Chantal Sandjon
Anna Cavelius
GRÜN MACHT SCHÖN
Über 100 Rezepte und Ideen: Smoothies, Detox, Naturkosmetik
INHALT
BIN ICH SCHÖN?
Schön ist relativ –Die Regeln der Schönheit
Schönsein für alle –Ein Beauty-Buch gegen den Schönheitsterror
Grün und schön? Was Nachhaltigkeit mit meinem Look zu tun hat
Ein letztes Wort vorab –Zum Aufbau dieses Buchs
NUTRITION: GRÜN MACHT SCHÖN – VON INNEN
Leben ist Rhythmus – Rhythm is it
Best of: Bio, regional, saisonal
Pflanzenkraft voraus – Grüner, schöner, veggie
Grün und lecker – Vitalstoffe bringen Vitalität
Beauty-Vitalstoffe – Vitamine und Mineralien, die schöner machen
Chlorophyll – Grünes Pflanzenblut
Grüne Superfoods – Von Algen und Alltagsgrün
Wildkräuter – Unkraut essen, statt bekämpfen
Simply Raw – Rohkost als purer Genuss
Smoothies – Vitalkraft aus dem Glas
Gute Fette gehören auf den Teller
Über Wasser und Zucker – Lebenselixier statt Schönheitskiller
Natürliches Anti-Aging – Die Leber stärken
Die besten grünen Beauty-Foods
Detox-Time und Zeit zum Fasten
CARE: GRÜN MACHT SCHÖN – VON AUSSEN
Green is beautiful – Älter werde ich sowieso
Inhaltsstoffe, die keiner braucht
Es geht auch anders schön – Alternativen zu herkömmlichen Pflegeprodukten
Make-up mit grünem Daumen
Schönes Haar – Natürlicher Glanz
No Poo – Shampoofrei schönere Haare?
Zahn- und Mundpflege
Bodycare – Grüne Körperpflege
Schöne Hände und Füße
Grün(er) kleiden – Unsere zweite Haut
MIND & SPIRIT: GRÜN MACHT SCHÖN – GLÜCKLICH
Ein Lob auf den Optimismus
Glück gehabt? Was Glück ist, und wo wir es (nicht) finden.
Bewusster leben, glücklicher sein
3 x natürlich mehr Glück
Das Glück der kleinen Gesten – Wie Hilfsbereitschaft mehr Freude bringt
Raus ins Grüne – Schönheit durch Bewegung, frische Luft und Sonnetanken
Badefreuden zur Entspannung
Selbstanbau und Guerilla Gardening – Grün säen, Nahrung und Freude ernten
Ubuntu – I am, because you are
Digital Detox und Co – Entgiften auf allen Ebenen
Freundschaften fürs Leben und auf Zeit
Mit Ruhe und ganz viel Gelassenheit
Gelassenheitsübungen für jeden Tag
Frische Luft – Kleine Atemschule
Beauty-Yoga – Wohlfühlen von Kopf bis Fuß
BEAUTY-PROGRAMM – DREI TAGE GRÜN ENTGIFTEN, SICH PFLEGEN, ESSEN UND LEBEN MIT GENUSS
ANHANG
Literatur zum Nachschlagen
Register
Impressum
© Barbara Bonisolli, München
© Lena Burmann, Berlin
SCHÖN IST RELATIV –
Die Regeln der Schönheit
Wer schön sein will, muss leiden«, sagt ein deutsches Sprichwort. Leider haben wir dieses Motto oft stärker verinnerlicht, als es uns lieb oder für uns gesund ist. High Heels führen zum Beispiel zu verkürzten Wadenmuskeln und einer steifen Achillessehne, belasten die Kniegelenke und sind Gift für den Rücken. Und trotzdem steht noch immer ein Paar solcher Exemplare in meinem Schuhschrank. »Für ganz besondere Anlässe«, denke ich mir und bringe es nicht über mich, sie auszumisten.
Dass auch in meinem Kopf Schönheit und Schmerz noch immer so nah beieinanderwohnen, beschäftigt mich. Wieso halte ich an Schönheitsnormen fest, die mir schaden? Und was kann ich tun, um mich von ihnen zu befreien?
Warum mich Schönheit beschäftigt
Ich bin ein Kind verschiedener Welten und Kulturen, was man mir auch ansieht. Mütterlicherseits ist meine Familie in Deutschland, Schweden und Russland verortet. Von ihr habe ich meine Größe. Mein Vater kommt hingegen aus Kamerun, und in meiner Familie dort gibt es viele Boxer, Fußballer und Gewichtheber. Von ihm habe ich meine Statur und vor allem auch meine kräftigen Beine geerbt.
Selbst in Berlin hat mich dieser Mix als Jugendliche in den 1990er-Jahren stets markiert. Ich war nicht nur die mit dem größten Afro, sondern auch die mit den rundlichsten Schenkeln. Mit der Pubertät kam dementsprechend auch das Gefühl auf, aus dem Rahmen zu fallen, zu groß, zu dick, zu anders zu sein.
Das Gefühl kam und blieb. Es blieb auch, als ich eine vermeintliche Lösung für mein Gewicht gefunden hatte – so wenig wie nur irdisch möglich zu essen. Das Gefühl blieb bei 65, bei 55 und auch bei 45 Kilogramm auf der Waage. Es blieb durch die Zeit hindurch, in der ich mich mit dieser Essstörung auseinandersetzte und sie bekämpfte. Und auch heute, ein halbes Leben später, betrachte ich mich manchmal im Spiegel und sehe mich dennoch nicht wirklich. An solchen Tagen redet mir eine Stimme ein, ich sei, so wie ich bin, viel zu viel und doch einfach nicht genug. Lauter als sie ist zum Glück die Wahrheit: über mich, meine Schönheit, meinen Wert.
