After you get what you want, you don't want it
Wunscherfüllung, Begehren und Genießen
Herausgegeben von Robert Pfaller und Beate Hofstadler
FISCHER E-Books
Robert Pfaller, Autor des Bestsellers ›Wofür es sich zu leben lohnt‹, hat mit Beate Hofstadler einen Band zur Ehrung des bekannten Wiener Psychoanalytikers August Ruhs herausgegeben.
Das Werk Sigmund Freuds wird zu Unrecht für abgeschlossen gehalten. In Wahrheit entstehen immer noch neue Erkenntnisschübe, Fragmente, Korrespondenzen und Paralipomena – von prominenten Helferinnen und Helfern aus den Gebieten: Action Painting, Verkehrswesen, Heilkunde, Metzgerei, Dämonologie, konzeptuelle Fotografie, Tauschhandel, Hospitalität, Prosopopoia, Wunschmaschinenbau, Ekklesiastik, Maskerade, Montage, Anmaßung, Phrenologie, Geheimniskrämerei, Ahnenforschung, Graphomanie, Genealogie, Fabulatorik, Blendwerkkonstruktion, Hamsterkunde und Zauberei.
Mit Beiträgen u.a. von Isolde Charim, Sibylle Lewitscharoff, Robert Pfaller, Christoph Ransmayr, Elisabeth Roudinesco, Edith Seifert, Walter Seitter und Slavoj Žižek.
Coverabbildung: Axel Bussmeyer
Erschienen bei FISCHER Taschenbuch,
Frankfurt am Main, April 2016
© 2016 S. Fischer Verlag GmbH, Hedderichstr. 114, D-60596 Frankfurt am Main
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Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-10-403730-1
Freud, Sigmund (1910): Beiträge zur Psychologie des Liebeslebens. Über die allgemeinste Erniedrigung des Liebeslebens. GW VIII, 66–91.
J. Lacan, Seminar IV, Die Objektbeziehung, Wien 2003: Turia + Kant, S. 300.
Es bedarf keines besonderen Scharfsinns, um hier auf den Mann zu kommen, der diese künstlerische Verfahrensweise systematisch als Element der Gesellschaftsanalyse und -kritik entwickelt und ihr einen eigenen Namen gegeben hat: Es ist Bert Brecht und sein berühmter V-Effekt. Und es ist genauso wenig originell, wenn wir daran erinnern, dass auch die Psychoanalyse sich desselben Tricks der Verfremdung bedient (z.B. wenn sie die Worte aus ihrem manifesten Kontext löst und beim Wort nimmt), um die Wahrheit des Unbewussten aufzuspüren.
J. Lacan, Seminar XI, Die vier Grundbegriffe der Psychoanalyse, Weinheim/Berlin: Quadriga 1987, S. 141. Lacan bezieht sich mit diesem Satz auf den Ereignischarakter des Freud’schen Unbewussten, genau in diesem Sinn soll er auch im Kontext des vorliegenden Textes verstanden werden.
Ronald Reagan, zit. nach: Hunter S. Thompson, Generation of Swine. Tales of Shame and Degradation in the ’80 s (= Gonzo Papers Vol. 2), London 1988, S. 16.
Antonin Artaud, Van Gogh, Der Selbstmörder durch die Gesellschaft (1947/48), München 1977, S. 22.
Ronald Reagan, zit. nach Gerhard Spörl, »Blitzkrieg für Ronnie«, in: Der Spiegel, Nr. 46, 2003, S. 214–216, S. 215.
Vgl. Patrick Welter, »Obama versucht ein klein wenig Reagonomics«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 30, 5. Februar 2011, S. 12.
Lloyd deMause, Reagans Amerika. Eine psychohistorische Studie, Basel/Frankfurt am Main 1984, bes. Kap. 3, S. 55–75. Zitat S. 63.
Ronald Reagan, zit. nach: deMause, ebd., S. 63.
Vgl. Michael Rogin, »Ronald Reagan, the Movie« and Other Episodes in Political Demonology, Berkeley/Los Angeles/London 1987, S. 3 u. 7.
Ronald Reagan, zit. nach Hans-Dieter König, »Von Buffalo Bill zu Ronald Reagan. Zur Geschichte und Massenpsychologie amerikanischer Cowboy-Inszenierungen«, in: Alfred Lorenzer (Hg.), Kultur-Analysen, Frankfurt am Main 1986, S. 289–345, S. 323.
Ronald Reagan, zit. nach: Rogin, wie Anm. 1, S. 60.
Angesichts von Reagans haarsträubender Atompolitik – so konstatierte auch Kenneth Anger im zweiten Band seines Kultbuchs Hollywood Babylon –, »bekommen die Titel einiger seiner Filme nachträglich einen besonders düsteren Klang.« Kenneth Anger, »Ronnies Lehrjahre« (1984), in: Ders., Hollywood Babylon, Reinbek 1999, S. 415–421, S. 420.
Vgl. dazu auch Philipp Sarasin, »Anthrax«. Bioterror als Phantasma, Frankfurt am Main 2004.
Katja Nicodemus: »Der Bush der Ringe. Um die Tolkien-Verfilmung ist ein Kampf politischer Interpretationen entbrannt«, in: Die Zeit, Nr. 52, 17. Dezember 2003, S. 38.
»Also – was da geschehen ist, ist natürlich – jetzt müssen Sie alle Ihr Gehirn umstellen – das größtmögliche Kunstwerk, was es je gegeben hat, dass also Geister in einem Akt etwas vollbringen, was wir in der Musik nie träumen könnten, dass Leute zehn Jahre üben wie verrückt, total fanatisch für ein Konzert und dann sterben. Das ist das größte Kunstwerk, was es überhaupt gibt für den ganzen Kosmos.« Aus der Tonbandabschrift der Pressekonferenz des Norddeutschen Rundfunks mit Karlheinz Stockhausen am 16.9.2001 in Hamburg, http://www.swin.de/kuku/kammchor/stockhausenPK.htm (zuletzt eingesehen im Januar 2015).
Vgl. die Sondernummer der »Aktion« zum Thema »Haben die Surrealisten das World Trade Center zerstört?« Erwiderung auf Jean Clairs Artikel »Der Surrealismus und die moralische Zersetzung des Abendlandes«, in: Die Aktion. Zeitschrift für Politik, Literatur, Kunst, Heft 204, 2002.
Klaus Theweleit, Der Knall: 11. September, das Verschwinden der Realität und ein Kriegsmodell, Frankfurt am Main/Basel 2002, S. 164f.
Friedrich Kittler, »Romantik – Psychoanalyse – Film: eine Doppelgängergeschichte«, in: Ders., Draculas Vermächtnis. Technische Schriften, Leipzig 1993, S. 81–104, S. 94.
deMause, wie Anm. 1, S. 58.
