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DAS BUCH

Ihre Legionen eroberten ein Weltreich, ihre Sprache wurde zur Grundlage europäischer Bildung. Weder erbitterte Ständekämpfe im Inneren noch eine lange Reihe starker Kriegsgegner, allen voran der Karthager Hannibal, konnten die Existenz ihres Imperiums ins Wanken bringen. Aber wer waren die Römer? Wie konnte aus einem bäuerlichen Kleinstaat ein Großreich am Mittelmeer werden?

Von der sagenhaften Gründung bis zum tödlichen Attentat auf Caesar zeichnen Historiker und SPIEGEL-Journalisten das turbulente Schicksal eines keineswegs einheitlichen Staatswesens nach. Viele andere Aspekte der Römischen Republik kommen dabei zur Sprache: der Kampf mit den Galliern, Tischsitten und Speisevorlieben, Charakterköpfe wie der alte Cato, die Entstehung der lateinischen Sprache, die Nationaldichtung nach griechischem Vorbild oder die erstaunliche Haltbarkeit römischen Betons.

DIE HERAUSGEBER

DIETMAR PIEPER, geboren 1963, studierte Literaturwissenschaft und arbeitet seit 1989 beim SPIEGEL, von 2001 bis 2008 als einer der Leiter des Ressorts Deutsche Politik in Hamburg. Seitdem ist er Ressortleiter für die Heftreihen SPIEGEL GESCHICHTE und SPIEGEL WISSEN. Bei DVA hat er unter anderem die SPIEGEL-Bücher Karl der Große und Die Herrschaft der Zaren (beide 2013) herausgegeben.

JOHANNES SALTZWEDEL, geboren 1962, ist seit 1991 Redakteur beim SPIEGEL. Er hat literaturgeschichtliche und bibliographische Studien veröffentlicht, unter anderem zur Goethezeit und zu Rudolf Borchardt. Er ist Herausgeber zahlreicher SPIEGEL/DVA-Bücher, darunter Leben im Mittelalter (2014) und Die Bibel (2015).

Dietmar Pieper und
Johannes Saltzwedel (Hg.)

ROM

Aufstieg einer
antiken Weltmacht

Felix Bohr, Thomas Darnstädt, Bigna Fink, Angelika Franz, Christoph Gunkel, Wolfgang Höbel, Nils Klawitter, Charlotte Klein, Petra Kleinau, Uwe Klußmann, Joachim Kronsbein, Nils Minkmar, Joachim Mohr, Bettina Musall, Norbert F. Pötzl, Jan Puhl, Eva-Maria Schnurr, Mathias Schreiber, Michael Sontheimer, Stephan Speicher, Katharina Stegelmann, Wilfried Stroh, Andreas Ulrich, Marc von Lüpke, Andreas Wassermann, Susanne Weingarten, Christian Wüst

Deutsche Verlags-Anstalt

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Die Texte dieses Buches sind erstmals in dem Heft
»Aufstieg und Fall der Republik Rom« (Heft 5/2015)
aus der Reihe SPIEGEL GESCHICHTE erschienen.
Copyright © 2016 Deutsche Verlags-Anstalt, München,
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
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Abbildungen: © bpk/adoc-photos
Typografie und Satz: DVA/Andrea Mogwitz
Gesetzt aus der Stone Serif
ISBN 9783-641-18951-8
V002
www.dva.de

INHALT

VORWORT

TEIL I
VOM KÖNIGTUM ZUR REPUBLIK

ALLES FÜR DAS VATERLAND

Im Triumphzug feierte sich die kriegerische Republik am Tiber selbst

Von Johannes Saltzwedel

GLORREICHES GESINDEL

Sagen markieren den Ursprung des Lateinerstaates

Von Christoph Gunkel

APPELL DER FRAUEN

Die fesselnde Erzählung vom »Raub der Sabinerinnen«

Von Andreas Ulrich

DIE ERSTE TOSKANA-FRAKTION

Die Etrusker waren Vorbilder und Rivalen

Von Norbert F. Pötzl

DER MULTIPLE JUPITER

Roms Götter verstanden nicht allzu viel Spaß

Von Katharina Stegelmann

EIN LEBEN FÜR DIE GÖTTIN

Die Vestalinnen bürgten für das Wohlergehen des Reiches

Von Susanne Weingarten

AM MITTELPUNKT DER MACHT

Wichtigste Schaltstelle im politischen Leben war das Forum Romanum

Von Bigna Fink

Karte: Am Mittelpunkt der Macht

PROTZ MIT DEM STAMMBAUM

Den Adligen galt ihre Sippe als Maß aller Dinge

Von Eva-Maria Schnurr

»WEHE DEN BESIEGTEN!«

Der Gallier-Angriff, das Kriegstrauma der Republik

Von Joachim Mohr

REBELLION GEGEN DEN MAGEN

Der Ständekampf zwischen Patriziern und Plebejern

Von Marc von Lüpke

DER VERKAUFTE SOHN

Im Zwölftafelgesetz wurden erstmals Rechtsregeln fixiert

Von Johannes Saltzwedel

»IDEOLOGIE DER SCHOLLE«

SPIEGEL-Gespräch mit dem Historiker Wolfgang Blösel

Von Johannes Saltzwedel

TEIL II
VORMACHT AM MITTELMEER

DUELL DER GROSSMÄCHTE

Der mühevolle Sieg über Karthago wurde für Rom zum Durchbruch

Von Uwe Klußmann

DIE PARALLELGESELLSCHAFT

Leibeigene waren nicht nur unterdrückte Knechte

Von Petra Kleinau

DER SKLAVE ZWEIER HERREN

Die Komödien-Künste von Plautus und Terenz

Von Joachim Kronsbein

DAS NETZ DES TERMINUS

Landvermesser erschlossen die eroberten Fluren

Von Angelika Franz

BLOND UND BEINHART

Marcus Porcius Cato – der selbst ernannte Musterrömer

Von Mathias Schreiber

Karte: Marschantritt der Kohorten

MIT GRIECHISCHER ELEGANZ

Vorbild des Adels war die hellenistische Kultur

Von Felix Bohr

DAS MILLIONENSPIEL

Aus den eroberten Provinzen strömten Geld und Güter nach Rom

Von Thomas Darnstädt

LEICHEN IM TIBER

Wie die Brüder Tiberius und Gaius Gracchus mit ihrer Landreform scheiterten

Von Michael Sontheimer

TEIL III
KULTURNATION ROM

PHILOSOPH AUF DEM FORUM

Anwalt, Politiker, Intellektueller – der unermüdliche Cicero verkörpert bis heute Roms geistige Größe

Von Wilfried Stroh

DAS LUKULLISCHE LEBEN

Kulinarische Genüsse waren schon zu Zeiten der Republik beliebt

Von Bettina Musall

»ÖLBÄUME GRÜNEN AM HANG«

Vergils Lehrdichtung über die Landwirtschaft

Von Johannes Saltzwedel

VERSANDETE MÜNDUNG

Roms Hafen Ostia ist als Ruinenstadt erhalten

Von Johannes Saltzwedel

KOLOSSALER KLUMPATSCH

Das Geheimnis römischer Großbauten heißt Beton

Von Christian Wüst

IM REICH DER WÖRTER

Latein – vom Dialekt zur Sprache des Imperiums

Von Charlotte Klein

TEIL IV
DER ZERFALL DER REPUBLIK

IMMER AN DER SPITZE

Gaius Iulius Caesar schwang sich zum Alleinherrscher auf – und büßte mit dem Tod

Von Jan Puhl

VORSICHT AN ÄGYPTISCHEN TAGEN

Der römische Kalender war eine Wissenschaft für sich

Von Johannes Saltzwedel

DÄMON IM SENAT

Der Putschist Catilina und sein dramatisches Scheitern

Von Andreas Wassermann

BEGNADETER SCHMUDDELFINK

Die frechen Verse des lebenshungrigen Lyrikers Catull

Von Wolfgang Höbel

DER BEINAHE-HERRSCHER

Porträt des genialen Draufgängers Pompeius

Von Nils Minkmar

AM STRAND DER VENUS

Baiae war das Saint-Tropez der Antike

Von Nils Klawitter

EIN HELD DER PIETÄT

In seiner »Aeneis« pries Vergil Rom und begrub die Republik

Von Stephan Speicher

ANHANG

Chronik

Buchhinweise

Autorenverzeichnis

Dank

Personenregister

VORWORT

Wo liegen die Ursprünge unseres Abendlandes? Kulturell gewiss zum größten Teil im antiken Griechenland – aber politisch und sprachlich lassen sich die entscheidenden Denkformen, öffentlichen Einrichtungen und Traditionen des Kontinents auf das alte Rom zurückführen. Unauslöschlich hat das Staatswesen der Lateiner Europa geprägt, hat als römisch-deutsches Imperium sein eigenes Ende auf erstaunliche Weise zu überleben gewusst und bleibt für Geschichtsinteressierte der Modellfall schlechthin.

Wer wissen will, wie es dazu kommen konnte, kann es kaum besser machen als schon der Florentiner Machttheoretiker Niccolò Machiavelli, der sich zwischen 1513 und 1519 ausgiebig in die ersten Bücher des augusteischen Historikers Livius vertiefte: Wo wäre die Erklärung zu finden, wenn nicht am Anfang, in den ersten Regungen Roms und seiner Entfaltung zur wehrhaft-expansiven Res publica, dem Gemeinwesen als »öffentlicher Sache«? Woran ließen sich besser politisches Kalkül und Durchsetzungsvermögen, aber auch die Gefahren innerer Zwietracht klarer erkennen als am Schicksal jenes von einer Senatsaristokratie regierten Reiches, das aus kleinsten agrarischen Anfängen am Tiber schier unaufhaltsam die antike Welt unterwarf?

Gerade dass diese erst gemächliche, dann gewaltige Expansion unter Kämpfen stattfand, die wiederholt die Substanz des Gemeinwesens zu zerrütten schienen, hat Realisten der Politik immer aufs Neue beeindruckt. Dass ständische Beharrlichkeit, die sich nur zu gern auf ihre bäuerlichen Wurzeln berief, bei allem Hausmachtdenken letztlich zu Kompromissen bereit sein konnte, dass die rechtliche Grundlage trotz aller Versuchungen, Machtrivalen per Paragraph auszumanövrieren, ein Mindestmaß an Berechenbarkeit der Abläufe sicherte, kann bis heute verblüffen. Nicht minder eigentümlich ist, wie Roms Oberschicht ohne Rücksicht auf die reichen kulturellen Angebote des Mittelmeerraums eine Identität als Militärmaschinerie aufbaute, der man sich als zarter besaiteter Nachbar lieber fügte, da sonst langwierige, wenig aussichtsreiche und in aller Regel auch blutige Reibereien drohten.

Vielleicht das Überraschendste an diesem Buch ist die Einsicht, wie wenig wir überhaupt genau wissen. Fakten zu erhärten kann im Fall des frühen Rom zum Geduldspiel werden. Vom Text des Zwölftafelgesetzes, den noch ein Cicero auswendig gelernt haben will, haben sich nur Bruchstücke erhalten; nicht einmal wann das Konsulat eingeführt wurde, mögen Experten eindeutig datieren, geschweige denn die vielen aus der Schule geläufigen Sagen um Romulus oder gar den Ahnherrn Aeneas. Geradezu skrupellos hätten es die alten Lateiner darauf abgesehen, in der »antiken Weltöffentlichkeit« als respektabler, wenn nicht gar respektgebietender Faktor mitzuspielen, das heißt als Kultur mit uralten Wurzeln, erklärt im Gespräch der Essener Althistoriker Wolfgang Blösel. Da durften die Daten von ein paar Schlachten schon mal passend verschoben werden.

Ebenso kaum geläufig ist, wie erstaunlich lange es brauchte, bis die Römer auch nur die Halbinsel Italien kontrollierten, wie hartnäckig die als »Bundesgenossen« militärisch verpflichteten Nachbarvölker ihre Eigenständigkeit gegen die Zentralmacht zu wahren wussten. Erst nach dem Sieg über den Erzrivalen Karthago, wodurch die Kornkammern Siziliens und Nordafrikas erschlossen wurden, wandelt sich das republikanische Rom zur echten Kolonial- und Hegemonialmacht. Doch genau in dieser Zeit beginnt auch der innenpolitische Zerfall, der in den Usurpationen eines Sulla und dann Caesars Regiment seine Höhepunkte findet und nach Caesars Ermordung in einen quälend langen Machtkampf mündet, dessen Sieger Octavian die alte Verfassung fortan als Hülle seiner Prinzipatsherrschaft dient.

Es ist also ein ideologisch-historisches Gesamtphänomen, das auf den folgenden Seiten neu zu erkunden ist: Eine alte Geschichte von unerbittlicher Zähigkeit und stolzem Pragmatismus, zwischen deren offiziell überlieferten Zeilen nun häufiger als bisher auch Glück und böser Zufall spürbar werden. Ein Epochen-Panorama, das bei allen Zweifeln im Detail seine monumentale Bedeutung behält. Und darum weiterhin ein Musterfall dessen, was Geschichte heißen kann.

Wir wünschen Ihnen gute Lektüre!

Hamburg, im Frühjahr 2016

Dietmar Pieper

Johannes Saltzwedel

TEIL I

VOM KÖNIGTUM ZUR REPUBLIK

ALLES FÜR DAS VATERLAND

Wie gelang es Rom, vom Kleinstaat zur Weltmacht aufzusteigen? Neben Mut und Zähigkeit war offenbar immer wieder eine Menge Glück im Spiel – auch wenn Historiker das später nicht wahrhaben wollten.

Von Johannes Saltzwedel

Der 23. August des Jahres 319 v. Chr. war für die Römer ein festlicher Tag. Vom Bäuerlein bis zum Fernhändler, vom reichen Staranwalt bis zur Prostituierten hatten sich Tausende im Zentrum der Stadt versammelt, um eine große Siegesparade mitzuerleben. Konsul Lucius Papirius Cursor hatte Roms schmähliche Niederlage gegen die Samniten blutig und umfassend gerächt; nun erwies man ihm dafür die höchste Ehre, die einem Feldherrn zuteilwerden konnte: Mit Kriegern und Beute, in Glanz und Gloria durfte er als »Imperator« entlang der Heiligen Straße zum Haupttempel auf das Kapitol ziehen und dort opfern.

Der Triumphzug folgte einer altehrwürdigen Regie. Auf dem Marsfeld, dem großen, offenen Gelände westlich der sieben Stadthügel, wo sonst Heerschauen und Volksversammlungen stattfanden, gruppierte sich der Zug. Vorneweg schritten Senatoren, hohe Beamte, ein Trupp Hornisten. Symbole des Sieges waren zu sehen, anschließend wurden die gefangenen Samniten vorbeigeführt. Musterstücke der reichen Kriegsbeute konnte man bestaunen: Goldgefäße zum Beispiel, aber auch Feldfrüchte. Opfertiere und Ehrengaben für den erfolgreichen Strategen reihten sich an.

Nahe der Tiberinsel gelangte der Zug ins Innere der Stadt und passierte das Triumphtor, bog unterhalb des Kapitolshügels in Richtung Forum ein, umrundete dann aber in weiter Rechtskurve die Niederung des alten Rindermarkts und setzte am Circus Maximus seinen Weg fort um den Palatin, den alten Palasthügel der Könige. Sobald nach Beutestücken und Opfergut eine Abteilung Liktoren herankam, jener Ordnungsbeamten, die als Zeichen römischer Amtsgewalt wie gewöhnlich ein Bündel Ruten samt ihrem Richtbeil trugen, war allen klar: Jetzt nahte die Hauptperson.

Auf einem prunkvoll verzierten Kriegswagen stehend, durfte der Triumphator in die Stadt einfahren, deren Ruhm er gerettet hatte; die vier Schimmel des Gefährts waren mit Kränzen geschmückt. Über einer purpurnen, goldgesäumten Tunika trug der Sieger einen weiten, ebenfalls mit Stickerei geschmückten Prachtumhang, der seinen Träger königlich erscheinen ließ.

In der Rechten hielt Konsul Papirius einen Lorbeerzweig, in der Linken das herrscherliche Zepter aus Elfenbein, bekrönt vom römischen Adler. Sein Gesicht war mit rotem Mennige geschminkt wie ein Götterbild. Über seinem Kopf sah man eine goldene Eichenkrone, die ein Sklave von hinten hielt. Und noch etwas tat dieser Sklave. So laut das Publikum klatschen und jubeln mochte, in das Ohr des Gefeierten drang immer wieder die geflüsterte Mahnung: »Denk daran, dass du nur ein Mensch bist.«

Hinterdrein marschierten in Reih und Glied die Legionäre, auch sie mit Lorbeer bekränzt. Die Umstehenden hörten genau hin: Bei einem solchen Anlass durften die Krieger nämlich Lieder auf ihren Feldherrn anstimmen, und es kam immer wieder vor, dass allerlei Spott auf den Triumphator erklang. Solche Gesänge waren mehr als bloß ein Gag: Sie bestätigten, dass hier ein Staatswesen sterblicher Menschen seinen Sieg feierte, und wendeten so die mögliche Eifersucht von Göttern und Geistern ab.

Nach Umrundung des Palatins war das Forum erreicht. Mitten durch das politische Herz des Staates, vorbei an Comitium und Curia, wo sonst Volksversammlungen und der Senat ihre Beratungen abhielten, führte der Triumphzug schließlich steil bergan auf den kapitolinischen Hügel. Dort, am Tempel des Iuppiter Optimus Maximus, des »besten und größten« Obergottes, warteten schon Priester, mit deren Hilfe Papirius die Feldherrninsignien offiziell zurückgab und sein Dankopfer darbrachte. Spenden an den Staatsschatz, Beuteverteilung, Hinrichtung des gefangenen Feldherrn, Prämien für die Legionäre, Spiele und allgemeiner Schmaus rundeten das Fest ab.

Gut drei Jahrhunderte später, als der Historiker Livius unter Roms erstem Kaiser Augustus das Ereignis würdigte, machte er aus dem großen Tag kaum mehr als eine Aktennotiz. Verständlich – wie ein Triumphzug ablief, wusste jeder Zeitgenosse nur zu gut. Wichtiger waren für den Geschichtsschreiber die Hintergründe: Was sagte das Jubelfest über den Zustand der Tiberrepublik? War Papirius ein guter Feldherr und Staatsmann? Und wie verlässlich waren die Nachrichten von Siegen überhaupt?

Mit den Samniten oder Sabellern, einer selbstbewussten Stammesgruppe aus den bergigen Landstrichen im Nordosten Neapels, also nördlich des Vesuvs, lagen die Römer tatsächlich seit Mitte des 4. Jahrhunderts im Krieg. An einer Passenge nahe dem Ort Caudium hatten ihnen die Samniten eine unvergessliche Demütigung zugefügt: Um lebend davonzukommen, waren die Legionäre gezwungen worden, waffenlos und halb nackt unter einem Joch aus Speeren hindurchzugehen – was beinahe der Versklavung gleichkam. Obendrein hatten die Samniten 600 Reiter als Geiseln genommen.

Diese unerhörte Schmach, so Livius, habe Konsul Papirius zwei Jahre später gerächt: Bei Einnahme der Stadt Luceria seien 7000 Samniten unterjocht worden, und man habe »riesige Beute« gemacht. Ein Mann von kräftigem Appetit übrigens, dieser Papirius, und ein wackerer Läufer – daher stamme, so der Historiker, sein Beiname »Cursor«.

Führungsstärke habe Papirius auch durch Schlagfertigkeit bewiesen. Einen Prätor, der seine Truppen allzu vorsichtig an die Front gebracht hatte, habe er zum Beispiel antreten lassen und dann einem seiner Liktoren befohlen, das scharfe Richtbeil zu zücken. Dem Offizier sei schon ganz schlecht geworden, da habe Papirius zum Liktor gesagt: »Hau diese Wurzel da raus, sie stört beim Gehen.« Der schlotternde Untergebene sei mit einer Geldstrafe und dem Schrecken davongekommen.

So nett die Pointe klingt, mehr als symbolischen Wert hat sie wohl leider nicht. Die meisten Spezialisten zweifeln heute, ob der Rachefeldzug des Papirius und sein Triumph von 319 als historische Fakten gelten können. Geraume Zeit vor Livius dürften patriotische Chronisten alte Geschichten passend arrangiert haben, um zu belegen, welche schier grenzenlosen Kraftreserven Rom besaß. Livius, der öfter frühere Berichte gegeneinander abwog, traute in diesem Fall seinen Quellen, doch Experten wittern deutliche Spuren nachträglicher Erzählregie. Dass in dieser Epoche die Samniten bezwungen wurden, liegt nahe, aber wo genau und wie triumphal, dafür fehlen alle Belege.

Leider gilt dieser Vorbehalt für weite Strecken der römischen Frühgeschichte. Farbige Details, fesselnde Geschichten, scheinbar auf den Tag genaue Daten – die sich aber bei gründlicher Prüfung kaum je als verlässlich erweisen: Mit diesem Grundproblem schlagen sich die Forscher seit Langem herum. Nicht einmal die altgewohnten Denkmuster historischen Erzählens, in denen Roms Schicksal oft als Paradefall erschien, haben sich halten können.

Vorbei die hehren Zeiten, als der Staatsdenker Charles de Montesquieu (1689 bis 1755) am Wachsen des lateinischen Imperiums das Wesen und die Gefährdung kulturellen »Gemeingeistes« studierte. Dahin die Epoche, in der der Altertumswissenschaftler Theodor Mommsen (1817 bis 1903) voll deutsch-republikanischem Pathos Roms Verfassung, ja sein »Staatsrecht« rekonstruierte und die Entwicklung seiner »Bürgerschaft« aus dem Geist einer konservativen Revolution gegen das monarchische Zwangsregiment beschrieb.

Der nüchterne Fachmann Jochen Bleicken urteilte, Roms regionale Führungsrolle in frühen Zeiten stelle vermutlich kaum mehr als den »Reflex einer Geschichtsklitterung« dar, mit der die vom Zerfall bedrohte Republik ihre angeblich heroischen Ursprünge und ihre politische Ausdauer beschwören wollte. Und erst kürzlich hat Christian Meier, Doyen der deutschen Althistoriker und ein Spezialist für Verfassungen, die angeblich so festgefügte »Ordnung der Römischen Republik« als fortgesetztes Pokern aller gegen alle beschrieben, als unentwegtes, erbittertes Kräftemessen ohne Erfolgsgarantie.

Immerhin, an der Person des kernigen Papirius Cursor zweifeln nur wenige. Und was von ihm erzählt wird, hat allemal hohen symbolischen Wert: Verfassung ist in Rom, wie so häufig in der Antike, zunächst Kriegsverfassung. Die von tapferen und auch sonst charakterstarken Typen bevölkerten Ursprungserzählungen spiegeln in aller Regel ein brutales Ringen um Ackerland, bei dem viele kleine Stämme, häufig unter regionalen Anführern zu Zweckbündnissen vereinigt, Jahr für Jahr ihre Durchsetzungskraft testen.

Der charismatisch-strenge Lucius Papirius, »Sohn des Spurius, Enkel des Lucius«, konnte laut den offiziellen Akten gleich drei Siegesparaden feiern. Das macht ihn für römische Verhältnisse zur legendären Gestalt. Militärische Begabung und politische Autorität waren offenkundig ein Erbteil des altadligen Sippenzweigs: Auch der Sohn, wiederum mit Namen Lucius, soll 293 und 272 als Konsul die Samniten samt ihren süditalischen Verbündeten bezwungen haben, darunter die Handelshochburg Tarent, und durfte Triumphe abhalten.

Als bleibenden Dank soll er auf dem südlichsten der sieben Stadthügel, dem Aventin, einen Tempel für den archaischen Erntegott Consus bauen lassen haben, nicht ohne Denkmal seiner selbst im Ornat des Triumphators. Dass dieser Papirius, der anscheinend keine Nachkommen hatte, zudem die erste öffentliche Sonnenuhr gestiftet, also Pünktlichkeit und Takt im Gemeinwesen dauerhaft verbessert haben soll, bildet den perfekten Schlusspunkt einer Familiensaga vorbildlichen Römertums.

Mut und totaler Einsatz im Krieg, Gemeinsinn, Prinzipientreue und pflichtbewusste Redlichkeit im öffentlichen Amt: Simple, geradezu einfältig-derbe Tugenden fern aller Intellektualität sind es, aus denen die frühen Römer ihre Stärke herleiten. Wer dem Mos maiorum, der alten Vätersitte, treu bleibt, darf auch seinem Schicksal trauen. Redliches Ackern und wackerer Kampfgeist halten Kriegslisten, Räubertücke und selbst der wechselnden Gunst der göttlichen Mächte stand – dieses kollektive Bewusstsein unbeugsamer Zähigkeit war und blieb das Fundament römischen Selbstbewusstseins.

Den Einzelnen vorwiegend als aktuellen Statthalter und Repräsentanten seiner Familie zu begreifen ist in aristokratischen Sphären bis heute ein vertrautes Denkmuster. Bei den Römern aber wurde es zur staatstragenden Ideologie überhöht. Gab es Streit zwischen den Generationen, so galt er spätestens dann als abgetan, wenn das Porträt des Vorfahren in die Reihe der verehrten Ahnen, fast auf Augenhöhe mit den göttlichen Schutzmächten der Familie, eingerückt war. Gleiches galt für die politische Großsippe: Mochten innenpolitische Kontroversen auch oft erbittert ausgefochten werden, in Senatsbeschlüssen wollte man Nachbarvölkern einmütig gegenübertreten, Feinden sowieso.

Das war auch nötig – die Konkurrenz blieb jahrhundertelang erbittert. Das frühe Rom der sagenhaften Könige, die man nach Ansicht jüngerer Forscher eher als Warlords einstufen sollte, wurde in seiner Sonderexistenz von den mächtigen, stolzen Etruskern im Norden nur widerwillig geduldet. Quälend lang, bis nach 300, dauerte es aus römischer Sicht, allein die vielen Städtchen-Staaten und Stämme Latiums in einem fragilen System von Bündnissen zu bezwingen; Gebirgsvölkerschaften im Südosten wie die Hirpiner, Pentrer und Caudiner taten immer wieder Ähnliches, wenn sie sich mit Nachbarn zur Heeresmacht der »Samniten« oder »Sabeller« formierten.

Roms spätere Historie, vor allem das noch in seinen Bruchstücken monumentale, um die Zeitenwende geschriebene Werk des Titus Livius, unterlegte dem mörderischen Gezerre um oft winzige Gemarkungen, Uferbastionen und befestigte Örtlein eine Richtung: die heroische Unterwerfung Mittelitaliens mit dem Fernziel der Weltherrschaft.

Verdächtig oft reagiert Rom in diesen Erzählungen auf »Hilferufe« von Nachbarn. Da es aber heute, von ein paar Inschriften abgesehen, praktisch keine andere Überlieferung mehr gibt als die der Sieger, müssen Althistoriker, was die frühere Römische Republik angeht, skeptische Detektive sein.

Weder Etrusker noch Samniten, noch auch die in drei erbitterten »Punischen Kriegen« niedergerungene phönizische See- und Handelsgroßmacht Karthago, schon gar nicht die unterworfenen Iberer, Helvetier, Ligurer oder Gallier haben Gegendarstellungen zur angeblich so triumphalen Ausbreitung Roms hinterlassen können. Auch das bis Mitte des 2. Jahrhunderts besiegte Makedonenreich fiel der imperialen Geschichtsschreibung zum Opfer.

Mit geradezu exponentiellem Schub breitete sich das Regime der kriegerischen Pragmatiker von Latium über die antike Welt aus. Knallharte Unterwerfung, drückende Abgaben, aber auch Schulen und ein Recht, das jedem seine Rolle zuwies, also Berechenbarkeit schuf: Nach diesem Erfolgsrezept fügten sich Kolonien und später Provinzen zum Imperium Romanum.

In dieser keineswegs einheitlichen Welt lief der Alltag gewöhnlich eher unspektakulär ab. Weit gereist waren die wenigsten – schon Sprachbarrieren fesselten Menschen an ihre Ursprungsregion. Von Kriegsverwüstungen abgesehen, beackerten Bauern eigenes Land und das von Grundbesitzern; gemeinsam kam man regelmäßig den militärischen Aufgaben nach. Reichere waren zur Anschaffung einer kostspieligen Rüstung genötigt. Wer sich überdies ein Pferd leisten konnte, galt steuerlich als »Eques« (Reiter, bei den Forschern gewöhnlich »Ritter«). Viele wenig begüterte Bauern zählten ferner zur Schar der »Klienten«, die das Vermögen des Grundbesitzers mehrten, dafür aber auch, gerade in Friedenszeiten, von ihrem Patron »Wohltaten« (beneficia) erwarten durften.

So turbulent der Historiker Livius oft politische Reibereien schildert, muss doch im Stadtleben die Normalität überwogen haben. Auf seinem erstaunlich weiten Areal, 426 Hektar innerhalb der alten servianischen Tuffsteinmauern, entfaltete das Rom der früheren Republik wenig Glanz. Tempel, wie sie als ausgegrabene Ruinen heute noch etwa am verkehrsreichen Largo Argentina auf dem Marsfeld zu sehen sind, bestanden in der Regel aus Steinquadern; von marmorner Pracht war selten etwas zu sehen.

Ältester noch erhaltener Marmorbau ist ein um 210 entstandener Rundtempel an der Flussbiegung, wo einst Hafen und Rindermarkt das Handelszentrum der Stadt bildeten. Höchstwahrscheinlich das Werk eines griechischen Baumeisters, ist er vermutlich dem Sagenhelden Herkules geweiht gewesen, der hier offenbar von Ölhändlern verehrt wurde.

Doch so viel kaufmännisches Geschick in der Tiberstadt aktiv war, ringsum Eindruck machten die Römer vorwiegend mit ihrer nahezu jährlich aufgebotenen Militärmacht. Sie galten als emsig, hart und erschreckend zäh, gesegnet mit einem aus Sicht der Nachbarvölker geradezu »pathologischen Durchhaltevermögen«, wie der Historiker Martin Jehne es nennt.

Schon der Geschichtsschreiber Polybios schrieb um 130 v. Chr. mit kritischer Sympathie, die Römer seien erfahren auch dank mancher »augenscheinlichen Misserfolge«. Als »Meister der Kriegskunst« mit eisernem Willen pflegten sie, »was sie sich in den Kopf gesetzt« hätten, brutal durchzusetzen. Nur so habe ihnen das Unerhörte gelingen können, »in noch nicht ganz 53 Jahren die ganze bewohnte Erde unter ihre Herrschaft« zu bringen und damit dem Lauf der Welt einen »einheitlichen Zielpunkt« zu setzen.

Oder war dieses vermeintliche Ende der Geschichte doch wieder nur ein Durchgangsstadium, ein täuschend glorioser »Scheitelpunkt der Entwicklung«, dem irgendwann erfahrungsgemäß die »Wende zum Schlimmen« folgen musste? Polybios, im Jahr 167 als Geisel nach Rom gelangt, aber rasch von höchsten Kreisen als Hauslehrer und intellektueller Berater engagiert, mochte sich nicht festlegen. Immerhin hielt der belesene Hellene die politische Ordnung der Tiberrepublik im Vergleich für die »beste Verfassung, die es heute gibt« – gerade weil Elemente der Königs-, Adels- und Volksherrschaft in ihr kombiniert seien.

Rom als Maßstab: Der Historiker Livius

Nur ein Bruchteil des großen Werks, in dem der um 59 v. Chr. geborene Titus Livius die Geschichte Roms »Ab urbe condita« (seit Gründung der Stadt) aufgezeichnet hat, ist erhalten: Buch 110 und 2145. Von den übrigen existieren nur Inhaltsangaben und Fragmente; 142 Buchrollen waren es ursprünglich. Livius stützt sich oft auf heute weitgehend verlorene Chroniken und Annalen. Roms mühevollen Weg zur Großmacht und die inneren Kämpfe beschönigt er kaum, aber letztlich würdigt er das Römertum als moralische Weltinstanz.

Als der brillante Redner, Politiker und philosophische Kopf Marcus Tullius Cicero zwischen 54 und 51 über Staatsformen nachdachte, geriet ihm sein Werk »De re publica« auch zur Antwort auf Polybios. Entgeistert über despotische Führerfiguren wie Sulla oder Caesar, deren kalkulierte Willkür die überkommene politische Ordnung seit Jahrzehnten immer weiter ausgehöhlt hatte, beschwor er die große alte Res publica als »res populi«, als Sache des Volkes. Roms vaterländische Weltmacht sei vom Schicksal befugt, Gerechtigkeit im menschlichen Miteinander zu sichern. Ausgerechnet den jüngeren Scipio, Zerstörer Karthagos und dann eine intellektuelle Leitfigur, in deren Nähe auch Polybios verkehrt hatte, machte Cicero zum Wortführer des Dialogs.

Fazit der Erörterungen: Der »pactio«, dem staatsbegründenden »Vertrag« zwischen Volk und Machthabern, seien Konkurrenz, Widersprüche, ja die Rivalität von Einzelnen und Gruppen und ihr gegenseitiges Misstrauen geradezu dienlich. Selbst ein Bürgerzwist bewege sich durchaus im Rahmen des Normalen – solange prinzipiell »concentus« (Einklang), »harmonia« und »concordia« (Einmütigkeit), also das Wissen um die im Kern gemeinsame Sache, nicht infrage stünden. Erst echte Zwietracht setze das Gemeinwesen aufs Spiel. Sie könne von »dissensio« (Meinungsverschiedenheit) über »discordia« (Uneinigkeit) bis zur »seditio« (Zerwürfnis, Aufruhr), zum fatalen Zustand völlig gegensätzlicher Zielvorstellungen eskalieren.

Genau diese ruinöse Entwicklung hatte Cicero, der leidenschaftliche Praktiker in Wort und Tat, seit Jahrzehnten beobachten müssen. Gab es überhaupt noch Hoffnung für die Republik – und wenn ja, welche? Musste das Werk, in dem er die Grundlagen römischer Größe analysierte, nicht zwangsläufig in schwärzestem Pessimismus enden? Um der Verzweiflung zu entrinnen, nahm der Meisterredner Zuflucht zu einem Kunstgriff, den er sich beim griechischen Philosophen Platon abgeguckt hatte: Wurde die Vernunft unsicher und reichten Argumente nicht mehr aus, ließ sich doch immer noch eine Geschichte erzählen. In diesem Fall ein Traum: Darin begegnete Scipio, Held des Dialogs, seinem Vorfahren Scipio Africanus, der 202 zum ersten Mal Roms härtesten Gegner auf eigenem Territorium besiegt hatte.

»Wenn du dann«, so weissagt der Ahn seinem Erben, »Karthago zerstört und einen Triumph gefeiert und als Zensor geamtet und als Gesandter Ägypten und Syrien und Kleinasien und Griechenland besucht hast, wirst du während deiner Abwesenheit ein zweites Mal zum Konsul gewählt werden und wirst den größten Krieg erfolgreich beenden: Du wirst Numantia zerstören. Und wenn du als Triumphator auf dem Wagen nach dem Kapitol gefahren bist, wirst du den Staat in einem Zustand der Zerrüttung antreffen … du wirst der Einzige sein, auf dem das Heil des Staates beruht, und um es kurz zu sagen, du wirst genötigt sein, als Diktator den Staat in Ordnung zu bringen.«

Mehr Ruhm, als in dieser knappen Aufzählung steckt, war für einen Römer kaum denkbar: zwei glanzvolle Eroberungen, zwei Triumphe, und dann auch noch die Alleinherrschaft zur Rettung des Vaterlands. Der schier übermenschliche Anspruch bringt den jüngeren Scipio in Verlegenheit. Doch schon beginnt sein Vorfahr ihn an das eigentliche Fortleben der Seelen im Jenseits zu erinnern, an die wunderbare, göttliche Harmonie des Weltalls und daran, dass nur der, welcher seinen irdischen Pflichten treu bleibt, nach dem Tod einen himmlischen Ehrenplatz einnehmen darf.

Wie ein Orakel hüllt sich das Bekenntnis in die weihevolle Aura kosmisch-ewiger Wahrheit. Die Helden aus ferner Vergangenheit ersparen es Cicero, sich in den Wirren seiner Gegenwart für eine Seite entscheiden zu müssen. Am Ende des dichterisch-visionär überhöhten Szenarios resümiert Africanus, der Ahn, noch einmal, was Cicero, sein Souffleur, für die »edelsten Angelegenheiten« hält, denen ein Römer sich widmen kann: Dienst am Staatswesen natürlich.

Bloß klingt es jetzt eine Spur anders. Der Erzrepublikaner erinnert auf einmal nicht mehr an die Res publica, sondern an die »salus patriae«, das »Wohl des Vaterlands«. Nicht ausgeschlossen, dass Cicero etwas ahnte vom baldigen bitteren Untergang der Republik – vielleicht sogar, auf welch einzige, so lange undenkbar gewesene Art sein geliebtes Rom in anderer Gestalt fortleben könnte: als Monarchie.