hat er eine Wunde am Hinterkopf. Eine Schnittwunde auf der rechten Halsseite, aber die blutet nicht, und seine Hände fehlen…«
Anna-Maria schaute Sven-Erik fragend an, und der zeigte auf die Stuhlreihen. Sie bückte sich mühsam und musterte aus zusammengekniffenen Augen den Boden zwischen den Stühlen.
»Ach nein, eine Hand liegt drei Meter vom Leichnam entfernt zwischen den Stühlen. Aber wo ist die andere?«
Sven-Erik zuckte mit den Schultern.
»Kein Stuhl ist umgekippt«, sagte Anna-Maria jetzt. »Kein Hinweis auf eine tätliche Auseinandersetzung, oder wie siehst du das, Sven-Erik?«
»Nein«, antwortete Sven-Erik, der ungern auf Band sprach.
»Welcher Techniker hat Fotos gemacht?«, fragte sie.
»Simon Larsson.«
Gut, dachte sie. Dann können wir mit scharfen Aufnahmen rechnen.
»Ansonsten herrscht in der Kirche Ordnung«, sagte sie dann. »Ich bin zum ersten Mal hier. Hunderte von Lampen aus Milchglas, an den Teilen der Wände, die nicht aus Glasbeton bestehen. Wie hoch mögen die Wände sein? Sicher über zehn Meter. Riesige Dachfenster. Die blauen Stühle stehen in schnurgeraden Reihen da. Wie viele Leute passen hier wohl rein? Zweitausend?«
»Und dann ist da ja auch noch die Empore«, sagte Sven-Erik.
Er wanderte durch den Saal und ließ seinen Blick wie einen Staubsauger über die Wände schweifen.
Anna-Maria drehte sich um und musterte die hinter ihr aufragende Empore. Die Orgelpfeifen thronten in luftiger Höhe und spiegelten sich in den Dachfenstern. Es war ein beeindruckender Anblick.
»Viel mehr gibt es nicht zu sagen«, Anna-Maria dehnte jedes Wort aus, als wollte irgendein Gedanke aus ihrem Unterbewusstsein aufsteigen und durch eine Lücke in ihren Wörtern schlüpfen, »aber irgendetwas… irgendetwas frustriert mich, wenn ich mir das hier ansehe. Abgesehen davon, dass er die übelst zugerichtete Leiche ist, die ich je gesehen habe…«
»Hört mal! Der stellvertretende Oberstaatsanwalt ist hierher unterwegs!«
Tommy Rantakyrö steckte den Kopf durch die Tür.
»Und wer zum Teufel hat ihm Bescheid gesagt?«, fragte Sven-Erik verzweifelt, aber Tommy war schon wieder verschwunden.
Anna-Maria sah ihn an. Vier Jahre zuvor, als sie zur Abteilungsleiterin ernannt worden war, hatte Sven-Erik im ersten halben Jahr kaum je ein Wort mit ihr gesprochen. Es hatte ihn zutiefst gekränkt, dass sie den Posten erhalten hatte, um den er sich beworben hatte. Und jetzt, wo er sich mit seiner Stellung als Nr. 2 abgefunden hatte, wollte er nicht vortreten. Sie beschloss, ihm bei einer späteren Gelegenheit gut zuzureden. Aber jetzt musste er selber sehen, wie er fertig wurde. Als dann der stellvertretende Oberstaatsanwalt Carl von Post in die Kirche stürmte, warf sie Sven-Erik einen aufmunternden Blick zu.
»Und was zum Teufel soll das hier bedeuten?«, kläffte von Post.
Er riss sich die Pelzmütze vom Kopf, und aus alter Gewohnheit fuhr seine Hand durch seine lockige Löwenmähne. Er stampfte mit den Füßen auf. Schon auf dem kurzen Weg vom Parkplatz hierher hatten sie sich in ihren eleganten Schuhen von Church’s in Eis verwandelt. Er kam auf Anna-Maria und Sven-Erik zu, fuhr beim Anblick des Leichnams auf dem Boden jedoch zurück.
»O verdammt«, rief er und schaute nervös seine Schuhe an, in der Hoffnung, dass die noch nicht versaut waren.
