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1. Auflage 2016
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© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-024810-6
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pdf: ISBN 978-3-17-024811-3
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Für Herrn Professor Peter Oster, der uns nicht nur während der Studienphase fachlich, strukturell und vor allem menschlich immer unterstützte.
Zusatzmaterial:
Zu den Modulen des Manuals gibt es Arbeitsblätter, Übungen, Pläne, Listen und Texte, die kostenfrei im Internet heruntergeladen werden können (weitere Informationen hierzu finden Sie auf S. 9).
Vom Januar 2010 bis März 2013 führte die Arbeitsgruppe um Dr. Jana Hummel, Dr. Cecilia Weisbrod, PD Dr. Kopf und Professor Peter Oster am Geriatrischen Zentrum Agaplesion Bethanien in Heidelberg mit der freundlichen Förderung der Dietmar-Hopp-Stiftung und der Robert-Bosch-Stiftung erfolgreich eine Studie zur Anwendbarkeit und Effektivität eines Gruppenprogramms kognitiver Verhaltenstherapie (KVT) bei multimorbiden, hochaltrigen Patienten mit komorbider Depression durch. Der Ablauf orientierte sich an dem Programm zur KVT mit Senioren von Professor Martin Hautzinger, Universität Tübingen, der im Folgekapitel die Vorarbeiten seiner Gruppe sowie die derzeitige Studienlage darstellt
Es zeigte sich, dass auch für dieses Patientenklientel eine KVT durchführbar ist, wenn man gewisse organisatorische Besonderheiten beachtet. Des Weiteren konnte mit der KVT ein ausgeprägter und umfassender positiver Therapieeffekt erzielt werden, der nicht nur die psychischen Symptome betraf, sondern auch zu einer deutlichen Besserung des Gesundheitszustandes, der Alltagskompetenz, des Aktivitätsniveaus und der kognitiven Leistung führte. Es zeigten sich aber auch thematische und organisatorische Besonderheiten, die eine Adaptation der bisher bestehenden Manuale unter Berücksichtigung der körperlichen Einflussfaktoren notwendig machten.
In das nachfolgende Manual fließen neben den Erfahrungen aus den Therapiesitzungen die Ergebnisse der quantitativen Analyse des Behandlungserfolges und der qualitativen Untersuchung der spezifischen Bedürfnisse multimorbider Hochbetagter in der Psychotherapie ein.
Die Materialien1 zum Manual können Sie unter diesem Link kostenfrei herunterladen: http://downloads.kohlhammer.de/?isbn=978-3-17-024810-6 (Passwort: zx9a3l4h).
Der Dank der Autoren gilt all denjenigen, die die wissenschaftlichen Arbeiten und deren Veröffentlichung möglich gemacht haben, insbesondere den Patienten/-innen, Schwestern und Pflegern, Therapeuten, Sekretärinnen und Ärzten/-innen am Bethanien Krankenhaus in Heidelberg, den Doktorandinnen Leila Bösch und Katharina Himpler, der Robert-Bosch-Stiftung, der Dietmar-Hopp-Stiftung, dem Kohlhammer-Verlag.
Ein immerwährender Dank geht natürlich an die Familien, die Freunde und alle, die uns gelehrt haben und lehren, denn ohne sie stünden wir nicht, wo wir stehen.
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Depressionen im Alter sind eine häufige Erkrankung. Sie betreffen etwa jeden sechsten Patienten in allgemeinärztlichen Praxen und zu einem noch höheren Prozentsatz die Patienten bei Fachärzten, in Krankenhäusern und in Heimen. Insbesondere im Alter ziehen Depressionen ernsthafte gesundheitliche Risiken, körperliche Erkrankungen sowie eine erhöhte Mortalität nach sich und verursachen dadurch hohe Folgekosten. Depressionen im höheren Lebensalter werden häufig nicht bzw. nicht rechtzeitig erkannt. Werden sie erkannt, so erfolgt häufig keine angemessene Behandlung, obgleich erfolgreiche und evidenzbasierte pharmakologische und psychologische Behandlungen verfügbar sind. Dies gilt jedoch nur bedingt für die Gruppe der depressiven älteren Patienten und in noch geringerem Maße für Patienten mit komorbiden körperlichen, chronischen Krankheiten.
