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Carlo Meier
Die Kaminski-Kids:
Der 2. Weihnachts-Fall

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Liebe Leserinnen und Leser

Wie bei allen Fällen der Kaminski-Kids haben auch bei diesem Sonderband meine drei Kinder Sidi, Anuschka und Saskia tatkräftig mitgeholfen. Vielen Dank dafür! Bedanken möchte ich mich für ihre wertvollen Anregungen auch bei Jonas (9) und Martina Gehrig, Simon und Sarah Hoehn sowie Matthias (11), Jaron (12), Nadine (14), Sheona und Bigna Meier. Und natürlich bei meiner Frau Andi, ohne die dieses Buch nie möglich geworden wäre.

Mein Dank geht ebenfalls an Manuela Griffel und André Widmer (Kriminalpolizei) sowie Simon Carrel, Claudia Bucheli und Titus Bürgisser (Pädagogen) für ihre sachkundige Beratung.

Nicht zuletzt möchte ich mich auch bei meiner Lektorin Vera Hahn und bei meinem Lektor und Freund Christian Meyer bedanken, der seit Beginn der Kaminski-Kids in sämtlichen Bänden entscheidende Impulse eingebracht hat.

Viel Spaß wünscht Euch allen

Carlo Meier
fanclub@kaminski-kids.com

Besuche die Kaminski-Kids auf www.kaminski-kids.com! Schau nach, was die Kids über sich selbst erzählen und fordere die kostenlosen E-Mail-News mit spannenden Infos und Gewinnspielen an – damit bleibst Du immer am Ball, wenn etwas Wichtiges passiert. Viel Wissenswertes gibt es auch für Vorträge/Referate und natürlich über die Bücher, Hörspiele, Lesungen und den Autor.

Carlo Meier

Die Kaminski-Kids:
Der 2. Weihnachts-Fall

Sonderband mit 24 Kapiteln

Mit Illustrationen von Matthias Leutwyler

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

© 2015 by Brunnen Verlag Basel
Umschlag und Illustrationen: Matthias Leutwyler, Luzern
Typografie Umschlag: David Grau, Fontis – Brunnen Basel
E-Book-Vorstufe: InnoSet AG, Justin Messmer, Basel
E-Book-Herstellung: Textwerkstatt Jäger, Marburg

ISBN (EPUB) 978-3-03848-760-9
ISBN (MOBI) 978-3-03848-761-6

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Kapitel 1

«Was ist denn hier los?»

Das Hausmädchen Silvia knallte im Flur die Tür zu und sperrte damit den eisigen Wind aus.

«Wir machen Weihnachtspakete», antwortete Simon im Wohnzimmer. Neben ihm lag alles drunter und drüber: Lebensmittel, Wintersachen, Pappschachteln, Klebeband …

Debora schmunzelte. «Genau solche Päckchen, wie du sie vorhin stapelweise zur Post gebracht hast.»

«Ach, die – nach Moldawien …» Silvia schlüpfte im Gang aus den Stiefeln. «Wo liegt das überhaupt, Moldawien?»

«Das ist ein kleines Land in Osteuropa», erklärte Opa inmitten des Durcheinanders aus Schokoriegeln und Wollsocken. «Viele Menschen dort sind so arm, dass sie sich keine warmen Sachen leisten können.»

«Dabei sind viele Häuser da total kaputt.» Raffi schauderte bei der Erinnerung an die Filmbilder, die sie gesehen hatte. «Manche Fenster haben nicht mal Scheiben drin. Da ist es eiskalt, und nirgends ein warmes Fleckchen!»

Vor kurzem hatten sich die Kids ein Video angeschaut, in dem halb zerfallene Häuser und ärmlich gekleidete Leute zu sehen waren. Darin wurde erklärt, mit Weihnachtspaketen könne man diesen Menschen eine große Freude bereiten und ihre Not etwas lindern. Und deshalb schnürte die Familie Kaminski nun eifrig Päckchen.

Opa klebte zuletzt ein rotes Kleeblatt mit dem Aufdruck KAMINSKIS BLUMENHOF an die Seite jedes fertigen Pakets.

