MICHAEL LAITMAN
DIE BEDEUTUNG
DER BIBLISCHEN GESCHICHTEN
Geheimnisse des Ewigen Buches
Die Bedeutung der biblischen Geschichten
Titel der englischen Originalausgabe
The Secrets of the Eternal Book
The meaning of the stories of the Pentateuch
Copyright © 2014 by Michael Laitman
All rights reserved
Published by Laitman Kabbalah Publishers
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1057 Steeles Avenue West, Suite 532, Toronto, ON, M2R 3X1, Canada
2009 85th Street #51, Brooklyn, New York, 11214, USA
Editor: Semion Vinokur
Übersetzung: Dr. Elisabeth Prelog-Igler Cover
Design: Morian &Bayer-Eynck Innensatz:
Sabine Schiche, ad department Lektorat:
Christiane Reinstrom
E-Book Gesamtherstellung: Bookwire GmbH,
Frankfurt a. M.
© Edition Laitman in J. Kamphausen Mediengruppe GmbH,
Bielefeld 2014
info@j-kamphausen.de | www.weltinnenraum.de
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Print ISBN 978-3-89901-897-4
E-Book ISBN 978-3-89901-929-2
Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen und sonstige Kommunikationsmittel, fotomechanische oder vertonte Wiedergabe sowie des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten.
Geneigte Leserinnen und Leser!
Wenn Sie sich je über die Mysterien des Lebens Gedanken gemacht haben, vielleicht nur für einen Moment über den Sinn reflektiert oder davon geträumt haben, das Rätsel der Unsterblichkeit zu lüften, dann ist dieses Buch genau das Richtige für Sie.
Die Geheimnisse des Ewigen Buches enthüllt, wie man den Pentateuch (die Fünf Bücher Mose) richtig liest, wie man seine äußere Schale durchbricht – die scheinbar physischen Handlungen, von denen dieses Buch erzählt – und herausfindet, was tatsächlich dahintersteckt.
Beginnen wir mit den Namen dieser fünf Bücher. Ihre griechisch-lateinischen Bezeichnungen lauten Genesis, Exodus, Levitikus, Numeri und Deuteronomium, die hebräischen Bezeichnungen hingegegen Bereschit (Im Anfang), Shemot (Namen), Wajikra (Und er rief), Bamidbar (In der Wüste), Dewarim (Worte).
Wenn Sie den Pentateuch aufschlagen und zu lesen beginnen, merken Sie vermutlich gar nicht, dass der Inhalt verschlüsselt ist. Sie lesen und glauben, dass es sich dabei lediglich um einen Haufen seltsamer Geschichten handelt; manchmal halten Sie inne und fragen sich, warum man so viel Wind darum macht. Auf dem Pentateuch fußen immerhin die drei Abrahamitischen Religionen; aus ihm zitierten unaufhörlich Weise, Philosophen, Schriftsteller und selbst Politiker. Doch was ist so besonders daran? Falls Sie den Pentateuch nicht als epochales, historisches Werk betrachten, liegen Sie nicht falsch. Es ist ein Zeichen dafür, dass Sie sich über dessen verborgene Bedeutung Gedanken machen; und wenn Sie wirklich zu den Suchenden gehören, werden Sie mit Sicherheit fündig.
Sie bombardieren weise Menschen mit Ihren Fragen, doch diese liefern Ihnen keine überzeugenden Antworten. Sie durchforsten stapelweise Literatur, doch nichts hilft Ihnen weiter.
Sie suchen nach dem Code für dieses Buch, versuchen eine geheime Tür zu finden, durch deren Spalt Sie einen Blick auf das Verborgene werfen und den inneren Code entschlüsseln können. Seit Jahrtausenden versuchten die Gelehrten vergebens, das Geheimnis dieses Codes zu enthüllen. Sie wollten ihm hauptsächlich mit Hilfe des Verstandes auf die Schliche kommen, doch genau das verursachte ihr Scheitern. Man kann diesen Code nicht mit dem Verstand knacken, also bemühen Sie sich erst gar nicht.
