Buch
Griffin Hancock, notorischer Bad Boy und Bassist der Band D-Bags, hat eigentlich alles, was man sich wünschen kann. Ein großes Haus, ein schnelles Auto und eine wunderschöne Frau. Doch trotz des Glücks mit Anna und seiner geliebten Tochter Gibson wächst seine Unzufriedenheit – denn Griffin hat es satt, in Kellan Kyles Schatten zu stehen. Schließlich hat er es verdient, selbst als Nr. 1 im Rampenlicht zu erstrahlen! Als sich ihm eine einzigartige Chance bietet, nimmt er kurzerhand seine kleine Familie und kehrt Seattle und der Band den Rücken, um in L.A. neu anzufangen. Doch dass Ruhm nicht alles ist und er ihn das kosten könnte, was er am meisten liebt, merkt Griffin erst, als es beinahe zu spät ist …
Weitere Informationen zu S.C. Stephens
sowie zu lieferbaren Titeln der Autorin
finden Sie am Ende des Buches.
S. C. STEPHENS
UNTAMED
Anna & Griffin
Roman
Übersetzt
von Babette Schröder
Die amerikanische Originalausgabe erschien 2015 unter dem Titel »Untamed« bei Forever, an imprint of Grand Central Publishing, New York
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1. Auflage
Deutsche Erstveröffentlichung September 2016
Copyright © der Originalausgabe 2015 by S.C. Stephens
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2016
by Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München
Umschlagmotiv: Getty Images/Peter Beavis
Redaktion: Antje Steinhäuser
MR ∙ Herstellung: Str.
Satz: IBV Satz- und Datentechnik GmbH, Berlin
ISBN: 978-3-641-16677-9
V001
www.goldmann-verlag.de
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Dieses Buch ist für all die Griffin-Fans, die unablässig nach mehr, mehr, mehr gerufen haben! Seitdem er in Thoughtless zum ersten Mal aufgetaucht ist, habt ihr mit ihm und über ihn gelacht und ihn wachsen sehen. Wenn ihr euch nicht schon in ihn verliebt habt, hoffe ich, dass ihr es nach dem Lesen von Untamed bis über beide Ohren seid. Ich bin es jedenfalls.
1. Kapitel
Gegen einen geilen Typen
ist kein Kraut gewachsen
Ich war kein Angeber, aber ich hatte ein gutes Leben. Quatsch. Ich war ein Angeber und prahlte so oft und so laut ich konnte, denn ich hatte das tollste Leben in der Geschichte der tollen Leben. Nicht viele Leute konnten derart aufschneiden wie ich. Nicht viele gehörten schließlich zur erfolgreichsten Band der Welt. Nur ich. Ach ja, und meine Bandkollegen. Na, egal.
Und in dreizehn Tagen, achtzehn Stunden und zweiunddreißig Minuten würde ich wieder auf Tour sein. Die Sommer-Tour zum zweiten Album der D-Bags, das auf Platz eins der Charts stand, rückte schnell näher, und ich konnte es kaum erwarten loszulegen. Ich hatte lange genug im Hintergrund gewartet und ein Instrument gespielt, das man mir zugewiesen hatte. Auf dieser Tour würde alles anders werden. Jetzt war ich an der Reihe, die Leadgitarre zu spielen, jetzt würde ich im Scheinwerferlicht stehen. Ich würde diese verdammte Bühne rocken, und niemand würde mich aufhalten.
Als ich vor ein paar Jahren zu den D-Bags kam, ging ich logischerweise davon aus, dass man mich anstelle meines Cousins zum Leadgitarristen machen würde, sobald man meine Genialität bemerkt hätte. Das hatte ich den Jungs auch gesagt, als wir die Band offiziell gegründet hatten. Und obwohl Matt mir zugestimmt hatte und meinte: »Wenn du das sagst, Griffin«, hatte mir die Band bislang die Chance verweigert, ein Star zu werden. Sie hatten mich zum Bass abgeschoben und mich dort versauern lassen. Ich gehörte nach vorn, ins Zentrum – Leadgitarrist stand quasi auf meiner Stirn geschrieben. Das wussten alle, doch wann immer ich vorschlug, dass Matt und ich die Instrumente tauschen sollten, taten sie meine Bitte mit lächerlichen Bemerkungen ab wie »Matt hat mehr Talent«. Na ja. Mein linkes Ei hatte mehr Talent als Matt; er wäre gern so toll wie ich. Die Jungs hatten alle Sorge, dass sie an den Rand gedrängt wurden, wenn ich erst die Chance bekäme zu glänzen. Na ja, egal. Ich hatte nicht vor, noch lange in ihrem Schatten zu stehen. Niemand stellte einen Kerl wie mich in die Ecke. Niemand.
Zum Glück sehe ich verboten gut aus, habe einen megascharfen Körper, weiß mehr über Sex als ein erstklassiger Aufreißer und habe mehr Talent im kleinen Finger als die meisten im gesamten Körper. Irgendwie war ich auch noch ein Glückspilz, die Dinge fügten sich meist für mich. Ich glaube, ich hatte ein gutes Karma oder so einen Mist, denn selbst unglückliche Situationen endeten schließlich fucktastisch. Nehmen wir zum Beispiel meine Kindheit. Als meine Mutter feststellte, dass sie mit mir schwanger war, lebten wir in Wichita. Ja, genau. Fast wäre ich in Kansas geboren worden. In Kansas! Doch mein Dad verlor seine Arbeit, wir zogen zu seinem Bruder, und so entdeckte ich in der Stadt der Scheinwerfer das Licht der Welt – in Los Angeles. Kaum aus der Gebärmutter geschlüpft war ich bereits zu Großem bestimmt.
Bereits in jungen Jahren reizte es mich, Rockstar zu werden – an Halloween ging ich sechsmal hintereinander als Gene Simmons. Ich glaube, mich überzeugte die Vorstellung, dass Millionen von Leuten meinen Namen riefen, bei meinem Anblick weinten und mich vergötterten. Der Gedanke, auf einen Sockel gehoben zu werden, schien mir berauschend. Wer will das nicht? Und außerdem, welcher Beruf, abgesehen von Pornodarsteller und Callboy, garantierte einem so viel Sex? Ich kenne keinen.
