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Georg Wilhelm Steller (1709-1746) wurde in Bad Windsheim geboren. Er war deutscher Arzt und Naturforscher. Weil er in Preußen keine Aussicht auf eine Anstellung hatte, ging er nach Russland. Er galt als einer der besten Kenner der Geographie, Geschichte und Völker Kamtschatkas und wurde durch die Entdeckung der nach ihm benannten Großen Nordischen Seekuh (Stellersche Sehkuh) weltberühmt.

Vitus Jonassen Bering (1681-1741) wurde 1703 von Zar Peter dem Ersten als Kapitän der Nordischen Marine in Dienst genommen. Er nahm am Dritten Nordischen Krieg gegen Schweden teil, sowie an Gefechten im Russisch-Türkischen Krieg. 1725 wird er zum Leiter der Kamtschatka-Expedition ernannt.

Dr. Volker Matthies (geb. 1945), Prof. i. R.; studierte Politische Wissenschaft, Mittlere und Neuere Geschichte, Geographie und Ethnologie. Er lehrte und forschte in Hamburg am Deutschen Ubersee-Institut, am Institut für Politische Wissenschaft der Universität sowie an der Führungsakademie der Bundeswehr. In der Edition Erdmann hat er bereits die Abenteuer im arktischen Kanada von Samuel Hearne herausgegeben.

Zum Buch

Russland im 18. Jahrhundert: Nach seiner Öffnung zum Westen unter Zar Peter dem Großen suchte es nun das Fenster zum Osten; Sibirien war zu erschließen, die Beziehungen zu Japan und Amerika auszubauen. Und nun stellte sich die Frage, deren Antwort schon längst vergessen war: Gibt es eine Landbrücke zwischen Asien und Amerika? Erst die zweite Expedition unter Kapitän Bering brachte den Durchbruch, den Erfolg – aber unter welchen Mühen und mit welchen Opfern! Georg Wilhelm Steller, der Arzt und Naturwissenschaftler, schrieb die Geschichte der Großen Nordischen Expedition, der Entdeckung Alaskas, an der er selbst auch teilnahm, für die Nachwelt auf.

Im Juni 1741 verlässt die St. Peter unter Kapitän Bering Kamtschatka. Nach sieben Wochen sichtet die Besatzung die erhabene Küste Alaskas. Eines der größten Forschungsunternehmen der Geschichte war die Große Nordische Expeditton von 1733 bis 1743, in deren Verlauf Alaska und die später nach dem Kapitän der Expedition benannte Beringstraße entdeckt wurden. Mit über fünfhundert Teilnehmern, darunter ein großer Stab an Wissenschaftlern, war diese Expedition von Zar Peter dem Großen beauftragt worden Sibirien zu erforschen und einen nordöstlichen Seeweg nach Asien zu entdecken. Georg Wilhelm Steller, Arzt, Naturwissenschaftler und Menschenfreund, hielt die Geschichte der Großen Nordischen Expeditton, der Entdeckung Alaskas mit Kapitän Vitus Jonassen Bering, für die Nachwelt fest.

DIE 100 BEDEUTENDSTEN ENTDECKER

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Der »Böse Gott« der Kamtschadalen

Georg Wilhelm Steller

Die Entdeckung
Alaskas mit
Kapitän Bering

Von Sibirien nach Amerika

1741 – 1742

Herausgegeben
von Volker Matthies

marixverlag

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Alle Rechte vorbehalten

Copyright © by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2013
Der Text basiert auf der Ausgabe Edition Erdmann, Wiesbaden 2013
Lektorat: Dietmar Urmes, Bottrop
Covergestaltung: Nicole Ehlers, marixverlag GmbH
Nach der Gestaltung von Nele Schütz Design, München
Bildnachweis: akg-images GmbH, Berlin/North Wind Picture Archiv
eBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main

ISBN: 978-3-8438-0348-9

www.marixverlag.de

Inhalt

Einführung des Herausgebers

Beschreibung der Seereise von Kamtschatka nach Amerika mit dem Kapitän-Kommandeur Bering

Beschreibung der Beringinsel

Von der Seekuh

Von den Seetieren um Kamtschatka

Vom Reisen auf Kamtschatka

Von dem Zustand des Landes Kamtschatka vor der Okkupation

Von der ersten Okkupation des Landes Kamtschatka

Maße und Gewichte

Verzeichnis der Quellen und Literatur

Bildnachweis

Dank des Herausgebers

Einführung des Herausgebers

Dieses Buch handelt von zwei Entdecker- und Forscherpersönlichkeiten, die in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Dienst des zaristischen Russlands zur Erforschung und Erschließung Sibiriens sowie zur Sicherung russischer Interessen im Nordpazifik (gegenüber Amerika und Japan) beitrugen. Beide Persönlichkeiten waren »Ausländer« in russischen Diensten: Vitus Jonassen Bering war Däne, und Georg Wilhelm Steller war Deutscher. Beide können als Repräsentanten der kosmopolitischen Szenerie gelten, die im Zuge der von Zar Peter dem Großen eingeleiteten Politik der Öffnung zum Westen in Russland entstand. Das unter Zar Peter I. (1682–1725) zwangsweise modernisierte und machtpolitisch erstarkte Russische Reich wollte sich im Konzert der europäischen Mächte seinen Platz sichern, sich seiner Naturschätze bedienen, maritime sowie koloniale Unternehmungen fördern, seine Handelsbeziehungen ausbauen und seine Grenzen und Küsten gegenüber möglichen Bedrohungen von außen schützen.

