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Gekaufte Spieler

Erzählt von Megan Stine
und H. William Stine

Aus dem Amerikanischen
übertragen von Eva Riekert

Kosmos

Umschlagillustration von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)

Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage

der Gestaltung von Aiga Rasch

Aus dem Amerikanischen übertragen von Eva Riekert

Titel der Originalausgabe: „The Three Investigators – Long Shot“

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© 2013, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

Based on characters by Robert Arthur.

ISBN 978-3-440-14178-6

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Spielerglück

Das Geräusch hörte sich wie das unheilvolle, ferne Rumpeln eines Erdbebens an. In Wirklichkeit waren es Füße, hnderte von Füßen, die in fast einheitlichem Rhythmus auf die Planken unter den Tribünensitzen trampelten. Und dann kamen die Zurufe, in immer schnellerer Folge.

»Ab-wehr! Ab-wehr! Ab-wehr!«

Peter Shaw stand auf dem Spielfeld, rang nach Atem und horchte auf den ohrenbetäubenden Lärm. Jedes Basketballspiel war ein Ereignis, aber dieses Spiel war besonders aufregend. Der Spielstand war unentschieden, die Spieler waren nervös, und Peter wusste, dass der Trainer auf ihn zählte, um Santa Monica am Punkten zu hindern.

Rrrrringggg!

»Auszeit – Rocky Beach!«, schallte es über den Lautsprecher.

Peter und die anderen Spieler scharten sich um Trainer Tong, der die Basketball-Mannschaft der Rocky Beach Highschool trainierte. Trainer Tong schaute jedem seiner Spieler in die Augen – besonders Peter. Mit knapp einem Meter neunzig war Peter nicht groß für einen Basketballspieler. Er wusste, dass Trainer Tong ein Risiko damit eingegangen war, ihn als Abwehrspieler einzusetzen. Aber Peter war talentiert und zu einem der besten Spieler im Team geworden.

»Uns bleiben noch zwanzig Sekunden«, sagte der Trainer. Mit ein paar Strichen skizzierte er einen Angriff auf eine winzige Tafel, dann wischte er die Zeichnung mit dem Ärmel seines Sweatshirts aus. »Was wollt ihr machen?«

»Gewinnen!«, riefen die Spieler im Chor, klatschten die Hände gegeneinander und liefen auf das Spielfeld zurück.

Bevor die Spieler von Santa Monica einliefen, sah Peter kurz zu der Gruppe der Cheerleader. Die Mädchen feuerten die Anhänger von Rocky Beach mit Liedern und Slogans an. Sie tobten und schrien und brachten Stimmung in die Menge. Die hübscheste von allen sah ihn direkt an, während sie sich ihr welliges braunes Haar aus dem Gesicht strich. Jetzt warf sie ihm eine Kusshand zu.

Mann, ist das wirklich wahr?, dachte Peter.

Das Mädchen war Kelly Madigan. Sie und Peter gingen jetzt schon ein paar Monate zusammen. Trotzdem war fast alles, was sie sagte, dachte oder tat, völlig unvorhersagbar für Peter. Vielleicht war das der Grund, dachte Peter, warum er sie so gern hatte.

»Da versucht jemand, dir was zu sagen«, bedeutete ihm Bill Konkey, der zweite Abwehrspieler in seiner Mannschaft.

»Ich hab den Kuss gesehen«, bemerkte Peter verlegen.

»Justus Jonas hat dir einen Kuss zugeworfen?«, sagte Bill ungläubig.

»Justus ist hier – bei einem Basketballspiel?«, fragte Peter verdutzt.

Sein Blick folgte Bills Finger in Richtung Tribüne, bis er zwei bekannte Gesichter entdeckte. Dort standen Justus Jonas und Bob Andrews. Peter, Justus und Bob waren seit Jahren befreundet. Sie waren die drei ???, das bekannte Detektivtrio von Rocky Beach.

