N. Bernhardt
Buch VII: Der leidliche Herzog
Der Hexer von Hymal
N. Bernhardt
Buch VII: Der leidliche Herzog
Der Hexer von Hymal
Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019
1. Auflage, ISBN 978-3-954183-63-0
www.null-papier.de/hymal
null-papier.de/katalog
Inhaltsverzeichnis
Erstes Kapitel: Sieg und Niederlage
Zweites Kapitel: Alles geregelt?
Drittes Kapitel: Adept von blauem Blute
Viertes Kapitel: Der kostspielige Kastellan
Fünftes Kapitel: Herzog oder Bürgermeister?
Sechstes Kapitel: Eine weitere Lektion
Siebtes Kapitel: Geplatzte Träume
Ausblick
Eine große Schlacht gibt Nikko nicht nur die Gelegenheit, sich einen guten Namen zu machen. Auch lernt er so endlich den Großherzog kennen. Für das eigene Lehen sind bald gute Leute gefunden, sodass sich der Adept endlich auf nach Sinál machen kann, wo der Herzog sicherlich schon wartet. Doch scheint dort nicht alles bestens zu laufen. Ist Fydal wirklich Herr in den eigenen Landen?
Auch auf der eigenen Burg droht bald schon wieder Ungemach. Hat Nikko sie etwa in die falschen Hände gegeben? Zwischen der Hauptstadt und dem eigenen Sitz hin- und hergerissen, muss der Adept sich zudem noch um das eigene Vorankommen sorgen. Schließlich soll er ja bald Hofmagier werden. Aber leicht würde es nicht werden.
Weitere Informationen zur Reihe und zum Autor finden Sie unter:
hymal.info
Plock! Nikko hatte die Augen fest geschlossen und lag bäuchlings im Dreck. Das Dröhnen des Horns noch immer in seinen Ohren, wollte er lieber gar nicht sehen, was nun auf ihn zukam. Diesmal war es wohl endgültig vorbei. Diesmal würde das Glück ihn nicht wieder retten. Vor einem ganzen Orkheer konnte es schließlich kein Entkommen geben.
Wieder ein Plock! Was war das bloß für ein Geräusch? Wahrscheinlich Pfeile. Sicherlich schossen sie schon auf ihn. Der Schild war wohl noch aktiv, so dass alles an ihm abprallte. Natürlich, er war ja gut geschützt. Das hatte er schon wieder vergessen gehabt. Moment mal! Er war doch auch unsichtbar, oder? Wie konnten sie da überhaupt auf ihn schießen?
Der Junge öffnete die Augen und drehte sich auf den Rücken. Jetzt wollte er doch wissen, was hier überhaupt los war. Noch ein Pfeil kam direkt auf ihn zugeflogen! Ängstlich rollte sich der Adept zur Seite. Das Geschoss traf trotzdem, um mit einem Plock am Schild abzuprallen. Nikko hatte seinen Schutz schon wieder vergessen gehabt und keuchte nun vor Erleichterung.
So gut geschützt wollte sich der Junge nun erst einmal genauer umsehen. Noch immer regnete es Pfeile. Überall! Sie schossen also gar nicht auf ihn. Das waren Salven, die den Orks galten!
Viele der Biester lagen pfeilgespickt am Boden. Andere schützten sich mit Schilden oder flüchteten unter die Lederschirme. Wieder andere schossen zurück. Doch zielten sie nicht in Nikkos Richtung, sondern weiter nach Südost. Wurden sie von der anderen Seite her angegriffen?
Ja, die Salven kamen aus dieser Richtung. Das konnte doch nur eine Legion sein. Oder war es etwa Fydal mit seinen Truppen? Egal, fand Nikko. Hauptsache, er war erst einmal gerettet!
In den Reihen der Orks herrschte mittlerweile das blanke Chaos. Überall gebrüllte Befehle, Gegrunze und auch Schmerzensschreie. Dennoch schienen die Viecher noch lange nicht besiegt zu sein. Dazu lebten noch zu viele. Viel zu viele.
