Inhalt
Der muslimische Witz – Eine Einführung
Der Heilige Koran und Humor
Der Humor des Heiligen Propheten Mohammed
Prototypen muslimischen Humors
Der altarabische Humor
Der muslimische Witz in der Moderne
MUSLIMISCHE WITZE
Witze von heute
Hodscha Nasruddin-Witze
Orientalische Anekdoten
Geschichten von Goha aus Arabien
Alte arabische Witze
Quellen und bibliographische Hinweise
Einkauf. Ein Mann vom Lande möchte ein Fernsehgerät kaufen. Er geht in ein Elektrogeschäft und sagt zu dem Verkäufer, indem er auf ein Gerät zeigt: »Diesen Fernseher möchte ich kaufen.«
Der Verkäufer antwortet: »Nein, das geht nicht.«
Der Mann ist verärgert und denkt sich, dass der Verkäufer etwas gegen ihn hat.
Er geht nach Hause und zieht sich bessere Kleidung an, weil er meint, dass er dann besser angesehen wird und ihm also der Fernseher verkauft wird.
Er geht also wieder in den Laden und sagt erneut zu dem Verkäufer, indem er auf das Gerät zeigt: »Verkaufen Sie mir bitte diesen Fernseher.«
Der Verkäufer aber antwortet wiederum: »Nein!«
Der Mann meint, dass der Verkäufer ihn erkannt habe, geht wieder nach Hause und schert sich den Bart ab.
Als er wieder in den Laden kommt und sagt: »Ich möchte dieses Fernsehgerät kaufen«, bekommt er indes wieder zur Antwort: »Nein!«
Da platzt ihm der Kragen. »Wieso verkaufen Sie mir dieses Fernsehgerät nicht?« »Ich verkaufe Ihnen dieses Gerät einfach deswegen nicht, weil Sie einen Fernseher haben wollen, und dies hier ist eine Waschmaschine!«
Polygamie. Ein Mann, der mit zwei Frauen verheiratet ist, bedrängt einen Freund, doch ebenfalls eine zweite Frau zu heiraten. Doch sein Freund wehrt ab und meint, dass er mit seiner einen Frau doch glücklich sei.
Sein Freund aber gibt nicht nach und macht ihm die Vorzüge der Vielehe schmackhaft.
Schließlich willigt der Mann ein, eine zweite Frau zu heiraten.
Nach der Hochzeit begibt er sich in das Schlafzimmer seiner neuen Frau, aber sie will nichts von ihm wissen. »Ich bin doch nur dein Spielzeug«, fährt sie ihn an, »deine wahre Vertraute ist doch deine erste Frau, geh, lass mich in Ruhe, ich will nichts mit dir zu tun haben«, und wirft ihn aus dem Schlafzimmer.
Also geht der Mann zu seiner ersten Frau, um mit ihr zusammenzusein, aber sie weist ihn ab: »Was willst du bei mir, ich bin doch nur deine alte Kuh, geh doch zu deiner neuen Frau, das wolltest du doch so, komm, lass mich zufrieden«, und weist ihm die Tür.
Da der Mann nun keinen Ort hat, wo er übernachten kann, geht er in die Moschee, um dort zu schlafen.
Doch kaum hat er sich hingelegt, hört er aus einer abgelegenen, dunklen Ecke ein Schluchzen und Heulen.
Er steht wieder auf und geht dorthin, von woher die Geräusche kamen.
Zu seiner großen Überraschung entdeckt er dort aber seinen Freund, der so von der Polygamie geschwärmt hatte.
»Ich dachte, du bist glücklich mit deinen beiden Frauen, was machst du also hier weinend in der Moschee?«, fragt ihn der Mann, der gerade geheiratet hat.
»Ach, weißt du«, antwortet sein Freund, »ich schlafe hier jede Nacht, denn bei meinen Frauen finde ich keine Bleibe.«
»Ja, wenn das so ist«, meint daraufhin verärgert sein Freund, »warum hast du mich dann beschworen, eine zweite Frau zu heiraten?«
»Weiß du«, sagt daraufhin sein Freund, »ich wollte nicht immer so allein sein in der Moschee.«
Weisheit. Eines Tages ging Hodscha Nasruddin auf den Marktplatz des Ortes, in dem er lebte, und begann lauthals zu rufen: »O ihr Leute, wollt ihr ein Wort der Weisheit hören?«
»Ja!«, riefen daraufhin die Umstehenden.