Doch ich glaube, der eigentliche Grund für meine Berufswahl war Matt. Die ersten acht Jahre unseres Lebens wohnten wir in einem Haus, anschließend in derselben Straße, und dann zogen wir zusammen von zu Hause aus. Obwohl wir uns regelmäßig auf die Nerven gingen, waren wir fast immer zusammen. Über niemanden machte ich mich so gern lustig wie über Matt. Und seit ich denken kann, war Matt von Musik besessen. Geradezu gefährlich besessen. An der Grenze zu Das-muss-behandelt-werden-Besessen.
Als Kinder sagten wir alberne Sätze wie »Musik ist Leben« und »Alles andere ist nur Hintergrundrauschen«. Ich glaube, wegen dieses Mists blieb Matt Jungfrau, bis er neunzehn war. Neunzehneinhalb. Seine ganze Jugend widmete er der Musik, doch er begriff nicht, dass sie nur Mittel zum Zweck war. Von jeher war die Musik nur zu einer einzigen Sache bestimmt – Frauen flachzulegen. Sex war Leben … buchstäblich … und alles andere war nur Hintergrundrauschen. Ich glaube, nach dem ersten Mal dämmerte Matt das allmählich. Jedenfalls hat er langsam von den »Musik regiert die Welt«-Sprüchen Abstand genommen.
Anders als ich hatte Matt allerdings nie wirklich vorgehabt, Rockstar zu werden. Er hielt es für einen Wunschtraum, doch ich wusste, dass unser Erfolg unausweichlich war. Wir mussten nur den richtigen Moment abwarten, bis das Schicksal uns fand. Und das tat es.
Nach der Highschool hielt ich mir verschiedene Optionen offen. Es trieb meine Eltern zum Wahnsinn, dass ich nichts Anständiges anfing, nachdem ich mit Ach und Krach den Abschluss geschafft hatte. Ein paar Jahre ließ ich mich treiben wie ein dekadenter Loser. Das hatte zumindest meine Schwester gesagt, aber ich wusste, was ich tat. Timing war alles, und ich durfte es nicht riskieren, in einem schwachsinnigen Job festzuhängen, wenn das Schicksal an meine Tür klopfte. Faul war ich nicht, ich stand die ganze Zeit in den Startlöchern. Ich musste frei sein, eins mit dem Wind, wenn dieser wechselte, oder so ein poetischer Mist. Ich musste bereit sein. Und wie gut, dass ich es war. Denn hätte ich damals in Verpflichtungen gesteckt, hätten Matt und ich nie mit Kellan und Evan eine Band gründen können.
Wir lernten sie in einem Stripclub kennen. Es kam nicht oft vor, dass ich meinen Cousin zu einem erotischen Streifzug überreden konnte, aber nach ein paar Shots in einer Bar hätte ich Matt zu allem bequatschen können. So ein Leichtgewicht. Matt fühlte sich, wie immer, unwohl in der Nähe von überwiegend nackten Frauen. Weil ich mich um seine persönliche Entwicklung sorgte und weil es lustig war, ihn erröten zu sehen, tat ich, was ich konnte, um ihm mit den Mädels zu helfen. Zwanzig Minuten später flogen wir aus dem Club. Das war allerdings nicht meine Schuld. Ich meine, woher sollte ich wissen, dass man keinen Pogo-Stick auf die Bühne stellen durfte? Meine bescheidene Meinung war, dass ich zur Verbesserung der Vorstellung beigetragen hatte.
Evan und Kellan waren an jenem Abend im Club gewesen und folgten uns auf den Parkplatz, wo sie nach uns Ausschau hielten, nachdem man uns rüde hinausbefördert hatte. Wie üblich jammerte Matt, als sie zu uns kamen – so etwas in der Art von, was für ein Idiot ich doch sei. Ich weiß es nicht mehr, ich hörte nicht richtig zu. Doch nachdem wir uns vorgestellt hatten, drehte sich die Unterhaltung um Musik, und schließlich war Matt im siebten Himmel. Mit ein paar Jungs über Musikrichtungen zu diskutieren machte ihn glücklicher, als ein paar Silikonbrüste vor seinem Gesicht auf- und abwippen zu sehen. Ich hatte es ja schon lange vermutet, doch in dem Moment wusste ich ganz sicher, dass Matt völlig übergeschnappt war und auch nie mehr normal werden würde.
Wir sagten Kellan und Evan zu und – bum – schon waren die D-Bags geboren. Und wie von mir vorhergesagt stellte sich heraus, dass die Musik ein todsicherer Weg zum Sex war. Und, oh mein Gott … was es alles für Sex gab! Backstage-Sex. Sex auf dem Parkplatz. An der Mauer. Im Bad. Sex mit Peitschen und Ketten. Rollenspiel-Sex. One-Night-Stands. Dreier. Orgien. Göttlich.
Eine unendlich bunte Mischung sinnlicher Lust. Alles, was ich sagen musste, war: »Ich spiele in einer Band«, und sofort wurde jede Frau, mit der ich sprach, neugierig. Es war so leicht, es war fast zu leicht. Nein, nicht wirklich. Es war toll, und ich genoss jede Sekunde.
Das Einzige, was meinem großartigen Leben einen leichten Dämpfer versetzte, war meine niedrige Position in der Band. Die Jungs wussten gar nicht, was sie an mir hatten. Und obwohl ich ihnen immer wieder sagte, dass ich eine Chance an der Leadgitarre verdient hätte, hielten sie mich stets aufs Neue zurück. Das war das Einzige, was mich an meinem Bandleben störte. Ach, und dass mir der blöde Kellan ständig die Frauen wegschnappte! Auch wenn ich sie mir bereits ausgeguckt hatte! Bevor er gänzlich »domestiziert« wurde, hatte mich das total genervt. Und was das Ganze immer noch schlimmer machte, dieser verdammte Dieb erzählte nicht mal von seinen Sexgeschichten. Wenn du mir schon die Show stiehlst, du Mistkerl, sei doch wenigstens so nett und erzähl mir alle Einzelheiten!