© LOOK, München (Age Fotostock)
Wahre Schönheit oder mehr Mut zur Hässlichkeit
Einen der berührendsten und schönsten Momente im Rahmen der Recherche zu diesem Buch erlebte ich, als ich das Video von Em Ford sah. Sie bloggt sehr erfolgreich zum Thema Schönheit und ist bildschön, als wäre sie einem Disney-Film entsprungen. Als das Londoner YouTube-Model allerdings wagte, sich ungeschminkt vor der Kamera zu präsentieren, und ihr »wahres« Gesicht zeigte, eine Haut, die unter der Schminke stark entzündet und von Pusteln versehrt ist, wurde sie auf brutalste Weise von Trollen fertiggemacht. »Das ist so abscheulich«, hieß es da in der Kommentarspalte des Blogs »My Pale Skin«, oder: »Da muss ich wegschauen« und »Du siehst widerlich aus«. Em Ford gibt auf ihrem Blog Schminktipps für hellhäutige Frauen und erreicht dabei an die 150.000 Abonnentinnen. Sie hat – was bei Erwachsenen relativ selten ist – Akne. Auf ihren Auftritt hin bekam sie aber keineswegs nur Bösartigkeiten und Grausamkeiten zu lesen, es finden sich dort auch viele Tausende positiver Reaktionen. Die stammen von Menschen aus der ganzen Welt, die an Akne gelitten haben oder es immer noch tun, deren Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl darunter Schaden genommen haben und die sich schämen.
© Lena Burmann, Berlin
WAS BEDEUTET »ECHT SCHÖN«?
Em Ford ist geschockt und verletzt, reagiert aber sehr bedacht, indem sie den Spieß einfach umdreht und all den Menschen den Spiegel vorhält, die sich angesichts der Versehrtheit einer schönen Frau fragen, »was mit ihrem Gesicht wohl schiefgegangen sei«. Sie zeigt ihnen deren eigene Hässlichkeit, spiegelt ihre scheinbare Macht, die ihnen die sozialen Medien verleihen. In einem neuen Video, in dem sie die breite Resonanz auf ihren ungeschminkten Auftritt verarbeitete, stellt sie, die von dem Geschäft mit der Schönheit lebt, die Schönheitsideale unserer Gesellschaft als hohl und menschenverachtend in Frage. Knapp fünf Millionen Menschen sehen sich daraufhin das Video an, das unter dem Hashtag #Youlookdisgusting veröffentlicht wurde. Auf Facebook und Twitter wurde es tausendfach geteilt: Zuerst zeigt sich das Model ungeschminkt, in ihrer ganzen Verwundbarkeit, ihr Blick ist scheu. Gleichzeitig lässt sie die Ekel-Kommentare aufblinken. Nun beginnt sie, in aller Ruhe, die entzündeten Stellen mit Concealer und Make-up abzudecken, in Sekundenschnelle ist das ursprüngliche Gesicht unter einer perfekt geschminkten Maske verschwunden. Em Ford sieht aus wie jedes beliebige hübsche Model, das wir aus der Werbung oder Fashionmagazinen kennen. Sie strahlt, immerhin kommen jetzt Kommentare wie »Du bist so perfekt!«, »Wunderschön«. Plötzlich jedoch wieder ein schriller Misston: »Trau keiner Schlampe mit Make-up« oder: »Alles gelogen«. Tränen laufen über Ems Gesicht, doch nur für einen kurzen Moment. Dann wischt sie ihr Make-up ab und blickt zum Schluss wieder mit ihrem »echten« Gesicht in die Kamera. Sie schreibt: »Ich wollte einen Film machen, in dem gezeigt wird, wie soziale Medien sowohl an Frauen als auch an Männern unrealistische Erwartungen schüren. Es stellt viele von uns vor eine Herausforderung, da wir daran gewöhnt sind, ständig mit Bildern einer falschen Perfektion konfrontiert zu sein und uns mit unrealistischen Schönheitsstandards zu vergleichen. Dabei kann es manchmal schwierig sein, sich daran zu erinnern, was das Wichtigste ist: Du BIST schön.
Du bist schön, ganz egal wie sehr du dich mit Makeln behaftet fühlst, ganz egal wie sehr es dich aufregt, wie du gerade aussiehst, oder wie schwer es für dich ist, Freunde zu finden oder selbstbewusst zu sein. Glaub an dich, und lass dir von niemandem sagen, du wärst nicht schön – noch nicht mal von dir selbst.«
© Fotolia, New York (Undine Aust)
Ist Schönheit relativ?