Vgl. Christoph Prantner, »Öl in Autos zu verbrennen ist einfach dumm«. Interview mit Larry Hagman, in: Der Standard, 27./28. November 2010, S. 41.
Mike Davis, »Weißer Hass und dunkle Träume. Gestresster Mittelstand: In Arnold Schwarzenegger haben die kalifornischen Bürger den Helden ihrer Machtfantasien gefunden«, in: Die Zeit, Nr. 43, 16. Oktober 2003, S. 41.
Ebd.
»Patients were provided with assembly kit photographs of sexual partners during intercourse. In each case Reagan’s face was superimposed upon the original partner. Vaginal intercourse with ›Reagan‹ proved uniformly disappointing, producing orgasms in 2 percent of subjects. […] The preferred mode of entry overwhelmingly proved to be the rectal.« J.G. Ballard, »Why I want to fuck Ronald Reagan«, in: Ders., The Atrocity Exhibition (1970), San Francisco 1990, S. 105–107, S. 105f.
Samuel Taylor Coleridge, »The Rime of the Ancient Mariner«, zit. nach: Thompson, wie Anm. 1, S. 56.
Monny de Boully, Ixion, zitiert nach Pavle Levi, Cinema By Other Means. New York: Oxford University Press 2010, S. 10 (Übersetzung GJ). Auch die Abbildung stammt aus diesem Buch (S. 10).
Jacques Lacan, Le désir et son interprétation. Le Séminaire, livre VI, Paris 2013, S. 460.
Jacques Lacan, L’angoisse. Le Séminaire, X, Paris 2004, S. 53.
Sigmund Freud (1919), Das Unheimliche, G.W. XII, S. 242.
Martin Heidegger (1935/36), »Der Ursprung des Kunstwerkes«, in: Ders., Holzwege, Gesammelte Schriften Bd. 5, Frankfurt am Main 1977, S. 59–66.
Sigmund Freud (1918), Aus der Geschichte einer infantilen Neurose, G.W. XII, S. 55.
Sigmund Freud (1900), Die Traumdeutung, G.W. II/III, S. 513.
Jacques Lacan, Les quatre concepts fondamentaux de la psychanalyse. Le Séminaire, livre XI, Paris 1973, S. 59.
Jacques Lacan (2004), L’angoisse, a.a.O., S. 92.
Sigmund Freud, Briefe an Wilhelm Fließ, Frankfurt am Main 1986, S. 253.
Jacques Lacan (2004), L’angoisse, a.a.O., S. 11.
Sigmund Freud (1919), Das Unheimliche, a.a.O., S. 243.
Jacques Lacan (1973), Les quatre concepts fondamentaux de la psychanalyse, a.a.O., S. 70.
Sigmund Freud (1919), Das Unheimliche, a.a.O.
Sigmund Freud (1986), Briefe an Wilhelm Fließ, a.a.O., S. 219.
Jacques Lacan (2013), Le désir et son interprétation, a.a.O., S. 434.
(Anm. d. Übers.:) In der von Jacques Lacan begründeten Tradition der Psychoanalyse ist es üblich, nicht von der »zu analysierenden« Person zu sprechen – im grammatikalischen Gerundivum »die Analysandin« –, sondern vielmehr diese Person als aktive Kraft in der Analyse zu begreifen und sie darum grammatikalisch im Partizipium Präsens als »die Analysantin« zu bezeichnen.
Es handelte sich um eine Abbildung des Gemäldes »Das Kind mit der Taube«, 1901, von Pablo Picasso.
(Anm. d. Übers.:) Picassos Titel »L’enfant au pigeon« lautet wörtlich übersetzt »Das Kind mit der Taube«. Viele Betrachter halten das abgebildete Kind eher für ein Mädchen (s. https://en.wikipedia.org/wiki/Child_with_a_Dove: »probably a girl«). Allerdings wurden am Beginn des 20. Jahrhunderts auch kleine Knaben so wie das Kind auf dem Bild Picassos mit langen Kleidchen versehen. Dies beseitigt einen möglichen Einwand gegen J.-D. Nasios Lesart (beziehungsweise die Lesart von Laure) der Figur als Knaben.
Vgl. dazu Freud [1905d]: 60, Anm. 1 [Zusatz 1910]: »Der eingreifendste Unterschied zwischen dem Liebesleben der Alten Welt und dem unsrigen liegt wohl darin, daß die Antike den Akzent auf den Trieb selbst, wir aber auf dessen Objekt verlegen. Die Alten feierten den Trieb und waren bereit, auch ein minderwertiges Objekt durch ihn zu adeln, während wir die Triebbetätigung an sich geringschätzen und sie nur durch die Vorzüge des Objekts entschuldigen lassen.« 1927 dagegen wirkt Freud pessimistischer, wenn er schreibt: »Es scheint vielmehr, daß sich jede Kultur auf Zwang und Triebverzicht aufbauen muß […]« (Freud [1927c]: 141).
S. dazu Freud [1927c]: 141: »Ebenso wenig wie den Zwang zur Kulturarbeit kann man die Beherrschung der Masse durch eine Minderzahl entbehren, denn die Massen sind träge und einsichtslos, sie lieben den Triebverzicht nicht, sind durch Argumente nicht von dessen Unvermeidlichkeit zu überzeugen, und ihre Individuen bestärken einander im Gewährenlassen ihrer Zügellosigkeit. Nur durch den Einfluß vorbildlicher Individuen, die sie als ihre Führer anerkennen, sind sie zu den Arbeitsleistungen und Entsagungen zu bewegen, auf welche der Bestand der Kultur angewiesen ist.«
S. dazu Lacan [1969–70]: 51.
Pöschl und Ahorner, »Kumm aussa!« Die Presse.com: http://diepresse.com/home/kultur/news/492579/Poschl-und-Ahorner, 17.6.2015.
http://dorf-wirt.at/de/site/seiten/bruckfleisch, 17.6.2015. Weitere Bezugsquellen: https://de.wikipedia.org/wiki/Fleischversorgung_von_Wien. https://de.wikipedia.org/wiki/Rotenturmtor.
Der Parasit, Frankfurt am Main 1987, S. 241.
»Die asthmatische Jungfrau. Zur Kritik der Tauschabstraktion Sohn-Rethels«, in: Pathognostische Studien IV. Von der Psychoanalyse zur Pathognostik. Übergänge und Ausflüge. Mit einem Briefwechsel mit Dietmar Kamper. Essen. Die Blaue Eule. 1998. Genealogica: Bd. 25. S. 70–76. Zweitpublikation, in: Geld und Geltung. Zu Sohn-Rethels soziologischer Erkenntnistheorie, hg. zus. m. J. Hörisch, Würzburg: Könighausen & Neumann 2006. S. 139–144. Hier obwiegt noch Kritik, wie S. 6 unten, mit Fragezeichen versehen, kundgetan.