Zu diesen Zwecken wurden aus aller Herren Länder zahlreiche Fachleute (namentlich Seeoffiziere, Ingenieure und Schiffbauer) und Wissenschaftler angeworben und in Russland mit zum Teil hohen Funktionen betraut. Im Bereich der Wissenschaft (1725 nahm die Petersburger Akademie der Wissenschaften ihre Arbeit auf) hatten namentlich die Deutschen (neben Georg Wilhelm Steller vor allem Johann Georg Gmelin, Gerhard Friedrich Müller und später Peter Simon Pallas) großen Anteil an der Erforschung Sibiriens. Das 18. Jahrhundert gilt als das »Zweite Entdeckungszeitalter« (John H. Parry, Europäische Kolonialreiche, München 1972); die Verwissenschaftlichung der Entdeckungsreisen hatte begonnen.

Vitus Bering wurde die Leitung eines gewaltigen Forschungsunternehmens übertragen, der »Ersten« und »Zweiten Kamtschatka-Expedition« (Letztere auch unter dem Namen »Große Nordische Expedition« bekannt), deren Hauptziele die Kartierung weiter Teile Sibiriens und die Erkundung der Verbindungen des Russischen Reiches mit Amerika und Japan waren. Diesen sich über mehrere Jahre hinziehenden Expeditionen (1725–1730; 1733–1743) war später ein großer Wissenschaftlerstab zugeordnet, zu dem auch Georg Wilhelm Steller gehörte.

Während Bering als dem Kapitän-Kommandeur die Gesamtleitung und Gesamtverantwortung des Unternehmens oblag, kam Steller als »Adjunktem« (Gehilfe) der Petersburger Akademie der Wissenschaften eine eher untergeordnete Stellung zu; als Mitglied des wissenschaftlichen Stabes war ihm die naturwissenschaftliche Erforschung Kamtschatkas aufgetragen worden.

Die Bedeutung Stellers als Reiseschriftsteller und als Wissenschaftler reicht jedoch weit über seinen Status im Rahmen der Expedition hinaus. Vor allem wurde er als Teilnehmer an der Amerikafahrt Berings deren bedeutendster Chronist.

Bering, der auf der Rückfahrt von Amerika starb, wurde lange Zeit der Ruhm seiner Entdeckungstaten (zugunsten des russischen Kapitäns Tschirikow) streitig gemacht; verkannt blieben auch viele Jahre hindurch die Tragweite seiner Unternehmungen und die Größe seiner Leistungen. Doch immerhin wurde er später auch als »russischer Entdecker« rehabilitiert und fand – wie Kurt Lütgen in Anlehnung an Joseph Conrad formuliert – zumindest Eingang in die »kleine Unsterblichkeit der Lexika und Atlanten« (Beringstraße, Beringmeer, Beringinsel).

Demgegenüber blieb Steller der Welt weithin unbekannt, obwohl er zu den ersten »modernen« Naturforschern und Reiseschriftstellern gehört. In seiner Heimat Deutschland fiel er der Vergessenheit anheim; nicht einmal Embachers »Lexikon der Reisen und Entdeckungen« von 1882 oder das »Biographische Lexikon der hervorragendsten Ärzte aller Zeiten und Völker« von 1887 erwähnen ihn. Steller verstarb zu früh (mit siebenunddreißig Jahren), um sein wissenschaftliches Werk vollenden und internationale Berühmtheit erlangen zu können.

Beide Männer – Bering und Steller – gingen ein Stück ihres Lebensweges gemeinsam. Obwohl ihre Beziehungen keineswegs frei von Spannungen waren, scheinen sie sich auf ihre Weise geschätzt und ergänzt zu haben: der ältere, etwas bedächtige Däne, von Ausbildung und Beruf Seemann und Soldat, und der jüngere, etwas hitzige Deutsche, von Ausbildung und Beruf Arzt und Naturwissenschaftler. Doch ungeachtet gewisser Missstimmigkeiten hat Steller den vor ihm verstorbenen Bering fair und verständnisvoll gewürdigt. Zum Teil spiegeln ihre Beziehungen nur die allgemeinen Spannungen zwischen dem (militärischen) Seekommando und dem (zivilen) Wissenschaftlerstab der Expedition wider, wie man es auch von anderen großen Entdeckungs- und Forschungsreisen her kennt (man denke etwa nur an das schwierige Verhältnis zwischen Kapitän Cook und den beiden Försters oder zwischen Kapitän Kotzebue und Adalbert von Chamisso).