Um die Geheimnisse des Pentateuch zu enthüllen benötigt man nur ein einziges Werkzeug – einen Wunsch oder ein Verlangen. Dies sind magische Worte, die hier immer wieder auftauchen werden.
Wie fangen Sie also an, wenn Sie sich entschlossen haben, die wichtigste Frage des Lebens zu ergründen? Sie öffnen das Buch und sagen sich selbst: „Das handelt von mir. Alles, was hier geschrieben steht, enthüllt mir den Weg in die verborgensten Teile meiner Seele.“
Es stimmt, die Spuren haben sich über die Jahre verwischt. Soweit Sie sich erinnern können, waren Sie ausschließlich mit der äußeren Welt beschäftigt: Geldmangel, Job, unerfüllter Liebe, Betrug, Verrat, schlechtem Essen, die Unzuverlässigkeit öffentlicher Verkehrsmittel. Gefreut haben Sie sich über das neue Haus, das neue Auto, die neuen Möbel, gutes Essen, schöne Filme … Und lange dachten Sie, dass Ihnen das reicht.
Doch dann geschah etwas. Es beschlich Sie zunehmend der Gedanke, dass diese ganzen Dinge vergänglich und nutzlos sind. Sie wollten sich nicht mehr damit abfinden, dass der Mensch – diese großartige Kombination aus Intellekt und Herz – nur geboren wird, um dem Körperlichen zu frönen und danach für immer zu verschwinden. Gedanken, dass das Leben vielleicht doch ewig sein könnte, nisteten sich in Ihrem Kopf ein.
Doch woher kamen diese Ideen, die ein wenig nach Science Fiction klingen? Könnte es sein, dass Ihre Intuition richtig ist? Sie ist es. Sie können tatsächlich ewig leben.
Diese Ideen kommen aus Ihrem tiefsten Inneren zu Ihnen. Dort gibt es einen Ort, an dem die Ewigkeit lebt. Sie ruft Ihnen unaufhörlich zu, dass der ganze Rest nichts außer Beiwerk ist.
Sie haben diese Stimme erst gehört, als Sie reif dafür waren. Sie waren vor solchen profunden Überlegungen „geschützt“ wie ein Kind, das so lange mit Spielzeugautos spielt, bis es erwachsen ist und letztendlich hinter dem Steuer eines richtigen Autos sitzt.
Dasselbe trifft auf Sie zu. Sie waren ein voll erwachsenes Kind, und viele Jahre lang „spielten Sie mit Spielzeugautos und wurden sich plötzlich der Frage bewusst, die in Ihnen schlummerte: „Ist das wirklich das, wofür ich lebe?“
Und das war’s. In dem Moment, als diese Frage in Ihnen auftauchte, hörten Sie auf, Kind zu sein.
Und nun ist der Zeitpunkt gekommen, da Sie dieses Buch wirklich brauchen können – eine Art Landkarte für all jene, die sich die Frage nach dem Sinn des Lebens stellen. Es ist eine Anleitung, die Ihnen die Tür zur spirituellen Welt in Ihrem Inneren eröffnet – eine ewige Welt, voller Gelassenheit und Freude. Diese Welt ist der Quell Ihres Lebenslichtes.
