Von Auckland aus führt der State Highway 1 rund 100 Kilometer weit direkt nach Norden, bis er sich gabelt und man sich entscheiden muss: Will man auf der 1 bleiben und die östliche Route über die Bay of Islands nehmen oder auf der 12 einen kleinen Umweg durch die Kauriwälder an der Westküste fahren? Wo die Nordinsel sich zu einer schmalen Landzunge verjüngt, treffen die beiden Highways dann wieder aufeinander und führen als SHW 1 bis zum Cape Reinga, der Nordspitze.
Kurz bevor wir uns an der Highway-Gabelung entscheiden mussten, entdeckten wir nahe der Ortschaft Te Hana ein Schild am Straßenrand: "Hot Hangi Streetfood – 100m" stand darauf. Hangi als Streetfood?!
Eigentlich wird dieses traditionelle Maori-Festmahl in einer Grube im Erdboden gegart, wofür es viele helfende Hände und eine stundenlange Vor- und Zubereitungszeit braucht. Slow Food in seiner ursprünglichsten Form also. Hangi zum Mitnehmen – davon hatten wir noch nie gehört und wollten es uns deshalb zumindest mal anschauen.
Das Schild verwies auf einen kleinen Autoanhänger mit einer massiven Metallbox darauf, vielleicht einen Meter im Quadrat. Davor ein Maori, der mein „Hello“ mit einem freundlich gebrummten „Kia Ora“ erwidert. Was es denn mit der Box und dem Streetfood auf sich habe, fragte ich ihn. Er erklärte mir, dass das ein mobiles Hangi sei: Die Kiste werde mit Gas befeuert und das Essen darin – wie bei der traditionellen Zubereitung auch – geräuchert und dampfgegart.
Man kann sich jetzt natürlich fragen, wie viel das noch mit dem Original zu tun hat. Aber als der Mann mir eine Portion (NZ$12) zur Begutachtung unter die Nase hielt, ließ mir der Duft von Lammfleisch, Kumara, Kürbis und Stuffing (eine Mischung aus gebutterten Brotbröseln und Kräutern) das Wasser im Mund zusammen laufen. Wir wollten eigentlich erst etwas später eine Mittagsrast einlegen, erklärte ich dem Mann. „No worries“, meinte der, und wickelte das in Alufolie verpackte Lunchpaket zusätzlich in einige Lagen Zeitungspapier.
Anderthalb Stunden später hatten wir die Kai Iwi Lakes (> KARTE) erreicht, wo wir am feinsandigen Seeufer mit Blick auf türkis-blaues Wasser picknickten. Unser Essen war immer noch warm, für unseren Geschmack allerdings ein bisschen zu gar: Kürbis und Süßkartoffel waren so weich, dass sogar unser (damals noch backenzahnloses) Baby sie problemlos mampfen konnte. Und das Fleisch bestand zur Hälfte aus einer dicken Schwarte. Geschmacklich war es aber in Ordnung (wenn auch kein Highlight) und die Portion machte gut satt.
Unser Tipp: Wer es auf seiner Reise nicht so weit in den Norden schafft, kommt vielleicht statt dessen in Rotorua vorbei. Im dortigen Kiwi Kai, dem ersten Maori Fast Food Imbiss des Landes, bekommt man Rewena (Maoribrot), Hangi To Go, Burger im Rewenabrot, Boil-Up, Pudding und mehr. 1211 Amohau Street, Tel. 07-3472440 (telefonisch vorbestellen und selbst abholen möglich), geöffnet Di-Do 10-19 Uhr, Fr 10-19:30 Uhr, Sa 11-19:30 Uhr. www.facebook.com/KiwiKaiRotorua
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Die Presse hat schon lange ihr Ende ausgerufen, aber es gibt sie immer noch – zum Glück! Honesty Boxes sind für mich typisch neuseeländisch und ich fände es jammerschade, wenn ein paar unehrliche Menschen es für uns andere verderben würden!
Für diejenigen, die nicht wissen, wovon ich spreche: Honesty Boxes sind kleine Verkaufsstände am Straßenrand, die ganz ohne Verkäufer auskommen. Man darf sich einfach bedienen und steckt das passend abgezählte Geld in ein dafür vorgesehenes Behältnis. Während unserer Reise quer durchs Land haben wir ihretwegen schon sehr häufig eine Vollbremsung hingelegt. Denn was in den Honesty Boxen liegt, ist nicht nur frisch geerntet, bio und stammt vom Acker direkt nebenan – hier kauft man auch direkt vom Erzeuger und entsprechend günstig. Oft sind es auch einfach Privatleute, die die Überschüsse aus ihrem Garten für kleines Geld abgeben.
Auf unserer Rundreise sind wir an hunderten solcher Verkaufsstände vorbei gekommen. Die tollste kommerzielle Entdeckung war der Thymianhonig in Central Otago (> zum Kapitel). Die womöglich schönste private (!) Honesty Box des Landes aber steht in Rangiora – direkt an der Straße, ein paar Meter vom Anleger der Autofähre entfernt, die von Rawene über den Hokianga Harbour übersetzt. Eine kleine Garage wurde hier zu einem hübsch dekorierten Verkaufsraum umfunktioniert, die Einfahrt mit Blumen geschmückt und auch das Sortiment begeisterte uns.
Wir waren eigentlich einem Schild am Straßenrand gefolgt, das auf Avocados hinwies, und alleine für die großen, unglaublich aromatischen Früchte lohnte es sich angehalten zu haben, wie wir später feststellen. Dann entdecken wir aber noch viel mehr: Da gibt es verschiedene Gemüsesorten ("spray free"), Eier von glücklichen Hühnern, selbstgemachte Marmeladen und Chutneys, Töpfchen mit frischen Kräutern und ein bisschen Kunsthandwerk. Und das charmanteste von allem: kleine Zettel mit Empfehlungen des Inhabers. Zum Beispiel, dass das Wassermelonen-Konfit (Gläschen NZ$7) gut zu Käse passt.
Entgegen den Unkenrufen der einheimischen Medien sind die Honesty Boxen zum Glück noch nicht von den Straßenrändern verschwunden. Aber die Zeiten haben sich trotzdem geändert. Früher genügte ein Jogurtbecher als Kasse, mittlerweile sieht man nur noch verplombte Metallbüchsen mit Einwurfschlitz für das Geld. Manche Stände werden sogar kameraüberwacht.
In Rangiora gab es keine Kamera, dafür ein kleines Klemmbrett mit Notizzetteln. Wir haben darauf ein Dankeschön hinterlassen – für die überraschende Idee, aus Wassermelone Konfit zu machen, und für die wirklich köstliche Verzehrempfehlung.
Unser Tipp: Das Boatshed Café in Rawene, direkt am Fähranleger (8 Clendon Esplanade). Bevor man auf seiner Fahrt weiter gen Norden die etwa zehnminütige Überfahrt mit der Fähre unternimmt (oder natürlich auch wenn man Richtung Süden fährt: nach dem Übersetzen), kann man hier noch einen Kaffee trinken oder auch etwas essen. Dabei kann man wunderschön auf der Terrasse direkt am Wasser sitzen; zum Café gehört außerdem ein kleines Souvenirlädchen, in dem vor allem von Hand Gemachtes verkauft wird.
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Auf längeren Reisen verliert man ja leicht den Überblick, welcher Wochentag gerade ist. „Wieviel Uhr haben wir? Und welchen Tag?“, ist eine durchaus normale Frage. Die Wochenenden allerdings behalten wir auf diesem Trip schön im Auge, denn samstags, manchmal auch sonntags, ist in Neuseeland Markttag. Manchmal sind wir on the road und kommen überraschend an einem farmers' market vorbei. Wenn ich allerdings weiß, dass an einem Ort ein besonders schöner sein soll, dann versuchen wir, unsere Route passend zu legen.
In Auckland gibt es natürlich eine ganze Reihe Märkte, aber der in Otara, einem Stadtteil mit sehr vielen polynesischen und asiatischen Einwanderern, stach uns sofort ins Auge. Auckland hat die größte polynesische Population außerhalb der Inselgruppe, was natürlich auch Einflüsse auf die neuseeländische Küche hat (die ja sowieso ein Potpurri verschiedenster Kulturen ist).
Im Gegensatz zu den meisten farmers' markets im Land beginnt dieser hier schon morgens um sechs – ganz so früh schaffen wir es nicht, zumal wir den Aucklander Verkehr etwas unterschätzt haben. Als wir ankommen, ist schon ordentlich was los und wir müssen auf dem riesigen Parkplatz tatsächlich ein paar Runden drehen und dabei Händlern mit ihren Sackkarren, rangierenden LKW und mit vollen Tüten beladenen Menschen ausweichen.
Kaum steigen wir aus, umgibt uns ein bunter Geräuschteppich. Mitten auf dem Parkplatz steht ein Prediger ohne Publikum, dessen monotone Stimme mit der Zwei-Mann-plus-Synthesizer-Kapelle konkurriert, die am anderen Ende des Marktes inbrünstig amerikanische 50er Jahre Schnulzen in einer uns unbekannten Sprache covert. Von irgendwoher wummern die Bässe eines Soundsystems herüber. Später sehe ich, dass sie zu einem CD-Verkäufer gehören, der goldbehängt und mit schillernder Sonnenbrille an seiner mannshohen Lautsprecherbox lehnt.
Der Otara Market soll der größte Aucklands sein; seine Stände füllen in mehreren Reihen die Hälfte eines riesigen Parkplatzes. Verkauft wird eine bunte Mischung aus Lebensmitteln, Kleidung, Schmuck, Haushaltswaren und jede Menge Schnickschnack – bunt bemalte Armbänder, Leys aus Stoffblumen, lustig bedruckte T-Shirts mit Homer Simpson als Maori-Krieger. Ich sehe Obst und Gemüse, das ich noch in keinem neuseeländischen Supermarkt entdeckt habe: Pomelos zum Beispiel, exotische Kräuter und Bittermelone, die aussieht wie eine extrem runzelige Zucchini. Kein Obst, sondern ein Fleischgewürz, wie mir der asiatische Verkäufer erklärt. Eine Frau mit Blumenkranz auf dem Kopf bietet selbst gemixtes, mit Kräutern versetztes Kokosöl feil, das besonders gut für Neugeborene sein soll. Die Preise sind sensationell günstig.
Am hinteren Ende des Marktes ist eine ganze Reihe Imbissbüdchen aufgebaut. Eine blau-weiße Fahne winkt mir entgegen: Fritz's Wieners, die uns schon auf dem Riccarton Market in Christchurch begegnet sind, dürfen auch hier nicht fehlen ... Daneben jede Menge Frittiertes – Doughnuts, Paua, Whitebait. Ein Vietnamese verkauft Frühlingsrollen und bittet auf einem Schild: „Be vegan – make peace“. Dann, endlich, ein Stand, der etwas verkauft, das ich noch nie gesehen, geschweige denn gegessen habe: große braune und orangefarbene Würfel.
„Das ist Tapioka, also Stärke“, erklärt mir die Verkäuferin, die sich sichtlich über mein Interesse freut, „mit Bananen- oder Karottengeschmack, verfeinert mit Kokosmilch.“ Eine Spezialität der Cook Islands. Probieren darf ich auch. Die Konsistenz ist ulkig: Die braunen Bananenwürfel sind sehr fest und zäh zwischen den Zähnen, die orangefarbenen Karotten-Stärke-Happen hingegen zergehen fast auf der Zunge. Beide haben einen überraschend intensiven und natürlichen Geschmack und sind auch nicht übermäßig süß. Ich kaufe eine Familienportion für NZ$8.
Ein paar Stände weiter kaufe ich bei einem jungen Vietnamesen ein pork bun, eine Art dampfgegarten Kloß, der mit einer süßlichen Hackfleischmischung gefüllt ist (NZ$1,20), und pork dumplings (6 Stk für NZ$3), also Klöße mit Schweinefleisch, die sich dann leider als recht fettig entpuppen. „Das alles hat meine Mutter heute frisch zubereitet“, erzählt mir der Verkäufer stolz.
Und schließlich entdecke ich sogar noch einen Stand, der Boil-Up verkauft, ein früher in Neuseeland weit verbreitetes Eintopfgericht, bei dem Fleisch (noch am Knochen) und Gemüse zusammen in Wasser gekocht werden. Leider schmeckt es in diesem Fall trotz der vielversprechenden Kombination – Lamm, Kumara, Kartoffel, Wasserkresse – als hätte die Köchin das Würzen vergessen und womöglich auch den Topf auf der Flamme.
Als wir unsere Freundin Conor ein paar Tage später nach Boil-Up fragen, nennt sie es schmunzelnd „langweiliges Nachkriegsessen“. Nun ja, zumindest haben wir es mal probiert.
Unser Tipp: Der Markt findet jeden Samstag 6-12 Uhr auf dem großen Parkplatz an der Newbury Street im Stadtteil Otara statt.
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40 Zentimeter. Das ist die Mindestgröße, die eine aus dem Lake Taupo gezogene Forelle haben muss, damit man sie behalten darf. 40 Zentimeter! Wer in Deutschland so ein Prachtexemplar angelt, steht wahrscheinlich am nächsten Tag samt Foto in der Lokalzeitung. Kaum zu glauben, dass diese Oschis Nachfahren deutscher Bachforellen (und kalifornischer Regenbogenforellen) sind, welche Auswanderer nach Neuseeland mitbrachten.
Wie genau sie es geschafft haben, die Süßwasserfische während der dreimonatigen Bootspassage ans andere Ende der Welt am Leben zu halten, hat mir leider niemand erzählt. Fakt ist: In Neuseeland fanden die Forellen paradiesische Lebensumstände vor und wuchsen zu derartigen Trophäen heran wie es die Siedler wohl niemals zu träumen gewagt hätten. Sie konnten ja auch nicht ahnen, dass Lake Taupo nicht nur eine große Oberfläche hat (30 x 40 Kilometer), sondern bis zu 186 Meter tief ist. Das ist verdammt viel Wasser, welches noch dazu sehr sauber und kalt ist.
Zu verdanken haben die Forellen diesen perfekten Lebensraum einer Naturkatastrophe, genauer gesagt dem schwersten Vulkanausbruch seit Menschengedenken. Die alten Römer wie auch die Chinesen berichten um 200 n. Chr. von "Tagen der Nächte": Eine gigantische Eruption auf Neuseelands Nordinsel schleuderte 1200 Kubikkilometer Gestein und Staub in die Atmosphäre, wodurch es drei Tage lang weltweit dunkel wurde und der Krater entstand, den heute der See ausfüllt. Lake Taupo liegt auf dem sogenannten "vulkanischen Gürtel", der sich schräg über die Nordinsel erstreckt. Bis heute finden sich am Ufer des Sees heiße Quellen und an seinem südlichen Ende liegt der beeindruckende Tongariro National Park mit einer ganzen Reihe noch immer aktiver Vulkane.
Dass es den Forellen in Neuseeland so gut geht, liegt aber auch daran, dass sie dort nicht kommerziell gefischt werden dürfen. Eine verrückte Regelung, die die meisten Touristen wohl mit einem ungläubigen „Echt?!“ kommentieren. Wer in Neuseeland Forelle essen will, der muss sie selbst angeln. Natürlich wollten wir! Das Fleisch wild lebender Fische ist nicht zu vergleichen mit dem, was man in deutschen Supermärkten aus Aquafarmen bekommt. Unsere ersten laienhaften Angelversuche, die wir am malerischen Lake Otamangakau unternahmen (der Tipp eines Mitarbeiters aus dem National Trout Centre), waren leider nicht von Erfolg gekrönt ...
Erlaubt ist in Neuseeland allerdings auch, sich beim Forellenangeln helfen zu lassen – zum Beispiel in Verbindung mit einer entspannten Bootstour. Während sich die Gipfel des Tongariro National Park in äußerst fotogene Gewitterwolken hüllen, scheint uns auf dem See die Sonne ins Gesicht. Wir werfen die beiden fest am Heck installierten Angeln aus und schipperen dann zum Oldiesound des örtlichen Radiosenders (Dire Straits! David Bowie!) über den See, vorbei an den berühmten Maori Rock Carvings, bis uns die Angel plötzlich signalisiert: Achtung! Da hängt was dran! Nennt mich faul, aber ich finde: So macht Angeln richtig Spaß.
Das Durchschnittsgewicht der aus dem See gezogenen Regenbogenforellen liegt bei 1,5 Kilo, bei Bachforellen sogar 2,5 Kilo, erzählt unser Skipper Pete. In jedem Jahr werden aber auch Brummer von bis zu 7 Kilo gefangen. Als die Angel zuckt, können die sechs Männer, die mit mir an Bord sind, gar nicht so schnell gucken wie ich „Hier! Ich!!“ schreie und ans Heck stürze. Mein Jagdinstinkt, dessen Existenz ich bisher bestenfalls auf Flohmärkten wahrgenommen hatte oder wenn ein Bus mir vor der Nase wegzufahren drohte, war mit einem Schlag erwacht.
Und dann kurbel ich und kurbel, bis mein Bizeps brennt. Der verdammte Haken liegt wahrscheinlich auf dem Seegrund. Aber das ist vergessen, als ein glitzernder, zappelnder Schatten unter der Wasseroberfläche auftaucht und von Nick geschickt mit einem Käscher eingefangen und an Bord geholt wurde. Yeeeeeeeee-ha! Meine erste (fast) allein gefangene neuseeländische Forelle!
Unser Tipp: Chris Jolly bietet verschiedene Angel-Exkursionen per Boot an (Details unter http://chrisjolly.co.nz/private-fishing-charters. Informationen über weitere Anbieter hat die i-Site in Taupo.