Jedenfalls hatten sie von Nikko abgelassen, wenn sie es überhaupt jemals auf ihn abgesehen hatten. Das Horn! Es hatte wahrscheinlich gar nicht ihm gegolten. Nein, es war wohl eine Art Alarm gewesen. Vielleicht auch das Signal zum Angriff.
Plock! Ein weiterer Pfeil prallte am Schild des Adepten ab. Doch zuckte der Junge nicht einmal mehr. Er hatte jetzt endlich Vertrauen in seinen Schutz gefunden. Doch was sollte er nun bloß machen?
Eigentlich hatte er ja nur eine Wahl. Angreifen! Er musste die freundlichen Truppen doch unterstützen. Wie sollte er seine Anwesenheit hier sonst erklären? Obwohl, er war ja noch immer unsichtbar und könnte sich auch unbemerkt wegschleichen.
Unsinn! Er sollte die Gelegenheit beim Schopfe packen und sich seinen Anteil am Sieg sichern. Vielleicht würde hier heute ja Geschichte geschrieben. Da konnte er doch nicht so einfach davonrennen!
Nikko zückte den Feuerstab und begann, wahllos in die Orks hineinzuschießen. Da die Biester nur wenige Steinwürfe entfernt und so zahlreich waren, saß jeder Schuss perfekt! Bald schon brannte es in den Reihen des Feindes, wo die Schmerzensschreie mit dem Gestank verkohlten Fleisches verquollen. Ein schauerliches Bild, wenn es nicht um den verachtenswerten Feind ginge. So jedoch genoss der Junge sein Todeswerk in vollen Zügen.
Einige Orks schossen nun in seine Richtung. Doch war er ja noch immer unsichtbar, so trafen die Viecher nicht einmal den Schild. Dennoch, Nikko revanchierte sich natürlich mit weiteren Feuerbällen!
Das machte Spaß! Jeder einzelne Ork, den der Adept dem Flammentod übergab, hinterließ ein Gefühl der Befriedigung. Wie hatte er nur jemals in Erwägung ziehen können, solch Ungeziefer für sich kämpfen zu lassen? Nein, der Tod war alles, was diese Biester verdienten!
Dank Nikkos Feuersturm waren die Reihen der Orks durchbrochen und in völligem Chaos. Jedenfalls hier, wo der Kern ihres Heeres zu vermuten war. Dies erlaubte es dem Jungen, auch die Geräte unter Beschuss zu nehmen, mit denen die Biester seine Burg bedrohten. Schnell brannten die Katapulte lichterloh!
Der Pfeilhagel hatte mittlerweile aufgehört und Gefecht war nun zu hören. Klinge gegen Klinge klirrte es weiter hinten. Scheinbar stürmte das unbekannte Heer jetzt den geschwächten Feind.
Nikko verbannte den Flammenstab zurück in den Ring, aus dem er ihn beschworen hatte. Zu sehr streuten dessen Feuerbälle. Er wollte ja keine freundlichen Soldaten verbrennen! Der Blitzstab hingegen war deutlich präziser. Mit ihm erlegte er den ein oder anderen Ork, der entsetzt davonzulaufen versuchte.
Jetzt, wo die meisten der Biester am Boden lagen und der Rest nur noch chaotisch umherlief, fasste der Junge allen Mut. Er beendete seine Unsichtbarkeit. Die Viecher sollten schließlich sehen, wer ihnen hier Tod und Verderben brachte!
Auch die unbekannten Krieger hatten sich nun bis auf ein oder zwei Steinwürfe herangekämpft. Nur wenige Orks stellten sich ihnen noch in den Weg. Der Sieg schien jetzt zum Greifen nahe!
Die Soldaten hatten den Jungen mittlerweile auch bemerkt, wie er noch immer Blitze hinter den Orks herjagte. Gnadenlos streckte er so viele der Fliehenden nieder und erntete anerkennende Blicke der Krieger.
»Welch unverhoffter Anblick«, rief einer der Männer und kam auf den Adepten zu. »Major Karyl von Asban, habe die Ehre!«
Die Orks waren geschlagen und die Katapulte nur noch brennende Gerippe. Dass die Soldaten ihm solchen Respekt zollten, ließ vermuten, dass sie seine Rolle in der Schlacht auch zu würdigen wussten.
