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Tom Hodgkinson & Dan Kieran (Hrsg.)

DAS BUCH

DER HUNDERT

VERGNÜGUNGEN

Illustriert von
Stephanie F. Scholz
Aus dem Englischen von
Michael Hein

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1. Auflage, August 2013

INHALT

Einleitung

DIE VERGNÜGUNGEN...

Ein Bad nehmen

Das Feuer schüren

Herumlümmeln

Blätter fangen

Der Balkon

Warten, dass der Tee zieht

Herumdümpeln

Baumhäuser

Durch die Stadt flanieren

Zaudern

Rauchen

Der Liegestuhl

Ein Nickerchen machen

Déjà vu

Die Parkbank

Sich auf dem Oberdeck des Busses zurücklehnen

Am Strand

Nur mal umschauen

Melancholie

Mit kleinen Kindern spazieren gehen

Singen

Sonnenstrahlen

Streichhölzer in Gemüse stecken, um daraus Gemüsemonster zu machen

Karten betrachten

Am Wegrand Essen sammeln

Die Wäsche aufhängen

Krank sein

In den Kleidern schlafen

Auf dem Klo sitzen

Grotten

Um die Wette Grimassen schneiden

Briefe nicht öffnen

Auf Bäume klettern

Lästern

Gedichte lesen

Den Neuheitenkatalog durchblättern

Draußen schlafen

Träumen

Geschichten erzählen

Den Wind in den Haaren spüren

Aus dem Fenster starren

Der Morgenmantel

Herbstliches Niesen

Mit dem Postboten plaudern

Die Namen der Bäume lernen

Einen Brief schreiben

Einen Luftsprung machen

Kastanien

Ein Kartenspiel

In alten Kirchen herumwandern

Schatten beobachten

Der Gartenschuppen

Sitzblockaden

Die Betrachtung von Dingen, die fliegen

Luftpolsterfolie platt drücken

Pfeifen

Sex am Morgen

Kleider machen Leute

Lächeln

Stillen

Bibliotheken

Vergessen

Kritzeln

Pantoffeln

Gähnen

Angeln

Auf und ab gehen

Steine hüpfen lassen

Fröhlich sein

Im Gras liegen

Zuschauen, wie der Fluss fließt

Schmetterlinge fangen

Abtauchen

Wolken beobachten

Schnee

Blumen

Im Secondhandladen

Sich auf ein Gatter lehnen

Mit dem Nachtzug fahren

Schnitzen

Zusehen, wie der Hagel aufs Pflaster prasselt

Sterngucken

Vögel beobachten

Klatsch

An der Wand lehnen

Sich herausputzen

Philosophieren

Auf einem Grashalm kauen

In guter Gesellschaft

Kartenhäuser bauen

Radfahren

Tanzen

Schallplatten sortieren

Im Waschsalon

Sich nass regnen lassen

Grabsteine lesen

Papier falten

Betrunken nach Hause gehen

Mit dem Hund rausgehen

In einer Hängematte liegen

Die Autoren

EINLEITUNG

Das Leben duldet keinen Aufschub; wo ein Genuss

zu haben ist, da ist es stets bereit dafür.

Samuel Johnson

Ziel dieses Buches ist es zu beweisen, dass die besten Dinge im Leben tatsächlich kostenlos zu haben sind. Seit rund zweihundert Jahren sind wir im Westen von der fixen Idee besessen, dass Spaß eine teure Sache sei. Wir placken uns mit Arbeiten ab, die uns überhaupt keine Freude machen, um auf diese Weise Geld zu verdienen, damit wir Dinge tun können, die uns Spaß machen. Nun, das müßige, kostenfreie Vergnügen hilft Ihnen dabei, diesem kostspieligen, enttäuschenden Irrtum zu entkommen. Das müßige Vergnügen hilft uns, auf elegante Weise dem Gedränge und Gehetze der Welt des angestrengten Schuftens und Shoppens zu entgehen und stattdessen in eine Welt der Freude und Freiheit einzutreten. Sich einem Vergnügen aus purer Lust daran hinzugeben ist vielleicht sogar ein Akt der Rebellion, was ihm einen gewissen zusätzlichen Reiz verleiht. Seit Martin Luther und all den freudlosen Puritanern nach ihm hat sich die protestantische Kirche gegen Vergnügungen ausgesprochen, weil sie zum ernsthaften Geschäft der Erlösung und des Geldverdienens nichts beitragen. Vergnügen, insbesondere wenn man nichts dafür bezahlen muss, ist in höchstem Maße nutzlos. Es trägt nichts zum Wirtschaftswachstum bei. »Das Verbrechen des Müßiggangs wird von dem Augenblick an vergeben, in dem es zum Konsum anregt«, schreibt der belgische Philosoph Raoul Vaneigem in Das Buch der Lüste. Und er fährt fort: »Nicht um weniger zu leiden, sondern um besser zu genießen, will ich kämpfen.«

Müßige Vergnügungen haben mit Selbstbestimmtheit, Freiheit und Unabhängigkeit zu tun. Wenn wir im Sommer unter den Bäumen im Park ohne Gewissensbisse ein Nickerchen machen, dann beanspruchen wir damit unser Recht darauf, so zu leben, wie wir wollen. Wenn wir ganz ohne Eile einen Bummel durch die Stadt machen und dabei allein dem Treiben des Lebens zuschauen, ohne dem Drang zum Kaufen nachzugeben, dann protestieren wir auf genussvolle Weise gegen die Arbeits- und Konsumgesellschaft.