Wie wir eingangs bereits sagten, werden die ersten fünf Bücher der Bibel im Hebräischen Tora genannt (vom Wort „Horaa“ – „Anleitung“ oder vom Wort „Or“ – „Licht“). Wenn man entlang des Lichtstrahles, der in die Dunkelheit unserer Welt gesandt wurde, nach oben vorankommen möchte, muss man das Licht als Wegweiser betrachten. Ihre Arbeit besteht lediglich darin, es zu fangen und ganz fest zu halten. Wenn Sie diesem Wegweiser folgen, wird sich die spirituelle Welt vor Ihnen öffnen und Ihnen die Antworten auf all Ihre Fragen enthüllen. Wenn sich alle oberflächlichen Dinge verflüchtigen, werden Sie klar erkennen, wie sich die Wirklichkeit stufenweise um Sie herum verändert. Sie realisieren, dass Sie ihr ganzes Leben lang geschlafen haben, wobei Sie aber immer glaubten, wach zu sein. Sie realisieren, dass all die Dinge, die Ihnen äußerst wertvoll erschienen, nie materieller Natur waren. Alles, was Sie für wahr hielten, ist tatsächlich falsch, und jeglicher irdischer Genuss kann nicht mit dem verglichen werden, der Sie erwartet.
Wenn Sie jedoch diese Einstellung noch nicht haben, bleiben Sie zumindest bei diesem einen Gedanken: „Diese Buch handelt von mir“ – und dann werden Sie sie bekommen. Wenn Sie hartnäckig genug in sich selbst suchen, werden Sie hinter den Überlieferungen der Vorväter die Geschichte Ihres eigenen Selbst entdecken. Zwischen den Zeilen werden sich Ihnen neue Welten enthüllen, da sich eine spirituelle Kraft hinter jedem Buchstaben, jedem Symbol und jedem Satzzeichen verbirgt. Und Sie werden tatsächlich spüren, wie das Licht sich sammelt und nach einem Weg sucht, in Sie einzudringen – nicht in Ihren physischen Körper, sondern in Ihre Seele, welche ewig währt.
Wenn das Licht eintritt und anfängt, Sie zu reinigen, werden all die Dinge, die zu fantastisch und unwirklich erschienen, plötzlich klar, offensichtlich und ganz natürlich.
Nach etwa einem Monat, wenn Sie das Buch korrekt durcharbeiten, werden Sie sehen, wie viele Veränderungen Sie bereits durchlaufen haben. Sie werden sich kaum wiedererkennen und auch nicht Ihre innere Welt. Sie werden sehen und spüren, dass dieses Buch gänzlich von Ihrer Seele handelt, die auf der einen Stufe „Abraham“ heißt und auf einer anderen „Moses“, und so werden Sie zur Ewigkeit voranschreiten.
Und nun, wenn Sie bereit sind, werden wir mit unserer Geschichte beginnen:
Vor mehr als 4000 Jahren lebte ein Mann namens Abraham in Mesopotamien – diesem Ort, der als Ursprung vieler unserer heutigen Zivilisationen gilt. Die abrahamitischen Religionen Judentum, Christentum und Islam erkennen ihn als Gründer und Vorvater an. Sie haben seinen Namen in ihre heiligen Schriften aufgenommen – als den jenes Menschen, der als Erster das universelle Gesetz hinter der irdischen Welt erkannte und deren höhere Lenkung enthüllte.
Abraham ist Vorvater einer Völker überschreitenden und universellen Wissenschaft, welche bereits lange, bevor sich die Welt in Völker und Sprachen aufteilte, entstand. Es ist eine Wissenschaft, die im Laufe der Jahrhunderte oftmals als verschwunden galt, doch immer wieder neu auftauchte und sich auch immer wieder in neue Mythen und Legenden hüllte.
Dies geschah absichtlich, denn die Menschen waren noch nicht reif genug. Doch jetzt ist die Zeit gekommen, da diese Wissenschaft – bekannt als Kabbala – sich enthüllt, denn wir leben in einer Zeit, in der der Egoismus in der Welt seine finale Entwicklungsphase erreicht und von der Menschheit nicht mehr kontrollierbar ist. Wir brauchen daher eine Medizin, die uns vor unserem eigenen Ego rettet. Es steht in den alten Schriften geschrieben, dass sich genau zu diesem Zweck die Kabbala offenbaren wird.