»Warum hat mich niemand angerufen?«, fragte er dann, an Sven-Erik gewandt. »Von jetzt an leite ich die Voruntersuchungen, und du kannst dich auf ein ernstes Gespräch mit dem Kommissar vorbereiten, wenn du hinter meinem Rücken vorgegangen bist.«
»Niemand ist hinter deinem Rücken vorgegangen, wir wussten nicht, was passiert war. Eigentlich wissen wir noch immer nichts«, sagte Sven-Erik unglücklich.
»Blödsinn«, fauchte der Staatsanwalt. »Und was willst du überhaupt hier?«
Diese Frage galt Anna-Maria, die schweigend dastand und ihre Blicke auf Viktor Strandgårds verstümmelte Arme richtete.
»Ich habe sie angerufen«, erklärte Sven-Erik.
»Ach was«, sagte von Post verbissen. »Sie hast du angerufen, mich aber nicht.«
Sven-Erik schwieg, und Carl von Post starrte Anna-Maria an, die gelassen aufblickte und seinen Blick erwiderte.
Carl von Post biss die Zähne so fest zusammen, dass seine Wangen schmerzten. Er hatte diese Zwergin im Polizeidienst noch nie ausstehen können. Ihre Kollegen aus der Ermittlungsabteilung machten offenbar alle Männchen vor ihr, und er begriff einfach nicht, warum. Und wie sie schon aussah. Höchstens eins fünfzig auf Socken, und mit einem hässlichen langen Pferdegesicht, das ihr so ungefähr bis auf den Bauch hing. Im Moment hätte sie mit ihrem Riesenbauch auch gleich im Zirkus auftreten können. Sie sah aus wie ein grotesker Würfel, ebenso breit wie hoch. Bestimmt das unvermeidliche Resultat generationenlanger Inzucht in den kleinen abgelegenen Dörfern hier oben.
Er fuchtelte in der Luft herum, wie um seine harten Worte zu verscheuchen, und machte einen neuen Anfang.
»Wie geht es dir, Anna-Maria?«, fragte er und setzte ein sanftes, fürsorgliches Lächeln auf.
»Gut«, antwortete sie mit ausdrucksloser Miene. »Und dir?«
»Ich gehe davon aus, dass mir in etwa einer Stunde die Presse an den Fersen kleben wird. Das hier wird ein gewaltiges Geschrei geben, also raus damit, was ihr schon wisst, über den Mord und über den Toten. Ich weiß eigentlich nur, dass er ein religiöser Promi war.«
Carl von Post ließ sich auf einen der blauen Stühle sinken und zog seine Handschuhe aus.
»Das kann dir Sven-Erik erzählen«, sagte Anna-Maria kurz, aber nicht unfreundlich. »Ich werd ja bis auf weiteres einfach am Schreibtisch sitzen. Ich bin hergekommen, weil Sven-Erik mich darum gebeten hat und weil vier Augen mehr sehen als zwei… du weißt schon. Und jetzt muss ich pinkeln. Wenn ihr entschuldigt.«
Zufrieden registrierte sie von Posts angestrengtes Lächeln, als sie zur Toilette ging. Allein schon das Wort pinkeln tat sicher seinen Ohren weh. Sie hätte wetten mögen, dass seine Gattin dabei ihren Strahl auf das Porzellan richtete, auf dass kein Plätschern die Rosenohren des bedauernswerten Staatsanwalts beleidige. Was für ein Arsch!