»Dann lasst mich euch erst etwas fragen!«
»Ja«, riefen wiederum die Leute.
»Also, möchtet ihr reich werden, ohne zu arbeiten, und ohne Schwierigkeiten Fortschritte machen?«
»Ja, natürlich«, riefen wiederum die Menschen.
»Dann wisset: Ich auch«, sagte der Hodscha und ging wieder nach Hause.
Die Wand. Ein Mann, der von Hodscha Nasruddin gehört hatte, machte sich auf und reiste an den Ort, in dem der Hodscha lebte, um ihn persönlich kennenzulernen.
Als er in den Ort kam, sah er einen Mann, der sich an eine Wand lehnte. Der Fremdling fragte ihn, ob er wisse, wo er Hodscha Nasruddin finden könne.
»Ja«, erwiderte der Mann, »ich will dir den Gefallen tun und ihn holen gehen. Aber du musst dich dafür in meiner Abwesenheit an diese Wand lehnen, damit sie nicht umfällt.«
Der Fremde sagte zu, und der Mann, der sich an die Wand gelehnt hatte, verschwand.
Eine lange Zeit verging, aber er kehrte nicht zurück. Schließlich fragte jemand den Fremdling, was er denn da täte.
Der Mann erzählte, was vorgefallen war. Da wurde ihm erklärt, dass derjenige, der ihn beauftragt hatte, sich an die Wand zu lehnen, damit er für ihn den Hodscha hole, kein anderer als Hodscha Nasruddin selbst gewesen sei und dass die Wand gar nicht umfallen würde, denn sie sei sehr stabil.
Das Festessen. Einmal wurde Hodscha Nasruddin zu einem ganz besonderen Festessen in das Haus eines sehr reichen Mannes eingeladen.
Als er aber an der Eingangstür des Hauses in seiner unscheinbaren Kleidung erschien, wurde er von den Bediensteten abgewiesen, weil er so schäbig aussah.
Daraufhin ging er nach Hause, zog sich Festtagskleider an und kehrte zum Haus des reichen Mannes zurück. Diesmal wurde er ohne Probleme eingelassen.
Nachdem er sich an die Festtafel gesetzt hatte, kam der Hausherr zu ihm, um ihn persönlich zu bewirten.
Hodscha Nasruddin ließ sich also den Teller mit allerlei Köstlichkeiten beladen, dann aber nahm er den Teller und schüttete ihn auf seine Kleidung. Der Hausherr fragte entsetzt, ob ihm nicht wohl sei. Hodscha Nasruddin aber antwortete: »In Wirklichkeit habt ihr ja nur meine Kleidung eingeladen und nicht mich.«
Lob und Tadel. Hodscha Nasruddin pries und lobte einmal einen bestimmten Mann in höchsten Tönen.
Ein Anwesender unterbrach ihn plötzlich und sagte: »Weißt du eigentlich, dass der Mann, den du hier so lobst, nur schlecht über dich redet?«
Hodscha Nasruddin antwortete: »Na ja, mag sein, dass wir beide uns geirrt haben.«
Gruß. Hodscha Nasruddin ging einmal mit seinen Schülern spazieren. Ein Mann, der vorbeikam, grüßte den stadtbekannten Hodscha nicht. Daraufhin empörten sich die Schüler über das unziemliche Verhalten des Mannes.
Hodscha Nasruddin aber, der den Mann von sich aus gegrüßt hatte, gab zu bedenken: »Warum regt ihr euch darüber auf, dass euer Lehrer höflicher ist als ein Fremder?«
Diener. Eine Zeit lang war Hodscha Nasruddin als Gast an den Königshof eingeladen. Für die gemeinsame erste Mahlzeit hatte der Koch gefüllte Auberginen zubereitet.
Sie schmeckten dem König köstlich, und er ordnete an, dass dieses Gericht von nun an täglich auf dem Speiseplan stehen sollte. Dann fragte er Hodscha Nasruddin nach seiner Meinung über das Gemüse.