Zwockel wuselte um den alten, fast blinden Mann herum, schnupperte an einer Keksschachtel und legte sich dann friedlich auf den Teppichboden.

«Und was packt ihr alles ein?» Silvia stellte ihre Stiefel zum Abtropfen auf die Plastikunterlage im Flur.

«Tja, Mehl, Reis, Zucker», zählte Raffi auf. «Aber auch Geschenksachen wie Stofftiere, kleine Puppen, alte Uhren …»

«Was?» Opa merkte auf. «Alte Uhren? Wir legen da doch keine alte Uhren rein.»

«Doch», entgegnete die Kleine. «Ich hab eine reingetan. Zwar nur bei einem Päckchen, aber da lag eine, und die hab ich eingepackt.»

Nun dämmerte es Opa. «Oh, nein!»

Raffi sah ihn erschrocken an. «Was denn?»

Großvater senkte den Kopf. «Das war meine alte Armbanduhr», murmelte er leise.

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«Was?» Simon und Debora musterten Opa erschrocken. «Die Uhr, die du von Oma als Hochzeitsgeschenk bekommen hast?»

Der alte Mann nickte. «Ich hatte die Uhr jemandem gezeigt und wollte sie gleich wieder in mein Zimmer bringen. Ich hab sie nur kurz hier auf den Tisch gelegt …»

Die Kids sprangen auf. «Mal sehen, vielleicht ist das Päckchen ja noch da!»

Sie rannten in den Flur und schauten sich um. «Nichts. Alle Pakete weg.»

Rasch gingen sie zur Tür, machten sie auf und blickten auf den verschneiten Vorplatz hinaus.

«Auch hier – keine Pakete mehr da», seufzte Debora enttäuscht.

«Hätte ich das nur geahnt!» Silvia sah sie betroffen an und schob sich eine Strähne ihres schwarz gefärbten Haars aus der Stirn. «Ich hab einfach die Päckchen geschnappt, die im Flur lagen. Ich musste ja sowieso zur Post.»

«Schon gut, aber …» Raffi traten Tränen in die Augen. Niedergeschlagen trottete sie durch den Flur ins Wohnzimmer zurück. In dem gemütlichen, mit Holz getäfelten Raum trat sie zu Großvater und umarmte ihn bedrückt. «Es tut mir so leid, Opa! Das wollte ich nicht. Ich …»

«Ist schon gut, Raffi», brummte er. «Es war nicht dein Fehler, sondern meiner. Ich hätte die Uhr nicht hier hinlegen sollen.»

«Trotzdem», schniefte sie. «Ich hab sie eingepackt, kein anderer. Ich bin schuld!»

Opa schüttelte den Kopf. «Weißt du, Raffi, das Hochzeitsgeschenk meiner Frau bedeutet mir viel. Aber man soll sein Herz nicht an Dinge hängen.» Er strich der Kleinen über den Kopf mit dem Zöpfchen im Haar. «Es ist nicht so schlimm, Raffi. Ganz ehrlich.»

Doch sie fand es schlimm. Sehr sogar. Sie hätte sich ohrfeigen können für ihre Gedankenlosigkeit.

Und außerdem konnte sie ganz genau sehen, wie traurig der Verlust Großvater wirklich machte, auch wenn er etwas anderes behauptete. Er drehte versunken seinen goldenen Ehering – das tat er immer, wenn er in Gedanken in der Vergangenheit war. Bei seiner Frau, als sie noch lebte …

Nach einer Weile stand Großvater auf und tastete sich durch den Flur davon. Wortlos verschwand er in seinem Zimmer.

Raffi blickte ihm hinterher. Sie hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen.

Verzweifelt wandte sie sich an ihre Geschwister. «Wie könnten wir die Uhr zurückkriegen? Wir müssen sie unbedingt wiederfinden! Unbedingt!»

«Lasst uns mal bei der Post anrufen», schlug Simon vor. «Vielleicht können die das Päckchen ja noch stoppen.»

«Gute Idee!» Debora nahm ihr Handy hervor, startete die Telefonbuch-App und suchte die Nummer der Poststelle. «Hmm», murmelte sie nach einer Weile. «Da gibt's bloß eine Hauptnummer, keine in unserem Dorf.»

