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Ingo Balderjahn
Nachhaltiges Management und Konsumentenverhalten
UVK Verlagsgesellschaft mbH · Konstanz
mit UVK/Lucius · München
Prof. Dr. Ingo Balderjahn lehrt Betriebswirtschaftslehre – insbesondere Marketing – an der Universität Potsdam.
Online-Angebote oder elektronische Ausgaben sind erhältlich unter www.utb-shop.de.
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-84633-902-2
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© UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2013
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Vorwort
Vor über 25 Jahren, 1986, veröffentlichte ich meine Dissertationsschrift zum Thema „Umweltbewußtes Konsumentenverhalten“. Eine Thematik, die bis zu diesem Zeitpunkt nicht einmal international im Fokus der Wissenschaft stand. Das hat sich aber schnell und umfassend in den Folgejahren geändert. Heute liegen Fachaufsätze, Studien, Sammelbände und Monographien, die im weitesten Sinne Themen des betrieblichen Umweltschutzes, des Umweltmanagements, des Öko-Marketing und des umweltfreundlichen Konsumentenverhaltens behandeln, in einer kaum noch zu überschauenden und nicht mehr beherrschbaren Anzahl vor. Spätestens seit der Erklärung von Rio de Janeiro 1992 wurde der Umweltschutzgedanke in das umfassendere Konzept einer nachhaltigen Entwicklung („Sustainable Development“) integriert. Dieses Leitbild fand nicht nur Eingang in die gesellschaftspolitische Diskussion, sondern auch zunehmend in die wissenschaftliche Forschung. Neben der Umweltverträglichkeit werden seit dem verstärkt auch Fragen nach einer umfassenden Verantwortung von Unternehmen, die auch die Sozialverträglichkeit wirtschaftlichen Handelns umfasst, diskutiert und mit dem Leitbild einer Corporate Social Responsibility (CSR) abgebildet. Nach dem Grünbuch der Europäischen Kommission zur sozialen Verantwortung beinhaltet Corporate Social Responsibility (CSR) „einen Prozess, nach dem die Unternehmen auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in ihre Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern integrieren“. Auf der dritten Nachfolgekonferenz 2012 in Rio de Janeiro („Rio+20“) wurde das Konzept einer „Green Economy“, einer Wirtschaftsform, die der Armutsbekämpfung dient, gesellschaftliche Wohlfahrt und Wachstum schafft sowie die soziale Gerechtigkeit bei gleichzeitigem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen vorantreibt, auf die Agenda gesetzt. Mit der „Green Economy“ ist nun klar der Fokus einer nachhaltigen Entwicklung auf die Wirtschaft und deren Akteure gerichtet. Von Unternehmen wird erwartet, dass sie sowohl den gesellschaftlichen Wohlstand fördern als auch sozial- und umweltgerecht handeln. Aber auch die Konsumenten tragen Mitverantwortung (Consumer Social Responsibility) für die ökologischen und sozialen Probleme und Fehlentwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Ihre Konsum- und Lebensstile wirken sich mittel- und unmittelbar auf die Umwelt, das Klima, den Ressourcenabbau und die sozialen Bedingungen globaler Produktions- und Handelsstrukturen aus. Das vorliegende Buch betrachtet deshalb sowohl die Beiträge, die Unternehmen durch nachhaltiges Management und soziale Verantwortungsübernahme für eine sozial gerechte und ökologisch verträgliche Zukunftsentwicklung leisten können, als auch die Möglichkeiten der Konsumenten, durch verantwortungsbewusste Kaufentscheidungen Ressourcen zu schonen, Treibhausgasemissionen zu begrenzen und die Einhaltung sozialer Arbeitsstandards innerhalb globaler Wertschöpfungsketten zu fordern und zu sichern. Mein besonderer Dank gilt meiner Sekretärin, Frau Ines Belitz, für die immer zuverlässige und gewissenhafte Unterstützung bei der Abfassung des Buchmanuskriptes.
Berlin und Potsdam im Dezember 2012
Ingo Balderjahn
Inhalt
Vorwort
Abkürzungen
1 Grundlagen
1.1 Das Nachhaltigkeitskonzept
1.1.1 Begriff der Nachhaltigen Entwicklung
1.1.2 Leitprinzipien der Nachhaltigkeit
1.1.3 Dimensionen der Nachhaltigkeit
1.2 Akteure nachhaltigen Wirtschaftens
1.3 Gesellschaftliche Verantwortung (Social Responsibility)
1.3.1 Begriff der Verantwortung
1.3.2 Corporate Social Responsibility (CSR)
1.3.3 Consumer Social Responsibility (ConSR)
2 Nachhaltigkeit in der Unternehmensführung
2.1 Elemente nachhaltigen Managements
2.1.1 Umweltökonomie und Umweltmanagement
2.1.2 Nachhaltigkeit im Management-Konzept
2.1.3 Leitbilder und Ziele nachhaltigen Managements
2.2 Nachhaltige Planung und Analyse
2.2.1 Strategische Nachhaltigkeitsanalyse
2.2.2 Operative Nachhaltigkeitsanalyse
2.3 Nachhaltige Unternehmensstrategien
2.3.1 Strategieausrichtungen und Strategiebezüge
2.3.2 Risiko- und Krisenstrategien der Nachhaltigkeit
2.3.3 Dialogstrategien
2.4 Nachhaltiges Marketing-Management
2.4.1 Konzept und Merkmale
2.4.2 Nachhaltige Produktpolitik
2.4.3 Nachhaltige Preispolitik
2.4.4 Nachhaltige Kommunikationspolitik
2.4.5 Nachhaltige Distribution
2.5 Organisationsformen und Managementsysteme
2.5.1 Nachhaltige Organisationsformen
2.5.2 Nachhaltige Managementsysteme
2.5.3 Nachhaltiges Controlling
3 Nachhaltiges Konsumentenverhalten
3.1 Ethischer und nachhaltiger Konsum
3.1.1 Ethischer Konsum
3.1.2 Nachhaltiger Konsum
3.1.3 Der Handlungsspielraum für den nachhaltigen Konsum
3.1.4 Umweltverträglicher Konsum
3.1.5 Sozialer Konsum
3.1.6 Fairer Konsum
