GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 01 vom 27.01.2014
PR-Controlling - die Messung des Wertbeitrags bleibt eine schwierige Aufgabe
Robert Reuter
Kernthesen
- Die Wirksamkeit von PR-Maßnahmen ist nur schwierig zu messen.
- Public Relations sind darum immer noch kaum Gegenstand der Arbeit von Controllern.
- Immer mehr Firmen verlangen valide Erfolgsmessungen von ihren Kommunikationsabteilungen oder den beauftragten PR-Agenturen.
- Zusammen mit österreichischen Fachverbänden arbeitet die Deutsche Public Relations Gesellschaft (DPRG) daran, aussagekräftige Kennzahlen und Tools auch für den PR-Bereich zu entwickeln. Die in den letzten Jahren vorgestellten Bewertungsmodelle finden allerdings nur langsam Eingang in die Arbeit der Kommunikationsexperten.
Beitrag
Unternehmen wollen Ergebnisse
Die Diskussion um die Frage, ob sich die PR-Kommunikation von Unternehmen in Renditen umrechnen lässt, ist noch lange nicht abgeschlossen. Zwar scheint es nach wie vor überaus schwierig, die Wirkung von Kommunikationsmaßnahmen messbar und damit einem konsistenten Controlling zugänglich zu machen. Auch besteht weiterhin der Zweifel, ob die Unternehmenskommunikation überhaupt einen Bereich darstellt, der in Zuwächsen und Renditen dargestellt werden kann und soll. Andererseits sind PR und Kommunikation für die Unternehmen nicht umsonst zu haben, was den Wunsch der Firmen erklärt, die Ergebnisse ihrer PR-Bemühungen evaluierbar zu machen. (1), (2)
Wirkung statt Rendite
Gleichwohl plädieren viele Experten dafür, an die Kommunikation nicht dieselben Maßstäbe anzulegen wie an solche Erfolgsfaktoren, die sich ohnehin leicht in Zahlen abbilden lassen. In dieser Sichtweise muss es als ein Irrtum angesehen werden, wenn Unternehmen versuchten, die PR als Alternative oder Sonderform der Werbung anzusehen. Dass die Kommunikation mit ihren Mitteln Beiträge auch zur ökonomischen Zielerreichung liefern kann, bleibt damit jedoch nicht ausgeschlossen. Immerhin ist PR-Arbeit die aktive Gestaltung des Verhältnisses von Unternehmen zur Gesellschaft und darum prinzipiell mit den betriebswirtschaftlichen Zielen in Übereinstimmung zu bringen. Die Suche nach Möglichkeiten der Erfolgsmessung von PR-Maßnahmen müsste daher an der Wirkung der Kommunikation ansetzen. (1), (2)
PR-Agenturen unter Druck
Befeuert wird die Suche nach einem Controllingsystem für die Kommunikation durch den Druck, dem sich PR-Agenturen immer mehr ausgesetzt sehen. Die Unternehmen wollen eine valide Erfolgskontrolle sehen, die über die bisher verwendeten Presse-Clippings hinausgeht. Aus Österreich ist bekannt, dass dort rund 80 Prozent der Agenturen von ihren Kunden aufgefordert sind, eine Erfolgsmessung durchzuführen. Verschwindend gering ist zugleich der Anteil solcher PR-Agenturen, in deren Erfolgsbilanz auch betriebswirtschaftliche Kennzahlen eine Rolle spielen.
Die so genannten Clippings dokumentieren lediglich die Presseresonanz, wofür Zeitungsartikel gesammelt werden, die infolge einer PR-Maßnahme erscheinen. Naturgemäß sagt das Faktum der Veröffentlichung jedoch nichts darüber aus, welche Öffentlichkeitswirkung erreicht wird. Spätestens seit dem Ausbruch der Finanzkrise sind die Etats der PR-Agenturen unter Druck geraten, denn die Unternehmen sind bei schwacher Ertragslage immer weniger bereit, in die Kommunikation zu investieren, ohne dabei einen entsprechenden Wertbeitrag zum Ergebnis erkennen zu können. Größtenteils sind die Agenturen jedoch selbst an ihrer Lage schuld, da sie nicht bereit sind, in die Messbarkeit ihrer Arbeit zu investieren. Noch vor wenigen Jahren war den Agenturen die Evaluierung ihrer Maßnahmen höchstens 5 000 Euro per anno wert. (9), (10)
Grundmodell soll für Abhilfe sorgen
Schon im Jahr 2010 haben der Public Relations Verband Austria (PRVA), die Deutsche Public Relations Gesellschaft (DPRG) und der Internationale Controllerverein (ICV) ein "Grundmodell Kommunikationscontrolling" vorgestellt. Das Modell brachte zwar keine grundsätzliche Lösung des Problems, bedeutete aber dennoch einen Meilenstein auf dem Weg zu einem validen PR-Controlling. Gemessen wird die Wirkung der PR-Maßnahmen nach diesem Modell an den Anspruchsgruppen des Unternehmens, den so genannten Stakeholdern. Einbezogen sind in das Tool die bekannten Kennzahlen der Medienarbeit wie Reichweite oder Tonalität. Zudem existieren ein so genanntes Wirkungsstufenmodell und eine Toolbox zur "Wertschöpfung durch Kommunikation".
