ZUM BUCH:
Dass das Leben hart sein kann, weiß Sarah nur allzu gut. Nach dem Tod ihrer Eltern kümmert sie sich um ihren Bruder Landon. Dabei ist sie auf sich allein gestellt, denn schmerzhaft musste Sarah lernen, dass ihr Ehemann von Treue nichts hält. Ungeachtet der Schicksalsschläge hat sie es geschafft, ihre Ausbildung als Hubschrauberpilotin erfolgreich abzuschließen. Und seit sie in Thunder Point lebt, hat sie das Gefühl, dass die Stadt für sie und Landon eine Heimat werden könnte. Aber gerade als alles läuft, taucht Hank in dem Städtchen auf und stellt ihre Welt auf den Kopf. Ist der rastlose Ex-Army-Soldat der Richtige, um der Liebe eine zweite Chance zu geben?
ZUM AUTOR:
Seit Robyn Carr den ersten Band ihrer von den Kritikern gefeierten Virgin-River-Serie veröffentlichte, stehen ihre Romances regelmäßig auf der Bestsellerliste der New York Times. Auch ihre neue, herzerwärmende Thunder-Point-Serie, die in einem idyllischen Küstenstädtchen spielt, hat auf Anhieb die Leser begeistert. Robyn Carr hat zwei erwachsene Kinder und lebt mit ihrem Ehemann in Las Vegas.
„Tauchen Sie ein in Robyn Carrs Welt:
Großartig erzählte Geschichten und wunderbar gezeichnete Charaktere.“
New York Times-Bestsellerautorin Susan Elizabeth Phillips
Lieferbare Titel:
Virgin-River-Serie
Neue Hoffnung in Virgin River
Liebesglück in Virgin River
Weihnachtsmärchen in Virgin River
Robyn Carr
Zeit der Liebe in Thunder Point
Roman
Aus dem Amerikanischen von
Barbara Minden
MIRA® TASCHENBUCH
MIRA® TASCHENBÜCHER
erscheinen in der HarperCollins Germany GmbH,
Valentinskamp 24, 20354 Hamburg
Geschäftsführer: Thomas Beckmann
Copyright © 2016 by MIRA Taschenbuch
in der HarperCollins Germany GmbH
Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:
The Wanderer
Copyright © 2013 by Robyn Carr
erschienen bei: Mira Books, Toronto
Published by arrangement with
Harlequin Enterprises II B.V./S.ár.l
Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner GmbH, Köln
Umschlaggestaltung: pecher und soiron, Köln
Redaktion: Mareike Müller
Titelabbildung: Getty Images, München / James + Courtney Forte;
Thinkstock / Getty Images, München / KsushaArt
ISBN eBook 978-3-95649-533-5
www.mira-taschenbuch.de
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eBook-Herstellung und Auslieferung:
readbox publishing, Dortmund
www.readbox.net
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
Der Preis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.
Alle handelnden Personen in dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.
Für die großartige Kristan Higgins, deren Schönheit nicht nur von außen, sondern auch von innen strahlt.
Hank Cooper brauchte fast acht Stunden, um von Virgin River nach Thunder Point in Oregon zu kommen, weil er seinen Fifth-Wheel-Wohnauflieger hinter sich herzog. Er fuhr regelmäßig auf dem Seitenstreifen, damit die Schlange der Autos hinter ihm vorbeikonnte. Kurz vor der Grenze zwischen Kalifornien und Oregon hielt er bei einer Redwood-Touristenfalle an. Sie war komplett ausgestattet und lockte neben der üblichen Essenstheke und den Toiletten mit eigener Grünanlage, Souvenirs und Holzschnitzereien. Hank verzichtete aufs Grün und kaufte sich ein Sandwich und etwas zu trinken. Kurz darauf ließ er die riesigen Bäume hinter sich, und schon bald lag die felsige Küste Oregons vor ihm.
Beim ersten Aussichtspunkt machte er halt. Mit Blick aufs Meer wählte er die Nummer vom Sheriff Department von Coos County.
„Hallo“, begrüßte er die Frau am anderen Ende der Leitung. „Mein Name ist Hank Cooper, und ich bin auf dem Weg nach Thunder Point. Man hat mich benachrichtigt, dass mein Freund Ben Bailey tot ist. Offenbar hat er mir etwas vererbt, aber das ist nicht der Grund, weshalb ich zu Ihnen unterwegs bin. Ich habe die Nachricht erhalten, dass Ben gestorben ist, doch keine weiteren Einzelheiten. Ich möchte mit dem Sheriff sprechen. Ich brauche ein paar Antworten.“
„Bleiben Sie dran“, bat sie ihn.
Damit hatte er nicht gerechnet. Er hatte sich eigentlich vorgestellt, seine Nummer zu hinterlassen und zu Mittag zu essen, während er auf den Rückruf wartete.
„Deputy McCain“, meldete sich eine neue Stimme in der Leitung.
„Hank Cooper am Apparat, Deputy“, erwiderte Hank und nahm unwillkürlich Haltung an. „Ich hatte gehofft, ich könnte mit dem Sheriff reden.“
„Ich bin der Deputy Sheriff. Das Büro vom County Sheriff ist in Coquille. Wir sind ein Außenrevier, wo ein paar Deputys arbeiten. Thunder Point ist klein. Es gibt zwar einen Constable, aber keine sonstigen lokalen Gesetzeshüter. Der Constable kümmert sich um kleinere Auseinandersetzungen, Zwangsräumungen und solche Sachen. Das County-Gefängnis liegt in Coquille. Wie kann ich Ihnen helfen, Mr Cooper?“
„Ich bin ein Freund von Ben Bailey und auf dem Weg in die Stadt, weil ich herausfinden will, was mit ihm passiert ist.“
„Mr Cooper, Ben Bailey ist vor mehreren Wochen gestorben.“
„Das weiß ich, doch ich habe es gerade erst erfahren. So ein alter Mann – Rawley irgendwer – hat meine Nummer gefunden und mich angerufen. Er behauptet, Ben sei umgebracht worden. Getötet und begraben. Und jetzt möchte ich wissen, was geschehen ist. Ben war mein Freund.“
„Ich kann ihnen die Einzelheiten in etwa neunzig Sekunden liefern.“
Aber Cooper wollte dem Mann in die Augen schauen, während er sich die Geschichte anhörte. „Wenn Sie mir Ihre Adresse geben, komme ich ins Sheriff Department.“
„Das ist nicht nötig. Wir können uns in der Bar treffen“, schlug der Deputy vor.
„In welcher Bar?“
„Bens. Ich vermute, Sie waren nicht sehr eng befreundet.“
„Wir kennen uns schon seit fünfzehn Jahren, doch das ist mein erster Besuch hier. Wir wollten uns mit einem dritten Kumpel aus der Army in Virgin River treffen und ein bisschen jagen gehen. Ben hat uns erzählt, er habe einen Angelladen.“
„Ich würde sagen, dass er mehr Wild Turkey Bourbon verkauft hat als Angelköder. Wissen Sie, wo Ben gewohnt hat?“
„Nur so ungefähr“, erwiderte Cooper.