3.2 Das Dilemma nachhaltigen Konsums
3.2.1 Barrieren und Dilemmata
3.2.2 Kosten nachhaltigen Konsums und persönliche Zahlungsbereitschaft
3.2.3 Motivationskonkurrenz und persönliche Konsumwerte
3.2.4 Förderung nachhaltiger Konsumstile
Literatur
Stichwörter
Abkürzungen
BMAS | Bundesministerium für Arbeit und Soziales |
BMU | Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit |
BSCI | Business Social Compliance Initiative |
BSR | Business for Social Responsibility |
CEO | Chief Executive Officer (geschäftsführendes Vorstandsmitglied) |
ConSR | Consumer Social Responsibility |
CSD | Commission on Sustainable Development |
CSR | Corporate Social Responsibility |
DCGK | Deutscher Corporate Governance Kodex |
DPSIR | Driving forces, Pressures, States, Impacts and Responses |
EEA | European Environment Agency (Europäische Umweltagentur) |
EGV | Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft |
EMAS | Environmental Management and Audit Scheme |
EU | Europäische Union |
EUA | Europäischen Umweltagentur |
FLO | Fairtrade Labelling Organizations International |
FTA | Foreign Trade Association |
GRI | Global Reporting Initiative |
IAA | Internationales Arbeitsamt |
IAO | Internationale Arbeitsorganisation |
ILO | International Labour Organization |
ISO | International Organisation for Standardization |
LCA | Life Cycle Assessment |
MDG | Millennium Development Goals |
NGO | Nichtregierungsorganisation (Non-Governmental Organization) |
OECD | Organisation for Economic Co-operation and Development (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung |
SAAS | Social Accountability Accreditation Services |
SAI | Social Accountability International |
UBA | Umweltbundesamt |
UNCED | United Nations Conference on Environment and Development |
UNCSD | United Nations Conference on Sustainable Development |
UNEP | United Nations Environment Programme (Umweltprogramm der Vereinten Nationen) |
WBCSD | World Business Council for Sustainable Development |
WCED | World Commission on Environment and Development |
WSSD | World Summit on Sustainable Development |
Lernziele
Nach Lektüre dieses Kapitels sollten Sie …
den Begriff der Nachhaltigen Entwicklung erläutern können.
die Entstehungsgeschichte des Begriffs „Sustainable Development“ kennen.
die für die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung tragenden drei Leitprinzipien begründen können.
die Inhalte der sozialen, ökologischen und ökonomischen Dimension der nachhaltigen Entwicklung beschreiben können.
Der Begriff Nachhaltigkeit findet seinen Ursprung vor ca. 300 Jahren in der Forstwirtschaft und erfasste dort die Forderung, nur so viel Holz zu schlagen, wie durch planmäßige Aufforstung auch wieder nachwachsen kann. Ohne den Begriff Nachhaltigkeit zu nennen, kann das 1972 erschienene Buch „Grenzen des Wachstums: Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit“ von Dennis L. Meadows, Donella H. Meadows und Erich Zahn als Beginn der neuzeitlichen Nachhaltigkeitsdebatte aufgefasst werden. Dieser Bericht verdeutlichte eindringlich, dass ein weltweit gemeinsames und abgestimmtes Handeln notwendig ist, um den Ressourcenverbrauch, die Umweltverschmutzung und die globale Klimaerwärmung infolge des zu erwartenden Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums soweit zu reduzieren, dass für die Menschheit ein Überleben auf diesem Planeten langfristig (und nachhaltig) möglich ist.
Das Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung (Sustainable Development) stellt nicht nur die Länder und Regierungen dieser Welt, sondern auch Unternehmen und Konsumenten vor große Herausforderungen.
Merksatz
Sustainable Development ist ein gesellschaftspolitisches Leitbild für eine zukunftsfähige Entwicklung der Menschheit und für das nachhaltige Wirtschaften, wonach sich einerseits die Lebenschancen zukünftiger Generationen nicht gegenüber den Möglichkeiten der derzeitigen Generation verschlechtern dürfen (inter-generative Gerechtigkeit) und wonach sich andererseits ein Wohlstandsausgleich zwischen armen und reichen Ländern einstellen soll (intra-generative Gerechtigkeit).
Der Begriff „Sustainable Development“ wurde erstmals im 1987 veröffentlichten Bericht „Our Common Future“ der UN Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (WCED = World Commission on Environment and Development, auch nach deren Vorsitzenden als Brundtland Kommission bezeichnet) mit der folgenden Formulierung definiert: „Sustainable development is development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs.“ (WCED 1987, Chapter 2, No. 1). In diesem Bericht wird eine „zukunftsfähige“, über Generationen hinweg aufrechtzuerhaltende umwelt- und gesellschaftsverträgliche Entwicklung entworfen, die gewährleisten soll, dass es künftigen Generationen nicht schlechter gehen wird als den Menschen, die jetzt auf der Welt leben (Prinzip der Generationengerechtigkeit). Zudem weist der Bericht auf die starken Einwirkungen (Impacts) von Produktions- und Konsumprozessen auf die Umwelt hin und stellt fest, dass: „Poverty is a major cause and effect of global environmental problems. (WCED 1987, From One Earth to One World, No. 8). Darüber hinaus sind das Bevölkerungswachstum, technische Entwicklungen, Handels- und Vertriebssysteme sowie institutionelle, politische und soziale Rahmenbedingungen weitere Treiber, die eine nachhaltige Entwicklung erfordern.