Schönheit ist schwer zu fassen und unser Verständnis stark davon abhängig, wo und wie wir aufgewachsen sind und leben. Dabei sind Schönheitsideale weder konstant noch universell, wie der Psychologe Viren Swami von der University of Westminster in London betont. In ärmeren Gesellschaften galten und gelten fülligere Frauen als attraktiv, in reicheren ist Schlankheit ein Indiz für Bildung und Wohlstand. In früheren Zeiten war eine hohe Stirn schick, und Frauen zupften sich hierfür extra die Haare aus. In den 1950er-Jahren war der Kurvenstar Marilyn Monroe das Schönheitsidol schlechthin, zehn Jahre später war es die superdünne Twiggy. Kate Moss setzte noch einen drauf: »Nichts schmeckt so gut, wie sich dünn sein anfühlt.« Man sagt, dass Schönheit im Auge des Betrachters läge. Fakt ist jedoch, dass es seit jeher die jeweilige Gesellschaft ist, die ein Bild des idealen Körpers kreiert, dem vor allem Frauen nachstreben, obwohl dieses Ideal fernab von den Maßen der tatsächlichen Durchschnittsfrau liegt. Studien zeigen, dass dieses sogenannte Schönheitsideal von Jahrzehnt zu Jahrzehnt immer mehr vom Aussehen normaler Frauen abweicht. Denn: Während Models in den 1970er-Jahren noch etwa acht Prozent weniger wogen als der weibliche Durchschnitt in Deutschland, sind es heute mehr als 23 Prozent. Die Folge sind Essstörungen, Sportsucht und riskante operative Veränderungen.
Die vier Regeln der Schönheit
Die Wissenschaft ist einer universellen Schönheitsformel auf der Spur und hat bereits erste Konstanten identifiziert, die unseren Sinn für das Schöne angeblich unabhängig von Kultur und Epoche prägen.
DURCHSCHNITT Über- lagert man eine Reihe von einzelnen Gesichtern, erhält man einen statistisch ermittelten Querschnittswert, sprich ein echtes Durchschnittsgesicht, das mehrheitlich als attraktiv eingestuft wird.
KINDLICHKEIT Riesige Kulleraugen, weiche Haut, runde Wangen und ein winziges Näschen lösen bei uns automatisch einen Schutzreflex aus. Bis zu 20 Prozent Kindlichkeit wird deshalb auch in erwachsenen Gesichtern als schön wahrgenommen.
SYMMETRIE Überall in der Natur ist sie zu finden, ob beim Schmetterling oder der Schneeflocke. Selbst in unserer DNS ist das Prinzip der Symmetrie verankert. Als fester Bestandteil vom Bauplan des Universums fällt uns Symmetrie auch in den Gesichtern anderer positiv auf.
ABWEICHUNGEN VON DER NORM Kleine Makel lassen wahre Schönheit erst richtig hervortreten. Hier ist es ein Muttermal, dort Segelohren oder eine Zahnlücke – erst diese Dissonanz vervollständigt die Schönheit vieler Menschen.
Möglicherweise wurden diese universellen Schönheitskriterien jedoch überschätzt. Und, ganz neu: Die Wahrnehmung von Schönheit ist tatsächlich nicht gleichgeschaltet, wie eine Studie an der Harvard Universität um Laura Germine gezeigt hat. Nach Ansicht der Forscher liegt die Schönheit dann doch im Auge des Betrachters. Denn unsere Vorliebe für bestimmte Gesichter wird offenbar von unseren persönlichsten Erfahrungen geprägt. In der Umfrage mit 35.000 Teilnehmern gab es bezüglich der Bewertung von schönen Gesichtern Abweichungen von bis zu 50 Prozent. Das passt zu der Beobachtung, dass Top-Models zwar sehr erfolgreich sein können, man aber mit Freunden endlos darüber diskutieren kann, ob man sie jetzt wirklich schön findet oder eben nicht.
SCHÖNSEIN FÜR ALLE –
Ein Beauty-Buch gegen den Schönheitsterror
Trotz der wissenschaftlichen Belege für die Attraktivität von Individualität und der Abweichung von der Norm als Merkmal von Schönheit sprechen die Medien eine andere Sprache: Sie bombardieren uns mit Botschaften, die ein allgemeingültiges und zeitloses Ideal suggerieren. Es soll für uns alle gelten und von uns allen angestrebt werden.
Am Ende stehen die Einheitsgröße und die Einheitsfigur, ein leuchtendes Blond, der stets gleiche und feste Busen, ein knackiger Po, die rundum schöne Nase. Dünner, jünger, perfekt – so wie Superstar Madonna, die mit 50 noch so aussehen will wie mit 30 – so jagen wir konstant einer Illusion hinterher, die unerreichbar ist. Doch selbst die Frauen, deren Beruf die Schönheit ist, sehen im Alltag nicht so aus, wie sie dank Photoshop von Plakatwänden herablächeln. Und trotzdem: Was ist schon makellos? Das Model Winnie Harlow leidet an Vitiligo (Weißfleckenkrankheit) und posed erfolgreich für das Label Desigual. Das Albino-Model Shaun Ross ziert die Laufstege von Mailand und Paris und trat auch schon in Musikvideos auf.
Fazit: Wer sich ständig darüber Gedanken macht, wie er auf andere wirkt, kann gar nicht mehr schön sein. Schönheit hat auch viel mit Lockerheit und Gelassenheit zu tun und damit, nicht ständig um seinen eigenen Bauchnabel zu kreisen. Insofern muss Makellosigkeit ein Auslaufmodell sein. Denn meistens sind es gerade die kleinen Abweichungen vom Gewöhnlichen, Normalen, die uns neugierig machen und uns dazu veranlassen, einem Menschen einen zweiten oder dritten Blick zu schenken. In anderen Kulturen gehört dieses Denken zum Alltag. So ist es in Persien üblich, in kunstvolle Teppiche kleine Fehler einzuweben, weil sie so angenehmer wirken als absolut symmetrische Werke. Und in Japan kennt man den Begriff »Wabi-Sabi«, das ist die Kunst, die Schönheit im Schlichten und Unscheinbaren zu finden.