„Fahren Sie über die 101 zur Gibbons Road, Richtung Westen. Nach ungefähr vier Meilen suchen Sie nach einem Schild, das mit billigen Getränken wirbt. Da halten Sie sich links und fahren auf den Bailey Pass, der über eine kurvige Straße den Berg hinunterführt. Dort finden Sie das Baileys. Was glauben Sie, wann können Sie dort sein?“
„Ich bin gerade erst an der Grenze zwischen Kalifornien und Oregon“, entgegnete Hank. „Ich habe einen Wohnauflieger dabei. In ein paar Stunden?“
„Eher in drei. Wir treffen uns dort, falls nichts dazwischenkommt. Ist das Ihre Handynummer?“
„Ja“, antwortete Hank.
„An der Küste haben Sie guten Empfang. Ich rufe Sie an, falls ich aufgehalten werde.“
„Danke, Deputy … wie war noch Ihr Name?“
„McCain. Bis nachher, Mr Cooper.“
Hank beendete das Gespräch, steckte das Handy in die Jackentasche zurück und stieg aus dem Geländewagen. Er stellte sein Essen auf die Motorhaube und lehnte sich gegen das Auto, um auf den nördlichen Pazifik zu schauen. Inzwischen hatte er beinahe die ganze Welt gesehen, aber dies war seine erste Reise an die Küste von Oregon. Der Strand war felsig. Aus dem Wasser ragten Felsbrocken, so groß wie zweistöckige Häuser. Ein orangeweißer Hubschrauber flog über das Wasser – eine Coast Guard HH-65 Dolphin, Rettungsdienst.
Einen Augenblick lang sehnte Cooper sich in einen Hubschrauber zurück. Sobald er geklärt hatte, was mit Ben passiert war, würde er sich vielleicht doch noch einen Job als Pilot suchen. Nach seiner Zeit bei der Army hatte er eine Menge Sachen gemacht, die mit Fliegerei zu tun hatten. Zuletzt hatte er von Corpus Christi aus Ölbohrplattformen angeflogen – bis es eine Ölkatastrophe gegeben hatte. Hank bewegte den Kopf, während er dem Hubschrauber mit Blicken übers Wasser folgte. Eine Arbeit bei der U.S. Coast Guard, der USCG, hatte er nie in Betracht gezogen. Er war es gewohnt, Stürme auf der offenen See zu meiden, anstatt mitten hineinzufliegen, um jemanden aus dem tosenden Meer zu fischen.
Hank nippte ein paar Mal an seinem Getränk und biss von seinem Sandwich ab. Dabei nahm er die vielen Autos und Geländewagen, die auf den Parkplatz einbogen, nur beiläufig wahr. Menschen stiegen aus und strebten, mit Ferngläsern und Kameras bewaffnet, auf die Kante der Aussichtsplattform zu. Er selbst fand nicht, dass diese monströsen, mit Vogelkacke bedeckten Felsbrocken ein Foto wert waren. Nicht einmal, wenn der orange-weiße Hubschrauber über sie flog. Über ihnen schwebte …
Die Wellen prallten mit tödlicher Kraft gegen die großen Felsen, und der Wind frischte beständig auf. Hank wusste nur zu gut, wie heikel es bei diesem Wind und unter solchen Voraussetzungen sein konnte, einen Hubschrauber zu steuern. Und dann auch noch so dicht bei den Felsen. Falls etwas schiefging, wäre der Helikopter nicht mehr rechtzeitig in der Lage, einen Zusammenstoß mit den Felsen oder eine unsanfte Begegnung mit den Wellen zu vermeiden. Das konnte ungemütlich werden.
Jetzt stieg ein Mann in Gurtzeug aus dem Hubschrauber und baumelte an einem Seil herab. Das war der Moment, in dem Hank entdeckte, was die anderen Fahrer vor ihm bemerkt hatten. Er legte sein Sandwich ab und holte sein Fernglas aus dem Handschuhfach. Dann schaute auch er zu dem Felsen hoch, gute zwölf bis fünfzehn Meter, und erkannte in dem, was er für zwei Flecken gehalten hatte, zwei Menschen. Einer stand ganz oben auf dem Felsen und bemühte sich, nicht vom Wind umgeworfen zu werden. Der andere hing an der vorderen Seite an der Felskante.
Kletterer? Die beiden trugen unter ihrer Kletterausrüstung etwas, das wie ein Neoprenanzug aussah. Durch das Fernglas konnte Cooper erkennen, dass ein kleines Boot in der Brandung vor den Felsen hin und her geworfen wurde. Der Mann, der sich aus dem Hubschrauber abgeseilt hatte, befestigte eine Leine am Felsen. Sie flatterte in der Böe. Der Mensch oben auf dem Felsen hatte nicht nur Probleme mit dem eigentlichen Wind, sondern auch mit dem zusätzlichen Wind, den die Rotorblätter des Hubschraubers verursachten. Und falls der Pilot die Maschine nicht stabil halten konnte, würde der Rettungsschwimmer, der immer noch am Seil baumelte, gegen den Felsen krachen.
„Ruhig, ruhig, ruhig“, ermahnte Hank sich selbst und wünschte, die Besatzung des Helikopters könnte ihn hören.
Der Coast Guard griff an die Felswand neben dem gestrandeten Kletterer, hakte sich selbst am Felsen fest und blieb eine Minute lang bei dem Mann. Schließlich erhob sich der Kletterer selbstständig vom Felsen und ließ sich von seinem Retter huckepack festgurten und mitnehmen. Die beiden wurden sofort und schnell über eine Leine in den Helikopter hochgezogen.
„Ja“, flüsterte Cooper. Gute Arbeit! Er hätte gern gewusst, wer der Pilot war. Das war eine außergewöhnliche Flugleistung. Zu dem Kletterer zu gelangen war der schwerste Teil der Aktion gewesen. Den Kerl oben auf dem Felsen zu retten war für alle Beteiligten am wenigsten riskant. Der Hubschrauber entfernte sich leicht vom Felsen, während man Opfer Nummer eins vermutlich gerade stabilisierte. Dann, noch einmal langsam über dem Felsen schwebend, ließ die Rettungsmannschaft einen Rettungskorb herab. Der zweite Kletterer wartete auf der Spitze des Felsens, bis der Korb direkt vor ihm war. Dann erst stand er auf, hielt sich am Korb fest und ließ sich hineinfallen. Als man ihn nach oben zog, applaudierten die Autofahrer rings um Cooper begeistert.
Bevor der Mann ganz im Helikopter war, zerschellte das kleine Boot an der Felswand und brach in tausend Stücke. Von ihm blieb nichts als ein paar schwimmende Trümmer auf der Wasseroberfläche übrig. Die Kletterer hatten vermutlich versucht, das Boot im Lee der Felsen zu ankern, damit die großen Wellen es nicht zerschmetterten und sie hoch- und anschließend wieder runterklettern konnten. Doch als das Schiff verloren war, waren sie es auch.
Wer hat die Coast Guard benachrichtigt? Vermutlich einer von ihnen mit dem Handy. Wahrscheinlich der auf der Spitze des Felsens, dessen Leben nicht an einem seidenen Faden hing.
Nachdem alle sicher im Inneren des Hubschraubers geborgen waren, stieg der Hubschrauber auf und flog aufs Meer hinaus.
