Über dieses Buch

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Vogelfrauen, Schlangenmänner, fliegende Köpfe, Riesenpenisse und gefräßige Vaginen bevölkern die Mythenwelt der brasilianischen Amazonas-Indianer. Der Kampf der Geschlechter wird mitunter mit drastischen Mitteln ausgefochten, und so mancher Galan endet auf dem Grill. Doch neben schwarzem Humor und dem Vergnügen am Schrecken dominiert die Hingebungsfreude, die Lust an der Lust, die sich frei von urbaner Scheu offenbart. Diese Geschichten mit ihrer großen literarischen Kraft entführen uns in eine fremdartige, schillernde, verzauberte Welt, doch die Themen – Liebe, Verführung, Eifersucht, Schmerz – sind universell. Sie erschließen erstmals eine unbekannte Literatur, die vom Untergang bedroht ist.

»Eine beeindruckende Sammlung, der ein Platz unter den Klassikern der Amerindischen Mythologie gebührt. Ich habe dieses Buch mit großem Genuss gelesen.« Claude Lévi-Strauss

»Eine beeindruckende Sammlung, der ein Platz unter den Klassikern der Amerindischen Mythologie gebührt. Ich habe dieses Buch mit großem Genuss gelesen.«

Claude Lévi-Strauss

Betty Mindlin

Betty Mindlin beschäftigt sich als international bekannte Anthropologin seit 1976 mit den Kulturen der indigenen Völker im brasilianischen Amazonasgebiet und lehrt an der Universität von São Paulo. Seit vielen Jahren engagiert sie sich außerdem für die Rechte der Ureinwohner Lateinamerikas.

Nicolai von Schweder-Schreiner

Nicolai von Schweder-Schreiner (*1967) lebte von 1981 bis 1984 in Rio de Janeiro und wohnt heute in Hamburg. Er übersetzt seit 1997 aus dem Portugiesischen und Englischen und arbeitet auch als Musiker, Komponist und Texter.

Dieses Buch gibt es in folgenden Ausgaben: Taschenbuch, E-Book (EPUB), E-Book (Kindle), E-Book (Apple-Geräte) – Ihre Ausgabe

Mehr Informationen, Pressestimmen und Dokumente finden Sie auch im Anhang.

Betty Mindlin (Hg.)

Der gegrillte Mann

Erotische Mythen vom Amazonas

Herausgegeben von Betty Mindlin

Aus dem Portugiesischen von Nicolai von Schweder-Schreiner

E-Book-Ausgabe

Mit einem Bonus-Dokument im Anhang

Unionsverlag

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Impressum

Dieses E-Book enthält als Bonusmaterial im Anhang 1 Dokument

Die Originalausgabe erschien 1997 unter dem Titel Moqueca de maridos. Mitos eróticos bei Editora Rosa dos Tempos, Rio de Janeiro.

Die Übersetzung aus dem Portugiesischen wurde unterstützt durch litprom – Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika e.V. in Zusammenarbeit mit der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia.

Die erste Ausgabe dieses Werks im Unionsverlag erschien am 25.2.2006

© by Betty Mindlin 1997

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Martina Heuer

ISBN 978-3-293-60231-1

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Einleitung

Dieses Buch ist eine Anthologie indianischer Mythen über die Liebe, die ich in verschiedenen indianischen Sprachen aufgenommen habe und die hier erstmals in schriftlicher Form erscheinen. Lieben und Nicht-Lieben: eines der beliebtesten Themen der Menschheit. Arbeit, Essen, Liebe, das Jenseits und die Kunst sind Grundthemen des Lebens. Amouröse Verstrickungen bilden den roten Faden in den hier vorliegenden Mythen.

Paare, die sich lieben oder streiten, mögen glauben, ihre Situation sei einzigartig und ihr Glück oder Unglück hänge allein mit ihrer Persönlichkeit und ihrer individuellen Geschichte zusammen, mit ihren Gemeinsamkeiten und Gegensätzen.

Archaische, vielleicht jahrtausendealte Mythen wie die der Indianer Rondônias, die von Generation zu Generation überliefert werden und im Gedächtnis der Erzähler wie der Zuhörer aufbewahrt werden, regen zu einem anderen Blickwinkel an. Sie zeigen ein ewiges Moment der Liebe, ein Grundmuster von Einig- und Uneinigkeit zwischen den Geschlechtern, das über die Zeit hinweg, ungeachtet der verschiedenen Gesellschaften, Bräuche, sozialen Bedingungen und Sprachen, überraschend ähnlich geblieben ist.