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Zeitgenössische Ansicht von St. Petersburg

Sowohl Bering als auch Steller sollen im Folgenden in ihren persönlichen Lebensläufen ebenso wie im Rahmen der russischen geographischen Entdeckungen vorgestellt und gewürdigt werden, insbesondere auch vor dem Hintergrund ihres gemeinsamen Schicksals und ihrer gemeinsamen Leistung während der Amerikafahrt. Da Steller der wichtigste Berichterstatter dieser Reise war und das vorliegende Buch sich auch seinem wissenschaftlichen Werk widmet, sollen seine Leistungen als Naturforscher und Reiseschriftsteller besonders hervorgehoben werden.

Die Eroberung und Erforschung Sibiriens

Die Eroberung und Erschließung Sibiriens wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts von dem Handelshaus der Stroganows, einer aus dem nordrussischen Bauerntum aufgestiegenen, durch Salzhandel reich gewordenen Unternehmerdynastie, und einer Schar verwegener Kosaken unter Jermak in Angriff genommen. Der von den Stroganows ausgerüstete und bewaffnete Jermak eröffnete 1581 seinen Feldzug über den Ural nach Westsibirien, wo er die dort lebenden Völkerschaften unterwarf und Sibir (oder Isker) eroberte, die am Irtysch gelegene Hauptstadt des Tatarenkhans Kutschum. Nach Jermaks Tod (1584) gingen die westsibirischen Eroberungen zeitweilig wieder verloren, doch wurde 1598 von Truppen des Zaren der Sieg über den sibirischen Khan endgültig errungen. Alle Rechte der Stroganows gingen nunmehr auf die Krone über, Westsibirien wurde dem Russischen Reich eingegliedert und die Eroberung Ostsibiriens betrieben.

Von Stützpunkten entlang der Flüsse Westsibiriens aus stießen in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts Händler, Kosaken und Pelztierjäger weiter nach Osten vor. »Die russische Expansion nach Sibirien und Fernost spielte sich in einem dünn besiedelten Raum ab. Die kleinen Naturvölker vermochten ihren Eroberern kaum Widerstand entgegenzusetzen. Es waren vor allem die natürlichen Reichtümer, die die russischen Jäger und Kosaken immer weiter nach Osten lockten. Sibirische Zobelfelle waren im 17. Jahrhundert einer der wichtigsten Exportartikel des Zarenreiches. Der Staat, interessiert am ›Jassak‹, den in Fellen erbrachten Tributzahlungen der eingeborenen Völker, unterstützte und sanktionierte die häufig aus privater Initiative unternommenen Expeditionen in ›neue Länder‹. Die Ausweitung des russischen Herrschaftsbereichs vom Ural bis an den Pazifik ist nicht das unmittelbare Ergebnis einer zielgerichteten Hegemonialpolitik, sondern die Summe zahlreicher spontaner Einzelaktionen, bei denen es anfänglich mehr um die Pelzausbeute als um die Ausdehnung des Machtbereichs ging« (Scheidegger).

Den Charakter derartiger Beuteexpeditionen bei der frühen russischen Landnahme in Ostsibirien hat Steller in seiner Beschreibung der »Ersten Okkupation des Landes Kamtschatka« anschaulich und eindringlich herausgearbeitet. Im Zuge spontaner Einzelaktionen drang der Kosak Deschnew an der Küste des Polarmeeres nach Osten vor. Er umschiffte dabei das heute nach ihm benannte asiatische Nordostkap im Jahre 1648 und gelangte bis zur Mündung des Anadyr. Damit war der (bald wieder in Vergessenheit geratene) Beweis erbracht, dass Asien und Amerika durch eine Meeresstraße voneinander getrennt sind. 1649 wurde Ochotsk gegründet, der erste befestigte russische Stützpunkt am Pazifik. Zwischen 1697 und 1699 durchzog der Kosak und Pelzhändler Atlassow die Halbinsel Kamtschatka, verleibte sie dem russischen Staat ein und schloss damit die erste Epoche der großen russischen Landnahme in Nord- und Ostasien ab.

»Im 18. Jahrhundert begann in dem durch Peter I. gewaltsam modernisierten Russland eine neue Phase der Entdeckungen. Neben die eher spontanen, von ihren Mitteln wie Zielsetzungen her begrenzten Beuteexpeditionen traten nun vom Staat organisierte und finanzierte Forschungsexpeditionen. Im Mittelpunkt des Staatsinteresses standen nicht mehr die ›Zobel für den Staatsschatz‹, sondern Informationen über die Beschaffenheit und Bevölkerung eines unermesslichen Gebietes, dessen Wert und Nutzen vom Maß seiner Durchdringung und Erschließung abhängig waren« (Scheidegger).