Und damit, meine Damen und Herren, beenden wir unsere heutige Matinee. Schalten Sie morgen wieder ein, und begleiten Sie uns bei einer neuen Show, dachte Coop. Als die anderen Autofahrer langsam davonfuhren, aß er sein Sandwich zu Ende und setzte sich wieder in seinen Geländewagen, um seinen Weg nach Norden fortzusetzen.
Zum Glück war Coopers GPS auf dem neuesten Stand, denn die Gibbons Road war nicht beschildert. Drei Stunden nach dem Ereignis auf dem Felsen war Cooper auf einer schmalen, zweispurigen Straße, die in engen Kurven einen steilen Berg hinabführte. An einer Kreuzung stand ein Schild, das Billige Getränke versprach. Ben stammte nicht gerade „aus gutem Haus“, wie Coopers Großmutter aus den Südstaaten es ausgedrückt hätte.
Von dieser Kreuzung aus konnte Cooper jedenfalls sehen, wo Thunder Point lag. Die Stadt war wunderschön. Eine sehr breite Bucht schmiegte sich u-förmig an die steile Felsküste. Coop entdeckte Bens Haus, ein einzeln stehendes Gebäude mit einer großen Terrasse und Treppen, die bis zu einem Dock und an den Strand hinabführten. Hinter Bens Heim erstreckte sich eine vollkommen unbewohnte, felsige Landzunge bis zum Meer. Coop saß einen Moment reglos im Auto. Er dachte an Bens Kunden und stellte sich vor, wie sie den billigen Getränken zugesprochen und anschließend versucht hatten, wieder auf die 101 zu kommen. Diese Straße könnte ebenso gut Selbstmörderstraße heißen.
Auf der dem Meer gegenüberliegenden Seite ragte eine weitere Landzunge weit ins Meer hinein. Dort reihten sich Häuser an Häuser. Cooper konnte sich ausmalen, wie traumhaft schön die Aussicht in diesen Häusern war. Auf der Landzunge befand sich außerdem ein kleiner Hafen und die Stadt selbst. Thunder Point war mit einer Reihe Treppen von der Marina bis ganz nach oben an einen Steilhang gebaut worden. Zwischen Bens Haus und der Stadt lag nur der große, ausgedehnte Strand. Als Cooper hinunterblickte, entdeckte er eine Frau in einer roten Kapuzenjacke. Sie ging mit einem großen Hund am Strand entlang und warf immer wieder einen Stock, den der Hund ihr zurückbrachte. Es war ein schwarz-weißer Hund mit dunklen Augen, wie die eines Araberfohlens. Die Sonne schien und erinnerte Cooper daran, wie Ben ihm in einer E-Mail einmal seine Heimat beschrieben hatte.
Oregon ist im Winter überwiegend feucht und kühl, außer in der Gegend um Bandon und Coos Bay herum. Dort herrscht fast das ganze Jahr über ein eher gemäßigtes Klima, und es ist häufiger sonnig als stürmisch. Aber wenn die Stürme über das Meer nach Thunder Point ziehen, ist das so etwas wie eines der sieben Weltwunder. Die Bucht ist durch die Hügel geschützt und bleibt ruhig, ein sicherer Hafen für Fischerboote. Doch diese Gewitterwolken sehen manchmal wirklich spektakulär aus …
Dann sah Cooper niemanden mehr, nur noch zwei Adler, die über Bens Seite der Bucht kreisten. Es war ein seltener und großartiger Anblick.
Er ging weiter über den Parkplatz und war nicht besonders überrascht, dass der SUV vom Sheriff Department bereits dort stand. Der Deputy Sheriff saß im Wagen und notierte sich etwas. Wenige Sekunden später stieg er aus und lief auf Cooper zu. Hank betrachtete ihn abschätzend. Deputy McCain war ein junger Mann, wahrscheinlich Mitte dreißig. Er war groß, hatte blondes Haar, blaue Augen und breite Schultern – ungefähr so, wie man es erwartete.
Cooper reichte ihm die Hand. „Deputy.“
„Mr Cooper, mein Beileid wegen des Verlusts Ihres Freundes.“
„Was ist Ben zugestoßen?“
„Er wurde am Fuß der Kellertreppe gefunden, wo er die Köderbehälter aufbewahrte. Ben wohnte hier, er hatte ein Apartment über der Bar. Die Türen waren nicht abgeschlossen. Ich glaube nicht, dass Ben sie je abgeschlossen hat. Es gab keinerlei Anzeichen für einen Kampf, aber der Fall wurde dem Gerichtsmediziner übergeben. Nichts fehlte, nicht einmal Bargeld. Der Gerichtsmediziner hielt es für einen Unfall.“
„Aber der Mann, der mich angerufen hat, behauptete, Ben wäre umgebracht worden“, erklärte Cooper.
„Ich glaube, Rawley war sauer. Er bestand ein bisschen zu sehr darauf, dass Ben nicht gestürzt sein konnte. Aber Ben hatte etwas getrunken. Nicht mal ansatzweise mehr als das gesetzliche Maß, doch genug, um zu stolpern. Rawley hat ihn entdeckt. Ben bewahrte sein Geld in einem Portemonnaie in der Kühlbox auf, und das Geld war immer noch an seinem Versteck. Das einzig Merkwürdige war …“ Der Deputy rieb sich den Nacken, bevor er fortfuhr. „Der Todeszeitpunkt wurde mit zwei Uhr morgens angegeben. Ben trug Boxershorts, und Rawley beharrte darauf, dass es keinen vernünftigen Grund gäbe, um diese Zeit im zweiten Stock aus dem Bett zu steigen und mitten in der Nacht in den Keller zu gehen. Vielleicht hat er recht – außer, dass Ben auch ein Geräusch gehört haben und zum Strand marschiert sein könnte. Falls Sie sich fragen, nein, es gibt kein Überwachungsvideo. In Thunder Point wird nur die Bank von einer Kamera überwacht. Ben hatte in all den Jahren vielleicht die ein oder andere merkwürdige Gestalt in seiner Bar. Aber wirklichen Ärger gab es nie.“
„Sie halten es also nicht für möglich, dass jemand, der Bens Versteck kannte, beschlossen hat, ihn um Mitternacht auszurauben?“
„Die meisten von Bens Kunden waren Stammkunden oder hatten über Stammkunden von der Bar gehört – Wochenendausflügler, Motorradfahrer, Angler und so weiter. Ben machte keine großen Geschäfte, doch er konnte davon leben.“
„Von Ködern und Whiskey?“
Der Deputy lachte. „Köder, Feinkost, Bar, Waschsalon, billige Souvenirs und Treibstoff. Ich würde sagen, dass Feinkost und der Barbetrieb den Löwenanteil seines Geschäfts ausmachten.“
„Treibstoff?“, wiederholte Cooper und blickte sich suchend um.