Schönheitsdruck in Zahlen
Wer Erfolg haben und die große Liebe finden (und an sich binden) möchte, der muss heutzutage schön sein? Vor allem das Aussehen, so vermitteln uns Frauenmagazine und soziale Medien, ist auf dem Markt der geglückten Beziehungen das Tüpfelchen auf dem i. Eine Frau muss nur ihren Body in Schuss halten, die Haut schön pflegen, gut nach einem tollen Trend-Parfum duften, schöne Nägel haben, sich richtig schminken und die Haare schön föhnen. Den Schönheitsidealen zu entsprechen wird so zur Grundlage der eigenen Identität und gesellschaftlichen Position definiert – was Folgen hat: Etwa die Hälfte aller Mädchen und Frauen fühlt sich zu dick – und das bei Normalgewicht.
20 Prozent der Jugendlichen in Deutschland wünschen sich eine Schönheitsoperation. Ähnlich hoch ist die Zahl der Frauen, die eine solche OP bereits hinter sich haben oder anstreben.
Nicht einmal jede zehnte Frau ist mit ihrem Äußeren so zufrieden, dass sie gar nichts daran ändern würde.
Frauen hierzulande geben sich für ihre Figur im Durchschnitt nur eine 3,0. Und gerade einmal zwei von 100 Frauen bezeichnen sich selbst als »schön«.
Der Autor Christian Thiel schreibt in einem Beitrag in der »Welt«, dass sich circa 90 Prozent der Frauen jeden Alters die Frage stellen, ob sie wirklich schön seien. Das betrifft eher durchschnittlich aussehende Frauen ebenso wie solche, die über eine eindeutig überdurchschnittliche Ausstrahlung verfügen. Sie finden sich dann in ihrem tiefsten Inneren damit ab, ein hässliches Entlein zu sein. Das Problem, das sich dann auf der Beziehungsebene stellt, ist laut Thiel, dass schöne Frauen aufgrund ihres schwachen Selbstbilds in der Regel an sehr oberflächliche Partner geraten und ihre Beziehungen immer wieder zum Scheitern verdammt sind. Die Folge: Das Selbstbild nimmt weiter Schaden, die Sehnsucht nach Selbstoptimierung wird riesengroß. Wer davon profitiert, ist allein die Schönheitsindustrie.
© iStockphoto, Calgary/Kanada (kulicki)
Geldmaschine »hässliches Entlein«
Auch wenn wir heute mehr Rechte, mehr Zugang zu Bildung, Macht und Geld haben als die Frauengenerationen vor uns, sind unser körperliches Selbstwertgefühl und die Wahrnehmung unseres Äußeren auf einem Tiefpunkt angelangt. Zeitgleich messen wir alle dem viel Bedeutung bei, beschäftigt uns das Thema Schönheit noch stärker und vor allem viel früher als Frauen in früheren Jahrzehnten.
Ist das Zufall oder Methode? Fest steht, dahinter stehen (auch) Wirtschaftsinteressen: Der größte Kosmetikhersteller der Welt, L’Oréal, besitzt zum Beispiel einen höheren Marktwert als viele Unternehmen der Automobil- und Bankenbranche. Und er gibt das Neunfache seines Forschungsbudgets für Werbung aus.
Diese Werbung verkauft uns dann Ideale, die außerhalb des Möglichen liegen. So bindet sie uns an eine Industrie, die allein den eigenen Profit, nicht aber unser Aussehen und unsere Gesundheit im Sinn hat. Und auch die Natur erhält dabei nicht den Respekt und die Wertschätzung, die sie – genau wie wir selbst – verdient.
© LOOK, München (Kay Maeritz)
Gegenstrategien, die freier und schöner machen
Sich einer Sache bewusst zu werden ist zugleich der kleinste und der größte Schritt auf dem Weg zur Veränderung. Nur so können wir uns von destruktiven und irrealen Schönheitsidealen befreien und sie durch ein neues und ganz individuelles Verständnis eines schönen, achtsam gelebten Lebens und eines schönen, echten Selbst ersetzen.
Wir lernen, neu zu sehen und mit Bedacht zu konsumieren – nicht nur bezogen auf unseren Körper, sondern vor allem auch im Hinblick auf Kopf und Seele. Das beinhaltet auch Filme, Magazine und Produkte, welche nicht die Schönheitsideale verfechten, denen gegenüber wir uns in diesem Buch verwehren.
Wenn man seine Schönheit ganzheitlich und individuell definiert, macht das den Kopf und die Seele wunderbar frei und liefert enorme Entwicklungs- und Entfaltungsspielräume. Vor allem befreit es von dem giftigen Gedanken, es gäbe ein allgemeingültiges Schönsein. Auf der Basis dieses Verständnisses können wir dann handeln, leben und uns auch liebevoll im Spiegel betrachten. Plus: Wir gehen auch dementsprechend mit unseren finanziellen Ressourcen um. Denn mit unserer Kaufkraft bestätigen oder hinterfragen wir tagtäglich gesellschaftliche Normen und Ideale. Darin, wofür wir unser Geld ausgeben und in was wir unsere Energie stecken, liegt enorm viel Macht.
Was macht für dich die besondere Anziehung eines Menschen aus? Äußerlich wie innerlich, was ist in deinen Augen und in deiner Seele wirklich schön? Notiere, was dir zu diesen Fragen in den Sinn kommt, ganz ungefiltert und unbewertet.