Der Hodscha meinte, es sei wohl das beste Gemüse, das es überhaupt auf der Welt gebe.
Nach einer Woche, in der täglich gefüllte Auberginen serviert worden waren, schmeckten sie dem König aber nicht mehr. Ja, er empfand sogar Abscheu vor ihnen.
Also sagte er: »Welch furchtbares Gemüse, es soll mir nicht mehr auf den Tisch kommen.« Dann fragte er den Hodscha, was er von den gefüllten Auberginen halte.
Der Hodscha antwortete: »Es ist das schlechteste Gemüse der Welt.«
Der König war erstaunt über das, was Nasruddin sagte, und meinte: »Vor einer Woche noch hast du gesagt, es sei das beste Gemüse der Welt.«
»Ja«, antwortete Hodscha Nasruddin, »aber ich bin ein Diener des Königs und nicht ein Diener der Auberginen.«
Gerechtigkeit. Als Hodscha Nasruddin sich einmal auf dem Marktplatz befand, schlich sich ein Mann heran und versetzte ihm einen Schlag in den Rücken.
Der Hodscha drehte sich um, um den Mann zur Verantwortung zu ziehen, doch jener entschuldigte sich wortreich und meinte, er habe ihn mit jemandem verwechselt.
Doch Hodscha Nasruddin war mit dieser Ausrede nicht zufrieden, und so gingen sie beide zum Richter.
Der Richter jedoch war ein Verwandter des Mannes, der den Hodscha geschlagen hatte, und so verurteilte er ihn nur zu einer winzigen Geldstrafe und entließ den Mann, damit er nach Hause gehen könne, um das Geld zu holen.
Hodscha Nasruddin aber durchschaute das üble Spiel und war sich sicher, dass der Mann, der ihn geschlagen hatte, nicht mehr zurückkommen werde.
Also erhob er sich von seinem Sitz, ging zu dem Richter, versetzte ihm einen Hieb und rief dann: »Nichts für ungut, verurteilen Sie mich doch ruhig so wie diesen Mann zu einer Geldstrafe. Der, den Sie eben haben laufen lassen, wird Ihnen dann das geben, was er eigentlich mir schuldet.«
Versteck. Einmal besaß Hodscha Nasruddin eine größere Summe Geldes und wollte sichergehen, dass niemand sie stahl. Also versteckte er sie in einem Winkel seines Hauses.
Nachdem er das getan hatte, sagte er zu sich: »Nein, besser ist’s, ich lasse das Geld nicht in diesem Versteck, denn ich kenne es ja. Und wer sollte also mich daran hindern, mich selbst zu bestehlen?«
Identität. Hodscha Nasruddin begab sich einmal mit vielen anderen auf eine Reise und steckte sich, damit die Menschen ihn stets wiedererkennen könnten, eine Mohrrübe an den Gürtel.
Als sie alle übernachteten, nahm ihm ein Witzbold im Schlaf die Mohrrübe weg und steckte sie sich an den eigenen Gürtel.
Als Hodscha Nasruddin am Morgen aufwachte und plötzlich seine Mohrrübe am Gürtel eines anderen Mannes sah, sagte er: »Das da drüben bin ich, aber wer ist dann derjenige, der dies sagt?«
Die Wette. Einmal unterhielten sich Hodscha Nasruddin und seine Freunde darüber, wer von ihnen die größte Kälte aushalten könnte.
Der Hodscha sagte prahlend: »Ich könnte eine eiskalte Nacht auf einem Berg verbringen, ohne zu erfrieren.«
Die Freunde lachten ihn aus, dann aber wollten sie prüfen, ob es dem Hodscha ernst war mit seiner Behauptung; also wetteten sie, dass er es nicht schaffen würde, eine eiskalte Nacht auf einem Berg zu verbringen, ohne dabei Schaden zu nehmen.
Kurze Zeit danach begab sich Hodscha Nasruddin in Begleitung seiner Freunde zum Fuß eines Berges, und als es Nacht zu werden begann, stieg er allein auf den Berg.
Am nächsten Morgen kam er durchfroren, aber heil und gesund wieder zu seinen Freunden.
Die Freunde verwunderten sich über des Hodschas Ausdauer und Standfestigkeit, indes wollten sie ihn ärgern.
