Carol Marinelli, Fiona Brand, Jennifer Taylor, Caitlin Crews
JULIA EXTRA BAND 410
IMPRESSUM
JULIA EXTRA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: kundenservice@cora.de |
Geschäftsführung: | Thomas Beckmann |
Redaktionsleitung: | Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.) |
Produktion: | Jennifer Galka |
Grafik: | Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto) |
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRA
Band 410 - 2016 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
© 2014 by Carol Marinelli
Originaltitel: „More Precious than a Crown“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
in der Reihe: MODERN ROMANCE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Elisabeth Hartmann
© 2015 by Fiona Gillibrand
Originaltitel: „The Sheikh’s Pregnancy Proposal“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
in der Reihe: DESIRE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Kristina Krüger-Barhoumi
© 2014 by Jennifer Taylor
Originaltitel: „One More Night with Her Desert Prince …“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
in der Reihe: MEDICAL ROMANCE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Christopher Muth
© 2015 by Caitlin Crews
Originaltitel: „Protecting the Desert Heir“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
in der Reihe: MODERN ROMANCE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
Übersetzung: Traudi Perlinger
Abbildungen: Harlequin Books S.A., acek_kadaj/Thinkstock, alle Rechte vo
Veröffentlicht im ePub Format in 01/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733707866
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
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Mit Trinity erlebt er die pure Leidenschaft! Dabei weiß Scheich Zahid, dass ihre Liebe keine Zukunft hat: Seine Familie lehnt sie ab – und Zahid steht vor der schwersten Entscheidung seines Lebens …
Er ist einer anderen versprochen – dennoch kann Prinz Kadin nicht widerstehen: Nur eine Nacht will er mit Sarah! Dann muss er zurückkehren in den Wüstenstaat, in dem seine Verlobte auf ihn wartet …
Samantha ist viel zu freizügig und wild – keine angemessene Frau für Prinz Khalid. Warum nur kann er ihren sinnlichen Mund und die aufregenden Kurven einfach nicht vergessen?
Sterling ist entsetzt: Scheich Rihad, der Bruder ihres verstorbenen Geliebten, verlangt, dass sie ihm ihr Baby überlässt! Sie muss fliehen, doch die Verheißung seiner feurigen Blicke hält sie gefangen …
„Hat irgendjemand Trinity gesehen?“
Diannes Stimme durchdrang die Abendstille. Seit etwa einem Jahr erklang dieser Ruf nahezu alltäglich. Prinz Zahid von Ishla hörte ihn jedes Mal, wenn er sich bei den Fosters aufhielt.
Seit seinem sechzehnten Lebensjahr war Zahid regelmäßig zu Gast im Haus Foster, doch dieser Aufenthalt würde sein letzter sein.
Zahid durchquerte den Wald längs der Grundstücksgrenze der Fosters. An diesem klaren Sommerabend hörte er Lachen über den See wehen. Bald wollte Zahid zurück nach Ishla fliegen, und er hoffte, dass sein Fahrer bald auftauchte, denn im Grunde wollte er nicht mehr bleiben. Die Fosters feierten das Examen ihres Sohnes Donald zusammen mit Zahids Abschluss mit einer Party, deshalb wäre eine Ablehnung unhöflich gewesen.
Aber die nächste Einladung würde er nicht annehmen.
Zahid hatte sich bei der Familie noch nie wohlgefühlt. Gus Foster war Politiker, und Zahid hatte den Eindruck, dass er nie abschalten konnte, während der einzige Lebenszweck seiner Frau Dianne darin bestand, immer zu ihrem Mann zu stehen, ganz gleich, was er tat. Zwei sehr öffentlich ausgetragene demütigende Affären und diverse noch schmutzigere Skandale hatten Diannes künstlichem Lächeln nicht das Geringste anhaben können.
Zahid war ein Einzelgänger und sehr zurückhaltend. Die Gesellschaft einer schönen Frau war ihm an einem Samstagabend lieber als eine Party, doch seit jenem Vorfall vor so vielen Jahren fühlte er sich verpflichtet …
Während seiner Zeit im Internat – da war er sechzehn gewesen – wurden bei einer stichprobenartigen Spindkontrolle Drogen und ein Haufen Bargeld in Zahids Spind gefunden. Beides gehörte nicht ihm. Aber nicht die vorgeschriebene Suspendierung war das Problem, sondern die große Schande, die ein Skandal über seine Familie bringen würde.
Als Zahids Vater König Fahid davon erfuhr, stieg er unverzüglich in seinen Jet und flog nach England, um mit dem Direktor zu sprechen. Nicht etwa, um die Sache zu vertuschen. Stattdessen wollte der König, wie Zahid Donald erklärte, um Entschuldigung bitten und seinen in Ungnade gefallenen Sohn nach Hause holen. In Ishla würde Zahid dann öffentlich das Volk um Verzeihung bitten müssen.
„Auch, wenn du unschuldig bist?“, hatte Donald gefragt.
Zahid hatte genickt.
„Es ist dem Volk überlassen, ob man mir vergibt.“
Zahid war aufrecht und hoch erhobenen Hauptes vor den Direktor getreten, bereit, sein Schicksal anzunehmen, doch in letzter Sekunde wendete sich das Blatt, die Wahrheit kam ans Licht.
Donald war, so ließ der Direktor den Prinzen und den König wissen, in Panik geraten, als er von der Spindkontrolle erfuhr, und hatte das Geld und die Drogen in Zahids Spind deponiert. Nun wurde also Donald suspendiert, und die Schule bat den König vielmals um Verzeihung für die Unannehmlichkeiten.
Als der König und der junge Prinz das Büro des Direktors verließen, wurden sie von Donald und seinem Vater Gus erwartet.
„Danke“, hatte der König zu Donald gesagt, „dass du Manns genug warst, für deine Fehler einzustehen.“
„Das ist ein Missverständnis“, erklärte Gus. „Mein Sohn würde niemals Drogen nehmen. Er hat nur einem Freund geholfen.“
Die Fosters zierten dann das Titelblatt der Sonntagszeitung. Dianne mit ihrem künstlichen Lächeln für die Kameras, Gus, den Arm um die Schultern seines angemessen zerknirscht wirkenden Sohns gelegt. Die Einzige, die das Image der Bilderbuchfamilie störte, war Trinity. Sie trug ihr bestes Sonntagskleid, lächelte aber nicht, sondern blickte finster in die Kameras.
Zahid schmunzelte in der Erinnerung an das Foto aus alter Zeit. Doch wenige Sekunden später verging ihm das Lächeln, als er eine blonde junge Frau entdeckte.
Da war Trinity.
Sie versteckte einen Beutel mit Kleidern unter einem Baum, wischte sich den Lippenstift ab und fuhr zusammen, als sie Zahid rufen und auf sich zukommen hörte.
„Trinity! Deine Mutter sucht dich. Wo warst du?“
Sie wirbelte zu ihm herum. „Bitte, Zahid, könnte ich nicht sagen, ich wäre mit dir zusammen gewesen?“
„Du weißt, dass ich nicht lüge.“
„Bitte“, flehte Trinity, dann seufzte sie. Zahid war so streng, so förmlich und so unnachgiebig, dass jeder Versuch, ihn auf ihre Seite zu ziehen, sinnlos schien. Doch als sie sich resigniert zum Gehen wandte, um die Suppe auszulöffeln, die sie sich eingebrockt hatte, hielt er sie zurück.
„Wenn ich dich decken soll, muss ich erst einmal wissen, was du angestellt hast.“
Trinity drehte sich langsam um. Nie im Leben hatte sie mit seiner Einwilligung gerechnet. „Ich war bei meiner Freundin Suzanne“, antwortete sie verhalten.
„Was habt ihr gemacht?“
„Nur …“ Trinity zuckte die Achseln.
„Nur was?“
„Wir haben getanzt.“
„Ihr wart auf einer Party?“
„Nein! Wir haben in ihrem Zimmer Musik gehört und getanzt.“ Beinahe hätte sie genervt die Augen verdreht, als sie es ihm ins verdutzte Gesicht hinein zu erklären versuchte, denn solch ein Verhalten würde ein Typ wie Zahid bestimmt nicht verstehen. „Wir haben Make-up ausprobiert und so.“
„Warum versteckst du die Kleider?“ Er betrachtete ihr Outfit – ein langärmliges Top und Jeans – und sah, wie Trinity die blauen Augen zukniff, zweifellos auf der Suche nach einer passenden Lüge.
Trinity war, wie Zahid wusste, eine meisterhafte Lügnerin. Was er nicht wusste, war, dass sie in diesem Augenblick nicht lügen wollte. Sie wusste nur nicht, wie sie ihm die Wahrheit sagen sollte, die doch nur auf einem unbestimmten Gefühl beruhte.
Wie sollte sie ihm erklären, dass sie sich auf Suzannes Vorschlag hin Kleider ausgeliehen hatte, weil Trinity sich in dem Kleid, das ihre Mutter ihr gekauft hatte, vom neuen Mann ihrer Tante sonderbar beäugt gefühlt hatte? Trinity verstand es ja selbst nicht ganz. Umso weniger wusste sie, wie sie Zahid vermitteln sollte, dass ihr unter Clives Blicken höchst unbehaglich zumute gewesen war.
Sie weigerte sich, ihn Onkel zu nennen.
Er war der Grund dafür, dass sie weggelaufen war.
Ja, Clive war der Grund dafür, dass Trinity bei Familientreffen regelmäßig weglief. Und weil Zahid immer nur zu Familienfesten zu Besuch kam, erlebte er dieses Verhalten allzu oft.
„Ich habe nichts Böses getan“, sagte Trinity.
„Vielleicht nicht, aber auf Familienfeiern solltest du dich nicht einfach so aus dem Staub machen.“ Für Zahid gab es nur Schwarz und Weiß, doch Trinity kannte viele Schattierungen dazwischen. Sie war so temperamentvoll und eigensinnig und so deutlich unbeeindruckt von ihrer Familie, dass er ihr manchmal stumm applaudierte, was er sie jedoch nicht wissen ließ.
„Ich weiß, ich weiß“, setzte Trinity an. Im nächsten Moment hellte sich ihre Miene auf, und sie lächelte verschmitzt. „Was ist denn deine Ausrede?“
„Ausrede?“
„Was treibst du hier im Wald?“
„Ich habe einen Spaziergang gemacht, um nachzudenken.“ Zahid sah sie nachdenklich an. Von allen Fosters war Trinity die Einzige, die ihm fehlen würde. Ja, manchmal musste er über sie lächeln, aber jetzt lächelte er nicht, als er erkannte, dass sie sich seit ihrer letzten Eskapade verändert hatte.
Sie war zu einer sehr schönen jungen Frau herangewachsen. Ihr Haar war blond und stufig geschnitten, ihre Augen wirkten riesig in ihrem schmalen Gesicht und blitzten, während sie darauf wartete, dass er weiterredete. „In Ishla würde man von dir erwarten, dass du deinen Eltern zur Seite stehst und dich unter die Gäste mischt …“
„Aber ich bin nicht in Ishla.“
Auf dem Weg zurück zur Party taumelte Trinity ein wenig.
„Hast du getrunken?“
„Nein.“
„Bist du sicher?“
„Ich würde mich ja wohl daran erinnern.“
Er drehte sie zu sich um und legte die Hände an ihre Wangen. Natürlich bemerkte er ihre geweiteten Pupillen, aber noch erkannten beide nicht das Begehren, das zwischen ihnen knisterte. „Puste mal.“
„Du willst einen Atemtest machen?“
„Puste“, befahl Zahid, und sie gehorchte, doch er roch keine Alkoholfahne.
„Was führst du im Schild, Trinity?“, fragte er.
Seine Hände lagen immer noch an ihren Wangen, und Trinity wollte sie dort. Ja, er war langweilig, ja, er war zum Gähnen würdevoll, aber manchmal, wenn er lächelte, manchmal, wenn sein hintergründiger Humor ihren Eltern völlig entging, brachte er sie zum Lachen. Sie hatte nie verstanden, was Frauen in ihm sahen. Donald war bitter eifersüchtig und beschwerte sich seiner Familie gegenüber oft, dass die Frauen nur wegen seines Titels hinter Zahid her wären.
An diesem Abend war Trinity anderer Meinung.
Nun verstand sie seine Anziehungskraft, denn der Blick aus diesen schwarzen Augen trieb ihr die Glut in die Wangen. Seine imposante Statur schüchterte sie nicht ein, sondern weckte den Wunsch, sich auf die Zehenspitzen zu recken, ihr Gesicht ganz nah an seins zu bringen und …
Jetzt wurden sie beide sich bewusst, wie heftig es zwischen ihnen knisterte.
Zahid konnte den Blick nicht von ihr lösen. Sie war wie ein wildes kleines Kätzchen, das jeden Moment die Krallen ausfahren konnte, aber für den Moment ganz zahm war. Ihre Anziehungskraft überwältigte ihn.
„Soll ich noch einmal pusten?“, fragte Trinity, und als er antworten wollte, dass sie zurück nach Hause gehen müssten, blies sie sanft auf seine Lippen. Zahid schluckte, und zum ersten Mal kämpfte er um Selbstbeherrschung.
„Du musst vorsichtiger sein“, warnte er sie. „Du solltest abends nicht allein durch den Wald spazieren.“
„Weil ein schöner Prinz des Wegs kommen könnte?“
„Weil wer weiß wer des Wegs kommen könnte“, betonte Zahid, seine Hände immer noch an ihren Wangen.
Ihre Lippen waren sich sehr nahe.
„Du bist du“, sagte Trinity, „und ich will, dass ich meinen ersten Kuss von dir bekomme.“
Ihr Mund war in Zahids Augen perfekt. Ungewohnt zögerlich streifte er ihn mit den Lippen, denn er rang um Beherrschung, zwang sich, sein Verlangen zu unterdrücken. Was nicht so einfach war, weil das Beben ihrer Lippen an seinem Mund mehr als das übliche Verlangen in ihm weckte. Es rief ungeahnte Bedürfnisse wach, und für einen Mann von Zahids Stand gab es keine Bedürfnisse, die nicht erfüllt wurden.
Zu spüren, wie er sie so zärtlich küsste, wie sein Mund so weich den ihren berührte, war ein unglaubliches Erlebnis für Trinity.
Angestarrt zu werden, hatte ihr schon immer Übelkeit verursacht. Auf Familienfeiern musste sie sich regelmäßig gegen ein Paar aufdringlicher Hände wehren, aber jetzt wehrte sie sich nicht. Sie genoss es, als Zahid die Hände von ihren Wangen bis zu ihrer Taille wandern ließ. Als sie die Lippen öffnete, war das Spiel ihrer Zungen so harmonisch, so natürlich, dass Trinity ein Stöhnen entschlüpfte.
Zahid hätte sich liebend gern Zeit gelassen. Sie schmeckte nach Zimt und war so süß und warm. Aber das Beben ihres viel zu schmalen Körpers, ihr plötzliches unverhohlenes Verlangen und sein eigenes wildes Begehren waren genug für Zahid, um aufzuhören.
„Das war nicht dein erster Kuss.“ Es war kein Vorwurf, lediglich eine Feststellung. Nie hatte ein Kuss eine solche Wirkung auf ihn gehabt … ein ziemlich routinierter Kuss.
„Okay, es war mein zweiter“, gestand Trinity. „Suzanne und ich haben vor einiger Zeit geübt, um vorbereitet zu sein, aber das hier hat sich nicht wie eine Übung angefühlt“, hauchte sie und suchte noch einmal seine Lippen.
„Du musst zurück“, sagte Zahid. Es klang ein bisschen streng, denn er war verärgert über seinen Mangel an Selbstbeherrschung. Sein Leben verlief in geordneten Bahnen. Die Frauen, mit denen er sich einließ, waren gewöhnlich ein paar Jahre älter als er, nicht umgekehrt, und das aus gutem Grund. Gefühle hielt er auf Abstand, und der Liebe ging er bewusst aus dem Weg.
Sex lautete die Devise, doch in diesem Moment war offenbar mehr im Spiel.
Trinity verschränkte die Hände in seinem Nacken und blickte zu ihm auf. Seine Hände lagen auf ihren Hüften. Sie wusste, dass er sie jeden Augenblick loslassen würde, dass er sie heimbringen würde, doch das wollte Trinity nicht. Sie wollte, dass ihr erster richtiger Kuss länger dauerte, sie wollte nicht zurück zu ihrer Familie und ins Haus, aber mehr als alles andere wollte sie Zeit mit Zahid verbringen.
Er war viel zu groß, als dass sie seinen Mund hätte erreichen können, wenn Zahid den Kopf nicht senkte. Als er es immer noch nicht tat, schmiegte sie ihr Gesicht an seinen Hals und strich mit den Lippen aufwärts, atmete seinen herrlichen Duft ein und spürte, wie er ihre Hüften fester packte.
Er zog sie an sich und schob sie sofort wieder weg. Verdammt, er sollte sie jetzt endlich nach Hause begleiten! Noch widerstand Zahid dem Drang, Trinity sein Verlangen spüren zu lassen.
Jetzt fuhr sie ihm herausfordernd mit der Zungenspitze über den Hals. Zahid umfasste ihr Kinn, sie blinzelte zu ihm auf. Einen Moment lang glaubte sie, er würde ihr eine Standpauke halten. Stattdessen fand er ihren Mund, und sie stellte fest, dass der erste Kuss nur ein Vorgeschmack auf diese Glückseligkeit gewesen war.
Angesichts der Leidenschaft seines Kusses riss Trinity die Augen auf. Sie war leicht schockiert, leicht benommen, und dann, als sie den gewöhnlich so distanzierten Zahid so aufgewühlt erlebte, schloss Trinity die Augen wieder und genoss einfach diesen tiefen Kuss.
Mit einer Hand streichelte Zahid ihren Po, während er mit der Zunge ihren Mund erkundete – es war die reinste Wonne. Seine andere Hand lag auf ihrer Schulter. Beinahe schob er Trinity von sich in seiner Anstrengung, sie nicht an sich zu ziehen, doch Trinity ignorierte den Druck, rückte ein wenig näher an ihn und war dort, wo sie sein wollte.
In seinen Armen, fest an ihn geschmiegt, fand sie zu sich selbst.
Sie genoss das Gefühl, seine Erektion an ihrem Bauch zu spüren. Sie genoss es, wie er sie schließlich an sich zog, während ihre Zungen miteinander spielten. Seufzend reckte sie sich auf die Zehenspitzen, wollte seine Härte an einer bestimmten Stelle spüren.
Zahid kämpfte immer noch mit sich, hielt sie fest, während sie versuchte, sich an ihm zu reiben. Er unterbrach den Kuss, aber nicht den Kontakt ihrer Körper, musterte Trinity aus dunklen Augen, aber mit einem Lächeln auf den strengen Lippen.
„Nicht aufhören“, drängte Trinity und schmiegte sich an ihn. Sie sehnte sich nach Erfüllung, wollte mehr. Ihre Sinne waren auf köstliche Weise erwacht, während Zahid sich alle Mühe gab, sie zu bremsen.
„Wir hören auf“, sagte er entschlossen.
„Warum?“
„Weil …“ Eigentlich wollte er nicht aufhören, aber auch nicht weitermachen. „Weil mein Fahrer bald kommt, um mich zurück nach Ishla zu bringen. Außerdem hast du etwas Besseres verdient als einen Quickie im Wald.“
„Nimm mich mit in deinen Palast.“ Trinity lächelte kurz, dann schlich sich ein dringlicher Ton in ihre Stimme. „Ich muss fort von hier …“
Zahid furchte die Stirn. „Wenn du sagst …“ Er hatte keine Gelegenheit, seinen Satz zu beenden, denn Diannes schrille Stimme unterbrach ihr Gespräch.
„Da bist du ja. Was um Himmels willen …?“
Zahid löste sich von Trinity, doch die hängte sich ihm kess an den Hals.
„Mrs Foster, ich bitte um Entschuldigung. Ich wollte …“
„Ach, du bist’s! Schon gut, Zahid.“ Dianne war auf der Stelle besänftigt, als sie sah, dass ihre Tochter mit Zahid zusammen war. „Dein Chauffeur ist da. Und du, Trinity, musst dich jetzt von unseren Gästen verabschieden.“
Sie gingen durch den Wald zum Haus zurück. Zahid runzelte die Stirn über Diannes ziemlich unangemessene Reaktion. Sie hätte doch wütend sein müssen, plapperte aber stattdessen drauflos, als wäre nichts geschehen. „Clive und Elaine bleiben hier. Trinity, ich möchte, dass du das Gästezimmer bereit machst.“
Zahids Fahrer wartete und zog Zahid beiseite, um ihn wissen zu lassen, dass sie sofort aufbrechen mussten, wenn er noch am selben Abend fliegen wollte.
Zahid verabschiedete sich rasch, doch Trinity nahm seine Hand, und er sah Tränen in ihren Augen.
„Von wegen, dass du mich mitnimmst. Meinst du nicht, dass du vielleicht …?“
„Trinity.“ Er machte sich heftige Vorwürfe. Sie maß dem Kuss viel zu viel Bedeutung bei, er hatte sie wirklich nicht in Verwirrung stürzen wollen. Zahid war heilfroh, dass Dianne sie gerade noch rechtzeitig gestört hatte.
„Ich muss los.“ Seine Worte klangen ein bisschen schroff. Das war allerdings besser, als sie merken zu lassen, welche Wirkung sie auf ihn ausübte.
Trinity umklammerte seine Hand. Entschlossen machte er sich los und blickte auf seine Uhr.
Es war zehn Minuten nach elf. Als Zahid in seinen Wagen stieg, ahnte er nicht, dass er diesen Augenblick für immer bereuen würde.
Er sah aus dem Fenster und verfluchte seine kurzfristige Unbeherrschtheit. Der Wagen fuhr an.
Es ist besser, nach Ishla zurückzukehren, dachte Zahid, denn Trinitys beunruhigende Wirkung auf ihn behagte ihm nicht.
Doch diesen Kuss würde er nie vergessen.
Und was Trinity betraf …
Sie blickte dem davonfahrenden Wagen nach und kehrte auf Anordnung ihrer Mutter hin ins Haus zurück, um das Gästezimmer herzurichten.
Auch Trinity würde diesen Abend nie vergessen.
Allerdings aus ganz anderen Gründen.
„Absagen!“ Prinz Zahids Reaktion kam spontan.
Der König, sein Sohn Zahid und Abdul, der Berater des Königs, schritten durch den zweiten Palast von Ishla und besprachen die notwendigen Modernisierungen. Nebenbei regelte Abdul die Termine des Prinzen und des Königs und brachte auch Donald Fosters Hochzeit zur Sprache.
Die Fosters riefen seit jeher ein gewisses Unbehagen in Zahid wach. Ihre laute, nassforsche Art, ihre Egozentrik und ihr zwanghaftes Karrieredenken waren ihm unangenehm. Während der letzten Jahre hatte er sein Bestes getan, um auf höfliche Art den Kontakt einschlafen zu lassen, doch Donald war hartnäckig und ließ die Verbindung nie vollständig abbrechen.
„Donald hat dich gebeten, sein Trauzeuge zu sein“, sagte Abdul.
„Donald Foster?“ Der König blieb stehen und wandte sich um, und Zahid verfluchte im Stillen Abdul, der darauf bestanden hatte, ausgerechnet jetzt die Terminpläne durchzugehen. Er hatte gehofft, sein Vater würde nichts von der Hochzeit erfahren. „Das ist der Mann, der unsere Familie vor großer Schande bewahrt hat …“
„Das liegt lange zurück, Vater.“
„Unser Land hat ein gutes Gedächtnis“, erwiderte der König. „Du bist dem Mann etwas schuldig.“
„Ich habe ihn längst überreichlich entschädigt.“
„Wäre Donald nicht gewesen“, hob der König hervor, „wärst du in Verruf geraten. Mehr noch, du hättest unser Land in Verruf gebracht. Wann findet die Hochzeit statt?“
„In zwei Wochen“, antwortete Abdul und blickte Zahid an. „Wir könnten die anderen Termine verschieben.“
Zur Verwunderung des Königs bedurfte es keiner weiteren Überredungskünste mehr, denn Zahid unterbrach ihn mit einem knappen Nicken und wandte sich an Abdul. „Nun gut, dann schieb den Termin ein. Plane aber bitte nur einen kurzen Besuch, höchstens zwei Übernachtungen. Am Tag nach der Hochzeit fliege ich zurück.“
„Hier fallen umfangreiche Arbeiten an“, wechselte Abdul das Thema. „Der Architekt ist beunruhigt wegen der Erosion an der Felsmauer. Der Festsaal und das Eheschlafzimmer bedürfen einer Instandsetzung.“
„Wie lange wird das dauern?“
„Ein halbes Jahr, vielleicht ein ganzes“, sagte Abdul, bevor er weiter in die Details ging.
„Dir ist doch bewusst, Zahid“, wandte der König sich an seinen Sohn, „dass unser Volk, sobald die Baumaßnahmen im zweiten Palast bekannt werden, das als Vorbereitungen für den Kronprinzen und seine Braut betrachten wird.“
„Ja.“
„Und reicht dir ein halbes, vielleicht ein ganzes Jahr als Zeitfenster?“
Sie sahen einander an, keiner gab nach. Der König hatte eine Führernatur herangezogen. Das bedeutete, dass Zahid sich nicht einfach befehlen ließ, was er zu tun und zu lassen hatte.
„Ich finde, zum jetzigen Zeitpunkt wäre es übereilt, mit den Renovierungsarbeiten zu beginnen.“ Ohne mit der Wimper zu zucken, bot Zahid der Forderung seines Vaters nach einer baldigen Heirat die Stirn.
„Dein Volk will wissen, dass es einen Prinzen hat, der …“
„Es hat einen Prinzen“, fiel Zahid ihm ruhig ins Wort, „der eines Tages gerecht und klug regieren wird. Dazu brauche ich keine Braut.“
„Du brauchst einen Erben“, sagte der König. „Wenn dir etwas zustoßen sollte, muss der Fortbestand unseres Geschlechts gewährleistet sein.“ Er stieß gereizt den Atem aus. Zahid wollte sich zu nichts drängen lassen, was der König zwar widerwillig bewunderte, doch das Volk musste beruhigt werden. Dem König lief die Zeit davon, deshalb beschloss er, in diesem Moment sein einziges Ass auszuspielen, um Zahid seinem Willen zu unterwerfen. „Sollte dir aber etwas zustoßen, wäre natürlich Laylas Sohn der Thronfolger.“
Zahid biss die Zähne zusammen, denn Layla hatte keinen Ehemann, geschweige denn einen Sohn.
„Und“, fuhr der König fort, „wenn der Kronprinz noch nicht bereit ist zu heiraten, könnte eine andere königliche Hochzeit das Volk vielleicht entschädigen.“
„Vater …“ Zahid versuchte, an sein weiches Herz zu appellieren, denn der König liebte seine Tochter abgöttisch. „Layla mag keinen der potenziellen Ehekandidaten, die man für sie ausgewählt hat.“
„Layla wird begreifen müssen, dass Privilegien auch Verpflichtungen mit sich bringen. Ich erwäge, in der nächsten Woche die Fayeds zu einem Festmahl in den Palast einzuladen.“
Layla war rebellisch, eine Herausforderung, und sie erinnerte ihn an …
Vielleicht lag es an der Hochzeitseinladung, dass Zahids Gedanken zu Trinity abschweiften. Nicht an den Kuss, sondern an das Feuer in ihren Augen und ihr unbezähmbares Temperament. Man stelle sich vor, Trinity sollte in eine Ehe gezwungen werden. Das würde nie geschehen.
„Das würdest du Layla nicht antun“, sagte Zahid.
Der König bedeutete Abdul, ihn kurz mit seinem Sohn allein zu lassen. Dann wandte er sich wieder Zahid zu.
„Ich will eine königliche Hochzeit verkünden“, wiederholte der König. „Ich will den Jubel in den Straßen hören, wenn du mit der Frau, für die du dich entschieden hast, auf den Balkon hinaustrittst.“
„Für die ich mich entschieden habe?“, warf Zahid scharf ein. Er wusste, dass die bevorstehende Brautwerbung nur eine Farce war, da die Entscheidung längst gefallen war. Er musste Prinzessin Sameena von Bishram wählen, um die unkluge Brautwahl seines Vaters wiedergutzumachen.
Als junger Mann hatte König Fahid sich nämlich verliebt, statt die Prinzessin Raina von Bishram zur Braut zu nehmen.
Zahid jedoch musste klug handeln. Sameena war die erste Wahl seines Vaters. Die lange zurückliegende Brüskierung der jetzigen Königin Raina zog immer noch Probleme nach sich, und beide Männer hofften auf freundlichere Beziehungen zwischen Ishla und Bishram.
Zahid allerdings tendierte eher zu Sheika Kumu.
Ihr Reich war zwar klein, florierte aber und verfügte über eine äußerst leistungsfähige Armee.
„Du brauchst die Fayeds jetzt noch nicht einzuladen.“ Zahid seufzte. „Du hast recht: Das Volk wartet lange genug auf die Brautwahl seines Prinzen. Ein halbes bis ein Jahr dürfte ein ausreichend großes Zeitfenster sein.“
„Das höre ich gern“, sagte der König und rief seinen Referenten wieder zu sich. „Abdul, leite die notwendigen Modernisierungen in die Wege.“ Er gab sich keine Mühe, sein Siegerlächeln zu unterdrücken, als er nun fortfuhr: „Und versende die Einladungen an die potenziellen Bräute und ihre Familien.“
Zahid blieb kein halbes Jahr mehr, um sein Singledasein zu genießen, denn sobald er sich offiziell für eine Braut entschieden hatte, würde sein Playboyleben der Vergangenheit angehören.
Nach seiner Zusage zur Hochzeitseinladung hatte er über Trinity recherchiert. Seine Züge wurden hart, als er las, was über sie geschrieben wurde, und als er Fotos von ihr sah. Nach ihrem Schulabschluss oder vielmehr, wie Zahid von Donald wusste, nach einem Abstecher in eine Entzugsklinik hatte Trinity offenbar gleich wieder zur Flasche gegriffen.
Sie wurde als Partygirl dargestellt, belegt durch Fotos, wie sie schwankend einen Nachtklub verließ. In den letzten Jahren war es still um sie geworden. Sie lebte jetzt in Kalifornien und kam nur zu wichtigen Anlässen, wie zum Beispiel zur Hochzeit ihres Bruders, heim nach London.
Seine Neugier, was Trinity betraf, verwunderte Zahid selbst. An die meisten Frauen, mit denen er zusammen gewesen war, konnte er sich kaum erinnern, doch dieser eine Kuss zwischen ihm und Trinity war ihm deutlich ins Gedächtnis eingebrannt.
Boarding.
Trinity sah die Anzeige aufflackern und schleppte sich zum Ende der Schlange. Als sie ihren Platz in der Maschine einnahm, hoffte sie immer noch auf ein Wunder.
Eine gestresste Mutter mit ihrem Kleinkind setzte sich neben sie.
Ach, warum habe ich von dem Geld, das mein Vater mir überwiesen hat, nicht einen Platz in der Businessclass gebucht, fragte Trinity sich, als das Kind ihr mit einem Blick aus großen blauen Augen verriet, dass es alles in seiner Macht Stehende tun würde, um den ganzen Weg bis Heathrow zu brüllen.
Der Start verlief reibungslos, dann meldete sich der Kapitän und versprach, sein Bestes zu geben, um verlorene Zeit aufzuholen.
Auch Trinity hätte gern verlorene Zeit aufgeholt, verlorene Jahre ausgelöscht. Ein Abschluss in Alter Geschichte, den sie in der Zeit, als sie ums nackte Überleben kämpfte, irgendwie ergattert hatte, war ungenutzt geblieben. Klubs, Bars, Tanzen hatten nur zeitweise als Flucht vor Kummer und Schmerz getaugt. Kaliforniens alternative Heilerszene hatte gelockt, aber weder Reiki noch Chakren-Reinigung noch das Tosen des unendlichen Pazifischen Ozeans konnten ersetzen, was sie verloren hatte.
Ihr jüngster Versuch zur Heilung ihrer Abneigung gegen alles, was auch nur entfernt mit Sex zu tun hatte, bestand im Training positiver Bestärkung.
Haha.
Zweitausend Dollar später und mehrere Pfunde schwerer kam Trinity zu dem Schluss, dass Schokolade und Bestätigung keine Lösung für ihr Problem brachten.
Liebte sie sich selbst?
Meistens, ja.
Sie ließ sich nur nicht gern anfassen.
Das Essen wurde serviert, und Trinity aß wie ein Vögelchen und verzichtete auf Wein. Im Gegensatz zu den Zeitungsmeldungen trank sie eigentlich nur auf Familienfeiern.
Und so eine stand bevor.
Als das Licht gedimmt wurde, versuchte Trinity zu schlafen, doch Harry – so hieß der kleine Junge – hatte sich inzwischen entschlossen, sie zu mögen. Immer wieder patschte er ihr mit seinen kleinen molligen Händen auf die Wangen.
„Entschuldigung“, wiederholte die Mutter in regelmäßigen Abständen.
„Kein Problem.“
Trinity versuchte erneut, einzuschlafen.
Es klappte nicht.
Wenn sie schon an der Hochzeitsfeier teilnehmen musste, fand sie doch wenigstens Trost darin, dass Zahid auch anwesend sein würde.
Sie schloss die Augen und überließ sich flüchtig der glückseligen Erinnerung, in seinen Armen zu liegen und ihn zu küssen. Im nächsten Moment riss sie die Augen wieder auf, denn nicht einmal dieses Gefühl der Geborgenheit in seinen Armen verhinderte, dass sie sich erinnerte, was später an diesem Abend und in den darauffolgenden Monaten geschehen war.
Wie sehr hatte sie gehofft, ihre Mutter würde sie wissen lassen, dass Clive und Elaine nicht zur Hochzeit eingeladen waren. Wie sehr hatte sie sich gewünscht, ihr Vater oder vielleicht sogar ihr Bruder würden einschreiten.
Das hatte nie jemand getan.
Leichen gehörten in den Keller. Schmutzige Wäsche gehörte in den Wäschekorb.
Clive war prominenter als ihr Vater.
Nichts war gewonnen, wenn man seine Meinung sagte. Es war einfacher, in die Kameras zu lächeln.
Aber das war es nicht wirklich.
Der Morgen graute, bald würde das Frühstück serviert, und Harry brüllte.
„Ob Sie so freundlich wären?“, fragte seine Mutter. „Ich muss zur Toilette.“
„Natürlich.“
Trinity hielt Harry, der auf ihren Schenkeln balancierte und brüllte wie am Spieß. „Gib alles, Harry!“ Sie lächelte. Wäre es nicht schön, seinen Schmerz so hemmungslos wie Harry herauszuschreien, ohne sich darum zu scheren, was andere dachten?
Sie hatte selten Gelegenheit, ein Kind im Arm zu halten. Ihre Familie lebte in England, und ihre Freundinnen in L. A. hatten noch keine Kinder.
Die Tränen, die ihr in den Augen brannten, kamen furchtbar ungelegen, und Trinity drängte sie zurück, kam sich albern vor. Sie haben nichts gemeinsam, sagte sie sich mit einem Blick auf Harry.
Er war groß und pummelig und zappelig.
Sie dagegen war so winzig, so still.
Das Schluchzen, das sich ihrer Kehle entrang, kam so aus tiefster Seele, dass sogar Harry sein Gebrüll unterbrach.
„Schon gut.“ Trinity zwang sich, rasch wieder Haltung anzunehmen, und lächelte in seine neugierigen Augen, während er ihre Wangen tätschelte. „Mir geht’s gut.“
Etwas anderes blieb ihr gar nicht übrig.
Aber ihr Baby fehlte ihr so sehr.
Sie trauerte entsetzlich um die Zeit, die ihrer Tochter nicht vergönnt war.
„Ganz herzlichen Dank.“ Harrys Mutter war zurück, und Trinity übergab ihr das Kind. Panik stieg in ihr auf, sie wusste wirklich nicht, wie sie den Tag überstehen sollte.
Sie drückte die Klingeltaste.
„Das Frühstück wird sofort serviert.“ Der Steward lächelte.
„Ich hätte gern einen Bourbon“, bestellte Trinity. „Einen großen.“
Wenige Minuten später kam der Steward zurück, mit zwei Miniaturfläschchen Bourbon und einem Lächeln, das deutlich machte, dass er sie für eine Trinkerin hielt.
Trinity war’s egal.
Immerhin beruhigte der Whiskey sie so weit, dass sie aus dem Flugzeug steigen konnte.
„Wo zum Teufel steckt Trinity?“, wollte Donald wissen und schaltete sein Smartphone aus. „Yvette ist in Tränen aufgelöst, keine Spur von ihr im Hotel …“
Wieder einmal! dachte Zahid. Der Sog der verrückten Fosters machte sich bereits bemerkbar. Nach einem Abend mit Donald und Co. erinnerte Zahid sich nur zu gut an all die vielen Gründe, warum er möglichst wenig Kontakt wünschte. Gus hatte darauf bestanden, dass Zahid seinen Besuch verlängerte oder später im Jahr noch einmal kam. Woraufhin Zahid erklärt hatte, dass er bald heiraten würde und seine Zeit in Ishla verbringen musste.
Und jetzt war Trinity offenbar mal wieder verschollen.
„Soll ich Dianne anrufen und fragen, ob es etwas Neues gibt?“, bot Zahid an, denn es gehörte zu den Pflichten des Trauzeugen, den Bräutigam zu beruhigen. Er hatte Donald noch nie so angespannt erlebt. Zahid telefonierte und gab die Neuigkeiten an Donald weiter. „Deine Mutter ist am Flughafen. Trinitys Maschine ist gerade gelandet. Sobald sie den Zoll passiert hat, fährt deine Mutter sie direkt zum Hotel und hilft ihr beim Stylen. Ruf Yvette an und sag ihr, dass sie sich jetzt keine Sorgen mehr zu machen braucht.“
„Die Sorgen nehmen kein Ende, wenn Trinity in der Nähe ist!“, schimpfte Donald. „Ich kann nur hoffen, dass sie nüchtern ist.“
Es war nicht Donalds Bemerkung, was Zahid beunruhigte. Es war seine Reaktion auf die Nachricht, dass Trinity gelandet war und er sie bald wiedersehen würde.
Trinity brauchte nicht auf ihr Gepäck zu warten. Mit wild pochendem Herzen hastete sie durch die Zollabfertigung. Trotz allem freute sie sich darauf, ihre Mutter wiederzusehen. Vielleicht ist jetzt ja alles anders, hoffte Trinity, während sie in der Menschenmenge nach Dianne Ausschau hielt. Vielleicht wurde ihrer Mutter bewusst, wie schwierig der Tag für sie war. Vielleicht …
Ihr Herz vollführte voller Hoffnung einen freudigen Satz, als sie ihre Mutter entdeckte, schon für die Hochzeit gekleidet, aber ohne Hut. Trinity lief zu ihr und nahm sie in die Arme. „Es tut mir so leid.“
„Hast du getrunken?“, war Diannes einzige Reaktion auf den Kuss ihrer Tochter.
„Ich habe mir im Flugzeug einen Bourbon genehmigt.“
„Das ist Whiskey“, zischte Dianne. „Du bist jetzt in England. Wo zum Teufel warst du so lange?“
„Die Maschine hatte Verspätung.“
„Ich will deine Ausreden nicht hören.“
Beide eilten zum Taxi. Dianne ließ ihre Tochter auch auf dem Weg zum Hotel nicht in Ruhe. „Yvette ist in Tränen aufgelöst. Sie wollte ihre eigene Schwester als Brautjungfer, und jetzt lässt du uns dastehen wie …“ Sie rang um Beherrschung. Viele, viele Einladungen waren erforderlich gewesen, um Yvettes Eltern zu überreden, Trinity die Rolle zu überlassen. Eine großzügige Beteiligung an den Kosten der Hochzeit hatte schließlich den Ausschlag gegeben.
„Ach, ich habe Yvette wissen lassen, dass du zum Ende der Feier singen wirst.“
„Entschuldige mal.“ Trinity sah ihre Mutter entgeistert an. „Ich kann nicht singen.“
„Du hast eine sehr schöne Stimme.“
„Nein, wirklich nicht.“ Trinity konnte nicht fassen, dass man so etwas von ihr verlangen wollte. „Mum, bitte, ich will nicht singen. Ich will mich einfach nur …“
Verstecken.
„Wann fliegst du zurück?“, fragte Dianne.
„Morgen Nachmittag.“
„Also ist es wirklich nur ein flüchtiger Besuch.“
„Nächste Woche habe ich ein Vorstellungsgespräch.“
„Wenn du dir von deinem Vater helfen lassen würdest, wärst du nicht arbeitslos.“
„Ich bin nicht arbeitslos“, fuhr Trinity auf, denn sie hatte einen Job in der Strandbar und verdiente dort ihr eigenes Geld.
Dianne zog eine Grimasse. „Wenn dich jemand fragt, sagst du einfach …“, sie überlegte kurz, „… dann sagst du, du arbeitest in einem Museum.“
„Lügen soll ich?“
„Ja, bitte! Wir haben dich doch nicht Kunstgeschichte studieren lassen, damit du jetzt in einer Bar arbeitest.“
„Und Alte Geschichte“, berichtigte Trinity, bevor sie ihre Mutter mit einem frechen Grinsen bedachte. „In was für einem Museum genau?“ Sie bemerkte, wie ihrer Mutter die Röte über den Hals ins Gesicht kroch.
„Na gut, dann eben in einer Bibliothek. In der bibliografischen Abteilung. An einem der großen Colleges.“
Nichts hatte sich geändert.
Sie erreichten das Hotel und verschwanden in dem handtuchschmalen Zimmer, das für Trinity reserviert worden war. Nach einer kurzen Dusche ließ Trinity sich von ihrer nervös angespannten Mutter das Haar bürsten und hochstecken, während sie selbst rasch Make-up auflegte. Die Stimmung besserte sich keineswegs, als ihre Mutter den Reißverschluss eines Kleidersacks öffnete und das schrecklichste blaue Kleid herausnahm, das Trinity je gesehen hatte.
„Ist das ein Witz? Der Stoff glänzt dermaßen, dass ich eine Sonnenbrille aufsetzen muss, wenn ich es anziehe.“
„Wärst du zu den Anproben erschienen, hättest du vielleicht Einfluss darauf nehmen können, was die Brautjungfer trägt. Aber so …“ Sie hob Trinitys Arm an und versuchte, den Reißverschluss an der Seite hochzuziehen. „Du hast zugenommen!“, meinte Dianne vorwurfsvoll.
„Nein. Ich habe dir meine Maße völlig korrekt angeben.“
„Warum lässt sich dann der Reißverschluss nicht hochziehen?“
Weil du nicht glauben wolltest, dass ich das von dir vorgesehene Idealgewicht um zehn Pfund überschreite, dachte Trinity, sagte jedoch nichts. Sie zog nur Bauch und Brust ein, bis es ihrer Mutter schließlich gelang, den blöden Reißverschluss zu schließen.
„Atmen geht wohl nur gegen Aufpreis, wie?“, bemerkte Trinity ironisch.
„Ja“, fauchte Dianne. „Aber Lächeln ist obligatorisch. Dieser Tag gehört deinem Bruder.“
„Wie sonderbar, ich dachte, es wäre Yvettes großer Tag.“
„Trinity!“ Dianne konnte sich kaum noch beherrschen. „Fang nicht so an.“
„Ich fange überhaupt nichts an. Ich wollte nur sagen …“
„Lass es einfach! Du hast ohnehin schon dein Bestes getan, um diesen Tag zu verderben. Jetzt solltest du möglichst nur noch lächeln. Bringst du das fertig?“
„Natürlich, aber singen werde ich nicht.“
„Und sei nicht so frech.“ Dianne rückte ihren Hut zurecht, während sie weiter Anweisungen gab. „Geh jetzt, und bitte Yvette um Entschuldigung. Ich mache mich auf den Weg zur Kirche. Wir sehen uns dort, und ich warne dich!“
„Zur Kenntnis genommen.“
„Ich meine es ernst, Trinity. Ich will heute keine Szene von dir.“
„Dann sorge dafür, dass ich nicht in eine Situation gerate, in der ich eine Szene machen muss“, konterte Trinity. Ihre Mutter straffte die Schultern. Trinity bemerkte, wie die Feder an ihrem Hut zitterte, so wütend war Dianne, weil ihre Tochter sich nicht an ihre Anordnungen halten wollte.
„Würdest du einfach …?“, fauchte Dianne und drehte sich um. „Vergiss nicht, dass dein Bruder heiratet, und versuche ausnahmsweise, eine Familienfeier nicht zu verderben. Ist es wohl möglich, dass du heute einmal nicht im Mittelpunkt stehst?“
„Natürlich.“ Trinity erwiderte kalt den Blick ihrer Mutter, doch ihr Herz hämmerte. „Sorge du nur dafür, dass dieser Widerling mir nicht zu nahe kommt.“
Nicht die Braut war es, die Zahids Blicke auf sich zog, als sie die Kirche betrat, es war vielmehr die Frau, die hinter ihr ging.
Trinity hatte zwar ein Lächeln aufgesetzt, doch ihr Blick war genauso skeptisch und trotzig wie früher immer. Dann begegnete sie Zahids Blick, und ihre blassen Wangen färbten sich rosig. Beide kehrten für einen Moment zurück in einen Wald vor vielen Jahren, zu einem Kuss, dem sie beide so gern das Natürlichste auf der Welt hätten folgen lassen.
Abrupt drehte Zahid ihr den Rücken zu, und der Gottesdienst begann.
Zahid war sich Trinitys Nähe genauso bewusst wie sie sich seiner. So sehr, dass er, als sie alle sich zur Unterzeichnung der Heiratsurkunde in die Sakristei drängten, über das Geplapper der anderen hinweg nur ihren Seufzer der Erleichterung hörte.
„Trinity …“, warnte ihr Vater, als sie sich an die Wand lehnte und vor Erleichterung, Clives Nähe entkommen zu sein, tief durchatmete.
Donald und Yvette unterzeichneten die Urkunde, und Gus setzte schwungvoll seine Unterschrift darunter. Trinity sah zu, als auch Zahid unterschrieb. Prinz Zahid Bin Ahmed von Ishla.
„Lass noch ein bisschen Platz für mich.“ Lächelnd setzte sie ebenfalls ihren Namen unter das Dokument.
„Ich dachte, es wäre das Vorrecht der Braut, zu spät zu kommen“, bemerkte Zahid leise.
„Du weißt, dass ich Traditionen verabscheue.“
„Bedeutet das, dass wir später nicht zusammen tanzen werden? Wenn du Traditionen doch so verabscheust.“
„Oh!“
Trinity blinzelte, denn Zahid wusste ja nicht, dass sie innerlich tot war, dass ihr Körper nicht mehr funktionierte. Und doch fühlte es sich in diesem Moment so an, als reagierte er, denn das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Und da war auch wieder dieses Flattern in ihrem Bauch … wie an jenem Abend vor vielen Jahren.
Wenn Zahid bei ihr war, erinnerte sie sich an das Schöne, nicht an den Schmerz.
„Doch, wir werden wohl tanzen …“ Sie seufzte, als wäre es ein großes Zugeständnis. „Ich will schließlich keinen Ärger machen.“
„Lügnerin.“ Zahid legte ihr die Hand auf den Rücken und begleitete sie aus der Sakristei.
Dieser kurze Wortwechsel, die beiläufige Berührung hatten genügt, und sie war zurück im Wald, erblühte unter seinen Händen. Sie empfand es als geradezu schwindelerregend, hinter Yvette und Donald mitten durch die Kirche zu schreiten. Mehr noch, es war berauschend, in den Sonnenschein hinauszutreten. Ausgerechnet an diesem Tag, den Trinity so gefürchtet hatte, wurde ihr das Herz ganz weit.
Zum ersten Mal an einer solchen Feier teilzunehmen und dabei ein wenig umsorgt zu werden, denn Zahid war nicht nur dem Bräutigam verpflichtet, war für Trinity eine erstaunliche Erfahrung.
Er stellte sich in Positur für die Hochzeitsfotos, und die unerträgliche Berührung – nicht von ihm, oh nein! – wurde ein bisschen erträglicher, als die Familie sich um sie scharte.
„Lächeln, Trinity“, raunte Zahid ihr zu, und sie vergaß, vor Abscheu zu zittern, weil Clive ihr so nahe war.
„Du lächelst auch nicht“, bemerkte sie. Aber nein, das stimmte ja nicht, denn Zahid lächelte so bereitwillig, wenn ihre Blicke sich trafen und miteinander verschmolzen.
„Mir ist es nicht gegeben, zu lächeln.“
Aus irgendeinem Grund brachten diese Worte sie gerade lange genug zum Lachen, damit der Fotograf seine Aufnahme machen konnte. Dann stiegen sie in die Autos, um sich auf den Weg zum Hotel zu machen.
Als Braut und Bräutigam eintrafen, erkannte Trinity mit einem Blick, dass ihr auffällig entspannter Bruder etwas genommen haben musste.
Bitte nicht, flehte Trinity stumm.
Er hatte geschworen, dass er darüber hinweg war.
Sie und Zahid saßen einander am Tisch gegenüber. Wenn Trinity sich auch wünschte, neben ihm zu sitzen, war es vielleicht besser so, denn seine bloße Gegenwart war schon beunruhigend genug.
Sie brachte das Festmahl tapfer hinter sich, denn zur Belohnung würde sie mit Zahid tanzen, und bald schon standen die Ansprachen auf dem Programm.
Yvettes Vater ergriff als Erster das Wort, bedankte sich bei allen und bekundete seine Freude darüber, dass er Donald in seiner Familie willkommen heißen durfte. Zahids Miene blieb ungerührt. Insgeheim fand er, dass Yvettes Vater wie ein Mann wirkte, der seinen Kindern ein Hündchen mitgebracht hatte, nur um dann zu erleben, wie es sich bis zur Größe eines Ponys auswuchs.
Als Nächstes war Donald an der Reihe. Zahid registrierte, wie Yvette sich nervös am Hals kratzte, als ihr frisch gebackener Ehemann sich erhob.
Auch Donald bedankte sich bei den Gästen, insbesondere bei seiner schönen Frau. „Ich möchte Zahid für seine Hilfe danken und dafür, dass er die weite Reise hierher auf sich genommen hat.“ Er lächelte trunken. „Du warst ein großartiger Trauzeuge. Ich möchte mich gern erkenntlich zeigen, wenn du nächstes Jahr heiratest.“
Zahid biss die Zähne zusammen, während Donald weiterschwafelte, und blickte zu Trinity hinüber. Ihre Wagen waren gerötet, und sie streute Salz auf ihr Sorbet.
Auf diese Weise hatte sie es nicht erfahren sollen.
Ach, Trinity.
Zahid erhob sich pflichtschuldig und dankte dem Bräutigam auch im Namen der Brautjungfer für seine Worte, während er ihm insgeheim am liebsten einen Fausthieb verpasst hätte. Dann dankte er allen anderen und sagte das, was von ihm als Trauzeugen erwartet wurde. Bis er zu dem Punkt kam, an dem er Donald hätte feiern müssen, wo er den Bräutigam glänzen lassen sollte.
„Donald und ich …“ Zahid warf einen Blick auf seine Notizen, dann zögerte er. Trinity blickte auf, während Zahid im Stillen an ein Ereignis in jungen Jahren dachte, das er nun mit den Augen eines erwachsenen Mannes betrachtete.
Die Drogen gehörten dir.
Er erkannte es jetzt so klar und deutlich, und doch stand er hier, so viele Jahre später, und zahlte den Preis für Donalds angeblichen Heldenmut.
Schluss damit.
„Donald und ich …“, griff Zahid den Faden wieder auf, ohne seine Notizen zu bemühen, „… haben dieselbe Schule besucht und später an derselben Uni studiert.“ Trinity hörte ihren Vater hüsteln, um Zahid zur Eile zu mahnen. Sie schaute in das erwartungsvolle Gesicht ihres Bruders, aber die Ruhmesrede blieb aus. Zahid gab ein paar Anekdoten zum Besten, alles in allem war es eine hübsche Ansprache – er hatte nur vergessen, Donald als den Helden in seinem, Zahids, Leben zu preisen.
Er war Donald nichts schuldig.
Und dann wurde getanzt.
Zahid stand vor Trinity, wartete darauf, dass sie ihm auf die Tanzfläche folgte. Das Aufstehen bereitete Trinity Schwierigkeiten, weil sie kaum wieder in ihre ohnehin zu engen Schuhe schlüpfen konnte. Schließlich schaffte sie es. „Was tue ich nicht alles für meine Familie“, sagte sie auf dem Weg zur Tanzfläche. „Und wie dankt sie es mir?“
„Ich danke es dir“, erwiderte Zahid, nahm sie locker in die Arme und begann den Tanz, während sie darauf wartete, dass er weiterredete.
Doch das tat er nicht.
„Was dankst du mir?“, hakte Trinity nach.
„Dass du hier bist“, antwortete Zahid. „Dass wir uns nach so langer Zeit wiedersehen.“
Sie wussten beide, dass kein Rückenwind ihnen helfen würde, verlorene Zeit aufzuholen, dass sich die Dinge nicht auf Knopfdruck ändern ließen.