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LICIA TROISI

Die

Drachenkämpferin

NIHALS VERMÄCHTNIS

Roman

Aus dem Italienischen

von Bruno Genzler

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Das Buch

Nihal, die Halbelfe mit den violetten Augen und dem blauen Haar, Kämpferin des berühmten Drachenordens, ist bereits eine Legende: Unzählige Schlachten hat sie geschlagen, um das an ihrem Volk verübte Leid zu rächen und den grausamen Tyrannen für immer aus der Aufgetauchten Welt zu vertreiben.

Nach ihrem letzten großen Kampf verschwand sie spurlos und wurde Gegenstand zahlreicher Geschichten – bis in einer stürmischen Winternacht ein reisender Fremder in einer Herberge auftaucht und allen, die sich dort ums Feuer versammelt haben, drei Begebenheiten aus Nihals Leben erzählt, die noch nie zuvor jemand erfahren hat: Ein Geheimnis aus ihrer Kindheit wird gelüftet, die Reise, auf der Nihal ihren Mann Sennar aus höchster Gefahr rettet, erstmals erzählt und der Zauber, der Nihal schließlich zurück ins Leben rief, entdeckt. Wo aber ist die Halbelfe?

Die Autorin

Licia Troisi, 1980 in Rom/Ostia geboren, ist eine der bekanntesten Fantasyautorinnen weltweit. Ihr Zyklus um die DRACHENKÄMPFERIN wurde ein internationaler Bestseller. Seitdem kann die Autorin mit dem Schreiben nicht mehr aufhören. Ihrer ersten großen Saga folgten DIE SCHATTENKÄMPFERIN und DIE FEUERKÄMPFERIN sowie DRACHENSCHWESTER und NASHIRA. Licia Troisi ist verheiratet, hat eine Tochter und promoviert derzeit in Astrophysik.

 

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Die Originalausgabe erscheint unter dem Titel Cronache del Mondo Emerso. Le Storie Perdute bei Mondadori, Mailand

Copyright © 2014 by Licia Troisi und Arnoldo Mondadori Editore S.p.A.

Copyright © 2015 der deutschsprachigen Ausgabe

by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, München,

unter Verwendung einer Illustration von © Melanie Miklitza

Copyright © 2004 der Karte by Licia Troisi

Redaktion: Ulrike Schimming

Satz: Christine Roithner Verlagsservice, Breitenaich

ISBN: 978-3-641-18462-9

www.heyne.de

 

Für Fiametta

mit Dank für diese zehn gemeinsamen Jahre

 

 

Vorspiel

 

 

Ohne Hast trat die Gestalt, deren Gesicht unter einer Kapuze kaum zu erkennen war, über die Schwelle. Sie trug einen langen Umhang aus grünem Samt, der bis zu den Füßen reichte, und zwischen ihren Schultern ragte ein längliches, mit zwei seidenen Kordeln verschnürtes Bündel hervor.

Melna eilte zur Wirtshaustür, um den Gast entsprechend zu empfangen: »Verzeiht, aber bewaffnet darf hier niemand herein.«

Der Fremde hob den Kopf, und als er sie anblickte, wich die Magd erschrocken zurück. Die Kapuze verfinsterte seine Züge, indem sie einen tiefen Schatten über Stirn und Augen warf, und das übrige Gesicht, von der Nase an abwärts, verbarg eine metallene Maske, die mit Löchern versehen und so kunstvoll mit feinen Intarsien verziert war, dass sie wie Spitze aussah. Hell und klar drang die Stimme darunter hervor, klang nur ein wenig verändert, so als wolle er sie verstellen.

»Das ist keine Waffe«, erklärte er, fast belustigt, zog mit einer geschmeidigen Bewegung das Bündel aus seinem Quersack und löste eine der beiden Schnüre. Als sich das samtene Tuch öffnete, kam der bauchige Hohlkörper einer Laute zum Vorschein.

Melna lächelte erleichtert. »Verzeiht, aber was Waffen angeht, kennt mein Herr keinen Spaß. Es ist noch gar nicht lange her, da kam es in einer Schenke hier in der Nähe zu einem Streit zwischen bewaffneten Gästen. Und dabei wurde nicht nur die gesamte Einrichtung zerstört, sondern es brach auch noch ein Feuer aus, das keine Holzbohle verschont hat.«

»Ich suche keinen Streit, sondern eine Bühne, um etwas zu Gehör zu bringen, wenn du und dein Herr nichts dagegen einzuwenden habt.«

Die Stimme klang ruhig und entschlossen. Melna hätte nicht sagen können, ob es die eines Mannes oder einer Frau war. Der geschmeidige Körper des Gastes wirkte weiblich, hätte aber ebenso gut der eines jungen Burschen oder eines schlanken älteren Mannes sein können. Die Kleider, die unter dem Umhang des Fremden hervorlugten, waren aus schwarzem Leder, und dazu trug er schwere Wildlederstiefel, die fast bis über die Knie reichten. Allerdings war der Abend auch ausgesprochen kalt, es schneite, und ein eisiger Wind wirbelte die Flocken durch die Gassen und Gänge der Turmstadt Salazar.

Ein wenig Schnee lag noch auf dem Mantel des geheimnisvollen Gastes und schmolz in der Wärme des Feuers, das in dem offenen Kamin bei der Küche prasselte und die Wirtsstube heizte.

Melna zögerte. Ein paar Wochen zuvor hatte der Wirt einen Spielmann davongejagt, aber jener Alte war betrunken gewesen und hatte sich mit einem Gast angelegt, der von seinen Darbietungen wenig begeistert gewesen war. Dieser Fremde aber schien vollkommen nüchtern, und seine Gestalt wirkte auf seltsame Weise vertrauenerweckend.

»Kommt, tretet näher«, sagte sie schließlich mit einem Lächeln, während sie zur Seite trat. Endlich konnte sie die Augen des Gastes erkennen, und sein Blick verriet ihr, dass er ihr Lächeln erwiderte.

»Könnte ich einen Teller Suppe haben, bevor ich beginne? Ich bezahle auch«, sagte er und brachte einen kleinen Lederbeutel zum Klimpern.

»Ja, gewiss. Folgt mir!«, antwortete Melna und führte ihn zu einem Tisch in einer Ecke. Der Spielmann machte es sich bequem, wobei er sein Instrument behutsam auf der Sitzbank ablegte und daneben Platz nahm, mit dem Rücken zur Wand, sodass er den gesamten Raum überblicken konnte.