Wir haben mehrere Studien (Hautzinger & Welz, 2004; Hautzinger & Welz, 2008) zur Überprüfung der Wirksamkeit kognitiv-verhaltenstherapeutischer Interventionen bei älteren depressiven Menschen unter ambulanten Rahmenbedingungen durchgeführt. Dabei sollte auch der Frage nachgegangen werden, ob Gruppentherapien vergleichbare Effekte wie Einzeltherapien erbringen. Außerdem sollte geprüft werden, ob eine spezifische, mit verschiedenen Übungen und Materialien verbundene Psychotherapie (KVT) die depressive Symptomatik wirksamer reduziert als eine unspezifische, allgemeine, unterstützende Psychotherapie.
Alle eingeschlossenen Personen sind mindestens 65 Jahre alt und litten aktuell an einer Depression. Die Patienten wurden entweder durch einen Arzt überwiesen oder meldeten sich selbst. Zum größten Teil bestanden die Stichproben ( Tab. 2.1) aus Frauen, die Teilnehmer waren im Mittel um die 70 Jahre alt. Mehrheitlich lag eine mittelschwere depressive Episode vor. Entsprechend wurden zwei Drittel der Studienteilnehmer zu Studienbeginn und während der gesamten Studienzeit gleich bleibend mit Antidepressiva behandelt. Die Patienten sind kognitiv nicht (Hautzinger & Welz, 2004) bzw. nur leicht eingeschränkt (Hautzinger & Welz, 2008).
Therapie (KVT) N = 65Warten N = 35Therapie (KVT) N = 58Therapie (SuT) N = 51
Tab. 2.1: Stichprobenmerkmale der Untersuchungsgruppen
Alle Patienten wurden über das jeweilige Forschungsvorhaben aufgeklärt und mussten ihre ausdrückliche Zustimmung zur Teilnahme an der Studie und zu den Studienbedingungen geben. Von der Studienteilnahme ausgeschlossen wurden diejenigen Patienten, bei denen keine Depression oder eine andere psychische Störung bzw. akute Suizidalität vorlag. Eine parallele Psychotherapie war nicht erlaubt.
Die letztlich in Studie 1 (Hautzinger & Welz, 2004) aufgenommenen 100 älteren, depressiven Patienten wurden zufällig im Verhältnis 2:1 auf die experimentelle Therapiegruppe oder auf die Wartekontrollgruppe verteilt. In der Kontrollgruppe brachen 5 (14%) Patienten während der Wartezeit und 7 (20%) weitere Patienten während der sechsmonatigen Nachkontrollphase die Studienteilnahme ab. In der KVT Therapiebedingung schieden 10 (15%) Patienten vorzeitig aus, weitere 5 (8%) Patienten während der Katamnese. An der Studie 2 (Hautzinger & Welz, 2008) nahmen insgesamt 109 ältere depressive Patienten teil. Knapp die Hälfte (45,3 %) zeigten leichte kognitive Beeinträchtigungen. Die Abbruchrate lag insgesamt bei 14 Prozent, bei der spezifischen Psychotherapie (KVT: 7 Personen) bei 12 Prozent. Zur einjährigen Katamnese konnten noch Dreiviertel (71 bis 78 %) der Ausgangsstichprobe persönlich nachuntersucht werden.
Alle Patienten wurden zunächst von unabhängigen, trainierten Klinikern diagnostisch untersucht und bezüglich der Ein- bzw. Ausschlusskriterien geprüft. Unmittelbar im Anschluss an die informierte Einwilligung erfolgte die Zuweisung zu einer der Studienbedingungen durch die Studienzentrale anhand von zuvor erstellten Randomisierungslisten. Die Interventionsphase dauerte 3 bzw. 4 Monate, woran sich eine Katamnese von 6 bzw. 12 Monaten anschloss. Der Wartegruppe wurde nach Abschluss der Studie die Teilnahme an einer kognitiv-verhaltenstherapeutischen Gruppe (kostenlos) angeboten.