Also fragten sie ihn: »Sag, Hodscha Nasruddin, hast du wirklich keine Wärmequelle bei dir gehabt und kein Feuer angemacht, um dich zu wärmen?« »Nein«, antwortete der Mullah, »es war kalt und dunkel, und das einzige, was ich sehen konnte, war weit in der Ferne ein kleiner Lichtschein, der wohl von einer Kerze in einem bewohnten Haus kam.«
»Dann hast du die Wette verloren«, schrien die Freunde, »denn durch dieses Licht hast du dich gewärmt.«
Der Hodscha sagte nichts und richtete, wie vereinbart, als Wetteinsatz ein großes Festmahl für seine Freunde aus.
Als alle erschienen waren, sagte er: »Nur Geduld, Freunde, gleich wird das Essen gar sein, es ist noch nicht ganz gekocht.«
Also warteten die Freunde, aber Stunde um Stunde verging, und auf Nachfrage gab der Hodscha stets die gleiche Antwort. Schließlich baten die Freunde darum, in der Küche nachschauen zu dürfen, warum es so lange dauere, bis das Essen gar sei.
Sie fanden dort zwar eine Feuerstelle und darauf einen großen Kochtopf, in dem Fleisch und Kartoffeln und Gemüse enthalten waren, aber es brannte kein Feuer unter dem Kochtopf.
»Ja, wie kann das Essen denn gekocht werden, wenn gar kein Feuer unter dem Kochtopf brennt?«, fragten sie verdutzt Hodscha Nasruddin.
Hodscha Nasruddin aber wies auf eine brennende Kerze, die einige Meter vom Kochtopf entfernt stand. Dann sagte er: »Ihr wart ja der Meinung, dass eine Kerze in der Ferne mich wärmen könnte, warum sollte dann diese Kerze hier nicht das Essen erwärmen, das dort im Kochtopf steht?«
Die Mahlzeit. Manche Leute sind bekannt für ihre Esslust. Eines Tages nun lud ein armer Mann jemanden zu sich nach Hause zum Essen ein, um seine Segnungen zu erlangen.
Er hatte 20 Chepattis (Fladenbrot) zubereiten lassen, für den Gast und seine eigene vielköpfige Familie, und rechnete damit, dass der Gast mit drei oder vier Fladenbroten sich zufrieden geben würde, sodass er den Rest mit seiner Familie würde verzehren können.
Der Gast nun begann zu essen und wollte gar nicht mehr aufhören.
Voller Besorgnis sah der arme Mann, dass der Gast schon neun Chepattis gegessen hatte. So wandte er sich scheu an ihn, um zu retten, was zu retten ist, und meinte: »Mein Bruder, hier ist auch noch Wasser!«
Der Mann aber entgegnete: »Danke, aber Wasser trinke ich immer erst dann, wenn ich die Hälfte meiner Mahlzeit verzehrt habe.«
Bettelei. Hodscha Nasruddin bettelte gern. Er behauptete allerdings, dies sei nur deswegen seine Leidenschaft, weil er dadurch prüfen wolle, wie mildtätig seine Mitmenschen seien.
Er war auch bekannt dafür, dass er hervorragende Predigten hielt.
Einmal wurde er von einer entfernten Stadt eingeladen, dort in der Hauptmoschee eine Predigt zu halten. Ihm wurde aber zur Bedingung gemacht, während der Reise und während seines Aufenthalts dort nicht zu betteln.
Der Hodscha stimmte zu und hielt tatsächlich eine wunderbare Predigt, von der alle begeistert waren.
Am Ende seiner Predigt sagte er dann: »Mir wurde auferlegt, während meines Aufenthalts in eurer Stadt nicht zu betteln. Daran habe ich mich gehalten. Aber davon, dass ihr mir keine Geschenke machen dürft, ist nichts gesagt worden.«
Da lachten die Leute und beschenkten ihn reichlich.
Der Mond. Hodscha Nasruddin beobachtete einmal zusammen mit einem Freund den abnehmenden Mond.