Peter traute seinen Augen nicht. Justus Jonas war zu einem Basketballspiel gekommen – und er hielt die Hand eines Mädchens! Und keineswegs irgendeines Mädchens. Es war Amanda Blythe – eine Superfrau!

Das war ja wirklich schlagzeilenträchtig. Justus Jonas war nämlich ein richtiges Superhirn, nur bei zwei Dingen setzte es bei ihm aus – beim Abnehmen und bei Mädchen. Mit beidem hatte er kein Glück. Und jetzt stand er da und hatte ein Mädchen an der Hand – und grinste. Mit seiner freien Hand winkte er Peter diskret zu.

Bei ihm stand Bob Andrews, der in Justus’ schlechtestem Fach eine Eins hatte. Bob kannte sich mit Mädchen aus. Als er vor einigen Jahren Kontaktlinsen bekommen hatte, hatte er sich gleichzeitig eine neue Persönlichkeit zugelegt. Er war einer der gefragtesten Jungen der Schule geworden.

Das Klingelzeichen holte Peter auf das Spielfeld zurück.

»Noch zwanzig Sekunden Spielzeit«, kam die Stimme über den Lautsprecher. »Spielstand 70 zu 70 unentschieden. Rocky Beach spielt an.«

Bill Konkey spielte den Ball zu Harold Dixon, einem Stürmer. Okay, nichts wie ran, sagte sich Peter. Nur noch 15 Sekunden. Ein Stöhnen ging durch die Menge, als der Starspieler von Santa Monica, Terry Nolan, den Ball wegschnappte.

Nolan stürmte direkt auf den Korb zu. Er würde zum Sieg einwerfen – und nur noch zehn Sekunden!

Genau als Nolan zum Wurf ansetzte, sprang Peter hoch. Das Timing war perfekt. Peter traf den Ball, als er von Nolans Hand sprang.

Pleng! Der Ball schlug einmal auf den Boden und dann – pleng-pleng-pleng – war Peter im Ballbesitz. Die Menge kreischte. Peter stürmte in die Gegenrichtung.

Fünf Sekunden! Peter wusste, dass die Spieler von Santa Monica hinter ihm her waren, aber er sprang hoch und warf. Der Ball fiel durch das Netz. Zwei Punkte! Dann ertönte das Endsignal.

»Endstand 72 zu 70!«, rief die Stimme durch den Lautsprecher. »Rocky Beach gewinnt!«

Die Band setzte ein, und die Cheerleader-Mädchen stürmten aufs Spielfeld. Sie jubelten und tanzten, während die Spieler in die Kabinen liefen.

»Was für ein Wurf!«, sagte Bill Konkey und schlug Peter auf die Schulter. Peter nickte lächelnd und warf sich ein Handtuch über den triefend nassen Nacken. Aber er ließ seinen Teamkameraden den Vortritt. Er war total fertig – so fertig, dass er nicht mal unter die kaltprickelnde Dusche drängen konnte, um sich abzukühlen.

»Peter«, rief jemand nach ihm.

Er drehte sich um und sah einen Mann, einen Fremden, im Gang vor den Umkleidekabinen stehen. Er war um die vierzig und athletisch gebaut. Er trug eine dunkelrote Windjacke, auf der vorne links ein S in altmodischer Schrift war. Der Mann sah Peter mit festem Blick aus seinen blauen Augen an.

»Peter, kann ich dich ’nen Moment sprechen?«, sagte er.

Kein Kalifornier, dachte Peter. Der Detektiv in ihm hatte auf Automatik geschaltet. Seinem Akzent nach kam der Mann aus Boston. Peter ging langsam auf ihn zu.