Aber nein, Kellan war dann immer total seltsam und verschlossen. Fast verlegen. Das ergab damals für mich überhaupt keinen Sinn. Noch immer nicht – ich hängte meine Erlebnisse an die große Glocke! Allerdings war ich auch verdammt gut im Bett. So gut, dass ich am liebsten selbst mit mir geschlafen hätte. Wahrscheinlich war Kellan ein Loser. Er bekam die Mädels nur, weil er den Bonus des Leadsängers hatte. Wahrscheinlich weinten die Mädchen hinterher, weil es so schrecklich war. Ja, das ergab Sinn. Armer Mistkerl. Vielleicht sollte ich nicht so streng mit ihm sein? Nee! Als Frontmann der Band war es seine Pflicht, gut im Bett zu sein. Wenn er das nicht packte, nahm ich ihm das gern ab. Ich konnte singen und die Hüften schwingen. Das war für mich so leicht, wie nach dem Muttertag eine unbefriedigte Ehefrau zu vögeln. Ja … das war kein Problem für mich. Vergesst den Leadgitarristen. Ich konnte in allem der Ansager sein.
Ich stellte mir vor, wie ich in der Mitte der Bühne stand, die Fans johlten, sprangen auf und ab und zeigten mir ihre Titten, während sie meinen Namen schrien. Kellan verschwand im Hintergrund, wurde kleiner und kleiner, bis ihn die Dunkelheit im hinteren Teil der Bühne ganz verschluckte. Ich erkannte nur noch die schattenhaften Umrisse seiner Finger, die an den Basssaiten zupften. Er verdarb den Song, aber ich war großzügig … weil ich einfach super war. Später würde ich allerdings mit ihm reden und ihm vielleicht eine kleine Extraprobe aufbrummen. Ha!
Im Scheinwerferlicht war es heiß, aber ich liebte es. Wie die zärtlichen Finger einer Frau strich die Hitze über meine nackte Haut. Wäre ich nur vollkommen nackt, dann könnte ich das warme Kribbeln überall spüren. Die Menge würde ausrasten. Sie versuchten bereits, zu mir nach oben zu klettern. Die Security hatte alle Hände voll zu tun, sie zurückzuhalten. In den Gesichtern der Fans sah ich, wenn sie es auf die Bühne schafften, würden sie mich in Stücke reißen. Ich würde aus Liebe, Lust und Leidenschaft um mein Leben gebracht … keine schlechte Art zu sterben.
Immer wieder riefen sie meinen Namen. »Griffin! Griffin! Griffin!« Ich hob die Hand, um sie zu beruhigen.
»Griffin … hast du eine Frage?«
Das Bild ausrastender Fans löste sich in Luft auf, und smaragdgrüne Augen erschienen in meinem Blickfeld. Anna. Meine wundervolle, sinnliche Göttin von einer Ehefrau. »Nein … ich habe nicht zugehört. Was hast du gesagt?« Sie verzog etwas missbilligend die vollen Lippen unter den durchdringenden Augen, aber ich wusste, dass sie nicht wirklich sauer war. Ich war oft mit den Gedanken woanders, daran war sie gewöhnt.
Ich war noch immer etwas überrascht, dass ich den entscheidenden Sprung gewagt, mich vom Rudel getrennt und mich entschieden hatte, nur noch eine Sorte Müsli zu essen. Für immer. Doch wenn das fragliche Müsli aus mit Schokolade überzogenen, von Karamell umhüllten und mit Schokoladensplittern bestreuten Schokoladenflocken bestand, war das kein großes Opfer.
Anna und ich hatten uns vor ein paar Jahren kennengelernt, als die D-Bags noch nicht berühmt waren. Sie fand mich den Hammer, obwohl der Pool, in dem ich damals schwamm, noch nicht sehr tief war. Dafür liebte ich sie noch mehr. Ich liebte sie auch damals schon, aber das hielt mich nicht davon ab, andere Frauen zu vögeln, nachdem wir zusammen im Bett gewesen waren. Auch nicht, nachdem wir wiederholt zusammen im Bett gewesen waren. Sie im Übrigen auch nicht. Anna und ich hatten eine Wann-immer-es-dir-passt-passt-es-auch-mir-Beziehung, und so genoss ich noch eine ganze Weile die um Aufmerksamkeit heischenden Groupies. Doch dann irgendwie – und ich weiß noch immer nicht ganz, wie – hatte sich alles verändert. Nachdem ich mit Anna zusammen war, konnte mich keine andere Frau mehr befriedigen. Wir zwei bildeten eine explosive Mischung. Nein, es war atemberaubend. Nein … lebensverändernd. Ich glaube, darum konnte es keine andere Frau mit ihr aufnehmen. Anna verstand mich einfach, und sie befriedigte mich wie keine andere.
Mit anderen Frauen … na ja, das war, als würde ich aus dem Meer trinken. Klar, das Verlangen wurde vorübergehend gestillt, aber hinterher fühlte ich mich schlechter. Durstiger. Ich wollte einfach immer nur Anna, keine andere konnte sie ersetzen. Zuzugeben, dass es mich erwischt hatte, war das Schwerste, was ich je getan habe, aber es zu leugnen brachte mich nicht weiter. Anna genügte mir. Nein, sie war die Richtige für mich. Also heiratete ich sie, bevor es jemand anders tun konnte.
Anna seufzte und öffnete auf derart erotische Weise die Lippen, dass mich nun ein anderes Bild ablenkte. Gott, es wäre fantastisch, jetzt ihre Lippen auf mir zu spüren. Konnte sie das, was sie sagen wollte, nicht nackt sagen? Ich wüsste nicht, warum nicht. Halb nackt war sie ohnehin schon. Ich saß auf einem großen Sitzpuff in unserem begehbaren Kleiderschrank, während sie überlegte, was sie am heutigen Tag tragen wollte. Bislang hatte sie nur einen schwarzen BH und einen dazu passenden schwarzen Slip herausgeholt, und obwohl es sich um dehnbare, stützende Schwangerschaftswäsche handelte, sah sie heiß darin aus. Ich wollte sie mit meinen Zähnen ausziehen.
»Die Tour … Ich habe beschlossen, dich zu begleiten. Mit Gibson. Und dem Neuen. Wir kommen alle drei mit.« Sie legte die Hände seitlich auf ihren Bauch und strich darüber. Es war unser zweites Kind. Die Ärzte behaupteten, es wäre wieder ein Mädchen, aber da uns diese Idioten bis zum Tag ihrer Geburt gesagt hatten, Gibson würde ein Junge, verließen wir uns diesmal nicht darauf. Wir würden ja sehen, was es war, wenn Anna ihn/sie hinausbeförderte.
