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Dr. oec. Klaus Blessing
Geboren 1936 in Liegnitz, 1958 Abschluss als Dipl. Wirtsch. an der Karl-Marx-Universität Leipzig, betriebswirtschaftliche Tätigkeit in metallurgischen Betrieben und Kombinaten der DDR; 1970 Abteilungsleiter, ab 1980 Staatssekretär im Ministerium für Erzbergbau, Metallurgie und Kali. Promotion an der Bergakademie Freiberg zum Dr. oec., 1986–1989 Abteilungsleiter Maschinenbau und Metallurgie im ZK der SED; Autor mehrerer politischer Sachbücher u.a. »Ist sozialistischer Kapitalismus möglich?« (2003) und »Die Schulden des Westens« (2010), Publizist in mehreren Tageszeitungen.
Dipl.phil. Manfred Manteuffel
1934 in Danzig geboren. 1950–1952 Lehre als Stahlschiffbauer in Wismar. 1953–1956 Studium an der Ing.-Offz.-Schule der Seestreitkräfte, Fachrichtung Schiffsmaschinenbetrieb. Einsatz als Ingenieur auf Schiffen der Volksmarine. 1972–1975 Studium der Philosophie an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Abschluss als Dipl-phil. 1977 Besuch des Lehrgangs Führungskräfte an der Militärakademie Dresden. 1984 als Fregattenkapitän a.D. aus der Volksmarine ausgeschieden. 1984–1990 Referent für Kirchenfragen beim Rat der Stadt Rostock.
eISBN 978-3-86789-810-2
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Statt einer Einleitung: einige Fragen an die Autoren
I. Der manipulierte »Präsident der Herzen«
II. Kurzbiografie Joachim Gauck
III. Gauck und die Staatssicherheit
Ein Gauck-Interview im ZDF und seine Folgen
Gauck mit eigenen (Stasi)-Waffen schlagen
Was sind die »Eidesstattlichen Versicherungen« Gaucks wert?
Urteil des Landgerichtes Rostock
Die Wahrheit
Aus dem Bericht des MfS-Hauptmanns Terpe
IV. Joachim Gauck – der »Rächer«
Die Geschichte der Stasi-Behörde
Die Toten klagen an
V. »Die Vorwürfe gegen meinen Vater waren willkürlich«
Die Wahrheit aus russischen Archiven
VI. Verschweigen, was missfällt
Gauck und »Onkel Schmitt« – ein strammer SA-Führer
Gaucks »rechtes« Gedankengut
Pastor Gauck und das sechste Gebot
Der gierige Gauck – Empfänge, Lesungen, Ehrungen
VII. Pastor Gauck und das achte Gebot
Gaucks Umgang mit der Wahrheit
VIII. Der Gaucksche Freiheitsbegriff – inhaltsleer
IX. Gauck als »Ehrenbürger« von Rostock
(nach Angaben von Günter Althaus, Rostock)
Wo war der redselige Pfarrer, als Rostock-Lichtenhagen brannte?