Vieles, was wir bei diesem grundlegenden Aspekt des Lebens, dem Zusammenleben der Geschlechter, uns selbst zuschreiben, unserem Verhalten oder unserem Schicksal, hat in Wirklichkeit einen allgemeinen Ursprung. Wir bauen uns unsere Existenz innerhalb gegebener sozialer Bedingungen auf, ohne zu wissen, dass wir nur wiederholen, was so viele andere Generationen schon vor uns durchlebt haben. Eine Lektion, die tröstend oder auch niederschmetternd sein kann, je nach Standpunkt.

Die kleinen Lebensgemeinschaften in den Dörfern des brasilianischen Urwalds bieten reichlich Material, um über diese Tatsache nachzudenken. Die Geschichten sind überraschend und aktuell und würden durchaus auch als Grundgerüst moderner Romane taugen. Einige sind Musterbeispiele des Dramas der Liebe. Die Themen sind alt: Verführung; das Mutter-Tochter-Verhältnis zwischen Konkurrenz und Solidarität; die einsame Liebe; Unersättlichkeit; der Traum von einer abenteuerlichen, um nicht zu sagen romantischen Liebe; verzauberte Frauen und Männer mitten im Urwald oder auf dem Grund des Wassers; Inzest, die verbotene Liebe; rivalisierende Liebhaber, die sich gegenseitig umbringen; Witwenschaft und die Rolle des Toten; Gewalt und Rache; und so weiter und so fort. Die Liebe erscheint in diesen Geschichten oft kompliziert und schwer zu finden, und manchmal kommt sie unerwartet wie ein Geschenk daher.

Im Laufe der Jahre zeichnete ich bei den verschiedenen Völkern immer mehr Geschichten auf. Daraus sind bereits zwei Bände über die Mythologie indianischer Völker derselben Region entstanden: Vozes da origem (Stimmen des Ursprungs) und Tuparis e Tarupás. Und auch Der gegrillte Mann ist Teil einer viel größeren Sammlung von Mythen, die in verschiedenen Sprachen festgehalten und seit 1993 ins Portugiesische übertragen wurden. Je weiter dieses Forschungsprojekt fortschritt, desto mehr drängten sich Vergleiche, Kommentare, Erklärungen und Theorieversuche auf. Ich denke aber, dass es wichtig ist, dem Leser die Freude an der Überraschung und am Entdecken nicht zu nehmen. Die Geschichten sollen für sich sprechen; unser Ideensystem sollte als Einführung entbehrlich sein. Andererseits kann ein gewisses Maß an Analyse so etwas wie ein Ariadnefaden sein, der uns durch das Gewirr der Handlungen führt und uns zeigt, wie heutig die Gedankenwelt einer Gesellschaft sein kann, die so anders ist als die unsere. Um diese beiden widersprüchlichen Überlegungen miteinander zu versöhnen, habe ich einen kleinen Essay über die Mythen ans Ende des Buches gesetzt.

Die für Der gegrillte Mann ausgewählten Geschichten, die sich immer um das Thema Liebe drehen, sind nach den einzelnen Volksgruppen der Erzähler geordnet: Macurap, Tupari, Ajuru, Jabuti, Arikapu und Aruá. Die sechs Völker stammen alle aus Rondônia und haben je ihre eigene Sprache und ihre eigenen Traditionen.

Macurap, Tupari und Ajuru sind Sprachen aus dem Tupi-Stamm, sie gehören zur Familie der Tupari; Aruá gehört zur Familie der Tupi-mondé (ebenfalls Tupi-Stamm); Arikapu und Jabuti sind unabhängige Sprachen. Diese Völker leben in zwei verschiedenen Reservaten, den áreas indígenas A.I.Rio Branco und A.I.Guaporé, nahe der Grenze zwischen Brasilien und Bolivien, mit einer Bevölkerung von insgesamt ungefähr siebenhundertfünfzig Einwohnern. Sie haben seit etwa fünfzig Jahren Kontakt zur nichtindianischen Bevölkerung Brasiliens; sie haben Sklavenarbeit auf den Kautschukplantagen verrichtet und viele wurden Opfer von Masernepidemien und anderen Krankheiten. Heute bewohnen sie ein abgegrenztes, ihnen gesetzlich zugesprochenes Gebiet, es gibt keine Invasoren mehr und die Bevölkerung nimmt langsam wieder zu. Die Mehrheit spricht gut Portugiesisch, aber die Älteren können sich nur in der eigenen Sprache präzise ausdrücken. Und es sind gerade die Älteren – darunter viele Frauen –, die mir die meisten Geschichten erzählt haben.