Das kognitiv-verhaltenstherapeutische Programm (KVT) folgte dem von Hautzinger (2000) beschriebenen und in einigen Vorstudien bereits erprobten Vorgehen. Die zwölf bzw. 15 Behandlungssitzungen fanden ambulant im wöchentlichen Abstand statt. An den Gruppentherapien (Dauer zwischen 100 und 120 Minuten) nahmen zwischen 5 bis 7 Patienten teil. Die Einzeltherapien dauerten 50 bis 60 Minuten. Die Intervention war strukturiert und durch vorgegebene Inhalte und Materialien weitgehend standardisiert. Die ersten Gruppensitzungen waren dem gegenseitigen Kennenlernen, der Erarbeitung eines kognitiv-verhaltenstheoretischen Erklärungsmodells der Depression sowie der Definition persönlicher Problembereiche mit entsprechender Ableitung von Zielen für die Gruppenintervention gewidmet. Die Sitzungen 3 bis 6 fokussierten auf Aktivitätsaufbau, Steigerung angenehmer und Abbau belastender Alltagserfahrungen sowie Tagesstrukturierung. Die Sitzungen 6 bis 10 vermittelten kognitive Methoden zum Erkennen von automatischen, dysfunktionalen Gedanken und deren Selbstkontrollmöglichkeiten. Die Sitzungen 11 bis 14 drehten sich um den Aufbau von selbstsicherem Verhalten und sozialer Kontaktfähigkeit, wobei der Schwerpunkt auf der konkreten Durchführung von Verhaltensübungen lag. Themen der Abschlusssitzung waren die Beibehaltung des Therapieerfolgs, Erkennen und Umgang mit Krisen und Rückschlägen, Notfallplanung.
Die Geriatrische Depressionsskala (GDS) ist ein Selbstbeurteilungsinstrument, das speziell für die Untersuchung älterer Menschen entwickelt wurde. Es besteht aus 30 Items und erlaubt die Beurteilung des Schweregrads einer aktuellen Depression. Werte über 13 Punkte gelten als klinisch auffällig und trennen depressive von nichtdepressiven Patienten mit hoher Sicherheit (Spezifizität 89%). Die deutschsprachige Adaptation (Gauggel & Birkner, 1999) hat sich bewährt und weist gute psychometrische Merkmale auf.
Mit dem Inventar Depressiver Symptome (IDS) werden das Ausmaß und die Schwere aktueller depressiver Beschwerden, jedoch als eine Fremdbeurteilung durch einen unbeteiligten Kliniker gemessen. Basierend auf einem Gespräch mit dem Patienten hat ein Kliniker insgesamt 26 aus 28 Items zu beurteilen. Ab 20 Punkten erreicht der Summenwert klinische Relevanz. Die deutschsprachige Adaptation (Hautzinger, 2013) hat sich bewährt und weist gute psychometrische Merkmale auf. Die Korrelation mit der häufig verwendeten Hamilton Depression Ratingskala beträgt r = .92.
Sowohl die selbstberichtete (GDS) als auch die per Fremdurteil erfasste (IDS) depressive Symptomatik reduziert sich bei der mit KVT behandelten Patientengruppe signifikant, während die Wartekontrollgruppe keine Veränderung in der Depressionsschwere über die Zeit zeigte. Die positiven Effekte sind auch noch zur Katamnese (6 Monate nach Behandlungsende) erhalten. Die Hoffnungslosigkeit wird durch die kognitiv-verhaltenstherapeutischen Interventionen ebenfalls günstig beeinflusst, während auch hier die Kontrollgruppe kaum Veränderungen zeigt. Die erwartete Wechselwirkung zwischen Gruppe (KVT, WG) und Zeit (Woche 0, Woche 12 und Woche 36) wird in Abbildung 2.1 anhand der Fremdbeurteilungen (IDS) deutlich. Die Reduktion der depressiven Symptomatik um 12 Punkte stellt dabei nicht nur ein statistisch signifikantes Ergebnis dar, sondern darf auch als klinisch bedeutsam eingestuft werden.