Ich zuckte die Schultern. »Okay, klingt super.« Für mich machte das keinen Unterschied. Vielmehr machte es mein Leben etwas leichter, wenn sie mitkam. Dann musste ich nicht so oft masturbieren. Obwohl ich das jetzt vielleicht gleich tun musste, wenn sie sich noch einmal so nach vorn beugte. Gott, meine Frau ist ein Meisterstück.
Anna wandte sich erneut zur Garderobenstange um, auf der sich unzählige Kleider befanden. Ich schwöre, sie besaß mehr Klamotten, als in den meisten Kaufhäusern angeboten wurden. Dies hier war nicht unser einziger Kleiderschrank. Es gab noch einen neben dem großen Badezimmer und einen in dem leer stehenden Gästezimmer, das sie benutzte. Es war lächerlich. Aber sie sah in allem, was sie besaß, so verdammt gut aus, dass ich mich nie beschwerte. Doch egal wie gut sie angezogen aussah, noch attraktiver war sie nackt.
Sie hatte bereits Schuhe herausgesucht und hielt sie in der Hand, während sie die Auswahl an Kleidern durchging. Es waren schwarze Schuhe mit hohen Absätzen, in denen ihre Beine eine Meile lang wirkten. Allein von der Vorstellung, wie sie mit ihnen aussah, wurde ich hart. Warum zum Teufel war sie noch nicht hineingeschlüpft? Sie reizte mich …
Sie wandte mir den Kopf zu, wobei sich ihre langen braunen Locken verführerisch um ihre Schultern schmiegten und sagte: »Kiera und Ryder kommen auch mit, so hat Gibson jemanden zum Spielen … wobei Ryder mit seinen neun Monaten ja noch nicht wirklich spielt. Trotzdem, so ist außer uns zumindest noch jemand da, mit dem sie sich beschäftigen kann, weißt du?«
Ich nickte, damit sie glaubte, ich würde zuhören, aber eigentlich tat ich das nicht. Sie hatte Kellans Kind und seine supersteife Frau erwähnt, mehr hatte ich nicht verstanden. Ich war zu sehr damit beschäftigt, mir weiter vorzustellen, wie Anna mit diesen Schuhen aussehen würde. Langsam fing meine Hose an zu reiben, und ich veränderte meine Haltung, während sie weitersprach.
»Es gibt zwei Busse für die Band, plus Kellans und Kieras Privatbus. Matt teilt sich einen Bus mit Avoiding Redemption, aber ich glaube, Evan fährt mit Holeshot und dieser neuen Band … Staring at the Wall. Kiera meinte, wenn wir wollten, könnten wir bei ihnen mitfahren.« Sie drehte sich mit schiefem Grinsen zu mir um. »Na ja, eigentlich hat sie gesagt, dass Gibson und ich bei ihr und Kellan mitfahren könnten … und wenn es sein muss, könntest du auch ein oder zwei Strecken mit uns fahren. Solange es sich um kurze Strecken handelt.«
Jetzt wurde ich hellhörig, löste den Blick von ihrem fantastischen Hintern und blickte in ihr amüsiertes Gesicht. »Vergiss es. Ich fahre die ganze Zeit mit dir in einem Bus. Wehe, irgendwer sollte es wagen, uns zu trennen.« Sie hob fragend eine Braue, und ich schüttelte automatisch den Kopf. »Du hast mich schon richtig verstanden. Ich nehme dich … mit.« Ich wackelte mit den Brauen, um sie auf die Anspielung hinzuweisen, falls ihr diese entgangen sein sollte. Was sie jedoch nicht war. Meine Frau war mindestens so verdorben wie ich.
Anna zuckte die Schultern und konzentrierte sich wieder auf ihre Klamotten. Während sie ein sonnengelbes Kleid herausholte, sagte sie: »Kiera wird sich zwar ärgern … aber ich nehme dich auch lieber … mit. Sie wird sich wohl damit abfinden müssen.«
Sie drehte sich um und hielt das Kleid vor ihren Körper, als würde sie für mich Modell stehen. Ich legte den Kopf schief, als würde ich überlegen, ob es mir gefiel. Was nicht stimmte. Alles, was sie trug, war wunderbar, darum war es mir ganz egal, was sie anzog. Ich hatte allerdings einen anderen, deutlich interessanteren Grund, so zu tun, als würde ich mir ein Urteil bilden, einen, der sich für mich richtig lohnen könnte. Bevor sie mich überhaupt nach meiner Meinung zu dem Kleid fragte, bemerkte ich: »Ich bin mir nicht ganz sicher. Ich muss zuerst die Schuhe sehen.«
Sie stellte die Schuhe ab und wollte in das Kleid schlüpfen, doch ich hielt sie zurück. »Nein, nein … nur die Schuhe.« Ganz bewusst sprach ich mit tiefer, heiserer Stimme. Anna hob den Blick zu mir, und in ihren Augen flackerte Lust auf. Mit einer Sinnlichkeit, die sich nur mit meiner eigenen messen konnte, legte sie das Kleid fort und schlüpfte in ihre hochhackigen Schuhe. Als sie fertig war, stellte sie sich vor mich hin wie ein Model für Bademode, und mein Schwanz erwachte ganz zum Leben.
Verdammt, war sie scharf. Auch im achtmillionsten Monat schwanger war sie das erotischste Ding überhaupt. Sie sollte sich die Wäsche herunterreißen und sich rittlings auf mich setzen. Die Schuhe konnte sie anbehalten. Oh ja.
»Ich möchte, dass du dich ausziehst und mich reitest«, erklärte ich ihr unumwunden. »Aber lass die Schuhe an«, fügte ich hinzu. Eins der besten Dinge an der Beziehung mit Anna war, dass ich um nichts herumreden musste. Wenn ich wollte, dass sie mir einen blies, musste ich sie nur darum bitten. Vielleicht kam sie meiner Bitte nicht nach, weil sie gerade nicht in der Stimmung war, aber sie regte sich nicht darüber auf, dass ich sie überhaupt diesen Mist fragte. Sogar in der Kassenschlange bei Walmart blieb sie cool.