Indem wir uns damit auseinandersetzen, was Schönheit für uns bedeutet und wie wir Schönheit leben möchten, öffnen wir uns für die Schönheit anderer. Wenn du Schönheit, weit über Äußerlichkeiten hinaus, mit Lebensfreude, Erfüllung und innerer Zufriedenheit verbindest, gewinnt deine Welt an Farbe, Vielfalt und Dankbarkeit. Mit einem herzlichen Kompliment, einem ermutigenden Wort oder einem offenen Lächeln kannst du dies auch anderen gegenüber ausdrücken.
Und damit du die Wirkung hiervon gleich am eigenen Körper erfährst: Umgebe dich mit Menschen, die dein Verständnis für Schönheit teilen, dich wertschätzen, unterstützen und aufbauen. Das kann in deinem alltäglichen Leben genauso wie online sein.
Ein Plädoyer für den zweiten Blick
Frauen werden Männern niemals ebenbürtig sein, solange sie nicht mit Glatze und Bierbauch die Straße runterlaufen können und immer noch denken, sie seien schön.
Nina Hagen
Dieses Buch ist kein Plädoyer für den Bierbauch, doch es möchte dich zum Schön(er)-Fühlen anregen. Und genauso sehr, wie es ein Plädoyer für mehr Schönheit und Selbstbewusstsein ist, ist es ein Buch gegen den Schönheitswahn. Es möchte neue Sichtweisen und Möglichkeiten eröffnen, um sich der eigenen Schönheit in einer nachhaltigen und liebevollen Atmosphäre zuzuwenden.
SCHÖN FÜHLEN, SCHÖN SEIN
Egal wie wir aussehen, die Botschaften der Schönheitsbranche führen dazu, dass wir uns hässlich fühlen. Ich wünsche mir, dass du dies in deinem Schönheitsverständnis überwinden und abwandeln kannst: Denn egal wie du aussiehst, wichtig ist allein, dass du dich schön fühlst. »Bin ich schön?«, lautet der Titel dieses Kapitels. »Ja, das bist du!«, ist die uneingeschränkte Antwort dieses Buchs.
Gerade deshalb ist »Grün macht schön« auch so vielschichtig angelegt und beinhaltet Themen, die auf den ersten Blick wenig mit Beauty zu tun haben. Aber wahre Schönheit bedarf oft eines zweiten Blicks, und dazu möchten wir dich hier einladen. Zum zweiten Blick, zum ganzheitlichen Schönsein, zum Entdecken und Zelebrieren deiner eigenen Lebenskraft – ganz im Einklang mit dir selbst und der Natur. Grüner und schöner, Tag für Tag für Tag ...
GRÜN UND SCHÖN?
Was Nachhaltigkeit mit meinem Look zu tun hat
Meinen eigenen Lebensstil, meine Handlungen und Entscheidungen möglichst nachhaltig zu gestalten ist für mich ein grundlegender Bestandteil von bewusstem Leben. Und dazu gehören naturgemäß meine Ernährung, wie ich lebe, mit mir umgehe, mich pflege und mich anderen gegenüber verhalte. Es geht dabei nicht darum, den eigenen CO2-Fußabdruck auf null herunterzufahren oder auf jeglichen Konsum zu verzichten – beides ist aufgrund unserer gesellschaftlichen und globalen Verortung schier unmöglich. Nachhaltigkeit ist dennoch nichts, was nur Ökos, Gutmenschen und Perfektionisten vorbehalten ist. Es ist etwas, das wir alle tagtäglich mit Freude leben können, und wodurch wir nicht nur unseren Planeten bereichern, sondern auch uns selbst. Eine kurze Definition von Nachhaltigkeit: Bei einem nachhaltigen Lebensstil stellen wir unsere eigenen Bedürfnisse weder konstant über die zukünftiger Generationen noch über die von global benachteiligten Bevölkerungsgruppen und Gesellschaften. Wir gehen mit Ressourcen möglichst sparsam und bewusst um. Wir möchten unseren Lebensstandard so wenig als möglich auf Kosten von morgen oder von Menschen andernorts auf der Welt finanzieren.
Eine Liebeserklärung an die Nachhaltigkeit
Nachhaltiger zu leben erdet uns – und das im wörtlichen Sinn. Es bringt uns anderen Menschen näher, der Natur und auch uns selbst. Ein nachhaltiges Leben schafft in uns ein neues Bewusstsein für Zusammenhänge, zeigt uns auf, dass wir Teil eines großen Ganzen sind, und lässt uns Verantwortung für unsere Entscheidungen und unser Handeln übernehmen.
Für mich ist Nachhaltigkeit empowernd, befreiend und inspirierend zugleich. Ich muss nicht erst zum Über-Öko werden, um die Welt heute schon ein kleines bisschen besser zu machen. Vielmehr ist in der grünen Bewegung Platz für uns alle, mit all unserer Vielfalt und all unseren Widersprüchen.
Nachhaltigkeit macht mein Leben rund, sie erlaubt mir, authentisch zu leben und mich selbst zu entfalten, ohne den Blick auf andere zu verlieren. Und sie zeigt mir außerdem: Je mehr ich im Einklang mit der Natur lebe, desto mehr lebe ich auch im Einklang mit mir selbst. Nachhaltigkeit bringt mich zum Strahlen und noch dazu die Welt zum Erblühen.