»Tja«, sagte Sven-Erik, als Anna-Maria verschwunden war, »du siehst es ja selbst, und viel mehr wissen wir auch nicht. Irgendwer hat ihn umgebracht. Und wie, um das mal so zu sagen. Der Tote ist Viktor Strandgård, der Paradiesjünger, wie er genannt wurde. Er war die große Attraktion dieser Riesengemeinde. Vor neun Jahren geriet er in einen scheußlichen Autounfall. Er starb im Krankenhaus. Sein Herz kam zum Stillstand und überhaupt, aber dann konnten sie ihn doch wieder beleben, und später erzählte er, was er während der Operation und der Belebungsversuche erlebt hatte, dass dem Arzt die Brille runtergefallen war und so. Und dann konnte er noch mitteilen, dass er im Himmel gewesen war. Und dort hatte er die Engel und sogar Jesus gesehen. Tja, und danach wurden eine der Schwestern, die bei der Operation assistiert hatten, und die Frau, die ihn angefahren hatte, bekehrt, und plötzlich brach in ganz Kiruna die pure religiöse Ekstase aus. Die drei größten freikirchlichen Gemeinden schlossen sich zu einer neuen Kirche zusammen, der Kraftquelle. Die Gemeinde wuchs, und vor einigen Jahren bauten sie dann diese Kirche, machten eine Schule und einen Kindergarten auf und veranstalteten große Erweckungsandachten. Sie sacken jede Menge Geld ein, und die Leute strömen aus aller Welt hierher. Viktor Strandgård arbeitet, oder wir müssen jetzt wohl sagen, er hat rund um die Uhr in der Gemeinde gearbeitet, und er hat einen Bestseller veröffentlicht…«
»Einmal Himmel und zurück. Heaven and back.«
»Genau. Er ist hier das goldene Kalb. Die landesweiten Zeitungen haben über ihn berichtet, und da wird es jetzt noch viel mehr Schreibereien geben. Und Fernsehberichte.«
»Genau«, sagte von Post und erhob sich mit ungeduldiger Miene. »Ich will nicht, dass irgendwas an die Presse durchsickert. Ich kümmere mich um die Zusammenarbeit mit den Medien, und du wirst mir regelmäßig mitteilen, was bei Vernehmungen und so weiter herauskommt, verstehst du? Ich werde über alles informiert. Wenn die Pressefritzen sich melden, kannst du sagen, dass ich um zwölf Uhr mittags auf der Kirchentreppe eine Pressekonferenz abhalten werde. Und was steht bei dir als Nächstes auf dem Programm?«
»Wir müssen seine Schwester erwischen, sie hat ihn gefunden, und danach müssen wir mit den drei Pastoren dieser Gemeinde sprechen. Der Gerichtsmediziner ist schon von Luleå aus unterwegs, er kann jeden Moment hier sein.«
»Gut. Ich will bis halb zwölf einen Bericht über die Todesursache und über den mutmaßlichen Verlauf der Ereignisse vorliegen haben, und dann kannst du auf meinen Anruf warten. Das wär’s für den Moment. Wenn ihr fertig seid, dann seh ich mich hier mal um.«
»NA LOS«, SAGTE ANNA-MARIA zu Sven-Erik, »das ist ja wohl besser, als besoffene Schneemobilfahrer verhören zu müssen.«
Der Ford Escort hatte nicht anspringen wollen, und Sven-Erik fuhr sie nach Hause.
Auch gut, dachte sie. Sie musste ihm gut zureden, damit er nicht die Arbeitslust verlor.
»Das liegt an dieser verdammten Postratte«, erwiderte Sven-Erik mit einer Grimasse. »Sowie ich mit dem zu tun habe, möchte ich am liebsten auf alles schießen, mich durch den Tag pfuschen und nur noch auf den Feierabend warten.«
»Aber jetzt brauchst du ja nicht an ihn zu denken. Denk lieber an Viktor Strandgård. Irgendein verdammter Irrer, der ihn ermordet hat, läuft hier rum, und den wirst du finden. Soll der Post schreien und fauchen und mit den Zeitungen reden. Wir anderen wissen ja doch, wer die Arbeit leistet.«
»Wie soll ich denn nicht an ihn denken? Er hängt doch die ganze Zeit wie ein Habicht über uns.«
»Ich weiß.«
Sie schaute aus dem Autofenster. Noch immer schliefen die Häuser in der Dunkelheit am Straßenrand. Nur hinter einigen wenigen Fenstern brannte Licht. Hier und dort hingen noch orangene Papiersterne. In diesem Jahr war niemand verbrannt. Es war natürlich zu einigen üblen Schlägereien gekommen, aber die waren nicht schlimmer gewesen als sonst. Ihr war ein wenig schlecht. Was ja eigentlich kein Wunder war. Sie war schon seit einer guten Stunde auf und hatte noch nichts gegessen. Sie merkte, dass sie Sven-Erik nicht mehr zuhörte, und gab sich alle Mühe, um sich daran zu erinnern, was er zuletzt gesagt hatte. Er hatte wissen wollen, wie sie es schaffte, mit von Post zusammenzuarbeiten.