Das Wort „Kabbala“ bedeutet im übertragenen Sinne „empfangen“. Mit anderen Worten: Es ist eine Wissenschaft vom richtigen Empfangens bzw. davon, wie man den eigenen Egoismus korrekt nutzt, um all die Freuden, die der Menschheit bereitet wurden, genießen zu können. Die Kabbala hält nichts vom Schicksal. Sie lädt Sie ein, „zu schmecken und zu sehen, dass der Schöpfer gut ist“. Werter Leser, ich möchte Sie auf diese beiden Wörter – „schmecken“ und „sehen“ – besonders aufmerksam machen: Sie bedeuten nicht, dass Sie dem, was Ihnen jemand anderes erzählt, zustimmen sollen. Nein, Sie selbst müssen die Empfindung für den Schöpfer erlangen, und die Kabbala hilft Ihnen dabei.
Halten Sie sich daher gut fest, denn wenn Sie Stufe für Stufe aufsteigen, werden Sie alle möglichen Erfahrungen machen, und auf jeder Stufe werden Sie dem Schöpfer verschiedene Namen geben, abhängig davon, wie nahe oder fern Sie sich von Ihm empfinden. Auf einer Stufe werden Sie Ihn „unbarmherzig“ nennen, auf einer anderen „gerecht“ und wieder auf einer anderen „gnadenvoll oder verbindend“ usw. – und all dies nur deswegen, weil Sie Ihn im jeweiligen Moment so empfinden. Jede Stufe bringt einen neuen Namen für den Schöpfer hervor.
Dies lässt sich auf unser Leben anwenden. Wenn Sie beispielsweise einem fremden Menschen begegnen, kommt er Ihnen auf den ersten Blick vielleicht reserviert vor. Wenn Sie ihm näherkommen und mit ihm warm werden, erkennen Sie etwas anderes in ihm. Wenn Sie sich weiter anfreunden, erscheint er ihnen klug, dann nett und schließlich liebenswürdig – obwohl dieser ganze Prozess mit „reserviert“ begann. Unsere Einstellungen ändern sich, wenn wir die Eigenschaften des anderen kennenlernen und wahrnehmen. Der Mensch selbst ist und war immer derselbe – doch unsere Sichtweise hat sich geändert. Es ist sehr wichtig für unseren Fortschritt, dass wir verstehen, dass es nicht der Mensch war, der sich „verwandelt“ hat, sondern dass wir uns ihm gegenüber geöffnet haben und unsere ursprüngliche Meinung über ihn hinter uns gelassen haben. Das Gleiche gilt für den Schöpfer. Je besser wir Ihn kennenlernen, umso mehr seiner Eigenschaften nehmen wir wahr, z. B. Seine verschiedenen Namen. Und so werden wir Ihm immer näher kommen, wenn wir buchstäblich im Inhalt der Fünf Bücher Mose aufgehen und den Text durch uns hindurchfließen lassen. Von Seite zu Seite werden wir einen neuen Namen des Schöpfers finden.
Wie lange wird dieser Prozess andauern? Bis wir schließlich alle Namen des Schöpfers enthüllt haben, uns Ihm öffnen und in Ihm das absolute Gesetz der Liebe erkennen.
Die Kabbala hat ihre eigene Sprache entwickelt. Sie nennt sich „Sprache der Zweige“. Denn nichts in unserer Welt geschieht zufällig. Im Gegenteil – alles wurde zu einem bestimmten Zweck erschaffen und wird mit einer bestimmten Absicht gelenkt.
Das Universum, Felsen, Pflanzen, Tiere und Menschen, alles was geschah, geschieht und geschehen wird, ist vom Schöpfer ersonnen, durchfließt alle spirituellen Welten und manifestiert sich in unserer Welt.
Ich werde etwas vorgreifen und möchte das System erwähnen, mit welchem der Schöpfer unsere Welt lenkt. Es nennt sich „Welt von Azilut“, was übersetzt „an Seinem Platz“ heißt; und mit „Sein“ ist der Platz des Schöpfers gemeint.