»Adept Nikko aus Vyl… ähm… von Halfuár«, stellte sich der Junge vor und lächelte. »Eure Anwesenheit hier ist keine minder große Überraschung für mich.«
»Von Halfuár also«, nickte der Major, dessen blutverschmierten Waffenrock ein blauer Adler auf weißem Grund zierte. »Dann seid Ihr also… dieser… Zauberer?«
Das Wappen mit dem Adler kam dem Jungen doch irgendwie bekannt vor. Doch wo hatte er es schon einmal gesehen?
»Dieser Zauberer?«, wusste Nikko nicht, worauf der Kerl anspielte.
»Verzeiht, Adept«, lächelte der Soldat. »Der Herr der Burg Halfuár eben. Seine Hoheit erwähnte so etwas in dieser Richtung. Doch weiß ich nichts Genaueres.«
»Ja, ich bin der Herr von Halfuár«, grinste der Adept. »Und der zukünftige Hofmagier des Herzogs. Ist Fydal… ähm Seine Hoheit meine ich… hier?«
»Nein, wir marschieren unter dem Banner Seiner königlichen Hoheit, des Großherzogs von Thordám«, erwiderte der Major. »Der Herzog von Hymal weilt noch in seiner Hauptstadt Sinál.«
Richtig, damals in Terys hatte er den blauen Adler gesehen. Das war demnach das Wappen des Hauses von Thordám. War der Großherzog etwa hier? Wie hieß er doch gleich? Arlenn, oder so ähnlich.
»Ist der Großherzog hier mit Euch im Felde?«, fragte der Junge ganz aufgeregt. Er hatte ja noch nicht das Vergnügen gehabt, diesen scheinbar so wichtigen Mann persönlich zu treffen.
»Selbstverständlich«, lachte der Offizier. »Seine königliche Hoheit würde es sich niemals nehmen lassen, an vorderster Front mitzukämpfen.«
»Dann bringt mich zu ihm!«, befahl Nikko in einem Moment plötzlicher Stärke. Er hatte sich wieder daran erinnert, dass er als Zauberer über allen gewöhnlichen Menschen stand.
»Sehr wohl, Adept«, antwortete der Major, jetzt mit ganz ernster Stimme. »Er wird irgendwo bei der Reiterei zu finden sein. Folgt mir bitte!«
Überall tote Orks. Es mussten hunderte sein, wenn nicht gar tausende. Aber auch viele Krieger des Großherzogs hatten in dieser Schlacht kein Glück gehabt.
Nikko folgte dem Major über das Feld der Ehre, wo sich das Chaos zurück in Ordnung zu wandeln schien. Im Kampf verstreute Einheiten fanden wieder zueinander und brachten sich in Stellung. Hie und da kümmerte man sich um die Verletzten. Für manch einen blieb leider nur noch der Gnadenstoß.
Der Junge nahm die Eindrücke vom Schlachtfeld wie in Trance in sich auf. So etwas hatte er ja noch nie erlebt. Nie hatte er so viele Tote und Verletzte gesehen, wenn auch die meisten nur Orks waren. Dennoch, der Geruch des Todes stand über dem Feld und verquoll mit dem Gestank verbrannten Fleisches. Seine Feuerbälle und Blitze waren nun einmal nicht die dezentesten Waffen.
Noch immer folgte er dem Offizier, der im Gehen sein blutverschmiertes Schwert mit einem Lappen abwischte und dann in die Scheide schob. Der Beidhänder war fast so groß wie der Mann selbst und hatte wohl so manchen Ork auf dem Gewissen.
Überhaupt schienen die Männer des Großherzogs gut gerüstet. Blanken Stahl und buntes Tuch konnte man im Überfluss erkennen. Wenn auch einige niedere Truppen nur in Leder gekleidet waren. Doch auch deren Ausrüstung wirkte ordentlich und von guter Qualität. Ganz im Gegensatz zu den Orks, die offenbar nur schäbiges Leder und rostiges Eisen zur Verfügung hatten.