X. Pfarrer Gauck und die Christenheit
»Einer der Schwächsten« wird mehrfacher Ehrendoktor
Das Votum von Theologen: Als Präsident ungeeignet
Die evangelische Landeskirche Mecklenburg
XI. Joachim Gauck – der ungeeignete Präsident
Die ersten Reden im Ausland
Rede zum Seniorentag – und die Enttäuschung der Menschen
Rede vor der Bundeswehr – und die Schreie der Entrüstung
Gauck in Genf
XII. Das Fazit: Was nun, Herr Präsident?
Anlagen
1. Schreiben an den Bundestagspräsidenten
2. Der »Terpe-Bericht«
3. Erklärung d.Willy-Brandt-Kreises zum Umgang mit den Stasi-Akten
4. Die elementaren Menschenrechte – von Prof. Dr. Schneider
5. Erklärung von Theologen zur Präsidentenwahl – FAZ vom 3.3.2012
6. Prager Erklärung vom 24.–26.2.2010
7. Die Mecklenburgische Kirche – KONKRET Nr.4/12
Danksagung
Abbildungsnachweis: dapd (Titelbild, S. 19, 97, 114, 139, 143); picture alliance (S. 43); dpa (S. 22, 110, 120, 126, 143, 147); screenshot/b-event-com (S. 101); Bildschirmfotos ZDF (S. 33, 35, 88); Bildschirmfoto SAT 1 (S. 90), Archiv Junge Welt (S. 86, 113); Karikaturen mit freundlicher Gehmigung von Klaus Stuttmann (S. 20, 160); Faksimiles: Archiv der Autoren
Joachim Gauck ist nunmehr über ein Jahr im Amt des Bundespräsidenten. Nach Medienberichten erfolgreich und beliebt. Es gibt bereits einige Bestseller von und über Gauck, wollen Sie mit Ihrem Buch damit konkurrieren?
Dass Gauck-Publikationen Bestseller geworden sind, zeigt das große Interesse an der Vita dieses weitgehend unbekannten Wesens, besonders in westlichen Gefilden. Die Bestseller zeichnen jedoch ein völlig einseitiges Bild. Die Gauck-Biografie von Norbert Robers1 ist bestellte Hofberichterstattung, eine Anbiederung und Lobpreisung. Ein Satz: Ein »Grund für seine Attraktivität als Bundespräsident liegt in seiner Persönlichkeit begründet. Seine Mehrdimensionalität strahlt aus und zieht an.« Gauck steht jedoch exemplarisch für »Eindimensionalität«: Vergangenheitsbewältigung im Kontext mit Kommunistenhass und Kommunistenhatz. Gaucks »Winter im Sommer – Erinnerungen«2, die allerdings gar nicht von ihm selbst geschrieben, sondern von der Publizistin Helga Hirsch aus acht Monate langen Gesprächen zusammengestellt worden sind, sind Selbstbeweihräucherung. Die kritischen Stellen in seinem Leben werden in beiden Bestsellern ausgespart oder beschönigt. Und die von Gauck selbst publizierte inhaltsleere »Freiheit«3, ein marktwirksam hochgejubelter Vortrag, ist nicht des Erwähnens wert. Wir wollen und werden keine neue Biografie dagegen setzen, sondern vorrangig schwarze Stellen im politischen und persönlichen Leben des Gepriesenen ein wenig aufhellen. Davon gibt es genügend. Wir werden auch offenkundige Verdrehungen und Unterlassungen in den bestellten Biografien aufdecken und auf Grund unserer Erkenntnisse und Recherchen richtig stellen. Dabei beziehen wir ganz bewusst möglichst viele Meinungen von Bürgern, Organisationen und Publikationen ein. Wir haben viele hundert Fernsehsendungen und Presseveröffentlichungen von, mit und über Gauck ausgewertet. Die brisantesten haben wir auszugsweise dokumentiert. Unser Buch lebt von Originalen: Dokumenten, Zeugen, Bürgermeinungen, Standpunkten – und von sachbezogener Polemik. Wir sehen es gegenüber der Öffentlichkeit als unsere Pflicht an, die einseitige und häufig verfälschte Berichterstattung dadurch zu korrigieren und Wahrheiten über die Person zu vermitteln, die protokollarisch an erster Stelle des Staates steht. BILD fragt provokant: »Ist er der beste Präsident aller Zeiten?«4 Ein Hohn auf mehrere seiner Amtsvorgänger. Und sie wird auch nicht gestützt durch Umfragen, vor allem im Osten. In der THÜRINGER ALLGEMEINEN (vom 19. März 2013) antworten auf diese Frage 88 Prozent mit »nein«.
BILD zitiert aus dem Interview mit Gauck: »Zunächst einmal gehört ein ganz genaues Überprüfen und Hinterfragen von Politikern zu unserer politischen Kultur.« Nichts anderes haben wir getan. Der TAGESSPIEGEL resümiert nach einem Jahr Gauckscher Präsidentschaft: »Er sagt nach diesem einen Jahr, an Millionen gewandt, Politiker müssten die Wahrheit sagen, nichts verschweigen – und sagt es sich selbst. Er muss sich auch daran halten.«5 Daran – am Wahrheitsgehalt und dem Nichtverschweigen – haben wir ihn gemessen. Die Ergebnisse sind erschreckend.