«Dann versuchen wir's eben dort!» Raffi war ganz zappelig. «Ruf die Hauptnummer an, Debbie! Schnell!»

«Okay.» Debora stellte das Handy auf laut, damit alle mithören konnten.

Nach kurzem Warten ging eine Frau dran. «Postzentrale, wie kann ich Ihnen helfen?», fragte sie freundlich.

Simon erklärte kurz die Lage und betonte: «Es ist sehr wichtig, wir müssen das Paket unbedingt aufhalten!»

«Einen Moment, bitte.» Die Frau legte sie in die Warteschleife. Musik ertönte.

Die Kids sahen sich an.

Langsam wurde die Musik leiser.

Debora holte schon Luft, um zu sprechen. Da begann ein neues Lied.

«Oh Mann!», stöhnte Raffi. «Warum dauert das denn so lange?» Gestresst verzog sie den Mund. «Wenn das so weitergeht, ist das Paket längst über alle Berge!»

Kapitel 2

Den Kids kam es wie eine Ewigkeit vor, bis die Frau von der Postzentrale endlich wieder in der Leitung war. «Danke, dass Sie gewartet haben», ertönte ihre Stimme aus Deboras Handy. «Die fragliche Sendung hat die Poststelle bereits verlassen.» Ein Lastwagen sei damit inzwischen auf dem Weg zum Paketverteilzentrum in der Stadt.

«Okay», erwiderte Debora. «Kann man das Päckchen dort stoppen?»

«Kommt drauf an», antwortete die Frau. «Haben Sie die Sendungsnummer?»

«Die Sendungsnummer?» Fragend schaute Debora die Kids und dann das Hausmädchen an.

Silvia hob die Schultern. «Keine Ahnung – es waren ja viele Päckchen, nicht nur eins … Nein, da gab's keine Nummer, sorry.»

«Wir haben keine», sprach Simon ins Telefon. «Aber wir wissen, dass das Paket nach Moldawien geht.»

«Tut mir leid», entgegnete die Postbeamtin. «Ohne Sendungsnummer ist nichts zu machen. In der Vorweihnachtszeit durchlaufen Hunderttausende von Paketen die regionalen Verteilzentren.»

«Es ist aber ganz, ganz wichtig!», rief Raffi verzweifelt. «Opas Uhr ist drin, und die müssen wir unbedingt wiederhaben!»

«Tja, wie gesagt …»

«Warten Sie mal», warf Debora ein. «Unsere Päckchen haben ein rotes Kleeblatt an der Seite – daran können Sie die doch sicher erkennen!»

«Wenn das Paket nicht speziell verpackt ist, zum Beispiel in einer Kartonrolle, bringt das auch nichts. Denn normale Formate werden nicht von Hand, sondern vom Computer sortiert. Und der erkennt etwas Rotes an der Seite nicht.»

Raffi blieb hartnäckig: «Dann kommen wir eben hin und suchen das Paket selber!»

«Das geht nicht», sagte die Frau am Telefon. «Ins Verteilzentrum dürfen keine Privatpersonen hinein. Zudem gibt es so viele Päckchen in den Zentren, dass sie aneinandergereiht den ganzen Erdball umspannen würden. Da ist es völlig aussichtslos, ein einzelnes zu finden.»

«Aber …»

«Es tut mir leid, ich kann euch wirklich nicht helfen. Wenn ich es könnte, würde ich es tun, glaubt mir.»

«Na dann», seufzte Debora enttäuscht. «Auf Wiederhören …» Niedergeschlagen drückte sie die rote Taste.

Doch Raffi gab noch immer nicht auf. Eindringlich sah sie die anderen an. «Ich möchte trotzdem versuchen, da reinzukommen und das Paket zu suchen. Morgen haben wir doch schulfrei! Seid ihr dabei?»

Simon schaute sie mitfühlend an. «Raffi, es ist unmöglich … Man kann nicht in das Zentrum rein. Und selbst wenn – eine Nadel im Heuhaufen wäre leichter zu finden, echt.»