Hierzu bedurfte es einer wissenschaftlichen Infrastruktur, Vorbereitung, Begleitung und Auswertung der Forschungsunternehmungen. Zu diesem Zweck rief Zar Peter ausländische Wissenschaftler ins Land und ließ in seiner Hauptstadt St. Petersburg eine Akademie der Wissenschaften eröffnen. Besonderes Interesse schenkte Peter I. der Erforschung der Grenzen Russisch-Asiens und dessen möglichem Zusammenhang mit Amerika. Beeinflusst hatte den jungen Zaren hierbei der deutsche Denker, Gelehrte und Diplomat Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716), der ihn mehrmals persönlich auf die wissenschaftliche Bedeutung und den wirtschaftlichen Wert einer systematischen Erkundung der asiatischen Teile seines Reiches und besonders auch einer Klärung der geographischen Verhältnisse zwischen Asien und Amerika hinwies.

Auch die Pariser Akademie der Wissenschaften hatte anlässlich des Zarenbesuchs im Jahre 1717 auf eine Lösung dieses geographischen Problems gedrängt. Im entdeckungsgeschichtlichen Zusammenhang ging es hierbei um die Suche nach der Nordostpassage, nach einem Seeweg durch das Eismeer nach Japan, China und Indien, den die Kartographen des 16. und 17. Jahrhunderts oftmals – in Anlehnung an den Reisebericht Marco Polos – als »Straße von Anian« bezeichneten. Die Entdeckung der später so genannten »Beringstraße« durch Deschnew im Jahre 1648 war unbekannt geblieben oder vergessen worden. »Den im äußersten Nordosten Asiens wohnenden Tschuktschen war natürlich die gegenüberliegende Küste Amerikas gut bekannt, da die Bewohner der Tschuktschenhalbinsel mit den Bewohnern von Alaska, den Eskimos, Tauschhandel betrieben und auch manchmal mit ihnen Krieg führten. Durch die Erzählungen der Tschuktschen wussten auch die Russen von dem ›Großen Land‹ Amerika. Dieses Große Land wird in alten Quellen oft als Insel bezeichnet, wodurch die Annahme verbreitet wurde, dass es in der Beringstraße und gegen Alaska Inseln gäbe« (Berg).

Infolge der ungenauen Kenntnisse über den Nordpazifik herrschte bezüglich dieses Raumes die spekulative Kartographie vor. Auf den Karten der Zeit fanden sich imaginäre Fabelländer verzeichnet, wie etwa das von Maarten Vries, der im Auftrag der holländischen »Ostindischen Kompanie« segelte, angeblich 1643 gesichtete Land nordöstlich von Japan (»Kompanieland«) oder das in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts von dem portugiesischen Seefahrer João da Gama angeblich an der gleichen Stelle gesehene Land (»Gamaland«). Auf der von dem französischen Geographen Joseph Nicolas Delisle im Auftrag der Petersburger Akademie der Wissenschaften für die Zwecke der »Großen Nordischen Expedition« im Jahre 1731 erstellten Karte tauchte sowohl das »Kompagnieland« als auch das »Gamaland« auf. Zu Berings Aufgaben, der wohl ein Exemplar dieser Karte bei sich hatte und sich an ihr auf seiner Amerikafahrt orientierte, gehörte es auch, die Existenz dieser beiden Länder zu überprüfen.

Doch ist die großzügige staatliche Förderung der Forschungsexpeditionen seit Peter dem Großen »nicht so sehr auf wissenschaftlichen Erkenntnisdrang als vielmehr auf praktische Erwägungen zurückzuführen. Für das zur europäischen Großmacht aufgestiegene Zarenreich ging es nach der Öffnung des ›Fensters nach Westen‹ darum, nun auch das im Verlauf des 17. Jahrhunderts erreichte ›Fenster nach Osten‹ aufzustoßen und aus den territorialen Gewinnen schließlich noch außenpolitischen und wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen. So bestand schon während der ›Ersten Kamtschatka-Expedition‹ (1725–1730) Vitus Berings Aufgabe nicht nur darin, die vermutete Landbrücke zwischen Asien und Amerika zu suchen. Gemäß dem von Peter I. noch selber formulierten Auftrag sollte er auch ›herauszufinden trachten …, ob man bis zu einer Stadt in den europäischen Besitzungen fahren kann‹. Während der ›Zweiten Kamtschatka-Expedition‹ (1733–1743) sollten u. a. Handelsmöglichkeiten mit Amerika und Japan abgeklärt werden. Wie alle anderen Ziele der Expedition blieb dieser Auftrag streng geheim – ein deutlicher Hinweis auf die politische Bedeutung des ganzen Unternehmens« (Scheidegger).

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Bildnis Zar Peters des Großen (1672–1725), der Vitus Bering den Auftrag zur »Ersten Kamtschatka-Expedition« erteilte

Vitus Jonassen Bering wurde 1681 in der ostjütländischen Hafen- und Handelsstadt Horsens geboren. Er entstammte einer bürgerlichen Familie und ging, nachdem er zu einem großen und stark gebauten Mann herangewachsen war, zur See und fuhr mit Handelsschiffen bis nach Ostindien. Während eines Aufenthaltes in Amsterdam ließ er sich für russische Dienste anwerben. Zar Peter I. stellte damals einen Stab tüchtiger junger europäischer Seeoffiziere zusammen, die ihm beim Aufbau und Führen seiner Flotte behilflich sein sollten. Im Jahre 1703 trat Bering als Unterleutnant in die Marine des Zaren ein und bewährte sich in verschiedenen Kommandos. Er nahm auch am »Nordischen Krieg« zwischen Schweden und Russland (1700–1721) teil, in dem Russland die vormals schwedischen baltischen Provinzen gewann. 1710 wurde Bering zum Kapitänleutnant befördert. Nach Beendigung des Krieges wies Zar Peter seinen verdienten Seeoffizieren Wohnsitze in der eroberten finnisch-schwedischen Grenzstadt Wiborg an. Bei ihrer Lage – besonders nach der Gründung St. Petersburgs im Jahre 1705 in der kurz vorher eroberten Provinz Ingermanland – war diese Stadt von größter Bedeutung für den russischen Ostseehandel und die Bewegungsfreiheit der russischen Ostseeflotte.

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Bildnis von Vitus Bering (1680 – 1741)

Auch Vitus Bering ließ sich hier nieder und heiratete 1718 Anna Christina, eine Kaufmannstochter aus Wiborg. Da es Bering nach zwanzigjähriger Dienstzeit im Jahre 1723 immer noch nicht gelungen war, Kapitän »ersten Grades« zu werden, trug er sich angesichts seiner schlechten Beförderungsaussichten mit dem Gedanken, seinen Abschied vom aktiven Dienst zu betreiben.

Doch der Oberkommandierende der zaristischen Flotte, Admiral Apraksin, der den Dänen als erfahrenen und zuverlässigen Seemann sehr schätzte, soll Bering zum Weitermachen gedrängt haben. Im Jahre 1724 dann gelang Bering ein schicksalhafter Karrieresprung, als man ihn zum Kapitän-Kommandeur beförderte und mit der Leitung der »Ersten Kamtschatka-Expedition« betraute.

Hauptziel dieser ersten Expedition war die Klärung der Frage, ob Asien und Amerika durch eine Landbrücke miteinander verbunden seien oder nicht. Bering, dem als Unterführer der russische Leutnant Tschirikow und der dänische Leutnant Spangberg mitgegeben wurden, reiste im Februar 1725 von Petersburg ab. Doch erst im März 1728 erreichte er Kamtschatka, baute dort ein Schiff (die »St. Gabriel«) und fuhr mit ihm am 13. Juli von der Kamtschatkamündung auf das Eismeer hinaus. Am 10. August entdeckte die Expedition die St.-Lorenz-Insel im späteren Beringmeer und durchfuhr die heutige Beringstraße. Da sie jedoch im Norden kein Land sichtete, trat sie am 15. August 1728 die Rückfahrt an. Die amerikanische Küste hatte Bering nicht gesehen. Nach seiner Rückkehr nach Petersburg im März 1730 erstattete Bering Bericht und legte eine Karte aller von ihm besuchten Gegenden vor.

Berings Bericht und Karte wurden allerdings von den Mitgliedern der Akademie der Wissenschaften (namentlich von Joseph Nicolas Delisle) und dem Admiralitätskollegium nicht sehr wohlwollend aufgenommen. Man warf Bering vor, das eigentliche Ziel seines Unternehmens verfehlt und seine Untersuchungen nicht zufriedenstellend durchgeführt zu haben. Um sich zu rehabilitieren, unterbreitete Bering, der auch einflussreiche Fürsprecher hatte (u. a. den Vizekanzler Graf Ostermann, den Senatssekretär Kirilow), schon bald nach seiner Rückkehr den Plan einer zweiten, umfassenderen Expedition. Diesem Plan wurde entsprochen und die »Große Nordische Expedition« vorbereitet. Am 17. April 1732 gab die Kaiserin Anna Befehl zur Ausführung des Beringschen Vorschlags.

Bering wurde wiederum zum Leiter der Expedition bestimmt. Zur Unterstützung wurden ihm abermals die inzwischen zu Kapitänen beförderten Unterführer Tschirikow und Spangberg beigegeben. Die »Zweite Kamtschatka-Expedition« oder »Große Nordische Expedition« stellte schon allein ihrer Teilnehmerzahl nach ein gewaltiges Unternehmen dar; insgesamt nahmen an ihr weit über fünfhundert Mann teil. Sie dauerte von 1733 bis 1743, also zehn Jahre. Die Kosten der Expedition beliefen sich auf dreihundertsechzigtausend Rubel, eine gewaltige Summe in der damaligen Zeit. Als Teil des Unternehmens, dem Kommando Berings jedoch nicht unterstellt, reiste nun erstmalig ein von der Akademie zusammengestellter wissenschaftlicher Stab mit. »Um eine Vorstellung von dem Umfang, aber auch von der Schwerfälligkeit des wissenschaftlichen Stabes der Expedition zu geben, sei erwähnt, dass den vier Akademikern zwei Maler, ein Dolmetscher, ein Instrumentenmacher, drei Geodäten, sechs als Studenten bezeichnete wissenschaftlich vorgebildete junge Männer, zwölf Soldaten mit einem Korporal und einem Trommelschläger, ein Wundarzt und sechsunddreißig Pferde mitgegeben wurden. Ferner machte man von dem Recht, Dolmetscher, Wegweiser, Handwerker und Arbeiter an Ort und Stelle zu requirieren, ausgiebig Gebrauch« (Heydrich). Darüber hinaus nahm man eine Bibliothek von mehreren Hundert Bänden, ein großes Quantum Schreibpapier sowie dreihundertsechzig Pinsel für die Maler mit.

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Karte des französischen Astronomen und Geographen Delisle, die Bering auf seiner Reise 1741 vermutlich dabeihatte

Wie bereits auf der »Ersten Kamtschatka-Expedition« mussten auch auf der »Großen Nordischen Expedition« gewaltige Entfernungen bewältigt und große logistische Probleme gemeistert werden. Während der ersten Reise war der Transport des zum Bau des Expeditionsschiffs »St. Gabriel« notwendigen Materials das Hauptproblem gewesen: »Schiffsanker, Takelage und Ketten waren anderthalbtausend Meilen durch Sibirien geschleppt worden, und das Tauwerk, das jeder Unbill der Witterung ausgesetzt gewesen war, war stark mitgenommen … Vitus Bering musste einer Spur folgen, die durch keine gebahnten Wege gekennzeichnet war, sondern über reißende Flüsse und unwegsame Schluchten, über wegsperrende Felsen und steinige Hochflächen führte. Bering und seine Männer sollten sich einen Weg bahnen, indem sie je nach den Umständen zu Fuß marschierten, ritten, im Hundeschlitten fuhren, auf behelfsmäßigen Flößen über tosende Flussläufe setzten oder in selbstgebauten Booten stromaufwärts segelten. In den langen, dunklen Wintermonaten mussten sie sich nachts in mannshohe Schneewehen eingraben oder, wenn es sich um längeren Aufenthalt handelte, Bäume fällen und Hütten bauen« (Petersen).

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Bildnis Fedor M. Apraksins, Präsident des Admiralitätskollegiums

Während der zweiten Expedition wuchsen wegen der Größe der Teilnehmerschaft die Logistik- und Transportprobleme noch an: »Tief in den Sümpfen, Steppen und wilden Schluchten Sibiriens konnte das Menschen-material, das verlorenging, nicht ersetzt werden. Hier, weit entfernt von der Zivilisation, war alles unbezahlbar – die festgestampften Mehlvorräte in den Ledersäcken, das Baumaterial für die Schiffe … Es waren gefahrvolle Wege, die Vitus Berings Heer beschritt, wenn man auch nicht gerade viel von Wilden oder Wölfen zu befürchten hatte. Aber auf gewissen Strecken – z. B. von Jakutsk nach Ochotsk – konnte die Temperatur zur Winterzeit bis auf minus fünfzig Grad sinken. Und in dem beißenden Frost musste man oft nachts unter freiem Himmel kampieren … Von besonderen Delikatessen war keine Rede: Getrocknete Erbsen und Salzfleisch bildeten neben Mehl die einzigen Gerichte, die der Speisezettel aufwies – Tag für Tag« (Petersen).

Der Reisehistoriker Hanno Beck hat denn auch die Bewältigung all dieser Probleme durch Bering entsprechend gewürdigt: »Keine Expedition war bis dahin von einem vergleichbaren Transportproblem bedroht worden wie die beiden Unternehmungen Berings; selbst die Schwierigkeiten späterer Polarreisen lassen sich – wenn überhaupt – nur annähernd mit diesen vergleichen … Reisegeschichtlich ist diese ›Große Nordische Expedition‹ bis dahin das größte explorative Unternehmen der Geschichte gewesen.«

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Faksimile der Paragraphen 3 und 4 der Order Zar Peters des Großen vom 23. Dezember 1724 für Berings erste Expedition

Doch hatte Bering auch noch andere Probleme zu meistern. Immer wieder musste er sich auf seiner Reise mit unfähigen, unwilligen und korrupten russischen Beamten auseinandersetzen, die ihm und seinen Reisegefährten das Leben schwer machten oder gar Intrigen gegen ihn einfädelten. Doch auch in seinen eigenen Reihen musste sich Bering gegen missgünstige und illoyale Untergebene und Mitarbeiter wappnen. Der wissenschaftliche Begleiterstab, dem gegenüber er keine Befehlsgewalt hatte, wirkte, namentlich durch den Professor der Sternenkunde, Delisle de la Croyère, einen Bruder des Kartographen Joseph Nicolas Delisle, oftmals als eine die Handlungsfähigkeit Berings lähmende Kontrollinstanz.