Sein Freund fragte ihn: »Von Nacht zu Nacht wird der Mond weniger, was geschieht eigentlich mit den Teilen, die jeden Tag verschwinden?«
Hodscha Nasruddin antwortete: »Sie werden zerschnitten, und man macht Sterne aus ihnen.«
Die Ehrung. Hodscha Nasruddin reiste einmal in die Stadt, in der der König residierte. In sein Dorf zurückgekommen, erzählte er jedem, ob er es hören wollte oder nicht, dass der König mit ihm gesprochen habe.
Alle, die diese Nachricht vernahmen, erstarrten vor Ehrfurcht. Nur einer wollte wissen, was der König denn zu Hodscha Nasruddin gesagt habe.
Nasruddin gab zur Antwort: »Der König sagte: ›Geh mir aus dem Weg.‹«
Wirkung. Hodscha Nasruddin verteilte rings um sein Haus Brotkrumen.
Ein Bekannter kam vorbei und fragte ihn: »Was tust du denn da?«
Der Hodscha antwortete: »Ich vertreibe die Tiger.«
»Aber hier gibt es doch gar keine Tiger«, entgegnete der Bekannte.
»Ja, jetzt nicht«, meinte daraufhin der Hodscha, »aber was würde wohl passieren, wenn ich das Gegengift nicht streue?«
Unterschied. Hodscha Nasruddin erlebt auf dem Markt, wie ein Vogel zu einem sehr hohen Preis verkauft wird. Er denkt sich, dass er mit einem alten Truthahn, den er besitzt, auch ein schönes Geschäft machen könne.
Am nächsten Tag nimmt er den Truthahn und geht mit ihm auf den Markt, aber keiner will für ihn mehr als eine geringe Summe bezahlen.
Der Hodscha beschwert sich: »Gestern ist hier für einen Vogel ein stolzer Preis bezahlt werden, für meinen Truthahn aber wollt ihr nicht so viel entrichten.«
Jemand klärt ihn darüber auf, dass der Vogel, der gestern verkauft worden war, ein Papagei gewesen sei.
»Na und?«, meint der Hodscha.
»Ja, Hodscha, begreifst du denn nicht, ein Papagei kann sprechen, dein Vogel aber nicht, das macht auch den Unterschied im Wert aus«, bekam er daraufhin zu hören.
»Das verstehe ich aber trotzdem nicht«, sagt daraufhin Hodscha Nasruddin, »dieser Vogel da kann sprechen und kostet so viel, mein Vogel aber kann denken, und ihr wollt für ihn nur wenig bezahlen. Schätzt ihr denn einen Schwätzer mehr als einen, der denkt?«
Überprüfung. Hodscha Nasruddin wird nachts dabei beobachtet, wie er in sein Haus durch ein Fenster eindringt. Zur Rede gestellt sagt er: »Man hat mir gesagt, ich würde nachts schlafwandeln. Und ich wollte doch jetzt mal überprüfen, ob das stimmt.«
Unterscheiden. Nachts weckte Hodscha Nasruddins Frau ihren Mann und bat ihn, eine Kerze anzuzünden, die links von ihm am Boden liege.
»O meine Frau«, antwortete der Hodscha schläfrig, »was verlangst du von mir? Wie kann ich denn in dieser Dunkelheit links von rechts unterscheiden?«
Vorbild. Hodscha Nasruddin prahlte im Teehaus damit, dass er einem Stamm in der Wüste lebender Beduinen, der als sehr faul gilt, das Rennen beigebracht habe.
»Wie hast du das denn angestellt?«, wollte einer seiner Freunde wissen.
»Ich habe ihnen eine Wasserflasche weggenommen und bin damit davongelaufen, und als sie es bemerkt hatten, sind sie mir alle nachgerannt«, antwortete der Hodscha.
Verdacht. Hodscha Nasruddin ist auf den Markt gegangen, um viel einzukaufen. Da er die schweren Sachen nicht allein tragen kann, wendet er sich in der Not an einen herumstehenden Lastträger und bittet ihn, den Sack zu schultern und in sein Haus zu tragen.
Der Lastträger will verständlicherweise von ihm wissen, wo sich denn sein Haus befinde.
Der Hodscha mustert ihn, und da er ihm verdächtig vorkommt, antwortet er: »Das werde ich dir gerade sagen, du könntest ja ein Dieb sein, warum sollte ich dir also verraten, wo sich mein Haus befindet?«
Für den Fall der Fälle. Hodscha Nasruddin verdingt sich einmal bei einem reichen Herrn. Doch der ist unzufrieden mit ihm, weil er sich so täppisch anstellt.
