Warum uns weniger mehr bringt
Aufgezeichnet von Mathias Morgenthaler
Als Kind flog Robin Cornelius fünfmal von der Schule, später studierte er Wirtschafts- und Politikwissenschaften und gründete in Lausanne das Textilunternehmen Switcher. 2005 wurde er von Ernst & Young zum Unternehmer des Jahres gewählt. Sein Erfolg hat viel mit seinem Temperament zu tun. Von sich selber sagt der Switcher-Verwaltungsratspräsident: »Ich bin eigentlich ein 56-jähriges Kind, das sich hauptsächlich von Intuition und Empathie leiten lässt.« Als Geschäftsmann fokussiert er statt auf tiefe Preise und maximalen Absatz auf faire Produktion, Transparenz und Rückverfolgbarkeit. Sein Credo: »Wir wollen keine Kunden, sondern Fans, die ihre Kaufkraft in den Dienst einer guten Sache stellen.« Im vorliegenden Buch, das in Zusammenarbeit mit dem Journalisten Mathias Morgenthaler entstanden ist, gibt der Switcher-Gründer erstmals Einblick in seine Führungsprinzipien und zeigt auf, warum es uns nicht egal sein darf, unter welchen Bedingungen die Produkte, die wir später kaufen, hergestellt werden. Robin Cornelius’ Triebfeder: »Ich möchte ein Maximum von Menschen zum Nachdenken bringen.« Dies gelingt ihm mit Sätzen wie: »Wir Menschen tun nicht nur so, als wären wir selber unsterblich, sondern wir verhalten uns auch so, als gäbe es endlos Ressourcen auf dieser Welt.« Ein spannendes Buch, das garantiert nicht nur Wirtschaftsleute zum Nachdenken bringen wird.
»Die Schweiz bräuchte mehr Unternehmer wie Robin Cornelius. Seine Kreativität, sein Charisma und sein Mut machen ihn zu einer einnehmenden Persönlichkeit. Bewundernswert finde ich, wie er diese Tugenden in den Dienst einer größeren Sache stellt. Robin Cornelius ist ein Pionier in Sachen soziale Verantwortung. Es geht ihm nicht in erster Linie um T-Shirts, sondern darum, die Welt ein bisschen besser zu machen. Deshalb wünsche ich mir, dass viele Manager und Unternehmer von ihm lernen.« Adolf Ogi, alt Bundesrat Die Schweiz bräuchte mehr Unternehmer wie Robin Cornelius. Seine Kreativität, sein Charisma und sein Mut machen ihn zu einer einnehmenden Persönlichkeit. Bewundernswert finde ich, wie er diese Tugenden in den Dienst einer größeren Sache stellt. Robin Cornelius ist ein Pionier in Sachen soziale Verantwortung. Es geht ihm nicht in erster Linie um T-Shirts, sondern darum, die Welt ein bisschen besser zu machen. Deshalb wünsche ich mir, dass viele Manager und Unternehmer von ihm lernen.«
Adolf Ogi, alt Bundesrat
Robin Cornelius hat noch nie ein seinem Leben ein Curriculum Vitae verfassen müssen – seine Motivation, das Versäumte im Hinblick auf die Buchpublikation nachzuholen, war eher bescheiden.
Überliefert ist immerhin, dass Robin Cornelius am 25. September 1956 in Stockholm geboren worden ist und später in Lausanne zur Schule ging. Die Namen der öffentlichen Schulen und Internate, von denen er wegen seiner Unbelehrbarkeit geflogen ist, waren nicht mehr lückenlos zu rekonstruieren. Es folgten Studien der Wirtschafts- und Politikwissenschaften und ein erster Job als nächtlicher Taxifahrer, den er alsbald gegen den des Textilunternehmers eintauschte. Mehr ist über seine Vergangenheit nicht in Erfahrung zu bringen – Sie erinnern sich: Es sind ja die nächsten fünfzehn Minuten, die zählen …
Folgen Sie Robin Cornelius auf Twitter: @robinBcornelius
Der Ghostwriter Mathias Morgenthaler, geb. 1975, ist seit 1997 als Journalist für den »Bund« in Bern tätig, seit 2002 als Wirtschaftsredaktor. In den letzten sechzehn Jahren hat er über 800 Interview-Porträts von bekannten Unternehmern und unbekannten Pionieren in diversen Tageszeitungen sowie im Tamedia-Blog »Beruf + Berufung« veröffentlicht. Neben seiner Festanstellung ist er freiberuflich als Texter und Ghostwriter tätig und Inhaber der Wortwirkung GmbH. Seine beiden ersten Bücher »Beruf und Berufung« (2010) und »Aussteigen – Umsteigen« (2013, mit Marco Zaugg) sind im Zytglogge Verlag erschienen. Eine Auswahl seiner Interviews ist auf www.beruf-berufung.ch, dem etwas anderen Karriere-Portal, nachzulesen. Mathias Morgenthaler lebt in Bern.