A. Sohn-Rethel, Geistige und körperliche Arbeit, Frankfurt am Main 21973, S. 47/50.
Ruhsens zwingender Couchkonkretismus ewig ausbleibender Äquivalenz. Das Foto erschien zuerst im »Allegro ma non troppo«, hg. v. Dietmar Werner, Edition s’regnet, 2004, S. 99.
LAS, »Der Mensch als Weib«, in: Die Erotik. Vier Aufsätze, herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Ernst Pfeifer, Frankfurt am Main und Berlin 1992, S. 36f.
Ebd., S. 18.
Ebd., S. 52.
Ebd., S. 59.
Sigmund Freud an Alexander Freud, Rapallo, 17. September 1905, in: Sigmund Freud. Briefe 1873–1939. Ausgewählt und herausgegeben von Ernst und Lucie Freud, Frankfurt am Main 1968/1980, S. 263f.
Freud, S., »Zur Frage der Laienanalyse«, in: GW Bd. XIV, Frankfurt am Main 1969, S. 209.
Freud, S., »Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse«, in: GW Bd. XV, Frankfurt am Main 1969, S. 169.
Freud, S., »Die Frage der Laienanalyse«, a.a.O., S. 339.
Vgl. Miller, J.-A., »Vorwort«, in: Lacan, J.: Meine Lehre, Wien/Berlin 2013.
Žižek, S., Weniger als Nichts, Berlin 2014, S. 12ff.
Žižek, S., a.a.O., S. 1185.
Lacan, J., Seminar III, Die Psychosen, Weinheim/Berlin 1997, S. 288.
Žižek, S., Weniger als Nichts, a.a.O., S. 1184.
Freud, »Die Frage der Laienanalyse«, in: GW Bd. XIV, S. 284.
Ebd., S. 285.
Die Kursivsetzung des Ausdruckes findet sich bei Freud im Original.
Freud, S., »Die Frage der Laienanalyse«, a.a.O., S. 283. Man muss die Aufzählung nur ergänzen durch die 21 »Psychotherapieschulen«, die das österreichische Psychotherapiegesetz als legitime Behandlungsverfahren anführt.
Freud, S., »Die Frage der Laienanalyse«, a.a.O., S. 283 (bezieht sich auf das ganze Zitat).
Jelinek, E., Heinrich, J., Meyer, A.-E.: Sturm und Zwang. Schreiben als Geschlechterkampf. Zit. n. Žižek, S.: Weniger als Nichts, a.a.O., S. 1184f.
Lacan, J., Seminar XX, Encore, Weinheim/Berlin 1986, S. 60.
Le Bihan, Anne, »Diskurs und soziales Band«, in: RISS 77/2012, Wien/Berlin 2012, S. 19.
Lacan, J., Autres écrits, Paris 2001, S. 474.
Lacan, J., Le séminaire XVII, L’envers de la psychanalyse, Paris 1991, S. 80. Zit. n. einer deutschen Übersetzung von Gerhard Schmitz, unveröffentlicht, Lacan-Archiv Bregenz.
Lacan, J., Seminar XVII, a.a.O., S. 143.
Lacan, J., »Funktion und Feld des Sprechens und der Sprache in der Psychoanalyse«, in: Ders., Schriften I, Freiburg/Olten 1973, S. 119.
Kant, I., Werkausgabe Bd. IV, Frankfurt am Main 1991, S. 447–450.
Baecker, D., Die kommende Gesellschaft, Frankfurt am Main 2007, S. 14ff.
Lacan, J., Das Freudsche Ding oder der Sinn einer Rückkehr zu Freud in der Psychoanalyse, Wien/Berlin 2005, S. 38.
Lacan, J., Seminar XI, a.a.O., S. 229.
Lacan, Autres écrits, a.a.O., S. 474.
Sauret, M.-J., »Sujet, lien social, seconde modernité et psychanalyse«, in: ERES/Essaim 2012/2–no 25, S. 55.
Freud, S., »Erinnern, Wiederholen, Durcharbeiten«, in: GW, Bd. X, Frankfurt am Main 1969, S. 136.
Freud, S., »Briefe an Wilhelm Fließ«, in: Aus den Anfängen der Psychoanalyse 1887–1902, S. 296.
Lacan, J., Seminar XI, Vier Grundbegriffe der Psychoanalyse, Olten/Freiburg 1980, S. 65.
Lacan, J., Seminar VII, Die Ethik der Psychoanalyse, Weinheim/Berlin 1996, S. 218.
Ebd.
Freud, S., »Die Abwehr-Neuropsychosen«, in: GW Bd. I, Frankfurt am Main 1969, S. 72.
Vgl. Nancy, J.-L., Der Sinn der Welt, Zürich/Berlin 2014, S. 69–72.
Lacan, J., Seminaire XXIII, Le Sinthome, Paris 2005.
Ebd., S. 129–139.
Miller, J.-A., Un réel pour le XXIe siècle, Paris 2013, S. 26.
Lacan, S., Seminar XX, Encore, Weinheim/Berlin 1986, S. 114 (kursiv im Original).
Freud, S., »Die Frage der Laienanalyse«, in: Studienausgabe, Erg.Bd., Frankfurt am Main 1982, S. 345.
Alayrangues, G., »La clinique en travail social«, in: Les Cahiers de la Praf – no 1.
Freud, S., »Die Frage der Laienanalyse«, a.a.O., S. 347.
Ebd.
Lacan, J., Seminar VII, Die Ethik der Psychoanalyse, Weinheim/Berlin 1986, S. 358.
Vgl. hierzu: Žižek, S., Weniger als Nichts, a.a.O., S. 1089.
Freud, S., Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, 1. Vorlesungen, in: Studienausgabe Bd. 1, Frankfurt am Main 1969, S. 42.
Freud, S., »Bemerkungen über einen Fall von Zwangsneurose«, in: Studienausgabe Bd. VII, Frankfurt am Main 2000, S. 126ff.
Freud, S., »Studien zur Hysterie«, in: Gesammelte Werke Bd. 1, Frankfurt am Main 1987, S. 227.
Zitat ungewiss.
Freud, S., Studien zur Hysterie, a.a.O.
A.a.O., S. 191.
Freud, S., »Über den psychischen Mechanismus hysterischer Phänomene (Vorläufige Mitteilung)«, in: Gesammelte Werke Bd. 1, London 1952, S. 81–98.
A.a.O., S. 192.
»Sur l’hystérie«, in: Hystérie et obsession, les structures cliniques de la névrose et la direction de la cure, Recueil des Rapports de la 4. Rencontre internationale, Paris 1986.
Fichtner, G., Hirschmüller, A., »Wer war ›Katharina‹?«, in: Psyche, Zeitschrift für Psychoanalyse 1985, Bd. 39, Heft 3, S. 220–239.