Das Wirtshaus lag auf einer der unteren Ebenen von Sala­zar, der Hauptstadt des Landes des Windes, die sich als mächtiger, zweitausend Ellen hoher Turm in den Himmel erhob. Wie auch die anderen Turmstädte des Landes erlebte Salazar eine neue Blütezeit, nachdem durch den Krieg die Häuser und Gassen der Stadt jahrzehntelang fast verwaist waren und der einst rege Handel zum Erliegen gekommen war. Die besten Architekten der Aufgetauchten Welt hatten die alte Pracht wiederhergestellt und neue raffinierte technische Lösungen ersonnen sowie gewinnbringende Handelsbeziehungen mit den Elfen genutzt. Nun ragten die ­alten Stadtzentren wieder in majestätischem Glanz in die Höhe, verblassten antiken Juwelen ähnlich, die man wieder zum Strahlen gebracht hatte, während fast überall sogar neue Turmstädte erbaut wurden. So hatte sich das Land des Windes zu einem begehrten Domizil entwickelt, einem Schmelztiegel verschiedenster Völker und Rassen, gerade so wie man es aus früheren Zeiten kannte, bevor der Krieg die Aufgetauchte Welt verheert hatte. Heute waren die Turm­städte wieder Orte des Handels und der Begegnung, und alle nur denkbaren Geschäfte priesen ihre Waren an.

Das Wirtshaus, in dem der Fremde an diesem Abend auftreten wollte, besaß einen weiträumigen Gastraum, der durch eine Reihe von Rundbögen gegliedert wurde, die sich in regelmäßigen Abständen unter Deckenbalken aus kostbaren Hölzern aneinanderreihten. Jenseits der großflächigen Fenster sah man die Flocken, die in einem wahren Schneesturm immer dichter fielen, durch die Gasse wirbeln.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Saales stand eine lange Theke, und dahinter fiel der Blick in die Küche, in der einige Köche geschäftig am Werk waren, sowie auf eine Reihe schwerer Holzfässer, aus denen die Mägde in einem fort Krüge mit hellem oder dunklem Bier füllten. Daneben führte eine Wendeltreppe hinauf zum Obergeschoss, wo die Kammern für Übernachtungen lagen.

Der gesamte Raum war mit Bänken aus nur grob bearbeitetem Holz eingerichtet, die längs der langen Tischreihen angeordnet waren. Der Saal war voll, sodass es laut und ­chaotisch zuging. Die Gäste waren in der Mehrzahl Händler und Kaufleute, die aus den verschiedensten Ländern kamen und allen nur möglichen Rassen angehörten: Menschen, Gnomen, Elfen. Manche Gäste schienen aber auch aus purer Neugier oder Reiselust in der Stadt zu sein, ein in Friedenszeiten immer häufiger vorkommendes Phänomen, darunter eine Familie aus dem Unterwasserreich Zalenia, die der Spielmann an ihrer durchscheinenden Haut und ihren weißen Haaren erkannte. Auch er verband Erinnerungen mit dieser Untergetauchten Welt, aber das lag alles weit zurück und war weit von seiner jetzigen Existenz entfernt.

Melna brachte ihm die Suppe und dazu einen Krug dunklen Biers. Er bedankte sich, indem er ihr einige Münzen in die Hand drückte.

»Das ist zu viel«, sagte sie, wobei sie geschwind, wie sie es als Bedienung gelernt hatte, ausrechnete, dass diese ­Summe sogar für zwei üppige Mahlzeiten gereicht hätte.

»Nein, nein, ist schon gut«, erwiderte der Fremde, »das ist sogar noch zu wenig für deine Freundlichkeit.«

Während sie sich entfernte, wog Melna das Trinkgeld in der Hand und steckte es rasch ein, bevor sie die Theke erreicht hatte.

»Wer zum Teufel ist denn das?«, fragte der Wirt sie, ein älterer Mann mit kugelrundem Bauch und mürrischer Miene, der mit einem Tuch in der Hand einige Krüge abtrocknete.

»Ein Bänkelsänger«, antwortete Melna.

»Ein Bänkelsänger, der es nötig hat, sein Gesicht zu verbergen? Das gefällt mir nicht.«

Melna drehte sich zum Schankraum um und betrachtete einen Moment lang den Fremden, der durch eine Öffnung in der Maske sein Essen zum Munde führte.

»Vielleicht hatte er einen Unfall und sein Gesicht ist entstellt«, bemerkte sie, wobei sie sich wieder ihrem Herrn zuwandte.

Der Wirt blickte sie missbilligend an. »Behalte ihn im Auge. Ich will hier keinen Ärger«, knurrte er.

Melna nickte flüchtig. Vielleicht war es das großzügige Trinkgeld, vielleicht aber auch irgendetwas im Auftreten dieses mysteriösen Gastes, jedenfalls hatte sie das Gefühl, dass sie ihm vertrauen konnte.

Als er alles verzehrt hatte, schob der Spielmann Schüssel und Krug zur Seite, verschloss wieder seine Maske und streifte die Laute aus ihrer Hülle. Es war ein auffallend großes Instrument mit einem zweifarbigen Schallkörper und einer kunstvoll geschnitzten Rosette. In aller Ruhe stimmte er sie, und als er endlich mit ihrem Klang zufrieden war, stand er auf und bewegte sich zu der kleinen Bretterbühne, die in ­einer Ecke des Schankraums aufgebaut war. Dort nahm er auf einem Hocker Platz, beugte sich über sein Instrument und schlug die Saiten an. Es war laut im Saal, doch schon mit den ersten Klängen durchdrang er das Stimmengewirr. Die weiter vorn sitzenden Gäste wurden aufmerksam, einige verstummten, andere blickten überrascht zur Bühne auf, um sich dann jedoch, weiter schwatzend, gleich wieder den Tischgenossen zuzuwenden. Dieses Publikum schien nicht an einer musikalischen Darbietung inter­essiert.

Der Musiker ließ sich davon nicht stören, spielte weiter und begann nach einer Weile auch zu singen. Dieses erste Lied war elfischen Ursprungs und erzählte die Geschichte der unglücklichen Liebe zwischen der Süßwassergöttin ­Leera und ihrem Geliebten Mathrash. Die im Wirtssaal anwesenden Elfen schienen aufzuhorchen, doch die anderen kümmerten sich nur um ihre eigenen Angelegenheiten, redeten sogar noch lauter. Aber auch davon ließ sich der Spielmann nicht entmutigen und sang unverdrossen weiter.

»Jetzt reicht’s aber mit diesen Schnulzen«, rief jemand, als der Sänger zu einem romantischen Schäferlied überlei­tete. Hier und da murrten die Leute.

Der Wirt, einen Krug in der Hand, hielt im Abtrocknen inne und blickte auf. »Geh mal hin und sag ihm, er soll aufhören! Am besten schmeißt du ihn einfach raus«, befahl er Melna, die vor der Theke stand.

Aber die Magd rührte sich nicht.

»Was ist? Jetzt mach schon! Oder willst du dir auch, so wie der, ein Nachtlager im Schnee suchen? Na also. Dann beeil dich!«

Unwillig ging Melna zur Bühne und beugte sich zu dem Sänger vor. »Verzeiht …«, sagte sie, »… aber meinem Herrn gefällt das nicht. Könnt Ihr nicht wenigstens etwas anderes singen? Auch das Publikum scheint Eure Lieder wenig zu schätzen.« Sie lehnte sich noch näher zu ihm vor. »Ich bitte Euch«, flüsterte sie, »sonst setzt er Euch auf die Straße.«

Da traf ein Stück Brot sie, das jemand aus dem Publikum geworfen hatte. Melna fuhr herum. Der Spielmann hielt ­inne, löste aber die Finger nicht von den Saiten.