© Lena Burmann, Berlin
Nachhaltig schön
Schönheit ist ein Thema, das genauso eng mit Nachhaltigkeit verknüpft ist wie alle anderen Bereiche unseres Lebens. Lange Zeit wurde es dennoch primär so definiert und vereinnahmt, dass wir damit vor allem Praktiken und Produkte verbunden haben, die der Umwelt und uns gleichermaßen schaden.
Zum Glück gibt es mittlerweile eine stetig wachsende Gegenbewegung, die voller Do-it-yourself-Anleitungen, alternativen Schönheitskonzepten und einer rundum natürlicheren Sichtweise auf unser Aussehen steckt. Mit diesem Buch wollen wir genau diese Bewegung feiern, stärken und erweitern. Und: Wir wollen dich dazu ermutigen, dein ganz eigenes Verständnis von Schönheit zu entwickeln, deine eigene grüne Beauty-Ernährung, Beauty-Pflege und Beauty-Einstellung zu entdecken.
© Lena Burmann, Berlin
IMMER MIT LIEBE
Genauso wie wir heute nicht auf Kosten von morgen leben möchten, sollte auch unsere Schönheit heute nicht teuer auf Kredit an unserer Gesundheit und unserem Aussehen in der Zukunft erkauft werden. Doch genau das geschieht bei der Verwendung von konventionellen Produkten, die nur auf Kurzzeitwirkungen zielen, bei Diäten, die mit dem Jo-Jo im Gepäck kommen, und bei Glückstipps, die nur als Seelenpflaster für Symptome dienen. Nachhaltig unsere individuelle Schönheit zu leben und zu pflegen ist ein Versprechen an uns und unsere Welt: Dass wir genau wie unsere Erde mit Bedacht, Ruhe und Liebe am besten heilen, wachsen und erstrahlen, weil wir es uns wirklich wert sind – und unsere Erde auch.
Nachhaltige Schönheit in der Praxis – anstelle eines Manifests
Raum für »Fehler«: Perfektion ist eine Illusion, die uns mehr schadet als guttut. Wir wollen nicht perfekt werden, sondern mit all unseren Widersprüchen, Wünschen und Sehnsüchten leben und die jeweils beste Entscheidung treffen. Dabei bemühen wir uns, die Umwelt und unsere Mitmenschen genauso zu achten wie uns selbst.
Mit Ruhe und Geduld: Wahrer Wandel braucht Zeit, innerlich genauso wie äußerlich. Uns geht es nicht darum, nur mal schnell ein paar Pfunde zu verlieren – die ebenso flott wieder mit Verstärkung zurück sind. Wir wollen auf Dauer mehr Energie, Lebensfreude und Schönheit besitzen und ausstrahlen.
Natürlich natürlich: Wir leben, essen und pflegen uns möglichst natürlich, denn in der Rückbesinnung auf eine solche Lebensweise können wir der Zukunft hoffnungsvoll entgegenblicken. Das beinhaltet die Verwendung von pflanzlichen Produkten in Pflege und Ernährung anstelle von Chemie in unserem Essen und unserer Creme. DIY im Bad und frisch gemixte Smoothies in der Küche ersetzen Dinge, die unserer Schönheit und unserer Umwelt nur schaden, und im Einklang mit unserer Umwelt sind wir auch stärker im Einklang mit uns selbst, was man sieht, hört und spürt. So entfalten wir allmählich unser volles Potenzial an Schönheit und Lebenslust und zelebrieren jeden einzelnen Schritt auf diesem großartigen Weg.
© LOOK, München (Florian Werner)
EIN LETZTES WORT VORAB –
Zum Aufbau dieses Buchs
Ein Begriff, der dir an einigen Stellen im Buch begegnen wird, ist »liebevoll«. Er nimmt nicht nur in diesem Buch, sondern auch in meinem Leben eine ganz zentrale Rolle ein. Liebevoll mit der Umwelt umzugehen, mit anderen und sich selbst ist oftmals ein Balanceakt, an dem wir wachsen können. Das ist nicht immer einfach, macht uns mitunter ziemlich empfindsam und dünnhäutig. Deshalb meine Bitte an dich: Gehe in diesem Prozess und in der Umsetzung der Tipps und Anregungen auf den nächsten Seiten liebevoll mit dir um (ja, da ist es wieder, dieses eine Wort ...).
Respektiere deine eigenen Grenzen, und setze vor allem das um, was dich besonders anspricht, was deiner Person, deinem Lebensstil und deiner derzeitigen Situation am stärksten entspricht.
Zeit für Veränderung: Grün macht schön im Alltag – und übers Wochenende
»Grün macht schön« ist deine ganz persönliche Schatzkiste, die randvoll mit Ideen, Informationen und Inspirationen gefüllt ist. Eingeteilt in die Bereiche Nutrition, Care sowie Mind & Soul, findest du auf jeder Seite Tipps, Impulse und Rezepte für ein rundum schönes grünes Leben. Entdecke sie, indem du das Buch von Anfang bis Ende liest, immer mal wieder aufschlägst oder dich gezielt bestimmten Themen widmest.
Wer sich nicht immer mal wieder etwas herauspicken will, sondern gerne mal ein paar Tage konzentriert etwas für sich tun möchte, für den haben wir ein dreitägiges Beauty-Programm entwickelt. Es bündelt die Tipps aus den drei Bereichen Ernährung und Detox, Reinigung und Pflege sowie Mind & Soul. So kannst du dich und dein Leben über ein verlängertes Wochenende gezielt verschönern.