„Unten am Dock. Für Boote. Ben ließ ein paar seiner Kunden oder Nachbarn am Dock längsseits anlegen. Manchmal war die Warteschlange in der Marina ein wenig lang, und Ben hatte nichts dagegen, wenn sich die Leute selbst bedienten. Seit er tot ist und hier alles geschlossen wurde, müssen die Boote eine andere Anlegestelle finden – vermutlich in der Marina. Oh, er hatte auch noch einen Abschleppwagen, den er in der Stadt untergestellt hat. Aber er hat nie mit ihm geworben. Mehr weiß ich nicht. Er hatte keine Angehörigen, Mr Cooper.“
„Wer ist dieser Rawley? Der Kerl, der mich angerufen hat?“
Der Deputy nahm seinen Hut ab und kratzte sich am Kopf. „Sie sagten, Sie seien gute Freunde gewesen?“
„Vor fünfzehn Jahren. Er hat mir erzählt, dass er bei seinem Vater aufgewachsen ist und dass sie eine Bar und einen Angelladen hier an der Küste hatten. Wir haben uns in der Army kennengelernt. Er war Hubschraubermechaniker, und jeder nannte ihn den freundlichen Ben. Er war der netteste Mensch der Welt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich gegen einen Einbrecher gewehrt hätte. Vermutlich hätte er ihm nicht nur das Geld gegeben, sondern ihn auch noch zum Essen eingeladen.“
„Na bitte! Sie sind vielleicht nicht mit den neuesten Fakten vertraut, aber Ben kennen Sie gut. Wir neigen alle dazu zu glauben, dass es ein Unfall war. Auch aus Mangel an Beweisen des Gegenteils. Niemand hätte Ben für ein Almosen etwas angetan. Wissen Sie etwas über Rawley?“
Cooper schüttelte den Kopf.
„Rawley Goode ist um die sechzig, ein Veteran mit ein paar eindrucksvollen, posttraumatischen Problemen. Er lebt an der Küste, wo er sich um seinen älteren Vater kümmert oder so ähnlich. Ben hat ihm Arbeit gegeben. Rawley half hier und da aus, putzte, erledigte Besorgungen, räumte auf, solche Sachen. Er konnte Kunden bedienen, sofern niemand eine Unterhaltung von ihm verlangte. Die Leute von hier sind an ihn gewöhnt. Ich glaube, er war obdachlos, als Ben ihn getroffen hatte, doch sein Vater lebt schon lange hier. Interessanter Mensch, obwohl ich nicht gerade behaupten kann, ihn zu kennen. Rawley hat Ben gefunden.“
„Sind Sie sicher, dass Rawley ihn nicht die Treppe hinuntergestoßen hat?“
„Rawley ist ein schmächtiger kleiner Kerl. Der Gerichtsmediziner hat nichts entdeckt, was darauf hindeuten könnte, dass Ben gestoßen wurde. Und Rawley … war von Ben abhängig. Als Ben starb, gab es niemanden, den wir verständigen konnten. Aber machen Sie sich keine Sorgen – die Stadt hat ihm einen würdigen Abschied bereitet. Er war beliebt. Es gibt hier zwar bessere Bars, wo man hingehen kann, doch die Leute mochten Ben.“
„Ja, und ich mochte ihn auch“, erwiderte Cooper und blickte zu Boden. „Es muss doch ein Testament oder so etwas existieren. Rawley hat sich am Telefon nicht gerade deutlich ausgedrückt, aber er meinte, Ben hätte mir etwas hinterlassen. Könnten alte Fotos aus unserer Zeit bei der Army sein oder so. Was, denken Sie, sollte ich jetzt tun?“
„Ich führe ein paar Telefonate und überprüfe das für Sie.“
„Dafür wäre ich Ihnen sehr dankbar. Und vielleicht können Sie mir auch einen Platz empfehlen, wo ich meinen Anhänger abstellen kann?“
„An der Küste gibt es einige Touristenplätzchen. Coos Bay ist eine schöne Gegend. Haben Sie vor, eine Weile zu bleiben?“
Cooper zuckte mit den Schultern. „Vielleicht ein paar Tage, um mit ein paar Leuten zu sprechen, die Ben kannten, mitzunehmen, was auch immer er mir vererbt hat, und ihm meinen Respekt zu erweisen. Ich möchte einfach allen zeigen, dass er gute Freunde hatte. Wir haben uns zwar nicht oft gesehen, und es klingt, als ob Ben mir nicht besonders viel erzählt hätte, doch wir sind immer in Kontakt geblieben. Und wenn ich nun schon mal den langen Weg auf mich genommen habe, um herzukommen, möchte ich auch etwas über ihn erfahren. Wie die Leute mit ihm klargekommen sind – so was in der Art. Wissen Sie, was ich meine?“
„Ich glaube, ich verstehe Sie. Das Haus ist abgesperrt. Niemand würde sich darum scheren, wenn Sie ein Weilchen hierblieben, solange Sie außerhalb des Hauses übernachten. Es ist natürlich kein richtiger Stellplatz für Ihren Anhänger, allerdings wird es für ein paar Tage schon gehen.“
„Danke, vielleicht tue ich das sogar. Die Aussicht ist ziemlich beeindruckend.“
Der Deputy reichte Cooper die Hand. „Ich muss los. Sie haben meine Nummer.“
„Danke, Deputy McCain.“
„Roger McCain, aber daran erinnert sich kaum jemand. Die Leute nennen mich Mac.“
„Hat mich gefreut, Sie kennenzulernen, Mac. Und danke für Ihre Hilfe.“
Sarah Dupre lief mit ihrer großen Dänischen Dogge Hamlet über die Hauptstraße von Thunder Point zum Diner. Sie band die Hundeleine an einem Laternenpfahl fest, zog sich die Handschuhe aus und betrat den Laden. Zu den Dingen, die sie an dieser kleinen Stadt liebte, gehörte, dass immer jemand da war, mit dem man ein paar Minuten reden konnte. Da sie erst seit ein paar Monaten hier wohnte, war sie noch nicht besonders bekannt in der Gegend. Doch wenn sie daran dachte, wie freundlich ihre neuen Nachbarn zu ihr waren, kam es ihr vor, als lebte sie schon länger hier. Wenn sie nicht arbeitete, ging sie gern mit Ham am Strand spazieren und aß auf dem Nachhauseweg etwas in dem kleinen Diner-Restaurant. Offensichtlich teilten auch andere diese Vorliebe. Vor den Laternenpfählen standen immer einige Hundenäpfe mit Wasser. Und auf den beiden Bänken links und rechts von der Eingangstür des Diners saßen regelmäßig ein bis zwei ältere Männer, die sich so die Zeit vertrieben.
Gina James stand hinter der Theke des kleinen Diners. Gina kümmerte sich im Restaurant um beinahe alles außer dem Kochen. Abends arbeiteten noch eine weitere Kellnerin und ein paar Aushilfskräfte in Teilzeit dort, aber es war ein ziemlich kleiner Laden. Ginas Mutter Carrie saß auf einem Hocker am Tresen neben ihrer Freundin Lou McCain. Carrie gehörte der Feinkostladen auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Lou war Lehrerin, die, wenn sie nicht arbeitete, für ihren Neffen Mac einsprang, um dessen Kinder zu hüten. Zwei von ihnen hatten Platz genommen in einer Nische, aßen Pommes und tranken Cola. Eine Belohnung nach einem langen Schultag.
Sarah grüßte, und alle drei Frauen erwiderten die Begrüßung ihrerseits mit einem herzlichen „Hallo“.
„Etwas zu trinken oder zu essen?“, fragte Gina.
„Könnte ich bitte ein Wasser haben? Wie geht’s euch denn so?“
„Was soll ich sagen? Es ist Freitag“, erwiderte Lou. „Ich werde die kleinen Schei… ähm, Schätzchen erst Montagmorgen wiedersehen.“
Sarah lachte. „Dafür kommst du bestimmt in den Himmel.“
„Falls ich nach meinem Tod in die Hölle käme, würden sie mich an einer Junior High unterrichten lassen“, erklärte Carrie lachend.
„Und wenn ich in die Hölle käme, müsste ich dort Kuchen und Törtchen backen“, entgegnete Lou.
„Hast du heute frei?“, fragte Gina Sarah.
„Wegen Landons Footballspiel. Dafür habe ich am Samstag und Sonntag Bereitschaftsdienst.“
„Aber du hast dir deswegen keinen Ärger eingehandelt, oder?“
„Nein. Meine Kollegen mögen freie Wochenenden genauso wie alle anderen. Und ich fliege gern an den Wochenenden, wenn ich dafür keines von Landons Spielen verpasse.“
Carrie stützte sich mit dem Ellbogen gegen die Theke. „Ich wünschte, ich hätte einen so aufregenden Job wie du, Sarah. Gegen deinen Job als Pilotin kommt meine Arbeit hier jedenfalls nicht an.“
„Erzähl uns ein bisschen davon“, forderte Lou sie auf.
Bevor Sarah etwas sagen konnte, ging die Tür des kleinen Diners auf, und das Glöckchen bimmelte. Ray Anne trat ein, in ihrer Version der Uniform einer Immobilienmaklerin: zu kurz, zu eng und zu viel Oberweite. Sie schimpfte. „Sarah, dieser Hund sollte angeleint sein!“
„Ist er doch, Ray Anne.“ Sarah lehnte sich auf dem Barhocker zurück, um durch die Glasscheibe der Eingangstür zu blicken. „Er ist festgebunden.“
Ray Anne wischte sich über den pinkfarbenen Rock. „Er schafft es trotzdem immer wieder, mich mit seinem schrecklichen Maul zu erwischen.“
„Nun, Ray Anne, du siehst einfach zu unwiderstehlich aus“, konterte Lou.
„Haha. Na ja, ihr erratet nie, was ich gerade entdeckt habe! Den tollsten Mann der Welt, draußen bei Bens Bar. Er ist muskulös und sieht aus wie ein echter Kerl – verwaschene Jeans, Löcher an den richtigen Stellen, einfaches altes T-Shirt unter einer Lederjacke. Eine dieser Fliegerjacken, du weißt schon, Sarah. Er fährt einen dieser Geländewagen mit einem Wohnauflieger … gutes Gesicht mit vielleicht einem Pickel und ein paar kratzigen Bartstoppeln auf Wangen und Kinn. Er sprach mit Mac. Sieht aus wie aus einer Werbeanzeige für Calvin Klein.“
„Was hast du denn draußen bei Ben getan?“, wollte Lou wissen.
„Ich habe mir etwas zur Vermietung angesehen. Am Berg. Zwei Blocks von Ben entfernt. Ihr wisst schon, das alte Haus von Maxwell.“
„Und wie konntest du von dort die Löcher in seinen Jeans und die Bartstoppel erkennen?“
Ray Anne tippte mit ihrer manikürten Hand auf ihre übergroße Handtasche und holte ein Fernglas heraus. Sie lächelte konspirativ und ruckte mit dem Kopf, ohne dass sich auch nur ein Härchen ihres blonden Schopfs bewegt hätte.
„Schlau“, sagte Lou. „Männer beobachten für Fortgeschrittene. Wie alt ist denn das Objekt deiner brennenden Begierde?“
„Unwichtig“, erklärte Ray Anne. „Ich frage mich, was er hier macht. Ich habe gehört, dass Ben keine näheren Angehörigen hatte. Glaubt ihr, der niedliche, alte Ben hat einen heißen Bruder unterschlagen? Nein, das wäre zu grausam gewesen.“
„Warum?“, fragte Sarah.
„Weil Ray Anne zu gern die Chance hätte, Bens Grundstück zu verkaufen“, informierte Carrie sie.
„Das stimmt nicht“, protestierte Ray Anne. „Du kennst mich, ich will nur helfen, wo ich kann.“
„Und wenn du schon dabei bist, ein oder zwei Männer einsacken“, ergänzte Lou.
Ray Anne erstarrte. „Einige von uns sind immer noch sexuelle Wesen, Louise“, meinte sie spitz. „Eine Regung, die dir vielleicht fremd ist.“ Als der Streifenwagen des Sheriff Departments langsam auf der Straße vorbeifuhr, rief Ray Anne: „Oh, da ist unser Deputy Knackarsch. Ich frage ihn, was los ist. Falls mich dieser Hund vorbeilässt!“
„Deputy Knackarsch?“, fragte Sarah und lachte.
„Die Teeniemädchen in der Stadt haben ihm diesen Spitznamen verpasst“, erklärte Lou trocken. „Ich kann die Benutzung nicht empfehlen. Mac hasst ihn. Der Name macht ihn wirklich wütend. Ich sollte ihm verraten, welcher Spitzname zu Ms Immobilienmaklerin passen würde. Feuchtes Höschen.“
Carries Lippen verzogen sich zu einem Lachen. „Sie hat dir unterstellt, dass du vielleicht nicht die ganze sexuelle Tragweite erfasst, Louise.“
Lou erwiderte sarkastisch: „Falls sie tot aufgefunden wird, gebt ihr Mädchen mir dann ein Alibi?“ Dann drehte sie sich um und rief: „Hey, Kinder. Kommt, wir machen uns auf die Socken.“ Zu ihren Freundinnen meinte sie: „Ich werde Knackarsch zu Hause mal aushorchen. Und ich wette, ich kriege mehr aus ihm heraus als aus unserem Feuchten Höschen hier.“
Sarah hängte ihre rote Regenjacke gerade rechtzeitig an einen Haken im Windfang, um zu sehen, wie ihr jüngerer Bruder Landon mit seinem Rucksack voller Footballausrüstung zur Hintertür hineinkam.
„Hallo“, begrüßte sie ihn. „Dich hatte ich hier gar nicht erwartet.“
„Ich bin nur gekommen, weil ich ein paar Sachen holen und mir ein Sandwich machen wollte“, antwortete er und beugte sich nach vorn, damit er den Hund streicheln konnte. Er musste sich nicht weit beugen, Hamlet war groß. „Ich muss los.“
„Warte eine Sekunde“, bat sie.
„Was?“, fragte er, immer noch den Hund streichelnd.
„Um Himmels willen, kannst du mich einmal ansehen?“, sagte sie. Als er sich mit dem schweren Rucksack auf den Schultern aufrichtete, schnappte sie nach Luft. Er hatte einen Bluterguss an der Wange.
„Training“, erklärte er. „Es ist nichts.“
„Du hast an Spieltagen kein Training.“
„Tja, ich hoffe, ich kriege deswegen keinen Ärger. Ein paar von uns sind rausgegangen, um ein paar Runden zu trainieren, und da hat es mich erwischt. Es war ein Unfall.“
„Du hast ohne Helm trainiert?“
„Sarah, es ist nichts. Ein kleiner Kratzer. Den hätte ich mir auch holen können, wenn ich gegen die offene Spindtür gelaufen wäre. Zieh nicht so ein Gesicht, und behandle mich nicht wie ein Mädchen. Kommst du zum Spiel?“
„Natürlich. Weshalb spielst du nicht Schach, singst im Chor oder spielst meinetwegen in einer Band? Irgendwas, dass ohne körperliche Auseinandersetzung gemacht wird?“
Er grinste sie an. Es war ein unwiderstehliches Lächeln, das er von ihrem verstorbenen Vater geerbt hatte. „Du bekommst genug Schlaf, ohne dass ich dich zu Tode langweile“, antwortete er. „Und apropos – warum kannst du nicht einfach Stewardess oder so was sein?“
Damit hatte er sie erwischt. Sarah flog den Rettungshubschrauber für die Coast Guard. Das bedeutete immer wieder auch riskante Einsätze. Heikel. Und zugegebenermaßen bereitete ihr dieser Teil der Arbeit am meisten Spaß.
„Kann ich mich darauf verlassen, dass du heute Abend deinen Helm trägst?“
„Sehr witzig. Es wird bestimmt ein gutes Spiel. Die Raiders sind ein guter Gegner. Sie sind ein gutes Team.“
„Tut es weh?“, fragte sie und berührte ihre eigene Wange.
„Nee, es ist fast nichts. Bis später.“
Sie unterdrückte das dringende Verlangen, ihn zu bitten, vorsichtig zu sein. Es gab nur noch sie beide. Sie war seine Beschützerin und Familie. Manchmal wollte sie ihn einfach nur in die Arme nehmen und festhalten. Trotzdem war es sehr aufregend, ihn spielen zu sehen. Landon war ein großartiger Sportler, fast eins achtzig und sehr muskulös für einen Sechzehnjährigen. Sie hatte gehört, dass er der beste Quarterback seit Langem in Thunder Point war.
Zum tausendsten Mal hoffte sie, dass es eine gute Entscheidung gewesen war, mit ihm hierherzuziehen. Er war letztes Jahr in der North Bend Highschool sehr glücklich gewesen und hatte dort gerade erst Fuß gefasst und Freunde gefunden. Doch sie hatte es nicht ertragen, in der Stadt zu bleiben, in der ihr Ex lebte – in dem Haus, das sie gemeinsam bewohnt hatten. Schlimm genug, dass sie immer noch zusammen arbeiteten.
Sie war schon so oft umgezogen …
Sarah streckte die Arme aus, als wollte sie ihren Bruder in den Arm nehmen, ließ sie dann aber wieder sinken. Er wollte keine Zärtlichkeiten mehr. Seit er Teenager war, wollte er das nicht mehr. Also hielt sie sich zurück.
„Na gut“, meinte Landon geduldig. „Bring es hinter dich.“
Sie schlang die Arme um ihn, und er erwiderte ihre Umarmung lässig mit nur einem Arm. Dann grinste er sie wieder an. Er hatte überhaupt keine Ahnung, wie gut er aussah, was ihn noch attraktiver machte.
„Spiel dir dein kleines Herz aus dem Leib, Großer“, sagte sie. „Und lass dich nicht zu übel zurichten.“
„Keine Sorge, ich bin schnell.“
„Gehst du nach dem Spiel noch aus?“
„Keine Ahnung. Kommt darauf an, wie müde ich bin.“
Sarah musterte ihn. „Als ich in deinem Alter war, war ich nie zu müde, um auszugehen. Wenn du ausgehst, wäre es schön, wenn du gegen Mitternacht wieder zu Hause wärst. Und auf keinen Fall nach eins.“
Er lachte. „Wir sind uns einig, Boss.“
Beide wussten, dass er nach einem Spiel nur selten ausging.
Roger McCain fuhr nach Hause. Für heute war Feierabend. Er wohnte in einem großen Haus, das er sich mit drei Kindern und seiner Tante Lou nicht ganz leisten konnte. Er war sechsunddreißig und seine älteste Tochter Eve sechzehn. Ryan war zwölf und Dee Dee zehn. Als er nach Hause kam, ging er zuerst zum Waffenschrank in der Garage, um seine Waffen sicher wegzuschließen, bevor er das Haus betrat. Obwohl er seine Kinder belehrt und auch ausgebildet hatte, kamen ihm keine Waffen ins Haus.
Es war ungefähr halb sechs, als er aus der Garage ins Haus trat. Lou stand am Spülbecken und spülte Geschirr. Sie war sechzig, sah aber überhaupt nicht so aus. Sie trug eng anliegende Jeans, eine weiße Seidenbluse, Lederweste und Stiefel, und sie hatte eine gute, straffe Figur. Ihr lockiges, schulterlanges Haar war kastanienbraun und von hellen Strähnchen durchzogen. Ihre Nägel manikürt und mit knalligen Farben lackiert. Sie beklagte sich über Krähenfüße und ihren Kehllappen, wie sie die Haut unter ihrem Kinn bezeichnete. Doch Mac hatte keine Ahnung, wovon sie sprach. Lou nannte sich selbst eine altjüngferliche Tante. Sie hatte nie geheiratet oder Kinder bekommen, aber in Wirklichkeit war sie jung, energiegeladen und resolut. Also genau das, was er brauchte, auch wenn sie ihn manchmal rasend machte.
Ohne sich auch nur nach ihm umzudrehen, sagte sie: „Da stehen Tacos. Die Kinder haben schon gegessen. Eve fährt heute Abend mit dem Van zum Spiel. Sie trifft ein paar Freunde. Das heißt, wir, du und ich und die Kinder, müssen zusammen hinfahren. In weniger als einer Stunde.“
Freitagabend. Highschool Football. Eve war Cheerleader. Eine großartige, junge Cheerleaderin, die ihrer Mutter ähnlich sah.
„Bist du mal auf die Idee gekommen, mich zu fragen, ob ich damit einverstanden bin, dass Eve mit dem Van fährt?“
Lou drehte sich um. „Bin ich“, antwortete sie und nickte entschieden. „Ich komme immer auf solche Ideen. Du kannst natürlich auch Nein sagen und mit ihr diskutieren, bis du schließlich doch nachgibst und den ganzen Abend herumgrummelst. Sie ist sechzehn und ein braves Mädchen. Sie hat es verdient.“
Mac nickte, obwohl er Lous Kommentare dieser Art hasste. Seine Exfrau Cee Jay – Kurzform für Cecilia Jayne – war ebenfalls Cheerleaderin gewesen und er Footballspieler, damals in Coquille. Cee Jay war mit sechzehn schwanger geworden, Mac mit neunzehn bereits ein frischgebackener Ehemann, und ein weiteres Kind war unterwegs.
Cee Jay hatte sie verlassen, als Dee Dee neun Monate alt war. Danach war Mac mit den Kindern zu Lou gezogen. Cee Jay war noch so jung gewesen, als sie fortgegangen war – dreiundzwanzig. Mac war sich immer noch nicht richtig im Klaren darüber, weshalb er sich mit dreiundzwanzig schon so alt gefühlt hatte. Doch zu der Zeit war er ziemlich damit beschäftigt gewesen, seine Familie mit zwei Jobs zu ernähren. Er hatte gerade angefangen, in Nachtschichten als Deputy zu arbeiten, und war tagsüber als Sicherheitsdienst in einem gepanzerten Wagen unterwegs.
Es war sein schmutziges, kleines Geheimnis, dass es ihm gar nichts ausgemacht hatte, zwei Jobs gleichzeitig erledigen zu müssen. Doch Cee Jay war zu häufig allein. Außerdem musste sie andauernd knausern, um einigermaßen über die Runden zu kommen. Sie hockte mit den Kindern zu Hause in einem kleinen Häuschen und beklagte sich ständig. Es sei nicht genug Geld da, das Haus zu klein, zu alt, kurz vor dem Auseinanderfallen, die Kinder außer Rand und Band. Sie jammerte, dass ihr Leben keinen Spaß mache und ihr Mann sich zu wenig um sie kümmere. Cee Jay warf ihm vor, ohnehin nur so lange zu Hause aufzutauchen, bis er sein Essen verschlungen hatte, um dann gleich wieder zum nächsten Job aufzubrechen. Sie wollte mehr Geld, aber es gefiel ihr nicht, dass er ständig arbeitete.
Und dann, eines Tages, hatte sie genug. Sie packte einen großen Koffer, brachte die Kinder zu den Nachbarn und wartete, bis er von seinem Tagesjob nach Hause kam. „Ich halte es nicht mehr länger aus“, hatte sie ihm erklärt. „Ich habe es satt, vollgekotzt zu werden, Windeln zu wechseln, den ständigen Krach auszuhalten. Ich habe diesen Mist, den wir Leben nennen, so satt. Ich bin es leid, nie auch nur einen Penny übrig zu haben, wenn ich einkaufen war. Ich habe endgültig genug. Ich gehe.“
In den letzten neun Jahren hatte Mac sich oft gefragt, weshalb ihn das überrascht hatte.
„D…du gehst?“, hatte er gestammelt. Woraufhin sie erklärte: „Die Kinder sind nebenan. Ich nehme meine Sachen und zweihundert Dollar mit.“
Mac zitterte. Vor Angst. Vor Furcht. Vor Schmerz. „Cee Jay, das kannst du mir nicht antun.“
„Na ja, du hast damit angefangen. Sieh nur, was du mir angetan hast. Ich war sechzehn, Mac. Sechzehn und schwanger!“
„Aber du warst glücklich! Und du wolltest Ryan. Du hast um Ryan gekämpft! Dee Dee war ein Unfall, aber du …“
„Und du glaubst, ich hätte mit sechzehn oder zweiundzwanzig irgendeine Ahnung gehabt?“
„Hör zu, ich war auch erst neunzehn! Wir waren also beide zu jung. Glaubst du, ich wüsste das nicht? Du kannst doch nicht einfach deine Kinder im Stich lassen!“
„Ich sehe keine Möglichkeit, sie allein durchzufüttern. Außerdem halte ich das alles einfach nicht mehr aus!“
„Cee Jay, wie soll ich denn arbeiten und mich gleichzeitig um die Kinder kümmern?“
Er erinnerte sich an das Geräusch einer Hupe. Sie zog den Reißverschluss ihrer Tasche zu. „Keine Ahnung, aber dir wird schon etwas einfallen. Ruf deine Tante an, sie konnte mich noch nie leiden.“
Er hatte Cee Jay an der Schulter gepackt und geschüttelt. So grob war er noch nie mit einer Frau umgegangen.
„Bist du verrückt geworden? Was soll das denn? Wirst du von einem Kerl abgeholt?“
Als Mac aufhörte, sie zu schütteln, sagte sie: „Es gibt keinen Kerl! Das ist ein Taxi! Soll ich die Polizei rufen? Lass mich gehen!“
Natürlich hatte es einen anderen Mann gegeben. Mac brauchte drei Wochen, bis er es herausfand: ein Golfprofi. Es war ihm ein Rätsel gewesen, wie und wann Cee Jay die Zeit gefunden hatte, eine Beziehung zu diesem Mann aufzubauen. Eine Beziehung, die stabil genug gewesen war, um den Mann zu überreden, sie zu sich zu nehmen. Aber Mac hatte nicht lockergelassen und es schließlich herausgefunden. Freundinnen – junge Mütter wie Cee Jay – rannten herum, passten gegenseitig auf die Kinder auf, um sich ein wenig freie Zeit für sich zu verschaffen. Sobald Mac den Namen des Mannes kannte, fing er an, seine Aktivitäten in den Nachrichten zu verfolgen. Dann folgte das zweite Rätsel: Warum kehrte Cee Jay nicht zu ihrer Familie zurück, als die Beziehung zu dem Golfspieler vorbei war? Denn sie dauerte kaum länger als einen Monat.
Mac hatte sich ausgemalt, wie er Cee Jay dazu brachte, ihn anzuflehen, wieder zu ihm zurückkehren zu dürfen. Nur so lange, bis er sich sicher gewesen wäre, dass sie sich wirklich geändert hatte und bereit war, ihre Verantwortung zu übernehmen und so etwas nie wieder zu machen. Niemand konnte sich die Demütigung vorstellen, die er empfand, weil er nicht in der Lage war, die Mutter seiner Kinder zu halten. Damals hatte er in Coquille gewohnt. Es dauerte keine achtundvierzig Stunden, bis jeder, der je von ihm gehört hatte, darüber sprach, wie Cee Jay McCain ihren jungen Ehemann und die drei kleinen Kinder wegen eines Golfprofis verlassen hatte. Mac verbrachte die folgenden fünf Jahre damit, sich auszumalen, dass sie vielleicht doch wieder zur Vernunft kommen und zu ihm und den Kindern zurückkehren würde. Und sei es nur, um die Kinder zu sehen. Dann dämmerte ihm allmählich, dass er sich davor fürchten musste, dass sie Anspruch auf die Kinder erheben könnte, sobald er endlich alles einigermaßen im Griff hatte. Mac beantragte die Scheidung. Er musste Cee Jay suchen, um das erledigen zu können. Sie war in Los Angeles wieder aufgetaucht. Mac und Cee Jay sprachen nicht miteinander. Sie unterzeichnete die Papiere und lehnte das Sorgerecht ab. Und er ließ es, abgesehen von ein paar kleinen Drohungen, ebenfalls gut sein. Er hasste Cee Jay für das, was sie ihren Kindern antat. Seitdem hatte er eine Heidenangst, sich wieder auf eine Frau einzulassen.
Während der Scheidung waren Mac und die Kinder nach Thunder Point umgezogen. Ungefähr eine halbe Stunde von Coquille und dem Büro des Sheriffs entfernt. Selbst wenn Mac ins Büro nach Coquille zurückgemusst hätte, hätte er immer noch pendeln können. Doch hier war es ihm ausgerechnet während der großen Finanzkrise gelungen, ein größeres Haus zu finden. Groß genug für eine Familie: drei Kinder, Tante Lou und zwei Labradore.
Mac hatte seine Eltern früh verloren und schon während seiner Zeit an der Junior High und der Highschool bei Lou gewohnt. Man hätte also meinen können, dass sie genau wie er befürchtete, Eve könne einem coolen Footballspieler in die Hände fallen und sich ihr Leben genauso versauen wie ihre Mutter. Lou und Mac hatten nie darüber gesprochen. Diese Bedenken waren also nie in Worte gefasst worden. Aber sie wussten beide, was Mac innerlich auffraß. Er wollte, dass Eve mit siebenundzwanzig in gesicherten und stabilen Verhältnissen lebte. In wirklich sicheren Verhältnissen.