»Tut mir leid, Süße«, rief eine Stimme, »du warst nicht gemeint. Das sollte für den Herz-Schmerz-Barden hinter dir sein.« Lautes Gelächter aus dem Saal quittierte seine Bemerkung.

Der maskierte Spielmann ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Dann hast du also nichts für Liebesgeschichten übrig?«, rief er zurück.

»Nein, das ist mir zu viel Gejammer.« Zustimmendes Gemurmel erhob sich.

»Nun gut, was willst du lieber hören?«, fragte der Spielmann weiter. Seine Stimme klang gelassen, und doch meinte Melna eine innere Anspannung bei ihm zu spüren, so als könnte er, trotz seiner augenscheinlichen Ruhe, jeden Moment aufspringen und sich zu etwas hinreißen lassen.

Der Gast, der den Brotkanten geworfen hatte, ein Gnom von grobschlächtigem, vulgärem Äußeren, zuckte mit den Achseln. »Was weiß ich … irgendwas Munteres. Bei diesen Elfengeschichten schläft man ja ein. Oder glaubt Ihr vielleicht, hier versteht jeder Elfisch?«

»Na meinetwegen«, erwiderte der Spielmann, während er die Finger flinker über die Saiten bewegte und eine heitere Melodie ertönen ließ.

»Nein, warte, sing uns lieber was für echte Männer!«, brüllte jemand aus dem hinteren Teil des Saales. »Sing uns was vom Krieg!«

Der Spielmann blickte auf und sah ihm geradewegs ins Gesicht. »Was weißt du schon vom Krieg? Freu dich lieber, dass in diesem Land schon seit Jahren Frieden herrscht.«

»Vom Krieg weiß ich sicher mehr als so ein Sängerlein wie du!«, rief der andere, und wieder erhob sich lautes Gelächter.

Der Spielmann antwortete nicht, beugte sich nur über die Laute und ließ ein kurzes virtuoses Stück erklingen. Dann hielt er kurz inne, so als warte er auf eine Eingebung. Schließlich setzte er wieder ein, und seine Finger tanzten über die Saiten, während eine düstere Melodie erklang, ein Trauermarsch, der von Leid sprach und von Tod. In der Schenke kehrte andächtige Stille ein.

»Etwas vom Krieg also wollt ihr hören …«, sagte er nachdenklich. »Nun, da fallen vielen sicher die Sheireen und die zwei Marvashs ein, die sich im letzten Krieg bekämpften. Die Geschichte aber, von der ich singen will, liegt noch viel weiter zurück und spielt in den Tagen, als alles begann und sich das Leben vieler Bewohner dieser Welt für immer ver­ändert hat. In einer Zeit, die so weit zurückliegt, dass sich niemand von euch daran erinnern kann, und die vielleicht noch nie besungen wurde. Es ist die letzte glückliche Stunde, bevor das Drama seinen Lauf nahm.«

 

 

Erste Strophe

 

 

Ende und Anfang

Mein Gesang nun kehrt zurück

zu den Tagen und den Orten,

die verschollen mit den Zeiten,

ach, so fern von diesem Glück.

 

Singen will ich euch von Schlachten

rotem Blut und übel Krieg

und der einen, die als Tochter

eines Schwerts geboren ward.

 

Ihren Anfang nimmt hier nun

die Ballade allzu kühn,

die euch künden wird von dem,

wonach Tod und Liebe flehn.

 

 

I

Der Mann knetete an seinem Hut herum, den er sich vor den Bauch hielt. Er gehörte der Rasse der Menschen an und war mittleren Alters, ein Kaufmann mit den harten, markanten Gesichtszügen, wie sie für die Bewohner des Landes des Meeres typisch waren. Allerdings war er auch ein wenig heruntergekommen, wie man an seiner vielfach geflickten Kleidung erkennen konnte. Obwohl das Zelt des Kriegs­lagers, in dem er sich befand, nur durch eine kleine ­Glutschale beheizt wurde, schwitzte er.

»Die versauen mir die Geschäfte, versteht Ihr? So kann das nicht weitergehen. In ihrer misslichen Lage fällt diesen verdammten Halbelfen nichts Besseres ein, als ihr Zeug zum halben Preis zu verkaufen. Und ich bleibe auf meiner guten Ware sitzen.«

Lakka, auf seinem metallenen Klapphocker, hörte nur mit einem Ohr zu. Dieser war ein kräftig gebauter Mann um die dreißig und wirkte wie jemand, dem der Krieg zum täg­lichen Handwerk geworden war. Leute wie diesen Händler, der da vor ihm stand, hatte er schon zu viele erlebt, und alle stammelten sie ähnliche Entschuldigungen, suchten nach Rechtfertigungen für ihre Taten.

Dabei gab es für ihr Verhalten einen ganz einfachen Namen: Verrat.

»Es interessiert mich nicht, warum du das tust«, unterbrach er den Händler. »Wo sind die Halbelfen genau? Antworte!«

Drei Wochen zuvor war Lakka zu dieser Mission aufgebrochen, nachdem man seinen Vorgesetzten zugetragen hatte, dass die Halbelfen, die die jüngsten Angriffe im Land der Tage überlebt hatten, in den Nördlichen Wald geflohen waren. Daraufhin hatte Dola, der berühmte Feldherr und rechte Hand des Tyrannen, ihn mit der Aufgabe betraut, ihren genauen Aufenthaltsort herauszufinden und gege­benenfalls zuzuschlagen. So hatte Lakka seine Truppe, die hauptsächlich aus Fammin bestand, zusammengerufen und war losmarschiert.

Nun handelte es sich bei dieser Mission um keine Operation von größerer strategischer Bedeutung, sondern im Gegenteil um ein mittlerweile übliches Vorgehen. Ähnliche Unternehmungen wurden Tag für Tag überall in der Aufgetauchten Welt durchgeführt. Denn in dieser Hinsicht waren die Worte des Tyrannen unmissverständlich gewesen: Kein einziger Halbelf sollte mit dem Leben davonkommen. Die ganze Rasse sollte ausgerottet werden, einschließlich der Frauen und Kinder. Der Unterschied zu früheren Missionen bestand für Lakka nur darin, dass ihm dieses Mal völlig freie Hand gelassen wurde: Bei ihm lag die Entscheidung, ob und wie sie zuschlagen würden.

Mit großen Hoffnungen hatte er den langen Marsch zum Nördlichen Wald angetreten. Nichts wünschte er sich mehr, als sich des Vertrauens, das Dola ihm schenkte, würdig zu erweisen. Zudem lockte die Beförderung, die dieser ihm bei erfolgreicher Erledigung seiner Aufgabe in Aussicht gestellt hatte.

Am Ziel eingetroffen, hatte sein Elan allerdings bald einen Dämpfer erhalten. Eingeschlossen in diesem Feldlager, das die Fammin, diese hirnlosen Tiere, mehr schlecht als recht aufgebaut hatten, und einzig in der Gesellschaft zweier untergebener Offiziere, einem Menschen und einem Gnomen, war ihm der Aufenthalt in diesem schäbigen Zelt immer unerträglicher geworden. Denn die Jagd auf die Halbelfen war nicht in Gang gekommen. Bis schließlich dieser schäbig gekleidete Händler bei ihm vorstellig geworden war, ein Mann, der für ein paar Münzen Frauen und Kinder ans Messer lieferte.