»Ross Duggan«, sagte der Mann und schüttelte Peters Hand. »Basketball-Trainer vom Shoremont College. Schon von uns gehört?«

»Na klar«, sagte Peter. »Sie sind doch nur ’ne Viertelstunde von Rocky Beach weg. Haben letzte Saison gegen den Oberligisten aus LA gesiegt.«

»Genau«, sagte Trainer Duggan. »Hör mal, ich hatte den Tipp gekriegt, dich mal anzuschauen, das hab ich gemacht. Also, was ich da heute gesehen hab, hat mir nicht schlecht gefallen, und ich will dir einen Vorschlag machen. Du bewirbst dich am Shoremont College, und ich seh zu, dass du ein Stipendium kriegst – alles inklusive. Und du kannst schon als Erstsemester in das Team einsteigen. Wir sind nicht das größte College, aber nach vier Jahren Training bei mir kann ich garantieren, Peter, dass du in der Nationalliga spielen wirst.«

Peter nahm sein Handtuch und rieb sein schweißnasses rotbraunes Haar. War das zu fassen? Da tauchte dieser Kerl sozusagen aus dem Nichts auf und versprach ihm ein volles Stipendium, wenn er im College-Team Basketball spielte. Da fiel ihm doch nichts mehr ein.

»Überleg dir’s mal«, sagte Trainer Duggan und gab Peter eine Visitenkarte. »Du bist schon jetzt gut, Peter. Aber ich könnte dich ganz groß rausbringen, und du könntest uns helfen, eine Spitzenmannschaft zu werden. Ich meld mich demnächst wieder.«

Der Trainer machte kehrt und ging.

»Ein Mann voller Selbstvertrauen«, sagte eine Stimme hinter Peter. »Ich würde sagen, einer, der es gewohnt ist, sich durchzusetzen.«

Peter erkannte die Stimme sofort. Er wandte sich um und stand Justus Jonas gegenüber. Bob Andrews war auch dabei.

Justus und Bob sahen aus wie Pat und Patachon. Justus, mit 1,76 der kleinste der drei Detektive, trug brandneue dunkelblaue Bluejeans – auch wenn der Rest der Schule ausgebleichte Jeans trug, allesamt stonewashed. Außerdem hatte er ein zu enges T-Shirt an mit der Aufschrift: ICH ESSE – ALSO BIN ICH. Was sein Bauch mühelos bewies. Wie gewöhnlich war sein glattes schwarzes Haar zerzaust.

Bob dagegen lag voll im Trend mit seinem roten Polohemd, das ihm zu seiner gebräunten Haut und dem blonden Haar gut stand; dazu trug er Jeans, natürlich stonewashed, und Mokassins ohne Socken.

»Justus!« Peter sah sich fragend um. »Was ist mit Amanda Blythe passiert? Ich hab euch zusammen auf der Tribüne gesehen, und mich hat fast der Schlag getroffen.«

Justus räusperte sich. »Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass sie nicht mein Typ ist«, sagte er finster.

»Häh?«, fragte Peter. »So plötzlich?«

»Amanda wollte nur Carl Thames eifersüchtig machen«, erklärte Bob. »Und weil Carl so ungefähr der dämlichste Typ in der Schule ist, hat sie gemeint, um ihn zu ärgern sei es das beste, mit dem Superhirn zu flirten.«

»Ah ja«, sagte Peter lachend. »Hat es gewirkt?«

»Offensichtlich ja«, antwortete Justus und hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Bauch.

»Du kannst von Glück sagen, dass Carl dir nur eins in den Magen versetzt hat«, sagte Bob. »Ich hab gedacht, gleich reißt er dir den Kopf ab und geht damit kegeln.«

Justus seufzte und wechselte das Thema. »Wer war der Typ in der dunkelroten Jacke?«, fragte er Peter.

»Trainer Duggan, der Basketball-Trainer vom Shoremont College.«

»Wollte er dir sagen, dass du heute Abend echt umwerfend warst? Warst du nämlich«, meinte Bob und deutete einen Sprungwurf mit imaginärem Ball an. »Du hast mit deinem bravourösen Einsatz das Match gewonnen und Terry Nolan als totalen Depp erscheinen lassen.«

Peter grinste, als er an die Schlusssekunden des Spiels dachte. »Ja, ich war ganz gut drauf. Jetzt haltet euch mal fest! Trainer Duggan hat mir soeben ein volles Stipendium fürs Shoremont College angeboten. Er sagt, ich kann gleich als Erstsemester spielen.«

»Das ist stark, Mann!«, staunte Bob.