Dazu gehört doch selbstverständlich auch die Auseinandersetzung mit Originalaussagen von Gauck?
Natürlich. Wir bitten den Leser um Nachsicht, wenn wir an einigen Stellen umfangreichere Zitate von Gauck selbst aus seinen Reden und Schriften verwenden.6 Es ist teilweise eine Zumutung, den Tiraden, Verdrehungen und hohlen Phrasen zu folgen, aber nur dadurch ist unsere Auseinandersetzung authentisch.
Welche Erkenntnisse soll Ihr Buch vermitteln?
In erster Linie die, dass es Gauck mit der Korrektheit seiner Aussagen nicht immer so genau nimmt. Das wird durch Zeugenaussagen und Dokumente gestützt. Wir weisen nach, dass Gauck entgegen mehrerer eidesstattlicher Versicherungen – die wir beifügen – seit 1986 auf eigenen Wunsch Kontakte zum Ministerium für Staatssicherheit (MfS) gesucht, gefunden und persönliche Vorteile erreicht hat. Das Landgericht Rostock hat in einem rechtskräftigen Urteil vom 22.9.2000 zugelassen »Gauck im Sinne des Stasi-Unterlagengesetzes als Begünstigten zu bezeichnen.« Das Verwerfliche ist nicht nur, dass er sein Verhalten leugnet und umdeutet, sondern dass er als Leiter der »Stasi-Behörde« Menschen, die nichts anderes und weniger getan haben, erbarmungslos gejagt hat. Wir dokumentieren einige dieser Fälle, wo ehrenwerte Menschen dadurch zum Selbstmord getrieben wurden. Wir konzentrieren uns aber nicht nur und nicht einmal vorrangig auf die Stasi-Problematik, obwohl Gauck ohne diese kein Politikum darstellen würde. Wir enthüllen die Widersprüchlichkeit seiner Aussagen, weitere Unwahrheiten, Halbwahrheiten, Verdrehungen und Unterschlagungen aus seinem Leben und entlarven seine Hetze als Prediger, Vortragsreisender und Präsident.
Sie werfen die Frage auf, ob Gauck in seinen »eidesstattlichen Erklärungen« die ganze Wahrheit gesagt hat.
In diesem gepriesenen »Rechtsstaat« kann gelogen und betrogen werden, dass sich die Balken biegen. Niemand braucht sich über unsere »politische Elite« wundern, wenn sie davon reichlich Gebrauch macht. Das ist nicht immer justitiabel. Diese Rechtsposition hat nicht ein Laie, sondern der ehemalige Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer veröffentlicht.7 Er schreibt: »...nicht alles, was wir moralisch verachten..., führt zu rechtlichen oder gar strafrechtlichen Folgen. Das heißt: Die Lüge, also die bewusste falsche Behauptung einer Tatsache, ist nicht strafbar. Der Lügner wird aber dann bestraft, wenn z.B. seine Lüge zu einem Schaden führt...« Die Frage muss also lauten: Wurde hier Schaden zugefügt?
Wir haben es jedoch mit dem Bundespräsidenten zu tun. Dieser genießt besonderen Rechtsschutz. Ob jedoch ein Bundespräsident und ehemaliger Pfarrer, der als höchster Repräsentant das Land vertreten sollte, so lax mit der Wahrheit umgehen kann, ist eine berechtigte Fragestellung.
Sie behaupten, dass Gauck weitere Entstellungen über sein Leben verbreitet hat, welche?
Da ist z.B. die Sache mit seinem Vater. Immer wieder wird von ihm behauptet, sein Vater sei wegen eines belanglosen Briefes eines DDR-Flüchtlings von den Kommunisten in die Sowjetunion verschleppt worden. Wir dokumentieren aus der Arbeit eines österreichischen Historikers, der in sowjetischen Archiven recherchierte, dass eine rechtskräftige Verurteilung wegen Spionage für ausländische Mächte, konterrevolutionärer Tätigkeit und antisowjetischer Propaganda erfolgte. Gauck verschweigt auch für ihn unangenehme, im wahrsten Sinne des Wortes schwarze Flecken in seinem Leben.