Egal wie du dieses Buch nutzen möchtest und seinen Inhalt in die Praxis umsetzt: Wir wünschen dir, dass es dich dazu anregt, natürlicher, grüner und einfach schöner zu essen, zu leben, dich zu pflegen, zu denken und zu handeln.
Bereit für die Mission »natürlich schön«? Dann ab ins Abenteuer!
Alles Gute, Liebe & Schöne
© Lena Burmann, Berlin
LEBEN IST RHYTHMUS –
Rhythm is it
Leben ist Rhythmus – Maschinen besitzen einen Takt. So folgen alle Pflanzen, Tiere und Menschen naturgegebenen, lebendigen Rhythmen, alle Maschinen dagegen gehorchen einem immer gleichen, unveränderlichen Takt. In dem Moment, in dem aus dem natürlichen Herzrhythmus ein Takt wird, ist das Leben zu Ende.
Dieser Rhythmus bestimmt uns vom ersten Atemzug an und ist als biologisches Programm tief in unseren Genen verankert. Im Lauf der Evolution entwickelte sich gemeinsam mit dem Stoffwechsel die sogenannte »zirkadiane Periodik« unseres Organismus (lat.: »circa dies«: »ungefähr ein Tag«). Diese innere Uhr regelt 24 Stunden lang den Ablauf einer Vielzahl von Körperfunktionen, die tagesrhythmischen Schwankungen unterliegen. Dazu gehören der Blutdruck, Pulsschlag sowie die Körpertemperatur und die Hormonproduktion. Tatsächlich können Endokrinologen – also Wissenschaftler, die sich mit den Hormondrüsen und Hormonkreisläufen des menschlichen Körpers beschäftigen – bereits im Blut eines Menschen feststellen, um welche Tageszeit es abgenommen worden ist. Unsere Nerven- und Muskelzellen schwingen in Mikrovibrationen mit Frequenzen von Zehntelsekunden, der Herzrhythmus hat eine Frequenz von etwa 70 Hertz, der Atem von 25 Hertz im Minutenrhythmus. Im Schlaf wechseln sich Traum- und Tiefschlafphasen im Stundenrhythmus ab, Wach- und Schlafzeiten wechseln hingegen im Tag-Nachtrhythmus, wie auch Stimmungen und Bewusstseinszustände. Der weibliche Menstruationszyklus orientiert sich am Monatsrhythmus.
Aus sogenannten Bunker-Experimenten, bei denen Probanden von der Außenwelt abgeschottet und fern von Zeitgebern wie Uhr, Tageslicht, festen Essens- oder Schlafenszeiten leben, weiß man, dass unsere biologische Uhr im Gehirn auch für unseren Schlaf-wach-Rhythmus zuständig ist. Chronobiologen versuchen seit vielen Jahren, die Tageszyklen des Körpers aufzuschlüsseln. Sie stellten fest, dass die zirkadiane Periodik mithilfe unserer inneren Uhr nicht nur den zeitlichen Ablauf der Ausschüttung bestimmter Hormone steuert, wie etwa die des Schlafhormons Melatonin, das aus dem tagsüber unter dem Einfluss von Sonnenlicht produzierten Wohlfühlhormon Serotonin gebildet wird, sowie des für Regenerations- und Reparaturprozesse wichtigen Wachstumshormons (HGH/Human Growth Hormone). Dieses wird über Impulse etwa neun- bis zehnmal im Tageslauf freigesetzt. Diese Episoden sind teilweise an den Schlaf gebunden und nehmen in den Tiefschlafphasen (20 bis 30 Minuten nach dem Einschlafen) zu. Die Ausschüttung verändert sich unter verschiedenen Parametern wie etwa Schlafdauer, Alter und Gewicht. HGH ist wichtig für Regenerations- und Reparaturprozesse und damit zum Beispiel für ein frisches Aussehen, glatte Haut und ein gesundes Bindegewebe.
Der Rhythmus unserer inneren Uhr lässt sich auch durch andere Rhythmen beeinflussen: den der Jahreszeiten, des sich verändernden Lichteinfalls wie auch durch unser bewusstes Zutun – wie etwa unsere Tagesroutine aus Aufstehen, Aktivitäten, positivem wie negativem Stress, Mahlzeiten, Essenspausen, Entspannungsphasen und Schlafenszeiten. Diese Gehirnregion reagiert besonders sensibel auf Stoffwechselveränderungen, die mit der Nahrungsaufnahme verbunden sind. Deshalb sind regelmäßige Essenszeiten und Pausen unbedingt empfehlenswert. Einem Rhythmus zu folgen ist so betrachtet auch ein Weg, seine Lebenskraft zu erhalten. Dies wird wiederum an unserer Energie und unserem Aussehen offensichtlich. Wenn wir dann noch den Jahreszeiten Raum in unserem Leben geben und unsere Ernährung beispielsweise vermehrt auf saisonal geerntetes Obst und Gemüse ausrichten, folgen wir dem Rhythmus der Natur.
© Lena Burmann, Berlin
Ganzheitliche Empfehlungen für ein Leben mit den Jahreszeiten
In den großen Heilsystemen Asiens, der Traditionellen chinesischen Medizin oder dem indischen Ayurveda – der »Kunst des schönen Lebens« –, ist das Leben im Kreislauf der Natur ein ganz selbstverständlicher Bestandteil der Gesundheits- und Schönheitspflege. Konkret zeigt der Ayurveda, dass die Natur alles bereitstellt, was wir für ein angenehmes Leben brauchen. Im Ayurveda wird Pflanzen eine besondere Bedeutung zugeschrieben, und sie werden bisweilen sogar als heilig verehrt. Denn in jeder Pflanze und jedem Mineral bündeln sich die Kraft und die Energie der Natur.