»Wir haben eigentlich nicht viel miteinander zu tun«, sagte sie.
»Verdammt, Anna-Maria, jetzt brauche ich wirklich deine Hilfe. Dieser Fall wird eine schreckliche Belastung für uns alle sein, und zu allem Überfluss müssen wir uns auch noch mit diesem Kontrolletti rumschlagen. Und da braucht man eben die Hilfe seiner Kollegin!«
»Das ist doch die pure Erpressung!«
Anna-Maria konnte ein Lachen nicht unterdrücken.
»Ich tue nur, was sein muss. Ich erpresse und drohe. Ein bisschen Bewegung tut dir übrigens gut. Du kannst doch wenigstens mit der Schwester reden, wenn wir sie gefunden haben. Mir am Anfang helfen.«
»Sicher, ruf an, wenn ihr sie habt.«
Sven-Erik beugte sich über das Lenkrad und schaute hinauf in den Nachthimmel.
»Was für ein Mond«, sagte er und kniff die Augen zusammen. »Jetzt sollte man Füchse beschleichen!«
IN DER KANZLEI MEIJER & DITZINGER nahm Rebecka Martinsson Maria Taube den Telefonhörer aus der Hand.
Ein Mitglied der Muminfamilie, hatte Maria gesagt. Und das konnte nur eine einzige Person sein. Das Bild eines stupsnasigen Puppengesichts tauchte vor ihrem inneren Auge auf.
»Rebecka Martinsson.«
»Hier ist Sanna, ich weiß nicht, ob du schon Nachrichten gehört hast, aber Viktor ist tot.«
»Ja, das habe ich eben gehört. Es tut mir so Leid.«
Unbewusst nahm Rebecka einen Kugelschreiber vom Tisch und schrieb »Nein! Nein sagen!« auf einen gelben Klebezettel.
Am anderen Ende der Leitung holte Sanna Strandgård tief Luft.
»Ich weiß ja, dass wir keinen besonderen Kontakt mehr haben. Aber du bist noch immer meine beste Freundin. Ich weiß einfach nicht, wen ich sonst anrufen soll. Ich war das, die Viktor in der Kirche gefunden hat, und ich… aber vielleicht hast du gerade zu tun?«
Zu tun, dachte Rebecka und spürte, wie ihre Verwirrung hochjagte wie Quecksilber in einem heißen Thermometer. Was war das denn für eine Frage? Glaubte Sanna wirklich, dass irgendwer die in diesem Moment mit »ja« beantworten würde?
»Natürlich habe ich nicht ›zu tun‹, wenn du aus einem solchen Grund anrufst«, sagte sie freundlich und presste sich die Hand auf die Augen. »Also du hast ihn gefunden?«
»Es war schrecklich.« Sannas Stimme klang leise und tonlos. »Ich kam heute Morgen gegen drei Uhr in die Kirche. Er wollte gestern Abend bei mir und den Mädchen essen, aber er kam nicht. Und da dachte ich, er habe es einfach vergessen. Du weißt doch, wie er ist, wenn er allein in der Kirche betet, dann vergisst er Zeit und Raum. Ich sage ihm ja immer, man kann auf diese Weise nur Christ sein, wenn man ein junger Mann ist und keine Verantwortung für Kinder trägt. Unsereins kommt höchstens noch zum Beten, wenn man auf der Toilette sitzt.«
Sie verstummte für einen Moment, und Rebecka hätte gern gewusst, ob sie schon gemerkt hatte, dass sie über Viktor redete, als sei er immer noch am Leben.
»Aber dann bin ich mitten in der Nacht aufgewacht«, sagte Sanna. »Und da spürte ich einfach, dass etwas passiert war.«
Wieder verstummte sie und begann, einen Choral zu summen. In Gottes Hut die Vögel klein.
Rebecka starrte den flimmernden Text auf ihrem Bildschirm an. Aber die Buchstaben lösten sich aus ihrem Zusammenhang, schlossen sich in neuen Gruppen zusammen und zeigten ihr das Bild von Viktor Strandgårds blutverschmiertem Engelsgesicht.
Sanna Strandgård sprach jetzt weiter. Ihre Stimme klang brüchig wie Septembereis. Rebecka kannte diese Stimme. Schwarzes kaltes Wasser wirbelte unter der blanken Oberfläche.