Hauptziele der »Großen Nordischen Expedition« waren »die Vermessung und Kartierung der russischen Nordmeerküste von Archangelsk bis Ostsibirien, die wissenschaftliche Erforschung und die Kartierung des nordpazifischen Raumes zwischen Kamtschatka, Nordamerika und Japan und die Erkundung von Handelsmöglichkeiten mit Amerika und Japan. Gleichzeitig betrieben Mitglieder der Akademie der Wissenschaften in Sibirien, Transbaikalien und auf Kamtschatka naturwissenschaftliche, ethnographische und historische Studien« (Scheidegger).

Bering und Tschirikow hatten den Auftrag, in Ochotsk oder auf Kamtschatka Schiffe zu bauen und dann auf zwei Schiffen an die Küste Amerikas zu segeln, um festzustellen, »was für Völker dort wohnen, wie diese Gegenden genannt werden und ob es wirklich die amerikanische Küste sei«. Spangberg erhielt die Anweisung, mit drei Schiffen die Kurileninseln zu erforschen, nach Japan zu fahren und dort freundschaftliche Beziehungen mit den Japanern anzuknüpfen. Verschiedene Teilexpeditionen sollten darüber hinaus in mehreren Abschnitten eine genaue Untersuchung der sibirischen Eismeerküste vornehmen. Die wichtigsten wissenschaftlichen Teilnehmer der »Großen Nordischen Expedition« waren die Deutschen Gerhard Friedrich Müller, Johann Georg Gmelin und Georg Wilhelm Steller, der Franzose Delisle de la Croyère und der Russe Krascheninnikow. »Reisegeschichtlich« – so lässt sich mit Hanno Beck festhalten – »haben die einzelnen Abteilungen, die aber doch einer einzigen Expedition angehörten, erstmals Teamwork verwirklicht.«

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Ausschnitt der Karte der »Ersten Kamtschatka-Expedition«

Als wichtigste Ergebnisse hatte die Expedition zu verzeichnen: die Entdeckung Nordwestamerikas (Alaskas) durch Bering und Tschirikow, die Erforschung der Kurilen und die Herstellung der Verbindung zu Japan durch Spangberg, die genaue Beschreibung der Nordküste Sibiriens und die historische, ethnographische und naturwissenschaftliche Erforschung Kamtschatkas durch Krascheninnikow und Steller sowie anderer Regionen Sibiriens durch Müller und Gmelin.

Bering konnte sein Lebenswerk nicht mehr vollenden. Er starb im Jahre 1741 während der Rückreise von Amerika auf der später so genannten »Beringinsel«. Sein Schicksal entbehrt nicht einer gewissen Tragik: »Er hatte seine Energie verbraucht, indem er das alles voraussetzende Transportproblem zwar in jahrelanger Arbeit gelöst und die Schiffe am fernsten Gestade des Russischen Reichs gebaut hatte … Bering hatte etwas Großes geleistet, noch ehe die eigentliche Aufgabe für ihn begann, der er kaum noch gewachsen war« (Beck).

Immer wieder – zu seinen Lebzeiten wie nach seinem Tod – wurden Berings Leistungen in Zweifel gezogen oder schlicht vergessen; auch warf man ihm Führungsschwäche oder gar Unfähigkeit vor. Selbst Steller hebt diesen Schwachpunkt der Persönlichkeit Berings bei aller sonstigen Würdigung hervor: »Die einzige Schuld, die man dem wackeren Manne beimessen kann, ist, dass er durch eine allzu gelinde Kommandoführung ebenso viel geschadet hat wie seine Untergebenen durch allzu feuriges und oft unbesonnenes Verhalten.« Doch Petersen, ein dänischer Biograph Berings, wendet diesen Vorwurf gegen jene, die ihn vorbringen: »Seine Gegner haben ihm Weichheit vorgeworfen … Aber der Vorwurf der Weichheit gegen Bering ist nur ein Beweis der oberflächlichen Urteilskraft bei denen, die diesen Vorwurf erheben. Sein Wesen war … von einer organischen Geschmeidigkeit und einer geduldigen Unermüdlichkeit geprägt, die es ihm ermöglichten, den stärksten Widerstand zu überwinden.«

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Ausschnitt der Karte der »Ersten Kamtschatka-Expedition«