Der Kaufmann nahm sich für seine Antwort viel Zeit.

Lakka verlor langsam die Geduld. »Schieß endlich los! Ich habe dir eine Frage gestellt.«

»Sie haben ein Flüchtlingslager errichtet«, sagte der Händler und fuhr, ohne Luft zu holen, fort, so als fürchte er, in einer Atempause seinen mühsam zusammengenommenen Mut wieder zu verlieren, »einen halben Tagesmarsch südlich von Norrea. Dort hausen vielleicht fünfzig Leute und sammeln Holz im Wald und verkaufen es in den umliegenden Dörfern. Männer, die bei Kräften sind, mögen nicht viel mehr als zehn an der Zahl sein. Die anderen sind Alte, Frauen und Kinder.«

»Na bitte, es geht doch. Sprich weiter, wie sieht es mit Kriegern aus?«

»Sie verfügen nur über einen einzigen Mann, den ihr fürchten müsst: Revrar ist sein Name. Der soll Kampferfahrung haben. Es heißt, er sei bei der Belagerung von Seferdi dabei gewesen.«

»Ein Überlebender also«, murmelte Lakka. Die Belagerung Seferdis hatte mit einem Gemetzel geendet. Wer sich nicht in Sicherheit bringen konnte, wurde erbarmungslos niedergemacht, einige auch gefangen genommen und dann hingerichtet, gehenkt an den Bäumen längs der Hauptstraße. »War das alles, was du mir zu berichten hast?«

Der Kaufmann biss sich auf die Unterlippe und schien eine Weile nachzudenken, bevor er nickte.

Lakka schlug mit den Handflächen auf die Armlehnen seines Hockers. »Gut, du hast deine Pflicht getan und sollst deinen gerechten Lohn erhalten.« Er gab Pulla, dem Gnomen, der hinter ihm stand, ein Zeichen. Der trat zu ihnen, griff in den Lederbeutel an seinem Gürtel und holte ein paar Münzen hervor, die er dem Verräter reichte.

»Aber das wird doch niemand erfahren, oder? Ich meine, dass ich Euch das erzählt habe …«

Lakka stand auf und trat nahe an den Händler heran. In seinem Blick lag Verachtung, während er die zitternden Hände des Mannes und dessen kahlen, von Schweiß glänzenden Kopf betrachtete. »Die Halbelfen sind Abschaum, verstehst du? Wenn mein Gebieter erst seine Herrschaft über die gesamte Aufgetauchte Welt ausgedehnt hat, wird von denen nichts mehr übrig bleiben, gar nichts, noch nicht einmal die Erinnerung«, sagte er und fuhr fort, während er dem Händler kräftig mit der flachen Hand auf die Schulter schlug, »und dann wird er sich deiner erinnern und der Dienste, die du ihm geleistet hast.«

Der Mann lächelte nervös, wandte sich dann ab und machte Anstalten zu gehen. Doch Lakka hielt ihn fest.

»Warum so eilig? Es macht dir doch nichts aus, uns Gesellschaft zu leisten, bis die Sache erledigt ist? Eine reine Vorsichtsmaßnahme, um sicherzugehen, dass du uns nicht an der Nase herumführst …«

Die Augen des Händlers weiteten sich. »Aber ich habe die Wahrheit gesagt, das schwöre ich Euch, bei allem, was mir heilig ist!«

»Das wird sich herausstellen«, erwiderte Lakka und bedeutete Pulla mit einem Wink, den Händler abzuführen, der sich heftig wehrte und in einem fort rief, er sei ein Ehrenmann, der sein Wort halte.

Als sie fort waren, ließ Lakka seinen Adjutanten, Felnek, kommen. Dieser war ein stattlicher junger Mann, mit einem schlanken, muskulösen Körper und einem hitzigen Charakter, der aus dem Land der Sonne stammte, das der Tyrann noch nicht unterworfen hatte. Nach einer langen Irrfahrt war Felnek zu ihnen gestoßen. Lakka hatte nie genauer nachgeforscht, doch für ihn sah es so aus, dass Felnek einen persönlichen Hass auf alle Halbelfen hegte und deshalb sein Land verraten hatte.

Der junge Offizier trat ein, grüßte und stand stramm.

»Die Jagd ist eröffnet, Felnek«, verkündete Lakka.

Die Augen des jungen Mannes strahlten. »Dann sind also die Informationen dieses Kerls hilfreich für uns?«

»Mehr als hilfreich. Mach die Fammin marschbereit. Wir brechen noch heute auf.«

Felnek nickte und verließ raschen Schrittes das Zelt.

Karna schlug die Augen auf. Geweckt hatte sie nicht das diffuse Licht, das von draußen in die Hütte sickerte, sondern ein leises, jämmerliches Weinen.

Sie drehte sich zu ihrem Mann um, der neben ihr im Bett lag. »Mak«, flüsterte sie. Er rührte sich nicht. »Mak«, wiederholte sie, nun lauter, »die Kleine hat Hunger.«

Makthar brummte irgendetwas, wälzte sich herum, und schon tauchte sein Kopf unter der Decke auf. Die dunkelblaue Mähne war so zerzaust, dass sie wie ein abgenutzter Besen aussah. Zwischen den widerspenstigen Haarsträhnen schauten links und rechts die spitz zulaufenden Ohren hervor. Die vom Schlaf verschleierten Augen leuchteten in ­einem schönen Violett.

Makthar seufzte und zog sich rasch wieder die Decke über den Kopf, doch das Weinen des Kindes war unerbittlich, durchdrang die dicke Wollschicht, erreichte seine Ohren und setzte sich im Kopf fest.

»Ist ja gut«, sagte er schließlich, »ich komme schon.«

Die Eiseskälte dieses Wintermorgens umgab ihn, als er aufstand. Rasch warf er sich den Mantel über, der an einem Haken bei der Tür hing, und kam zum Fußende ihres Bettes zurück.

Dort lag, mittlerweile verzweifelt schreiend, ihre kleine Tochter in einer Holzkiste, die einmal die Schublade einer Anrichte gewesen war. Geld für eine Wiege besaßen sie nicht, und etwas Passenderes hatten sie beim besten Willen nicht auftreiben können.

»Ist ja schon gut, nicht weinen, jetzt gibt’s was zu essen«, sagte Makthar zur Kleinen, während er sie behutsam hochnahm. Mehr als aus Hunger schien sie jetzt vor Wut zu schreien, und er dachte, dass sie dabei ganz nach der Mutter kam: Karna war eine liebenswerte Frau, doch wenn sie in Zorn geriet, war es besser, sich von ihr fernzuhalten.

»Warum lachst du? Was denkst du?«, fragte Karna, wobei sie ihn misstrauisch anblickte.

Makthar gab ihr einen Kuss auf die Stirn, während er ihr die Tochter in die Arme legte. »Nur, dass ich eine wunder­bare Familie habe«, antwortete er.