Abb. 2.1: Fremdbeurteilung depressiver Symptome über die drei Hauptmesszeitpunkte der Wartegruppe und der Gruppentherapie (Hautzinger & Welz, 2004)
Zur Beurteilung der klinischen Signifikanz und Relevanz der erzielten Veränderungen wurde die Abweichung von einer Standardabweichung als kritischer Grenzwert festgelegt. Anhand der in den jeweiligen Testpublikationen genannten Kennwerte für klinische und nichtklinische Gruppen ergab sich für die GDS ein kritischer Wert von +/– 4 Punkten und für das IDS ein kritischer Wert von +/– 10 Punkten. Erfreulicherweise können 55,3% der Patienten als durch die KVT verbessert eingestuft werden. Durch Warten verbesserten sich lediglich 11,4% (»Spontanremission«). Jedoch verschlechterten sich 17,6% der wartenden Patienten, wohingegen dies unter KVT lediglich in 1,6% der Fälle (1 Patient) eintrat. Zur Nachuntersuchung blieben diese Ergebnisse weitgehend stabil.
In der zweiten Studie (Hautzinger & Welz, 2008) zeigte sich, dass die spezifische KVT einer unspezifischen, unterstützenden Psychotherapie (SuT) knapp überlegen war. Wenngleich die unterstützende Therapie signifikante Effekte bei der Reduktion depressiver Symptomatik zeigte. Ferner erwies sich das individuelle Setting (Einzeltherapie) der Gruppentherapie überlegen (verfehlte jedoch knapp die Signifikanzgrenze). Diese Interaktionseffekte sind in Abbildung 2.2 dargestellt. Es zeigte sich, dass insbesondere die KVT längerfristig stabilere Ergebnisse erzielt als die Kontrollintervention.
Abb. 2.2: Veränderungen in der depressiven Symptomatik (IDS) durch die Therapie (bis Woche 20) und über ein Jahr Nachkontrolle (bis Woche 72) (Hautzinger & Welz, 2008). KVT I = Einzeltherapie, KVT G = Gruppentherapie, SuT I = Einzeltherapie mit unspezifischer Unterstützung, SuT G = Gruppentherapie mit unspezifischer Unterstützung.
Ältere depressive Patienten mit leichten kognitiven Einschränken profitieren durchaus von einer Psychotherapie. Dabei zeigte sich, dass besonders die individuelle, spezifische Behandlung (KVT I) erfolgreich die depressive Symptomatik reduziert ( Abb. 2.3). Die Stabilität der Erfolge ist in dieser Patientengruppe jedoch geringer. Auch hierbei erweist sich die individuelle Behandlung katamnestisch als erfolgreicher.
Abb. 2.3: GDS-Differenzen von der Grundlinie (prä) zu Therapieende bei Patienten mit leichten kognitiven Einschränkungen. Die Abkürzungen sind bei Abbildung 2.2 erläutert.
Unsere strukturierte kognitiv-verhaltenstherapeutische Einzel- bzw. Gruppenintervention (Hautzinger, 2000) wurde von den älteren depressiven Patienten gut angenommen. Die Teilnahme an den Therapieterminen war hoch und zeichnete sich durch rege Mitarbeit aus, Anforderungen wurden gut gemeistert. Großen Anklang fanden die zahlreichen Materialien, die auch in der Zeit nach Behandlungsende weiter verwendet wurden. Die eher niedrigen Abbruchraten waren zumeist durch neu auftretende oder sich verschlechternde körperliche Erkrankungen sowie Reha- bzw. Krankenhausaufenthalte bedingt. Die im Vergleich zu einer unbehandelten Wartekontrollgruppe erzielten Interventionseffekte waren nicht nur statistisch überzufällig, sondern auch von klinischer Signifikanz. Die Effektstärken lagen in einem als hoch zu bezeichnenden Bereich, die als gebessert einzustufenden Patienten erreichten zur Katamnese einen Anteil von nahezu 60 Prozent. Einmal erreichte positive Veränderungen wurden über den Katamnesezeitraum (bis zu 12 Monate) gehalten, z. T. sogar weiter verbessert. Ambulante Psychotherapie für ältere depressive Menschen ist ein hilfreiches Angebot, das sowohl im Gruppen- als auch im Einzelsetting mit großem Erfolg angewandt werden kann.