Rückverfolgbarkeit dieses Buches:
www.respect-code.org/FAW22
Alle Rechte vorbehalten, einschließlich derjenigen des auszugsweisen Abdrucks und der elektronischen Wiedergabe
© 2013 Wörterseh Verlag, Gockhausen
Lektorat: Jürg Fischer, Uster
Korrektorat: Andrea Leuthold, Zürich
Umschlaggestaltung: Thomas Jarzina, Holzkirchen
Fotos: Switcher SA
Layout, Satz und herstellerische Betreuung:
Manuel Süess, Zürich
Print ISBN 978-3-03763-034-1
E-Book ISBN 978-3-03763-541-4
www.woerterseh.ch
Einleitung von Mathias Morgenthaler
Prolog: Interview mit Robin Cornelius
1 Die Mission des Unternehmers oder
Warum Manager selten Innovationen schaffen
2 Die Idee als Glücksmolekül oder
Warum wir Kreativität nicht beherrschen können
3 Im Käfig des Materiellen oder
Wie Geld unser Wertesystem gefährdet
4 Mächtige Wirtschaft, ohnmächtige Politik oder
Warum es langfristiges Denken braucht
5 Nur durchsichtige Firmen haben Zukunft oder
Weshalb Transparenz und Rückverfolgbarkeit so wichtig sind
6 Ohne Toleranz droht der Totalschaden oder
Warum die wachsende Ungleichheit uns alle angeht
7 Weibliche Werte statt männliche Werke oder
Warum es mehr Kooperation statt Konkurrenz braucht
8 Linke Hirnhälfte vs. rechte Hirnhälfte oder
Warum zu viel Nachdenken uns vom Handeln abhält
9 Partnerschaft statt Zweckgemeinschaft oder
Wie wir künftig in Netzwerken arbeiten werden
10 Konsum bis zum Kollaps oder
Wie die Objekte unsere Gedanken korrumpieren
Die Switcher-Geschichte
Switcher in Zahlen
Anstelle einer Biografie
Merci!
»Wichtig ist nicht, was wir erreicht haben – entscheidend ist immer die nächste Viertelstunde.« Das war einer der Sätze von Robin Cornelius, an die ich mich erinnerte, als wir im KKL Luzern auf seine Ankunft warteten. Ich sollte eine Podiumsdiskussion moderieren mit drei Unternehmern. Auch an diesem Samstagmorgen im März 2011 war die nächste Viertelstunde entscheidend, denn alle Referenten, Podiumsteilnehmer und Gäste waren da, nur von Robin weit und breit keine Spur. Es entwickelte sich der gewohnte Business-Small-Talk, Männer und Frauen in Anzügen, alle mit Namensschildern am Revers säuberlich beschriftet, alle freundlich und ziemlich steif.
Ich versuchte mich zu erinnern, was Robin vier Jahre zuvor im Telefoninterview sonst noch gesagt hatte. Dass Switcher trotz fast dreißigjähriger Firmengeschichte für ihn keine Routineangelegenheit geworden sei; dass es mehr ein Ethik- als ein Textilunternehmen sei und er daher keine Kunden suche, sondern Fans; dass er fünfmal von der Schule geflogen sei; dass er als Unternehmer täglich Angst spüre, die Neugier und die Lust, etwas Neues zu schaffen, aber größer seien als diese Angst. Dann klingelte mein Mobiltelefon, Robin meldete sich aus Lissabon und ließ mich wissen, er freue sich auf den gemeinsamen Anlass in einer Woche. Als ich noch überlegte, wie ich dem Veranstalter die schlechte Nachricht überbringen sollte, schritt ein Mann in Wildlederjacke, Pullover und Jeans auf uns zu, einen Trolleykoffer im Schlepptau und ein breites Grinsen im Gesicht.