Gauck wuchs in einem Elternhaus mit starker Bindung zu Hitler-Deutschland auf?
Ja, seine Eltern waren zeitig der NSDAP beigetreten. Dafür kann Joachim Gauck natürlich nichts, niemand kann sich sein Elternhaus aussuchen. Aber Gauck setzt sich mit dieser Vergangenheit, die offensichtlich tiefe ideologische Spuren hinterlassen hat, nicht auseinander. Äußerungen von Gauck stellen DDR und NS-Verbrechen auf eine Stufe: »Insgesamt erfüllt es mich mit tiefer Genugtuung, dass wir ein Spezialgesetz (Stasi-Unterlagengesetz) geschaffen haben, das zur Delegitimierung der vergangenen Diktatur beigetragen hat. Ähnliches hatten die Alliierten nach dem zweiten Weltkrieg im Sinn, als sie in Nürnberg ein spezielles Tribunal errichteten, vor dem ›Verbrechen gegen den Frieden und die Menschlichkeit‹ verhandelt wurden.«8 Diese Meinungsäußerung und weitere geschmacklose Gleichsetzungen von DDR und Faschismus von Herrn Gauck sind wirklich nicht mehr zu toppen: Stasi-Akten sind nach gleichen Kriterien zu behandeln, wie Nazi-Verbrechen mit 60 Millionen Toten! Andere Äußerungen von Gauck sind revanchistisch: »Die Kommunisten zementierten grobes Unrecht, als sie 1950 die Oder-Neiße-Grenze als neue deutsch-polnische Staatsgrenze anerkannten.«9 Nirgends, auch nicht nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten, finden sich zu diesen Positionen klarstellende Bemerkungen, alles bleibt im Dunkeln.
Welche Wertungen treffen Sie über die bisherige Gaucksche Präsidentschaft?
Das Grundgesetz verpflichtet den Bundespräsidenten zu »Gerechtigkeit gegenüber jedermann«. Gemäß Bundespräsidialamt wird vom Amtsinhaber politische Neutralität und Abbau von Vorurteilen verlangt. Der Herr Präsident scheint jedoch zu übersehen, dass er nicht Präsident ist, um seine persönliche Meinung unter das Volk zu tragen. Selbst die bürgerliche Presse kommt zu der Erkenntnis, dass Gauck vorrangig in Worte verliebt ist: »Joachim Gauck sieht sich nämlich vor allem als der ›Bürger Gauck‹, der jetzt, angekommen in diesem Land, in diesem Amt, frei sagen kann, was die anderen Bürger nicht so sagen können... Er formuliert auch schön. Man freut sich zu sehen, wie Gauck sich daran freut. Und man ist geneigt zu überhören, wie er sich größer macht auf Kosten anderer.«10
Gaucks öffentliche Auftritte sind geprägt vom Ausleben seines unglaublichen Hasses auf alles, was irgendwie mit DDR und Sozialismus zusammen hängt und mit einer persönlichen Anbiederung an diejenigen, die ihn auf den Präsidentenstuhl gehievt haben oder vor denen er gerade spricht. Seine staatsmännische Verantwortung zur Wahrnehmung der Interessen des Volkes ist bisher nicht spürbar, weder was dessen soziale Nöte betrifft, noch was die Friedenspflicht Deutschlands angeht. Gauck bedient die Interessen des deutschen Kapitals und nicht die seiner Bürger. Sein inhaltsleeres Freiheitsgeschwätz geht auf die Nerven. Zukunftsweisendes hat er nicht zu sagen. Seine von ihm selbst hochgejubelte »Europa-Rede« wird von bürgerlichen Presseorganen als »Gaucks Leere« bezeichnet.11
Sie kritisieren besonders seine Rede vor der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg?