»Nasruddin«, sagte also einmal der Reiche zu ihm, »du musst etwas geschickter werden. Um drei Eier zu kaufen, muss man nicht dreimal auf den Markt gehen, man kann sie auch zusammen bei einem Marktbesuch erstehen.«
Der Hodscha verspricht, sich zu bessern.
Bald darauf sagt sein Herr zu ihm, er möge einen Arzt holen, da er krank sei.
Hodscha Nasruddin eilt davon und kommt nach geraumer Zeit mit einer ganzen Schar von Leuten zurück.
»Was soll das?«, entfährt es seinem Herrn.
»Diesmal habe ich ganze Sache geleistet«, antwortete der Hodscha, »zum einen habe ich einen Arzt geholt, dann für den Fall, dass er einen Verband anordnet, einen Gehilfen, der ihn anlegen wird, dann Leute, die die Zutaten für die Salbe liefern, die aufgelegt werden soll, dann jemanden, der das Wasser heiß macht, um den Verband auszukochen, und jemanden, der die Kohle liefert, damit wir den Ofen anheizen können, auf dem das Wasser dafür heiß gemacht wird, und schließlich für den Fall der Fälle auch einen Leichenbestatter.«
Der Großzügige. Ein Mann fährt mit seinem großen Auto übers Land. Plötzlich sieht er am Wegesrand zwei Männer sitzen, die Gras essen.
Er hält an und fragt die beiden: »Warum esst ihr denn Gras?«
Sie antworten: »Wir sind so arm, dass wir nichts anderes zum Essen haben.«
Daraufhin sagt der reiche Mann: »Ach was, kommt, und steigt in mein Auto, ich bringe euch zu mir nach Hause, da bekommt ihr genug zu essen.«
Die beiden Armen sind sehr glücklich, und als sie eine Weile in seinem Wagen gesessen haben, meint einer von ihnen: »Sie sind sehr gütig zu uns, aber ich habe noch Frau und zwei Kinder zu Hause, die haben auch nichts zu essen.«
»Ach was«, sagt der Reiche, »dann fahren wir eben schnell bei Ihnen vorbei und holen sie ab.«
Daraufhin sagt der andere der beiden Männer: »Auch ich habe noch Frau und drei Kinder zu Hause, die hungern.«
»Kein Problem«, sagt der Reiche, »dann holen wir die eben auch ab und nehmen sie mit zu mir nach Hause.«
Als schließlich alle im Auto sitzen und sich vergnügt auf das Essen freuen, wendet sich einer der beiden Männer an den Großzügigen, um seine Dankbarkeit zu zeigen, und sagt: »Wir sind Ihnen für Ihre Großzügigkeit sehr dankbar.«
»Macht nichts«, sagt daraufhin der reiche Mann, »das Gras bei mir zu Hause im Garten ist so hoch, das reicht für alle.«
Wahl. Hodscha Nasruddin stand eines Tages am Straßenrand und bettelte. Doch wenn jemand ihm eine große Münze geben wollte, wehrte er ab und erbat stattdessen ein kleineres Geldstück.
Ein freundlicher Mensch, der dieses Verhalten mitbekam, wollte ihm zu größerem Ertrag verhelfen und meinte: »Nasruddin, nimm doch lieber die großen Münzen an, dann lachen die Leute nicht mehr über dich und du nimmst mehr Geld ein.«
»Du Dummkopf«, antwortete der Hodscha, »täte ich das, würde sich nicht herumsprechen, dass ich scheinbar so töricht bin, kleine Geldstücke zu bevorzugen, und niemand würde sich mehr den Spaß erlauben, zu testen, ob ich wirklich nur kleine Münzen statt große nehme.«
Ketzerei. Hodscha Nasruddin wird angeklagt, ein Ketzer zu sein, weil er weise Worte auf seine eigene Art interpretiere, anstatt die Meinung der Staatsgelehrten zu verbreiten.
Also findet er sich eines Tages bei Gericht ein, wo sich bereits die Staatsgelehrten versammelt haben.