Mit einem faszinierenden Lächeln auf den Lippen schlenderte sie auf mich zu. Dabei spielte sie mit einer ihrer dunklen Locken, und das Pochen in meiner Hose wurde so heftig, dass ich mir kurz in den Schritt fassen musste, um mich etwas zu beruhigen.
»Wir sind spät dran, Süßer«, murmelte sie, während sie vor mich trat.
»Egal«, erwiderte ich und lehnte mich auf dem Puff zurück. Ja, mach. Ich will dich.
Sie beugte sich vor, stützte sich mit den Händen auf meinen Schenkeln ab und bot mir einen sensationellen Blick auf ihr Dekolleté. Ich wette, der Anblick ihrer Rückseite war jetzt ebenso spektakulär. Mist, warum zum Teufel hatten wir hier drinnen eigentlich keine Spiegel? Das musste ich sofort ändern.
»Matt reißt dir den Kopf ab, wenn du wieder zu spät zur Probe kommst«, sagte sie. Dann strich sie sich mit der Zunge über die Unterlippe und biss hinein. Die zarte Haut glänzte im Licht und rief nach mir. Ich musste diese Lippen auf mir spüren. Überall.
»Es ist mir egal, was Matt mit meinem Kopf anstellt. Du andererseits …« Ich schob meine Hüften etwas vor, nur für den Fall, dass ihr diese Anspielung entgangen war. Erneut war das nicht der Fall. Mein Mädchen war deutlich schlauer als ich.
Mit einem Lächeln, bei dem selbst Angelina Jolie vor Neid erblasst wäre, senkte Anna ihren Kopf. Mit großen Augen beobachtete ich, wie sich ihre Lippen meinem Reißverschluss näherten. Zärtlich küsste sie mein Glied, das sich unter meiner Jeans wölbte. Sie hätte mich ebenso gut mit einem Elektroschocker berühren können. Sie trieb ein köstliches Knistern durch meinen Körper, und ich spürte, wie sich am Kopf meiner Rute etwas Feuchtigkeit bildete. Ich war so bereit für sie. Wenn sie nicht mehr tat, als mich nur zu küssen, würde ich sie womöglich anflehen. Nein, nicht womöglich, auf jeden Fall. Ich war Mann genug.
»Bitte, Baby. Ich möchte deinen wundervollen Mund spüren, streichele mich mit ihm, reiz mich. Dann möchte ich deinen wunderbaren Körper auf mir fühlen, damit ich in dich hineingleiten kann. Ich will fühlen, wie sich deine nasse Muschi um mich zusammenzieht, während wir uns langsam bewegen …« Ich hielt meine Hand über meinen Schoß und machte eine Bewegung, als würde ich ihre Hüften halten und sie führen, sie immer schneller bewegen … »Oh ja, genau so, Baby.«
Ich imitierte die Bewegung derart gut, dass ich spürte, wie meine Lust wuchs. Verdammt, konnte ich etwa kommen, ohne sie zu berühren? Vielleicht, aber das wäre nicht annähernd so befriedigend.
Als Annas Hände zu meinem Reißverschluss glitten, stieß sie ein heiseres Lachen aus. »Du sagst echt scharfe Sachen, Griffin«, bemerkte sie mit tiefer Stimme. Als sie mit den Fingern das Metall zurückschob, das mein Tier bändigte, hielt ich die Hüften still. Dieses verdammte Monster würde noch die Stadt zerstören, wenn sie es nicht bald zähmte.
Sobald ich befreit war, lehnte ich mich zurück und legte den Kopf auf das Polster. Seit einiger Zeit ließ ich meine Haare wachsen, sie waren jetzt kinnlang, und ich hatte sie zu einem tiefen Pferdeschwanz zusammengebunden. Darauf zu liegen fühlte sich ziemlich unbequem an, darum riss ich den Gummi heraus, während Anna sich an meiner Unterhose zu schaffen machte und mich erlöste. Als ihre Finger die pulsierende, empfindliche Haut berührten, sog ich lautstark die Luft ein. »Gott, ja …«
Ich schloss die Augen, sodass mich die überall im Zimmer herumliegenden Kleidungsstücke nicht ablenkten. Sofort nahm ich mit den anderen Sinnen intensiver wahr. Ich spürte die kühle Luft an meiner Rute, Annas Fingernägel, die leicht über meinen Bauch strichen, und hörte die Mischung aus leisem Stöhnen und Annas verführerischem Schnurren. »Bist du bereit, Baby?«, flüsterte sie.
»Ja«, stöhnte ich und streckte die Hand nach ihren Haaren aus. Jetzt …
Als sie mit der Zunge mein Glied berührte, durchfuhr mich ein elektrischer Schlag, und ich stöhnte auf. »Gott, das fühlt sich so gut an …« Sie strich langsam den Schaft hinauf, dann spielte sie mit dem Piercing an der Spitze. Ich stöhnte erneut. All meine Sinne waren alarmiert. Die kleinste Berührung fühlte sich wie ein Blitzschlag an. »Mehr … bitte …«
Und dann vernahmen meine Sinne etwas Schreckliches. Etwas völlig Unpassendes.
Im Zimmer nebenan, auf Annas Nachttisch, stand ein Babyfon. Es war die ganze Zeit an, aber ich hatte nicht darauf geachtet, Anna auch nicht. Aber jetzt war es unmöglich, es zu ignorieren. Ein hoher metallisch klingender Schrei erklang. »Maaaammmmmmmaaaaaa! Will raus!«
Der Klang von Gibsons Stimme versetzte Anna augenblicklich in den Muttermodus. Ich blickte sie genau in dem Moment an, als sie mich ebenfalls ansah, und ich wusste, der stürmische Schwanz zwischen uns war vergessen. »Gibby ist aufgewacht. Ich muss sie holen.«
Ich setzte mich auf und fasste ihre Hand, als sie sich aufrichtete. Ich führte ihre Finger an mein protestierendes Glied und flehte: »Fünf Minuten werden ihr nicht schaden.«
Anna kicherte, machte sich jedoch von mir frei. »Tut mir leid, Süßer. Ich lasse sie nicht gern dort oben. Außerdem wird sie die ganze Zeit schreien, und du weißt, das bringt dich raus.«
Ich schürzte die Lippen und wollte widersprechen, wusste jedoch, dass es sinnlos war. Manchmal genügte es, wenn ich Gibson durch das Babyfon gurren hörte, und es war mir unmöglich zu kommen. Ich musste das verdammte Ding ausschalten, doch das mochte Anna überhaupt nicht. Und sie hatte recht. Gibson besaß eine kräftige Lunge, und wenn wir sie nicht aus ihrem Schlafzimmergefängnis befreiten, wurde sie einfach immer lauter und lauter. Das Babyfon auszuschalten machte dann kaum noch einen Unterschied.