Sustainable Development stand 1992 in Rio de Janeiro im Zentrum der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung (United Nations Conference on Environment and Development: UNCED). 178 Staaten auf dieser Rio-Konferenz, die auch als Erdgipfel bezeichnet wird, bekannten sich zur gemeinsamen Verantwortung für den Erhalt der Lebensgrundlagen der Menschheit auf dieser Welt. Die wichtigsten Ergebnisse dieser Konferenz sind die Deklaration (Rio-Erklärung), der Beschluss zur Agenda 21 sowie die Einrichtung einer Kommission der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (Commission on Sustainable Development: CSD). Die Rio-Erklärung umfasst 27 Grundsätze und zielt auf die Förderung der Zusammenarbeit der Staaten zur Erhaltung der Menschheit. Als Meilenstein auf dem Weg zur Nachhaltigkeit gilt die Agenda 21, ein weltweites Aktionsprogramm mit konkreten Handlungsaufträgen in sozialen (Armutsbekämpfung, Existenzsicherung), ökologischen (Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen) und ökonomischen Feldern (Übernahme von Verantwortung durch Unternehmen). Die Commission on Sustainable Development (CSD) ist eingerichtet worden, um die Implementierung der Agenda 21 auf lokaler, nationaler, regionaler und internationaler Ebene zu verfolgen. Getragen wurden die Debatten auf der Rio-Konferenz von der Erkenntnis, dass sich die Konsum- und Lebensstile der westlichen Industrieländer weder auf die derzeitige noch auf die zukünftige Weltbevölkerung übertragen lassen (UBA 1997, S. 4). In der Agenda 21 (1992, S. 18) heißt es dazu: „Während in bestimmten Teilen der Welt ein sehr hoher Verbrauch besteht, bleiben die Grundbedürfnisse eines großen Teils der Menschheit unbefriedigt“. Veränderte, nachhaltige Konsumgewohnheiten müssen auf die „Deckung der Grundbedürfnisse der Armen, die Verringerung der Verschwendung und die Nutzung endlicher Ressourcen im Produktionsprozess“ gerichtet sein.
Im ersten Fünf-Jahres-Bericht (Earth Summit, „Rio+5“ in New York) wurden im Juni 1997 die Fortschritte bei der Implementierung der Nachhaltigkeit dokumentiert und die Agenda 21 fortgeschrieben. Am 4. September 2002 („Rio+10“) fand dann der „Weltgipfel“ (World Summit on Sustainable Development, WSSD) in Johannesburg (Südafrika) zur Neubestätigung der Agenda 21 statt. Neben den Themen Ressourcenschutz und -effizienz, Umweltschutz, Armutsbekämpfung und Globalisierung ging es auch um die Bekräftigung der im Jahr 2000 verabschiedeten acht Millenniumsziele (Millennium Development Goals: MDG; z.B. Halbierung des Anteils der Weltbevölkerung, der unter extremer Armut und Hunger leidet; Verbesserung des Umweltschutzes), die bis 2015 erreicht werden sollen. Vom 20. bis zum 22. Juni 2012 fand die dritte Nachfolgekonferenz „Rio+20“ wieder in Rio de Janeiro (Brasilien) unter dem Motto „The Future We Want“ statt (UNCSD 2012). Zentrale Themen dieser Konferenz waren die „Green Economy“, die Armutsbekämpfung sowie die Schaffung dafür notwendiger institutioneller Rahmenbedingungen. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) hat im Vorfeld der Rio+20 Konferenz das Konzept einer „Green Economy“ zur nachhaltigen Wirtschaft und zur Armutsbekämpfung auf die Agenda gesetzt. Die „Green Economy“ wird von der UNEP definiert als eine Wirtschaftsform, die “improved human well-being and social equity, while significantly reducing environmental risks and ecological scarcities. In its simplest expression, a green economy is lowcarbon, resource efficient and socially inclusive” (UNEP 2011, S. 16). Dieses „neue“ Nachhaltigkeitsleitbild der Green Economy entwirft eine zukünftige Wirtschaftsform, die die gesellschaftliche Wohlfahrt und die soziale Gerechtigkeit bei gleichzeitigem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen vorantreibt. Der Grund für viele Krisen, Umweltverschmutzung und Armut wird von der UNEP in einer gravierenden globalen Fehlallokation von Kapital gesehen. Es wird argumentiert, dass relativ wenig Geld in erneuerbare Energien, Energieeffizienz, nachhaltige Landwirtschaft, Schutz von Ökosystemen sowie in Land- und Wasserschutz investiert wird (UNEP 2011, S. 14). Weiterhin können Unternehmen immer noch ihre Geschäfte machen, ohne für die damit verbundenen sozialen und ökologischen Externalitäten zur Verantwortung gezogen zu werden.
Merksatz
Die Green Economy soll einen starken Antrieb für Wachstum und Arbeitsplätze geben und eine dauerhafte Beseitigung der weltweiten Armut bewirken.
Positiv an dieser UNEP-Initiative ist, dass die Wirtschaft in den Fokus der nachhaltigen Entwicklung gerückt wird. Allerdings engt das „Green“ zu sehr auf die ökologische Seite der Nachhaltigkeit ein. Besser wäre die Bezeichnung „Green and Fair Economy“, um auch soziale Aspekte wirtschaftlicher Tätigkeit wie Armutsbekämpfung und soziale Gerechtigkeit mit zu erfassen (vgl. Germanwatch 2012, S. 6). Im Paragraf 69 des Abschlussdokuments der Rio+20 Konferenz werden Unternehmen direkt aufgefordert, nachhaltig zu wirtschaften und einen Beitrag zur Green Economy zu leisten: “We also invite business and industry … to contribute to sustainable development and to develop sustainability strategies that integrate, inter alia, green economy policies” ( www.earthsummit2012.org).