Die Welt von Azilut ist wie ein Gehirn, ohne welches nichts in unserer Welt geschehen kann. Kein einziger Gedanke, keine einzige Aktion, kein Krieg, keine wissenschaftliche Entdeckung, absolut nichts – wie geschrieben steht: „… nicht ein einziges Insekt krabbelt“ oder „kein einziger Grashalm bewegt sich“ ohne Seine Lenkung.
Unser Universum, das mit einem riesigen Computer verglichen werden kann, wird durch die Welt von Azilut gelenkt. Das bedeutet, dass alles, was in unserer Welt existiert, notwendigerweise seinen Ursprung in der Höheren Welt hat. Dann steigt es entlang der spirituellen Stufen herab. Es gibt eine feste Verbindung zwischen den Objekten in unserer Welt und ihren Wurzeln in der Höheren Welt, welche als ihr spirituelles Double erkannt werden kann. So ist also unsere Welt eine Konsequenz der spirituellen Welt.
Die Kabbalisten spüren dies sehr klar, denn sie existieren in beiden Welten. Sie sehen das höhere Objekt – die Wurzel, aus der alles stammt, und sehen dessen Sprössling in unserer Welt – den Zweig.
Da wir die Wurzel beim Namen ihres korrespondierenden Zweiges nennen und nicht umgekehrt, wird die Sprache der Kabbala als „Sprache der Zweige“ und nicht als „Sprache der Wurzeln“ bezeichnet.
Mit der Sprache der Zweige fanden die Kabbalisten eine Möglichkeit, präzise Informationen über die spirituellen Welten zu vermitteln, indem sie die Sprache unserer Welt benutzen.
Sie nahmen den Namen eines Objektes in unserer Welt, beispielsweise eines Baumes, und benutzen ihn, um dessen Entsprechung in der höheren Welt zu benennen, z. B. die Kraft, die nun als Baum bezeichnet wird.
Doch was passiert, wenn ein Mensch nicht weiß, dass das Alte Testament in dieser speziellen Sprache verfasst wurde? Was sieht er dann darin?
Er sieht eine Erzählung über unsere Welt, über einen Baum der im Paradies wächst, oder eine Schlange, die Eva Worte der Verführung ins Ohr flüstert.
Doch das ist völlig inkorrekt. Solche Interpretationen stellen dieses Buch, welches dazu geschrieben wurde, unsere Welt mit der spirituellen Welt zu verbinden, auf eine Stufe mit der irdischen Literatur.
(Ich erinnere mich an meine Großmutter, die immer an wunderschönen Stickereien arbeitete. Als Kind schaute ich darauf und dachte mir: „Genau so ist die Welt.“ Irgendwann fiel mir auf, dass die Rückseite der Stickerei eine ziemlich chaotische Anordnung von Fäden, Stichen und Knoten war. Zumindest erschien es mir auf den ersten Blick chaotisch. Später verstand ich, dass dort die Wurzel der Schönheit lag, denn wenn man nur einen einzigen Knoten auf der Rückseite löste, würde sich auch das ganze wunderschöne Muster auf der Vorderseite auflösen …).
Wenn wir die Bibel lesen, werden wir lernen, hinter die Wörter zu blicken und die Kräfte zu entdecken, welche ihre Wurzeln sind. Schon die pure Absicht, dieses Buch genau auf diese Weise zu lesen, wird uns mit der Höheren Welt verbinden. Von der allerersten Zeile an hat die Bibel ein einziges Ziel: der Menschheit zu beschreiben, wie sie Bürger der spirituellen Welt werden können. Sie will uns zum Schöpfer führen, zur Ewigkeit, zum Glück. Und wer auch immer sie liest, sollte dies mit einer einzigen Absicht und Zielsetzung tun: „Ich tue dies, um den Schöpfer zu enthüllen.“
Und nun lassen Sie uns die Reise zu den Geheimissen des größten Buches aller Zeiten und Generationen beginnen. Sind Sie bereit? Dann geht es los! Das erste Buch des Pentateuch heißt „Bereschit“ auf Hebräisch, auf Deutsch „Im Anfang“.