Grundsätzlich haben sich psychotherapeutische Interventionen gegenüber nichtaktiven Kontrollinterventionen (z. B. Warteliste) und herkömmlicher Behandlung (treatment as usual/TAU; unterstützenden, unspezifischen Psychotherapien/SuT) in der Behandlung depressiver Störungen im höheren Lebensalter als wirksam erwiesen (Gühne et al., 2014; Krishna, 2011). Im Ergebnis verschiedener Metaanalysen ergaben sich keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des Therapieformats (Einzel-, Gruppentherapie), hinsichtlich des Behandlungsrahmens (ambulant, stationär, teilstationär) oder der Therapieform (Kognitive Verhaltenstherapie vs. andere psychotherapeutische Interventionen). Die positiven Effekte von Psychotherapie in der Behandlung depressiver Störungen bei jüngeren alten Patienten (60 bis 75 Jahre) bzw. älteren, hochbetagteren Patienten (75 bis 90 Jahre) erwiesen sich als vergleichbar (Wilson et al., 2008; Cuijpers et al., 2009). Die Befunde blieben bis ein Jahr nach Behandlungsende stabil (Gould et al., 2012). Die Wirksamkeit weiterer psychotherapeutischer Interventionen (z. B. psychodynamische, interpersonelle Psychotherapie oder Reminiszenztherapie) in der Behandlung älterer Menschen mit einer depressiven Störung ist derzeit noch nicht abschließend zu beurteilen. Gleichwohl geben direkte Vergleichsstudien Hinweise auf die Gleichwertigkeit verschiedener psychotherapeutischer Ansätze zur Behandlung der Depression im Alter (Peng et al., 2009; Cuijpers et al., 2009).
Berücksichtigt man die wenigen vorliegenden Studien zu der Frage, ob bei älteren depressiven Patienten eine Kombinationsbehandlung einer Monotherapie (nur Psychotherapie oder nur Pharmakotherapie) überlegen oder vergleichbar effektiv ist, dann zeigt sich, dass eine Behandlung mit Antidepressiva einer Psychotherapie (meist KVT) bei älteren depressiven Patienten gleichwertig ist. Die Kombinationsbehandlung erweist sich gegenüber einer alleinigen medikamentösen Behandlung signifikant überlegen (Francis & Kumar, 2013; Cuijpers et al., 2012). Patienten, welche eine kombinierte Behandlung (Pharmakotherapie und Psychotherapie) erhielten, zeigten eine größere Symptomreduktion sowohl im Fremd- als auch im Selbsturteil (Kiosses et al., 2011). Es gibt jedoch auch Studien (Peng et al., 2009), die keinen signifikanten Unterschied zwischen einer Kombinationstherapie und einer Monotherapie finden.