Ein wichtiges Grundprinzip der vorhandenen Modelle zum PR-Controlling ist, dass sich die Ziele der PR aus den ökonomischen Zielen des Unternehmens ableiten müssen. Dies lässt insbesondere solche PR-Experten aufhorchen, die von der Einbindung der Unternehmenskommunikation in die Renditeziele einer Firma nichts halten. Die Modelle zeigen damit eindeutig, wohin die Reise geht. Es ist wahrscheinlich, dass Kommunikationsabteilungen und PR-Agenturen immer stärker gefordert werden, über den Wertbeitrag ihrer Arbeit zum Gesamterfolg des Unternehmens Auskunft zu geben. (3), (4), (5)
Trends
Wirksamkeit von Veranstaltungen gerät in den Fokus
Auch die Veranstalter von Firmenevents müssen sich zunehmend fragen lassen, welche Ergebnisse die oft teuren Maßnahmen für das Unternehmen haben. Die Messbarkeit von Eventwirkungen auf die Köpfe der Gäste erscheint jedoch noch schwieriger als die Evaluierung des Wertbeitrages beispielsweise der Pressearbeit. Event-Manager beantworten die Forderungen ihrer Auftraggeber daher meist mit dem Hinweis darauf, dass sich Werte wie Vertrauen, Begeisterung oder Freude - wie sie durch Events befördert werden sollen - nur schwerlich in Kennzahlen gießen lassen. Kritisiert wird von der Eventbranche überdies die häufig fehlende Professionalität bei der Organisation von Veranstaltungen. So lange die Organisation in den Händen von Sekretariaten liege - womit die Veranstaltung also nicht von Profis gemanagt wird - müsse man sich über die Erfolgsmessung schon deshalb keine Gedanken machen, weil es einen Erfolg gar nicht gebe. Werde das Event jedoch von Experten gemanagt, müsse der Erfolg schon deshalb nicht gemessen werden, weil dieser ohnehin programmiert sei. Ob sich die Branche vom aktuellen Trend zur Evaluierung auch schwer messbarer Wirkungsfelder mit dieser nassforschen Behauptung herausmogeln kann, bleibt fraglich. (6)
Fallbeispiele
Bedeutung der Controller in Medienunternehmen nimmt zu
Nach Aussage von Branchenexperten hat sich die Rolle des Controllings in Medienunternehmen seit dem Ausbruch der Finanzkrise deutlich gewandelt. Galt der Controller früher als reiner Kostenrechner, ist er mit seiner Arbeit heute sehr nah an die Vorstandsebene gerückt. Die Bedeutung des Controllings für das Management werde heute daher sehr viel höher geschätzt als noch vor einigen Jahren. (7)
Public-Relations-Manager im Zwielicht
Schon lange ist es ein offenes Geheimnis, dass Firmen Journalisten mit allerlei Zuwendungen hofieren, um sich auf diesem Weg eine positive Berichterstattung einzukaufen. Im Herbst letzten Jahres war es dann ein PR-Manager selbst, der tiefe Einblicke in die zweifelhaften Beziehungen zwischen Kommunikationsabteilungen und Berichterstattern gewährte. Dabei hatte sich der Vice President Public Relations von Mazda Europe selbst in einem Ausmaß der Untreue schuldig gemacht, dass ihn die Wirtschaftsstrafkammer in Köln sowohl für die Rückzahlung von zehn Millionen Euro an Mazda als auch zu einer Gefängnisstrafe von sechs Jahren verurteilte.
Das hier behandelte Thema der Messbarmachung von PR-Maßnahmen ist durch diesen Fall insofern berührt, als er auf eine unterschwellige Gefahr aufmerksam macht. Wenn PR-Erfolge messbar werden, könnten die Verantwortlichen nämlich besonders leicht dazu verführt werden, ihre Erfolgsbilanz durch unlautere Mittel zu befördern.
Vielleicht noch wichtiger sind die Fragen, die der geschilderte Fall hinsichtlich der Unabhängigkeit der Medien aufwirft. Dass es bei der Betreuung von Journalisten durch Unternehmen durchaus eine Grauzone aus Gefälligkeiten bis hin zur Bestechung gibt, ist zwar bekannt, jedoch fehlt eine öffentliche Diskussion darüber. Wie tief der Sumpf möglicherweise gerade im Automobiljournalismus ist, zeigt der erst jüngst aufgedeckte Manipulationsskandal rund um den ADAC. (8)
Weiterführende Literatur
(1)
Studie: Organisationsstrukturen in der PR könnten besser sein
aus "Medianet" Nr. 1668/2013 vom 05.07.2013 Seite 12
(2)
Beziehungsarbeit mit Langzeiteffekt
aus "Horizont" Nr. 47/2013 vom 22.11.2013 Seite: 34
(3)
PRVA: Wertbeitrag der Kommunikation zum Unternehmenserfolg jetzt nachweisbar
aus OTS-ORIGINALTEXT vom 29.07.2011, 10:40:48
(4)
In der PR-Branche ist die Erfolgskontrolle noch mangelhaft
aus "Horizont" Nr. 43/2013 vom 25.10.2013 Seite: 2
(5)
The Thrill has gone IV
aus "A3BOOM" Nr. 11-12/2013 vom 12.12.2013 Seite 78,79,80
(6)
Kennzahl für Begeisterung und Zertifikat für Motivation!
aus tw tagungswirtschaft 05 vom 19.11.2013 Seite 058
(7)
Controller sollten strategisch denken
aus "Extradienst" Nr. 10/2013 vom 15.11.2013 Seite 194
(8)
Zweifelhafte Beziehungen
aus Absatzwirtschaft Nr. 10 vom 27.09.2013 Seite 020
(9)
PR-Branche legt zu
aus "Horizont" Nr. 47/2013 vom 22.11.2013 Seite: 27
(10)
Von Erbsenzählern und echten Strategen
aus werben & verkaufen Nr. 40 vom 06.10.2011, S. 34
GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 02 vom 24.02.2014
Preis-Controlling - eine strukturierte Preisstrategie benötigt Steuerung
Robert Reuter
Kernthesen
- Nur wenige Unternehmen verfolgen eine eigene Preisstrategie. Die Gestaltung der Preise wird dem Marketing überlassen.
- Eine strukturierte Preisstrategie hingegen orientiert sich besonders am Kundenutzen. Je mehr sich das Produkt von den Angeboten der Wettbewerber abhebt, desto höher kann man die Preise ansetzen.
- Eine Preisstrategie, die alle Parameter für die Preisgestaltung berücksichtigt, ist ein natürliches Betätigungsfeld für das Controlling.
Beitrag
Es fehlt an Preisstrategien
Nach den Ergebnissen einer jüngeren Studie macht sich nur ein Drittel der deutschen Unternehmen Gedanken um einen durchstrukturierten Pricing-Prozess. Zugleich schätzen 44 Prozent der Befragten die durch konsequentes Pricing erreichbaren Wertschöpfungspotenziale als hoch oder sehr hoch ein.