Zwei Minuten später waren alle in unserer Gruppe per Du, es wurde gelacht statt Networking betrieben. Ich wurde zum ersten Mal Zeuge des Robin-Effekts, dieser Mischung aus Irritation, Erleichterung und Herzlichkeit, die Robin auslöst, wo immer er hinkommt. Schön war das bei Antoinette Hunziker-Ebneter zu beobachten, der ehemaligen Börsenchefin, die nicht für überbordende Extrovertiertheit bekannt ist. Ich weiß nicht mehr, ob er sie umarmt oder nur geduzt und wie eine alte Bekannte begrüßt hat bei dieser ersten Begegnung, jedenfalls bat sie ihn am Ende der Veranstaltung um ein Autogramm für ihren Sohn.
Bei der Podiumsdiskussion machte ich den Fehler, die erste Frage an Robin zu richten – wohl aus Dankbarkeit, dass er doch noch erschienen war. Es verstrichen dann zwei Drittel der eingeplanten Zeit, ohne dass ich wieder zu Wort gekommen wäre. Robin war aufgewühlt, weil sein Versuch, bei Switcher einen Nachfolger für die operative Führung einzusetzen, gescheitert war. Weil alle Anwesenden – inklusive der beiden anderen Podiumsteilnehmer – gebannt zuhörten, ließ ich ihn reden und begriff nebenbei, wie er das damals gemeint hatte mit der nächsten Viertelstunde, auf die es ankomme: Er hatte schlicht keine Lust, die Switcher-Erfolgsgeschichte zu erzählen und über Nachhaltigkeit und Rückverfolgbarkeit zu reden, wenn ihn etwas ganz anderes beschäftigte. Ich hielt die Kärtchen mit den drei Dutzend vorbereiteten Fragen in den verschwitzten Händen und verstand allmählich, dass es keine Katastrophe, sondern ein Glücksfall war, wie hier nichts nach Drehbuch verlief.
Ein paar Wochen später führten wir ein zweites Interview, wieder telefonisch; diesmal war er wirklich auf dem Flughafen in Lissabon, und weil es erneut dauerte, bis ich wenigstens ein paar meiner Fragen stellen konnte, verabredeten wir uns für eine Fortsetzung des Gesprächs nach seiner Landung in Genf. Kurz vor Mitternacht waren wir durch, das Interview erschien in der folgenden Woche unter dem Titel »Der Kopf ist das schlimmste Organ des menschlichen Körpers« im »Bund«, im »Tages-Anzeiger« und in drei anderen Zeitungen – ein Plädoyer für kindliche Neugier, Empathie, Intuition und Spontaneität.
Robin erhielt in den Tagen darauf Hunderte von Zuschriften – und er hatte ein Problem: Es trafen unzählige Bestellungen für sein Buch ein, das er im Interview nebenbei erwähnt hatte. Aufgeregt rief er mich an und sagte: »Écoute, wir müssen dieses Buch jetzt schreiben, sofort.« Auch das ist typisch für Robin: Wenn er überzeugt ist von der Notwendigkeit einer Sache, dann gibt es diese Sache schon in seinen Augen – ungeachtet aller eventuellen Zweifel und Schwierigkeiten. Für die wirkliche Realisierung würden sich dann schon Wege finden lassen. So war es auch gewesen, als Robin der Dorfbevölkerung am Standort seines indischen Partnerbetriebs den Bau von Schulen und Trinkwasseraufbereitungsanlagen versprochen hatte, ohne zu wissen, wie genau das zu bewerkstelligen war.
Was das Buch betraf, so stellte sich heraus, dass er eine deutsche, eine französische und eine englische Version herausbringen wollte, plus eventuell eine Variante in der Sprache »Robinan«, wie er es nannte, also »so, wie ich rede: sehr enthusiastisch, sehr spontan und voller Fehler«. Und eigentlich gern noch ein »Morpho-Book«, eine Online-Version, welche die Leserinnen und Leser laufend weiterentwickeln könnten. Dies alles hätte in drei Monaten vorliegen sollen, weil die große Party zum Dreißig-Jahre-Jubiläum von Switcher bevorstand und Robin allen Gästen ein Buch schenken wollte.
Wir einigten uns schließlich darauf, fürs Jubiläumsfest einen kurzen Text übers Unternehmertum in drei Sprachen zu produzieren, den Robin kühn als »Vorabdruck eines demnächst erscheinenden Buches« deklarierte.