Gedankenvoll kniff sich Justus in die Unterlippe. »Ein volles Stipendium, nur um Basketball zu spielen?«, fragte er. »Für Sprungwürfe und für Freibälle?«

»Für Freiwürfe und Sprungbälle«, korrigierte Peter seinen Freund.

»Schon gut, von Sport versteh ich nichts«, sagte Justus. »Aber etwas weiß ich. Wenn dich ein College für dermaßen gut hält, dann tun das andere sicher auch. Ich rate dir, keine überstürzte Entscheidung zu treffen.«

»Andere Colleges?«, echote Peter. »Justus, nun bleib mal auf dem Teppich. Ich geh erst mal duschen, und dann treff ich mich mit Kelly. Bis morgen, Jungs.«

Als Peter alleine in der Kabine war und das kalte Wasser auf ihn runterprasselte, spielte er das Match im Geist noch mal durch. Und dachte darüber nach, was Justus gesagt hatte. Andere Teams könnten an ihm interessiert sein? Wie viele? Fünf? Zehn? Wäre es nicht einfach irre, wenn alle sich um ihn reißen würden, um ihn, Peter Shaw, B-Ball-Superstar?

Als er abgetrocknet, abgekühlt und angezogen war, trat er aus der Umkleidekabine.

»Peter!«, rief Kelly Madigan, kam angerannt und warf ihm die Arme um den Hals.

»Hallo, Kelly«, sagte Peter und drückte seine Freundin an sich.

»Weißt du, wie absolut super du heute Abend warst, Peter? Auf einer Skala von eins bis zehn kriegst du zwanzig Punkte!«

Peter grinste. »Komm, Kelly. Lass uns fahren. Ich muss dir was erzählen.«

Peter wollte sich hinter sein Steuer klemmen, da fühlte er sich immer am wohlsten – überhaupt mit Autos. Wenn er nicht gerade mit Justus und Bob Fälle löste, dann kaufte Peter alte Autos, möbelte sie auf und verkaufte sie meistens mit Gewinn weiter.

Auf dem Weg zum Parkplatz erzählte Peter Kelly von dem College-Trainer, der nach dem Spiel auf ihn gewartet hatte. Er war gerade mit seiner Geschichte fertig, als sie bei seiner neuesten Errungenschaft ankamen, einem zwanzig Jahre alten Cadillac Fleetwood. Peter fuhr ihn erst seit einem Monat, aber Kelly hatte ihm gleich einen Spitznamen gegeben: die Arche. Der Wagen war ziemlich heruntergekommen, aber Peter konnte sich eine gründliche Reparatur nicht leisten. Er war einer seiner typischen 700-Dollar-Gelegenheitskäufe gewesen, nach dem Motto: Wenn man ihn starten kann, kann man ihn auch fahren.

Peter öffnete Kelly die Tür – nicht nur aus Höflichkeit, sondern weil er als Einziger kräftig genug war, um die Beifahrertüre zu öffnen. Als er auf der Fahrerseite einstieg, reichte Kelly ihm einen Umschlag.

»Hallo, was haben wir denn da? Ich hab doch nicht Geburtstag«, sagte Peter.

Kelly schüttelte den Kopf. »Lag auf dem Sitz.«

Peter knipste die Innenbeleuchtung an und betrachtete den Umschlag. Vor dem Spiel war er noch nicht da gewesen.

PETER SHAW war in Großbuchstaben vorne draufgetippt. Peter riss eine Seite des Umschlags auf und schüttelte den Inhalt heraus.

»Waas?«, keuchten Peter und Kelly gleichzeitig.