Ja, besonders, aber nicht nur die. Wir haben im Buch einige der schlimmsten Ausfälle aus seinen Reden und Publikationen dokumentiert. Es stimmt, die Rede vor der Führungsakademie der Bundeswehr stellt einen besonderen Höhepunkt dar. Leider steht Gauck mit Verunglimpfungen der DDR-Soldaten als schiesswütige Monster einerseits und der Bundeswehr als friedensstiftende Engel andererseits nicht allein. Die Bundeskanzlerin hat seine Formulierungen schon vor Jahren übertroffen. (siehe Abschnitt »Freiheit«)
Zu DDR-Zeiten hing in Pfarrer Gaucks Zimmer die bekannte Losung: »Macht Schwerter zu Pflugscharen.« Heute segnet der wandelbare Pfarrer als Präsident die Auslandseinsätze der Bundeswehr politisch ab.
Weil einer der immer schneller verschleißenden Vorgänger von Gauck es gewagt hatte, die wahren Ursachen der Auslandseinsätze zu enthüllen – Rohstoffsicherung für die Profite der Wirtschaft – wurde er bekanntlich »gegangen«.
Wie würden Sie Gauck charakterisieren?
Da lassen wir Wegbegleiter sprechen, die ihn länger und besser kennen. Pastor Hans-Jochen Tschiche – engagierter und nicht angepasster Bürgerrechtler – sagt über Gauck: »Ach, wissen Sie, bei Joachim Gauck kann man eine Art Schauspiel betrachten, das der kindlichen Eitelkeit. Es ist fast niedlich, wie eitel der Kerl ist... Ich sage mir, Tschiche, wenn Du nicht den Mund aufmachst und zu dem Falschspieler was sagst, kannst Du auch später nichts mehr sagen. Außerdem bin ich sicher, dass es mit Gauck noch ordentlich Theater geben wird.«12 »Ein Mann, von keinem Selbstzweifel geplagt, von einer Aura kindlicher Eitelkeit umgeben, der in der Öffentlichkeit mit herablassender Jovialität seine Worte auf seine Zuhörer herabfließen lässt, bietet zwar ein interessantes Schauspiel, aber erfüllt nicht die Erwartungen an einen Präsidenten.«13
Peter-Michael Diestel meint: »Gauck will nicht Versöhnung, Gauck will... abstrafen und damit Rache. Immer wollte er Macht über und gegen Menschen ausüben. Vor der Wende kungelte er mit der Stasi..., nach der Wende mit den Stasi-Unterlagen. Er ist auf seine Weise ein Bruder von McCarthy. Gebrüder Unerbittlich.«14 »Wendig wendete sich Gauck (1989) vom Machtfaktor MfS ab und dem neuen Machtfaktor zu. Als wiederum dieser 1998 seine Wende erlitt (von der SPD- zur CDU-geführten Regierung), wendete sich Gauck wendig dem gegenwärtigen Machtfaktor zu. Wie bezeichnete man früher einen solchen Charakter?«15
Das Mitglied der Rostocker Bürgerschaft, Günter Althaus, meint: »Gauck ist kein Versöhner, sondern ein Spalter. Er redet den Menschen nach dem Munde. Sein intellektuelles Niveau und die politische Haltung Herrn Gaucks zeigten sich für mich schon vor Jahren, als er in einem Fernsehinterview in seiner geschwätzigen Art meinte, wenn die Franzosen 1957 das Saarland zurückgegeben hätten, hätten das die Polen mit den deutschen Ostgebieten auch tun sollen.«
Der im Juli 2003 emeritierte Pastor der evangelisch-lutherischen Innenstadtgemeinde in Rostock, Dr. Jens Langer, meint: »Gauck hat sich anhaltend zu wichtigen Themen des vorigen Jahrhunderts im Kontext der Vergangenheit geäußert. Staatssicherheit, Umgang mit ihren Akten, Anpassung und Identitätsbewahrung. Er arbeitete sich damit vor allem an Stolpe und Gysi ab. Das war penetrant manisch und jeder von beiden eine Nummer zu groß für ihn. Der Tunnelblick verengte den Horizont. Die Probleme des 21. Jahrhunderts kamen nicht vor. Am Ende des Tunnels sieht er aber immer ein Licht, die Bundesrepublik Deutschland als die beste aller Welten, und diese Wahrnehmung wird stets mit warmen Pathos angesagt, bevor er sich wieder einmal an die Brust des geliebten Staates wirft.«16
Eine verbürgte Aussage seiner (Noch)Ehefrau aus den Zeiten der »Wende« lautet sinngemäß: Wenn mein Mann in der Öffentlichkeit und im Mittelpunkt des Interesses steht, neigt er zu Übertreibungen und nimmt es mit der Wahrheit nicht so genau.