Insgesamt waren es zweiunddreißig Erzähler und Übersetzer, Menschen, die gern kommunizieren und sich fantasievoll und anschaulich ausdrücken. Viele von ihnen sind im Urwald aufgewachsen, bevor sie in irgendeiner Form friedlichen Kontakt zu Nicht-Indianern hatten. Ihre Geschichten sind frei von urbanem Einfluss und berichten von einem archaischen Leben in kleinen Urwalddörfern.

Die Übersetzung ist relativ frei, in einzelnen Fällen fast eine Nacherzählung. Ich habe in erster Linie versucht, sowohl die Stimmung zu erhalten, in der die Geschichten erzählt wurden, als auch den portugiesischen Stil der Übersetzer, die fast alle jünger sind, die Sprache besser sprechen und ebenfalls gute Erzähler sind.

Es ist höchste Zeit, diese Mythen aufzunehmen und zu verstehen, so viele wie möglich zu sammeln und die alten Erzähler anzuhören, die Welt von Völkern zu erschließen, die heute nur noch wenige Überlebende zählen, wie zum Beispiel die Ajuru, die Aruá und die Arikapu. Eine sorgfältigere und genauere Übersetzung, wie ich sie bei den Suruí-Mythen in Vozes da origem vorgenommen habe, wo ich eine wörtliche Übertragung gewählt habe, hätte sehr viel länger gedauert und wäre im vorliegenden Fall auch gar nicht möglich gewesen, denn bei den Arikapu und Ajuru zum Beispiel gibt es niemanden, der sowohl die eigene Sprache als auch Portugiesisch fließend spricht. Da es viele Sprachen, viele verschiedene Völker und viele Geschichten sind und dieses Buch ein relativ weites Feld absteckt, halte ich eine gewisse übersetzerische Freiheit für gerechtfertigt.

Andererseits ist dies nur eine mögliche Form der Präsentation und kein Modell. Es ist durchaus wünschenswert, dass irgendwann auch weitere Übertragungen erscheinen. Eines der Anliegen dieses und der anderen Bücher über Mythen, die ich herausgegeben habe, ist, dem Ausbildungsprogramm für indianische Lehrer, das in Rondônia seit 1991 vom IAMÁ (dem Institut für Anthropologie und Umwelt, eine unabhängige Nichtregierungsorganisation) gefördert wird, als Lesematerial zu dienen.

Die indianischen Leser vergleichen wörtliche Übertragungen des aufgenommenen Materials mit ausgearbeiteten Fassungen, sie hören die Geschichten in den indianischen Sprachen, versuchen, eigene Versionen aufzuschreiben, und befragen die Älteren. Es gibt ein bisher noch langsam voranschreitendes Projekt, bei dem die Mythen in den verschiedenen indianischen Sprachen aufgeschrieben werden – vor allem auf Tupari. Eine der Zielsetzungen für die Zukunft ist es, zweisprachige Ausgaben herauszubringen.

Ob in der Schule oder anderswo, man kann nicht oft genug darauf hinweisen, wie wichtig es ist, die Tradition des mündlichen Erzählens, das Weitergeben des Wissens durch das Sprechen und Erinnern, und nicht über das Geschriebene, aufrechtzuerhalten und weiter anzuregen. Schreiben ändert die Art, wie man denkt, lernt, die Welt erfährt und erzählt, aber das Geschriebene ist heute Teil unserer Welt, ein Instrument gesellschaftlicher Macht. Die Mehrheit der indianischen Gemeinschaften wünscht sich, eine Schule zu besuchen. Vielleicht sind das Geschriebene und die Tradition mündlicher Überlieferung auch gar nicht so unvereinbar, wie man zunächst glaubt. Die technologische Gesellschaft hat auch eine mündliche Komponente, wir haben Radios, Aufnahmegeräte, Videos, die dazu beitragen können, kulturelle Wurzeln lebendig zu erhalten.