In Deutschland wurde 2001 der Rat für nachhaltige Entwicklung von der Regierung mit der Aufgabe einberufen, eine nationale Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln. Unter dem Titel „Perspektiven für Deutschland" wurde die Nachhaltigkeitsstrategie 2002 erstmals publiziert und in Fortschrittsberichten 2004 und 2008 („Für ein nachhaltiges Deutschland“) aktualisiert. Der Fortschrittsbericht 2012 befindet sich als Konsultationspapier im Dialogprozess ( www.bundesregierung.de).
Die Grundlage der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie bildet ein Katalog von 21 Nachhaltigkeitsindikatoren (z.B. Reduzierung von Treibhausgasen, Anteil erneuerbarer Energien, Erwerbstätigenquote), über die das Statistische Bundesamt im Zweijahresrhythmus einen Bericht abgibt ( www.bundesregierung.de). Auch die europäische Union (EU) hat 2001 erstmals und 2006 in überarbeiteter Form eine Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen (BMU 2011a), die sieben zentrale Herausforderungen benennt. Dazu gehören die Bereiche „Nachhaltiger Konsum und nachhaltige Produktion“ (z.B. Dialogprozess zwischen Regierungen und der Wirtschaft) und „Globale Herausforderungen in Bezug auf Armut und nachhaltige Entwicklung“ (z.B. Verbesserung von Umwelt- und Sozialstandards).
Nach allgemeiner Auffassung erstreckt sich das Nachhaltigkeitsgebot auf die Bereiche Umwelt- und Ressourcenschutz (ökologische Dimension), Schaffung eines angemessenen Lebensstandards und Existenzsicherung (ökonomische Dimension) sowie Schutz von Menschen vor Armut, Ausbeutung und Unterdrückung (soziale Dimension). Dieses Leitbild kann den Entscheidungen und Handlungen einzelner politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Akteure die Richtung geben, auf der Grundlage ökonomischer Fortschritte (Profit) Verantwortung für Umwelt (Planet) und Gesellschaft (People) zu übernehmen (Sheth et al. 2011, S. 24). Dabei können ökonomische, ökologische und soziale Bereiche einer nachhaltigen Entwicklung nicht isoliert voneinander betrachtet werden, sondern nur vernetzt. Zudem stellen sich Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft in unterschiedlichen Situationen in unterschiedlichen Gewichtungen dar. In Unternehmen bedeutet nachhaltiges Wirtschaften insbesondere die Verfolgung ökologischer und sozialer Ziele sowie deren Integration im betrieblichen Zielsystem (Corporate Sustainability), während sich Nachhaltigkeit beim Konsumenten in der Tendenz ausdrückt, so zu konsumieren, dass die Lebens- und Konsummöglichkeiten anderer Menschen und zukünftiger Generationen möglichst nicht gefährdet werden (Consumer Sustainability; Belz/Peattie 2009; Belz et al. 2007; Schrader/Hansen 2001).
Merksatz
Nachhaltigkeit heißt, einfach ausgedrückt, unter wirtschaftlichen Bedingungen sozial gerecht und umweltverträglich zu produzieren, Handel zu treiben und zu konsumieren.
Das gesellschaftliche Leitbild der „Nachhaltigen Entwicklung“ kann direkt auf den Wirtschaftssektor und dort auf die beiden Hauptakteure, Unternehmen und Konsumenten, übertragen werden. Zur Umsetzung der Nachhaltigkeit in der Wirtschaft sind vier Leitprinzipien tragend (vgl. auch Souren/Wagner 2010):
[1] Das Verantwortungsprinzip stellt das ethisch-moralische Element nachhaltigen Wirtschaftens bei Unternehmen und Konsumenten dar. Die Moral stellt dem Individuum über Generationen weitergegebene soziale Regeln (oft implizit) zur Verfügung, die ihm als Orientierungshilfe bei Entscheidungen dienen und als Maßstäbe dafür herangezogen werden können, ob Handlungen sozial erwünscht oder unerwünscht sind (Scherer/Picot 2008, S. 4). Die Ethik dagegen ist eine Wissenschaft, die Werte, Normen und Verhaltensweisen überprüft und beurteilt und insofern, herrschende Moralvorstellungen kritisch reflektiert. Eine solche Norm ist die sog. „Goldene Regel“ der praktischen Ethik: Verhalte dich anderen gegenüber so, wie du möchtest, dass sie sich dir gegenüber verhalten! Die Unternehmensethik konzentriert sich dementsprechend auf unternehmerische Normen, Werte, Verhaltensweisen und deren Konsequenzen auf Mensch und Umwelt (z.B. Unternehmensverfassung, Organisation). Im Fokus stehen solche Normen und Werte, an denen sich im Unternehmen tätige Menschen orientieren (z.B. Führungsstile; vgl. Scherer/Picot 2008, S. 5). Während die deskriptive Unternehmensethik die Existenz und Wirkung von Normen analysiert und beschreibt, werden in der normativen Ethik Normen begründet und empfohlen. Die „Generationengerechtigkeit“ des Nachhaltigkeitsgebots erfordert, dass jeder Einzelne, jeder Konsument und jede gesellschaftliche Gruppe, jede Organisation und damit auch jedes Unternehmen für die Folgen eigenen Handelns selbst geradestehen muss (Übernahme von Eigenverantwortung). Alle Menschen weltweit tragen nach diesem Leitprinzip die Verantwortung für den Erhalt und die Sicherung der sozialen und natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen.
[2] Das Kreislaufprinzip ist ein Schlüsselprinzip ökologischen Wirtschaftens. Es zielt auf die Schaffung und Aufrechterhaltung geschlossener Stoffströme in allen Wertschöpfungsphasen. Das Kreislaufprinzip leitet sich aus der Ökosystemforschung ab, wonach eine dauerhafte Bewirtschaftung mit Rohstoffen nur dann möglich ist, wenn die Funktionen der natürlichen Umwelt für den Menschen (Versorgung mit Ressourcen und Aufnahme von Emissionen) dauerhaft nicht gefährdet werden und die Interdependenzen (Austauschbeziehungen) zwischen dem ökologischen und dem ökonomischen System, das die Umwelt für Produktion und Konsum in Anspruch nimmt, bekannt sind und von den Akteuren im Sinne der Nachhaltigkeit gestaltet werden.