(Genesis, Bereschit)
„Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. Und die Erde war öd’ und wüst, und Finsternis auf der Fläche des Abgrundes, und der Geist Gottes schwebend über der Fläche der Wasser.”
Ist man gewillt, diese Worte buchstäblich zu verstehen, verfällt der Verstand sofort ins Phantasieren, wie der Schöpfer wohl aussehen könnte, wie Er sich bewegt, spricht, blickt … Hier gibt es unbegrenzt Raum für Phantasie: „Wasser”, „Finsternis”, „über der Fläche” …
Aber wer braucht solche Phantasien? Jene, die von den Verlangen unserer physischen Welt gefangen sind; jene, die Wissen erlangen wollen, aber nicht Erkenntnis; jene, die Überlegungen und Diskussionen anstrengen wollen, speziell wenn es Zuhörer gibt.
Wenn Sie noch immer mit den Genüssen dieser Welt zufrieden sind, dann erfreuen Sie sich an der Musik, an der Kunst und an allen anderen Annehmlichkeiten, die diese Welt bieten kann. Doch wenn Sie die spirituelle Welt erreichen wollen, sollten Sie sich mit etwas ganz anderem auseinandersetzen – Sie brauchen den Schöpfer.
Wenn Sie nach Antworten auf Fragen verlangen, die Ihnen nicht aus dem Kopf gehen, wenn Sie wissen wollen, warum Sie auf der Welt sind, oder den Zweck dieses riesigen Universums erkennen wollen, bedeutet es nur eines: dass Sie keine Ruhe geben werden, bis Sie dem Mysterium, das Ihre Seele ist, auf den Grund gegangen sind.
Und wenn das der Fall ist, dann ist es eine ganz andere Geschichte. Es bedeutet, dass Sie bereits begonnen haben, die spirituelle Leiter hinaufzusteigen.
„Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.“ Diese Passage spricht von der Schöpfung der Höheren Welt – eines Ortes, an dem Ihre Seele existieren wird. Ihr „Ich“ ist noch nicht wach; Sie nehmen noch nicht einmal Ihre eigene Existenz wahr. Nur das Habitat wurde erschaffen – die höhere Mutter, in deren Gebärmutter Sie empfangen werden. Was ist dieses Habitat? Ich werde wieder etwas vorgreifen: Die Wörter „erschaffen“ und „im Anfang“ weisen auf die Schöpfung zweier Qualitäten –
Egoismus und Altruismus – hin, zwischen welchen Ihre Seele hin- und herschwingt.
„… Und die Erde war öd’ und wüst …“. Hier kommt zum ersten Mal ein spiritueller Ausdruck zur Darstellung. Das Wort „Erde“ lautet im Hebräischen Erez, vom Wort Razon (Verlangen). Daher steht „Erde“ für „Verlangen“. Von jetzt an werden wir uns mit dem Verlangen auseinandersetzen, denn das Verlagen bestimmt alles.
„… die Erde (das Verlangen) war öd’ und wüst …“. Das Verlangen war hier noch ungeformt, was bedeutet, dass wir noch kein Verlangen danach hatten, die spirituelle Welt zu enthüllen-Was war also da? Nur ein weißes Blatt Papier, auf dem die Geschichte der Menschheit, die Geschichte der eigenen Seele geschrieben wird? Darauf weist diese Passage hin – auf den tatsächlichen Anfang, wenn sich die spirituelle Welt in Ihnen mitteilt. In anderen Worten: Wir werden in diesem Kapitel untersuchen, welche Verbindung von Kräften als Erstes entstand. Sie formten die Welt, in welcher der Mensch (Adam – Ihr spirituelles Ich) später erscheint. Sie erschufen das Habitat, welches dieser Mensch bewohnen wird. „Mensch“ ist das spirituelle Verlangen, dass sich im Inneren entwickelt.
Sie fragen sich vielleicht, warum Sie diese Kräfte nicht sehen können, wo sie doch angeblich in Ihnen sind.
Zunächst einmal: Können Sie spüren, wie Ihre Organe arbeiten, wie z. B. Ihr Magen Nahrung verdaut, wie Ihre Lungen atmen? Nein, können Sie nicht. Diese Prozesse bestimmen vollkommen Ihr physisches Dasein und dennoch können Sie es nicht spüren.
Das gleiche Prinzip gilt hier. Ihr spirituelles Leben wird durch unterschiedliche Prozesse geformt, die Sie so lange nicht wahrnehmen, bis Sie das überwältigende Verlangen verspüren, ein Teilnehmer – oder besser gesagt: ein Hauptdarsteller – an diesem wunderbaren Spiel zu werden.
So formt sich Ihre Seele. An Ihnen arbeiten nun Ihre großen Vorväter, die Kräfte der Welt Azilut. Ihre Zeit ist gekommen – die Zeit, geboren zu werden. Früher oder später, wenn Sie alle Stufen der Korrektur überwunden haben, werden Sie Ihre „Verwandten“ treffen. Doch bis dahin müssen Sie etwas Geduld haben.
Ein schwarzer, undurchdringlicher Schirm trennt Sie von allen, was sich in Ihrem Inneren tut; Sie können nichts erkennen oder spüren. Der Schirm wurde über eine lange Zeit immer dicker (um irdische Wörter zu verwenden), machte Sie zunehmend egoistischer und reduzierte Ihre Interessen mehr auf äußere als auf innere Bereiche. Sie beschäftigten sich mehr mit Ihrem Körper anstatt mit Ihrer Seele. Denken Sie nur an all Ihre Verlangen, die im Laufe Ihres Lebens in Ihnen auftauchten, und daran, wie weit entfernt von der Spiritualität Sie waren.
Der Schirm wurde also dicker, und eine Ebene legte sich über die nächste; Sie begruben Ihr spirituelles Verlangen unter sich, bis Sie sich selbst in einer Sackgasse wiederfanden. „Was umgibt mich? Körper über Körper. Sie essen, verdienen Geld, stellen Bedingungen … Doch was liegt vor mir? Der Tod? Doch wenn das der Fall ist, was ist dann der Sinn meiner Existenz?“
Dies sind die Fragen, welche einen dazu veranlassen, sich auf den Weg „zurück zu den Quellen“ – zu Bereschit, „dem Anfang“ – zu begeben. Tatsächlich führt dieser Weg ins Licht. Sie steigen zu den Kräften auf, die die Welt lenken. Jeder spirituelle Grad entlang des Weges ist ein Mysterium: „Welche neuen Überraschungen hat der Schöpfer für mich hält der Schöpfer für mich bereit?“
Auf diese Weise reinigen wir uns stufenweise von diesem dunklen Überzug, den wir „Egoismus“ nennen. Denn er hält uns vom tatsächlichen Leben, vom Atmen, vom Sehen ab. Mehr und mehr beginnen wir, unsere Fehler zu enthüllen – eine komplizierte Methode, die spirituellen Welten zu erreichen.
Der Genuss, den wir erfahren sollen, ist absolut. Der Schöpfer hat ihn für uns vorbereitet. Hier liegt das Ziel der Schöpfung: Uns, Seine Schöpfung, mit dem Gefühl der Ewigkeit und Vollkommenheit zu erfüllen. Da der Schöpfer selbst ewig und vollkommen ist, möchte Er seinen Zustand mit seiner Schöpfung teilen.
Also dann, lassen wir Ihn nicht warten.
„Und Gott sprach: Es werde Licht; und es ward Licht.” So wurde die spirituelle Welt erschaffen, jene Kräfte, von welchen wir zuvor sprachen, kamen auf diese Weise zusammen und bestimmten den exakten Ort der zukünftigen Seele. Sie wird im Licht wohnen und durch es erfüllt werden.
Was ist das Licht? Was immer Sie tun, versuchen Sie nicht, es sich vorzustellen. Es ist ein sinnloses Unterfangen. Hauptsächlich deswegen, weil unsere körperliche Wahrnehmung viel zu begrenzt ist, um es genauer zu beschreiben. Wir vergleichen das Licht mit dem Licht der Sonne oder einem Gefühl der inneren Harmonie. Das Licht ist das einzig Existierende. Es umgibt uns – unser Seelen, die ganze Welt und das ganze Universum. Es ist die Eigenschaft des Schöpfers, die Eigenschaft des vollkommenen und absoluten Gebens. Es ist das Gesetz der Liebe und der Güte. Das Licht ist in all diesen Dingen.
Und je früher wir dies erkennen, umso schneller können wir all die Leiden dieser Welt überwinden, welche uns nur aus einem einzigen Grund gegeben wurden: um uns dabei zu helfen, zu erkennen, was wir „zurückgeben“ sollen – das gleiche Licht der Liebe.
„Und Gott sah das Licht; dass es gut war, und Gott schied zwischen dem Licht und der Finsternis.“ Wenn das Licht – absolute Güte, das große Gesetz des Altruismus – in Erscheinung tritt, muss es natürlich etwas oder jemanden geben, den der Schöpfer zu erfüllen wünscht, dem Er alles geben kann, was Er besitzt.
Die Rolle dieses „etwas“ oder „jemandes“ wird von der Schöpfung übernommen.
Die Schöpfung sind wir, das bin ich, die ganze Welt, die Welt innerhalb von mir.
Wir sind die Empfänger.
Und auf diese Weise wurden zwei vorher noch nicht existente Zustände geschaffen: das Geben – die Eigenschaft des Schöpfers („Or“ – das Licht), und das Empfangen – die Eigenschaft der Schöpfung.
Die Passage „… und Gott schied zwischen dem Licht und der Finsternis“ weist auf diesen Prozess hin, auf das Formen dieser zwei Zustände: des Licht und der Finsternis, der Eigenschaft des Schöpfers und der Eigenschaft der Schöpfung, Geben und Empfangen.
Dieser Prozess ist bereits im allerersten Wort des Buches Genesis – Bereschit, das vom Wort Bar (aramäisch: außen) stammt und darauf hinweist, dass sich die Schöpfung vom Schöpfer getrennt hat – quasi aus dem „Busen“ des Schöpfers ausgetreten ist.
Das Wort Bereschit umfasst den ganzen Weg der Menschheit und die vollständige Bedeutung der Bibel. Eingeschlossen das Verständnis, dass Sie aus dem Busen des Schöpfers austraten und nun zu Ihm zurückkehren, indem Sie den langen Weg des wachsenden Egoismus, den die ganze Menschheit beschreiten muss, antreten. Damit dies geschieht, muss Ihnen klar sein, dass Sie sich vom Schöpfer entfernt haben und im Egoismus „aufgegangen“ sind, dass Sie sich nicht wohlfühlen und dass die Eigenliebe die Ursache dieser Krankheit ist.
Darüber hinaus betrifft diese Krankheit die ganze Welt und reißt sie in Stücke. Erst nachdem man das verstanden hat, kann man sich auf den Weg zurück zum Schöpfer machen. Wenn Sie auf diesem Weg Ihren Egoismus korrigieren, werden Sie mit unermesslichem, unvorstellbarem Reichtum belohnt – Sie werden der Ewigkeit würdig. Sie erreichen nie endende, unbegrenzte Freude. Sie vereinigen sich mit dem Schöpfer auf einer höheren Stufe, weil Sie sich ganz bewusst für diese Vereinigung entscheiden.
Erster Schöpfungstag