Über die Details der Politik informiert Wilhelm Baum, Sigmund der Münzreiche. Zur Geschichte Tirols und der habsburgischen Länder im Spätmittelalter, Bozen 1987.
Siehe Wilhelm Baum, Nikolaus Cusanus in Tirol. Das Wirken des Philosophen und Reformators als Fürstbischof von Brixen, Bozen 1983; Josef Gelmi, Nikolaus Cusanus 1401–1464. Ein Universalgenie auf dem Brixner Bischofsstuhl, Brixen 2001, S. 17.
Siehe Wilhelm Baum, Sigmund der Münzreiche, a.a.O., S. 129. Zu den Details der Rechtslage sowie der Amtsführung des Bischofs siehe Hermann J. Hallauer, Nikolaus von Kues als Bischof und Landesfürst in Brixen, Trier 2000.
Zur Exkommunikation als Lieblingsmethode des Kirchenpolitikers Nikolaus von Kues siehe Brian A. Pavlac, »The Curse of Cusanus: Excommunication in Fifteen Century Germany«, in: Thomas M. Izbicki, Christopher M. Bellito (Hg.), Nicolaus of Cusa and his Age: Intellect and Spirituality, Leiden/Boston/Köln 2002, S. 199ff.
Siehe Wilhelm Baum, a.a.O., S. 129ff.
Siehe Wilhelm Baum, a.a.O., S. 177ff. Die Rede von der Freundschaft zwischen den beiden scheint indessen relativierbar: Sie kooperierten kirchenpolitisch fast immer, waren jedoch als Persönlichkeiten grundverschieden; siehe Wilhelm Baum, »Nikolaus von Kues und Enea Silvio Piccolomini – eine Humanistenfreundschaft?«, in: Martin Thurner (Hg.), Nicolaus Cusanus zwischen Deutschland und Italien, Berlin 2002, S. 315–337.
Siehe Volker Reinhardt, Pius II. Piccolomini. Der Papst, mit dem die Renaissance begann. Eine Biographie, München 2013, S. 95ff.
In Zuspitzung früherer Behauptungen erklärte der Kardinal nun, die Diözese Brixen habe mit Österreich nichts zu tun und Tirol liege im Bistum Chur; die Grafschaft Tirol sei kein Fürstentum des Reiches, sondern das Lehen eines Reichsfürsten, nämlich des Bischofs von Chur; siehe Wilhelm Baum, Nikolaus Cusanus in Tirol. Das Wirken des Philosophen und Reformators als Fürstbischof von Brixen, Bozen 1983, S. 384. Tatsächlich war die gefürstete Grafschaft Tirol erst 1363 an die Habsburger gefallen.
Siehe Wilhelm Baum, a.a.O., S. 183ff.; für das Bistum, das er nicht in den Griff bekam, hatte Cusanus schon seit einiger Zeit einen Wittelsbacher Prinzen als Nachfolger vorgesehen, auf dass dieser dem Herzog standhalten solle, doch das konnte er nicht durchsetzen; als das Bistum vollends verwaist war, wollte der Papst dessen Verwaltung dem Salzburger Erzbischof Sigismund von Wolkersdorf übertragen, was kirchenrechtlich ohnehin nahelag, denn Brixen gehörte zur Salzburger Kirchenprovinz; der Erzbischof spielte bescheiden und beharrlich seine eigene Sigismund-Rolle, indem er sich weigerte, das heiße Eisen anzufassen; desgleichen sein Nachfolger Burkhard von Weißpriach; siehe Wilhelm Baum, a.a.O., S. 331ff., 399, 409f.
Siehe Wilhelm Baum, Sigmund der Münzreiche. Zur Geschichte Tirols und der habsburgischen Länder im Spätmittelalter, Bozen 1987, S. 190f.; siehe ders., Nikolaus Cusanus in Tirol. Das Wirken des Philosophen und Reformators als Fürstbischof von Brixen, Bozen 1983, S. 403ff. Heimburg gab an Cusanus nicht nur – wie üblich – den Ketzervorwurf zurück, er rührte auch an dessen philosophische Tätigkeit, wenn er ihm vorwirft, »mit mathematischem Aberglauben die Geheimnisse der wahren Religion zu erklären«.
Siehe Wilhelm Baum, a.a.O., S. 408.
Ebd., S. 417.
Siehe Wilhelm Baum, a.a.O., S. 240ff.
Ebd., S. 86. Die folgenden Jahrzehnte der Regentschaft Sigismunds waren mit Turbulenzen jeder Art ausgefüllt, mit Niederlagen und Erfolgen. Zu Letzteren gehört seine Vermittlung der Ehe zwischen der Erbtochter von Burgund und dem Sohn des Kaisers, Maximilian, mit der der Aufstieg der Habsburger wesentlich befördert worden ist. Hingegen gelang es ihm nicht, mit dem Herzogtum Mailand belehnt zu werden, auch nicht mit dem seit dem Ende der Hohenstaufen erloschenen Herzogtum Schwaben (womit seine »ghibellinische« Ambition zum Triumph gekommen wäre). Zuletzt verspielte er das Herzogtum Tirol durch überstarke Verschuldung und wurde 1490 durch Maximilian, den künftigen Kaiser, ersetzt. Siehe Wilhelm Baum, a.a.O., S. 397ff., 489ff.
Ebd., S. 94ff.
Ebd., S. 441f.
Siehe ebd., S. 158. Zu Verbindungen mit humanistischer Literatur siehe ebd., S. 366ff.
Siehe dazu Kurt Flasch, Nikolaus von Kues. Geschichte einer Entwicklung, Frankfurt am Main 1998.
Siehe Walter Seitter, »Die beiden Sigismunde im Tempio Malatestiano«, in: ders., Piero della Francesca. Parallele Farben, Berlin 1992, S. 75ff.
Volker Reinhardt, Pius II. Piccolomini, a.a.O., S. 247.
Siehe Anna Falcioni, »Malatesta, Sigismondo Pandolfo«, in: Dizionario Biografico degli Italiani, Vol. 68 (2007).
Volker Reinhardt, a.a.O., S. 300.
Ebd., S. 301.
Die dreifache römische Sigismondo-Verbrennung in effigibus – simultan auf drei Plätzen – liefert ein bezeichnendes »Beispiel« für den Mechanismus der hier geschilderten Personenvermehrung.
Siehe Volker Reinhardt, a.a.O., S. 303.
Dass auch Sigismondo ein gewiefter Außenpolitiker war, zeigt die Tatsache, dass immerhin Frankreich, Mailand, Florenz und insbesondere Venedig beim Papst Fürsprache für ihn einlegten, weil er aus so vornehmer Familie stamme (diese Behauptung zu widerlegen war für Pius II. nicht schwer) – siehe Volker Reinhardt, a.a.O., S. 307f.