Auch bei subklinischer Symptomatik (Minor Depression) erwiesen sich psychotherapeutische Ansätze als effektiv (Hegerl et al., 2010). Es lassen sich gegenwärtig mehrere randomisierte kontrollierte Studien finden, in denen die Effekte von Kognitiver Verhaltenstherapie im Gruppenformat gegenüber herkömmlicher Behandlung (medikamentöse Therapie) oder im Wartegruppendesign sowie gegenüber computergestützter KVT evaluiert wurden. Signifikante Effekte hinsichtlich einer Symptomreduktion zugunsten der Experimentalintervention wurden gegenüber herkömmlicher Behandlung (TAU) und Wartekontrollgruppen nachweisbar. Gegenüber computergestützter KVT bzw. gegenüber einer kontrollierten, standardisierten Pharmakotherapie erwies sich die (KVT) Gruppentherapie (direkter Kontakt) vergleichbar (Krishna et al., 2012). Neben einer reduzierten depressiven Symptomatik wurden eine höhere Lebensqualität sowie höhere Remissionsraten und verringerte Inzidenzraten hinsichtlich des Auftretens einer erneuten Depression belegt. Dabei muss auf eine große Heterogenität innerhalb der untersuchten psychotherapeutischen Ansätze und Kontrollbedingungen verwiesen werden (Lee et al., 2012).
Interventionen mit dem Ziel der Rückfallprophylaxe bei rezidivierenden Depressionen im Alter liegen kaum vor (Wilkinson & Izmeth, 2012). Die interpersonelle Psychotherapie (IPT) führte in Kombination mit Pharmakotherapie zu einer signifikanten Reduktion der Rückfallraten gegenüber einer alleinigen medikamentösen Placebobehandlung. Ebenso konnten Stangier et al. (2013) dies für eine Kognitive Verhaltenstherapie, angereichert mit Akzeptanz- und Achtsamkeitsmethoden (Risch et al., 2012), nachweisen. Allerdings sind diese Einzelstudien nicht speziell auf ältere Patienten ausgerichtet gewesen und haben daher nur vereinzelt Patienten über dem 65. Lebensjahr eingeschlossen.
Im Rahmen einer Metaanalyse konnten nur wenige Studien zur Wirksamkeit psychotherapeutischer Interventionen bei depressiven Patienten nach einem Schlaganfall identifiziert werden. Die bislang vorliegenden Ergebnisse sind noch enttäuschend und weisen bislang nicht auf die Relevanz bzw. therapeutische Effekte von Psychotherapie bei dieser Zielgruppe hin (Hackett et al., 2008).
In einer eigenen, bislang nicht publizierten Studie konnten wir im Rahmen einer stationären Rehabilitation (über 4 Wochen) nach Schlaganfall zeigen, dass durch 9 Einzelsitzungen KVT die depressive Symptomatik sehr viel deutlicher gesenkt werden konnte als die in der Klinik übliche psychiatrische (pharmakologische) Therapie ( Abb. 2.4). Hierbei wurden insgesamt 99 ältere Patienten (mittleres Alter 78 Jahre) zufällig entweder der KVT oder TAU zugewiesen und 4 Wochen lang während des Klinikaufenthaltes behandelt.
Abb. 2.4: Veränderung in der Selbstbeurteilung (GDS) depressiver Symptome bei depressiven Schlaganfallpatienten von vor (t1) zu nach (t2) Therapie und zur dreimonatigen Katamnese (t3)
Depressive Störungen komorbid mit Altersdiabetes sind häufig und resultieren in erhöhten Komplikationsraten, Stoffwechselentgleisungen und Mortalität (Petrak & Herpertz, 2009). Bislang liegen kaum kontrollierte Studien zur gezielten psychotherapeutischen Behandlung depressiver Symptome bei vorliegender Altersdiabetes vor (Petrak & Zahn, 2011). Wir haben daher ein KVT-Programm entwickelt, das auf die Beeinflussung der Depression zielt, um darüber auch das Zurechtkommen mit der Diabeteserkrankung, der Reduktion von Gesundheitsrisiken und damit die Steigerung der Lebensqualität zu erreichen (Petrak et al. 2010). Im Rahmen eines noch laufenden Forschungsprojekts bieten wir ein Gruppenprogramm (siehe Kasten) an, das über 12 wöchentliche Therapiesitzungen geht und um 9 monatliche Erhaltungs- und Stabilisierungssitzungen ergänzt wird.
Modul Schrittzähler
(Steigerung der körperlichen Aktivität, Erhöhung der täglichen Schrittmenge)
Modul Aktivitätsaufbau und Tagesstrukturierung: