Der Autor
Andreas Spaeth ist Absolvent der Deutschen Journalistenschule in München und arbeitet seit über 25 Jahren als freier Luftfahrtjournalist. Seine Artikel erscheinen regelmäßig in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, der Welt am Sonntag, der Neuen Zürcher Zeitung, Spiegel Online und vielen Fachzeitschriften in Deutschland, Großbritannien und den USA. Die Online-Kolumnen von Andreas Spaeth auf airliners gehören zu den meistgelesenen Beiträgen im deutschen Luftfahrtjournalismus.
Das Buch
Wie konnte im März 2014 Flug MH370 spurlos im südlichen Indischen Ozean verschwinden, eine moderne Boeing 777 mit 239 Menschen an Bord? Und wie sucht man eigentlich in Tausenden Metern Wassertiefe nach einem Flugzeugwrack? Hat die Luftverkehrsbranche seit dem Abschuss von Flug MH17 über der Ostukraine im Juli 2014, bei dem 298 Menschen starben, die nötigen Konsequenzen gezogen? Wie kann es sein, dass ein psychisch labiler Kopilot im Cockpit eines Airbus A320 der Germanwings sitzt und das Flugzeug mit 150 Menschen an Bord im März 2015 in den französischen Alpen mutwillig zum Absturz bringt? Andreas Spaeth gibt Antworten auf diese heiklen Fragen und zeigt Sicherheitslücken im modernen Luftverkehr auf. Sie gehen jeden an, der sich in ein Flugzeug setzt. Sein Fazit: Fliegen ist sicher, aber ...
ANDREAS SPAETH
CRASH
TEST
DIE VERBORGENEN RISIKEN DES FLIEGENS
WILHELM HEYNE VERLAG
MÜNCHEN
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Originalausgabe 04/2016
Copyright © 2016 by Wilhelm Heyne Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München
Umschlaggestaltung: Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich
Satz: EDV-Fotosatz Huber/Verlagsservice G. Pfeifer, Germering
ISBN: 978-3-641-18354-7
V002
www.heyne.de
Für Silvia, meine Pilotin
DANKSAGUNG
Flugkapitän Peter-Christian Möhrke gebührt mein Dank für das fachliche Lektorat.
Und mein Dank geht an Jan-Arwed Richter vom Flugunfallbüro Jacdec für die Anfertigung der Illustrationen.
INHALT
Vorwort
KAPITEL 1
Gestartet, aber nie gelandet
EXKURS
Hinter den Kulissen einer Flugzeugsuche im Ozean
KAPITEL 2
Selbstmord am Steuerknüppel
KAPITEL 3
Desorientierte Piloten taumeln in den Absturz
KAPITEL 4
Triumph über die drohende Katastrophe
KAPITEL 5
Gefiederte Feinde zwingen zum Gleitflug in den Hudson
KAPITEL 6
Zusammenstoß am Himmel
KAPITEL 7
Geisterflieger über Griechenland
KAPITEL 8
»Sie haben Feuer hinter sich!« – Flammen im Flugzeug
KAPITEL 9
Abgeschossen! Wenn der Krieg die Reiseflughöhe erreicht
EXKURS
Eine neue Gefahr – Drohne auf Kollisionskurs!
ANHANG
Checkliste – So fliegen Sie sicherer
Quellen
VORWORT
Fliegen ist sicher, aber …
Wir steigen alle ins Flugzeug, immer häufiger. Fast dreieinhalb Milliarden Menschen befördert der weltweite Luftverkehr derzeit in einem einzigen Jahr, rechnerisch mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung. Tendenz kräftig steigend. Wir alle nehmen dieses Wunder als gegeben hin, dass man einfach in eine große Röhre steigt, einige Stunden mehr oder weniger komfortabel darin sitzt, und dann manchmal am anderen Ende der Welt wieder aussteigt. Und immer heil ankommt, wovon man absolut ausgehen kann. Wenn aber eine Flugreise tatsächlich mal schlecht endet, beherrschen solche Nachrichten tagelang die Schlagzeilen – und treffen bei vielen Menschen auf latent, zumindest im Unterbewusstsein, vorhandene Flugangst. Denn ganz tief im Inneren ist sie vielen eben doch nicht geheuer, diese Reise hoch über dem vermeintlich sicheren Erdboden. Dabei lauern dort viel größere Gefahren für Leib und Leben als beim Fliegen.
In diesem Buch will ich zeigen, wo im modernen Luftverkehr weiterhin Gefahren drohen. Und die haben fast immer mit Menschen zu tun. Etwa 70 Prozent der tödlichen Unfälle in der Passagierluftfahrt sind auf ihr Versagen zurückzuführen, meist bei Piloten, aber auch bei anderen Beteiligten wie Fluglotsen. Die hier beschriebenen Fälle sind Einzelfälle, und sie sind oft dramatisch. Zeigen sie doch, wie nahe Tod oder Überleben auch in der durchorganisierten, digitalisierten und scheinbar leicht beherrschbaren modernen Welt beieinander liegen können. Und wie viel dabei davon abhängt, dass es zur richtigen Zeit am richtigen Ort fähige Menschen gibt, die schicksalhafte Geschehnisse oder technische Fehler auf eine Weise ausbügeln können, wie es eben nur Menschen vermögen. Ich bin im Laufe der Recherchen für dieses Buch fasziniert worden von Männern wie Richard de Crespigny, dem Flugkapitän von Qantas-Flug QF 32, und wie er es geschafft hat, gegen alle Wahrscheinlichkeit seinen schwerst beschädigten Riesen-Airbus A380 sicher zu landen und eine der größten Katastrophen der zivilen Luftfahrt doch noch abzuwenden. Und ich bin schockiert über das Unvermögen anderer Piloten, etwa auf Flug AF447 über dem Südatlantik oder der Asiana-Boeing 777 in San Francisco, die perfekt intakte moderne Flugzeuge durch ihr Unvermögen in die Katastrophe gesteuert haben. Dieses Buch will keine Angst machen, es will erklären und möglichst faszinierend beschreiben, was hinter Unfällen steckt, die für einige wenige Tage die Schlagzeilen beherrschen, bevor sie dann schnell wieder aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit verschwinden. Was natürlich der Luftfahrtbranche sehr recht ist, denn die Anzahl der Menschen, die aus Flugangst gar nicht oder kaum fliegen, ist beträchtlich, und damit entgehen den Fluggesellschaften große Einnahmen.
Manche Themen aber halten sich wochenlang, über Monate oder sogar Jahre im öffentlichen Bewusstsein, und die Diskussionen flammen bei jeder neuen Meldung wieder auf. So der verschwundene Flug MH370. Ich beschäftige mich seit über 30 Jahren mit Sicherheitsthemen in der Verkehrsluftfahrt, aber dieser Fall ist in jeder Hinsicht einzigartig. Und weil quasi nichts über das Schicksal dieses Fluges bekannt ist, bietet er eine Projektionsfläche für alle Arten von Fantasien, Theorien und Spinnereien, die sich weder schlüssig belegen, aber leider auch nicht stichhaltig widerlegen lassen. Auch hier will dieses Buch versuchen, die bekannten Fakten zu ordnen, ohne selbst den Anspruch erheben zu können, eine wirklich schlüssige Theorie für das Verschwinden zu liefern, wie es viele andere von sich behaupten.
Auch wenn das allein niemandem die möglicherweise vorhandene Flugangst nimmt, muss hier noch einmal die Statistik angeführt werden. Nach Abzug der zwei Malaysia-Airlines-Tragödien, die verschwundene MH370, vermutlich kein Unfall, und die abgeschossene MH17, sind die vergangenen Jahre die sichersten in der Geschichte der zivilen Luftfahrt gewesen. Das gilt vor allem für das Rekordjahr 2013: Damals kamen 251 Menschen in Passagierflugzeugen mit 19 oder mehr Sitzen ums Leben. Das sind immer noch 251 zu viele. Aber angesichts der Verkehrszahlen trotzdem eine extrem stolze Bilanz, bei über 36 Millionen Flügen. Auch 2014 kann sich ohne die Malaysia-Airlines-Vorfälle sehen lassen, obwohl es im vorvergangenen Jahr bei Unfällen 387 Tote gab, allerdings auch bei jetzt 3,3 Milliarden weltweiten Passagieren auf 38 Millionen Flügen. Das Jahr 2015 setzte den positiven Trend mit gerade mal 107 Opfern auf Passagierflügen fort.
Doch es lässt sich auch anders ausdrücken, wie sicher Fliegen ist: Zu jeder Zeit sind eine halbe Million Menschen am Himmel unterwegs, jeden Tag weltweit neun Millionen Reisende, die in ein Flugzeug steigen. Seit 2006 jedoch liegt die Anzahl der Opfer im weltweiten Flugverkehr konstant bei unter 1000 pro Jahr. Besonders krass ist der Vergleich zum wichtigsten Bereich der Mobilität der Menschheit, dem Verkehr auf der Straße, egal ob zu Fuß oder in einem Fahrzeug. Hier starben nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO 2010 insgesamt 1,24 Millionen Menschen, ein Toter alle 25 Sekunden. Allein in Indien waren in diesem einen Jahr 238562 Opfer rund um den Straßenverkehr zu beklagen. In Deutschland gab es 2013 immer noch 3340 Verkehrstote. Die Wahrscheinlichkeit, an einem Blitzschlag zu sterben, liegt bei eins zu 10,5 Millionen, und diejenige, bei einem Flugzeugunglück sein Leben zu verlieren, in Europa und den USA derzeit bei etwa eins zu 29 Millionen. Für jeden tödlichen Unfall im Luftverkehr gab es zuletzt 5,7 Millionen unfallfreie Flüge. Noch in den 1970er-Jahren ereignete sich statistisch alle 670000 Flüge mit einem westlichen Passagierjet ein Unfall mit Toten.
Die positive Entwicklung des Luftverkehrs hin zu extremer Sicherheit durch immer zuverlässigere Technik in den vergangenen Jahrzehnten ist wahrlich beeindruckend. Noch 1960 waren 1411 Tote zu beklagen in der Fliegerei – bei gerade mal 106 Millionen Fluggästen im Jahr. Bei der Boeing 707, dem ersten bedeutenden Langstreckenjet aus den 1960er-Jahren, gab es bei einer Million Starts noch 4,27 tödliche Unfälle. Bei den heute gängigsten Mittelstreckenjets Airbus A320 und Boeing 737 liegen die Werte bei unter 0,15 tödlichen Crashs je Million Starts. Ein englischer Analyst hat ausgerechnet, dass es unter Beibehaltung der Sicherheitsstandards der 1950er-Jahre und dem heutigen Flugaufkommen jeden Tag zehn tödliche Flugunfälle im Passagierverkehr geben würde, das heißt im Laufe nur eines Jahres wären unfassbar hohe Opferzahlen irgendwo zwischen 50000 und 200000 Toten in der Luftfahrt zu beklagen. Also steht heute alles zum Besten mit der Luftfahrtsicherheit? Nein! Mehr darüber in diesem Buch.
Andreas Spaeth
Hamburg, im Dezember 2015