Siehe Wilhelm Baum, Nikolaus Cusanus in Tirol. Das Wirken des Philosophen und Reformators als Fürstbischof von Brixen, Bozen 1983, S. 397ff.
Auch dem Papst ist ein gewisses Doppelleben zu bescheinigen. Ging es ihm in seinem sechsjährigen Pontifikat (und schon davor) offiziell um die Befreiung Osteuropas, und zwar, ohne Erfolg zu haben, so hat er in denselben wenigen Jahren sein Geburtsdorf Corsignano (bei Pisa) zu einer Renaissance-Residenz umgebaut, die er nach seinem eigenen (päpstlichen) Namen »Pienza« nannte und wider alle Regeln der Kirchenordnung zur Bischofsstadt machte. Volker Reinhardt zieht zu Recht die Parallele zum egomanischen Sigismondo.
Siehe Panagiotis Kournakos, Die Kreuzzugslegation Kardinal Bessarions in Venedig (1463–1464), Diss. Köln 2009, S. 146ff.
Siehe http://wwwbisanzioit.blogspot.co.at/2011/10/la-spedizione-in-morea-di-sigismondo.html.
Siehe Henri de Montherlant, Malatesta, Paris 1945; ders., L’infini est du côté de Malatesta, Paris 1951.
Dieses Fresko befindet sich im Tempio Malatestiano, der Sarkophag Plethons ist unter den Arkaden desselben aufgestellt. Dass Sigismondo die Kirche San Francesco zu einem »heidnischen Tempel« umgebaut habe, war ein weiterer Anklagepunkt, der zu seiner Verurteilung führte. Siehe Volker Reinhardt, a.a.O., S. 308f. Der Umbau hat auch eine stark narzisstische Note, denn die Kirche ist mit persönlichen Sigismondo-Symbolen übersät.
Dazu kommt noch ein Ausschnitt aus dem Fresko, ein Ölgemälde, das nur den Kopf Sigismondos zeigt – und im Louvre hängt, siehe dazu Walter Seitter, »Von der Widerspenstigkeit der Erscheinungen«, in: H. Belting und S. Gohr (Hg.), Die Frage nach dem Kunstwerk unter den heutigen Bildern, Stuttgart 1996, S. 117ff.
Siehe und vergleiche meine Arbeit über Unterlängen im Schriftbild. s’regnet Verlag 2004.
Kurt Tucholsky, Herr Wendriner und das Lottchen, vbb verlag für berlin-brandenburg 2014.
Diese Geheimschrift wurde auch als Geheimsprache in unserer frühen Jugendzeit in der Schule verwendet. Im Film Pension Schöller, einer Produktion aus dem Jahre 1960, sieht und hört man Theo Lingen, der diese Technik als Sprachfehler einsetzt. Wolfgang Bauer verwendet diese Verschlüsselung anlässlich einer Korrespondenz eines Liebespaares anno 1973: Wolfgang Bauer, Gesammelte Werke, Sechster Band, Kurzprosa, Essays und Kritiken, herausgegeben von Gerhard Melzer, Graz: Droschl 1989.
Colette M. Schmidt, Sexualmedizinerin.
Ich beziehe mich hier ausführlich auf Alenka Zupančič Žerdin, »Kostumografija moči« (Manuskript auf Slowenisch, Juli 2014).
Alain Badiou, Pornographie du temps présent, Paris 2013, S. 37.
Alenka Zupančič, op. cit.
Das Werk Sigmund Freuds wird zu Unrecht für abgeschlossen gehalten. In Wahrheit entstehen immer noch neue Erkenntnisschübe, -ausschüttungen, Fragmente, Korrespondenzen und Paralipomena, welche der Begründer der Psychoanalyse in der vorliegenden Wunderkammer seinem Wiener Schüler August Ruhs zu dessen siebzigstem Geburtstag zueignet. Assistiert von prominenten Helferinnen und Helfern aus den Gebieten: Action Painting, Verkehrswesen, Heilkunde, Metzgerei, Dämonologie, konzeptuelle Fotografie, Tauschhandel, Hospitalität, Prosopopoia, Wunschmaschinenbau, Ekklesiastik, Maskerade, Montage, Anmaßung, Phrenologie, Geheimniskrämerei, Ahnenforschung, Graphomanie, Genealogie, Fabulatorik, Blendwerkkonstruktion, Hamsterkunde und Zauberei.
Als Herausgeber haben wir uns die Freiheit genommen, uns nicht vollständig an dieses strenge Kataster wissenschaftlicher Disziplinen zu halten. Die Gäste gratulieren der alphabetischen Reihe nach, mit Ausnahme der Bildbeiträge. Wir bedanken uns bei allen Beitragenden der Wunderkammer für die großzügigen Gaben sowie für die einfallsreiche, unkomplizierte und nicht selten heitere Zusammenarbeit.
Die Beiträger und Beiträgerinnen haben wir mit Hilfe des folgenden Schreibens, der Spielregel für unser Vorhaben, geködert:
Die Herausgeber sind dem Jubilar durch langjährige Freundschaft, lang nachwirkende Lehre, spekulative Gespräche, kulinarische Erlebnisse, geteilte cineastische Leidenschaften sowie humoristische Neigungen verbunden und gratulieren herzlichst
Beate Hofstadler
Robert Pfaller
Wien 2016
Schorsch Affenzeller
Jean-Paul Avenue
Dédié à mon très cher ami Auguste!
Jacques Lacans Graph des Begehrens, erstmals dargestellt im Seminar V (Lacan 1957/78), dann auch in einigen Folgeseminaren (Lacan 1958/59 sowie 1960/61), findet seine ausführlichste und bekannteste Präsentation im Aufsatz »Die Subversion des Subjekts und die Dialektik des Begehrens« (Lacan 1960). Bekanntlich handelt der Graph zunächst in seiner unteren Ebene davon, wie die von links nach rechts diachron verlaufende Kette der Signifikanten (S – S’) zweimal von einer gegenläufigen Bewegung durchquert wird. Diese Gegenbewegung, die Kurve des Begehrens, nimmt bei einem Subjekt des bloßen Bedürfnisses (griech. »groß Delta«) ihren Ausgang, um dann nach ihrem ganzen Durchlauf schließlich beim gespaltenen Subjekt (»$«) zu enden. Die beiden Punkte, an denen die Signifikantenkette von dieser steilen, von rechts nach links verlaufenden Begehrenskurve durchkreuzt wird, bezeichnet Lacan bekanntlich als »A« (großer Anderer) sowie »s(A)« (point de capiton/Steppunkt). Damit ist die von Lacan betonte »Retroaktivität« bzw. »Nachträglichkeit« hinsichtlich der Gewinnung von Bedeutung aus dem Signifikantenmaterial durch das Begehren anschaulich dargestellt. Bevor der Graph dazu noch sozusagen eine zweite Etage dazubekommt und damit so komplex wird, dass er selbst eher der Erklärung bedarf, als dass er noch irgendetwas anderes zu erklären vermöchte (eine Entwicklung, die, wie wir vorsichtig anmerken möchten, insgesamt der Lacan’schen Theoriebildung nicht fremd sein dürfte), wollen wir es zunächst bei dieser unteren Ebene belassen. Sie birgt schon genügend interessante Auffälligkeiten, aber auch erklärungsbedürftige Momente, wenn nicht Rätsel in sich.