Die Aufzeichnung der Mythen ist eine Möglichkeit, kulturelle Eigenständigkeit darzustellen, daran zu erinnern, dass gesellschaftliche Vielfalt Reichtum bedeutet und verschiedene Traditionen nebeneinander bestehen können müssen. Damit erweitert sich für die brasilianische Gesellschaft, die mehr als zweihundert bisher kaum bekannte indianische Sprachen und Kulturen zählt, die Vorstellungswelt, der Grundstoff für jede Art von Fiktion.

Man muss also nur noch erkennen, wie man in den tiefen Gewässern dieser Ursprünge Brasiliens fischt, statt die Mythologie als etwas Unverständliches beiseite zu schieben. Verstörend bleibt sie immer, aber je vertrauter sie wird, desto weniger beängstigend.

Der ursprüngliche Titel der Anthologie war A guerra dos pinguelos, was so viel bedeutet wie Der Krieg der Geschlechter, eine vielleicht etwas indirekte Art, die sexuelle Freizügigkeit der Sprache in den Erzählungen anklingen zu lassen. Im regionalen umgangssprachlichen Portugiesisch der meisten Erzähler bedeutet pinguelo sowohl Penis als auch Klitoris, außerdem bezeichnet es den Abzug einer Feuerwaffe und das weibliche pinguela eine Brücke aus Baumstämmen über einen Fluss. All diese Bedeutungen sind im Novo dicionário da língua portuguesa von Aurélio Buarque de Holanda Ferreira verzeichnet. Nichts symbolisiert den Kampf der Geschlechter besser. Es wäre von großer Wichtigkeit, den vorurteilsfreien Stil in der Beschreibung von Körper und Sex zu bewahren, den die Indianer in ihren Erzählungen haben, diesen immensen verbalen Reichtum. Leider sind sie inzwischen von repressiven Konzepten wie Scham und Schande beeinflusst und drücken sich auf Portugiesisch nicht mehr mit derselben Natürlichkeit aus. Der letztlich gewählte Titel Der gegrillte Mann drückt mit seiner Mischung aus Gewalt und Komik unserer Meinung nach am besten das Mysterium des Geschlechterkampfes aus.

Der Essay am Schluss dieses Bandes soll die Neugier des Lesers anstacheln, nach dieser ersten Lektüre das dichte Universum der Mythen zu betreten, und ihm näher bringen, was herkömmlichen Begriffen nach fremd und ungewohnt erscheint. Außerdem habe ich ein Porträt jedes Erzählers und seines Volkes hinzugefügt.

Macurap

Botxatoniã, die Regenbogenfrauen

Erzähler: Iaxuí Miton Pedro Mutum Macurap

Übersetzer: Niendeded João Macurap und Rosilda Aruá

Weitere Erzähler (Portugiesisch und Macurap): Buraini Andere Macurap und Menkaiká Juraci Macurap

Die Frauen verliebten sich in ein Wesen, das tief unten im Wasser lebte. Es hieß Amatxutxé, war halb Mensch, halb Tier und in ihren Augen wunderschön. Sie waren so verrückt nach ihm, dass sie ihre Männer verschmähten und sogar die Kinder vernachlässigten. Sie dachten nur noch an ihren neuen Geliebten.

Traurig gingen die verlassenen Männer auf die Jagd. Sie hatten jetzt keine Frauen mehr, und die Frauen lebten ohne Männer, sie sahen sie nicht mal mehr an, sie legten sich nicht mehr zu ihnen in die Hängematte und schliefen nicht mehr mit ihnen. Den armen Kriegern blieb nur die Jagd, und auch um die Kinder mussten sie sich selbst kümmern, denn die Mütter taten es nicht mehr. In der tagelangen Jagd suchten sie Ablenkung und bemühten sich, den Stachel in ihren Herzen zu vergessen. Die Kinder hängten das erlegte Wild zum Dörren auf, streunten durch den Wald und gingen alle naslang baden.

Eines Tages spielten sie mit. Pfeil und Bogen am Flussufer, als sie ein kleines Krokodil entdeckten.

»Kommt, wir töten es!«, riefen sie fröhlich im Chor.

Die Pfeile waren so klein, dass das Krokodil sich nicht rührte, geschweige denn daran starb. Also stießen sie es an, und sie stießen es so lange, bis es ins Wasser fiel. Und alle Kinder fielen hinterher, bis auf den Grund.

Welch eine Überraschung erwartete sie dort unter Wasser! Da gab es Menschen, Frauen, die aussahen wie ihre Mütter – sie glaubten sogar, dass sie es tatsächlich waren –, und diese Frauen behandelten sie sehr freundlich und fürsorglich und gaben ihnen Chicha, Tacacá und Fisch zu essen.