»Sie haben ihm die Hände abgehackt. Und seine Augen, ja, das war alles so seltsam. Als ich ihn umdrehte, war sein Hinterkopf total… ich hab irgendwie das Gefühl, den Verstand zu verlieren. Und die Polizei sucht mich. Sie waren heute früh bei mir zu Hause, aber ich habe den Mädchen gesagt, sie müssten ganz still sein, und wir haben nicht aufgemacht. Die Polizei glaubt offenbar, ich hätte meinen eigenen Bruder umgebracht. Danach bin ich mit den Mädchen von zu Hause weggefahren. Ich habe solche Angst vor einem Zusammenbruch. Aber das ist noch nicht das Schlimmste.«
»Nein?«, fragte Rebecka.
»Sara war dabei, als ich ihn gefunden habe. Ja, Lova auch, aber die schlief vor der Kirche im Pulkschlitten. Und Sara steht total unter Schock. Sie sagt kein Wort. Ich versuche, sie zu erreichen, aber sie starrt nur aus dem Fenster und schiebt sich immer wieder die Haare hinter die Ohren.«
Rebecka merkte, wie ihr Magen sich verkrampfte.
»Aber um Gottes willen, Sanna. Du brauchst Hilfe. Ruf den psychiatrischen Notdienst an und fahr sofort hin. Du und die Mädchen, ihr braucht jetzt Unterstützung. Ich weiß, dass sich das dramatisch anhört, aber…«
»Ich kann nicht, das weißt du doch«, jammerte Sanna. »Mama und Papa werden behaupten, ich sei nicht mehr zurechnungsfähig, und dann werden sie versuchen, mir die Kinder wegzunehmen. Du kennst sie doch. Und die Gemeinde lehnt Psychologen und Krankenhäuser ja sowieso ab. Von denen könnte ich keinerlei Verständnis erwarten. Ich traue mich nicht, mit der Polizei zu sprechen, die machen doch alles nur noch schlimmer. Und ich traue mich nicht, ans Telefon zu gehen, das könnte doch irgendein Pressemensch sein, die Anfangszeit der Erweckung war schon schlimm genug, als alle angerufen und behauptet haben, er habe Halluzinationen und sei verrückt geworden.«
»Aber du musst doch einsehen, dass du dich aus der Sache nicht raushalten kannst«, sagte Rebecka beschwörend.
»Ich schaff das nicht, ich schaff das nicht«, sagte Sanna, wie an sich selbst gerichtet. »Verzeih die Störung, Rebecka. Jetzt kannst du in Ruhe weiterarbeiten.«
Rebecka fluchte in Gedanken. Was für ein verdammter Mist!
»Ich komme«, seufzte sie. »Du musst mit der Polizei sprechen. Ich komme hoch und leiste dir Gesellschaft, okay?«
»Okay«, flüsterte Sanna.
»Kannst du Auto fahren? Kannst du irgendwie zur Hütte in Kurravaara gelangen?«
»Ich kann mich von einem Bekannten fahren lassen.«
»Schön. Im Winter ist da nie ein Mensch. Nimm Sara und Lova mit. Du weißt doch noch, wo der Schlüssel liegt? Mach im Kamin Feuer. Ich komme irgendwann am Nachmittag. Kannst du so lange durchhalten?«
Rebecka legte auf und starrte dann das Telefon an. Sie fühlte sich leer und verwirrt.
»Das ist doch unglaublich, meine Güte«, sagte sie resigniert zu Maria Taube. »Sie brauchte mich nicht einmal zu bitten.«
Rebecka schaute auf ihre Armbanduhr. Dann schloss sie die Augen, atmete durch die Nase ein, hob den Kopf, atmete durch den Mund aus und ließ die Schultern sinken. Maria sah das nicht zum ersten Mal bei ihr. Vor Verhandlungen und wichtigen Besprechungen führte Rebecka dieses Ritual durch. Oder wenn sie mitten in der Nacht bei der Arbeit saß, während ein Termin wie ein Damoklesschwert über ihr hing.
»Wie fühlst du dich?«, fragte Maria.
»Ich glaube, das will ich gar nicht wissen.«
Rebecka schüttelte den Kopf und schaute aus dem Fenster, um Marias besorgtem Blick auszuweichen. Sie biss sich wütend auf die Lippen. Es regnete jetzt nicht mehr.