Ich ließ mich zurück auf das Polster sinken, und mein vernachlässigter Liebesstab erschlaffte. Was für eine Verschwendung. »Gut.« Meine eigene Tochter torpedierte meinen Schwanz. Zum Teufel noch mal.
Anna schlüpfte in das zitronengelbe Kleid; es schmiegte sich um ihren Körper, und meine Rute erwog kurz, sich wieder aufzurichten. Doch als Gibson erneut schrie, sank sie auf den Boden der Tatsachen zurück. Als Anna angezogen war, gab sie mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange. »Du solltest dich anziehen. Wir müssen los.«
Etwas verwirrt und zugleich zustimmend hob ich die Hand. Meinetwegen. Dann ging es ab jetzt bergab. Doch Anna betrachtete mich einen Moment, beugte sich hinunter und legte ihre Lippen an mein Ohr. »Sobald Gibson heute Abend im Bett ist, kommen wir wieder her, und ich bringe zu Ende, was ich angefangen habe.« Sie strich mit der Zunge über meine Ohrmuschel, und ein breites Grinsen erschien auf meinen Lippen. Heute war der beste Tag überhaupt.
Nachdem Anna weg war, rieb ich meinen geknickten Jungen. »Tut mir leid, Champion. Ich muss dich auf später vertrösten.«
Als ich an mir hinunterblickte, hätte ich schwören können, dass mein Schwanz antwortete. Aber du hast mir versprochen, dass ich spielen darf! Nachdenklich verstaute ich alles wieder in meiner Hose. »Ich bin nicht so dumm, Versprechungen zu machen. Niemandem. Oder nichts«, korrigierte ich, denn schließlich sprach ich mit meinem Schritt. Das hatte ich von klein auf gelernt. Wenn man nichts zusagte, konnte einem hinterher auch niemand einen Strick daraus drehen. Es lag in der Natur des Menschen, dass er sich auf ein Versprechen berief; darum gab ich nie eins.
Selbst mein Ehegelübde war frei von den dazugehörigen Versprechen. Anna und ich hatten uns in einem Rathaus irgendwo im Osten das Ja-Wort gegeben. Ich weiß nicht mehr, wo. Bei der Zeremonie waren nur der Richter und wir zugegen gewesen, und wir hatten es so einfach wie möglich gehalten. Im Grunde hatte es sich ungefähr so angehört: Anna, willst du diesen Mistkerl zu deinem Ehemann nehmen? Ja, ich will. Griffin, willst du diese Bombe von einer Frau zu deiner Ehefrau nehmen? Klar, warum nicht? Und das war alles, was wir uns versprochen hatten. Mehr war nicht nötig.
Als Anna zurück ins Zimmer kam, war ich wieder ich selbst – nur der kleine Halbstarke in meiner Hose drängte sich noch ein bisschen gegen meine Jeans. Doch auch das verging, als ich das kleine Wunder auf den Armen meiner Frau sah. »Daddy!« Gibson streckte die Hände in meine Richtung und beugte sich so weit vor, dass Anna Schwierigkeiten hatte, sie zu halten. Gibson verzog angestrengt das Gesicht, während sie gegen ihre Mom ankämpfte. Dann wandte sie sich mit einem Schmollen, das so hinreißend nur bei einem kleinen Kind aussah, an Anna und murrte: »Will Papa.« Es war ein Befehl, keine Bitte. Gibson war erst ungefähr eineinhalb Jahre alt, aber sie wusste bereits, was sie wollte, und sie erwartete, dass sie ihren Willen bekam. Sie war mir derart ähnlich, dass es schon beinahe unheimlich war.
Anna verdrehte die Augen, kam jedoch näher, sodass Gibson mich erreichte. Als ihre kleinen Hände meine Haut berührten, wandelten sie sich plötzlich zu rasiermesserscharfen Krallen. Wie ein Adler, der einen Fisch aus einem See greift, umklammerte Gibson mit überraschender, geradezu erschreckender Kraft meinen Unterarm. »Au, Mist! Entspann dich, Gibs. Ich bin ja da.«
Stöhnend setzte ich sie neben mich und untersuchte, was von meinem Arm übrig war. Irgendwie erwartete ich, dass Hautfetzen von meinen Knochen hingen. Stattdessen sah ich lediglich leuchtend rote Striemen, wo sie mich gekratzt hatte. Anna verzog das Gesicht. »Ich muss ihr wohl die Nägel schneiden. Tut mir leid.«
Ich zuckte die Schultern. »Ein Tag, an dem mich kein tolles Mädchen gekratzt hat, ist kein gelungener Tag. Ich trage meine Kriegswunden mit Stolz.« Mit Blick auf das Muster, das sie auf meinem Arm hinterlassen hatte, fügte ich hinzu: »Ich könnte mir das tätowieren lassen. Wäre das nicht cool? Dauerhafte Kratzspuren?«
Anna lächelte, dann schüttelte sie den Kopf. »Nein, wenn du dir Kratzspuren tätowieren lassen willst, mache ich dir ein paar richtig gute. Dann erinnerst du dich jedes Mal, wenn du sie ansiehst, daran, wie du sie bekommen hast.«
»Verdammt … ja, das ist ein besserer Plan. Du hast immer die besten Ideen.«
Gibson packte meine Nase und zog meine Aufmerksamkeit in ihre Richtung. Das Mädchen war extrem eifersüchtig. Wenn ich sie ansah, war es, als würde ich eine Miniaturausgabe meiner selbst sehen, nur eben als Mädchen. Sie besaß die gleichen hellblauen Augen, blonde Haare, obwohl ihre einen reinen Platinton hatten, während meine schmutzig blond waren. So, wie es sein sollte. Sie schenkte mir ein Lächeln und zeigte mir ihre strahlend weißen Zähne, dann verkündete sie: »Fuck.«
Anna verschränkte die Arme, wirkte jedoch eher amüsiert als verärgert. »Ich glaube, ab jetzt müssen wir auf unsere Ausdrucksweise achten.«
Ich blickte an Gibson vorbei zu Anna. »Auf unsere Ausdrucksweise? Genauso gut könntest du mich auffordern, auf einem Bein zu hüpfen und dabei rückwärts das Alphabet aufzusagen. Ich kann mich nicht rund um die Uhr kontrollieren. Allein die Vorstellung strengt mich schon an.«
Anna zeigte mit den Händen auf Gibson. »Na ja, sie fängt an, dich nachzuahmen, und wenn wir jetzt nicht aufpassen, sagt sie bald Schwanzlutscher zu den Leuten.«
Ich musste lachen. »Das … wäre toll.«
Anna legte ihre Hände auf die Hüften; allmählich wich ihre Belustigung einer leichten Gereiztheit. »Nein, das wäre es nicht.« Sie lächelte. »Na ja, irgendwie schon, aber als Eltern müssen wir diese Dinge unterbinden.« Sie seufzte. »Jedenfalls sollten wir es versuchen.«
Mit skeptischem Blick sah ich wieder zu Gibson. »Ich glaube, ich könnte mir Mühe geben.« Obwohl ich mir sicher war, dass sie nicht die geringste Ahnung hatte, worüber wir sprachen, lehnte Gibson den Kopf an meine Schulter, schlang die Arme um meinen Hals und tätschelte mir den Rücken, als wollte sie mir Mut machen. Ja, wenn es gut für Gibson war, würde ich meine Ausdrucksweise kontrollieren. Es gab nicht viel, was ich nicht für dieses kleine Mädchen tun würde.