Zur Rede gestellt und aufgefordert, etwas zu seiner Entschuldigung vorzutragen, bittet er darum, sieben der anwesenden Gelehrten eine Frage stellen zu dürfen, danach werde man weitersehen.
Die Bitte wird ihm gewährt, und nachdem den sieben Gelehrten Schreibgeräte und Papier gebracht worden sind, fordert er sie auf, die Frage zu beantworten: »Was ist Brot?«
Nach einiger Zeit haben sie ihre Antworten aufgeschrieben, und der Hodscha bittet darum, sie vorlesen zu dürfen.
Der erste Gelehrte hatte geantwortet: »Brot ist ein Nahrungsmittel«, der zweite: »Brot ist Wasser und Mehl«, der dritte: »Brot ist eine Gabe Allahs«, der vierte: »Brot kann vieles sein«, der fünfte: »Brot ist eine nahrhafte Substanz«, der sechste: »Brot ist gebackener Teig«, der siebte: »Der Himmel weiß es am besten.«
Als diese Aussagen verlesen worden waren, sagte Hodscha Nasruddin: »Wenn schon eine so simple Frage auf so viele verschiedene Arten und Weisen beantwortet werden kann, warum sollten da komplizierte Sachverhalte eindeutig und nur auf eine Art und Weise zu beantworten sein?«
Als der Richter diese Aussage vernahm, sprach er ihn vom Verdacht der Ketzerei frei.
Selbsterkenntnis. Ein für seine trockene, lebensfremde Denkweise bekannter Mann, der sich als Philosoph ausgab, wollte eines Tages mit Hodscha Nasruddin, den er wegen seiner Keckheit und seines Witzes zu demütigen suchte, ein Streitgespräch führen.
Also verabredeten sie einen Zeitpunkt, zu dem der selbsternannte Philosoph im Hause des Hodschas erscheinen sollte, um vor Zuschauern mit ihm zu wetteifern.
Als er aber zusammen mit einer begierigen Menge zur anberaumten Zeit bei Hodscha Nasruddin erschien, mussten sie feststellen, dass er nicht zu Hause war. Sie warteten lange auf ihn, doch er kam nicht.
Der Herausforderer wurde dadurch so wütend, dass er mit einem Stück Kreide an die Haustür des Hodschas unter johlendem Beifall der Zuschauer das Wort »Dummkopf« schrieb, danach gingen sie alle ihrer Wege.
Als Hodscha Nasruddin, endlich wieder zu Hause angelangt, dies las, machte er sich auf dem Weg zum Hause des Möchtegern-Philosophen und klopfte. Und als ihm die Tür geöffnet wurde, sagte er zu dem noch immer zornigen Mann: »Tut mir leid, dass ich nicht zur rechten Zeit in meinem Hause war. Ich hatte gedacht, wir würden uns ein andermal treffen. Aber da du freundlicherweise deinen Namen an meiner Haustür hinterlassen hattest, wusste ich Bescheid und hatte somit die Gelegenheit, mich bei dir für mein Versäumnis zu entschuldigen.«
Holzfällen. Hodscha Nasruddin bewarb sich um eine Stelle als Holzfäller. Da er ein schmächtiger Mann war, wollte der Aufseher des Waldes ihm aber diese Arbeit nicht so ohne Weiteres anvertrauen. Also erkundigte er sich nach seinen Referenzen.
»Ich habe lange in der Sahara gearbeitet«, gab der Hodscha an.
»Aber in der Sahara gibt es doch gar keine Bäume, die man fällen könnte«, sagte erstaunt der Aufseher des Waldes.
»Jetzt nicht mehr«, antwortete der Hodscha.
Zielscheibe. Hodscha Nasruddin sah im Dämmerlicht im Garten seines Hauses etwas Weißes und dachte, es sei ein Eindringling. Also holte er rasch Pfeil und Bogen und gab einen Schuss auf den vermeintlichen Einbrecher ab. Anschließend ging er in den Garten, um nachzuschauen, ob er gut getroffen hatte.
Kurz danach kam er schreckensbleich zu seiner Frau gerannt.