Die Frauen gehörten zum Volk der Botxatoniã, der Regenbogenmenschen. Es waren verzauberte Frauen. Nachdem sie die Kinder verwöhnt hatten, schickten sie sie zurück zu den Männern, beladen mit Tonkrügen voller Chicha: »Wir möchten, dass ihr euren Vätern unser Chicha bringt! Erklärt ihnen, dass es von echten Menschen kommt, nicht von Txopokod, von bösen Geistern.«

Die Kinder nahmen den Pfad zur Jagdhütte und trafen bald auf einen der Jäger, der einen Hirsch über der Schulter trug. Er fragte, ob sie Mandim, kleine Fische, brächten und freute sich, als er das Chicha sah.

Im Lager angekommen, stellten die Kinder den Männern die Krüge mit dem Chicha auf Baumstümpfe und sagten, was die Regenbogenfrauen ihnen aufgetragen hatten.

»Von unseren Müttern«, so nannten sie die verzauberten Frauen, »sollen wir euch ausrichten, dass das Essen gut ist, es ist von Menschen, nicht von Txopokod!«

Die Männer aßen, bis sie satt und zufrieden waren und nicht mehr konnten. Nur einer traute dem verzauberten Essen nicht; er begnügte sich mit dem Hirschfleisch, das mit Erdnüssen von ihren Feldern zubereitet war. Die anderen jedoch wollten nicht wissen, woher die köstlichen Speisen kamen, und schickten die Kinder zurück zu den Frauen im Fluss, damit sie noch mehr holten.

Die Mütter – sie waren nicht die wirklichen Mütter, sondern die Regenbogenfrauen, die Frauen vom Grund des Flusses – gaben ihnen wieder Chicha, Tacacá und Fisch mit. Die Männer aßen und aßen.

So ging es Tag für Tag, bis die Männer unbedingt die Regenbogenfrauen besuchen wollten. Die Frauen ließen ihnen ausrichten, sie seien eingeladen und es gebe genug zu essen.

Einige Tage später rief der Häuptling seine Männer zusammen: »Morgen gehen wir zum letzten Mal jagen; es ist jetzt an der Zeit, dass wir ins Dorf der Regenbogenfrauen gehen. Und während wir zum letzten Mal auf der Jagd sind, geht ihr Kinder zu ihnen und sagt, dass wir kommen.«

Noch am selben Tag verließen die Jäger das Lager, und die Kinder stellten auch kein Essen mehr auf die Baumstümpfe. Die Männer banden das erlegte Wild mit Kokosschnur zusammen und zogen schwer beladen davon. Sie gingen aber nicht zurück ins Dorf, wo sie mit den Müttern der Kinder gelebt hatten, die nichts mehr von ihnen wissen wollten. Sie gingen zu den Frauen im Fluss, den Regenbogenfrauen.

Schon von weitem hörten sie vom Grund des Flusses den Lärm des Festmahls und das Rascheln des Strohs beim Tanz. Tief unten im Wasser erbrachen sich die Botxatoniã über dem Essen und vom Erbrochenen stiegen Luftblasen im Wasser auf. Die Frauen übergaben sich und das Wasser blubberte.

Die Jäger verbrachten Tage über Tage auf dem Grund des Flusses, sie tanzten, tranken und liebten die wunderschönen verzauberten Frauen. Als das Essen zur Neige ging, beschlossen sie, auf die Jagd zu gehen, einen Hirsch zu schießen und Gongos, Larven vom Palmenkäfer, zu sammeln. Die Frauen versprachen, auf sie zu warten und neues Chicha für sie zu machen.

Bei aller Fröhlichkeit waren die Männer doch etwas misstrauisch. Die Frauen bereiteten zwar viel Chicha zu, aber sie tranken nichts davon. Der Häuptling war wachsam und trug dem Reiher auf, er solle Acht geben, was dort vor sich ging.

Die Frauen, die in das Wesen aus dem Fluss verliebt waren und ihre Männer verschmähten, fertigten derweil Ketten und kochten Chicha, aber Amatxutxé schien nicht viel Gefallen an dem Essen zu finden. Die Frauen fragten sich, wo ihre Männer und Kinder sein mochten und was sie die ganze Zeit über getan hatten.