Doch Kurt Lütgen zufolge war Bering »nun einmal nicht dazu geschaffen, sich durch Erfolg oder zwingende Persönlichkeit dem Gedächtnis von Völkern einzuprägen wie etwa Columbus, Cook oder Alexander von Humboldt. Da menschliche Größe sich unter anderem aber auch darin ausdrückt, wie tief und lange jemand auszuharren und zu leiden vermag um einer Sache oder eines Zieles willen … darf man Vitus Bering getrost zu den Großen der Menschheit zählen.«

In Russland wurde lange Zeit bestritten, dass Bering die amerikanische Küste überhaupt erreicht habe; die Entdeckung Alaskas sei vielmehr dem russischen Kapitän Tschirikow zu verdanken. Erst im 19. Jahrhundert wurde Bering durch den russischen Naturforscher Baer rehabilitiert, der in einem jahrelangen Kampf zwischen 1848 und 1872 in einer Serie von Streitschriften die historischen Leistungen Berings zu würdigen suchte. Baer schrieb, dass »kein geographisches Unternehmen, nicht einmal die Kartenaufnahme Chinas durch die Jesuiten, die Wanderungen MacKenzies oder die Franklin-Expeditionen, in Größe und Opferwillen sich mit dem gigantischen Werk vergleichen ließe, das auf die Schultern Berings gelegt wurde und das er zum Siege führte«.

In Dänemark gilt Bering als »der Dänische Columbus« (so eine dänische Publikation): »Die Tragödie Vitus Berings steht ebenso wie diejenige des Columbus als eine düstere Anklage in der Geschichte. Keiner der beiden Pioniere wurde nach Verdienst belohnt, während sie am Leben waren, und nicht einmal in der nächstfolgenden Zeitperiode. Der Bahnbrecher Columbus starb in Valladolid als ein alter, vergessener Mann, dem es nicht einmal vergönnt war, der Neuen Welt den Namen zu geben. Berings Name und Seefahrerruf war im ersten Jahrhundert nach seinem Tode eine leichte Beute für die Windhunde einer oberflächlichen Kritik. Aber während Columbus, der strahlende Atlantikgaukler, wenigstens den Triumph und die Ovationen nach seiner ersten Reise erlebte, war das Resultat für den einsamen Eismeerfahrer Vitus Bering lediglich eine laue und bedingte Anerkennung von einigen wenigen – Spott und Ablehnung von vielen« (Petersen).

Seine Heimatstadt Horsens setzte Bering in ihrem »Vitus-Bering-Park« ein bleibendes Denkmal; zwei Kanonen von dem gestrandeten Schiff Berings, die später auf der Beringinsel gefunden wurden, steuerte die Sowjetunion 1957 zu diesem Denkmal bei. Das Horsens-Museum widmet dem berühmten Sohn der Stadt eine Dauerausstellung, in der auch Befunde und Exponate der neueren archäologischen Untersuchungen auf der Bering-Insel sowie eine Rekonstruktion der Büste Berings präsentiert werden. Auch in der UdSSR stehen heute allerorten Denkmäler, die an Bering als einen großen russischen Entdecker und Seefahrer erinnern.

Wissenschaftlich wurden die Leistungen Berings von anderen großen Entdeckern und Seefahrern gewürdigt. So schrieb James Cook, als er auf seiner letzten Weltreise (1776–1779) Alaska, das Beringmeer und Kamtschatka aufsuchte: »Berings Andenken recht zu ehren, muss ich sagen, dass er diese Küste gar wohl beschrieben und gezeichnet und ihre Längen und Breiten besser dargelegt hat, denn man bei den Methoden, welche ihm zur Verfügung gestanden, erwarten durfte« (nach: James Cook, Entdeckungsfahrten im Pazifik. Die Logbücher der Reisen 1768–1779, hrsg. v. A. Grenfell Price. Edition Erdmann in der marixverlag GmbH, Wiesbaden 2011).

Auch der spätere Bezwinger der Nordostpassage, der schwedische Forscher Adolf Erik Nordenskiöld, der mit seinem Schiff »Vega« von 1878 bis 1880 den nordsibirischen Seeweg entlangfuhr, bestätigte vollauf und anerkennend die Ergebnisse Berings. Doch kam es zu einer umfassenden internationalen Rehabilitierung Berings erst im 20. Jahrhundert, als der amerikanische Wissenschaftler Golder nach umfangreichen Quellenstudien das Werk des Sibirienforschers und Amerikafahrers vor der Weltöffentlichkeit ausbreitete und dessen Bedeutung mit den knappen Worten zusammenfasste: »Es wurde einhundertfünfzig Jahre vor Nordenskiöld bewiesen, dass die Nordostpassage ohne praktische Bedeutung war, dass Nowaja Semlja eine Insel ist, dass sich die asiatische Küste viel weiter nach Osten erstreckte, als früher angenommen wurde, und dass Japan eine Insel ist. Hierzu kommt schließlich das Hauptergebnis – die Entdeckung Alaskas.«

Georg Wilhelm Steller und die Reise nach Amerika