Die Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) ist darauf gerichtet, industrielle Stoffkreisläufe zu schließen (vgl. auch Dyckhoff/Souren 2008, S. 53ff.). Durch einen fortwährenden Wiedereinsatz von Rohstoffen, die aus Produktions- und Konsumabfällen (z.B. Altprodukte) zurückgewonnen und einer erneuten Verwendung zugeführt werden, wird einer Verminderung natürlicher Ressourcenbestände entgegengewirkt. Im Gegensatz zur Kreislaufwirtschaft steht die sog. „Durchflusswirtschaft“, die von der Unerschöpflichkeit der Rohstoffe und einer unbegrenzten Selbstreinigungskraft der Natur ausgeht. Während in der Durchflusswirtschaft verbrauchte Produkte als Abfälle auf der Deponie landen, werden diese bei der Kreislaufwirtschaft durch Phasen des Recycling und der Redistribution dem produzierenden Gewerbe in Form sog. Sekundärrohstoffe zur erneuten Verwendung wieder zugeführt. Das Recycling ist somit das Bindeglied zum Schließen von Stoffkreisläufen. An dieser Stelle ist auch der Konsument gefragt, der viel dazu beitragen kann, Abfallaufkommen zu reduzieren (z.B. Kauf von Getränken in Mehrwegverpackungen) und durch sachgerechtes Recycling dem Produktionssystem wieder wertvolle Rohstoffe zur Verfügung zu stellen.
Der Gesetzgeber hat mit dem 1996 in Kraft getretenen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) den Versuch unternommen, den Einstieg in die Kreislaufwirtschaft festzuschreiben und zu fördern. Am 1. Juni 2012 trat das neue, novellierte Kreislaufwirtschaftsgesetz - KrWG - (Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen) in Kraft, das die EU-Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/98/EG, AbfRRL) in deutsches Recht umsetzt. Das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz legt eine fünfstufige Abfallhierarchie (§ 6 KrWG) mit der nach Vorrang geordneten Stufenfolge Abfallvermeidung, Wiederverwendung, Recycling, Verwertung von Abfällen (u.a. energetische Verwertung) und schließlich Abfallbeseitigung fest. Darüber hinaus sind nicht nur die ökologischen Auswirkungen der Bewirtschaftung von Abfällen, sondern auch technische, wirtschaftliche und soziale Folgen zu berücksichtigen (BMU 2012a). Das Gesetz geht vom Grundprinzip einer umfassenden Produktverantwortung von Herstellern (Product Stewardship) aus (Teil 3 KrWG). Hersteller haben die Möglichkeit, über einen produktionsintegrierten Umweltschutz, die Herstellung recyclingfreundlicher Produkte sowie durch Abfallmanagement und den Aufbau von betrieblichen Redistributionssystemen Stoffkreisläufe zu schließen.
[3] Das Kooperationsprinzip erfordert zum einen auf der politischen Ebene eine weltweite Zusammenarbeit aller Länder zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung und zum anderen auf wirtschaftlicher Ebene eine Zusammenarbeit aller an Wertschöpfungs- und Stoffkreisläufen beteiligten, betroffenen oder interessierten Akteure (z.B. Unternehmen, Konsumenten, Anspruchsgruppen). Die soziale Gemeinschaft sowie die natürliche Umwelt sind sog. „Öffentliche Güter“ (Common Goods) die nur in Kooperation aller, die diese Güter nutzen, auf Dauer erhalten bleiben können. Kooperationen sind (vertraglich geregelte) Vereinbarungen zwischen rechtlich und wirtschaftlich selbständig bleibenden Individuen, Organisationen und sonstigen Akteuren (Balderjahn/Specht 2011, S. 156). Bei Nachhaltigkeitskooperationen handelt es sich um eine Form „freiwilliger“ Zusammenarbeit eigenständiger Organisationen in sozialen und ökologischen Feldern. Sie dienen hauptsächlich der Festlegung, Durchsetzung und Überwachung von sozialen und ökologischen Mindeststandards über alle Phasen der Wertschöpfungskette bzw. eines Produktlebenszyklus hinweg, also von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung und zum Wiedereinsatz („von-der-Wiege-bis-zur-Bahre“-Prinzip). Nachhaltigkeitsorientierte Kooperationen können folgende Ausrichtungen haben (Schneidewind et al. 1997, S. 42; Müller-Christ 2001, S. 92ff.):
vertikal entlang der Wertschöpfungskette (z.B. Kontrolle sozialer und ökologischer Standards entlang der Wertschöpfungsketten),
horizontal innerhalb einer Branche (z.B. Durchsetzen gemeinsamer Umwelt- und Sozialstandards wie z.B. das Responsible Care Programm der Chemischen Industrie),
Kooperation mit dem Staat (z.B. in Form von Selbstverpflichtungsabkommen, Entwicklung umweltrelevanter technischer Normen; vgl. auch Lohmann 2000),
Kooperation mit Nichtregierungsorganisationen (NGOs) (z.B. Kooperation mit Umweltschutzorganisationen zur Erhöhung von Glaubwürdigkeit und Reputation).
Praxis
Das Mobility Forum des United Nations Environment Programme (UNEP), dem alle führenden Automobilhersteller und einige andere Gruppen (Stakeholder) angehören, formulierte in seinem Report vom 19. August 2002 (UNEP 2002, S. 10):
„These complex tasks illustrate that the challenge of sustainable development requires new forms for partnerships and co-operation. (…) From the standpoint of the automotive industry, one of the most promising solutions consists of intensive cooperation with governments, institutions and private companies in form of public-private or private-private partnerships”.