Und genau in diesem Moment wirbelte seine Tochter in ihrer sehr knappen Cheerleader-Uniform in die Küche. Sie trug einen kurzen Faltenrock, einen Pulli mit V-Ausschnitt und eine Lederjacke. Eve hatte lange wunderbare Beine und dichtes dunkles Haar, das sie die meiste Zeit offen trug. Außerdem hatte sie die blauesten Augen, die man sich vorstellen konnte. Ihr Lächeln war im positiven Sinne hypnotisierend, hatte allerdings auch seinen Preis. Denn kaum hatte Mac die Zahnarztrechnungen bezahlt, flatterten schon die nächsten Monatszahlungen ins Haus. Die blauen Augen lagen in ihren Genen, gesunde Zähne leider nicht. Wenn das Sheriff Department ihm keine zahnärztliche Zusatzversicherung zahlen würde, hätte er ein echtes Problem – und seine Kinder auch.
„Ich winke dir beim Spiel zu, Daddy“, sagte Eve und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn auf die Wange zu küssen. „Nachher gehen wir noch aus“, informierte sie ihn.
„Mitternacht, Eve“, erinnerte er sie. Als ob sie vor Mitternacht nicht in Schwierigkeiten geraten konnte. Doch länger hielt er es nicht aus. Er musste die Kinder zu Hause und in ihren Betten wissen, damit er sich entspannen konnte.
„Wie oft bin ich schon zu spät nach Hause gekommen?“
„Ein paar Mal.“
„Aber nicht sehr viel später“, erinnerte sie ihn. Dann strahlte sie. „Ich glaube, wir werden es den Raiders heute Abend mal so richtig zeigen!“
Und er grinste sie an. Sie war sein Püppchen, und er würde für sie sterben. So einfach war das.
Als sie durch die Tür verschwand, schüttelte Lou den Kopf. „Ich wünschte, du würdest endlich anfangen, ein eigenes Leben zu leben“, sagte sie.
„Das hier ist mein Leben“, erwiderte er und setzte sich an den Tisch, um sich ein paar Tacos zu machen.
„Du musst ein bisschen mehr daraus machen. Zum Beispiel mit einer Frau.“
„Warum? Willst du wegziehen?“
„Könnte ich machen“, erwiderte sie herausfordernd.
„Dann tu dir keinen Zwang an. Ich komme schon klar.“
Sie lachte ihn aus. „Das würde ich gern sehen“, spottete sie und holte ihm eine kalte Cola aus dem Kühlschrank, bevor sie sich zu ihm setzte. „Erzähl mir von den Verbrechen in Thunder Point, Mac. Ich habe den ganzen Tag noch nichts Interessantes gehört.“
„Na ja“, erwiderte er und streute sich Käse auf vier große Tacos. „Kein interessantes Verbrechen, aber ein alter Freund von Ben Bailey ist gekommen und wollte wissen, was Ben zugestoßen ist. Er wohnt in seinem Wagen, draußen bei der Bar. Sagt, er wird sich ein paar Tage in der Gegend aufhalten.“
„Ray Anne hatte schon so etwas erwähnt. Ihr entgeht kein neuer Mann in der Stadt.“ Lou schüttelte den Kopf. „Ich kann immer noch nicht glauben, dass Ben weg ist.“
„Das kann niemand“, meinte Mac, bevor er sich seinem ersten Taco widmete.
Cooper fuhr seinen Wohnauflieger auf einen Parkplatz an der Rückseite der Bar, außer Sicht von der 101. Der kleine Parkplatz bot nicht nur Platz für zwanzig oder dreißig Autos, von ihm ging auch noch eine weitere Straße ab, die direkt zum Strand hinunterführte. Eigentlich eher eine Auffahrt, die nach unten führte. Sie wirkte wesentlich harmloser als die Strecke über den Bailey Pass und die Gibbons zur Autobahn.
Cooper stromerte auf dem abgesperrten Grundstück herum und schaute durch die Fenster. Das neueste und schönste am gesamten Gebäude war eine eindrucksvolle Terrasse, die sich über zwei Seiten des Hauses erstreckte, komplett mit Stühlen und Tischen eingerichtet war und einen tollen Blick aufs Meer bot. Der Blick durchs Fenster offenbarte eine Menge Dinge, die nach Sperrmüll aussahen. Es gab einen langen Tresen mit Barhockern, jede Menge Alkohol auf einem Regal dahinter, aber nur ein halbes Dutzend kleine Tische. An der Wand hingen Dinge wie Rettungswesten, Netze, Muscheln und weiterer Krimskrams vom Meer. Auch ein paar gebogene Gestelle für Postkarten und Souvenirs fehlten nicht. Dieser Raum sah aus, als wäre seit Jahren nichts mehr an ihm gemacht worden. Cooper konnte sogar vom Fenster aus Staub und Spinnweben erkennen. Das überraschte ihn aber nicht. Ben war freundlich und großzügig bis zur Schmerzgrenze gewesen. Er konnte gut mit Motoren und allen möglichen mechanischen Arbeiten umgehen, aber er war nicht gerade geschäftstüchtig. Ben neigte ein wenig zur Faulheit, es sei denn, es ging darum, einen Motor zu warten. Und er hatte auch nie besonders gut mit Geld umgehen können und immer ausgegeben, was er besaß. Als Cooper ihn kennengelernt hatte, lebte Ben, genau wie sein Vater, ohne Konto und nur mit Bargeld. Er hatte mit Sicherheit nicht besonders viel Stil. Billige Getränke. Ben war einfach ein netter, guter alter Junge gewesen.
Cooper lud seinen Strandbuggy und sein Motorrad ab. Am Ende des Parkplatzes stand, unterhalb eines Hügels, ein großer Blechschuppen. Leider abgeschlossen. Cooper verstaute seine beiden Spielzeuge unter einer Plane und sicherte sie mit einer Kette, damit sie ohne seinen Wohnauflieger und ohne Schneid-brenner nicht gestohlen werden konnten.
Dann wanderte er zum Strand hinunter, um sich das Dock etwas genauer anzusehen, an dessen Ende er einen Öltank und eine betonierte Bootsrampe entdeckte. Er fragte sich, ob Ben ein Boot in dem Schuppen liegen hatte, der so groß wie eine Garage war. Langsam ging die Sonne unter, und es wurde verdammt kalt auf dem Wasser, ganz anders als in dem südlichen Klima, an das er gewöhnt war. Cooper begegnete ein paar Menschen, die entweder spazieren gingen oder joggten, und begrüßte sie mit einem Kopfnicken. Er war froh, dass er in seinem hinteren Hosenbund, unter der Jacke, eine Glock mit sich führte. Letztlich war er allein hier. Niemand kannte ihn, und er hatte immer noch Zweifel an Bens Treppensturz. Von einem großen Kerl wie Ben hätte man angenommen, dass er einen solchen Sturz, wenn auch mit Blessuren, überlebt hätte. Schlimmstenfalls mit gebrochenen Knochen.