»Wuschel, du darfst nicht immer so unendlich tüchtig sein«, sagte Maria mit sanfter Stimme. »Manchmal kann es gut tun, sich gehen zu lassen und einfach zu schreien.«
Rebecka faltete die Hände auf ihren Knien.
Sich gehen lassen, dachte sie. Was passiert, wenn man dann feststellt, dass man nicht geht, sondern stürzt? Und was passiert, wenn man mit dem Schreien nicht mehr aufhören kann? Plötzlich ist man fünfzig. Vollgedröhnt mit Drogen. Eingesperrt in irgendeinem Irrenhaus. Mit einem Schrei im Kopf, der einfach nie mehr verstummt.
»Das war die Schwester von Viktor Strandgård«, sagte sie und staunte über ihre ruhige Stimme. »Sie hat ihn offenbar in der Kirche gefunden. Und sie und ihre beiden Töchter können jetzt wohl nicht allein sein, deshalb nehme ich mir ein paar Tage frei und fahre zu ihnen. Ich nehme den Laptop mit und arbeite unterwegs weiter.«
»Dieser Viktor Strandgård, der war da oben wohl sehr bekannt?«, fragte Maria.
Rebecka nickte.
»Er hatte so ein Nah-Tod-Erlebnis, und danach brach dann in Kiruna eine religiöse Explosion los.«
»Das weiß ich noch«, sagte Maria. »Die Zeitungen waren auch hier voll davon. Er war im Himmel gewesen und konnte erzählen, dass man sich dort nicht verletzt, wenn man hinfällt, zum Beispiel, weil der Boden uns dann aufnimmt wie eine Umarmung. Ich fand, das hörte sich richtig wunderbar an.«
»Mmm«, sagte Rebecka. »Und er sagte, Gott habe ihn auf die Erde zurückgeschickt, um zu berichten, dass Gott mit den Christen in Kiruna große Pläne habe. Eine große Erweckung stehe bevor, die sich von Norden her über die ganze Welt ausbreiten werde. Zeichen und Wunder würden geschehen, wenn die Gemeinden sich zusammenschlössen und glaubten.«
»Woran denn glaubten?«
»An Gottes Kraft. An die Vision. Am Ende bildeten die Gläubigen dann wirklich eine neue Gemeinde, die Kraftquelle. Und danach wurde das gesamte rote Kiruna zu einer einzigen Erweckungsbewegung. Viktor schrieb ein Buch, das in eine Menge Sprachen übersetzt wurde. Er gab sein Studium auf und predigte nur noch. Die Gemeinde baute eine neue Kirche, die Kristallkirche, die an die Eiskirche und die Eisskulpturen erinnern soll, die jeden Winter in Jukkasjärvi errichtet werden. Vor allem aber sollte sie nicht aussehen wie die alte Kirche von Kiruna, die ist innen nämlich schrecklich düster.«
»Und was ist mit dir? Hast du auch mitgemacht?«
»Ich war schon vor Viktors Unfall Mitglied der Missionskirche. Also war ich anfangs dabei.«
»Und jetzt?«, fragte Maria.
»Jetzt bin ich Heidin«, antwortete Rebecka mit freudlosem Lächeln. »Ich wurde von den Pastoren und den Ältesten Brüdern aufgefordert, die Gemeinde zu verlassen.«
»Warum das denn?«
»Das ist eine lange Geschichte, die nichts mit der Sache zu tun hat.«
»Na gut«, sagte Maria langsam. »Was glaubst du, was Måns sagt, wenn er hört, dass du ganz kurzfristig Urlaub nehmen willst?«
»Nichts. Er wird mich einfach umbringen, mir alle Glieder abhacken und mit meinen Überresten die Fische in Nybroviken füttern. Ich werde mit ihm sprechen, sowie er ins Haus kommt, aber zuerst muss ich die Polizei in Kiruna anrufen. Die dürfen Sanna nicht einsperren, das könnte sie nicht ertragen.«
DER STELLVERTRETENDE OBERSTAATSANWALT Carl von Post stand neben der Tür der Kristallkirche und sah zu, wie die Kollegen Viktor Strandgårds Leichnam verpackten. Der Gerichtsmediziner, Oberarzt Lars Pohjanen, nuckelte wie immer an seiner Zigarette und erteilte der Obduktionstechnikerin Anna Granlund und zwei hochgewachsenen Männern mit einer Bahre seine Instruktionen.