Zu dritt gingen wir in Richtung Schlafzimmer. Anna nahm ihre Tasche vom Bett; die Decken waren zerwühlt und hingen herunter, doch keiner von uns gab sich die Mühe, es in Ordnung zu bringen. Wozu, wenn wir es ohnehin wieder durcheinanderbrachten? Das war meine Philosophie, und Anna schien einer Meinung mit mir zu sein. Wir dachten meist dasselbe, was ich ziemlich irre fand.
Als Anna sich den Riemen ihrer riesigen Tasche über die Schulter hängte, blickte sie zu mir herüber. Ich hatte Gibson auf den Rücken geschoben und ließ sie auf und ab springen wie einen Flummi. Wie niedlich.
»Ehe ich es vergesse, dein Vater hat angerufen.« Bei diesen Worten machte sie eine skeptische Miene, und ich fragte mich, ob Pops sie verärgert hatte. Es würde mich nicht überraschen. Dad war nicht gerade zurückhaltend. Mom meinte, es läge in der Familie. Egal.
»Ja? Und was wollte der Scheißer?«
Anna seufzte und deutete mit der Hand auf Gibson. Ich kratzte mich am Kopf und suchte nach einer kinderfreundlicheren Formulierung. Auf meine Sprache zu achten war echt nervig. »Äh, was wollte der … Kumpel?«
Anna lachte über mein albernes Ersatzwort, dann runzelte sie erneut die Stirn. Sie strich sich über den Bauch und antwortete: »Sie wollen zur Geburt kommen. Alle. Und sie wollen hier wohnen.«
Ja, natürlich wollten sie das. Mein Haus war absolut fantastisch, viel hübscher als die Dreckslöcher, die meine Familie als ihr Zuhause bezeichnete. Kaum war das Geld von unserem zweiten Album hereingekommen, hatte ich getan, was jeder an meiner Stelle getan hätte. Ich beauftragte eine Maklerin, das teuerste Haus in Seattle zu suchen. Leider kauften wir das am Ende nicht, aber das, auf das Anna und ich uns einigten, gehörte sicherlich zu den ersten zehn. Das Haus war ungeheuerlich, exotisch und viel zu groß für nur drei Leute, oder vier, oder zehn. Ich liebte es.
Ich war nicht der einzige D-Bag, der in eine Immobilie investiert hatte. Kellan und Kiera hatten ein riesiges abgeschiedenes Anwesen im Norden von Seattle erstanden, irgendwo im Nirwana, und Matt und Rachel besaßen eine schicke Eigentumswohnung in der Stadt, von wo aus man einen tollen Blick auf den Pier und das Riesenrad hatte. Obwohl beide einen Haufen Kohle gekostet hatten, war keins so teuer wie meine Hütte. Evan war als Einziger bescheiden geblieben; er hatte einfach sein altes Loft gekauft. Na ja, das Loft mitsamt der Kfz-Werkstatt darunter. Er nutzte sie jetzt als zusätzlichen Wohnraum und hatte dort ein Kunstatelier für Jenny eingerichtet. Es war cool, fand ich. Kellan gefiel es allerdings weniger, weil diese spezielle Kfz-Werkstatt die einzige gewesen war, der Kellan sein Auto anvertraut hatte. Weichei. Es war ein Auto, er würde es überleben. Und das hatte er schließlich auch. Er hatte die Mechanikerin als seine persönliche Autobeauftragte angeheuert. Hmmmm, ich könnte in meiner Garage auch ein Mädchen für mich arbeiten lassen, in einem Bikini, ölverschmiert, das sich um meine frisierte Karre kümmerte. Haha!
»Griffin …? Hast du gehört, was ich gesagt habe?«
Ich schüttelte den Kopf und riss mich von meiner schmutzigen Fantasie los. »Äh, ja. Mom und Pops kommen zu Besuch. Klingt gut.«
Anna seufzte. »Sie kommen alle, Griffin. Mom, Dad, Bruder, Schwester, Nichten, Tanten, Onkels, Cousins. Das wird das reinste Chaos, und das kann ich echt nicht gebrauchen, wenn ich schlaflose Nächte habe.«
Obwohl es sich für mich nicht weiter problematisch anhörte, lächelte ich sie mitfühlend an. »Das geht schon. Das Haus ist riesig; du wirst sie kaum sehen. Wahrscheinlich werden sie eh die meiste Zeit am Pool abhängen.« Das Haus verfügte über einen Innenpool in olympiatauglichem Format und direkt daneben über einen Whirlpool für zehn Personen. Für mich ein Kaufargument.