Und Ihre persönliche Meinung nach den umfangreichen Recherchen?
Die Leser mögen sich nach der Lektüre unseres Buches ein eigenes Urteil bilden. Wir werden uns – auch aus rechtlichen Gründen – mit Werturteilen weitgehend zurück halten. Wir lassen lieber Tatsachen sprechen. Unsere Recherchen fördern jedoch ein Menschenbild zutage, das uns befremdet hat. Eine seiner eigentümlichen Charaktereigenschaften ist offenkundig die Selbstdarstellung, aber nicht nur um sich darzustellen, sondern auch um andere Menschen zu manipulieren. Er brüstet sich mit der Selbsteinschätzung: »Es ist mir immer gelungen, Menschen zu etwas zu bringen, was sie sonst nicht getan hätten.«17
Wie ist es möglich, dass in einer modernen Gesellschaft mit praktisch unbegrenzten Kommunikationsmöglichkeiten eine Person mit derartigen Defiziten Präsident der Bundesrepublik Deutschland werden konnte und bis heute medial von einer Aura der »Beliebtheit« überzogen wird?
Diese Frage stellen wir uns und viele Bürgerinnen und Bürger auch. Die politische Zweckbestimmung liegt auf der Hand. Gaucks rückwärts gerichteter Antikommunismus ist für die Herrschenden nützlich zur Abwehr von vorwärts weisenden Gedanken zur progressiven Veränderung der Gesellschaft. Ein aktuelles Buch eines anerkannten Psychiaters und Psychoanalytikers öffnet vielleicht die Augen über die menschlich-psychologischen Ursachen derartigen Verhaltens.18 Der Autor Hans-Joachim Maaz kommt zu dem Schluss, dass das Wirken vieler mächtiger Politiker und der kapitalistischen Gesellschaft als Ganzes in hohem Maße auf psychopatische Fehlsteuerungen der Handelnden zurückzuführen ist. Er bezeichnet dieses Verhalten als »pathologischen Narzissmus«, dessen Wurzeln in der Kindheit gelegt wurden.
Sie legen so viel Wert auf Verhaltensweisen und Charakterzüge von Gauck, geht es nicht viel mehr um die politischen Positionen?
Natürlich geht es um die politischen Positionen. Aber: der Charakter des Handelnden bestimmt oftmals seine Politik. Natürlich hat Jeder Recht, der an dieser Stelle einwendet: Mit den Charaktereigenschaften vieler anderer Politiker steht es auch nicht zum Besten. Niemand hat sich ja vor Antritt seines Postens einem Charaktertest zu unterziehen. Es gibt keinen verfassungsrechtlichen Verhaltenskodex für Bundespräsidenten. Jedoch die Gesellschaft integrieren statt spalten, versöhnen statt rächen, vorwärts weisen statt Vergangenheit überzubetonen, gehören bestimmt dazu. Es gibt bisher von Gauck keine einzige politisch überzeugende Idee in einer sich immer weiter zuspitzenden gesellschaftlichen Entwicklung. Gauck lebt in seiner kleinen Welt in der Vergangenheit.
Warum konzentrieren Sie sich in Ihrer Auseinandersetzung auf Gauck?
Es ist richtig, dass es letztlich nicht um Gauck, sondern um die Politik dieses Landes geht, deren oberster Repräsentant allerdings Gauck ist. Die Politik der gesamten Bundesrepublik wird unsozialer, aggressiver und rückt nach rechts. Gauck verkörpert eine extreme Verschiebung der politischen Koordinaten und Gauck ist am angreifbarsten. Letzteres wollen wir nutzen, um ein politisch sichtbares Zeichen zu setzen.
Ist nicht daraus zu schlussfolgern, dem Herrn Präsidenten zum »letzten Großen Zapfenstreich« zu verhelfen?