Sie machten sich auf die Suche, sie gingen und gingen, bis sie von weitem das Fest auf dem Grund des Flusses hörten. Im Wasser sahen sie die Blasen von dem Erbrochenen aufsteigen.

Sie kehrten zurück in ihr Dorf und kamen zu dem Schluss, es sei besser, Amatxutxé loszuwerden: »Dieser Mann, den wir so hübsch fanden und in den wir uns verliebt haben, ist in Wirklichkeit ein hässlicher, schlaffer Greis! Und er kam uns so schön vor! Wir sollten dieses nutzlose Stück Abfall töten.«

So entledigten sie sich ihres Geliebten.

Der Mann, der misstrauisch gewesen war und nicht von dem Chicha der Regenbogenfrauen getrunken hatte, war allein in seinem Lager geblieben, als die anderen zu den Botxatoniã gingen, um mit ihnen zu tanzen.

Auch die Männer überlegten, zurück ins Dorf zu gehen, aber die Regenbogenfrauen hatten noch viel Chicha für sie. Trotzdem schickte der misstrauische Mann, der Häuptling war, seinen Sohn in das Dorf, er solle sich erkundigen, ob die Frauen sich mit ihnen versöhnen wollten, damit sie nach Hause kommen konnten. Die Männer verwandelten sich allmählich in Regenbogenmenschen, in Botxatoniã. Es war höchste Zeit, dass sie zurückgingen, bald würde es zu spät sein.

Bevor der Junge aufbrach, sagte der Vater, er dürfe keine Frau berühren und er solle die Mutter bitten, Chicha für die Rückkehr der Männer zu kochen.

Der Junge machte sich auf den Weg. Die Mutter war überglücklich, ihn zu sehen, aber er bestand darauf, sich nicht neben sie zu setzen und nur mit ihr zu sprechen, ohne sie zu umarmen. Trotz seiner Zurückhaltung erregte er große Aufmerksamkeit im Dorf: Er war sehr hübsch und stark, hatte eine breite Brust, war muskulös, und sein Körper war mit dem schwarzen Saft des Jenipapo bemalt, seine länglichen, sanften Augen leuchteten, die langen schwarzen Haare waren mit Federn geschmückt. Eines der Mädchen verliebte sich auf den ersten Blick in ihn und näherte sich ihm. Sie war nicht die Einzige – alle waren verrückt nach ihm.

»Kommt mir nicht zu nahe! Mein Vater hat mir aufgetragen, einen weiten Bogen um die Frauen zu machen!«

Aber welche Frau sollte glauben, dass ein so schöner Krieger in Liebesdingen auf den Rat seines Vaters hören würde? Das Mädchen ließ nicht von ihm ab, und als es Nacht wurde, kroch sie in seine Hängematte, und es geschah, was er verweigert hatte.

Am nächsten Tag sagte er niedergeschlagen zur Mutter: »Mutter, ich gehe fort. Vater hat mir aufgetragen, dich zu bitten, Chicha für uns zu bereiten, aber ich habe Liebe gemacht, das war Unrecht, Kawaimã, ein Verbrechen, ich habe alles verdorben. Ich muss gehen.«

Er lief zu seinem Vater und sagte, dass ein Mädchen ihm folgen würde. Er erklärte, dass er gegen seine Anweisung verstoßen hatte und dem Mädchen erlegen war. Es dauerte nicht lange, da kam sie – aber als sie auf das Volk der Regenbogenmenschen traf, starb sie. Ihr Geist jedoch lebte weiter bei dem Jungen.

Seit diesem Tag waren die Männer für immer verzaubert und lebten fortan bei den Frauen der Botxatoniã, den Regenbogenfrauen. Sie leben immer noch dort tief unten im Wasser, am Oberlauf des Rio Branco. Die Frauen aus ihrem Dorf, die Mütter ihrer Kinder, haben sie vergessen.

Und die Frauen haben sich woanders neue Männer gesucht.

Der Txopokod-Liebhaber und das Mädchen mit der riesigen Klitoris

Erzähler: Iaxuí Miton Pedro Mutum Macurap

Übersetzer: Alcides Macurap

Weitere Erzähler (Portugiesisch): Buraini Andere Macurap und Menkaiká Juraci Macurap

Eine verheiratete Frau mochte ihren Mann kein bisschen. Sie fand es schrecklich, mit ihm zu schlafen, und vermied es wann immer möglich. Stets sah sie den jungen Männern im Dorf nach. Sie war hübsch, lief leicht wie ein Reh, fast tänzelnd, und es fehlte ihr nicht an Verehrern.