Anna schien nicht sonderlich beeindruckt von meinen Worten, darum fügte ich hinzu: »Und du wirst keine schlaflosen Nächte haben. Du hast doch gerade ungefähr ein Dutzend Babysitter aufgezählt. Wenn wir wollten, könnten wir in Urlaub fahren.«
»Ich lasse mein neugeborenes Kind nicht bei deiner Familie. Auch nicht für einen Monat in der Karibik.« Ihre Miene verriet, dass es ihr ernst war. Ebenso ihre folgenden Worte: »Du musst deinen Vater zurückrufen und ihm sagen, dass sie gern für ein Wochenende kommen können, länger nicht.«
»Ein Wochenende? Süße, da schaffen sie es ja kaum, den neuesten Hancock zu sehen. Wie wäre es mit einem Monat?«
Anna wandte sich mit verschränkten Armen zu mir um; sie hatte ihr Spielergesicht aufgesetzt. Ich wusste, was das bedeutete. Verhandlungszeit. »Das Angebot, das auf dem Tisch liegt, sind fünf Tage nach der Geburt des Babys. Was ist dein Gegenangebot?«
Ich dachte einen Augenblick nach. »Zwanzig Tage.« Anna zuckte, widersprach jedoch nicht. Das war die Regel bei Verhandlungen – Person A musste das Angebot von Person B klaglos akzeptieren und umgekehrt.
»Okay«, murmelte sie. »Spielzimmer.«
Sie machte auf dem Absatz kehrt und schlenderte aus dem Zimmer. Lachend folgte ich ihr. Anna und ich hatten uns eine ganz und gar faire Art ausgedacht, Meinungsverschiedenheiten zu lösen. Fair und lustig. Ich persönlich fand, dass unsere Idee genial war und jedes verheiratete Paar unserem Beispiel folgen sollte. Vielleicht sollten Anna und ich die Idee kommerziell vermarkten. Ja … wir könnten Eheberater werden. Wir waren super in diesen Dingen.
Wir gingen einen Flur hinunter, in dem überall schräge Kunstwerke an der Wand hingen. Je alberner etwas war, desto mehr gefiel es mir. Es gab Statuen pinkelnder Kinder, Fische mit Hundegesichtern und fliegende Affen. Mein Haus war voll mit Porträts von Riesenhintern, von denen Anna steif und fest behauptete, es handele sich um Kürbisse; ich besaß eine Monty-Python-mäßige Interpretation von Gott im Himmel, der mit seinem Bart irgendwie aussah wie ich; und mein Lieblingsstück – ein Hund auf der Toilette. Anna hatte mich dazu gebracht, Letzteres in meinem Büro aufzuhängen. Ich fand, es würde besser ins Bad passen. Na, also ehrlich! Ein Hund auf der Toilette über der Toilette? Was könnte toller aussehen? Doch diese Verhandlung hatte ich verloren, und sobald einer zum Sieger erklärt war, gab es keine Chance mehr. Verhandlungsergebnisse waren in Stein gemeißelt. Buchstäblich. Ich hatte sie auf einen Fels im Garten geschrieben.
Das »Spielzimmer« befand sich am anderen Ende des Hauses, und wir brauchten ein paar Minuten, um dorthin zu gelangen. Ich wollte Anna schon daran erinnern, dass wir zu spät zur Probe kamen, ließ es dann jedoch. Ich liebte dieses Spiel. Manchmal widersprach ich Anna nur, damit wir es spielen konnten. Das Spielzimmer war ein Paradies für Kinder. Dort gab es eine Popcorn-Maschine wie im Kino, sodass es in dem Zimmer stets wunderbar roch. Außerdem stand dort ein halbes Dutzend altmodischer Spielautomaten, einschließlich Frogger. Es gab ein Bällebad für Gibson, in dem wir sie meist fanden, wenn sie verschwunden war, und sogar einen Schlagkäfig fürs Baseballtraining sowie einen Boxsack. Doch was Anna und ich nutzten, um Streitigkeiten zu klären, befand sich mitten im Raum: der Pingpongtisch.
Anna baute auf, während ich Gibson in der Nähe des Bällebads absetzte. Vor Freude quiekend bewegte sie sich schnurstracks darauf zu. Mit einem großen Sprung hechtete sie bäuchlings in die bunten Plastikkugeln und wischte mit Armen und Beinen darin herum, als würde sie im Schnee einen Engel machen. Ich wünschte, das Bad wäre größer, und ich könnte mich zu ihr gesellen.
Als ich mich zum »Verhandlungstisch« begab, hatte Anna schon zehn Tassen auf ihrer Seite zu einer Pyramide aufgebaut und war dabei, zehn Becher auf meiner Seite zu stapeln. Weil sie schwanger war und keinen Alkohol trinken durfte, waren Annas Becher mit Selterswasser gefüllt. Das schränkte den Spaß zwar etwas ein, war jedoch nicht zu ändern. Baby Hancock musste mindestens fünfzehn Jahre warten, bis er echtes Bier-Pong spielen durfte. Anna hatte auch diese Verhandlung gewonnen.
Ich half ihr, meine Becher mit einem leckeren SchokoladenStarkbier zu füllen; es war eher Nachtisch als Alkohol, aber ich stand auf Süßes. Als alles aufgebaut war, warfen wir eine Münze, wer anfing. »Kopf«, sagte ich lächelnd. Wenn ich wählen durfte, entschied ich mich immer für Kopf, obwohl Zahl auch nicht schlecht war.
Anna warf die Münze in die Luft, fing sie und schlug sie auf ihren Handrücken. Als sie die Finger hob, beugten wir uns beide vor, um zu sehen, wer anfangen durfte. Es war Zahl, was vorherzusehen gewesen war. »Ich fange an«, erklärte sie grinsend.
»Kein Problem. Ich bin sowieso lieber als Zweiter dran.« Ich kniff sie in den Po. »Damen sollten immer zuerst kommen.«
Anna lachte mit dieser tiefen, verführerischen Stimme, woraufhin sich in meiner Hose erneut etwas regte. Dann nahm sie ihren Ball und bereitete ihren Schlag vor. »Auf einen kurzen Besuch«, sagte sie, bevor sie den Ball fliegen ließ.
Er platschte geschickt in einen meiner Becher, und ich nickte anerkennend. Mein Mädchen war begabt; das machte das Spiel erst interessant. »Warte es ab, Süße. Warte es nur ab!«