Es dauerte dann nochmals fast zwei Jahre, bis das Buch geschrieben war, das Sie hier in den Händen halten. Robin wollte sich keinesfalls beschränken, nicht auf ein Firmenporträt, nicht auf eine Biografie oder ein Führungsbrevier, sondern das Buch sollte vom ganzen Leben handeln, von allem, was ihm am Herzen lag. Erschwerend kam hinzu, dass es schon ein vierzigseitiges Dokument gab, etwas zwischen Tagebuch, Dichtung, Erfahrungsbericht, Appell und Psychoanalyse – jedenfalls nichts, was man in dieser Form hätte veröffentlichen können. Wir entschlossen uns, zehn wichtige Themen in Interviewform zu vertiefen, denn Robin funktioniert am besten im Gespräch. Er denkt so wild, so schnell und leidenschaftlich, dass er seine Gedanken unmöglich selber zu Papier bringen kann – dieses Unterfangen misslingt schon in kurzen Mails.
Klar war allerdings auch, dass seine Gedanken kaum zu bändigen waren, da half kein Inhaltsverzeichnis, keine Planung, keine exakte Abmachung am Vortag, worüber wir diesmal reden wollten. Niemand wusste, wo Robin einen Tag, ja eine Viertelstunde später sein würde mit seinen Gedanken und Emotionen, am wenigsten er selber. Dazu kam das Sprachengemisch: vierzig Seiten Ausgangsmaterial in Französisch, parallel dazu Arbeiten an einer englischen E-Book-Version für den amerikanischen Markt, die Gespräche mal in Deutsch, mal in Französisch … Bald gingen ein Dutzend Manuskript-Versionen hin und her, die sich auf Robins MacBook noch wundersam vermehrten und vermischten.
Es gäbe also bestimmt einfachere Aufträge, als mit Robin Cornelius ein Buch zu schreiben. Aber wer sucht das Einfache, wenn das Schwierige so schöne Umwege mit sich bringt? Ich habe in den zwei Jahren immer wieder gestaunt über Robins Gabe, mit seinen Anliegen nicht nur den Kopf, sondern vor allem das Herz des Gegenübers zu erreichen.
Gäbe es einen Wettbewerb, wer in einem vollen Parkhaus oder einem ausgebuchten Restaurant noch einen Platz bekommt, stünde Robin im Voraus als Sieger fest. Er punktet nicht mit Autorität, sondern mit Humor, Großzügigkeit und Einfallsreichtum. Manchmal wird es einem leicht peinlich, wenn man mit ihm unterwegs ist und er ein Restaurant oder ein Hotel in seine Bühne verwandelt. Dann erkennt man in ihm den Jungen, der mehrmals von der Schule flog und seine Lehrer zum Verzweifeln brachte mit seinen vielen Fragen und seinem überbordenden Temperament. Er sei halt ein wenig hyperaktiv, sagt er selber, wenn wieder einmal die Pferde mit ihm durchgegangen sind. Und er mag keine starren Strukturen und keine Förmlichkeit.
So gern Robin den Entertainer gibt, so ist er doch kein Selbstdarsteller, der vor Eitelkeit die anderen übersieht. Wenn ihn vor dem Switcher-Firmensitz in Le Mont-sur-Lausanne der Hauswart darauf anspricht, dass eine ausgeliehene Leiter noch immer nicht zurückgebracht worden sei, kümmert sich der Chef persönlich darum. Und wenn er im Switcher-Shop im Loeb in Bern mit der Verkäuferin spricht, hört er ihr erst einmal lange zu, um mehr über die Kunden zu erfahren, bevor er ein paar Verbesserungsvorschläge macht.
Robin kennt weder Arroganz noch Unterwürfigkeit, er bleibt sich treu, ob er nun mit einem Hauswart oder einer Bundesrätin spricht. Eine seiner größten Stärken ist es, Menschen zusammenzubringen und sie nach ihrem Potenzial statt nach ihrem Leistungsausweis zu beurteilen. Mehrmals habe ich erlebt, dass er beim Mittagessen in einer größeren Gruppe Personen dazu gedrängt hat, Telefonnummern auszutauschen – weil er überzeugt war, dass die Betreffenden zusammen ein tolles Projekt realisieren könnten.
Beinahe unheimlich ist, mit wie viel Energie Robin zu Werke geht. Manchmal hatte ich den Eindruck, er sei rund um die Uhr aktiv, getrieben von immer neuen Ideen. Ganz egal, ob er in der Nacht aus Indien oder Portugal zurückgekehrt ist, ob in der Firma und im Privatleben gerade kein Stein auf dem anderen bleibt – Robin legt eine Schaffenskraft an den Tag, an der man sich besser nicht misst. Regelmäßig kam es in den letzten zwei Jahren vor, dass er mich zwischen 22 Uhr und Mitternacht anrief, zunächst über den Text redete und dann bald aufs Unternehmen zu sprechen kam: was er alles umkrempeln, was er Neues lancieren wollte. »Je vais tout changer«, sagte er mehrmals voller Aufregung – und es war mir nicht ganz klar, ob er sich mehr darüber ärgerte oder sich darauf freute.