Karna deutete ein Lächeln an und hob den Säugling an ihre Brust. Gierig begann die Kleine zu saugen, während sie selbst mit einem Seufzer den Kopf zurücklegte.

Während Makthar sich wieder neben sie legte, war er entzückt von dem Bild, wie seine Frau, noch vom Schlaf umfangen, zwischen den Decken lag. Besonders am Morgen fand er sie wunderschön, mit den hellblauen Haaren um ihr blasses Gesicht, in dem ihre durchscheinenden violetten ­Augen so herrlich zur Geltung kamen. Sie war schön und stark, und doch schutzbedürftig. Als sie aus dem Land der Tage geflohen waren, hatte sie ihre ganze Familie verloren, und obwohl sie sich bemühte, es zu verbergen, wusste Makthar sehr genau, welch ein Schmerz ihr das Herz schwer machte. Und in diesem goldenen Licht des frühen Morgens, das ihre Wangen ein wenig erhellte, wollte er sie einfach in den Arm nehmen und ihr sagen, dass, trotz allem, was geschehen war, ein schöner Tag vor ihnen lag. Denn sie hatten überlebt, waren zusammen und ihre Tochter war bei ihnen.

»Schau mich nicht so schmachtend an«, sagte Karna mit ihrem typischen spöttischen Lächeln, das er so mochte.

»Kannst du nicht mal ein wenig romantisch sein? Andere Frauen würden wer weiß was dafür geben, so einen Mann wie mich zu haben, der sie jeden Morgen bewundernd anschaut.«

»Mir ist ein Mann, der Frühstück macht, lieber«, erwiderte Karna und hauchte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange.

Makthar stieg wieder aus dem Bett und trat über die Schwelle in den kalten Morgenwind hinaus. Die Luft roch salzig, so wie jeden Tag, auch wenn er sich noch nicht daran gewöhnt hatte. Seit fast einem Jahr lebten sie nun schon im Land des Meeres, und doch kam ihm alles immer noch fremd vor. Fremd waren die Gerüche, fremd das Essen, fremd die Leute, mit denen sie es zu tun hatten. Denn die Bewohner dieser Gegend waren abweisend und schienen nicht bereit, die Flüchtlinge, die es zu ihnen verschlagen hatte, zu akzeptieren. Von Anfang an hatten sie ihnen Misstrauen entgegengebracht, und das, obwohl ihr Lager fünf Meilen, also recht weit, von der nächsten Siedlung, einem Städtchen namens Norrea, entfernt lag. Und so hatte Makthar einen natür­lichen Argwohn gegen seine Umgebung entwickelt. Nichts gefiel ihm hier, weder die wilde Natur des Waldes, in dem ihr Lager lag, noch die sonnenverbrannten Gesichter der Bewohner. Er fühlte sich nicht zugehörig zu diesem Land, und das Schlimmste war, dass er genau wusste, dass sie niemals wieder ins Land der Tage würden zurückkehren können.

Er streckte sich, fasste sich dann ein Herz und ließ den dicken Wintermantel über die Schultern zu Boden gleiten. Die kalte Luft biss ihm in die Haut. Dennoch griff er zu einem Holzeimer, tauchte ihn in das volle Fass daneben und goss sich das Wasser über den Kopf, während ihm – wie jeden Morgen – ein Schrei entfuhr.

»Einen schönen guten Morgen. Ein wenig warmes Wasser wäre dem Herrn wohl auch nicht unangenehm, oder?«

Makthar lächelte. »Ach, die kalte Dusche macht mich wenigstens richtig wach.«

Revrar wohnte in der Baracke neben ihnen. Er mochte wohl an die fünfzig sein, aber sein Haar war schon schneeweiß. Im Lager erzählte man, es habe seine Farbe verloren, als er aus dem brennenden Seferdi geflohen war, wo er seine gesamte Familie hatte zurücklassen müssen. Niemand war ihm geblieben, und so lebte er allein. Dennoch wirkte er nicht wie ein Mann, den dieses Leben gebrochen hatte. Gewissenhaft erledigte er seine täglichen Arbeiten, verdiente sich seinen Unterhalt durch den Handel mit Alteisen und hielt sich über die Vorgänge in ihrer Heimat, dem Land der Tage, auf dem Laufenden. »Ich lebe auch weiter, um dem Tyrannen, diesem Schurken, eins auszuwischen«, sagte er oft. »Solange noch ein Halbelf auf den Beinen ist, hat er nicht gewonnen.«

Er sah Makthar zu, der sich kräftig die Haare rubbelte, und fragte: »Was ist, kommst du heute mit in die Stadt?«

»Ja, wir brauchen wieder etwas Geld.«

Revrar nickte. »Ach, das habe ich fast vergessen«, sagte er und schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. Er verschwand in seiner Hütte und tauchte kurz darauf wieder bei Makthar auf, in der Hand ein Päckchen, das in der kalten Morgenluft dampfte. Er drückte es ihm in die Hand.

»Frisch zubereitet!«

Makthar nahm das Päckchen entgegen, und als er es behutsam auswickelte, schlug ihm ein Duft entgegen, der eine ganze Flut von Erinnerungen in ihm wachrief. Es roch nach Heimat, nach Zuhause, nach Kindheit. Denn es waren Malneas, eine Spezialität aus dem Land der Tage, süße Brötchen mit glänzender Oberfläche, die mit einer weichen weißen Masse und gehackten Trockenfrüchten gefüllt waren. Mak­thars Mutter hatte sie ihm häufig morgens zubereitet. Es war nichts außerordentlich Raffiniertes, nur eine einfache, köstliche Süßspeise, aber Makthar hatte sie nicht mehr gegessen, seit sie von zu Hause geflohen waren. Er hatte Mühe, die Tränen zurückzuhalten.

»Ach, Revrar, vielen Dank …«, murmelte er.

Der andere wedelte mit der Hand. »Gern geschehen. Unter diesen hartherzigen Leuten müssen wir zusammenhalten und einander immer wieder daran erinnern, wer wir sind und woher wir kommen. Sonst verlieren wir noch unsere Wurzeln.«

Makthar nickte. »Gibt es Neuigkeiten von Zuhause?«, fragte er mit ernster Miene.

Revrar hatte Informanten, die ihn auf dem Laufenden hielten, was im Land der Tage vor sich ging. Aber er schüttelte den Kopf. »Seit einem Monat habe ich keine Nachricht mehr von dort. Nach Seferdi sind auch alle anderen Dörfer im Umland verwüstet worden. Manche berichten, dass es immer noch Einfälle in die Nachbarländer gibt, um die Flüchtlinge aus dem Land der Tage zu töten.«

»Aber hier sind wir bestimmt sicher«, sagte Makthar. »Wie viele sind wir hier? Höchstens fünfzig Flüchtlinge, vielleicht sogar noch weniger. Ich will damit sagen: Wir sind ein zu kleiner Bissen für den Machthunger des Tyrannen. Das lohnt sich nicht für ihn.«

Revrar seufzte. »Hoffentlich hast du recht«, sagte er. »Aber ich bin vorbereitet.«

Makthar wusste, dass der andere unter seinem Gewand immer griffbereit eine Reihe von Wurfmessern trug, dass ein Dolch in jedem seiner Stiefel steckte und dass er nie ohne Schwert das Lager verließ. »Gut, ich mache mich fertig und dann ziehen wir los«, sagte er.