[4] Das Anspruchsgruppenprinzip erfordert, so wie es im Grünbuch der Europäischen Kommission zur sozialen Verantwortung (Europäische Kommission 2001, S. 5) formuliert ist, dass Unternehmen in Wechselbeziehung mit ihren Anspruchsgruppen (Stakeholdern) „auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelage in ihre Unternehmenstätigkeit integrieren“. Anspruchsgruppen eines Unternehmens zeichnen sich dadurch aus, dass sie direkt oder indirekt von den Entscheidungen bzw. Aktivitäten des Unternehmens betroffen sind (z.B. Arbeitnehmer). Unternehmen müssen nach diesem Prinzip über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg die Verantwortung gegenüber Anspruchsgruppen anerkennen und deren Erwartungen und Forderungen bei allen betrieblichen Entscheidungen und Aktivitäten mit berücksichtigen. Unverantwortliches Verhalten von Unternehmen können Anspruchsgruppen durch Entzug ihrer Unterstützung sanktionieren (Verlust der „license to operate“).
Die ökologische Dimension der Nachhaltigkeit
Als Basis nachhaltigen Wirtschaftens werden heute nahezu übereinstimmend die Bereiche Wirtschaftlichkeit, Umwelt- und Ressourcenschutz und soziale Verantwortung angesehen (Drei-Säulen-Modell, Triple Bottom Line: People, Planet, Profit). Aus diesen drei Bereichen leiten sich ökonomische, ökologische und soziale Ziele der Nachhaltigkeit ab. Die im Fortschrittsbericht 2012 der Bundesregierung formulierten vier Handlungsfelder „Generationengerechtigkeit“, „Lebensqualität“, „Sozialer Zusammenhalt“ und „Internationale Verantwortung“ sind mit den drei Dimensionen bzw. Zielbereichen der Nachhaltigkeit eng verschränkt (Die Bundesregierung 2012, S. 25).
Die natürliche Umwelt übernimmt folgende Funktionen:
Versorgungsfunktion: Bereitstellung aller natürlichen Ressourcen wie Wasser, Boden, Rohstoffe, Luft und Energie zur notwendigen Befriedigung elementarer Bedürfnisse der Menschen.
Trägerfunktion: Aufnahme von Schad- und Abfallstoffen aus den Wirtschaftskreisläufen (Emissionen).
Regelungsfunktionen: Dauerhafte Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts.
Ein Maß, das die Versorgungs- und die Trägerkapazität der Umwelt erfasst, ist der ökologische Fußabdruck (Ecological Footprint). Er ist ein Ausdruck dafür, wie viel biologische Kapazität der Erde von den Menschen in Anspruch genommen wird und wie viel davon dauerhaft von der Erde zur Verfügung gestellt werden kann (vgl. Global Footprint Network 2006).
Merksatz
Der ökologische Fußabdruck gibt an, wie viel produktives Land benötigt wird, um die Ressourcen (Nahrung, Rohstoffe, Energie) zu beschaffen, die jeder Bewohner eines Landes verbraucht, und um den Abfall zu beseitigen, den jeder erzeugt.
Die menschliche Nachfrage nach natürlichen Ressourcen (ökologischer Fußabdruck) wird mit der (Bio-)Kapazität der Erde verglichen. Dieser Indikator misst die Land- und Wasserfläche („globale Hektar Fläche“), die zur Bereitstellung und zur Erneuerung von Ressourcen unter Berücksichtigung gegenwärtiger Technologien benötigt wird, um den gegenwärtigen Konsum einer bestimmten Bevölkerung zu befriedigen. Heute benötigt die Weltbevölkerung zusammen schon eine Fläche von eineinhalb Erden, um den eigenen Verbrauch nachhaltig zu decken (sog. Overshoot). Der für Deutschland vom Global Footprint Network (2006) für das Jahr 2003 berechnete ökologische Fußabdruck beläuft sich auf 4,55 globale Hektar pro Kopf. Weltweit liegt dieser Wert bei 2,19 globalen Hektar (Abb. 1). Ein globaler Hektar umfasst die durchschnittliche Ressourcenproduktivität der genutzten Land- und Wasserflächen in einem Jahr. „Würden alle Länder der Erde so viele natürliche Ressourcen für sich beanspruchen wie Deutschland, würde die Menschheit 2,5 Planeten benötigen, um ihre Bedürfnisse befriedigen zu können“ (Giljum et al. 2007, S. 20).
Im Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ des 13. Deutschen Bundestages (Enquete-Kommission 1998, S. 21) wird als Ziel „der Erhalt bzw. die Wiederherstellung der vielfältigen Funktionen der Natur zum Nutzen der Menschen“ formuliert. „Anthropogene Eingriffe in die Umwelt sollen sich an der Leistungsfähigkeit der betroffenen Systeme orientieren“ (Enquete-Kommission 1998, S.20). Die Belastungsgrenzen der Ökosysteme dürfen nicht überschritten werden, um die Lebensgrundlagen der Menschen zu erhalten und zu schützen.
Die ökologische Dimension umfasst für den Umweltschutz folgende zentrale Ziele:
Ressourcenschonung,
Reduktion der Luft-, Wasser- und Bodenbelastungen,
Klimaschutz sowie die
Erhaltung von Biodiversität und Artenvielfalt.