Das liegt nicht in unserer Macht. Darüber entscheiden andere politische Kräfte, vorrangig führende Massenmedien, wie die »Affäre Wulff«19 gezeigt hat. Jedoch: Der anerkannte Staatsrechtler Prof. Dr. Herbert von Arnim vertritt den Rechtsstandpunkt, dass unangemessenes Verhalten, Verheimlichen und unvollständiges Darstellen der eigenen Biografie vor der Amtseinführung ein Rücktrittsgrund sind.20 Uns ist jedoch klar, dass ein Rücktritt in der heutigen von einigen Medien dominierten Meinungsbildung nur dann gelingt, wenn meinungsbildende Massenmedien dafür gewonnen werden. Wir haben erlebt, wie bei Gaucks Vorgänger die Medien – allen voran BILD – innerhalb kürzester Zeit einen Meinungsumschwung von einem »beliebten« Präsidenten zum Abschiedskandidaten herbeigeführt haben.
Einer der Großen in der Medienbranche muss beginnen, dann entwickelt sich die mediale Eigendynamik: Keiner will dann zurückstehen.
Unsere Hoffnungen darauf sind jedoch nicht groß! FAZ und FOCUS haben sogar abgelehnt, eigene veröffentlichte Recherchen zu Gaucks Vergangenheit für unser Buch freizugeben.
Wir hatten bereits vor der Wahl Gaucks zum Bundespräsidenten entscheidende Politiker – alle im Bundestag vertretene Parteivorsitzende, Bundestagspräsident, mehrere Wahlmänner und -frauen – informiert, wer da vereidigt wird. (Brief an den Bundestags präsidenten Anlage 1) Leider gab es darauf nur wenige, zumeist nichtssagende Reaktionen. Das ist nicht nur entlarvend, sondern auch blamabel. Deshalb sollte die Öffentlichkeit stärkeren Druck ausüben. Aus diesem Grund bitten wir auch die Leser unseres Buches um Mithilfe. Verwenden Sie unsere Fakten, verbreiten Sie diese weiter und konfrontieren Sie die Medien und Politiker damit.
Anmerkungen
1 Norbert Robers »Joachim Gauck – Vom Pastor zum Präsidenten– Die Biografie« Koehler & Amelang2012
2 Joachim Gauck »Winter im Sommer – Frühling imHerbst – Erinnerungen« Pantheon 2011
3 Joachim Gauck »Freiheit – Ein Plädoyer«Kösel-Verlag München 2012
4 BILD vom 17.3.2013
5 »Ein Jahr Joachim Gauck« – Leitkommentar des TAGESSPIEGEL vom 18.3.2013
6 Alle originalen Gauck-Zitate sind zur sichtbaren Abgrenzung zum übrigen Text kursiv geschrieben.
7 Dr.Bernhard Dombek »Wann bleiben Lügen folgenlos?« –TAGESSPIEGEL vom 22.4.2012, S. 16
8 Gauck »Winter im Sommer...« S. 316/317
9 Gauck im »Schwarzbuch des Kommunismus«; Piper München-Zürich 1999, S. 887
10 Leitkommentar des TAGESSPIEGEL vom 2.7.2012
11 Leitartikel des TAGESSPIEGEL vom23.2.20123
12 Jana Hensel im Interview mit Hans-Jochen Tschiche »Der Anti-Gauck« in DER FREITAG vom 2.3.2012
13 Hans-Jochen Tschiche in der SÜDDEUTSCHEN zeitung vom 27.2.2012
14 Peter-Michael Diestel in »Das Gauck-Lesebuch«, Eichborn-Verlag 1998, S. 61
15 Peter-Michael Diestel »Auf Wiedersehen, Herr Gauck« in DER FREITAG vom 28.4.2000
16 Dr. Jens Langer »Rückgetreten, nachgetreten« in Rostocker Stadtgespräche, Heft 60, S. 3/4
17 Zitiert in der FAZ vom 26.2.2012
18 Hans-Joachim Maaz »Die narzisstische Gesellschaft – Ein Psycho-gramm« – Verlag C.H. Beck, München 2012
19 Vgl. Martin Heidemanns/Nikolaus Harbusch »Affäre Wulff« Schwarzkopf & Schwarzkopf, 2012 – Hans-Jürgen Arlt, Wolfgang Storz Otto-Brenne-StiftungOBS-Arbeitsheft 71 »BILD und Wulff – Ziemlich beste Arbeitspartner«
20 Prof. Dr. Hans Herbert von Arnim »Warm der Bundespräsident nicht zurücktreten kann« – Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht EXTRA 4/2012 S. 1–4
Es wird kolportiert oder zumindest vermutet: »Am Montag – nach der Präsidentenwahl – dürfte vor allem der SPD-Chef Sigmar Gabriel aus dem Jubeln kaum heraus gekommen sein. Er hat nicht nur in der zweiten Runde seinen Mann durchgesetzt, sondern kann zudem zufrieden schwere Irritationen in der Regierungskoalition verzeichnen.«1 Parteitaktisches Gekungele mit FDP und Grünen hatte die Kanzlerin dazu gezwungen, der Kandidatur Gaucks zuzustimmen.