»Versucht, die Haare zusammenzubinden, damit sie nicht in die Tragriemen geraten. Wickelt Plastikfolie um die ganze Ladung und hebt ihn vorsichtig hoch, damit das Gedärm im Leib bleibt. Anna, besorgst du eine Papiertüte für die Hand?«
Ein Mord, dachte von Post. Und was für ein grauenhafter Mord. Keine traurige Geschichte, bei der irgendein Scheißsuffkopp am Ende seine versoffene Alte totschlägt, mehr oder weniger aus Versehen, nach einer Woche Sumpferei. Ein widerlicher Mord. In besseren Kreisen. Ein widerlicher Promimord.
Und all das fiel ihm zu. Es gehörte ihm. Er konnte einfach ans Ruder treten, die ganze Welt die Scheinwerfer anwerfen lassen und auf geradem Weg in den Ruhm segeln. Und danach konnte er dieses Bergwerksloch verlassen. Er hatte nie vorgehabt, hier zu landen. Aber nach dem Studium hatten seine Examensnoten gerade für einen Posten beim Gericht in Gällivare gereicht. Danach war er zur Staatsanwaltschaft versetzt worden. Immer wieder hatte er sich erfolglos um Jobs in Stockholm beworben. Und plötzlich waren Jahre vergangen.
Er trat einen Schritt beiseite und ließ die Männer mit der Bahre vorbei, auf der der Leichnam in dem fest verschlossenen grauen Plastiksack lag. Oberarzt Lars Pohjanen lief hinterher, die Schultern ein wenig hochgezogen, als ob ihm kalt sei, den Blick zu Boden gerichtet. Die Zigarette hing noch immer in seinem Mundwinkel. Die Haare, die sonst über seinen glatten Schädel nach hinten gestrichen waren, hingen ihm müde über die Ohren. Die Obduktionstechnikerin Anna Granlund folgte ihm. Sie trug eine Papiertüte mit Viktor Strandgårds Hand. Sie kniff die Lippen zusammen, als ihr Blick auf von Post fiel. Er hielt sie an, als sie zum Parkplatz gehen wollten.
»Na?«, sagte er auffordernd.
Pohjanen machte ein verständnisloses Gesicht.
»Was kannst du zum jetzigen Zeitpunkt sagen?«, fragte von Post ungeduldig.
Pohjanen nahm seine Zigarette zwischen Daumen und Zeigefinger und saugte energisch daran, dann zog er sie wieder zwischen seinen dünnen Lippen hervor.
»Tja, bisher habe ich ja noch keine Obduktion vorgenommen«, antwortete er langsam.
Carl von Post spürte, wie sein Puls sich um einige Stufen beschleunigte. Er hatte nicht vor, sich solche Störmanöver bieten zu lassen.
»Aber irgendetwas muss dir doch schon aufgefallen sein? Ich verlange von jetzt ab fortlaufende und vollständige Information.«
Er schnippte mit den Fingern, wie um das Tempo zu illustrieren, in dem alle Information weitergeleitet werden sollte.
Anna Granlund sah dieses Fingerschnippen und dachte daran, dass sie auf dieselbe Weise ihren Hunden Befehle erteilte.
Pohjanen schwieg und starrte zu Boden. Sein lautes und ein wenig zu rasches Atmen verstummte nur dann, wenn er die Zigarette an seine Lippen führte und konzentriert den Rauch einsog. Carl von Post fing Anna Granlunds hasserfüllten Blick auf.
Glotz du nur, dachte er. Vor einem Jahr, auf dem Weihnachtsfest der Polizei, da hast du mich ja doch ganz anders angesehen. Herrgott, er war hier umgeben von Säufern und Halbidioten. Pohjanen sah jetzt schlimmer aus als vor Operation und Krankschreibung.
»Hallo«, sagte er auffordernd, als er fand, der Gerichtsmediziner habe jetzt lange genug geschwiegen.
Lars Pohjanen hob das Gesicht und sah die hochgezogenen Augenbrauen des Staatsanwalts.