Das Ziel der „Ressourcenschonung“ kann unter der Berücksichtigung der Regenerationsfunktion ökologischer Systeme nur dann erreicht werden, wenn die Abbaurate bei erneuerbaren Ressourcen ihre Regenerationsrate nicht übersteigt und das Ausmaß an Schad- und Abfallstoffen die Assimilationskapazität der Natur nicht überfordert. Der „Klimaschutz“ erfordert insbesondere eine deutliche Verminderung der Freisetzung von Treibhausgasen (z.B. Kohlenstoffdioxid CO2 und Methan CH4). Die Bundesregierung hat versprochen, in Deutschland die Emission von Treibhausgasen bis 2020 um 40% unter das Niveau von 1990 zu vermindern. Schutz und Erhaltung der Lebewesen (z.B. Vogelarten) fordert das Ziel nach „Artenvielfalt“. Die Artenvielfalt ist ein Teilbereich der biologischen Vielfalt (Biodiversität). Neben der Artenvielfalt umfasst die Biodiversität auch die Vielfalt von Genen und Ökosystemen. Die allgemeinen Umweltschutzziele werden durch Indikatoren operationalisiert, d.h. messbar gemacht. Nur so ist es möglich, die Wirkung von durchgeführten Maßnahmen zu evaluieren und Veränderungen im Umweltschutz über einen längeren Zeitraum feststellen zu können (vgl. auch Umweltindikatoren des Umweltbundesamtes). So kann das Ziel der Ressourcenschonung u.a. durch die Indikatoren „Energieproduktivität“ und „Rohstoffproduktivität“ abgebildet werden.
Die zentralen Probleme des Umweltschutzes liegen im Erfordernis kooperativen Handelns und in z.T. erheblichen Informations- und Wissensdefiziten über ökologische Zusammenhänge und vertretbare Grenzen der Umwelteinwirkungen von Konsum- und Produktionsprozessen. Zur Darstellung von Ursache-Wirkungszusammenhängen innerhalb der natürlichen Umwelt verwendet die Europäische Umweltagentur (European Environment Agency: EEA) das sog. DPSIR-Modell (Abkürzung für Driving forces, Pressures, States, Impacts and Responses; EEA 2011). Die Driving forces (z.B. Produktions- und Konsumprozesse) verursachen die Umweltbelastungen (Pressures, z.B. CO2-Emissionen) für bestimmte Umweltkompartiments (States, z.B. Erdatmosphäre), wodurch sich spezifische Umweltschäden ergeben (Impacts, z.B. Treibhauseffekt), auf die die Akteure reagieren (Responses, z.B. erhöhtes Umweltbewusstsein; vgl. Abb. 2).
Ursachen zunehmender Umweltverschmutzung sind u.a. das exponentielle Wachstum der Weltbevölkerung (von 4 Mrd. Menschen im Jahr 1975 auf knapp 7 Mrd. im Jahr 2011 und auf erwartete 9,6 Mrd. für das Jahr 2050), Urbanisierung (z.B. Entstehen von zahlreichen Megacities mit mehr als 10 Millionen Einwohnern), zunehmende Ressourcenknappheit durch Wirtschaftswachstum infolge der Globalisierung (z.B. deutliche Zunahme der globalen Nachfrage nach fossilen Energieträgern), spezifische Produktionsprozesse sowie vorherrschende Lebens- und Konsumstile in den wohlhabenden westlichen Nationen der Welt (vgl. auch Meffert/Kirchgeorg 1998, S. 10). Umweltschäden haben eine lokale (z.B. lokal begrenzte Schadstoffemissionen eines produzierenden Betriebes), regionale (z.B. Wassermangel) und globale Dimension (z.B. globale Klimaerwärmung). In erster Linie sind industrielle Produktions- und Konsumtionsprozesse für die aktuellen Umweltprobleme verantwortlich.
Die in diesen Prozessen stattfindenden Umwandlungsvorgänge zwischen Energie und Materie und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Umwelt werden häufig mit dem Entropiebegriff beschrieben. Die Entropie ist ein Maß für die Umkehrbarkeit von Prozessen. Betrachtet werden Umwandlungsprozesse von Energie und Materie. Sind Prozesse irreversibel (nicht umkehrbar), so nimmt die Entropie in geschlossenen Systemen stetig zu, während sie für reversible (umkehrbare) Abläufe konstant bleibt. Damit ist die Entropie ein Maß für die Umkehrbarkeit von Prozessen (Reversibilität). Auf Produktions- und Konsumprozesse übertragen, besagt das Entropiegesetz, dass aus wertvollen Ressourcen (Zustand geringer Entropie) durch ständige Umwandlungsprozesse (z.B. Downcycling) irreversibel nutzloser Abfall entsteht (Zustand hoher Entropie). Wertvolle Ressourcen werden bei Produktion und Konsum so lange umgewandelt und vermischt, bis sie als wertlose Abfälle deponiert werden müssen (Stephan 1995, S. 149). Nach dem Entropiegesetz verbrauchen alle wirtschaftlichen Aktivitäten unwiederbringlich freie Energie, so dass die gebundene Energie, und damit die Entropie, wohl zwangsläufig zunehmen wird (Dyckhoff 1995, S. 220).
Ökologisches Wirtschaften zielt auf eine Reduzierung von Rohstoffverbräuchen, Schadstoffemissionen und die Beherrschung von Risiken in Produktions- und Konsumprozessen bei zumindest gleich bleibender oder höherer Lebensqualität (Abb. 3).