Die Vorstellung, was wohl passiert wäre, wenn er sich tatsächlich an die Spitze der Orks gestellt hätte, ließ in Nikko große Erleichterung aufkommen. Mit diesen erbärmlichen Biestern hätte er ja sogleich gegen des Großherzogs Truppen antreten müssen, ohne Chancen auf einen Sieg. Zum Glück hatte er davon rechtzeitig abgesehen. Das hätte für ihn doch nur übel enden können.
»Hauptmann, habt Ihr Seine königliche Hoheit gesehen?«, fragte der Major dann einen anderen Offizier. »Ist er bei der Reiterei zu finden?«
»Jawohl, Herr Major«, nickte dieser. »Doch ist die Reiterei noch einmal losgezogen, den fliehenden Orks nachzusetzen.«
»Dann werden sie wohl erst am Abend wieder hier sein«, seufzte der Major. »Ich fürchte, Adept, Ihr müsst Euch doch noch ein wenig gedulden.«
Nikko hielt sich bis zum Abend an den Major, der ihm viele der Offiziere des Großherzogs vorstellte. Manch einer der Krieger hatte den Adepten während der Schlacht sogar in Aktion gesehen. So galt es, viele Hände zu schütteln. Er hatte sich unter den Soldaten scheinbar schon einen guten Namen gemacht.
»Der Zauberer, der die Orks von der anderen Seite her bedrängt hatte«, hörte er viele sagen, oder: »Der Magier, der die Orks und ihr Gerät in Brand gesteckt hatte.«
So verging die Zeit wie im Fluge. Um ihn herum war das Feldlager schon fast aufgebaut. Viele Zelte und Lagerfeuer ließen ihn die Schlacht bald vergessen. Die toten Orks waren sowieso schnell beiseite geschafft gewesen. Ein großes Feuer abseits ließ vermuten, was aus ihnen geworden war.
Die eigenen Toten waren hingegen in Zelten aufgebahrt. Eine Bestattung mit allen Ehren würde ihnen nicht verwehrt bleiben. So jedenfalls wusste es der Major zu berichten. Ob er damit auch die einfachen Soldaten und Waffenknechte meinte, fragte Nikko lieber nicht.
Gegen Abend dann steuerte der Offizier mit dem Adepten im Schlepptau auf ein besonders großes Zelt zu. Dies dürfte wohl das Quartier des Großherzogs sein.
Mit wissendem Nicken ließen die Wachen vorm Eingang die Beiden passieren. Im Innern tummelten sich einige Krieger, wahrscheinlich hohe Offiziere, und schienen den Besuch kaum wahrzunehmen.
»Eure königliche Hoheit«, nahm der Major Haltung an. »Ich bringe Euch den Adepten von Halfuár, der uns in der Schlacht eine große Hilfe war.«
Jetzt hatten sie die Aufmerksamkeit der versammelten Soldaten. Ein besonders großer Mann von grauem Haar und wohlgetrimmtem Vollbart nickte kurz.
»Auch wenn dieses kleine Scharmützel kaum eine Schlacht zu nennen ist«, sprach der Herr mit ruhiger Stimme, die dennoch keinen Widerspruch duldete, »so sei dem jungen Zauberer Dank und Anerkennung gewiss.«
»Ich bin Arlenn von Thordám, der Herr über die gleichnamigen Lande«, fuhr der Mann, noch immer in eine Plattenrüstung gekleidet, dann fort. »Ich habe schon so einiges von Euch gehört, Adept. Nur Gutes, wie ich versichern kann.«
»Es ist mir eine Ehre, Eure königliche Hoheit«, quietschte Nikko, der vom Großherzog ziemlich beeindruckt war. Genau so stellte er sich schließlich einen richtigen König vor. Nicht so, wie diesen Fettsack in Zundaj, dem jede Ausstrahlung und Autorität fehlte.
