Möglichkeiten des Staates zur Förderung
Sparvorgänge und Entstehung der Einkommen
Hermann Papst
St.Georgen/Schwarzwald, Juni 1933.
Im Selbstverlage
Der Wirtschaftszustand ist gekennzeichnet durch Absatzhemmungen, Arbeitslosigkeit, Rückgang aller Einkommen, Sachen und Leistungen sind entwertet. Es trifft Alle, keiner ist davon unbeeinflußt.
Die Ursache liegt im Verhalten der Einzelnen und deren Gesamtheiten als Massen, Völker und Staaten. Jeder Einzelne kann an der Wirtschaftskrise mitschuldig sein, weil jeder im Kreislaufe der Wirtschaft mitwirkt und sein Tun und Lassen in immer weiteren Kreisen fortschreitend Andere beeinflußt.
Diese Wirkungen sollen im folgenden auf Grundlage des tatsächlichen Wirtschaftsvorganges mittels allgemeiner fester wirtschaftlicher Gewißheiten klargelegt werden, sodaß anhand des Weges in die Krise der Weg heraus sichtbar wird.
Die Handelsstatistiken vergangener Jahre zeigen, daß in Deutschland etwa 80 Milliarden Mark Jahresumsatz im Durchschnitt erzielt wurden. Die jeweilige gesamte Geldmenge betrug dabei laut Reichsbankausweisen im Durchschnitt 5-6 Milliarden Mark, sie mußte also etwa 15 mal im Jahre umgesetzt werden. Die gesamte Geldmenge ging daher je einmal in etwa 3 1/2 Wochen in andere Hände!
Der bargeldlose Zahlungsverkehr kann bei dieser Betrachtung, als nur für einige Zahlungsstufen bei der Einkommensentstehung maßgebend, in den Begriff Geld eingeschlossen werden, er erscheint im Jahresumsatz berücksichtigt. Er kann als Nebengeld kurzer Wertdauer gesehen werden. Es erfolgt auch die größte Menge der Einkommen in Barzahlungen und fast alle werden mit Barzahlungen einmal ausgegeben.
Es war daher einmal der Durchschnittserwerb durch die Arbeit eines Mitgliedes unserer Volkswirtschaft ungefähr 50 Mark in einer Woche. Im damaligen Wirtschaftsverlauf wurden davon im Mittel etwa vielleicht 9/10 für den Lebensunterhalt usw. in kurzer Zeit schnell umgesetzt, d.h. an andere Leute als Preise bezahlt, wodurch wieder unmittelbar neue Einkommen für andere Teile der Volkswirtschaft entstanden. Die unmittelbar ausgegebenen Gelder wurden auch wieder in Verbrauch und Ersparnisse geteilt. Etwa 1/10 der Einkommen wurde über längere Zeit vom Verbrauch zurückgehalten. Es wurde in durchschnittlich gleichbleibender Menge im Wege eines gesunden Sparvorgangs bei den verschiedenen Krediteinrichtungen, Versicherungen, auf Aktien usw. angelegt, indem also Gutschriften beliebiger Art bezahlt wurden. Gutschriften werden gewissermaßen wie eine Ware gekauft und mit Preisen bezahlt.
Mit der Bezahlung einer Gutschrift wird es erst möglich, die durch Sparen zunächst offenbar bewirkte Wirtschaftshemmung durch Verhinderung von Preisen und Einkommen vor einer Aufzehrung der Spargelder zu beseitigen. Es muß ja ganz klar sein, solange man Geld im Hause behält, solange verhindert man dieses, für andere Einkommen zu ermöglichen und damit hemmt man im gleichen Betrage die ganze Volkswirtschaft. Durch die Einrichtungen der Kreditinstitute wird das gerade nicht gebrauchte Geld für Gutschriften bezahlt und nach Lastschriften wieder durch Schuldner in den Umlauf gebracht, sie bezahlen damit Preise und andere wieder, sodaß immer neue Einkommen gebildet werden können. Durch Borgen des Gesparten wird daher offenbar endlich die Wirtschaftshemmung wieder ausgeglichen. Es war nur mit dem so gleich stark und schnell umlaufenden Geldstrom möglich gewesen, das durchschnittliche Einkommen lange Zeit aufrecht zu erhalten. Eine andersartige Möglichkeit hierfür gibt es nicht. So ergab sich das Wirken der Wirtschaft, trotz Sparen konnte wenigstens ein gleichmäßiger Fortgang stattfinden, man hatte aber immer zu wünschen.
Allgemein volkswirtschaftlich gesehen, ist Sparen nur solange ohne Schaden für die Stärke der Entstehung der zukünftigen Einkommen, als durch Schuldner (oder bei Nicht-Anlage des Geldes durch den Sparer selbst) die Geldmenge des Sparvorganges durch Zahlung von Preisen rasch genug zur Anlage gebracht wird. Nur die bezahlten Preise ermöglichen und geben das neue werdende Einkommen!
Schärfer gesagt: Der Sparer hemmt Arbeit und Einkommen anderer und damit der ganzen Volkswirtschaft, der Schuldner fördert durch in Verkehr bringen des Spargeldes die Volkswirtschaft wieder, sodaß er das Sparen dem Sparer ermöglicht, ohne daß der Sparer eigentlich zum Verbrecher an der Volkswirtschaft wird. Dafür muß der Schuldner Zinsen bezahlen, er wird gewissermaßen für die Wirtschaftsförderung mit der Zinsenstrafe belegt. Aus diesem Grunde sind Zinsen volkswirtschaftlich ein Unrecht.
Die Sparhemmung der Volkswirtschaft wird durch den Zins-Anreiz zur Kreditgabe gemindert! Das Zinsproblem ist daher nur ein Teil des Sparproblems!
Anderseits ist der zeitweilige Verzicht auf die Verfügung des Sparens über sein Guthaben beim Schuldner eine Gegenleistung wert. Dieser Zinsgrund entsteht also für unmittelbare Verleihung des Spargutes an einen Schuldner. Die jederzeitige Verfügung des Sparers wird aber beim Kreditinstitut im Durchschnittsausgleich gewahrt. Es erscheint daher, daß mit dem Fortschritt des Kreditausgleiches vom unmittelbaren Verleihen zur Kreditanstalt und von dieser zur Volkswirtschaft eine immer größere Hinfälligkeit der Zinsberechtigung bis zum völligen Schwund entsteht. Der Staat als Hüter und Treuhänder der Volkswirtschaft kann daher allein das Zinsproblem, jedoch nur mit dem Sparproblem lösen. In der Volkswirtschaft verschwindet auch das Kapitalrisiko, da im Kreise der Volkswirtschaft die Summe aller Preise restlos Verdienste werden. Es blieben vom Zins nur mehr die notwendigen Kapitalhandlungskosten berechtigt über.