Eines Tages, als sie im Wald Früchte sammelte, traf sie zufällig einen der tapfersten Krieger. Es brauchte nur wenige Worte, bis sie über die Blätter rollten und sich ihre glühenden Körper liebkosten.

Jeden Abend brannte sie jetzt vor Lust, wenn sie sich vorstellte, in seinen Armen zu liegen und seinen Rücken zu streicheln, seine Brust, seine Beine, wie ihre Haut verschmolz und sie sich aneinander klammerten.

Wenn die Sonne unterging und alle anderen damit beschäftigt waren, Feuerholz zu sammeln oder ein Bad zu nehmen, trafen sie sich an einem verborgenen Ort im Wald, nicht weit entfernt. Aber es gab immer jemanden, der sie hätte beobachten können, vor allem die Kinder, und sie musste aufpassen, dass sie nicht mit Erde oder kleinen Zweigen am Körper zurückkam. Ihr größter Wunsch war es, ihren Geliebten in der Hängematte zu empfangen, ganz still und friedlich, ohne dass sie von Ameisen und anderem Getier gebissen wurden.

Um sich besser gegen die Zudringlichkeiten ihres Mannes wehren zu können, hängte die Frau die Hängematte in eine Ecke der Hütte, ein Stück weit entfernt von den anderen, und schlief an die Strohwand gelehnt ein.

Eines Tages, als sie schon fast eingeschlafen war, spürte sie Hände, die sie streichelten. Sie fingen im Gesicht an, ganz leicht, die Finger zeichneten zärtlich die Konturen ihrer Augen nach, dann die Nase, den Mund, die Wangen und den Hals. Langsam wanderten sie hinunter zu ihren Brüsten und den Brustwarzen. Sie erinnerte sich an die Zärtlichkeiten ihres Liebhabers bei ihren viel zu seltenen Eskapaden und rührte sich nicht, aus lauter Angst, jemand könnte sie stören. Die erfahrenen Hände wanderten weiter hinunter und ließen keinen Winkel aus, bis sie ihre Vagina erreicht hatten. Die Finger der geheimnisvollen Hände, die durch die Strohwand gekommen waren, umspielten und drückten ihre Klitoris, drangen kühn in sie ein wie die Lanze eines Mannes. Sie erschauderte vor Lust und sehnte sich danach, den Körper ihres Liebhabers zu berühren und das nächtliche Geschenk erwidern zu dürfen, aber da waren nur die glatten Arme, weich wie das Fleisch der Pariri-Frucht. Sie wollte die Hüttenwand durchbrechen und nach draußen zu ihrem Geliebten, aber sie hatte Angst, das raschelnde Stroh könnte zu viel Lärm machen.

Jeden Abend wartete sie sehnsüchtig, und die Arme kamen und berührten sie. Sie lief nicht länger in den Wald, um ihren Geliebten zu treffen, und am Tage sprach er kaum mit ihr, es war, als hätten sie nichts miteinander zu tun. Aber am Abend, ah, wie wusste er da seine Hände zu benutzen! Sie waren durchaus ein guter Ersatz und vielleicht sogar von größerem Nutzen als der restliche Körper des Mannes, der, getrennt durch das Stroh, nicht bei ihr sein durfte! Die geschickten Finger schienen besonderen Gefallen daran zu finden, ihre Klitoris zu verführen, sie in glühender Leidenschaft zu reiben und zu zupfen.

Mit jedem Tag stellte das Mädchen fest, dass ihre Klitoris größer wurde. Sie war von der Liebe zutiefst erfüllt, aber dieses kleine Etwas, das selbst bei aller Nacktheit im Dorf niemand sehen konnte, begann sie zu stören. Nach einer Woche war es bereits so groß wie das Organ eines von Leidenschaft gepackten Mannes. Voller Scham versteckte sie sich vor den anderen und ging nirgendwo mehr hin.

»Warum versteckst du dich? Warum kommst du nicht mehr mit uns aufs Feld, warum setzt du dich nicht mehr zu uns und zu deinem Mann?«, wunderte sich die Mutter.

Sie sah ein, dass sie niemandem etwas vormachen konnte, und gestand der Mutter die Wahrheit. Sogar von ihrem Geliebten im Wald erzählte sie ihr.