Zielgröße ist die ökologische Effizienz (Eco-efficiency). Die ökologische Effizienz richtet sich auf die Umweltbelastung pro Produktions- bzw. Konsumtionseinheit (vgl. Müller-Christ 2001, S. 12) und kann als Quotient aus Umweltbelastung durch Leistungseinheit operationalisiert werden. Umfassender definieren DeSimone/Popoff (1997, S. 47) die Eco-efficiency über die Eigenschaft von Produkten, bei hoher Wettbewerbsfähigkeit und Nützlichkeit für den Konsumenten, während der Herstellung in der gesamten Wertschöpfungskette den Ressourcenverbrauch und Umweltemissionen so zu reduzieren, dass sich die Produkte im Einklang mit den dauerhaft zur Verfügung stehenden Kapazitäten der Erde befinden (vgl. auch Dyllick/Hockerts 2002). Konkrete Formen der ökologischen Effizienz sind die Ressourcen- und Energieeffizienz. Der World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) definierte auf der Rio-Konferenz 1992 die ökologische Effizienz als die Bereitstellung von wettbewerbsfähigen Produkten und Dienstleistungen zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse und zur Schaffung bzw. Aufrechterhaltung einer angemessenen Lebensqualität bei progressiv sinkenden Umweltschäden und Ressourceneinsätzen während des gesamten Produktlebenszyklus (Cradle to Grave). Dadurch soll erreicht werden, dass die vorhandenen biologischen Kapazitäten der Erde dauerhaft ausreichen. Angaben darüber, um welchen Faktor der Ressourcenverbrauch reduziert bzw. die ökologische Effizienz erhöht werden muss, liegen zwischen 4 und 20 (Müller-Christ 2001, S. 535; Visser et al. 2007, S. 167f.). Eine erhöhte ökologische Effizienz lässt sich u.a. durch eine längere Haltbarkeit der Produkte, einen geringeren Materialeinsatz bzw. eine geringere Materialintensität, den Einsatz erneuerbarer Ressourcen, Recycling und eine Substitution von Materialeinsätzen durch Dienstleistungen erreichen.
Unternehmen können auf dieser Nachhaltigkeitsdimension u.a. folgende Beiträge leisten:
Entwicklung und Einsatz umweltverträglicher Produktionstechnologien,
Entwicklung und Produktion innovativer, umweltverträglicher Produkte (vgl. Dyckhoff 2000, S. 99ff.),
Übernahme der Produktverantwortung für alle Wertschöpfungsphasen,
Reduzierung von Risiken und Gefahrenpotenziale für die Umwelt,
Verbesserung der Ressourcen- und Energieeffizienz,
Verringerung der Treibhausgasemission und
zunehmender Einsatz erneuerbarer Energien.
Konsumenten können ihre Konsumgewohnheiten den Belangen des Umweltschutzes anpassen und bevorzugt solche Produkte kaufen, die – relativ betrachtet – umweltverträglicher sind als andere.
Die soziale Dimension der Nachhaltigkeit
Die soziale Dimension der Nachhaltigkeit hat sich nach Auffassung der Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ an den grundlegenden Sozialnormen Gerechtigkeit, Sicherheit und Frieden zu orientieren (Enquete-Kommission 1998, S. 23). Es geht dabei um die Pflichten und Rechte von Individuen innerhalb des Gemeinschaftslebens hinsichtlich der Bereiche Grundbedarf, Gesundheit, Erwerbsfähigkeit und -möglichkeit, Bildungs- und Ausbildungschancen, Arbeitsbedingungen, Altersversorgung und Einkommens- und Vermögensverteilung (Enquete-Kommission, 1998, S. 23). In Unternehmen manifestiert sich die soziale Dimension nachhaltigen Wirtschaftens in der Bereitschaft zur Übernahme sozialer Verantwortung für das Gemeinwesen, für die Produkte und für die an der Wertschöpfung beteiligten abhängigen Beschäftigten des eigenen Unternehmens und für die der Lieferanten. Diese Verantwortungsübernahme kommt in der Corporate Social Responsibility (CSR) zum Ausdruck. CSR hat seit der Jahrhundertwende zunehmen die Begriffe Umweltschutz und Nachhaltigkeit in der Diskussion abgelöst und stellt sowohl als unternehmerisches Leitbild als auch als soziale Erwartung eine Verpflichtung zur umfassenden Übernahme von Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft dar. “CSR encompasses the economic, legal, ethical and philanthropic expectations that society has of organizations at a given point in time” (Carroll 1991).
Die soziale Dimension nachhaltigen Wirtschaftens umfasst folgende zentrale Ziele:
Bekämpfung von Armut, Unterdrückung und Ausbeutung,
Schaffung von Transparenz und Partizipation,
bessere Bildung und Ausbildung,
Schutz und Förderung der menschlichen Gesundheit,
keine Diskriminierung.
Für Unternehmen bietet sich eine große Palette von Möglichkeiten, sozial nachhaltig zu handeln. Dazu gehören:
die Einhaltung einschlägiger Gesetze (z.B. zum Arbeitsschutz),
die Durchsetzung internationaler Arbeitsstandards im eigenen Betrieb sowie bei den Zulieferern und Partnerunternehmen,
gesundheitlicher Arbeitsschutz,
Ächtung von Kinder- und Zwangsarbeit sowie physischer Disziplinierungsmaßnahmen,
faire Entlohnung der Beschäftigten,
Arbeitsplatzsicherheit,
Produktsicherheit,
Schaffung fairer Handelsbeziehungen,
soziales Engagement in den Ländern, Regionen und Kommunen, in denen das Unternehmen tätig ist.
Soziale Aktivitäten lassen sich kaum nach einem Effizienzkriterium, so wie beim Umweltschutz, beurteilen, da standardisierbare Bezugsgrößen, wenn überhaupt, nur in Einzelfällen zur Verfügung stehen. An die Stelle der Effizienz tritt deshalb die Soziale Effektivität. Mit diesem Kriterium kann beurteilt werden, ob bestimmte Maßnahmen zur Erreichung vorgegebener sozialer Ziele geeignet sind.
Bei Konsumenten richtet sich die soziale Dimension auf einen sozialverträglichen Konsum. Entsprechend verstehen wir unter der Consumer Social Responsibility (ConSR) eine gesellschaftliche Erwartung an Konsumenten, verantwortungsbewusst zum Schutze von Umwelt und Gesellschaft zu konsumieren. Soziales Konsumbewusstsein (Social Consciousness of Consumers) kann als eine latente Disposition von Konsumenten definiert werden, soziale Aspekte bei Kaufentscheidungen bevorzugt zu berücksichtigen (z.B. bevorzugter Kauf von Fairtrade-Produkten).
Die ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit