ISBN 9783990402023
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LEKTORAT: Elisabeth Wagner
COVER- UND BUCHGESTALTUNG:
Maria Schuster
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ZEICHNUNGEN: Günter Veichtlbauer
www.veichtlbauer.at
1. DIGITALE AUFLAGE: Zeilenwert GmbH 2013
MANFRED SCHAUER
Die Macht des Wortes
MIT POSITIVER SPRACHE
ZUM ERFOLG
Wir leben nicht nur mit der Sprache, wir leben von ihr. Sprache ist genauso bedeutend wie Wasser und Nahrung. Das Miteinander in unserer Gesellschaft basiert auf Sprache. Wir lernen dadurch Freunde und Partner kennen, vereinbaren Geschäfte, bilden uns weiter – wir werden durch Sprache geprägt. „Die Sprache ist die Quelle aller Missverständnisse“, lauten die warnenden Worte des Fuchses im „Kleinen Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry. Durch unüberlegte Worte und verletzende Sprache werden Beziehungen im privaten als auch im beruflichen Leben beeinträchtigt.
Wenn ältere Ehepaare über ihre langjährige Partnerschaft berichten, wird oft die Kommunikation als Erfolgsfaktor genannt. Ein Ehepaar sagte mir: „Wir haben immer positiv gestritten.“ Auf meine Frage, wie sie positives Streiten definieren, antwortete mir die Frau: „Bei jedem Streit kommt jeder zu Wort, es wird nach einer Lösung gesucht und der Abschluss wird immer positiv gestaltet.“ Mit welchen Wörtern wird das Streitgespräch beendet? „Danke für deine Meinung“, antworteten beide zugleich. Mir fehlten die Worte: „Danke für deine Meinung!“ Haben Sie mit diesen Worten schon einmal einen Streit beendet? Keine Spirale, die sich nicht nach unten dreht, sondern auf höchstem Niveau nach oben!
Leider leben sehr viele Paare sprachlos aneinander vorbei. Die Phrase: „Wir haben uns nichts mehr zu sagen“ bringt es auf den Punkt. Wissenschaftliche Untersuchungen ergeben: Nach etwas sechs Jahren Ehe sprechen die Partner nur mehr 12 Minuten pro Tag miteinander. Launisch bemerkt die Schriftstellerin Françoise Sagan: „Bei manchen Menschen glauben wir, sie seien tot. In Wahrheit sind sie verheiratet und reden nichts mehr miteinander.“
Es sind oft die kleinen Schritte, die Großes bewirken. Seit ich mich intensiv mit positiver Sprache auseinandersetze, erlebe ich täglich, wie einfach wir Menschen mit wenigen Worten für uns gewinnen können. Dazu ein Erlebnis, bei dem ich verblüfft über die Wirkung des Gesprächs war. Bei einem Einkaufsbummel in einer Großstadt sprach mich eine Frau an: „Sie haben doch vor acht Wochen bei mir Gebäck gekauft? Sie haben mir damals so gut getan!“ Nach kurzem Überlegen konnte ich mich an diese Begebenheit erinnern. Ich kaufte mir knapp vor Ladenschluss in einer Bäckerei Brot und Gebäck. Die Bäckerei war zu diesem Zeitpunkt gut besucht. Die Verkäuferin nahm sich jedoch für jeden Kunden viel Zeit, war ausgesprochen freundlich und zuvorkommend. Diese freundliche Art begeisterte mich. Als ich bedient wurde, machte ich der Verkäuferin ein Kompliment. In wenigen Sätzen lobte ich sie für die freundliche und kompetente Bedienung. Sie starrte mich an, strahlte und stammelte verlegen ein „Danke“. Diese Verkäuferin konnte sich nach acht (!) Wochen noch an mich erinnern, obwohl wir uns danach nie begegnet waren. Ich habe bei ihr einen bleibenden Eindruck hinterlassen – mit wenigen Worten!
Die Kommunikation ist eine Kunst, die gelernt sein will. Keiner von uns ist der perfekte Redner oder Schreiber. Kommunikation ist wie ein laufend zu trainierender Muskel. Ich gebe Ihnen mit diesem Buch eine Trainingsanleitung. Verstehen Sie dieses Buch als Ratgeber. Ich werde Sie nicht als Oberlehrer mit erhobenem Zeigefinger durch das Buch begleiten. Nehmen Sie sich Anregungen für Ihr tägliches Training mit. Kommunikation kann sich zu einem starken, leistungsfähigen Muskel entwickeln, mit dem wir positiver durch den Tag gehen.
Der deutsche Psychologe Friedemann Schulz von Thun ist für mich ein „geistiger Vater“. Er hat mich mit seinen Büchern „Miteinander reden“ geprägt. Daher werden Sie in diesem Buch immer wieder den Atem seiner Theorien verspüren – von mir in der Praxis eingesetzt und für Sie in diesem Buch in Wörter umgesetzt.
Ich werde in diesem Buch den kleinsten Teil unserer Sprache beleuchten: das Wort. Jedes Wort hat Energie – positive und negative. Achten Sie daher auf den bedachten Einsatz des Wortes. Oft kann ein Wort den Verlauf eines Gesprächs in eine gewünschte oder ungewünschte Richtung bringen. Wörter können motivieren, überzeugen, bewegen, beruhigen und vieles andere mehr – Wörter haben Macht! Eine effektive, positive Sprache gehört zum positiven Denken wie Bewegung zu einer gesunden Lebensführung.
Es kommt auf das richtige Wort im richtigen Moment an! Lernen wir gemeinsam das Wort gezielt für unseren persönlichen und beruflichen Erfolg zu nutzen! Viel Freude und hilfreiche Informationen!
Ihr
Manfred Schauer
PS: Zur besseren Lesbarkeit wird in diesem Buch von einer geschlechterspezifischen Schreibweise abgesehen. Die in diesem Buch verwendeten Personenbezeichnungen, personenbezogenen Begriffe und Berufsbezeichnungen beziehen sich auf beide Geschlechter.
Die Sprache entstand vor circa 100.000 Jahren in Ostasien. Mittlerweile gibt es weltweit mehr als 6.000 verschiedene Sprachen. In Europa leben zwölf Prozent der Erdbevölkerung, sie sprechen jedoch nur drei Prozent aller Sprachen. In Asien leben 60 Prozent aller Menschen und sie sprechen ein Drittel aller Sprachen. Auf den vielen Inseln des pazifischen Raums leben weniger als ein Prozent der Menschen, sprechen jedoch knapp 20 Prozent aller Sprachen.
Die Kommunikation wurde zu Beginn durch Handzeichen gesteuert. Die Hand hatte jedoch auch andere Aufgaben: Wer seine Hände zur Arbeit benötigt, kann nicht gleichzeitig kommunizieren und arbeiten. Es wurden daher stimmliche Laute eingesetzt. Der Übergang von Handgesten zu stimmlichen Signalen war für den Menschen anstrengend, weil die Steuerung der Mundmuskulatur komplizierter als die Steuerung der Hände ist. Jeder, der schon einmal etwas zu viel Alkohol getrunken hat, kann sich an den gestörten Sprachapparat erinnern, während die Hände meist einwandfrei funktionierten.
In Ritualen wurden bei den Homo sapiens Bewegung, Rhythmus, Musik und Stimmlaute verschmolzen. Diese Rituale vollzogen sich jedoch nicht während der Jagd, Herstellung von Werkzeugen oder Waffen und auch nicht bei der Zubereitung von Nahrung. Sondern bei der Verteilung von Macht und Geschlechtspartnern. Beim Liebeswerben um den Geschlechtspartner wurde getanzt und gesungen.
Der kraftraubende Tanz war jedoch eine Domäne der Jugend. Für die Alten war der Tanz zu aufwendig. Daher verlagerte sich zunehmend die Bewegung zu lautlichen Signalen. Der Status der Alten wurde somit mit sprachlichen Mitteln erhalten. Mit sprachlicher Intelligenz war Macht und Ansehen verbunden. Die Laute bezogen sie nach und nach auf bestimmte Tätigkeiten und Objekte. Diese Lautketten wurden jedoch sehr unterschiedlich ausgesprochen. Emotionen beeinflussten die Länge und Stärke.
BEISPIEL
Begegnung mit einem Bär
Da-a-a-a-a-a-a: Lautkette eines emotionalen Menschen
Da-a: Lautkette eines emotionslosen Menschen
Objekte und Tätigkeiten sollten daher mit einem Wort bezeichnet werden, das für alle zum Standard wurde. Nach den Namen wurden bald Attribute vergeben. Damit konnten bestimmte Objekte und Tätigkeiten genauer unterschieden werden:
guter Bär – böser Bär – Mutterbär – schmutziger Bär – nasser Bär
Sprachwissenschaftler sprechen davon, dass es vor 80.000 Jahren zu einer regelrechten Benennungs-Euphorie gekommen ist.
Wörter und Äußerungen hielten sich ohne Grammatik über Tausende Jahre. Es bestand auch keine Notwendigkeit, diese Wörter in eine Struktur zu bringen. Denn während der Jagd ist es unsinnig, miteinander zu sprechen. Auch beim Anfertigen von Faustkeilen, Speeren oder Schmuck war die Sprache nicht notwendig. Nur Befehle wurden ausgetauscht, vergleichbar mit einem Chirurgen, der auf seine Arbeit konzentriert ist. Auch er gibt Befehle an seine Helfer: „Tupfer“, „Schere“, „Pinzette“. Aussagen wie „Frau Becker, wären Sie so nett, mir die Schere zu reichen?“ wären fehl am Platz.
Der evolutionäre Druck, Wörter in eine Struktur zu bringen, ergab sich erst, als die archaischen Homo-sapiens-Gruppen größer wurden und sich verschiedene Gruppen begegneten. Bei diesen sozialen Begegnungen war Sprache wichtig. Wenn wir mit fremdsprachigen Arbeitern und Gästen kommunizieren, fühle ich mich manchmal in die Zeit unserer Vorfahren zurückversetzt: „Du gehen“, „Du so machen“, „links-rechts-links: dann dort“, etc. ...
Die Phönizier waren die Erfinder der Buchstabenschrift. Dieser qualitative Sprung von der Bilderschrift zur Buchstabenschrift erfolgte um 1.000 vor Christus. Das phönizische Volk war zu klein, um andere Völker zu erobern. Daher konzentrierten sie sich auf den Handel, um damit Ruhm und Reichtum zu erzielen. Die Phönizier handelten mit Waren aus vielen Ländern. Sie kannten zwar Bilderschriften, ähnlich den ägyptischen Hieroglyphen beziehungsweise der babylonischen Keilschrift. Wie unterschieden Sie jedoch zum Beispiel Myrrhe aus verschiedenen Ländern? Mit vielen unterschiedlichen Zeichnungen? Nein, jedes Produkt wurde mit einem Namen versehen und auf Stein, Ton oder Papyrus niedergeschrieben. Für andere Völker hatten diese Buchstaben etwas Magisches. Das Handelsvolk gewann dadurch an Ansehen und Prestige.
Dieser Mehrwert der Alphaschrift ist zeitgemäß zu vergleichen mit Markenartikel und No-Name-Artikel. Wenn auf dem Produkt eine Schrift zu erkennen war, galt es als hochwertiger, obwohl der Inhalt gleich war. Sprache auf Material zu bringen, war bahnbrechend: Die Welt konnte nun mit unzähligen Wörtern begriffen werden. Wer damals einen großen Wortschatz hatte, sammelte Ansehen und Status. Das ist bis heute so geblieben.
Die Sätze, die wir schreiben und sprechen, werden kürzer und kürzer. Das zeigt uns unsere Sprachgeschichte. Die modernen Kommunikationstechnologien zwingen uns auch zu verkürzter Kommunikation. Eine SMS, eine E-Mail sind nicht vergleichbar mit den handgeschriebenen Briefen der Vergangenheit. Regelrecht poetisch klingt die Sprache, wenn wir uns sehr alte Filme des beginnenden 20. Jahrhunderts ansehen. Actionfilme wie James Bond setzen bewusst auf kurze Sätze. Die Satzlänge des James Bond-Thrillers „Im Dienste der Majestät“ beträgt 11,4 Wörter. Kurze Sätze sind dynamischer und plakativer.
Durchschnittliche Anzahl der Wörter pro Satz:
■ 17. Jahrhundert: 36,3 Wörter
■ 18. Jahrhundert: 26,2 Wörter
■ 19. Jahrhundert: 23,4 Wörter
■ 20. Jahrhundert: 19,3 Wörter
■ 21. Jahrhundert: 16,3 Wörter
Boulevardzeitungen bieten ihren Lesern leicht lesbare und emotionalisierende Sätze. In der Bild-Zeitung umfassen die Sätze nur circa zwölf Wörter. Auch in der Prosa von bedeutenden zeitgenössischen Autoren wie Daniel Kehlmann, Martin Walser oder Günter Grass sind die Sätze viel kürzer als bei vergleichbaren Autoren der Vergangenheit.
Die Sätze unserer Amtssprache sind nachweislich noch ein Relikt alter Zeiten – und somit sehr lange. Ableitungen von Gesetzestexten führen zu schwer verständlichen Sätzen. Eine „Entstaubung“ dieser nicht einfach zu lesenden Satzkonstruktion wäre höchst an der Zeit. Gustav Radebuch sagte dazu pointiert: „Der Gesetzgeber soll denken wie ein Philosoph und reden wie ein Bauer.“
Als Beispiel eine Anzeige der städtischen Stadtwerke Passau GmbH in der Passauer Neuen Presse:
Sehr geehrte Kunden der Stadtwerke Passau GmbH!
Wir möchten Sie darüber informieren, dass wir Ihre bisherigen Netzanschlussverträge mit Wirkung zum morgigen Tag (8. Mai 2007) gemäß § 29, Abs. 1 Satz 3 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für den Netzanschluss und dessen Nutzungen für die Elektrizitätsversorgung in Niederspannung (Niederspannungsverordnung – NAV) an die neue Rechtslage nach der NAV und/oder gemäß § 29, Abs. 1 Satz 3 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für den Netzanschluss und dessen Nutzung für die Gasversorgung in Niederdruck (Niederdruckanschlussverordnung – NDAV) an die neue Rechtslage nach der NDVA anpassen werden.
Quelle: Eroms, Hans-Werner: Stil und Stilistik – eine Einführung, Erich Schmidt-Verlag, Berlin.
Auch Werbetexte lassen gut den Trend zu kurzen Sätzen erkennen. Die Kürze wird oft künstlich erzielt, indem Sätze „zerschlagen“ werden.
BEISPIELE
„Die Allianz Unfall aktiv: Ein Unfall: Plötzlich können Sie vieles nicht mehr selber machen. Müssen Sie auch nicht. Anruf genügt. Wir sind für Sie da.“
Mediamarkt: „Ich bin doch nicht blöd.“
Kommunikation führt Menschen zusammen. Aus diesem Grund ist sie einer der wichtigsten Aspekte menschlichen Verhaltens. Kommunikation ist für die menschliche Existenz so ausschlaggebend, dass sie ununterbrochen stattfindet – obwohl wir uns dessen oft gar nicht bewusst sind. Wenn demnach zwei Menschen aufeinandertreffen, lässt es sich nicht vermeiden, dass sie sich etwas vermitteln. Dabei brauchen sie nicht miteinander ins Gespräch kommen. Bereits Blicke, Körperhaltung und der Gesichtsausdruck teilen dem anderen etwas mit. Dabei sprechen wir von nonverbaler Kommunikation. Wie der berühmte Sprachforscher Watzlawick bereits betonte: Man kann nicht nicht kommunizieren.
Dank der Forschung des Sozialpsychologen Albert Mehrabian wissen wir, wie Botschaften den Empfänger erreichen. Nur 7 Prozent steuert der Inhalt bei, 55 Prozent machen die Körpersprache und 38 Prozent die Stimme aus. Gestik, Mimik und die Art des Sprechens entscheiden somit über eine erfolgreiche Kommunikation. Je besser wir beim Gesprächspartner sein Verhalten und die Stimme kennen, desto bedeutender wird der Wortinhalt!
Bei meinen Seminaren vergleiche ich die veränderte Wertigkeit der Faktoren mit der jungen Liebe. Wenn jemand frisch verliebt ist, wird meist die Körpersprache wahrgenommen. „Wie nett Sie lächelt“, „die strahlenden Augen“, die „reizende Figur“ etc. Nach Monaten der Begegnung werden die strahlenden Augen, die reizende Figur und das nette Lächeln nicht mehr wahrgenommen. Plötzlich rückt das Wort in den Mittelpunkt. Nachdenklich heißt es „Wie er/sie mit mir spricht“, „welche Wörter er/sie verwendet“, „mit dem kannst du nicht streiten“ etc. Wir sprechen also hier von den inneren Werten eines Menschen. Ich darf es noch etwas verfeinern und stelle fest, dass die Sprache und die Wortwahl die Erfolgsfaktoren einer Partnerschaft sind, egal ob beruflich oder privat.
Das Wort gewinnt durch die neuen Kommunikationsmedien an Macht. Als Beispiel dient die E-Mail. Im Jahr 2016 werden voraussichtlich weltweit 192 Milliarden E-Mails pro Tag versendet; im Jahr 2009 waren es 60 Milliarden. Körpersprache und Stimme sind bei der Kommunikation via E-Mail völlig ausgeschaltet! Das geschriebene Wort gewinnt deshalb sehr an Bedeutung!
Leider übersehen auch sehr viele Firmen den Erfolgsfaktor Sprache. Im Vordergrund steht die fachliche Ausbildung. „Wir lassen unser hervorragendes Produkt sprechen“, lautet die Devise. Es wird viel zu wenig Wert in die kommunikative Ausbildung der Mitarbeiter gelegt. In Prospekten und Websites von Unternehmen wird fast ausschließlich die hervorragende Produktqualität publiziert. Dieser Erfolgsfaktor war vielleicht noch zur Zeit der industriellen Revolution von primärer Bedeutung. In den letzten Jahren sind die revolutionären Schritte der Produktentwicklung jedoch kleiner geworden. Die Produkte gleichen sich an und sind für den „normalen“ Kunden fast nicht mehr zu unterscheiden. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist daher der „Faktor Mensch“. Der Mensch, der durch seine Worte sehr viel zur Kaufentscheidung beitragen kann.
Wer kommuniziert, will etwas erwirken: eine Antwort, das Lösen einer Herausforderung, ein Lachen, ein Weinen, Hilfe bei der Arbeit ... Wie wir alle wissen, entspricht das Ergebnis nicht immer unseren Vorstellungen. Warum?
Betrachten wir vorweg das klassische Kommunikationsmodell. Die wichtigsten Beteiligten am Kommunikationsprozess sind Sender und Empfänger. Der Sender ist der zunächst aktive Part, denn er sendet eine bestimmte Nachricht („Bitte hilf mir bei der Präsentation“) an den oder die Empfänger. Der Sender verschlüsselt beziehungsweise codiert seine Botschaft in Form von Worten. Seine Wortwahl ist abhängig von den Werten, Einstellungen und Haltungen des Senders. Der Empfänger der Nachricht entschlüsselt diese. Er ordnet das Wort ein – je nach seinen Werten, Einstellungen und Haltungen.
Sender-Empfänger-Modell
Von besonderer Bedeutung ist: WIE wurde es gesagt und WAS wurde gesagt!
Wenn ein extrovertierter, offener und mit Superlativen agierender Sender auf einen introvertierten, reservierten Empfänger trifft, entspricht die Verschlüsselung nicht der Entschlüsselung des Empfängers.
Beispiel
„Hi, was hältst du von dem supergeilen Wetter? Da blühe ich so richtig auf. Ich bin halt ein richtiges Sonnenkind, das Wetter passt super zu mir“, schwärmt laut lachend der extrovertierte Sender.
Die Antwort des Empfängers wird kurz und bündig ausfallen. Zum Beispiel mit ruhiger und gelassener Stimme: „Ja, das Wetter ist schön.“ Hier prallen zwei Kommunikationswelten aufeinander.
Es gibt verschiedene Ursachen für Sende- und Empfangsfehler: verschiedene Sprachmilieus, unterschiedliches Alter, verschiedene Kulturen etc.
Das Bild, das sich der Empfänger vom Sender macht und umgekehrt, ist für die Ver- beziehungsweise Entschlüsselung von großer Bedeutung. Je besser wir jemanden kennen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir richtig ver- bzw. entschlüsseln. Bei der Kommunikation mit meinem Freund weiß ich, welche Einstellung, Haltung und Meinung er hat. Deshalb spreche ich ihn auch entsprechend an. Kenne ich jemand nicht, dann mache ich mir ein optisches Bild. Aufgrund der Kleidung, des Geschlechtes, des Alters oder durch Äußerungen ergänzen wir das unvollständige Bild – mit mehr oder weniger Erfolg. Aus Sicht der Chemie gesprochen: Die beiden Stoffe kombinieren gut oder sie explodieren, wenn sie zusammentreffen.
Wir sehen, der Prozess ist komplex, jedoch auch eine spannende Herausforderung. Deshalb sollen wir daran arbeiten, wie ich mein Gegenüber am besten erreichen kann beziehungsweise wie ich es ihm leichtmache, mich zu erreichen!
Es ist angemessen, dass auch der Empfänger einen großen Teil der Verantwortung trägt. Wir lehnen uns gerne zurück und erwarten vom Sender eine für uns passende Verschlüsselung der Botschaft. Daher liegt im Feedback eine große Chance zur Verbesserung. Dazu ist jedoch ein hohes Maß an Selbstmitteilung notwendig. „Ich habe Sie nicht verstanden“, „Ich fühle mich beleidigt“ etc. Manchmal lassen die Empfänger die Sender einer Nachricht richtig „anprallen“, indem kein oder ein undefiniertes Feedback gegeben wird.
Schließlich sind in dem Grundmodell noch Störfaktoren aufgeführt, die den Kommunikationsvorgang beeinflussen können. Diese Signale sind bei der Planung des Kommunikationsprozesses in der Regel nicht berechenbar, haben jedoch eine Wirkung. Beispielsweise der Empfänger ist schlecht gelaunt, krank ... und ist deshalb nicht aufnahmefähig für eine Botschaft.
Ist die erste Nachricht gesendet, kann es zu einer Interaktion kommen. Der Empfänger wird zum Sender und das Gespräch nimmt seinen Verlauf – jedoch nicht immer wie gewünscht.
Dauerredner lassen den Kommunikationspartner nicht zu Wort kommen. „Dieser Dauerredner spricht ununterbrochen“, heißt die resignierende Aussage. Einer ist somit das Opfer, der andere der Täter. Es könnte sich jedoch auch der Dauerredner als Opfer fühlen: „Der gibt mir überhaupt keine Antwort und lässt mich dauernd reden. Ein schlechter Kommunikationspartner!“
Ich wage nun folgende Aussage: Jeder trägt eine Verantwortung für das Gelingen oder Misslingen von Kommunikation. Die Wissenschaft spricht von Metakommunikation. Wir sollten, indem wir bewusst wahrnehmen, wie wir in diesem Moment kommunizieren, auch die Kommunikation des anderen verstehen. Motto: Was geht nun in mir vor, wie erlebe ich dich und was spielt sich zwischen uns ab?
Wir kommunizieren explizit und implizit. Explizit heißt: direkt gesagt. Implizit heißt: indirekt gesagt, der Empfänger versteht jedoch die Aussage.
BEISPIELE
explizit: „Bitte hol mir einen Pullover!“
implizit: „Mir ist kalt!“
Manche Menschen sprechen leider nicht direkt aus, was sie wollen. Sie implizieren ihre Aussagen, um gegebenenfalls ihre Aussage zurückziehen zu können: „Das habe ich so nicht gesagt.“ Machen Sie es dem Empfänger einfacher und sprechen Sie Nachrichten direkt aus. Motto: Sagen Sie es so, wie es ist und stehen Sie dazu!
Nachrichten können kongruent und inkongruent sein. Wir benutzen für Nachrichten auch den nicht-sprachlichen Kanal: Stimme, Wortmelodie, Mimik, Gestik „sprechen“ für sich. Sind der sprachliche und nicht-sprachliche Kanal stimmig, dann sprechen wir von einer kongruenten Nachricht.
Eine laute Stimme und ein verärgerter Blick würden eher zur Aussage „Ich bin von dir enttäuscht“ passen. Wenn diese Aussage hingegen lächelnd mit einem Lispeln vorgebracht wird, dann ist diese Nachricht inkongruent. Auf den Punkt gebracht: Sprachliche und nicht-sprachliche Signale passen dann nicht zueinander.
Ich beliefere mit meiner Handelsfirma auch ein Hotel mit Gemüse. Der Hotelbesitzer ist für mich in seiner Kommunikation sehr seltsam. Er blickt bei Aussagen wie „Ich freue mich, dass wir wieder so viele Gäste haben. Das Hotel ist gut gebucht“ nicht von seinen Bürodokumenten auf und sagt dies mit steinerner Miene. Ich gebe zu, dass die Gespräche mit ihm sehr herausfordernd sind.
Warum gibt es Menschen, die so inkongruent kommunizieren? Meine Interpretation am oben erwähnten Beispiel des „Hotelbesitzers“:
■ Taktische Komponente: Er will mir nicht zeigen, dass er gute Geschäfte macht. Denn dadurch könnte ich die Preise erhöhen.
■ Doppelbödigkeit: Einerseits möchte er zeigen, dass sein Hotel gut ausgelastet ist, andererseits ist es ihm peinlich, emotional zu sein.
Ich denke, dass es Zweiteres ist, denn ich habe den Hotelier sehr selten emotional gesehen. Jetzt könnte ich dieses Beispiel abschließen mit „Er ist so wie er ist“. Jedoch: Wie wirkt der Hotelier auf seine Gäste? Denn durch diese Unstimmigkeit – oder Doppelbödigkeit – macht er es den Mitmenschen nicht einfach, ihm empfängergerechte Botschaften zu übermitteln. Ich habe auch den Eindruck, dass seine Freundlichkeit gegenüber den Gästen „gespielt“ ist.
Wie sieht es bei Ihnen aus, wie sieht es bei Ihren Kommunikationspartnern aus? Als Empfänger dieser „Doppelbödigkeit“ sollten Sie es dem Sender auch rückmelden. Jedoch soll der Sender diese Rückmeldung auch wollen. Sprechen Sie jedoch nicht die Gefühlsebene des Senders, sondern Ihre eigene Gefühlsebene an (Ich-Aussage).
BEISPIEL
„Sie kommen mir etwas durcheinander vor?“
Besser: „Ich fühle, dass ich Sie mit meinen Aussagen nicht richtig anspreche!?“
Jeder Mensch ist täglich einer Flut von Sendersignalen (Reizen) ausgesetzt. Lediglich 2 Prozent aller dargebotenen Informationsreize werden von den Menschen aufgenommen. Deshalb sprechen wir auch häufig von Informationsüberflutung („Information-Overload“). Experten schätzen, dass allein über 2.000 Werbebotschaften an jedem Tag auf uns einwirken.
Die derart überfluteten Menschen reagieren darauf mit den folgenden Strategien:
■ Zum Ersten durch selektive Wahrnehmung, das heißt, ein geringer Teil der Nachrichten wird überhaupt wahrgenommen.
■ Dann als Zweites mit selektiver Verzerrung, das heißt, es wird das aufgenommen, was der Empfänger wahrnehmen möchte.
■ Und schließlich durch selektive Erinnerung, die das Phänomen beschreibt, dass ein sehr kleiner Teil der Nachrichten überhaupt abgespeichert wird.
Überlegen Sie kurz, an welche TV-Werbespots vom Vorabend Sie sich noch erinnern. Wenn überhaupt, dürften das nur ein bis zwei Spots sein. Den Rest hat auch Ihr Gedächtnis als nicht erinnernswert eingestuft. Es ist jedoch nicht nur für die Werbung eine große Herausforderung, den Empfänger zu „erreichen“. Auch wir sollten mit unseren Wörtern unsere Mitmenschen erreichen und in Erinnerung bleiben.
Sehen wir uns im nächsten Kapitel an, wie wir Menschen mit Worten am besten erreichen können.
Das klassische Sender-Empfänger-Kommunikationsmodell werde ich nun noch etwas verfeinern. Das Kommunikationsquadrat von Friedemann Schulz von Thun finde ich dazu besonders geeignet. Schulz von Thun ist ein deutscher Psychologe und Kommunikationswissenschaftler. Er hat meiner Meinung nach die Kommunikation einfach und doch tiefgreifend erklärt. Tauchen Sie mit mir ein in die vier Seiten der Kommunikation – garniert mit Beispielen aus meiner Praxis.
Den Sender und den Empfänger haben wir nun schon kennengelernt. Die große Herausforderung ist, dass wir die Botschaft des Senders richtig verschlüsseln, damit der Empfänger diese richtig entschlüsseln kann. Wenn das so einfach wäre ... Wir wenden uns daher dem Verschlüsseln und dem Entschlüsseln zu. Jede Nachricht hat mehrere Ebenen. Wenn ich als Mensch etwas von mir gebe, bin ich vierfach wirksam. Jede meiner Äußerungen enthält – ob ich will oder nicht – vier Ebenen gleichzeitig:
1. Sachinformation (worüber ich informiere) – Daten und Fakten
2. Selbstmitteilung (was ich von mir zu erkennen gebe) – Motive, Werte, Emotionen
3. Beziehungshinweis (was ich von dir halte und wie ich zu dir stehe) – Sympathie, Abneigung
4. Appell (was ich bei dir erreichen möchte) – Aufforderung zum Handeln
Sachlichkeit ist der Austausch von Argumenten und Informationen – frei von Gefühlen, Bewertungen und Appellen. „Sei bitte etwas sachlicher“, heißt es, wenn wir uns beim Gespräch von Gefühlen leiten lassen.
Vorweg, Sachlichkeit gehört zu einem Gespräch dazu. Jedoch sollten wir auch Gefühle zulassen und die Gespräche nicht wissenschaftlich führen. Manche Menschen mit guter Ausbildung und Sprachfähigkeit fühlen sich auf dieser Ebene sehr wohl. Die Sachebene belässt das Gespräch auf einer rationellen Ebene. Sachkommentare können zur Klärung der Sachlage beitragen. Bitte vermeiden Sie jedoch Rechthaberei!
BEISPIELE
„Es ist so ...“
„Eine Studie hat doch gezeigt ...“
„Das ist doch ganz klar ...“
Bei uns in Österreich sprechen wir bei äußerst sachlichen Menschen von einem „Gscheitwaschl“. „Gscheit“ wird vom Wort „gescheit“ abgeleitet. Als „Waschl“ wird ein großer, stämmiger Mensch bezeichnet.
„Ich versteh ihn zwar nicht, der Sender ist jedoch sicher ein kluger Kopf“ – kennen Sie diese Aussage? Ich kann mich noch gut an meinen Statistik-Professor an der Universität erinnern. Seine Vorlesungen waren mit Fachbegriffen gespickt. Ich gebe schon zu, dass Statistik nicht so einfach zu erklären ist, jedoch kann dieses Fach auch auf wissenschaftlicher Ebene sehr lebendig vermittelt werden. Das „Fachchinesisch“ meines Professors war mir zu viel – jedoch noch gut in Erinnerung.
Auf der Sachebene übermittelt der Sender Daten, Fakten und Sachverhalte. Aufgabe des Senders ist es, diese Informationen klar und verständlich zu senden.
Schulz von Thun versuchte, Verständlichkeit in vier Dimensionen zu beschreiben:
Verzeihen Sie mir folgende Aussage: „Gebildet ist für mich ein Mensch, wenn er komplexe Themen zu verständlichen, einfachen Aussagen umformen kann.“
„Knapp, klar und kurz gefasst – auf den Punkt gebracht“ – mit diesem Internet-Format erklärt das deutsche Bundesministerium für Finanzen komplexe Themenfelder allgemein verständlich. In einer vierteiligen „Auf den Punkt“-Reihe werden dabei die Maßnahmen zur Stabilisierung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion einfach erklärt. Ein im Prinzip guter Ansatz; doch in der Umsetzung hapert es noch. Einleitend ist da zum Beispiel zu lesen:
„Im Sog der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise gerieten einige Staaten Europas in den vergangenen Jahren in eine finanzielle Schieflage. Ursachen waren mangelnde strukturelle Reformen und fehlende Wettbewerbsfähigkeit, aber auch unvernünftige Haushaltspolitik und eine unzureichende Regulierung der Finanzmärkte. Der Innenwert (die Inflationsrate) wie auch der Außenwert des Euros (die Wechselkurse) blieben während der Krisenjahre stabil, aber die Funktionsfähigkeit der Währungsunion ist stark unter Druck geraten. Um die Stabilität des Euroraums langfristig zu sichern, wurden weitreichende Maßnahmen beschlossen.“
Einfache Sprache sieht meiner Ansicht nach etwas anders aus.
Besonders unsere linke, sachorientierte Gehirnhälfte verlangt nach Ordnung und Struktur. Nicht nur beim geschriebenen Wort, sondern auch beim gesprochenen Wort.
Weitschweifige Texte, langatmige Sätze überfordern uns und wir verlieren den Blick auf das Wichtigste!
Dabei steht die gefühlsmäßige Ansprache im Mittelpunkt. Ich meine damit nicht die Verwendung von „Gefühlswörtern“, sondern die Leidenschaft in der Sprache, unterstützende Körpersprache, Sprachmelodie und so weiter.
Sie kennen sicher sehr sachliche Menschen, die immer und überall alles sachlich erklären möchten. Grundsätzlich gut so … oder auch nicht. Denn wenn auch die Gefühlsebene sachlich erklärt wird, läuft die Kommunikation nicht richtig.
BEISPIEL
Zwei Ehepartner streiten. Die Frau wirft dem Mann vor, dass er schon lange nicht mehr „Ich liebe dich“ gesagt habe. „Magst du mich noch? Die Wörter ,Ich liebe dich‘ habe ich schon so lange nicht mehr von dir gehört.“ Der sachlich reagierende Mann sagt: „Nein, das stimmt nicht. Bei unserem letzten Hochzeitstag – am 29. April – habe ich diese Worte gesprochen. Übrigens, ich habe vor Kurzem in der Zeitung gelesen, dass nur fünf Prozent der Männer in der Partnerschaft mehrmals in der Woche ,Ich liebe dich‘ sagen. Somit ist es statistisch erweisen, das ich keine Ausnahme bin.“
Die Gefühlsebene wird auf die Sachebene reduziert. Sie können verstehen, dass Frauen, die grundsätzlich gefühlsbetonter sind, auf solche Zahlenspiele wenig Wert legen.
BEISPIEL
Nach der Präsentation des Kommunikationsquadrates kontaktierte mich bei einem Seminar die Chefsekretärin eines Technologieunternehmens. „Ich werde kündigen“, war ihre lapidare Antwort auf meine Präsentation. Nach meiner Frage „Warum wollen Sie kündigen?“ erzählte mir die Dame über ihre täglichen Herausforderungen. Ihr Chef war ein Sachtyp stärkster Ausprägung. Bei der Weihnachtsfeier sprach er von Krankenstandtagen, Umsätzen, Margen und Betriebsergebnissen. Keine Worte des Dankes für die gute Arbeit, einfach keine „sprachliche“ Nähe zu den Mitarbeitern. „So ist er auch in der Arbeit. Er soll mir seinen Ärger mitteilen, wenn ich etwas nicht gut gemacht habe, er soll mich aber auch loben, wenn ich etwas gut gemacht habe. Es kommt einfach nichts Persönliches von ihm – auf Dauer für mich nicht tragbar“, teilte mir die Mitarbeiterin mit. Einige Wochen später erfuhr ich, dass sie gekündigt hat.
Hier sind zwei Extreme aufeinandergetroffen. Ein Sachtyp hat mit einem Beziehungstyp eng, jedoch nicht gut zusammengearbeitet.
In jeder Nachricht stecken auch Informationen über die Person des Senders. Bei der Selbstmitteilung zeigen wir unsere Persönlichkeit. Diese besteht aus einer bewussten, gewollten Selbstdarstellung und gleichzeitig einer nicht bewussten Selbstenthüllung. Jede Nachricht wird somit zu einer Information über die Persönlichkeit des Senders. Immer wenn Sie sprechen, sprechen Sie also auch über sich – unbewusst oder bewusst. Die reine Form der Selbstdarstellung gibt es bei wenigen Gesprächen, zum Beispiel bei Bewerbungs- und Vorstellungsgesprächen. Daher sind besonders solche Situationen mit Herzklopfen verbunden: Ja, hier sagen wir etwas über uns selbst! Daher wird diese Ebene auch als „Ich-Ebene“ bezeichnet.
Die Ich-Botschaft sagt etwas über mich aus, was zunächst mit dem anderen zu tun hat, von ihm vielleicht nur ausgelöst wurde. In Beziehungen, in denen man befürchtet, dass sich der Gesprächspartner leicht angeklagt fühlt, kann die „Ich-Botschaft“ zum Türöffner werden.
Statt: „Warum sind die Unterlagen noch nicht fertig? Du bist einfach zu langsam.“ (= Du-Botschaft)
Besser: „Bitte sende mir die Unterlagen rasch zu! Ansonsten schaffe ich es nicht. Denn ich brauche diese zum Meeting.“ (= Ich-Botschaft)
In Konfliktsituationen enthält eine ausführliche Ich-Botschaft folgende Aussagen:
■ Verhaltensaussage: Beschreibung des Verhaltens, das einen stört
■ Gefühlsaussage: das Verbalisieren des Gefühls, das man empfindet
■ Wirkungsaussage: die Aussage, welche Wirkung das Verhalten des Partners auf mich hat und weshalb ich ihn um die Änderung seines Verhaltens bitte!
Sehr oft spielt bei der Selbstmitteilung die Angst eine Rolle. Sie kennen diese sicher von Vorträgen oder Diskussionen. Sie haben Angst, Ihre Meinung öffentlich vor einer großen Zuhörerschaft preiszugeben. Frei nach dem Motto: „Hättest du geschwiegen, dann würde man dich weiterhin für weise halten.“
Woher kommt diese Scheu? Schon als Kinder merken wir, dass bestimmte Eigenschaften und Aussagen mit Lob oder Belohnung verbunden sind, andere mit Strafe: „Im Museum spricht man nicht“, „Beim Essen sitzt man still“ ... Die Angst vor Strafe führt zu einer gesellschaftlichen Anpassung. Ausschließlich ein angepasstes Verhalten ist gesellschaftsfähig. Der Richter ist plötzlich in uns und wir verhalten uns automatisch so, wie die Umgebung es für richtig hält.
Somit wird die eigene Meinung oft als nicht gesellschaftsfähig abgetan – wir schweigen und öffnen uns nicht. Leider, denn jede perfekte Kommunikation ist mit der Fähigkeit verbunden, sich selbst mitzuteilen, sich angstfrei und unverstellt darzustellen. Jedoch ist nicht jede Selbstmitteilung offen und authentisch. Manche Menschen setzen Techniken ein, die ihre Persönlichkeitsmerkmale verbergen:
1. Imponiertechnik
2. Fassadentechnik
Das Imponieren hat den Zweck, seine positiven Seiten in den Vordergrund zu rücken: mit Statussymbolen, elitärem Wortgebrauch (Fremdwörter), Versuch, das Gespräch auf Themen zu lenken, die ein Imponieren gestatten. Solche Imponierer wollen zeigen: „Seht, wer ich bin, was ich habe und was ich kann!“
Eine Bekannte von mir ist Meisterin der Imponiertechnik. Sie schmückt sich gerne mit bekannten Namen, mit denen Sie auf Du und Du ist. Während des Gesprächs wechselt sie plötzlich das Thema und verweist auf Gespräche mit diesen Persönlichkeiten.
Aus Furcht vor Misserfolg verhalten sich diese Menschen unauffällig und ruhig. Sie bauen eine Fassade auf, hinter der sie sich verstecken. Zum Beispiel: Freundlichkeit ohne Herzlichkeit, keine Gefühle zeigen, kalte Sachlichkeit, nicht fragen, keine Diskurse führen, die Meinung anderer annehmen ...
Rupert Lay beschreibt in seinem Buch „Führen durch das Wort“, dass Fassadenmenschen mitteilen wollen: „Schau, ich bin ganz harmlos, meine Gefühle belästigen dich nicht, ich bin ganz unauffällig, tue mir also nichts, denke nicht schlecht über mich.“
Sie haben sicher in Ihrem Bekanntenkreis beide Menschentypen. Merken Sie auch, dass Gespräche mit solchen Menschen sehr mühsam sind? Jedoch nicht nur für uns als Gesprächspartner, sondern auch für diese Menschen selbst. Die ständige Verleugnung der eigenen Persönlichkeit verstärkt Ängste, Schuld- und Minderwertigkeitsgefühle und ist auf Dauer sehr herausfordernd. Die psychische Gesundheit ist dadurch gefährdet.
Wie erkennen wir, dass wir es mit Menschen zu tun haben, die sich sprachlich hinter einer Fassade verstecken?
1. „Man-Sätze“ werden formuliert
Statt die eigene Meinung zu benutzen, wird die Aussage in der Man-Form gesendet.
Beispiel: „Man wird wütend, wenn jemand so spät heimkommt“,
statt: „Ich bin traurig, dass du nicht früher heimgekommen bist.“
2. „Es-Form“ wird eingesetzt