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Simon nahm seine beiden Schwestern im Wohnzimmer ein wenig beiseite. «Aber ich hab eine andere Idee, wie wir das Problem vielleicht lösen könnten.»

«Ach ja?» Raffi blickte erwartungsvoll zu ihm auf. «Was für eine denn?»

«Hört zu», begann Simon. «Wir könnten doch Geld zusammenlegen und eine neue Uhr für Opa kaufen, die aussieht wie seine alte!»

«Genau!», strahlte Debora. «Und die schenken wir ihm dann zu Weihnachten.»

«Check!» Simon streckte die flache Hand aus, und Debora schlug lachend drauf. «Check!»

Doch Raffi war nicht so begeistert wie ihre Geschwister. «Ich würde Opa aber lieber die richtige Uhr geben als eine falsche neue.»

«Raffi, das geht nicht», erklärte Debora sanft. «Die Uhr ist weg. Das ist jetzt nun mal so. Das können wir nicht mehr ändern.»

«Wirklich nicht?» Die Kleine ließ den Kopf hängen. «Wir haben überhaupt nicht versucht, sie zu finden …»

«Ach komm, Raffi.» Simon klopfte ihr aufmunternd auf den Rücken. «Opa wird sich ganz bestimmt über die neue Uhr freuen. Ganz bestimmt!»

«Da bin ich mir nicht so sicher.»

«Oh-oh!» Debora deutete auf die Zeitanzeige ihres Handys. «Wenn wir noch eine passende Uhr ergattern wollen, müssen wir uns jetzt aber beeilen. Die Läden schließen bald!»

«Okay.» Der Junge nickte beherzt. «Dann nichts wie los!»

Simon und Debora eilten in den Flur hinaus und warfen sich in ihre Wintersachen. Dann verließen sie zielstrebig das Haus.

Raffi blieb mit Zwockel allein im Wohnzimmer zurück. Voller Kummer grübelte sie darüber nach, wie sie bloß einen solchen Fehler hatte begehen können. Und wie er sich doch noch wiedergutmachen ließe.

Aufgewühlt tappte sie im Raum herum, im Kreis, mehrere Male. Dann gab sie auf. Sie trottete zu Opas Zimmer am Ende des Flurs und klopfte an.

«Herein!», rief der alte Mann.

Als die Kleine öffnete, sah sie gerade noch, wie er die oberste Schublade der Kommode zuschob. Raffi wusste, was sich darin befand. Omas Schmuck. Großvater hatte ihnen diesen Schatz schon oft gezeigt: Halsketten, Armbänder, Ehering …

«Was machst du, Opa?», fragte Raffi befangen.

«Nichts, nichts.» Seufzend wandte er sich von der Kommode ab. «Komm nur rein.»

Die Kleine spürte ganz genau, dass ihm der Verlust mehr zu schaffen machte, als er zugeben wollte.

«Opa», begann sie. «Du vermisst sie, nicht wahr?»

«Ja, sehr.» Er nickte und schaute mit seinen trüben Augen ins Leere. «Ich vermisse sie sehr.»

Bloß, dass Raffi mit ihrer Frage die Uhr meinte. Und Opa seine Frau.

Die Kleine schluckte ihre Beklemmung hinunter. «Okay, entschuldige die Störung. Bis später.» Sie wandte sich ab und zog die Tür von außen leise wieder zu.

Die Sache hörte nicht auf, sie zu wurmen. Ihr Fehler nagte an ihrem Gewissen. Sie musste etwas dagegen unternehmen. Sie konnte nicht einfach tatenlos herumsitzen.

Schließlich fasste sie einen Entschluss.

Sie rannte die Treppe hoch ins Mädchenzimmer.

Drinnen öffnete sie ihren Schrank, warf ein paar Kleider in ihre Sporttasche und schnappte sich den Schlafsack. Vom Regal holte sie ihre Spareule herunter, leerte sie aus und steckte das ganze Geld ein.

Mit der Tasche eilte sie zur Tür und schaute sich noch mal um.

Schnell holte sie ihren Plüschhund Softie und schob ihn oben in die Tasche.

Dann tappte sie die Treppe ins Erdgeschoss hinab.