Eines der größten Rätsel dieser auf den ersten Blick rein topologischen Darstellung liegt in der Frage, warum die von links nach rechts verlaufende Signifikantenkette eigentlich so signifikant nach unten gekrümmt ist. Diese offene und von Lacan anscheinend nie explizit angesprochene Frage ist aufmerksamen Kommentatoren (Ruhs 1982, Ragland-Sullivan 1986, Nasio 1988, Prost 1988, Žižek 1989) nicht entgangen. Aus rein topologischen Gründen allein ist diese Krümmung ganz offensichtlich nicht erklärbar – eine völlig gerade, horizontale Linie hätte diesen Zweck mindestens ebenso gut erfüllt; und auch sogar eine umgekehrte, leicht nach oben gekrümmte Linie hätte es vermocht – entsprechend den bereits von Carnap (1968) mit vorbildlicher Klarheit dargestellten Kriterien strukturaler Beschreibung.
Zur Lösung dieser für die Lacan-Forschung kaum umgehbaren Frage mag es hilfreich sein, einen Blick auf den Stadtplan von Paris zu werfen. Hier wird eines sofort klar: Nach unten gekrümmt ist hier der Verlauf der Seine, und zwar in den zentralen Bezirken von Paris. (Zwar läuft die Seine, anders als die Signifikantenkette, von Ost nach West, mithin von rechts nach links; aber hier scheint der Bezug wohl eher auf der Ebene der Signifikanten gegeben zu sein: im großen »S« sowie in dem bezeichnenden »S’«, das nicht zuletzt an den berühmten Aphorismus des Heraklit denken lässt: »tois autois potamois embainomen te kai ouk embainomen« – »wir steigen und steigen doch nicht in dieselben Flüsse«; sobald wir wieder in den Fluss steigen, ist er schon ein anderer; jeder Fluss mit »S« wie zum Beispiel die Seine ist also beim zweiten Hineinsteigen schon gewissermaßen ein Fluss »S’«).
Für die Pariser Zuhörerschaft Lacans dürfte dieser Bezug entweder recht offensichtlich oder aber auf einer unbewussten Ebene vollkommen plausibel gewesen sein, so dass die Frage in ihrer Unbeantwortetheit bezeichnenderweise erst den scharfsinnigen nicht aus Paris stammenden Autoren überhaupt auffällig werden konnte.
Ausgehend von dieser lokalen Verortung werden dann auch die weiteren entscheidenden Punkte in Lacans Darstellung verständlich. Wo ist zum Beispiel das Subjekt des bloßen Bedürfnisses, der Beginn der Gegenkurve, lokalisiert? – Natürlich, wie könnte es bei einer klinischen Theorie auch anders sein, am Boulevard de l’Hôpital, an der Grenze zum 13. Arrondissement! Und wo durchquert diese retroaktive Kurve zum ersten Mal die diachrone Signifikantenkette? – Ganz offensichtlich bei der Pariser Salpetrière, wo mit den Hysterie-Lektionen Freuds bei Charcot bekanntlich die gesamte Psychoanalyse ihren Ausgang genommen hat! Das Ganze geht dann über den Pont d’Austerlitz und klarerweise weiter über die Boulevards Bourdon und Lenoir, St.-Denis, Bonne-Nouvelle, Montmartre etc. (um nur die bekanntesten zu erwähnen) hin zum Boulevard Haussmann und dann beim Arc de Triomphe schnurstracks hinunter, wahrscheinlich über die Avenue Kleber (hier gäbe es vielleicht Alternativen, aber wir wollen es der Einfachheit halber einmal dabei belassen), um dann beim Pont d’Iéna erneut die Seine zu überqueren und über den Champ de Mars hin zur École Militaire zu führen (was völlig klar ist, zumal es Lacan ja schließlich um die Unterwerfung des Subjekts unter den Signifikanten geht) – und eventuell, wenn man hier eine kleine Einringelung in Betracht zieht, die in Lacans Schema wohl der Übersichtlichkeit geopfert worden sein mag, auch hin zum benachbarten Dôme des Invalides. Was könnte schließlich ein treffenderes Sinnbild und ein besserer Ort der Aufbewahrung für ein gespaltenes Subjekt sein als der berühmte Dom der Invaliden! Wichtig ist vor allem hier auch der erneut geographisch und stadtplanerisch bedeutsame Punkt des Zusammentreffens von Signifikantenkette und Begehrenskurve: Es handelt sich um den Tour Eiffel. Das ist schließlich nicht nur für Lacan, sondern für die Stadt Paris als ganze der »Herrensignifikant«, welcher der Sache retroaktiv (auch Paris hat es ja schon vorher gegeben) ihre Bedeutung und Wiedererkennbarkeit, ihr Klischee, ihren Glamour sowie auch ihren Ruhm verschafft.
Mit Sicherheit lassen sich auch die oberen Teile von Lacans Graphen unschwer solchen markanten Punkten und Linien im Stadtplan von Paris zuordnen, die ihnen jeweils ihre besondere Färbung und Note verleihen, durch die sie dem Pariser Leser oder der Leserin Lacans gleichsam spontan evident sind – und weitaus verständlicher als allen noch so bemühten Exegeten aus der Peripherie. Wir wollen uns hier aber nicht ins Detail verlieren.
Die Psychoanalyse ist bekanntlich eine Wissenschaft, die das Besondere, Farbige, scheinbar Einmalige des individuellen Lebens eiskalt auf dessen unbewusste universelle, graue, strukturale Muster zurückzuführen imstande ist. Es mag – auch gerade im Sinn der Psychoanalyse selbst – von Nutzen sein, hier und da daran zu erinnern, dass auch das Strukturelle und Universelle seinen Ausgangspunkt oft in einem – seinerseits nicht immer bewussten – Partikularen, Lokalen und Analogen hat. Letzteres bildet möglicherweise, wenn wir hier Sigmund Freud bemühen dürfen, sozusagen einen obszönen »Nabel« der Theorie.