Man könnte viel darüber sagen, in welchen Schlüsselthemen Robin eine Pionierrolle eingenommen hat: bei der nachhaltigen Produktion, der Rückverfolgbarkeit, der Transparenz ganz generell und dem, was Firmen heute Corporate Social Responsability nennen. Robin Cornelius mit Switcher war hier der Zeit voraus, was ihn zu einem gefragten Gesprächspartner von Konzernmanagern, Non-Profit-Organisationen und Politikerinnen macht.
Doch Robin hat es trotz seiner großen Erfahrung nie darauf angelegt, ein Experte zu werden. »Etwas zu wissen, mag angenehm sein, aber daraus entsteht keine Kraft« – diese Antwort aus dem oben erwähnten Interview bringt seine Haltung auf den Punkt. Sein Antrieb ist die Neugier und das Bestreben, im Team etwas zu erreichen. Er ist mit Sicherheit nicht immer ein angenehmer Chef, schon nur deshalb nicht, weil er enorm schnell ist und daher leicht ungeduldig wird.
Aber im Gegensatz zu anderen prominenten Unternehmern, die immer »auf Sendung« sind und das Zuhören verlernt haben, funktioniert Robin stark über den Dialog und über Beziehungen. Und er hat sich eine wunderbar kindliche Haltung bewahrt. Wenn man ihn in den Wochen vor dem Dreißig-Jahre-Jubiläum auf das bevorstehende Fest ansprach, redete er nicht von den prominenten Gästen oder den vielen Medienberichten, sondern nur von einem: dem riesigen luftgefüllten Gummikissen, das er organisiert hatte, damit Mitarbeiter und Gäste vom Dach des Switcher-Gebäudes acht Meter in die Tiefe springen und unten weich landen konnten. Dank diesem »jump into durability« konnten an diesem Tag alle erahnen, was es heißt, wie Robin als Unternehmer immer wieder den Sprung ins Ungewisse zu wagen.
Mathias Morgenthaler
Robin, warum braucht es dieses Buch?
Warum? Was für eine seltsame Frage. Ich habe in den letzten dreißig Jahren nie nach dem Warum gefragt, wenn ich gespürt habe, dass ich etwas machen muss. Ich bin jetzt 56 Jahre alt und kann nicht mehr so tun, als dauerte das Leben ewig. Bei mir bricht der Lebensabend an. Deshalb wird es für mich immer wichtiger, Lebenserfahrung zu teilen.
Schreiben gegen die Einsamkeit?
Nein, aber ich möchte ein Maximum von Menschen zum Nachdenken bringen. Wir tun nicht nur so, als wären wir selber unsterblich, sondern wir verhalten uns auch so, als gäbe es endlos Ressourcen auf dieser Welt. Es ist jetzt zwanzig Jahre her, seit in Rio de Janeiro an der Konferenz für Umwelt und Entwicklung 172 Staaten und viele NGOs die Agenda 21 beschlossen haben. Was hat sich seither geändert? Es sind die Experten in Politik und Wirtschaft, die sich um nachhaltige Entwicklung kümmern. Ich möchte aber, dass jede und jeder über das Kaufverhalten nachdenkt und Position bezieht.
Sollen wir bei jedem Produkt, das wir kaufen, mitbedenken, ob das der Erde schadet?
Wir wissen heute so wahnsinnig viel – wir wissen ein bisschen Bescheid über alles, aber die wirklich wichtigen Informationen haben wir nicht oder wollen wir uns nicht holen. Ich will ein Übersetzer sein zwischen den Spezialisten und allen anderen Menschen. Es gibt Dinge, die können wir nicht einfach ignorieren: den CO2-Verbrauch, den ökologischen Fußabdruck, die Produktionsbedingungen in der Wirtschaft. Als Gründer und Präsident eines Textilunternehmens musste ich mich früh mit solchen Fragen beschäftigen. Die Transparenz und Rückverfolgbarkeit, die wir bei Switcher seit Jahren haben, wünschte ich mir in der ganzen Branche, ja in allen Branchen. Jeder Kunde soll sofort sehen können, wo ein Produkt unter welchen Umständen hergestellt worden ist. Dann kann er einen bewussten Kaufentscheid fällen.
Du denkst, wir kaufen Dinge, um die Welt zu verbessern?