Als sie unten ankam, war Zwockel sofort bei ihr und schmiegte sich an ihre Beine. Raffi nahm den Hund an die Leine.

Im Flur schlüpfte sie in ihre warme Winterjacke und die dicken Stiefel.

Und dann verließ sie mit dem Collie das Haus, ohne dass jemand etwas merkte.

Kapitel 3

Raffi stapfte im dichten Schneetreiben entschlossen über den Kaminski-Hof davon. Zwockel sprang freudig um sie herum.

Vorne an der Dorfstraße fragte sich die Kleine, wie sie wohl zu diesem Paketverteilzentrum gelangen könnte. Am Telefon hatte die Frau von der Postzentrale die Stadt erwähnt, in der es sich befand. Und das war zufälligerweise dieselbe Stadt, in der Deboras Freund Manuel wohnte.

Dort war Raffi schon gewesen. Den Weg dorthin würde sie wahrscheinlich wiederfinden. Wahrscheinlich …

Dicke Flocken tanzten durch die Luft und setzten sich auf ihr Haar.

Was wäre, wenn sie den Weg alleine gar nicht schaffen würde? Letztes Mal war die ganze Familie dabei gewesen, und sie waren mit dem Auto hingefahren.

Na ja, es musste einfach klappen. Irgendwie.

Raffi sog Luft ein und stapfte beharrlich weiter.

Ihre große Schwester war schließlich auch schon mal abgehauen. Zu Manuel. Und was Debora konnte, das konnte sie auch.

Sie beschloss, es einfach ihrer Schwester nachzumachen. Und erst mal zu Manuel zu gehen. Dann würde sie weitersehen, wie sie zu diesem Postzentrum käme.

Inzwischen begann es schon zu dämmern. Bald würden die Straßenlaternen angehen. Raffi marschierte noch etwas schneller.

Was sollte sie tun, wenn es bereits dunkel wäre, bis sie in die Stadt käme?

Vielleicht konnte sie Manuel bitten, ihr den Weg zu dem Zentrum zu zeigen. Vielleicht wäre er hilfsbereiter als Simon und Debbie. Und wenn nicht, könnte sie vielleicht bei ihm übernachten. Vielleicht …

Raffi zog Zwockel näher zu sich und rannte inzwischen schon fast den Gehweg entlang. Sie wollte so schnell wie möglich zur Bushaltestelle und von da zum Bahnhof kommen. Um mit dem nächstbesten Zug in die Stadt zu fahren.

Noch einmal sog sie tief Luft ein. Sie würde es schaffen. Sie würde dieses Paketzentrum finden. Und sie würde Opa die Uhr zurückbringen. Damit er nicht mehr so traurig sein musste.

Sie sprach sich entschlossen Mut zu. Sie würde diese Uhr wiederfinden. Koste es, was es wolle.

Raffi

Als Simon und Debora später vom Einkaufen zurückkamen, verschwanden sie im Kaminski-Haus rasch im Obergeschoss. In Simons Zimmer versteckten sie die nagelneue Armbanduhr, die sie für Opa besorgt hatten.

«Am besten hier.» Simon zog seine Nachttisch-Schublade auf. «Da ist das wertvolle Teil gut aufgehoben.»

Debora lächelte. «Opa wird sich sicher drüber freuen. Das wird cool, sie ihm an Weihnachten zu schenken.»

«Ja, ich freu mich auch schon drauf.»

In diesem Moment drang Mutters Stimme aus dem Erdgeschoss herauf. «Kinder, Essen ist fertig!»

«Super!» Simon machte die Schublade wieder zu. «Ich hab einen Mordshunger.»

«Dann mal nichts wie los!»

Die beiden rannten die Treppe hinab. Unten in der Küche setzten sie sich auf ihre Plätze am Esstisch.

Opa war auch schon da, und Vater kam gerade von der Arbeit in der Blumenhandlung herüber.

Nur ein Platz am Tisch blieb leer.

«Wo ist Raffi?», fragte Vater.

«Keine Ahnung.» Debora und Simon warfen sich einen Blick zu. «Wir sind eben erst zurückgekommen.»