© Lena Burmann, Berlin
Die ayurvedische Lehre gibt uns für alle Jahreszeiten Empfehlungen, um innerlich wie äußerlich in der Balance zu bleiben. Man nennt diese Empfehlungen Ritucharya. Hier finden sich jede Menge Ratschläge, welche Lebensweise und welche Nahrungsmittel in der jeweiligen Jahreszeit geeignet sind, um fit zu bleiben und sein inneres Strahlen zu behalten. Insgesamt kann es – so steht es in den alten vedischen Schriften geschrieben – mithilfe der Ritucharya gelingen, seine natürlichen Instinkte für die eigenen körperlich-seelischen Bedürfnisse zu verfeinern. Denn der Wechsel der Jahreszeiten bedeutet immer zugleich einen Umschwung, der sich im körperlichen Befinden wie auch in der Stimmung bemerkbar machen kann. Das hast du sicher wie jeder von uns schon einmal erlebt. Hier eine kleine Inspirationshilfe:
FRÜHLING UND FRÜHSOMMER
Ab Ende Februar wird es allmählich wärmer, und die Tage werden länger, dadurch werden im Körper Reinigungsprozesse angeregt, um die während des Winters angesammelten Schlacken und Gifte wieder loszuwerden. In unseren Breiten wird dieser Ballast kurz als Winterspeck bezeichnet. Jetzt stehen Fastentage und Detoxkuren auf dem Programm. Mein kleiner Alltagsgeheimtrick nach einem langen Winter: Den Stoffwechsel kannst du anregen, indem du über den Tag verteilt immer wieder ein paar Schlucke heißen Wassers zu dir nimmst. Warme Speisen und Getränke mit den Geschmacksrichtungen scharf, bitter und herb sind jetzt wohltuend. Ideal sind jetzt zudem alle Nahrungsmittel, die eine zusammenziehende (adstringierende) Wirkung haben. Dazu gehören Blattgemüse wie Spinat, Kräuter, Hülsenfrüchte (Linsen, Bohnen, Erbsen), aber auch scharfe Gewürze. Auch Yoga-Übungen, gemäßigte sexuelle Aktivitäten sowie trockene Massagen mit einem seidenen Garshan-Handschuh – um die Reinigungsprozesse auch über die Haut anzuregen – sind in dieser Zeit empfehlenswert.
Ende April, wenn der Frühsommer beginnt und es langsam aufhört zu regnen oder zu schneien, ist zum Ausgleich von Wärme und Trockenheit der Genuss von süßen, kalten und öligen Gerichten und Getränken empfehlenswert. Alles, was kühlt, ist nun wohltuend. Auch eine Ruhe- oder Schlafpause ist ausdrücklich erlaubt. Sex und sportliche Betätigungen sind jetzt eher kraftraubend und sollten zu einem anderen Zeitpunkt wieder häufiger auf dem Programm stehen.
© LOOK, München (Martin Kreuzer)
SOMMER UND FRÜHHERBST
Die Sonne wirkt, wenn sie im Norden steht, intensiver und austrocknend auf den Körper und kann zu Energieverlust führen – deshalb fühlen wir uns in der heißen Jahreszeit eher schlapp und müde. Ab Ende Juni beginnt der Hochsommer. Um den Körper zu stärken, sollten jetzt leichte, süße, bittere und herbe Gerichte mit Gemüse, Salaten, Kräutern und Pflanzenölen auf dem Speiseplan stehen. Sauer und salzig sollte man meiden, erlaubt ist hingegen alles, was kühlt. Vielleicht geht es dir in der Hitze auch wie mir: Ich kann an manchen Tagen einfach nicht genug von stark wasserhaltigem Obst wie Melonen, Trauben und Beeren bekommen. Meinem Körper schmeckt das genauso wie mir, denn gerade jetzt ist eine hohe Flüssigkeitszufuhr äußerst wichtig für Körper, Haut und Wohlbefinden. Deshalb solltest du stets auch darauf achten, ausreichend zu trinken. Ab Ende August beginnt dann der Spätsommer beziehungsweise Frühherbst. Zum Ausgleich sind nun süße, leichte, kalte und bittere Lebensmittel ideal.
INFO
SPÄTHERBST UND WINTER
Im Spätherbst sind kurze Fastenzeiten oder intermittierendes Fasten – also an einem Tag normal und am nächsten Tag wenig bis nichts zu essen – ideal. Hemante Ritu ist die beste Zeit, um überflüssige Pfunde loszuwerden.
In den trocken-kalten Tagen ab etwa Mitte Dezember ernähren wir uns fettreicher und nahrhafter als sonst, um warm zu bleiben. Trotzdem muss man sich bei einer ayurvedischen Lebensweise, die reich an wunderbaren vegetarischen Gerichten ist, keine Sorgen um sein Gewicht machen. Auch regelmäßige Ölmassagen wirken jetzt besonders harmonisierend. Auf kalte Speisen und Getränke, trockene Nahrungsmittel und auch auf das Fasten sollte nun verzichtet werden. Dagegen sind zu dieser Jahreszeit immer wieder ein paar Schlucke heißen Wassers, aber auch ein Glas Wein am Abend wärmend und anregend zugleich. Und nur am Rande: In der ayurvedischen Lehre ist diese Phase im Jahr die am besten für sexuelle Aktivitäten geeignete Zeit.