»Gönnt mir ein wenig Zeit, mich nach dem Kampf wieder herzurichten, Adept«, bat der Regent dann in aller Freundlichkeit, wobei auch dieser Satz wie ein Befehl klang. »Nehmt später mit mir das Abendmahl, wenn Euch danach ist.«
»Es wird mir eine Ehre sein«, nickte der Junge und musste sich eine tiefe Verbeugung verkneifen. Schließlich erinnerte er sich daran, dass sich die Zauberer noch nicht einmal vor dem König verbeugten.
Unter freiem Himmel waren Tische und Bänke für mehrere Dutzend Soldaten um ein großes Lagerfeuer herum aufgebaut. Es schienen hier nur hohe Offiziere zu speisen, wie man an den Uniformen ablesen konnte. Zwar hatten die meisten Krieger ihre Rüstungen abgelegt, aber wie einfache Soldaten wirkten sie nicht.
Dem jungen Adepten war die große Ehre zuerkannt, am Tisch des Großherzogs sitzen zu dürfen. Einmal dort, war es jedoch vorbei mit aller Förmlichkeit. Noch bevor der erste Bissen aufgetischt war, floss das Bier schon in Strömen. Der Großherzog war dann nicht mehr Seine königliche Hoheit sondern einfach nur Arlenn der alte Haudegen. Auch viele andere Spitznamen ließ dieser über sich ergehen, ohne dabei an Würde einzubüßen.
Doch auch untereinander war hier kein Platz für viel Etikette. Die Soldaten am Tisch, scheinbar allesamt hohe Generäle, scherzten grob und lachten viel. Den jungen Zauberer ignorierten sie meist. Nur gelegentlich nötigten sie ihn dazu, einen ihrer unanständigen Witze lustig zu finden.
So wenig die Konversation am Tisch auch nach Nikkos Geschmack war, amüsierte er sich dennoch prächtig. Immerhin saß er hier in ungezwungener Atmosphäre mit einem der wichtigsten Männer im ganzen Reich zusammen. Eine große Ehre, auch für einen Zauberer.
Das Essen war einfach, aber gut. Spanferkel, direkt vom Lagerfeuer und dazu jede Menge leckeres Bier. Nikko überlegte noch, ob er sich nicht zurückhalten sollte, doch schien ja sowieso keiner viel mit ihm sprechen zu wollen. Außerdem galt es doch, den Sieg gebührend zu feiern!
»Ihr habt doch nichts dagegen, wenn ich mich dazusetze?«, vernahm der vollgefressene Junge dann eine Stimme von hinten.
»Setzt Euch nur«, brummte der Großherzog, der dem Adepten direkt gegenüber saß.
Diese Stimme, war sie ihm nicht bekannt? Mittlerweile schon beim vierten Krug Bier, konnte Nikko sich nicht mehr sicher sein.
Der Neuankömmling quetschte sich dann ausgerechnet zwischen den Jungen und einen der schon ordentlich angeheiterten Generäle zu seiner Linken. Der auch nicht mehr ganz nüchterne Adept war ziemlich genervt, zur Seite rutschen zu müssen.
»Habt unendlich Dank, Adept«, giftete die Stimme, die ihm jetzt noch bekannter vorkam. Moment mal! Das war doch Xanthúal, oder?
Nikko drehte sich schlagartig nach links und stierte dem Meister direkt in dessen fiese Augen. Verflucht! Was machte der Kerl denn hier?
»Schön, Euch wiederzusehen, kleiner Adept«, spottete der Zauberer. »Ich hoffe, Euch ist es gut ergangen.«
»Ich… kann nicht klagen«, stammelte der Junge, dem so schnell nichts Besseres einfiel.
»Wie ich sehe, ist Euch mein neuer Hofmagier schon bekannt«, schaltete sich der Großherzog ein, der zwar schon einige Krüge Bier intus hatte, aber dennoch völlig nüchtern wirkte.
Neuer Hofmagier? Ausgerechnet Xanthúal, der Meister Sinúl auf dem Gewissen hatte! Es waren ja die von ihm beschworenen Monster gewesen, die den armen Kerl in Sekundenschnelle zerfleischt und bis auf die Knochen abgenagt hatten.
Wusste der Großherzog davon? Quatsch! Natürlich hatte er darüber keine Kenntnis. Sonst hätte er den gemeinen Kerl wohl kaum zum Hofmagier ernannt. So weit die Macht der Magier auch reichte. Ein Mörder am Hofe war noch immer ein Tabu, oder?
»Eine… seltsame Wahl«, konnte sich der Junge einen Kommentar dazu nicht verkneifen. Mehr wollte er zu dem Thema aber nicht einmal nach so viel Biergenuss sagen.
»Da habt Ihr wohl Recht, Adept«, überraschte der Regent, um dann zu erklären: »Meister Xanthúal ist keiner dieser alten Bücherwürmer, die sonst bei Hofe den Zauberer geben. Nein, er ist ein noch junger Magier mit ordentlich Feuer in den Augen, der sich auch für das Feld nicht zu schade ist.«
»Da haben wir wohl mehr gemeinsam, als Euch lieb ist, Adept«, höhnte Xanthúal.
»Nicht gerade die besten Freunde, wie mir scheint«, kommentierte der scheinbar niemals lächelnde Großherzog in Richtung Nikkos. »Doch stimmt es wohl, was der Meister da sagt.«
Nikko wollte auf diese Konversation, der er sich nach dem vielen Bier kaum noch gewachsen sah, lieber gar nicht eingehen. Doch konnte er den hohen Regenten ja nicht einfach so abblitzen lassen.
»Habt Ihr denn auch gekämpft, Meister Xanthúal?«, war dann das Beste, was ihm einfiel.
»Das war gar nicht nötig«, zuckte dieser die Schultern und giftete: »Außerdem, wie Ihr ja wissen solltet, untersagt uns der Arkane Orden jede Einmischung in den Krieg.«
Oje, das hatte der Junge ja schon völlig vergessen gehabt. Aber was interessierte ihn dieser Orden überhaupt noch? Er war ja sowieso ein Ausgestoßener. Außerdem hatte er sich ja nicht in einen Krieg eingemischt, sondern nur die eigene Burg verteidigt.
»Ihr werdet die Befreiung Hymals vom Ork doch nicht als richtigen Krieg bezeichnen wollen, Meister«, sprang der Großherzog Nikko plötzlich zur Seite. »Die Orks zu zerstören ist unser aller Pflicht!«
»Natürlich, Eure königliche Hoheit«, ruderte Xanthúal zurück. »Ich beliebte auch nur zu scherzen.«
Dass dies ein Scherz gewesen sein sollte, glaubte Nikko keine Sekunde lang. Nein, eine offensichtliche Ausrede. Doch warum gab der Meister dem Großherzog so schnell nach? Gerade dem Kettenhund des Ordens sah dies so gar nicht ähnlich.
»Wohin genau seid Ihr mit Euren Truppen eigentlich unterwegs?«, wechselte der Adept schnell das Thema. »Ich hoffe doch, ich darf Euch meine Gastfreundschaft in Halfuár anbieten.«
»Tatsächlich ist Eure Burg mein nächstes Ziel«, meinte der Großherzog. »Dort werde ich mich mit dem Ritter von Telgâr beraten, der die Vorhut anführt.«
»Eure Gastfreundschaft werde ich gerne annehmen, auch wenn ich dort nicht lange verweilen werde«, nickte er dann und wechselte das Thema: »Sagt, Adept, droht vom Vyldampass her Gefahr?«
»Wohl kaum«, antwortete Nikko, ohne viel zu überlegen. »Der Herzog von Khondharr macht einen weiten Bogen um das ganze Tal, in dem ja auch Skingár liegt.«
Hoffentlich hatte er sich da nicht verplappert. Der Großherzog durfte ja kaum etwas von der wahren Natur des Grafen von Skingár wissen, geschweige denn von der des Herzogs Rhobany.
»Skingár?«, horchte der Regent auf und kraulte sich den Bart. »Ach ja, dieses königliche Lehen. Soviel Respekt der Krone gegenüber sieht Rhobany aber gar nicht ähnlich.«
Damit hatte seine Vor