Aus dem Umschlag rutschten Hundert-Dollar-Noten. Und zwar eine Menge. Während Kelly das Geld zusammenlegte und zu zählen begann, las Peter die Notiz, die ebenfalls aus dem Umschlag gerutscht war. Dort stand:

»Shoremont braucht Dich! Spiel Basketball für Shoremont, und Du wirst über die Maßen belohnt. Dies hier ist nur der Anfang.«

»Peter«, sagte Kelly. Sie sah durcheinander und ein bisschen besorgt aus. »Das sind dreitausend Dollar!«

Durch die Hintertür

Peter und Kelly saßen eine ganze Weile in dem alten Cadillac. Stumm starrten sie auf die dreitausend Dollar, lauter knisternde neue Hunderter, die Kelly wie einen Fächer in der Hand hielt.

»Was hat das zu bedeuten?«, fragte Kelly schließlich.

Statt einer Antwort startete Peter den Motor.

»Wohin fahren wir?«, fragte Kelly.

»Ich muss es Justus und Bob erzählen«, war Peters Antwort. Er trat das Gaspedal durch, und nach kurzem Zögern bewegte sich der unförmige Wagen schlingernd aus dem Parkplatz. Peter gab Vollgas in Richtung Gebrauchtwaren-Center T. Jonas.

Justus Jonas wohnte mit Onkel Titus und Tante Mathilda in einem Haus, das dem Gebraucht- und Trödelmarkt gegenüber auf der anderen Straßenseite lag. Auf einer abgelegenen Seite des Schrottplatzes – denn um einen solchen handelte es sich letzten Endes – stand ein verlassener Campingwagen, den Justus vor Jahren als Zentrale der drei ??? übernommen hatte. Seit die drei ??? auf der Highschool waren, hingen sie allerdings mehr in Justus’ Elektronik-Werkstatt rum, die sich an den Campingwagen anschloss. Bob nannte sie Frankensteins Labor, weil Justus hier alte elektronische Anlagen wieder zum Leben erweckte.

Mit einer Fernsteuerung öffnete Peter die großen Eisentore, die in das Gebrauchtwaren-Center führten. Sein alter Cadillac bog ein und rollte langsam aus. Mit Tuckern und Röcheln erstarb der Motor.

Peter und Kelly betraten die Werkstatt. Bob saß auf einem Hocker, hörte Musik in Disco-Lautstärke und las ein Musikmagazin. Justus war an seiner Werkbank beschäftigt.

»Hey! Wie findet ihr das?!«, rief Bob, als er Peter und Kelly sah. »Das ist die neue Band, die ich vielleicht managen kann!« Bob arbeitete nach der Schule und an Wochenenden in Sax Sendlers Agentur für Rockmusik-Talente ›Rock-Plus‹. Manchmal war er so in Anspruch genommen, dass ihm für ihre Fälle kaum Zeit blieb. »Stark, was?«, sagte er und nickte mit dem Kopf in Richtung Lautsprecher.

Aber bevor Peter antworten konnte, stellte Justus die Musik ab. »Die beiden sind nicht zum Musikhören hergekommen. Irgendwas ist doch am Dampfen.«

»Woher weißt du das?«, fragte Kelly.

»Weil Peter händchenhaltend reinkommt, was er sonst hier im Büro nie tut. Und weil seine Knöchel so weiß sind, merke ich, dass er dich ganz fest hält.«

»Justus kennt sich seit Neuestem gut mit Händchenhalten aus«, witzelte Bob.

Peter grinste. Es ging ihm bereits besser. Justus hatte eben den Durchblick. »Seht euch das mal an, Jungs«, sagte er und warf den Umschlag mit der Schreibmaschinennotiz und dem Geld auf den Tisch.

Bob und Justus stürzten sich auf das Geld.

»Mann«, staunte Bob, und Justus ließ den kleinen Schraubenzieher in seiner Hand fallen. Er nahm eine Banknote an der äußersten Ecke hoch.

»Schöner Mist, dass du nicht nach Fingerabdrücken gesucht hast, bevor du ihn aufgemacht hast«, sagte er.