»Stell dir vor«, sagte er, »ich sah etwas Weißes sich im Garten bewegen und dachte, es sei ein Räuber. Also habe ich mit einem Pfeil auf das Weiße geschossen. Aber als ich nachschauen ging, ob ich gut getroffen hatte, sah ich, dass es nur ein Hemd war, das im Winde auf der Wäscheleine flatterte.«
»Warum bist du dann so aufgeregt?«, wollte seine Frau von ihm wissen.
»Ja, was meinst du«, sagte der Hodscha nüchtern, »wenn ich noch in dem Hemd gesteckt hätte, wäre ich jetzt tot. Denn es war ein glatter Herzschuss.«
Logik. Hodscha Nasruddin hatte eine Stelle als Diener im Hause eines vornehmen Herrn angenommen. Eines Tages sagte dieser zu ihm: »Stell doch mal fest, was für ein Wetter wir haben. Ich habe eine wichtige Verabredung wahrzunehmen, zu der ich mich besonders gut kleiden muss, und wenn es regnen sollte, müsste ich aufpassen, dass mein kostbarer Anzug nicht nass wird.«
Nach kurzer Zeit kam Hodscha Nasruddin zu seinem Herrn und sagte: »Herr, es regnet sehr stark, sehen Sie sich bitte vor.«
Folglich zieht sich der vornehme Herr anders an, wenn es ihm auch leidtut, dass er seinen schönen Anzug nicht tragen kann.
Als er aber auf die Straße tritt, muss er bemerken, dass es weder geregnet hat noch dass es regnet oder Regen zu erwarten ist.
Zornig stellt er seinen Diener zur Rede: »Wie kommst du darauf, dass es geregnet hat oder regnet? Die Straße draußen ist doch staubtrocken.«
»Herr«, antwortet der Hodscha, »vorhin kam die Katze herein und sie war patschnass.«
»Dann muss sie jemand mit Wasser übergossen haben, um sie fortzujagen«, meinte daraufhin der Herr des Hauses, »und du hast einen falschen Schluss daraus gezogen, dass sie nass war. Für diese Dummheit sollte ich dich eigentlich entlassen.«
»Meine Logik hat gestimmt«, entgegnete der Hodscha. »Was kann ich dafür, dass das Wetter nicht mitspielte?«
Hör zu. Eines Tages vernimmt Hodscha Nasruddin den Gebetsruf von der Moschee so laut, wie er ihn noch nie zuvor gehört hat. Also schickt er sich an, davonzurennen.
Jemand ruft ihm nach: »Wohin rennst du, Hodscha Nasruddin?«
»Der Gebetsruf war so laut wie nie zuvor«, antwortet der Hodscha hastig, »nun will ich nachprüfen, wie weit er zu hören war.«
Einbruch. Ein Einbrecher suchte des Nachts das Haus von Hodscha Nasruddin heim. Als der Hodscha die verdächtigen Geräusche hörte, versteckte er sich aus Angst in einem Schrank.
Der Einbrecher aber durchwühlte alles und machte auch vor dem Schrank nicht Halt. Er öffnet die Schranktür und sieht verdutzt den Hodscha im Schrank stehen.
»Was machst du denn hier?«, will er verblüfft wissen.
»Ich habe mich aus Scham im Schrank versteckt«, antwortete der Hodscha, »weil es in meinem Haus nichts gibt, was zu stehlen lohnt.«
Das Omen. Einmal ritt der König aus, um Tiere des Waldes zu erlegen. Dabei begegnete er Hodscha Nasruddin. Er hielt es aber für ein schlechtes Zeichen, vor der Jagd dem Hodscha zu begegnen. Also befahl er seinem Gefolge, den Hodscha davonzujagen.
Es ergab sich aber, dass die Jagd besonders erfolgreich verlief. Der König beschloss daraufhin, sich bei Hodscha Nasruddin für sein rüdes Vorgehen zu entschuldigen, und er ließ ihn rufen.
Als der Hodscha beim König erschien, bedauerte der König den Vorfall und gab als Entschuldigung wahrheitsgemäß an, dass er sich in der Annahme geirrt habe, der Hodscha brächte ihm Unglück.
»Sie hatten Glück«, sagte daraufhin Hodscha Nasruddin, »ich hingegen wurde davongejagt. Wer war also für wen ein schlechtes Zeichen?«