Müßige Vergnügungen können uns auch wieder in Kontakt zur Natur bringen. In den letzten zwei bis drei Jahrhunderten bestand das große Ziel des Menschen darin, an der Natur alles das abzulehnen, was ihm nicht gefällt. Das ist der Grund, weshalb es Klimaanlagen, Zentralheizungen, Beton, Autos und soziale Netzwerke im Internet gibt. Diese vom Menschen erfundenen Dinge sind alle dazu angelegt, die schmuddelige Natur zu umgehen. Es sind Versuche, eine schöne neue Welt zu schaffen, in der man das Altern aufhalten kann und in der es Schmutz und Kälte nicht gibt.

Müßiggänger hingegen lieben die Natur. Sie kostet nichts und tut gut. Etwas so Einfaches, wie am Strand einen Stein über das Wasser hüpfen zu lassen, bringt uns auf den Boden der Erde zurück. Niemand muss den Stein dazu kaufen oder das Wasser mieten oder einen Kurs absolvieren, wie man Steine hüpfen lässt. Es gibt Steine genug. Ja, die Idee zu diesem Buch entstand, als Ged Wells und ich in der Woody Bay saßen, von meiner Wohnung aus der nächstgelegene Strand, und darüber philosophierten, dass die Natur alles kostenlos bereithält, während von Menschenhand gemachte Vergnügungen sehr teuer sind. Außerdem war uns aufgefallen, dass fernab von jedem Geschäft die Kinder weder stritten noch herumjammerten oder uns anbettelten, wir sollten ihnen etwas kaufen: Es gab genug Meer und Sand für alle, weshalb sich niemand darum zu streiten brauchte.

Müßige Vergnügungen sind zudem äußerst ökologisch. Nichts schädigt die Umwelt weniger, als nichts zu tun. Auf einer Wiese zu liegen und in den Himmel zu blicken kann man als eine geradezu planetenerhaltende Tat betrachten. Die Neigung des Menschen, sich überall einzumischen, und sein tragischer Tatendrang sind die Gründe für das gierige Abzapfen der Öle und Gase dieser Erde.

Wir sollten uns wieder anschauen, wie es früher gemacht wurde. Allzu oft wird jeder, der sich auf der Suche nach Ideen, wie man heute leben könnte, mit der Geschichte beschäftigt, als Romantiker oder Nostalgiker abgestempelt. Ich hingegen möchte behaupten, das Gegenteil zu tun, also an die Zukunft zu glauben, ist völlig unvernünftig. Die Zukunft ist noch nicht passiert und bleibt deshalb etwas ganz und gar Abstraktes. Und führt denn ein Sammelsurium von technischen Spielereien, die vermeintlich Arbeit sparen, wirklich dazu, dass Arbeit eingespart wird? Führen diese ganzen Apparate, die kurzen Prozess machen sollen mit der lästigen Plackerei, nicht in Wirklichkeit dazu, dass sich unser Arbeitspensum erhöht, weil wir dann nämlich, mit den Worten eines modernen Marktstrategen zu sprechen, von uns »mehr Leistung« erwarten? Die alte Idee, selbst für seinen Spaß zu sorgen, seine eigene Fantasie und Kreativität dafür einzusetzen, statt jemand anderen dafür zu bezahlen, ist meiner Meinung nach die vernünftigere Herangehensweise. Und was könnte einfacher sein und mehr Freude machen, als sich auf eine Gartenpforte zu lehnen? Ich sage Ihnen, Sie werden entdecken, worauf es wirklich ankommt im Leben.

In einer Welt voll Stress und Ärger und pausenloser Schufterei kann das müßige Vergnügen uns dabei helfen, wieder zu leben und Freude daran zu haben, unserer angeborenen Liebe zur Natur, zur Sinnlichkeit und zur Geselligkeit zu frönen, ohne uns den Rücken zu ruinieren oder eine Bank zu überfallen. Lasst uns die Fesseln des modernen Lebens abschütteln und uns ganz dem Vergnügen hingeben. Das ist das Wahre.

Tom Hodgkinson

North Devon, Februar 2008

DIE VERGNÜGUNGEN

EIN BAD NEHMEN

In einer Welt der »Power-Duschen« und der belebenden »Glücksrausch«-Duschgel-Produkte für den modernen Karrieremenschen tut man gut daran, sich der einfachen Vergnügung eines ausgiebigen, wohltuenden Bades zu erinnern, für das man vorzugsweise gegen elf am Morgen in die Wanne steigt, wenn alle in den Fabriken schuften und Sie sich telefonisch krankgemeldet haben. Folgen Sie der mittelalterlichen Tradition und füllen Sie das Bad mit duftenden Kräutern und Rosenblüten. Laden Sie Ihre Geliebte zu sich in die Wanne. Bleiben Sie viel zu lange in der Wanne und lassen Sie regelmäßig heißes Wasser nachlaufen, indem Sie den Drehknopf mit dem Fuß bedienen, weil Sie einfach zu faul sind, um sich aufzusetzen und es mit der Hand zu tun. Liegen Sie bloß da und schauen Sie zur Decke, bis Sie beinahe – aber nicht ganz – sanft ins Land der Träume entschlummern, völlig entspannt, während der Schaum um Sie herum langsam in die Höhe steigt und der Arbeitsalltag zur Bedeutungslosigkeit verblasst.

TH

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DAS FEUER SCHÜREN