Kelly lachte. »Jus, keiner außer dir würde seine Post nach Fingerabdrücken absuchen, eh’ er sie aufmacht.«

Aber Justus lachte nicht. Stattdessen hielt er die Note gegen das Licht und prüfte das Wasserzeichen.

»Wisst ihr eigentlich, was ich mit dreitausend Dollar machen könnte?« Aufgeregt lief Peter hin und her und fuhr fort: »Ich könnte die Kiste praktisch in fabrikneuen Zustand bringen. Also, die Hinterradaufhängung ist im Eimer, ich müsste die Ventile erneuern ...«

»Peter«, unterbrach ihn Kelly und gab ihm einen Schubs, »das ist Bestechungsgeld. Du darfst es nicht anrühren.«

»Hey, das weiß ich doch, Kleines«, sagte Peter. »Aber man wird doch träumen dürfen.«

»Mann«, sagte Bob, »ich hab schon mal von Abwerbeskandalen um Sportler für das eine oder andere College-Team gelesen, aber man erwartet doch nicht, dass so was hier bei uns passiert. Nicht in Rocky Beach, Kalifornien.«

»Was meinst du, Justus?«, fragte Peter. »Sieht nach Trainer Duggan von Shoremont aus, hm? Kommt daher und sagt ›Spiel für mein Team‹, und zwanzig Minuten später geh ich an meine Karre, und sie sieht wie ein Geldautomat aus.«

Justus legte die Banknote weg. »Hat Trainer Duggan irgendwas über Geld gesagt oder dass er was dalässt? Hast du den Eindruck gehabt, dass er was springen lassen will?«

»Dreimal Nein

»Folglich können wir auch nicht sicher sein, dass Mr Duggan hinter der Bestechung steckt«, sagte Justus mit einem Achselzucken. »Er hat dir lediglich ein Stipendium angeboten, das ist vollkommen legal.«

»Was machen wir jetzt? Die Akademische Aufsichtsbehörde anrufen?«, fragte Bob.

»Nein, ich finde, wir müssen am Montag den Bestechungsfall dem Präsidenten von Shoremont College melden«, sagte Justus. »Und ihm anbieten, dass wir den Fall untersuchen. Sportlern Geld anzubieten ist nicht verboten – es ist nur unmoralisch und gegen die Bestimmungen der Akademischen Aufsichtsbehörde. Wetten, dass der Präsident von Shoremont ziemlich schnell wissen will, was da los ist?«

»Okay! Sieht aus, als ob wir einen neuen Fall hätten«, sagte Peter.

»Tja«, sagte Bob, »die Sache hat nur einen Haken.«

»Sag bloß«, meinte Justus, »du kannst am Montag nicht, stimmt’s?«

»Genau. Winterferien, du weißt doch«, sagte Bob. »Zwei Wochen keine Schule. Da erwartet Sax, dass ich jeden Tag in der Nachwuchs-Agentur auftauche. Aber ihr wisst, dass ihr auf mich zählen könnt, Jungs.«

»Ja, ja, im Geist«, seufzte Justus.

Am Montag Morgen fuhren Peter und Justus zum Shoremont College, das zwei Meilen von Rocky Beach entfernt in einem hübschen kleinen Campus mit alten Bäumen lag. Peter hatte sich speziell für den Anlass angezogen und trug sein gelb-rotes Rocky Beach Highschool-Sportjackett. Damit man auch sehen konnte, dass er wirklich für die Highschool Basketball spielte. Justus trug ein T-Shirt mit dem Bild des Philosophen Plato.

Sie parkten die Arche vor dem modernen dreistöckigen Ziegelbau, in dem die Verwaltung war, und nahmen den Aufzug in den obersten Stock.

»Womit kann ich euch helfen?«, fragte eine ältere Empfangsdame, die ihre Brille ins Haar hochgeschoben hatte.

»Wir würden gerne den Präsidenten des College sprechen«, sagte Justus. »Es handelt sich um eine äußerst dringliche Angelegenheit.« Justus konnte sehr erwachsen klingen, wenn er wollte.