Sie nickten sich zu, und Makthar kehrte wieder in ihre Hütte zurück, bereitete das Frühstück zu und brachte es Karna, die mittlerweile ihre Tochter fertig gestillt und wieder in ihre Kiste zurückgelegt hatte.

»Du hast dir aber Zeit gelassen«, schalt sie ihn, indem sie sich im Bett aufsetzte.

Er zuckte nur mit den Achseln und reichte ihr eine Schüssel Milch. Neugierig betrachtete sie das Päckchen, das da­neben auf dem Tablett lag, und als sie es öffnete, entfuhr ihr ein Freudenschrei.

»Wo hast du die denn her?«

»Von Revrar.«

Karna nahm eine Malnea zur Hand, betrachtete sie und sog den süßen Duft tief ein. »Ach, das ist ja wie früher, als ich noch klein war«, murmelte sie, während ihre Augen von Feuchtigkeit glänzten.

Makthar ergriff ihre Hand und drückte sie fest. »Pass auf, unsere Süße wird später einmal Malneas in Hülle und Fülle essen können.«

Doch Karna lächelte traurig. Anders als ihr Mann glaubte sie nicht an eine glückliche Zukunft. Seit man damals in Giarre alle ihre Angehörigen niedergemetzelt hatte, dachte sie nicht mehr weiter als bis zum nächsten Morgengrauen. Nur ein einziges Gelübde für die Zukunft hatte sie abgelegt, und das betraf das Wichtigste in ihrem Leben, dieses kleine Wesen, das friedlich, gesättigt und warm in seiner einfachen, aber behaglichen Wiege neben ihrem Bett schlief. Alles Übrige, das wusste sie, konnte sie jederzeit wieder verlieren. Aber ihre kleine Tochter nicht.

Giarre in Flammen. Fammin, die sich wie Dämonen durch die von dichtem Rauch erfüllten Gassen bewegen. Blut, das die Dielen tränkt, ihre Eltern tot, Makthar fern von ihr. Und inmitten dieses Blutbades kommen ihr die Worte über die Lippen.

»Verschone uns, Shevraar, ich bitte dich, verschone wenigstens Mak­thar und mich. Ich will dir alles geben, was du verlangst. Aber verschone uns. Ich will dir alles geben, das Kostbarste, was ich habe: Ich gebe dir mein Kind!«

Shevraar, der Gott des Krieges. Kinder sollten nicht einmal wissen, was das ist, Krieg.

Doch das Geschöpf, das Karna schon unter dem Herzen trägt, ist in höchster Gefahr, niemals das Licht der Welt zu erblicken, sondern hier und jetzt mit ihr zu sterben. Und so legt sie dieses Gelübde ab und weiht dem Kriegsgott ihr noch ungeborenes Kind: Sheiroth, wenn es ein Junge, Sheireen, wenn es ein Mädchen wird.

»Alles in Ordnung?«, fragte Makthar.

Karna schrak auf. »Ja, ja, es ist schon gut.«

»Ich bin heute mit Revrar unterwegs.«

Karna verspürte einen Stich im Herzen. Sie hatte Angst, wenn sie getrennt waren. In Zeiten wie diesen musste man immer beisammenbleiben, denn bereits eine Entfernung von nur wenigen Meilen konnte den Unterschied zwischen ­Leben und Tod ausmachen.

»Ich muss doch arbeiten, sonst haben wir, wenn das so weitergeht, die restlichen Wintermonate nichts mehr zu essen«, fügte Makthar, als er ihre besorgte Miene bemerkte, hinzu.

»Wir können doch weiter unseren Käse verkaufen, und die Stoffe, die ich webe …«

Makthar blickte sie nachsichtig an. »Du weißt genau, dass das nicht reicht.«

Karna hasste diesen Blick, doch im Grunde wusste sie, dass ihr Mann recht hatte. Nur war ihre Angst stärker als jede Einsicht. Sie schluckte. »Gut, meinetwegen, aber bleib nicht zu lange fort.«

Makthar lächelte. »Zum Abendessen bin ich wieder da, vielleicht sogar schon früher.«

Er küsste sie auf die Stirn, und als sie zusammensaßen und schweigend die süßen Malneas genossen, kam es ihnen eine Weile so vor, als seien die glücklichen Zeiten zurückgekehrt, als der Tyrann sie noch nicht bedroht hatte.

 

 

II

Der Himmel über ihnen war ein schillerndes Mosaik verschiedenster Farbtöne: blau, rosa, orange. Die wenigen Wolkenfetzen mit ihren rot glänzenden Rändern zogen Richtung Horizont. Es war ein typischer Sonnenuntergang im Land des Meeres, an dem sich Makthar jedoch nicht erfreuen konnte.

Es war nicht gut gelaufen in Norrea. Mit einem Hand­wagen voller Metallschrott und einigen von Karna gewebten Stoffen waren sie in die Stadt gezogen. Doch der Schmied hatte ihnen nur die Hälfte des Alteisens abgekauft und dafür viel weniger bezahlt, als sie eigentlich verlangt hatten.

Makthar hatte zu feilschen versucht, doch der andere ließ nicht mit sich handeln.

»Mehr ist das Zeug nicht wert, und mehr bekommt ihr auch nicht von mir.«

Der Zorn war in Makthar hochgekocht. »Einen Landsmann von dir würdest du nicht mit so wenig abfertigen. Du nutzt unsere Notlage aus.«

»Ach, hör doch auf. Mit solchen Vorwürfen seid ihr Halb­elfen immer schnell bei der Hand. Eine praktische Rechtfer­tigung, wenn etwas schiefläuft. Alle sind sie gegen euch«, zischte der Schmied.

»Darüber reden wir noch mal, wenn sie dich auch aus deinem Haus verjagt haben und in der gesamten Aufgetauchten Welt Jagd auf dich machen.«

»Was fällt dir ein? Willst du mir etwa drohen?«, rief der Schmied. »Ich bin doch nicht schuld an den Dingen, die im Land der Tage geschehen sind. Ganz im Gegenteil. Wir Bürger hier tun unsere Pflicht und zahlen für die Soldaten unserer Truppen, die im Heer der Freien Länder gegen den Tyrannen kämpfen.«

Makthar hätte noch weiter gestritten, doch Revrar ging dazwischen. »Komm, gib uns das Geld, dann ist die Sache erledigt. Nimm’s meinem Freund nicht übel, er ist heute ein wenig nervös.«

Mit Karnas Stoffen war es nicht besser gelaufen. Offenbar hatten die Leute alles, was sie brauchten, bereits beim Tuchhändler Nasse gekauft, der einmal in der Woche in die Stadt kam und seine Waren anbot. Betrübt hatten sich Revrar und Makthar zur Mittagspause niedergesetzt und den Pro­viant verzehrt, den sie aus dem Lager mitgebracht hatten, und sich dann wieder auf den Heimweg gemacht.

Sie trotteten durch den Wald und zogen den noch erschreckend vollen Handwagen durch den Schlamm hinter sich her. Besonders Makthar war niedergeschlagen.

»Komm, nimm’s nicht so schwer«, versuchte Revrar ihn aufzurichten. »Das nächste Mal haben wir sicher mehr Glück, wirst schon sehen!«

»Hoffentlich. Aber ich mache mir eben Sorgen um meine Tochter«, antwortete der junge Vater mit finsterer Miene. »Karna muss vernünftig essen, sonst bekommt auch die Kleine nicht genug. Als ich ein Kind war, hat mein Vater im­mer für uns alle sorgen können. Meine Mutter musste nichts dazuverdienen, und meine Geschwister und ich wuch­sen unbeschwert und gesund auf. Zu Hause wäre ich der Schmied ge­wesen und nicht dieser arrogante Kerl, der das Eisen für umsonst haben wollte.«

Revrar schwieg. Was hätte er auch antworten sollen? Zudem musste Makthar sich einmal richtig Luft machen. Deshalb reichte er ihm nur ein Stück Brot, das vom Mittagessen übrig war. Mürrisch nahm Makthar es entgegen, und gerade, als er es sich in den Mund stecken wollte, brachen sie aus dem Buschwerk hervor, als habe der Erdboden sie ausgespuckt: Fammin. Im nächsten Augenblick hatten sie sie umzingelt. Sie glotzten sie mit ihren kleinen, leeren Augen an, den Augen von Kreaturen, die nur zum Töten erschaffen wurden, und fletschten ihre langen Reißzähne, die aus schauerlich grinsenden, geifernden Mäulern hervorragten. Mitten unter ihnen stand ein muskulös gebauter Mann mit brutalem Blick, ein Soldat, der das Wappen des Tyrannen auf dem Brustharnisch trug.

Revrar schlug die Schöße seines Umhangs zurück, griff nach den Wurfmessern und schleuderte sie blitzschnell auf die Angreifer. Sechs trafen zwei Fammin, streckten den einen nieder und stachen dem anderen ein Auge aus, der sich schauerlich brüllend am Boden zusammenkauerte, während Blut das spärliche rötliche Fell tränkte, das ihm am ganzen Körper wuchs. Das siebte Wurfmesser blieb in der Brust des Soldaten stecken, der mit einem Schrei in die Knie ging.

»Tötet ihn!«, rief er der Famminhorde zu. »Tötet ihn!« Dann starb er.

Ein Befehl, der in den Köpfen dieser abscheulichen Kreaturen wie eine Explosion wirkte. Mit fürchterlichem Gegrunze reckten sie die einfachen Waffen, die sie in den Klauen hielten, und griffen an.

Makthar hatte sein Schwert gezogen, versenkte es im Bauch eines der Fammin und zog es gerade noch rechtzeitig heraus, um die Attacke eines zweiten Fammin, der von hinten kam, zu parieren. Es waren fünf, also nicht sehr viele, und er wusste, dass sich diese Kreaturen nicht eben durch Intelligenz und Listigkeit auszeichneten. Gleichzeitig kämpften sie jedoch, wie er ebenfalls wusste, mit einem Furor, der sie blind machte gegen alle Gefahren und jede Angst ausschaltete. Zudem waren sie dem Tyrannen so bedingungslos ergeben, dass er sie wie tödliche Waffen einsetzen konnte.

Ein vierter Fammin warf sich, die Streitaxt schwingend, auf ihn. Makthar wich seinem Hieb aus, indem er sich im letzten Augenblick tief duckte und so verhinderte, dass er geköpft wurde. Doch er verlor das Gleichgewicht und stürzte zu Boden, wobei ihm das Schwert aus der Hand flog. Das ließ sich der Fammin nicht entgehen. Schon funkelte dessen Streitaxt über Makthars Kopf, und er glaubte, der letzte Moment seines Lebens sei gekommen. Doch die Klinge erreichte ihn nicht, wurde abgelenkt und krachte klirrend zu Boden, während der Fammin mit einem Grunzen zusammenbrach.

Das blutbesudelte Schwert fest in der Hand, stand Revrar hinter ihm. »Schnell, steh auf«, rief er und reichte dem Freund den Arm.

Da tauchte der Fammin, den ein Wurfmesser halb blind gemacht hatte, vor ihnen auf. Mit der einen Hand verbarg er seine blutende Augenhöhle, mit der anderen ließ er die Streitaxt durch die Luft rotieren. Revrar hielt mit dem Schwert den Lauf der niederfahrenden Klinge auf, doch der Fammin holte zu einem zweiten Schlag aus, und die Axt drang in Revrars Bauch ein.

»Nein«, rief Makthar mit erstickter Stimme.

Revrar sackte zu Boden und blieb liegen. »Lauf … lauf …«, röchelte er, »rette dich, rette dich und dein Kind!«

Von einer unbändigen, unbekannten Wut gepackt stieß Makthar unter Tränen einen gellenden Schrei aus und versenkte die Klinge seines Schwertes bis zum Heft in der Brust des Fammin.

Dann wandte er sich ab und rannte los, tiefer in den Wald hinein. Er lief so schnell, als sei ihm eine ganze Armee auf den Fersen. Karna und Sheireen, nur noch an die beiden durfte er denken. Noch war nicht alles verloren, wenn er seine Familie retten würde.

Nichts kündigte die Katastrophe an. Der Abend im Flüchtlingslager war nicht anders als andere auch. Karna war erschöpft. Sie hatte geputzt und sich um Sheireen gekümmert, hatte am Webstuhl gesessen und im Gemüsegarten gearbeitet. Doch den ganzen Tag hatte sie nur einen Gedanken im Kopf: Makthar. Die Sonne war fast schon hinter dem Wald versunken. Sie stand am Herd und schaute immer wieder hinaus, während das Gemüse fürs Abendessen in dem großen Topf vor sich hin köchelte. Als sie erneut aus dem Fenster blickte, rannte die alte Olesha mit aschfahlem Gesicht und panisch aufgerissenem Mund vor irgendetwas davon. Nur einen Augenblick später hörte sie von überallher lautes Grunzen. Wie gelähmt stand Karna da. Ihr war, als werde sie in die Vergangenheit zurückgeschleudert. Die Bilder waren wieder da: von einer Ansammlung armseliger Behausungen – wenn auch nicht mitten im Wald, sondern am Rand einer großen Stadt – und von ihrer Mutter, die ihre Schultern umfasste und sie aufforderte, sich rasch zu verstecken. Es war die Erinnerung an ihr Gesicht, an die verzweifelte Gewissheit, mit der sie Karna beschwor, sich in Sicherheit zu bringen, die sie in die Gegenwart zurückkehren ließ. Ihr blieb nur wenig Zeit. Alles hing davon ab, das Richtige zu tun, sonst war es um sie und ihre Tochter geschehen.

Sie hastete zu dem Kasten hinter ihrem Bett und nahm Sheireen auf den Arm. Die Kleine erwachte, erschrak und begann zu weinen.

»Schhh-schhh«, versuchte Karna, sie zu beruhigen. Sie legte sie an die Brust, und die Tochter schloss die Augen und begann zu saugen. Mit Sheireen auf dem Arm trat sie zur Truhe und nahm das Schwert heraus. Noch nie hatte sie eine solche Waffe benutzt, war sich aber sicher, dass sie in der Not damit töten könnte.

Sie schob den Teppich zur Seite und zog die Bodenklappe auf, zwängte sich durch die Öffnung, schloss die Falltür wieder und verkroch sich dort im finsteren Keller in einer Ecke. Reglos hockte sie da und wartete, während von oben unmenschliches Geschrei zu ihr drang, das Klirren und Schlagen von Schwertern und Streitäxten. Alles war genauso wie vor einem Jahr in Giarre. Karna schloss die Augen und zwang sich, nicht zurückzudenken und die Angst zu besiegen.

Heute ist alles anders, so schlimm wie damals wird es nicht kommen, denn Shevraar und ich haben einen Pakt geschlossen, es wird uns nichts geschehen.

Sie betete voller Inbrunst, und bald steigerten sich ihre Worte zu einem flehentlichen Appell. Dass Shevraar sich erinnern möge, dass dieses Kind hier seine Priesterin war, die Opfergabe, die sie ihm dargebracht hatte, als Gegenleistung für ihre Rettung.

Shevraar, verrate mich nicht! Verlasse mich nicht!

Makthar blieb an einer Wurzel hängen und stürzte zu Boden, rappelte sich aber sofort wieder hoch. Er keuchte, das Herz schlug ihm bis zum Hals, doch das war ihm gleichgültig, er musste es schaffen, musste so schnell wie möglich das Lager erreichen. Immer wieder sagte er sich, dass Karna stark war, dass sie wusste, wie sie in Gefahr handeln musste. Zudem hatten sie einen Plan für den Notfall besprochen, hatten ihn durchgespielt, er würde nicht fehlschlagen.

Endlich blieben die letzten Bäume hinter ihm zurück, und die schäbigen Hütten des Lagers tauchten vor ihm auf. Es war ruhig, eine unnatürliche Stille empfing ihn. Sie kündete vom Tod. Seine Befürchtungen wurden zu Gewissheit. Während er auf ihre Hütte zulief, bemühte er sich, nicht zu Boden zu schauen, denn der Weg war mit Leichen jeden Alters übersät, getötet durch Schwerter, Äxte, Krallen. Der Gestank des Blutes war widerlich. Der Schmerz zerriss ihm das Herz. Er kannte sie alle, jeden Einzelnen, aber er durfte nicht hinschauen, sonst würde er es nicht schaffen. Und doch konnte er nicht verhindern, dass sein Blick flüchtig über das Gesicht von Omar streifte, ein alter Bauer, der in einer Blutlache am Boden lag. Er hatte sich gegen die Fammin wohl nicht lange wehren können. Mit einem Hieb ihrer krallenbesetzten Klauen hatten die Bestien ihm die Wange so tief aufgerissen, dass er die Zähne darunter sehen konnte. Arme und Beine waren mit Schnitten und Rissen übersät, die fürchterlichste Wunde aber klaffte in der Brust. Offenbar hatten sich die Ungeheuer einen Spaß daraus gemacht, ihn noch eine Weile zu quälen, bevor sie ihn sterben ließen. So hatte der Tyrann sie erschaffen: Sie wollten nicht nur töten, sondern auch zerfleischen, schänden, Schmerz zufügen. Es war der Hass ihres Schöpfers, der sich darin ausdrückte, ein Hass, der tief war und unergründlich.

Tränen brannten Makthar in den Augen, und er dachte an Revrar. Ich werde dich nie vergessen, mein Freund. Er lief weiter, über die Leichen seiner Nachbarn, seiner Leidensgenossen hinweg. Er musste stark bleiben, durfte nur daran denken, so schnell wie möglich zu Karna und Sheireen zu kommen.

, dachte er.

Da traf ihn der Hieb. Makthar war, als passierte alles gleichzeitig: Fammin versperrten ihnen den Weg, ein Soldat, der den Trupp befehligte, rief: »Da sind noch welche übrig!«, und der entsetzliche Schmerz im Bauch. Der Fammin, dessen Klinge in seinem Fleisch steckte, stand genau vor ihm, die anderen waren noch ein Stück entfernt. Es war aus, es gab keine Hoffnung mehr für ihn.

Deutlich spürte er hinter sich seine Frau und seine Tochter. Sie konnten es noch schaffen, sie mussten es schaffen. Trotz der Schmerzen wirbelte er mit einem Schrei sein Schwert herum. Die Klinge traf. Eine Art Verwunderung schien in den sonst so ausdruckslosen Augen des Fammin auf, bevor er mit einem dumpfen Schlag zu Boden sackte.

Makthar rang nach Luft. Er riss den Mund weit auf, doch nur ein Röcheln entwich seiner Kehle. Da zog er Karna zu sich heran, sodass sie, mit Sheireen im Arm, vor ihm stand. Er schaute sie an, hoffte, dass sie ihn verstehen würde: Sie musste sich retten, zumindest einer von ihnen musste überleben.

Ihre Blicke trafen sich. Und wortlos sagten sie sich alles, erinnerten einander an das, was war und was hatte kommen sollen, an das gemeinsame Leben, das sie geplant hatten und das nun an diesem Waldrand endete. Dann ließ Karna seine Hand los, wandte sich ab und rannte voller Verzweiflung los. Der zweite Hieb traf Makthar von hinten, er bäumte sich noch einmal auf und spürte keinen Schmerz mehr. Über ihm verfinsterte sich der Himmel, und die Dunkelheit brach herein.

Karna rannte so schnell sie konnte, verdrängte alle Gefühle. Frauen wie sie durften nicht weinen, hatten immer stark zu sein, für sich und für andere. Wie eine Luftspiegelung sah sie die Bäume vor sich, während sie Sheireen noch fester an sich presste.

»Sie haut ab«, rief jemand hinter ihr.

Da traf sie ein Schlag im Rücken. Ein Fammin hatte seine Streitaxt geschleudert, gnadenlos und zielsicher, genau zwischen ihre Schultern. Ihr blieb die Luft weg, sie verlor das Gleichgewicht. Doch während sie stürzte, streckte sie eine Hand so aus, dass sich ihr Kind nicht wehtat. Sie fiel auf die Knie, rang nach Atem, ihr Blick verschleierte sich. Dann schaute sie an sich hinunter und sah in Sheireens pausbäckiges Gesicht. Ihre Wangen leuchteten rosafarben, und ihre offenen Augen blickten sie wie immer interessiert und hellwach an. Das war nicht das Gesicht eines verwundeten oder sterbenden Wesens. Karna lächelte. Trotz allem, etwas von ihr würde bleiben. Die wichtigste Sache ihres Lebens hatte sie gut gemacht.

Dann fiel sie zu Boden, und die Welt löste sich auf.