Der Vorgang wird wie folgt beschrieben: »Zwischen der Nominierung von Joachim Gauck am 19. Februar 2012 und dem Rücktritt von Christian Wulff lagen nur 52 Stunden. SPD und Grüne legen sich frühzeitig erneut auf Joachim Gauck als Kandidaten fest. Kanzlerin Merkel ist entschlossen, eine Kandidatur des ehemaligen DDR-Dissidenten durch die Union zu verhindern. Die Regierungsparteien CDU, CSU und FDP diskutieren nach Wulffs Rücktritt andere Namen. (Norbert Lammert, Wolfgang Huber, Andreas Voßkuhle, Klaus Töpfer)
Plötzlich der überraschende Vorstoß von FDP-Parteichef Philipp Rösler. Am 19. Februar um 15.44 Uhr verbreitet die DPA als Eilmeldung: ›FDP unterstützt Gauck.‹ Und das, obwohl die Kanzlerin zuvor ausdrücklich klargemacht hatte, dass Gauck nicht ihr Kandidat ist. ›Eins ist klar, Gauck wird’s nicht‹, soll sie am Nachmittag in der Telefonschaltkonferenz mit dem CDU-Präsidium gesagt haben. Merkel erklärte in dieser Runde, sie würde Gauck schätzen. Sein einziges Thema, die Idee der Freiheit, aber reiche allein nicht aus für ein deutsches Staatsoberhaupt. Sie erinnerte an die Krise an den Finanzmärkten und Europa. Da brauche das Land einen Präsidenten, der den Menschen die Krise erklären könne.
Um 15.52 Uhr – nur acht Minuten später – die nächste Eilmeldung der DPA: ›Union lehnt Gauck als Präsidentenkandidat ab – Koalitionskrach‹. Der Kandidat – plötzlich wird er zur Zerreißprobe zwischen Union und FDP, die Koalition droht zu platzen. Vier Stunden vergehen, bis Angela Merkel in einer Telefonschalte des CDU-Präsidiums dem Kandidaten schließlich doch zustimmt.«2
Am 23. März 2012 wird der Kandidat durch Bundestagspräsident Lammert vereidigt: »Sehr verehrter Herr Bundespräsident, lieber Herr Dr. Gauck... Sie werden getragen von einer Woge der Sympathie. Es ist Ihnen und Ihrem Amt zu wünschen, dass dies so bleibt, nicht nur am Beginn einer fünfjährigen Amtszeit. Die Erwartungen, die an das Amt gestellt werden, sind hoch. Und die Hoffnungen, die sich auf Ihre Person richten, sind vielleicht noch größer. Wer ein Amt übernimmt, braucht das Vertrauen der Menschen, die er vertreten soll. Sie, lieber Herr Gauck, genießen dieses Vertrauen, und wir wünschen ihnen bei Ihrer Amtsführung alles Gute, vor allem eine glückliche Hand zum Wohle der Menschen in unserem Land.«
Der Herr Bundestagspräsident hatte noch am Tage vor der Vereidigung einen dringlichen Brief3