Preiserhöhungen sind nach wie vor einer der effektivsten Wege, um die Unternehmensgewinne zu steigern. Experten rechnen vor, dass sich die Unternehmensgewinne durch eine gute Preisstrategie um bis zu 30 Prozent steigern lassen. Wird die Preisbildung anhand der Marktlage, des geltenden Preisniveaus und der unternehmerischen Aufwendungen betrieben, kommt auch der Controller ins Spiel. Preis-Controlling wäre dann der logische Schlusspunkt eines umfassenden Pricing-Prozesses. Dem Controller kommt dann die Aufgabe zu, Preisstrategien durch geeignete Kennzahlen zu stützen und die durch die Preisgestaltung erreichten Erfolge messbar zu machen. (1)
Preisgestaltung orientiert am Kundenutzen
In den meisten Unternehmen werden die Produktpreise durch das Marketing bestimmt. Da niedrigere Preise höhere Verkäufe versprechen, fällt die Kalkulation durch das Marketing meist sehr kundenfreundlich aus. Niedrig festgesetzt werden Preise meist auch dann, wenn das Pricing von der Produktion übernommen wird. In beiden Fällen orientieren sich die Preisgestalter stark am Wettbewerb und damit an den Preisen der Konkurrenten. Ein strategisches Pricing hingegen setzt vor die Festlegung der Preishöhe eine Messung des Kundennutzens. Hierbei muss genau ermittelt werden, in welchem Detail und um wie viel das eigene Produkt besser ist als die Angebote der Wettbewerber. Auf diese Weise wird der Preis eben nicht mehr durch die Marktsituation bestimmt, sondern durch die Qualität des Produkts selber. Um zu dieser aus dem Produktvergleich resultierenden Preisgestaltung zu kommen, müssen die Unternehmen eine Vielzahl von Parametern an das eigene Produkt anlegen, um so zu einem konsistenten Ergebnis hinsichtlich des Kundennutzens und damit der erlaubten Preisaufschläge zu kommen. Je weniger das eigene Produkt mit dem der Konkurrenz zu vergleichen ist, desto höher dürfen die Preisaufschläge ausfallen. (2), (3)
Preiserhöhungen müssen durchgesetzt werden
Viele Unternehmen gerade aus dem Mittelstand trauen sich nicht, ihre Preise zu erhöhen, weil sie hierdurch Wettbewerbsnachteile fürchten. Einer Umfrage zufolge werden nur 50 Prozent der als notwendig erachteten Preiserhöhungen auch tatsächlich durchgeführt. Zu einer strukturierten Preisstrategie gehört aber auch der Mut, höhere Preise am Markt durchzusetzen. Hierfür ist es wichtig, eben jenen ermittelten Kundennutzen, der am Produkt als Mehrwert gegenüber den Konkurrenzangeboten besteht, zu kommunizieren. Anders ausgedrückt: Eine Preiserhöhung muss durch die besondere Betonung des Kundenutzens flankiert werden. Dies kann üblicherweise durch die bloße Produktinformation genauso geschehen wie durch Werbung und PR-Maßnahmen.
Beim Handel zwischen Unternehmen ist es überdies wichtig, die Außendienstmitarbeiter mit dem nötigen Wissen für die Begründung der Preiserhöhung auszustatten. Gerade im B2B-Bereich setzen die Vertriebler häufig zu stark darauf, rein technische Innovationen anzupreisen. Diese aber sind dem Kunden oft egal, so lange er nicht weiß, wie ihm die Innovation dabei hilft, Kosten zu senken oder höhere Effizienz zu erreichen. Bei der Durchsetzung von Preiserhöhungen ist die ausschließliche Hervorhebung technischer Finessen oft nicht die richtige Wahl. (2), (3)
Unterstützung durch das Controlling
Wenn die Preisgestaltung unter Heranziehung aller Parameter geschieht, entsteht ein großer Zahlenwust. An dieser Stelle kommt der Controller ins Spiel, was allerdings infolge der noch stiefmütterlichen Behandlung des Themas in den Unternehmen noch relativ selten der Fall ist. Bisher sind es nur 60 Prozent der Unternehmen, die ein konsistentes Preis-Controlling betreiben.
Sowohl die Preisstrategie als auch die Preisfestlegung und die Messung der Ziele und Umsetzungserfolge können einem Controlling unterzogen werden. So ist für die zielgerichtete Festlegung des Preises beispielsweise eine genaue Kenntnis der Kunden und ihrer Ertragskraft hilfreich. Alle Zahlen zur Kundenanalyse sollten beim Controller gebündelt und für die Preisfindung herangezogen werden. Das Ziel ist die Erstellung einer ertragsorientierten Kundensegmentierung.
Ein anderes Werkzeug des Preis-Controllers für die analytisch begründete Preisbildung ist die Preis-Absatz-Funktion. Mit ihr wird errechnet, wie sich ein Preis auf die Absatzmenge auswirken würde. Die sehr hilfreiche Funktion wird in den Unternehmen ebenfalls noch immer nur selten angewandt. Ein anderes Maß ist die Preiselastizität. Sie muss ebenfalls ausgerechnet werden und ist das Maß dafür, wie sich Preisänderungen auf Angebot und Nachfrage auswirken würden. Bekannt ist, dass beispielsweise die Otto-Group dieses Tool für ihre Preisgestaltung einsetzt. Mit der Preiselastizität können Aussagen darüber gemacht werden, ob eine Veränderung des Angebotspreises eine Mengenänderung beim Verkauf nach sich zieht. Die Grundlage für die Berechnung sind Preiseffekte aus der Vergangenheit, aus denen das zu berechnende Absatzszenario für zukünftige Preisänderungen abgeleitet wird.
Für Unternehmen, die ganze Produktfamilien anbieten, ist überdies die Preisspreizung eine interessante Kennzahl. Hierbei geht es um den Preisabstand zwischen dem günstigsten und dem teuersten Produkt eines Sortiments.
So genannte Conjoint-Analysen zeigen, welche Eigenschaften eines Produkts die größte Kaufmotivation auslösen. Auch dieses Instrument wird von den Unternehmen kaum eingesetzt. Laut der besagten Umfrage kennen nur sieben Prozent der Firmen die Conjoint-Analyse.
Neben der Bereitstellung wichtiger Parameter für die Preisgestaltung ist auch die Kontrolle von Preisvorgaben ein mögliches Arbeitsfeld für den Preis-Controller. Der größte Teil der Unternehmen geht davon aus, dass ihre Preise vom Handel nicht eingehalten werden.
Ein weiteres Feld, auf dem sich der Controller bewähren kann, ist die Psychologie der Preise. Etliche Beispiele aus der Hirnforschung zeigen, dass sich Preise, Preisspreizungen und Angebote oft in erstaunlicher Weise auf das Kaufverhalten der Menschen auswirken. So wird ein teures Produkt beispielsweise öfter gekauft, wenn ein noch teureres Erzeugnis danebensteht. Wird es aber neben ein deutlich preisgünstigeres Produkt gestellt, wird es seltener genommen. Bezieht das Controlling solche Beobachtungen in seine Arbeit ein, geht es natürlich nicht mehr nur um Zahlen, sondern um menschliches Verhalten. Verhaltensorientiertes Controlling gibt es allerdings auch schon, so dass der Preis-Controller in dieser anderen Sparte seines Berufsfeldes für das eigene Tun fündig werden kann. (1), (2), (3)
Trends
Miele setzt auf Lieferanten-Controlling
Der wichtigste Controllingtrend unserer Zeit ist sicherlich der allgemeine Wunsch nach Ausbreitung. Für fast alle Unternehmensbereiche gibt es mittlerweile Vorschläge, wie man sie zum Arbeitsfeld auch des Controllings machen könnte. Ein praktisches Beispiel für die Umsetzung einer Controllingidee in die Praxis bietet die Firma Miele, die sich die Steuerung ihrer Lieferanten zum Ziel gesetzt hat. Auch mit den Zulieferern wird in den meisten Unternehmen nicht strukturiert umgegangen. Miele hat darum eine ganzheitliche Lieferantenbewertung entwickelt, die neben harten Fakten auch weiche Faktoren wie das Umweltverhalten, Moral und Ethik umfasst. Das Unternehmen ist seit der Einführung des neuen Systems in der Lage, die Termin- und Mengentreue zahlenbasiert auszuwerten. (4), (7)
Fallbeispiele
Bankensektor sucht nach Preisstrategie
Auch im Kreditsektor macht man sich Gedanken um die Preisstrategie. Banken und Sparkassen orientieren sich bei der Preisgestaltung - wie die Unternehmen der Realwirtschaft - meist lediglich an den Kosten oder den Konditionen des Wettbewerbs. Die für ein strukturiertes Pricing notwendige Einbeziehung des Kundenutzens hingegen findet auch in dieser Branche noch wenig Beachtung. Die Ermittlung von Kundenpräferenzen und der Preisbereitschaft steht darum im Mittelpunkt der Pricing-Bemühungen des Kreditsektors. Hierfür denken die Bankengruppen auch über Kundentests nach, um so die erzielbaren Aufschläge zu ermitteln. (5), (6)
Weiterführende Literatur
(1)
Das Preis-Controlling als Baustein im Pricing-Prozess Wertschöpfungspotenziale freisetzen von Hans-Christian Riekhof
aus CONTROLLER Magazin, Heft 6/2013, S. 62-67
(2)
Im Dutzend teurer
aus Markt und Mittelstand vom 07.06.2013, Nr. 6, S. 71
(3)
Internationales Preismanagement Wege aus der Komplexitätsfalle
aus IO Management Nr. 2 vom 21.03.2013, Seiten 34 - 37
(4)
Lieferantencontrolling 2.0 Zeitgemäße Lieferantenbeurteilung
aus BA Beschaffung aktuell, Heft 11, 2013, S. 26
(5)
Preispotenziale heben
aus BankInformation, Heft 12/2013, S. 24 - 25
(6)
Nichts zu verschenken
aus BankInformation, Heft 12/2013, S. 36 - 42
(7)
Mit der Preisstrukturanalyse Einkaufspreise systematisch optimieren Vorbereitung auf Preisverhandlungen
aus BA Beschaffung aktuell, Heft 10, 2013, S. 20
GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 03 vom 17.03.2014
Bundeswehr - das Beschaffungswesen soll endlich effizienter werden
Robert Reuter
Kernthesen
- Das Beschaffungswesen der Bundeswehr fällt weiterhin von einem Skandal in den nächsten.
- Die neue Verteidigungsministerin will nun aufräumen.
- Als Grundlage für die Neuorganisation dient erneut der bereits 2010 vorgelegte Bericht der Bundeswehr-Strukturkommission. Schon damals hatte die Kommission - neben vielen anderen Maßnahmen - die Installation einer Controllingabteilung empfohlen.
- Den gleichen Ratschlag hatte im vergangenen Jahr der Euro-Hawk-Untersuchungsausschuss erteilt.
- Auch die Zuhilfenahme externer Prüfer steht im Raum.
Beitrag
Die Ministerin bläst zur Attacke
Nach wie vor produziert die Bundeswehr bei fast jedem Beschaffungsprojekt negative Schlagzeilen. Unrühmlicher Höhepunkt der letzten Zeit waren die skandalösen Vorgänge um die Aufklärungsdrohne Euro Hawk. Das Projekt musste trotz weit fortgeschrittener Entwicklung gestoppt werden, weil die Drohne für den europäischen Luftraum keine Zulassung bekommen hätte. Dies war einigen Behörden bereits seit 2011 bekannt, doch wurde nicht eingeschritten. Der damalige Verteidigungsminister gab an, über die Zulassungsprobleme erst 2013 informiert worden zu sein. Dennoch kostete ihn die Pleite fast sein Ministeramt.
Die neue Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen will den Beschaffungs- und Rüstungsbereich ihres Ministeriums nun grundlegend umbauen. Damit knüpft die Ministerin an ähnliche Bemühungen ihres Vor-Vorgängers Karl-Theodor zu Guttenberg an. Zu Guttenberg hatte schon 2010 den Leiter der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, zum Chef einer neu gegründeten Bundeswehr-Strukturkommission berufen. Die Kommission stellte dem Rüstungsbereich ein schlechtes Zeugnis aus: Zu viele Mitarbeiter, schlechte Kommunikation und die unselige Aufspaltung des Verteidigungsressorts in einen Berliner und einen Bonner Standort seien der Grund für Kompetenzgerangel und unklare Zuständigkeiten. Weise empfahl darum einen radikalen Umbau ebenso wie die Einrichtung einer der Führungsebene direkt zuarbeitenden Controllingabteilung. Die Installation eines funktionierenden Controllings ist von der Bundeswehr jedoch bis heute nicht richtig an Angriff genommen worden. (1), (6), (7)
Prüfung durch externe Controller
Eine tiefgreifende Umgestaltung des Beschaffungswesens der Bundeswehr fordern auch die Verteidigungsexperten der großen Koalition. Immer öfter ist darum der Vorschlag zu hören, Beschaffungsprojekte auch durch externe Controller überprüfen zu lassen. Bereits als wahrscheinlich gilt, dass die Verteidigungsministerin alle zentralen Rüstungsvorhaben von externen Prüfern durchleuchten lassen wird. Spekuliert wird darüber, ob diese Aufgabe möglicherweise von Experten des Beratungsunternehmens McKinsey übernommen wird. (2), (5)
Pleiten, Pannen, Unvermögen
Über die Gründe für das permanente Versagen bei der Anschaffung von Großprojekten kann trotz des Weise-Berichts nur spekuliert werden. Experten glauben, dass es die Mischung aus hochkomplexen Planungsaufgaben und dem Ingenieurmangel im öffentlichen Dienst ist, der die Anschaffung neuen Geräts regelmäßig zum Desaster werden lässt. Ein Übriges tut die Rüstungsindustrie, die von den Aufträgen der Bundeswehr lebt und die darum emsig Lobbyarbeit betreibt. In der Behörde selbst scheint es so zu sein, dass bei der Planung und Beschaffung nicht zuerst die Bedürfnisse der mittlerweile weltweit eingesetzten Soldaten im Auge behalten werden. Stattdessen wird die Entwicklung neuer Waffen mit wissenschaftlicher Akribie betrieben, wobei die praktische Einsetzbarkeit und schnelle Verfügbarkeit der Systeme oft hintenan steht.
So wartet die Truppe bis heute auf den dringend benötigten neuen Transportflieger Airbus AM 400. Das neue Flugzeug sollte 2008 in Serie gehen, wird aber frühestens 2015 auch an die Bundeswehr - und damit satte sieben Jahre zu spät - ausgeliefert. Selbstredend ist auch dieses Projekt finanziell aus dem Ruder gelaufen, jedoch wird der größte Teil der Mehrkosten vom Hersteller selbst getragen.
Als Pannenflieger hat sich auch der Hubschrauber NH 90 erwiesen. Das Fluggerät wird zwar mittlerweile in Afghanistan eingesetzt, entspricht aber nicht den Erwartungen. Nach wie vor verzögern unausgereifte Technik und ständige Änderungswünsche die weitere Anschaffung. Die Soldaten berichten von abgeknickten Fahrwerken, defekten Navigationsgeräten und falscher Bewaffnung.
Die Zahl der von Verzögerungen betroffenen Rüstungsprojekte ist weitaus höher, als es diese beiden Beispiele dokumentieren. Genau genommen hat die Bundeswehr schon seit vielen Jahren kein einziges Beschaffungsprojekt störungsfrei und mit gutem Ergebnis für die kämpfende Truppe zu Ende gebracht. Die überbordende Bürokratie des BW-Beschaffungswesens sorgt dabei immer wieder für geradezu absurde Probleme. So verschob sich die Serienfertigung des Truppentransporters GTK Boxer von 2004 auf 2009 auch darum, weil eine Einstiegsluke nachgerüstet werden musste, die schwangeren Frauen den Einstieg ermöglicht. (3)
Trends
Rüstungsfirmen langen zu
Wie die Rüstungsfirmen auf Stornierungen und Abbestellungen durch das Ministerium reagieren werden, dafür gibt Airbus gerade ein Beispiel. Obwohl sich das Unternehmen bei der Erfüllung der Bundeswehraufträge seit Jahren nicht mit Ruhm bekleckert, ist man mit Entschädigungsforderungen schnell bei der Hand. Das Unternehmen verlangt für die Abbestellung von 37 Eurofightern durch das Verteidigungsministerium eine Ausfallsentschädigung in der exorbitanten Höhe von 900 Millionen Euro. (8)
Von der Leyen räumt auf
Die neue Verteidigungsministerin hat mit gleich zwei hohen Beamten kurzen Prozess gemacht und sie in die Wüste geschickt. Staatssekretär Stéphane Beemelmans und der für Rüstungsbeschaffungen zuständige Abteilungsleiter Detlef Selhausen waren Schlüsselfiguren in der Euro-Hawk-Affäre. Beemelmans geriet erneut in die Kritik, als bekannt wurde, dass er an den Turbinenhersteller MTU Ausgleichsgelder in der Höhe von 55 Millionen Euro überwiesen hatte, ohne das Parlament darüber zu informieren. Experten gehen davon aus, dass der personelle Umbau des Verteidigungsministeriums noch weitere Opfer finden wird. (9)
Fallbeispiele
Untersuchungsausschuss empfiehlt Controlling
Neben der Implementierung von Kontrollinstanzen ist es ein Ziel der neuen Ministerin, die Beschaffungsprozesse transparenter zu machen. Hierfür hätte auch der im Sommer des vergangenen Jahres vorgelegte Abschlussbericht des Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Euro-Hawk-Affäre wichtige Beiträge liefern können. Dass es hierzu nicht kam, lag daran, dass die Arbeit des Ausschusses unter dem negativen Einfluss des damaligen Bundestagswahlkampfs stand. Statt die fehlerhaftern Strukturen bei der Rüstungsbeschaffung offenzulegen, rieb man sich zuvörderst an der Frage auf, inwieweit der damalige Verteidigungsminister de Maizière von den Vorgängen hätte wissen müssen. Erst nach etlichen parteipolitisch motivierten Scharmützeln kam der Ausschuss doch noch zu hilfreichen Auslassungen. Die Ausschussmitglieder forderten zur künftigen Vermeidung von Beschaffungspleiten mehr Kommunikation und ein umfassendes Controlling. (4)
Weiterführende Literatur
(1)
Drohnen-Pleite hat offenbar Konsequenzen // Bericht: Leyen will Rüstungsressort umbauen
aus Der Tagesspiegel Nr. 21919 VOM 06.01.2014 SEITE 004
(2)
Ministerin rüstet um
aus Handelsblatt Nr. 036 vom 20.02.2014 Seite 001
(3)
Das tödliche Risiko der deutschen Rüstungsprobleme
aus Welt online vom 11.11.2013
(4)
Wenig Aufklärung - viele Attacken
aus DIE WELT, 27.08.2013, Nr. 199, S. 4
(5)
Wie von der Leyen aufräumen will
aus FAZ.NET, 20.02.2014
(6)
Zurück zur Truppe
aus Süddeutsche Zeitung, 29.03.2010, Ausgabe Deutschland, Bayern, München, S. 5
(7)
"An Dialog mit Industrie interessiert"
aus Behörden Spiegel Heft 02/2014
(8)
Airbus fordert 900 Millionen Euro Entschädigung
aus Handelsblatt Nr. 039 vom 25.02.2014 Seite 009
(9)
Stubenreinigung im Bendler-Block
aus Saarbrücker Zeitung vom 21.02.2014
GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 04 vom 11.04.2014
Zwischen Anspruch und Wirklichkeit - Controller suchen ihre Rolle
Robert Reuter
Kernthesen
- Obwohl Controlling schon seit den 1970er Jahren in die Unternehmen Einzug hält, sind die Controller ihrer Bedeutung augenscheinlich immer noch nicht sicher.
- Die Controllingsparte sieht sich von Unternehmen und von der Gesellschaft nicht genügend akzeptiert.
- Als Reflex auf die fehlende Anerkennung werden Controller nicht müde, auf ihre wichtigen Beiträge zum Unternehmenserfolg hinzuweisen.
- Das Leitbild der Controller ist von der Unternehmenspraxis jedoch meist genauso weit entfernt wie die Ergebnisse aus der Wissenschaft.
Beitrag
Auf der Suche nach mehr Akzeptanz
Kaum ein Unternehmensbereich ist so stark mit sich selbst beschäftigt wie das Controlling. Die provozierende These macht sich an der Vielzahl controllingspezifischer Fachbeiträge fest, in denen sich Controllingexperten öffentlich fragen, wer sie sind, wo sie hinwollen, und wie sie zu mehr Akzeptanz gelangen können. Unzweifelhaft sind Controller damit auf der Sinnsuche, was dafür spricht, dass die betriebswirtschaftliche Disziplin in den Unternehmen noch immer nicht jenes Ansehen genießt, das sie für sich selbst in Anspruch nimmt. Woher die Selbstzweifel kommen, ist nicht leicht zu enträtseln. Immerhin verfügt heute jeder Großkonzern über eine Controllingabteilung; auch in der öffentlichen Verwaltung sorgt Controlling vielerorts für eine neue Sichtweise und beschleunigt überdies die Reform der althergebrachten Kameralistik hin zum wirkungsorientierten Haushalt und zur Doppik.
Damit scheint das seit den 1970er Jahren auch in Deutschland betriebene Controlling in der Unternehmens- und Verwaltungspraxis zumindest äußerlich gut verankert. In der Praxis hingegen sieht es anders aus. Nach wie vor besteht ein erheblicher Unterschied zwischen dem, was die Wissenschaft zum Controlling schreibt und der Controllingwirklichkeit. So muss das Controlling - das ja korrekt als Steuerung zu übersetzen ist - immer noch schwer darum kämpfen, von der Unternehmensführung als so genannter Businesspartner ernst genommen zu werden. Die Einbindung des Controllers in die Strategie und in die unmittelbare Unternehmensführung ist seit Jahren Gegenstand vielzähliger Beiträge, die allerdings nur selten davon künden, dass es diese Einbindung in einem Unternehmen tatsächlich gibt. Vielmehr sind die Artikel als Plädoyers gehalten; den Führungsebenen der Unternehmen soll klar gemacht werden, welche Vorteile es brächte, stärker auf das Controlling zurückzugreifen. Dass es nötig ist, sich in dieser Art immer wieder ins rechte Licht zu rücken, zeigt eigentlich nur, wie weit das Controlling von diesem Idealziel immer noch entfernt ist.
An seiner wackeligen Akzeptanz ist das Controlling nur zum Teil selbst schuld. Manager glänzen gerne mit großräumigen Strategien und Visionen, für die sie auf das Kennzahlenmaterial des Controllers verzichten zu können glauben. Hierbei mag der (schlechte) Ruf des Controllers, ein reiner Zahlenfuchs ohne Bezug zur unternehmerischen Praxis zu sein, ausschlaggebend für die Ignoranz der Führungsebene sein. Eindeutig in der Verantwortung des Controllings selbst liegt indessen das schwammige Bild, das der Bereich noch immer von sich selbst zeichnet. So liegt bis heute keine feste Definition der Arbeit des Controllers vor. Stattdessen wird das Controlling mal als Denkhaltung, mal als Führungsunterstützung und nicht zuletzt als Verfahrensweise für nahezu alles skizziert. Darüber hinaus türmen sich - was gleichsam als Reflex auf die eigene Bedeutungsarmut interpretiert werden darf - immer neue Ideen, die die möglichen Betätigungsfelder für den Controller bis ins Unendliche ausweiten. Dabei geht es auch um solche Vorschläge, die den Vorständen wohl bestenfalls ein amüsiertes Lächeln oder anderenfalls eine Angstschweiß-Attacke entlocken - wie neuerdings das Social-Media-Controlling oder das skurrile verhaltensorientierte Controlling.
Schwer haben es Controller jedoch nicht nur bei ihrem Bestreben, als Businesspartner ernstgenommen zu werden. Schon bei Aufgaben der unternehmerischen Teilbereiche - wie etwa dem Personalwesen oder beim Vertrieb - fördert eine Bestandsaufnahme fast immer zutage, dass Controlling gar nicht stattfindet. So arbeitet das Personalwesen vielerorts mit schlichten Exceltabellen, die zwar Auskunft über den Krankheitsstand geben, die jedoch keine Kennzahlen für ein nachhaltiges HR-Management liefern. Den gleichen Nachholbedarf gibt es beim Vertriebs-, Bildungs- oder beim Investitionscontrolling.
Bei so viel Nichtbeachtung ist es kein Wunder, dass das Controlling um seine Stellung kämpft. Erstaunlich ist dabei, dass die um Akzeptanz bemühte Gilde nicht einmal von den Verwerfungen der Finanz- und Wirtschaftskrise hat profitieren können. Gerade die Vabanque-Strategien der Bankmanager und die einschneidenden Folgen der Krise für die Realwirtschaft hätten dem Controlling - als eigentliche Planungs- und Steuerungseinheit im Unternehmen - einen riesigen Bedeutungszugewinn verschaffen müssen. (1), (2), (3)
Neues Leitbild soll die Richtung vorgeben
Schon vor einigen Jahren hat sich das Controlling ein eigenes Leitbild gegeben, das die Ziele für die zukünftige Rolle in den Unternehmen vorgab. Dieses Leitbild wurde im letzten Jahr grundsätzlich neu formuliert. Das neue Leitbild setzt sich aus zwei Grundsatzpapieren zusammen, die von der International Group of Controlling (IGC) und dem Internationalen Controller Verein (ICV) verfasst wurden. Die Vorläuferpapiere waren in den Jahren 1998 und 2002 veröffentlicht worden.
Das neue Leitbild vom 8. Juni 2013 betont die Rolle des Controllers als Partner des Managements deutlich stärker als die alte Version von 2002. Zudem ist der Wertbeitrag des Controllings zum Unternehmenserfolg klarer benannt. Eine entscheidende Neuerung stellt indessen Punkt zwei der Aufstellung dar. Hier ist dem Controlling explizit die Beschäftigung mit der Zukunft aufgegeben, die sich insbesondere in der Vermeidung absehbarer Risiken ausdrücken soll. Ins Auge fällt auch die Selbstcharakterisierung des Controllings als betriebswirtschaftliches Gewissen der Gesamtorganisation.
Das neue Leitbild behält die in der Vorgängerversion formulierte Rolle und Verantwortung des Controllers damit weitgehend bei, bemüht sich aber darüber hinaus um eine höhere Wertschätzung als umfassender Businesspartner des Managements auf Augenhöhe. Wohin das Controlling will, ist damit geklärt: Der Controller soll den Manager entlasten, unwirtschaftliche Entscheidungen verhindern, Fakten sichern und proaktiv - das heißt aus eigener Initiative - Einfluss auf die Unternehmenssteuerung nehmen. (1), (2), (4), (7)
Trends
Verantwortung für die weitere Verwendung
Die angestrebte Rolle als Businesspartner der Geschäftsleitung konfrontiert das Controlling mit dem Thema Verantwortung. Bisher scheint es so zu sein, dass der Controller seine Kennzahlen und Informationen bei der Leitung abliefert und sich um deren Verwendung keine weiteren Gedanken machen muss. Dies ändert sich naturgemäß, wenn sich der Controller als betriebswirtschaftliches Gewissen versteht und er dem Management ein Zahlenfundament in die Hand gibt, das maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen nimmt. Ob es schon ein Trend ist, dass sich das Controlling dieser gestiegenen Verantwortung bewusst wird, ist noch nicht zu sagen. Jedoch wird sich das Controlling, wenn es denn auch in der Unternehmenspraxis zum mitsteuernden Partner aufsteigen will, mit den Folgen seiner Arbeit zukünftig zweifellos stärker befassen müssen. (5)
Fallbeispiele
China - controllingfreie Zone
Das chinesische Wirtschaftswunder wirft auch bei deutschen Controllern die Frage auf, warum diese Erfolge ohne Controlling überhaupt möglich sind. An den Hochschulen im Reich der Mitte wird Controlling nicht angeboten, einen entsprechenden Verband gibt es nicht. Zwar wird auch in chinesischen Unternehmen geplant, und die hierfür wichtigen Zahlen werden ebenfalls erhoben. Dennoch gibt es keine "Controllingdenke", dafür ein schlichtes Rechnungswesen und eine Führungskultur, die dem Chef eine alles dominierende Machtfülle einräumt. Ob dies so bleibt, ist zumindest fraglich. Deutsche Controllingexperten gehen davon aus, dass ein Ende des chinesischen Höhenflugs - der von einigen Volkswirten bereits prognostiziert ist - den Stellenwert und die Akzeptanz des Controllings steigern wird. (6)
Weiterführende Literatur
(1)
Das neue Controller-Leitbild und die Kernelemente des Controllings von Heimo Losbichler
aus CONTROLLER Magazin, Heft 5/2013, S. 68-73
(2)
Wie gewinnen Controller Akzeptanz - im Unternehmen und in der Gesellschaft? Interview mit Dr. rer. pol. h. c. Frank-Jürgen Weise, Vorsitzender des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit (BA) von Alfred Biel
aus CONTROLLER Magazin, Heft 2/2014, S. 4-9
(3)
Der Controller als Stratege? von Jürgen Weber
aus CONTROLLER Magazin, Heft 2/2012, S. 63-63
(4)
Wofür arbeiten Controller? von Jürgen Weber
aus CONTROLLER Magazin, Heft 6/2013, S. 17-17
(5)
Controller & Verantwortung von Jürgen Weber
aus CONTROLLER Magazin, Heft 1/2013, S. 42-43
(6)
Wir brauchen China - China braucht Controlling von Utz Schäffer
aus CONTROLLER Magazin, Heft 2/2014, S. 62-63
(7)
28 Der Controller1 als Business Partner ist innerhalb der Controlling-Community "in aller Munde". Viele Unternehmen haben ihn bereits oder hätten ihn gerne, was ihn aber genau auszeichnet, bleibt häufig eher vage. So resümiert eine englischsprachige Studie treffend, dass der Begriff des Business Partners gewisse Ähnlichkeiten mit einem "schwarzen Loch" habe: Eigentlich wisse man gar nicht so genau, was das in der Praxis heiße.2 So stellen sich zwei Fragen: - Was zeichnet den Controller als Business Partner aus? Und worin unterscheidet er sich vom Controller "klassischer" Prägung? - Über welche Fähigkeiten muss ein Controller verfügen, um die Rolle eines Business Partners übernehmen zu können? Der Artikel konzentriert sich auf die zweite Frage. Da sich diese aber nur auf Basis der ersten beantworten lässt, soll zunächst auf diese eingegangen werden. Was ist die Aufgabe eines Business Partners? Wie fast bei allen Controlling-Themen gibt es hier natürlich unterschiedliche Auffassungen. Die Aufgabe ist daher, für sich eine Definition zu finden, mit der es sich im Tagesgeschäft vernünftig arbeiten lässt. Eine solche findet sich in einem Beitrag der BBC zu diesem Thema: Der Wertbeitrag der Business Partner besteht darin, dass sie die Qualität von Entscheidungen verbessern und dafür sorgen, dass die gewählte Alternative den höchsten finanziellen Wertbeitrag bei einem akzeptablen Risikolevel liefert. Dabei geht es nicht um tiefenfachliche oder komplizierte Analysen, sondern vielmehr darum, unternehmerische Entschlüsse mit den richtigen Analysen, Erkenntnissen und Einschätzungen zu unterstützen, damit bessere Entscheidungen gefällt werden.3 Im Kern geht es beim Business Partnering also darum, dass Controller dazu beitragen, die Qualität unternehmerischer Entscheidungen zu verbessern. Hier schließt sich die nächste Frage an: Was sind die Ingredienzen guter Entscheidungen? Im Regelfall sind es drei Dinge. Erstens, eine gute Analyse, also evidenzbasiert und handwerklich gut gemacht. Zweitens, ein gutes Urteilsvermögen. Und drittens, ein guter Entscheidungsprozess. Fragt man nach der Gewichtung dieser Zutaten, so führte eine Studie von McKinsey zu dem interessanten Ergebnis, dass der Entscheidungsprozess einen sechs Mal höheren Einfluss auf die Qualität der Entscheidung hat als die Analyse.4 Ein Ergebnis, Der Controller als Business Partner: Erfolgskritische Fähigkeiten von Babette Drewniok Der Controller als Business Partner: Erfolgskritische Fähigkeiten
aus CONTROLLER Magazin, Heft 3/2012, S. 28-36
GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 05 vom 26.05.2014
Effizientes Reporting - vom Zahlenfriedhof zum Steuerungsinstrument
Robert Reuter
Kernthesen
- Internes Reporting ist eine Aufgabe, die in vielen Unternehmen vom Controlling erledigt wird.
- Die Berichte sind oft zu umfangreich, als dass sie von den Adressaten noch zeitlich und geistig bewältigt werden könnten.
- Für ein effizienteres Reporting sind eine gestraffte Berichtslandschaft, eine einheitliche Grundstruktur sowie präzise Informationen nötig.
Beitrag
Ungeliebte Kinder
Interne Monats- und Jahresberichte sind in vielen Unternehmen ungeliebte Kinder. Für die mit der Erstellung der auch heute noch oft viele Seiten dicken Reports beauftragten Controller bedeuten die Berichte eine gehörige Fleißaufgabe. Den Vorständen hingegen bereiten die Reports meist ein schlechtes Gewissen - weil sie sie nicht lesen, obwohl sie wissen, dass dies eigentlich zu ihren Pflichten gehört. Der Unwille der Vorstände gegenüber dem internen Reporting hat indessen seinen Grund. Die überbordende Fülle an Text, Zahlen und Informationen macht es nahezu unmöglich, die Berichte inhaltlich oder auch nur zeitlich zu bewältigen. Erst seit den 90er Jahren setzt sich die Erkenntnis durch, dass moderne Reports knapp, präzise und dennoch inhaltsreich verfasst sein müssen, um ihre Adressaten zu erreichen und so zum Unternehmenserfolg beizutragen. Gleichwohl ist in vielen Berichten die Quantität der Informationen immer noch höher als die Qualität ihrer Aufbereitung. (1)
Vom Zahlenfriedhof zum Steuerungsinstrument
Um ausgeuferte Reports zu einer präzisen Hilfe für die Unternehmenssteuerung zu machen, kann es bei der bisherigen Praxis meist nicht bleiben. Schon die Berichtslandschaft, das heißt die Summe der Einzelreports, ist oft zu umfangreich gewählt. Verkleinert werden kann die Breite der Einzelberichte schon alleine, indem solche Bereiche, die ausschließlich zu Dokumentationszwecken Eingang in den Report finden, gestrichen werden. Reine Dokumentationen können kaum dazu dienen, der Geschäftsleitung Hinweise für die konkrete Steuerung zu geben. Statt der Dokumentation muss daher die verwertbare Information die Berichtslandschaft bestimmen, was schon alleine für eine Präzisierung und für größere Zielgerichtetheit sorgt.
Darüber hinaus ist es sinnvoll, die Reports nach ihren Adressaten zu gruppieren. Die Empfänger stellen oft ganz unterschiedliche Ansprüche an den Bericht, was dazu führt, dass alles an Information und Dokumentation verwendet wird, das sich finden lässt. Das Motto "Für jeden etwas" ist allerdings der Hauptgrund für die ausufernde Fülle der Berichte. Zudem braucht der Produktmanager andere Informationen als der Geschäftsführer, so dass eine Differenzierung der Berichtslandschaft ebenfalls zur Benutzbarkeit des Druckwerks beiträgt.
Eine weitere Möglichkeit der sinnvollen Strukturierung bietet der Grad der Detaillierung. Die auch als Granularität bezeichnete Feinkörnigkeit der Informationen sollte sich ebenfalls danach richten, was der Empfänger braucht, um den Report zur Steuerung, das heißt zur Entscheidungsfindung zu verwenden. So verlangt die Geschäftsführung meist nach einem großen Gesamtbild des Unternehmens, wie der Marktsituation, Absatz und Finanzierungslage. Bereichsleiter hingegen benötigen detaillierte Fakten auf Produkt- und Projektebene.
Experten empfehlen zudem, allen Einzelreports eine einheitliche Struktur zu geben. Dies klingt schwierig, sorgt aber für Vergleichbarkeit und schnellen Zugang. So ist es beispielsweise durchaus machbar, Berichte nach geografischen Regionen oder Produkten zu ordnen.
Auf die Festlegung der Gliederung folgt die Auseinandersetzung mit den Inhalten. Diese sollten - wenn man es im Unternehmen ernst meint mit dem Leitbild des Controllers als Businesspartner - aus entscheidungsrelevanten Informationen bestehen. Geeignet ist dabei eine Orientierung an den auch Journalisten geläufigen W-Fragen: Welche Ergebnisse wurden erreicht, wie kamen sie zustande, was kann man tun, um sie zu verbessern? (2)
Neue Impulse für das Integrated Reporting
(3)
Trends
Controlling als Wissenschaft
Wie schon an anderer Stelle beschrieben, betreiben Controller gerne Nabelschau. Das beständige Nachdenken über sich selbst ist vermutlich eine Folge der oft unsicheren Position des Controllers im Unternehmensgefüge. Die Zahl der Beiträge darüber, wer Controller sind und wo sie hinwollen, ist dementsprechend groß. Eine neue Variante der Selbstbetrachtung ist die kürzlich in einem Magazinbeitrag gestellte Frage, ob es sich beim Controlling um eine Wissenschaft handelt. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass die wachsende Zahl von Controlling-Professoren für eine Charakterisierung als Wissenschaft nicht ausreicht; gleichwohl müsse die Illusion aufrecht erhalten werden, dass jedes unternehmerische Handeln auf einem unwiderlegbaren Fundament erhobener Sachverhalte beruht. (4)