(Aus dem Französischen übersetzt von Robert Pfaller)
Ecke Bonk
Raymond Borens
»Einst träumte Dschuang Dschou, dass er ein Schmetterling sei, ein flatternder Schmetterling, der sich wohl und glücklich fühlte und nichts wusste von Dschuang Dschou. Plötzlich wachte er auf: Da war er wieder wirklich und wahrhaftig Dschuang Dschou. Nun weiß ich nicht, ob Dschuang Dschou geträumt hat, dass er ein Schmetterling sei, oder ob der Schmetterling geträumt hat, dass er Dschuang Dschou sei, obwohl doch zwischen Dschuang Dschou und dem Schmetterling sicher ein Unterschied ist. So ist es mit der Wandlung der Dinge.«
Zhuang Zi (Dschuang Dsi): »Das wahre Buch vom südlichen Blütenland«, Berliner Ausgabe 2013. Edition Holzinger.
Angeregt wurde ich zu diesen Zeilen von dem wiederholten, teils verzweifelten, teils ungläubig staunenden Ausruf eines jungen Mannes: Sie ist es nicht! Dieser Mann liebt eine Frau, mit der er dreimal den Versuch unternommen hat zusammenzuleben, dreimal war er glücklich mit ihr, dreimal »musste« er sich von ihr trennen mit einem: Sie ist es nicht. Und dem sich anschließenden: Wer bin ich? Derjenige, der diese Frau liebt, oder derjenige, der sie immer wieder verlässt und Affären mit anderen hat? Bin ich der Schmetterling, oder bin ich Dschuang Dschou?
Ich werde später auf den Fall zurückkommen, der in seiner Ausprägung ungewöhnlich ist, gleichzeitig aber auch eine für den Analytiker häufige Beobachtung bestätigt: Die Partnerin (oder der Partner), die geliebt und begehrt wird, ist plötzlich oder allmählich nicht mehr die Richtige, die Eigentliche. Es ist eine geradezu alltägliche Geschichte – außer für den/die Betroffenen.
»Es ist eine alte Geschichte,
Doch bleibt sie immer neu;
Und wem sie just passieret,
Dem bricht das Herz entzwei.«
(H. Heine. Ein Jüngling liebt ein Mädchen, im »Buch der Lieder«)
Nicht nur der Analytiker, auch die Literatur lebt von dieser oder ähnlichen Geschichten.
Es findet sich eine wunderbare Gestaltung der Geschichte bei Alphonse Allais. Alphonse Allais ist ein französischer Schriftsteller und Humorist (1854–1905), Verfasser von phantastischen Novellen; sein Name taucht mehrmals bei Lacan auf, der besonders auf eine Geschichte Bezug nimmt, auf »Un drame bien parisien«, (»Ein sehr pariserisches Drama«; in: À se tordre, Paris 2002: Garnier Flammarion). Ich werde jetzt etwas Unmögliches versuchen, nämlich das kunstvoll komponierte, in sieben Kapitel unterteilte und mit vielen Zitaten angereicherte Werk zusammenfassend wiederzugeben.
Raoul und Marguerite sind seit fünf Monaten verheiratet. Raoul hatte sich geschworen, Marguerite würde niemals jemand anderem gehören als ihm. Sie könnten glücklich sein, wären da nicht immer ihre ewigen Missverständnisse. Es kam ständig zu Streitereien und leidenschaftlichen Versöhnungen. Eines Tages flattern zwei anonyme Denunziationen ins Haus. An Raoul: Wenn Sie Ihre Frau mal in bester Laune sehen wollen, gehen Sie nächsten Donnerstag zum Ball der Unzusammenhängenden im Moulin Rouge. Sie wird dort maskiert sein, verkleidet als kongolesische Piroge. An Marguerite: Wenn Sie Ihren Mann mal in bester Laune sehen wollen, gehen Sie nächsten Donnerstag zum Ball der Unzusammenhängenden im Moulin Rouge. Er wird dort maskiert sein, verkleidet als Tempelritter. Beide gehen hin. Zu fortgeschrittener Stunde kommt auf dem rauschenden Ball der Ritter auf die Piroge zu und lädt sie zum Essen ein. In einem Séparée nimmt er seine Maske ab, reißt ihr die Larve vom Gesicht, und beide stoßen gleichzeitig einen Schrei des Entsetzens aus. Sie erkennen sich nicht, weder er sie noch sie ihn.
Er – war nicht Raoul.
Sie – war nicht Marguerite.
Sie entschuldigen sich gegenseitig und schließen Bekanntschaft bei einem kleinen Mahl, mehr sage ich Ihnen nicht.
So weit dieser literarische Text, ein Text von einem der Schriftsteller, von denen Freud meinte, sie wüssten es immer schon, nämlich das, was wir Analytiker in mühsamer, hinkender Art und Weise erarbeiten müssen. Begegnen wir nun in unserer Tätigkeit Situationen, welche uns an literarische Texte erinnern oder umgekehrt? Die französische Redewendung »la réalité dépasse la fiction« (die Realität übersteigt die Fiktion) lässt sich zwar nicht abweisen, wohl aber muss die Frage aufgeworfen werden, was nun was beeinflusst oder gar determiniert: die Fiktion die Realität oder die Realität die Fiktion? Anders gesagt, welches ist das Modell: Emma Bovary für Provinzmädchen des 19. Jahrhunderts oder Letztere für Flauberts literarische Figur? Vielschichtiger wird die Frage noch dadurch, dass Emma Bovary nicht zuletzt erst durch Lektüre ihre ideal-romantischen Vorstellungen entwickelt. Ist Werther als Modell für romantische junge Männer zu sehen oder diese (zumindest einer von ihnen: Karl Wilhelm Jerusalem) für Goethes Figur?
Ich kann hier den verwickelten, letztlich wohl unauflösbaren Beziehungen und gegenseitigen Beeinflussungen von Realität und Fiktion nicht nachgehen, aber darauf hinweisen, dass immer wieder Situationen der Realität und solche der Fiktion spiegelbildlich aufeinander verweisen.
Vor einiger Zeit stellte mir ein Kollege einen jungen Mann vor, der wegen unerklärlicher Schwächeanfälle in die Analyse gekommen war. Er ist ein großer Sportler, spielt in seiner Disziplin in der obersten Liga, fährt leidenschaftlich Ski und läuft regelmäßig Marathon. Ohne ersichtlichen Grund und ohne dass gründliche medizinische Abklärungen einen Befund ergeben hätten, konnte er plötzlich keine Treppen mehr steigen, geriet bei der geringsten Anstrengung außer Atem, so dass er nicht nur seine sportlichen Aktivitäten sistieren, sondern auch sein brillantes Jurastudium unterbrechen musste.
Der gutaussehende, sportlich-durchtrainierte junge Mann stammt aus einer sehr wohlhabenden Familie, hat eine jüngere Schwester. Die Mutter ist eine sehr erfolgreiche Anwältin, der Vater ein ebensolcher Unternehmer.
Die Mutter soll eine noch heute sehr schöne Frau sein, groß, schlank, blond, und zu Hause das Sagen haben. Der Vater sei trotz großen geschäftlichen Erfolgs ein ängstlicher, unsicherer Mensch, lebe zurückgezogen und spreche kaum, sei der Mutter in allen Belangen unterlegen.
Er kennt seit einigen Jahren eine junge Frau, die aus einfacheren Verhältnissen stammt, deshalb auch der Mutter, die einen starken Sozialdünkel hat, den sie keineswegs versteckt, nicht genehm ist. Diese Freundin ist eine sehr intelligente Studentin, die aber seinem an der Mutter orientierten Idealtyp von Frau nicht entspricht, weil sie dunkelhaarig und zudem etwas pummelig sei. Er liebt diese Frau sehr, fühlt sich bei ihr wohl, geborgen und lebt mit ihr eine befriedigende Sexualität, sagt er, trennt sich aber immer wieder von ihr, weil er den quälenden Gedanken nicht loswird: Sie ist es nicht. Er geht dann jeweils schnell wechselnde Frauenbeziehungen ein, mit Frauen seines Idealtyps, die auf ihn fliegen und auf die er fliegt. Von diesen Frauen trennt er sich jedoch schnell, oder aber sie lassen ihn fallen, nicht zuletzt weil er mit diesen Frauen impotent ist.
Die Eroberung vieler Frauen gefällt der Mutter, die ihm gestanden hat, in ihrer Jugend viele Affären gehabt zu haben, dann einen Mann kennenlernte, der ihre große Liebe war, von diesem verlassen wurde und daraufhin den Vater, den sie nie liebte, heiratete. Sie lebt heute noch auf zwei jährliche berufliche Termine hin, bei denen sie ihre große Liebe trifft und sich bei einem gesellschaftlichen Anlass für ein paar Stunden in ihrer Nähe aufhalten kann.
Die Gespräche mit dem motivierten, intelligenten jungen Mann verlaufen erfreulich, fast zu erfreulich. Nach einigen Monaten, in denen besonders seine Schwächeanfälle als ein Nein an die elterlichen Ansprüche und seine Impotenz als ein Symptom einer zu großen Nähe zu der ödipalen Mutter gesehen werden konnten, verschwanden seine Beschwerden, er konnte Studium und sportliche Aktivitäten wiederaufnehmen und näherte sich erneut seiner Freundin, die bereit war, es noch einmal mit ihm zu versuchen. Er beendete zu früh die analytische Arbeit und meinte, jetzt allein zurechtzukommen, und sprach von Plänen, zu heiraten und eine Familie zu gründen.
Nach einigen Monaten kommt er wieder, deutlich beunruhigt, verunsichert, ratlos. Er hat sich von seiner Freundin, wie er meint, nunmehr definitiv getrennt, trotz einer sehr schönen Zeit des harmonischen Zusammenseins, in der er sich geborgen und ihr sehr nahe fühlte. Einzig der bohrende Gedanke, sie könne nicht die Richtige sein, habe ihn wieder zunehmend mit großer Hartnäckigkeit geplagt. Sie habe eben doch nicht die rechte Figur, entspreche nicht seiner Idealvorstellung einer Frau, und er habe sich jetzt trennen müssen, weil er es nicht verantworten könne, mit ihr Kinder zu zeugen und zu riskieren, sie dann später zu verlassen. Jegliche Hoffnung, die quälenden Gedanken loszuwerden, habe er aufgegeben. Seit er sich von seiner Freundin getrennt habe, sei er allein geblieben und wolle auch keine neuen Beziehungen aufnehmen.
Was teilt er uns mit? Ce n’est pas elle, sie ist es nicht. Aber auch: Ich bin es nicht, wenn ich mit ihr bin. Ich bin es aber auch nicht, wenn ich mit anderen Frauen zusammen bin. Das Begehren ist das Begehren des Anderen, und das zeigt sich hier in doppelter Weise. Sein ideales Objekt ist und bleibt die Mutter, groß, schlank, erfolgreich. Der Name / das Nein des Vaters, welcher die Mutter verbietet und diese im Verbot gleichzeitig als inzestuöses Objekt konstituiert, hat keine stabile Trennung ermöglicht. So wird die Mutter als Objekt immer wieder gesucht. Dies zeigt sich einerseits in der Wahl der Partnerinnen, aber auch in der Unmöglichkeit, mit diesen Frauen eine längere Beziehung herzustellen, und ganz besonders in dem sexuellen Versagen mit diesen Partnerinnen, die dem inzestuösen Objekt zu nahe sind. Freud[1] hat diese Thematik schon 1910 aufgenommen, wenn er von der psychischen Impotenz schreibt: »Es sind hier zwei Strömungen nicht zusammengetroffen, deren Vereinigung erst ein völlig normales (weiter im Text S. 89 wird er festhalten, dass etwas in der Natur des Sexualtriebes selbst dem Zustandekommen der vollen Befriedigung nicht günstig ist. R.B.) Liebesleben sichert, zwei Strömungen, die wir als die zärtliche und die sinnliche voneinander unterscheiden können.« (Freud 1910, S. 79). Er wird auch ausführen: »[…] infolge des zweimaligen Ansatzes zur Objektwahl mit Dazwischenkunft der Inzestschranke (ist) das endgültige Objekt des Sexualtriebes nie mehr das ursprüngliche, sondern nur ein Surrogat dafür. Die Psychoanalyse hat uns gelehrt: Wenn das ursprüngliche Objekt einer Wunschregung infolge von Verdrängung verlorengegangen ist, so wird es häufig durch eine unendliche Reihe von Ersatzobjekten vertreten, von denen doch keines voll genügt.« (Freud 1910, S. 89) Man kann also sagen, dass diese mutterähnlichen Frauen ihn zu sehr in die Nähe der inzestuösen Mutter führen, daher die Impotenz. Aber was lässt die Beziehung zu der Freundin, die er doch so sehr liebt, nicht zu?
Eine Antwort findet sich bei Lacan, für den diese inzestuöse Ebene noch auf einer anderen, viel angstmachenderen Basis ruht. Wie »entsteht« die Mutter als inzestuöses Objekt? Zunächst ist dieses übermächtige Wesen, welches Lacan das mütterliche Andere nennt, als Ding, als Unmögliches vorhanden. Zur inzestuösen Mutter wird sie durch Intervention des Vaters im Vorgang des Namens / Neins desselben; sie wird zu einer Verbotenen und damit zu einer Möglichen. Soweit sie eine Unmögliche war, musste sie nicht verboten werden. Es ist also das Verbot, das sie zur Begehrenswerten macht. Heißt das nicht auch, dass der erwähnte Analysant, aber nicht nur er, von diesen Frauen sagen kann: Sie ist es nicht […], weil sie es zu sehr ist, allerdings nicht nur als inzestuöses Objekt, wie Freud meinte, sondern in der Lacan’schen Ausarbeitung als Reales, als Ding. Das Heimelige, das Wohlfühlen, das Heimliche, das der Patient bei seiner Freundin fand, ist also das Unheimliche.
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