Inhalt

  1. Cover
  2. Über die Autorin
  3. Titel
  4. Impressum
  5. Widmung
  6. Träume der Dunkelheit
  7. Prolog
  8. Kapitel eins
  9. Kapitel zwei
  10. Kapitel drei
  11. Kapitel vier
  12. Kapitel fünf
  13. Kapitel sechs
  14. Kapitel sieben
  15. Kapitel acht
  16. Kapitel neun
  17. Kapitel zehn
  1. Die Sehnsucht der Nacht
  2. Kapitel eins
  3. Kapitel zwei
  4. Kapitel drei
  5. Kapitel vier
  6. Kapitel fünf
  7. Kapitel sechs
  8. Kapitel sieben
  9. Kapitel acht
  10. Kapitel neun
  11. Kapitel zehn
  12. Kapitel elf
  13. Kapitel zwölf
  14. Kapitel dreizehn
  1. Danksagungen

Über die Autorin

Christine Feehan lebt gemeinsam mit ihrem Mann und ihren elf Kindern in Kalifornien. Sie schreibt seit ihrer frühesten Kindheit. Ihre Romane stürmen regelmäßig die amerikanischen Bestsellerlisten, und sie wurde in den USA bereits mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet. Auch in Deutschland erfreut sich die Autorin einer stetig wachsenden Fangemeinde.

Auf Christine Feehans englischsprachiger Homepage
www.christinefeehan.com
erhalten Sie weitere Informationen über die Autorin.

Christine Feehan

SCHWARZES
FEUER DES
VERLANGENS

Erzählungen

Aus dem amerikanischen Englisch von
Ulrike Moreno

BASTEI ENTERTAINMENT

 

Für Brooke Borneman und Diane Stacey
Als Dank für alles, was ihr tut

Träume der Dunkelheit

Prolog

Die Nacht war schwarz. Mond und Sterne schienen wie ausgelöscht von unheilvollen dunklen Wolken, die sich am Himmel zusammenballten. Dünne schwarze Fetzen, die an glänzenden Obsidian erinnerten, tanzten und wirbelten wie wutentbrannt herum, obwohl sich kein Lüftchen regte. Kleine Tiere kauerten in ihren Schlupfwinkeln unter Felsen und umgestürzten Bäumen, weil sie die unheimliche Stimmung draußen spüren konnten.

Gespenstische Nebelschwaden waberten aus dem Wald heraus, lange, breite Bänder aus schimmerndem Weiß oder glitzernden opaken Farben, die sich um die Stämme wanden, sodass die Bäume aus dem Nebel aufragten, als wären sie losgelöst von den Wurzeln, die sie auf der Erde festhielten. Über den dunklen Himmel und zwischen den Baumkronen hindurch flog eine große Eule und umkreiste das imposante, in die hohen Klippen eingebaute Haus. Eine zweite und noch eine dritte Eule erschienen und zogen dann ebenso still und ruhig wie die erste ihre Kreise über dem Blätterdach und dem weitläufigen Haus. Ein einzelner, ziemlich großer Wolf mit zotteligem schwarzem Fell und glitzernden Augen sprang aus den Bäumen auf die Lichtung.

Aus der Dunkelheit auf dem Balkon des in den Fels gebauten Hauses löste sich eine Gestalt, trat an das Geländer und blickte in die Nacht hinaus. Dann breitete der Mann in einer einladenden Geste die Arme aus, und sofort kam eine sanfte, angenehme Brise auf. Die Insekten nahmen ihren nächtlichen Gesang wieder auf, Zweige schwankten und tanzten in der leichten Brise. Der Nebel verdichtete sich flimmernd und formte nach und nach viele Gestalten in der unheimlichen Nacht. Die Eulen kamen herangeflogen, um zu landen, eine auf dem Boden, zwei auf dem Balkongeländer, und wechselten ihre Gestalt. Ihre Federn verschmolzen zu Haut, die Flügel verlängerten sich zu Armen. Der Wolf verwandelte sich schon im Sprung auf die Veranda, sodass ein großer, kräftiger Mann dort landete.

»Willkommen.« Die Stimme war schön und melodiös wie die Waffe eines Zauberers. Vladimir Dubrinsky, Prinz des karpatianischen Volkes, verfolgte bekümmert, wie seine treuen Anhänger Gestalt annahmen und sich aus Nebel, Raubvögeln und Wölfen in starke, gut aussehende Krieger verwandelten. Alle waren Kämpfer, loyale, aufrichtige, selbstlose Männer. Sie waren seine Freiwilligen, die Männer, die er in den Tod schickte oder zu Jahrhunderten unerträglicher Einsamkeit und nie nachlassender Trostlosigkeit verurteilte. Sie würden ihr langes Leben ertragen, bis das Ende ihres Durchhaltevermögens erreicht war. Sie würden weit entfernt sein von zu Hause, von ihren Angehörigen und der heilkräftigen, verjüngenden Erde ihres Heimatlandes. In den kommenden Jahrhunderten würden sie keine Hoffnung kennen und keine andere Hilfe als ihre Ehre haben.

Vladimir wurde das Herz so schwer, dass er glaubte, es müsse jeden Augenblick zerspringen. Aber dann durchflutete Wärme seinen durchgefrorenen Körper, und er spürte sie in seinem Geist. Sarantha, seine Seelengefährtin. Natürlich ließ sie ihn nicht allein in diesem Moment, in seiner dunkelsten Stunde, in der er diese jungen Männer zu ihrem horrenden Schicksal entsenden würde.

Still und mit ernsten Gesichtern versammelten sie sich um ihn. Es waren gute Gesichter, sinnlich, stark und attraktiv, und alle hatten die unerschrockenen, gelassenen Augen selbstbewusster Männer, die sich in Hunderten von Kämpfen bewährt hatten. So viele seiner besten Männer! Ein pochender, tiefer und gnadenloser Schmerz erwachte in Vladimirs Körper und brannte in seinem Herzen und in seiner Seele. Diese Männer verdienten weitaus mehr als das miserable Leben, zu dem er sie verdammen musste. Tief atmete Vlad ein und ließ die Luft dann langsam wieder entweichen. Durch die ebenso großartige wie qualvolle Gabe der Vorausahnung, die er besaß, sah er die verzweifelte Lage seines Volkes und hatte daher keine andere Wahl. Er konnte nur auf Gottes Barmherzigkeit vertrauen, da er sich selbst kein Mitgefühl erlauben durfte.

»Ich danke euch allen. Ihr, die Hüter unseres Volkes, seid nicht hierher befohlen worden, sondern aus freiem Willen gekommen. Jeder von euch hat sich dazu entschieden, seine Chance auf ein Leben aufzugeben, um für die Sicherheit unseres Volkes und anderer Spezies auf der Welt zu sorgen. Ihr beschämt mich mit eurer Großzügigkeit, und ich fühle mich geehrt, euch meine Brüder und Verwandten nennen zu dürfen.«

Absolute Stille herrschte. Der Kummer des Prinzen lag ihm wie ein Stein im Herzen, und durch ihre geistige Verbindung zu ihm erhielten die Krieger einen Eindruck von dem ungeheuren Ausmaß seiner Qual. Der Wind strich sanft durch die Menge, zauste Haare wie ein liebevoller Vater und strich tröstlich über eine Schulter oder einen Arm.

Vladimirs Stimme war schmerzhaft schön, als er wieder das Wort ergriff. »Ich habe den Niedergang unseres Volkes gesehen. Die Anzahl unserer Frauen nimmt immer mehr ab. Wir wissen nicht, warum unseren Paaren keine weiblichen Kinder geboren werden, aber es werden weniger gezeugt als je zuvor, und sogar noch weniger von ihnen überleben. Es wird zunehmend schwieriger, unsere Kinder am Leben zu erhalten, ob sie nun männlichen oder weiblichen Geschlechts sind. Unser Mangel an Frauen hat einen kritischen Punkt erreicht. Unsere Männer werden zu Vampiren, und das Übel breitet sich schneller aus im Land, als unsere Jäger mithalten können. Früher, in weit entfernten Ländern, waren die Werwolf- und die Jaguarrasse stark genug, um die Vampire unter Kontrolle zu halten, aber die Anzahl der Werwölfe und Jaguarmenschen hat sich stark verringert, und sie können den Lauf der Dinge nicht mehr aufhalten. Unsere Welt verändert sich, und wir müssen den neuen Problemen entschieden entgegentreten.«

Er hielt inne und ließ den Blick wieder über die Gesichter der Männer gleiten. Loyalität und Ehre waren ihnen angeboren, sie lagen ihnen im Blut. Er kannte jeden Krieger mit Namen, so wie er auch die Stärken und Schwächen eines jeden kannte. Sie hätten die Zukunft seiner Spezies sein sollen, doch stattdessen schickte er sie fort, um sie einen einsamen Weg voller Härten und Entbehrungen beschreiten zu lassen.

»Ihr alle müsst die Dinge wissen, die ich euch jetzt erklären werde. Jeder von euch sollte sich seine Entscheidung noch einmal gut überlegen, bevor euch ein Land zugewiesen wird, das ihr behüten und beschützen werdet. Dort, wo ihr hinreist, wird es keine Frauen unserer Spezies geben. Euer Leben wird daraus bestehen, in den Ländern, in die ich euch entsende, Vampire zu jagen und zu vernichten. Es wird dort auch keine Landsmänner geben, um euch beizustehen, keine Kameraden außer denjenigen, die ich mit euch schicken werde. Ihr werdet keine heilende karpatianische Erde zur Verfügung haben, um eure Wunden aus euren Kämpfen zu behandeln. Jede Tötung wird euch näher an den Rand des schlimmstmöglichen Schicksals bringen. Der Dämon in eurem Inneren wird toben und mit euch um die Kontrolle kämpfen. Ihr werdet gezwungen sein zu bleiben, solange ihr dazu fähig seid, und dann, bevor es zu spät ist, bevor der Dämon die Macht über euch gewinnt, werdet ihr eurem Leben ein Ende setzen müssen. Plagen und Elend werden diese Lande heimsuchen, Kriege sind unvermeidlich, und ich habe meinen eigenen Tod und den unserer Frauen und Kinder vorausgesehen – den Tod von Sterblichen und Unsterblichen gleicherweise.«

Das löste die ersten Regungen unter den Männern aus, einen unausgesprochenen geistigen Protest und kollektiven Einspruch, der durch ihre miteinander verbundenen Gemüter ging.

Vladimir hob eine Hand. »Es wird viel Leid und Kummer geben, bevor unsere Zeit beendet ist. Diejenigen, die nach uns kommen, werden ohne Hoffnung sein, ja nicht einmal wissen, wie unsere Welt einmal gewesen ist und was eine Seelengefährtin für uns bedeutet. Ihr Leben wird ein sehr viel schwierigeres sein. Wir müssen also tun, was wir können, um zu gewährleisten, dass Sterbliche wie auch Unsterbliche so sicher wie nur möglich sind.« Wieder glitt sein Blick über die ernsten Gesichter und blieb auf zweien ruhen, die sich verblüffend ähnlich waren.

Lucian und Gabriel. Die beiden waren Zwillinge und Kinder seines eigenen Stellvertreters. Schon jetzt kämpften sie unermüdlich darum, ihre Welt von allem Bösen und Üblen zu befreien. »Ich wusste, dass ihr euch melden würdet«, wandte sich Vladimir an sie. »Die Gefahr für unser Heimatland und unser Volk ist ebenso groß wie die Gefahr für die Welt dort draußen. Ich muss euch daher bitten hierzubleiben, wo Brüder gegen Brüder und Freunde gegen Freunde kämpfen werden. Ohne euch, um unsere Leute zu beschützen, werden wir scheitern. Ihr müsst so lange hier in unseren Landen bleiben und unser eigenes Territorium bewachen, bis ihr spürt, dass ihr woanders gebraucht werdet.«

Keiner der Zwillinge versuchte auch nur, Einwände zu erheben. Das Wort des Prinzen war Gesetz, und dass beide Männer ihm ohne Widerspruch gehorchten, konnte als Maßstab für den Respekt und die Liebe seines Volkes dienen. Lucian und Gabriel wechselten nur einen langen Blick. Falls sie sich über ihren privaten telepathischen Pfad verständigten, taten sie es, ohne ihre Gedanken mit irgendjemand anderem zu teilen. Sie nickten beide nur, um ihr Einverständnis zu der Entscheidung ihres Prinzen kundzutun.

Vladimir ließ seine schwarzen Augen prüfend über den Rest der Menge gleiten und durchforschte die Herzen und Gemüter seiner Krieger. »In den Dschungeln und Wäldern ferner Länder hat der Niedergang der großartigen Jaguarrasse begonnen. Die Jaguarmenschen sind ein mächtiges Volk mit vielen Befähigungen und großen übernatürlichen Talenten, aber sie sind Einzelgänger. Die Männer suchen sich eine Frau, um sich zu paaren, doch dann überlassen sie sie und ihre Jungen ihrem Schicksal. Die einzelgängerischen Jaguarmänner lehnen es ab, aus ihren Dschungeln herauszukommen, und sie wollen mit Menschen keinen Umgang haben. Sie ziehen es vor, von den Abergläubischen als Gottheiten verehrt zu werden. Verständlicherweise haben sich die Jaguarfrauen nun jenen zugewandt, von denen sie geliebt, umsorgt und als die Kostbarkeit betrachtet werden, die sie sind. Sie haben schon vor geraumer Zeit begonnen, sich mit menschlichen Männern zusammenzutun und auf menschliche Art und Weise mit ihnen zu leben. Ihre Blutlinien wurden allerdings dadurch geschwächt, sodass heute immer weniger Jaguarmenschen in ihrer wahren Form vorkommen. In ein- oder zweihundert Jahren wird es diese Rasse nicht mehr geben. Die Jaguarmenschen verlieren ihre Frauen, weil sie nicht wissen, was kostbar und wichtig für das Überleben ihrer Spezies ist. Wir dagegen haben die unseren durch die Natur an sich verloren.« Vladimirs schwarze Augen glitten über einen hochgewachsenen, gut aussehenden Krieger, dessen Vater jahrhundertelang an der Seite des Prinzen gekämpft hatte und durch die Hand eines Meistervampirs zu Tode gekommen war.

Der Krieger war breitschultrig und hatte glänzendes schwarzes Haar, das ihm bis zu den Schultern reichte. Er war ein hervorragender und gnadenloser Jäger, einer von so vielen, die Vladimir in dieser Nacht zu einer entbehrungsreichen Existenz verdammen würde. Dieser Mann hatte sich viele Male im Kampf bewährt und ging treu und unbeirrbar seinen Pflichten nach. Er war einer der wenigen, die allein entsandt werden konnten, während die anderen in Gruppen oder paarweise abkommandiert werden würden, um einander gegenseitig beistehen zu können. Vlad seufzte schwer und zwang sich, die nötigen Befehle zu erteilen. Respektvoll beugte er sich zu dem Krieger vor, an den er das Wort richtete. Trotzdem sprach er laut genug, um auch von allen anderen gehört zu werden.

»Du wirst dich in dieses Land begeben und die Welt von den Bestien befreien, zu denen so viele unserer Männer geworden sind. Du musst jede Konfrontation mit den Jaguarmenschen vermeiden. Diese Spezies wird entweder einen Weg finden, Kontakte zu dieser Welt zu knüpfen, wie wir es tun müssen, oder sie wird aussterben wie so viele andere vor uns. Du wirst dir jedoch keine Auseinandersetzungen mit ihnen liefern. Überlass sie sich selbst. Geh dem Werwolf ebenfalls aus dem Weg, so gut du kannst. Wie wir haben auch sie zu kämpfen, um in einer sich verändernden Welt zu überleben. Ich gebe dir meinen Segen, die Liebe und den Dank unseres Volkes, und möge Gott dich in die Nacht und in dein neues Land begleiten. Du musst lernen, dieses Land zu lieben, es dir zu eigen und zu deinem Zuhause machen.

»Wenn ich nicht mehr bin, wird mein Sohn meinen Platz einnehmen. Er wird jedoch noch jung und unerfahren sein und Schwierigkeiten haben, unser Volk in solch schweren Zeiten zu regieren. Ich werde ihm nichts von den Kriegern erzählen, die ich als Hüter in die Welt hinausgesandt habe. Er darf sich nicht auf diejenigen verlassen, die viel älter sind als er. Er muss volles Vertrauen in seine Fähigkeit haben, unser Volk allein zu führen. Vergesst nicht, wer und was ihr seid: die Hüter unserer Spezies. Ihr seid unsere letzte Verteidigungslinie, um das Vergießen unschuldigen Blutes zu verhindern.«

Vladimir schaute dem jungen Krieger in die Augen. »Übernimmst du diese Aufgabe aus freiem Willen? Es ist allein deine Entscheidung. Niemand wird die, die bleiben wollen, geringer schätzen. Auch der Krieg in unserem Land wird sehr lang und schwierig werden.«

Die Augen des Kriegers erwiderten lange ruhig den Blick des Prinzen, bevor der junge Mann zustimmend nickte und sein Schicksal annahm. In diesem Moment wurde sein Leben für alle Zeit verändert. Er würde in einem fremden Land leben ohne Hoffnung auf Liebe oder Familie. Ohne Emotionen oder Farbe, ohne Licht, um das unablässige Dunkel in ihm zu erhellen. Er würde nie eine Seelengefährtin finden, sondern sein ganzes Leben nur der Jagd auf Untote und deren Vernichtung widmen.

Kapitel eins

In der Gegenwart

Die Straßen waren schmutzig und rochen nach Unrat und Verfall. Der jämmerliche Nieselregen vermochte den abstoßenden Geruch nicht zu vertreiben. Müllberge verstopften die Eingänge zu den heruntergekommenen, verfallenden Gebäuden. Aus zerfledderten Kartons und Wellblech zusammengestellte Schlupfwinkel standen in jeder Gasse und an allen möglichen anderen Orten, winzige Refugien für Menschen, die nirgendwo anders hingehen konnten. Ratten flitzten durch Mülltonnen und Rinnsteine und schlichen durch die Keller und Schächte. Im vollen Bewusstsein des brodelnden Lebens in diesen Schattenseiten der Stadt bewegte Falcon sich lautlos und wachsam durch die Dunkelheit. Hier lebte der Abschaum der Menschheit, die Obdachlosen, die Trinker und die Raubtiere, die auf die Unvorsichtigen und Hilflosen Jagd machten. Er wusste, dass er beobachtet wurde, als er die Straßen entlangging und von einem Schatten in den nächsten huschte. Die Blicke konnten ihm jedoch nichts anhaben, weil sein Körper flüssig war und mit der Nacht zu einem Teil von ihr verschmolz. Es war eine Szene, die er tausendmal an unzähligen Orten erlebt und ausgelebt hatte. Wie müde er der Berechenbarkeit der menschlichen Natur geworden war!

Falcon befand sich auf dem Rückweg in sein Heimatland. Viel zu viele Jahrhunderte war er vollkommen allein gewesen, und in dieser Zeit hatte er sehr an Macht und Kraft gewonnen. Aber auch das Tier in ihm war stärker und mächtiger geworden; es brüllte unablässig nach Befreiung und verlangte Blut. Verlangte, dass er tötete, um wenigstens ein Mal, für einen einzigen Moment nur, etwas zu verspüren. Falcon wollte nach Hause, um die heilkräftige Erde seiner Heimat in seine Poren eindringen zu spüren; er wollte den Prinzen seines Volkes ansehen und hören, dass er sein vor so langer Zeit gegebenes Wort gehalten hatte. Und dass die Opfer, die er gebracht hatte, nicht umsonst gewesen waren, denn er hatte die Gerüchte über eine neue Hoffnung für sein Volk gehört.

Falcon hatte sich damit abgefunden, dass es für ihn zu spät war, doch bevor sein Leben vorüber war, wollte er erfahren, dass es für andere Männer noch Hoffnung gab und dass sein Leben etwas wert gewesen war. Er wollte mit eigenen Augen die Seelengefährtin des Prinzen sehen, eine menschliche Frau, die erfolgreich in eine Karpatianerin verwandelt worden war. Falcon war einfach zu viel Bösem, zu viel Tod begegnet. Bevor er seine Existenz beendete, musste er etwas Reines, Gutes und den Grund für seine jahrhundertelangen Kämpfe sehen.

Seine Augen glitzerten von einem seltsamen roten Feuer, das in der Dunkelheit leuchtete, als er lautlos durch die schmutzigen Straßen ging. Falcon war nicht sicher, ob er es bis in seine Heimat zurückschaffen würde, aber er war fest entschlossen, es zumindest zu versuchen. Er hatte schon viel zu lange abgewartet und war dem Wahnsinn bereits nahe. Ihm blieb nur noch wenig Zeit, weil die Düsternis seine Seele schon fast völlig eingenommen hatte. Er konnte die Gefahr bei jedem seiner Schritte spüren. Nicht die, die von den schmutzigen Straßen und dunklen Gebäuden ausging, sondern eine ganz andere, die tief aus seinem eigenen Körper kam.

Er hörte ein Geräusch, das sich wie leise dahinschlurfende Schritte anhörte. Falcon ging weiter und betete dabei um die Rettung seiner Seele. Er brauchte Nahrung, und in solchen Momenten war er immer am verwundbarsten. Die Bestie in ihm brüllte vor Eifer und hatte ihre Krallen schon fast ausgefahren. Auch die Zähne in seinem Mund verlängerten sich bereits erwartungsvoll zu scharfen Fängen. Er achtete jetzt stets darauf, nur unter Verbrechern, Schurken und anderem menschlichen Abschaum zu jagen, weil er kein unschuldiges Blut vergießen wollte, falls er doch einmal dem Ruf der Finsternis erliegen sollte. Das Geräusch ließ ihn wieder aufhorchen, und diesmal waren es viele leise Füße und wispernde Stimmen, die sich nach einer kindlichen Verschwörung anhörten. Aus einem dreistöckigen Gebäude kamen sie auf ihn zu – ein ganzer Schwarm von Kindern, die auf ihn zustürmten wie eine Bienenplage und ihn um Geld und etwas zu essen anbettelten.

Die Kinder umringten ihn, ein halbes Dutzend aller Altersstufen und Größen, deren flinke kleine Hände geschickt unter seinen Umhang und in seine Taschen glitten. Ihre Stimmen bettelten und flehten, kleine Finger tasteten ihn ab. Die armen Kinder, dachte er. Seine Spezies konnte ihre Söhne und Töchter kaum über das erste Jahr hinaus am Leben erhalten. So wenige nur schafften es, und diese Kinder wiederum, so kostbar sie auch waren, hatten niemanden, der für sie sorgte. Drei waren Mädchen mit riesigen, traurigen Augen, die zerfetzte und zerlumpte Kleider trugen und Schmutz in ihren mit blauen Flecken übersäten schmalen Gesichtern hatten. Er konnte die Furcht in ihren wild pochenden Herzen hören, als sie ihn um Essen, Geld oder auch nur ein Stückchen altes Brot anbettelten. Alle rechneten mit Schlägen und Ablehnung und hielten sich bereit, beim ersten Anzeichen von Aggression davonzulaufen.

Falcon strich einem der Kinder sanft über den Kopf und murmelte ein paar bedauernde Worte. Er hatte den Reichtum, den er während seines langen Lebens angesammelt hatte, nie gebraucht, und obwohl dies genau der richtige Ort dafür gewesen wäre, hatte er leider nichts von all dem Geld dabei. Er schlief in der Erde und jagte, um sich zu ernähren. Und dort, wo er hinging, brauchte er kein Geld. Die Kinder schienen alle gleichzeitig zu reden, was ein Angriff auf seine empfindlichen Ohren war, bis ein leiser Pfiff sie jäh verstummen ließ. Sofort herrschte Stille. Die Kinder fuhren auseinander, verschmolzen mit den Schatten und verschwanden im Inneren der heruntergekommenen Gebäude, als wären sie nie da gewesen.

Der Pfiff war sehr leise gewesen, und trotzdem hatte Falcon ihn ganz deutlich durch den Regen und die Dunkelheit gehört. Der Wind hatte ihn geradewegs zu seinen Ohren getragen. Das Geräusch war interessant, da der Ton genau auf ihn abgestimmt zu sein schien. Er mochte eine Warnung für die Kinder sein, aber für Falcon war er eine Versuchung, eine Verführung seiner Sinne. Er verwirrte und faszinierte ihn, dieser leise kleine Pfiff, und weckte sein Interesse wie nichts anderes in den vergangenen Jahrhunderten. Falcon konnte fast die Töne in der regennassen Luft tanzen sehen. Oh ja, dieses Geräusch schlüpfte an seinen Barrieren vorbei und fand den Weg in seinen Körper wie ein Pfeil, der geradewegs auf sein Herz abzielte.

Ein anderes Geräusch ertönte. Diesmal waren es schwere Stiefelschritte, und Falcon wusste, was jetzt kam. Die Straßendiebe. Die Schläger des Viertels, die glaubten, es gehörte ihnen, und jeder, der es wagte, ihr Territorium zu betreten, müsse etwas dafür bezahlen. Sie sahen nur seine gut geschnittene Kleidung, das perfekt sitzende Seidenhemd unter dem üppig gefütterten Cape, und ließen sich in seine Falle locken, wie er es von Anfang an vorausgesehen hatte. Es war immer das Gleiche. In jedem Land, in jeder Stadt und zu jeder Zeit. Immer und überall gab es diese umherstreifenden Straßengangs, die auf Zerstörung aus waren oder das Recht für sich in Anspruch nahmen, sich zu nehmen, was ihnen nicht gehörte. Die Fänge in Falcons Mund verlängerten sich augenblicklich wieder.

Sein Herz klopfte schneller als gewöhnlich, was für ihn ein verblüffendes Geschehen war, denn normalerweise war sein Herzschlag beständig und immer gleich. Falcon kontrollierte ihn so beiläufig und mühelos, wie er auch alle anderen Aspekte und Funktionen seines Körpers kontrollierte, doch das Rasen seines Herzens jetzt war ungewöhnlich, und jede Abwechslung war ihm willkommen. Diese jungen Männer, die jetzt Aufstellung nahmen, um ihn zu umzingeln, würden heute Nacht nicht durch seine Hand sterben. Sie würden dem rasenden Raubtier entkommen, und seine Seele würde infolge zweier Dinge unversehrt bleiben: wegen seines beschleunigten Herzschlags und des leisen Pfiffs.

Eine seltsam unförmige Gestalt trat aus einem Eingang direkt vor ihm. »Laufen Sie, Mister!« Die Stimme war leise und rau, die Warnung klar. Sofort zog sich die merkwürdig unförmige Gestalt wieder zurück und verschwand in irgendeiner verborgenen Nische.

Falcon blieb stehen. Alles in ihm erstarrte förmlich. Still wie eine Statue stand er plötzlich da und konnte fast nicht glauben, was er sah. Er hatte seit fast zweitausend Jahren keine Farbe mehr gesehen, doch nun starrte er auf einen hässlichen roten Anstrich, der von den Überresten eines Gebäudes abblätterte. Es war unmöglich, völlig irreal. Vielleicht verlor er neben seiner Seele ja auch noch den Verstand. Niemand hatte ihm gesagt, dass er vor dem Verlust seiner Seele wieder Farben sehen würde, und die Untoten hätten mit einer solchen Leistung sicherlich geprahlt. Vorsichtig trat er einen Schritt auf das Gebäude zu, in dem die Stimme verschwunden war.

Doch es war zu spät. Die Halbwüchsigen hatten schon einen lockeren Halbkreis um ihn gebildet. Sie waren groß und kräftig, und viele von ihnen ließen ihn ihre Waffen sehen, um ihn einzuschüchtern. In einer Hand blitzte ein Messer auf, in einer anderen sah er einen Baseballschläger. Sie wollten ihm Angst einjagen, damit er ohne Gegenwehr seine Brieftasche herausrückte. Aber damit würde es nicht enden. Falcon hatte zu oft ein solches Szenario gesehen, um nicht zu wissen, was er zu erwarten hatte. Zu jeder anderen Zeit wäre er ein in ihrer Mitte herumwirbelndes Tier gewesen und hätte sich von ihrem Blut genährt, bis der furchtbare Hunger in ihm gestillt gewesen wäre. Doch heute war alles anders, fast schon verstörend anders. Statt nichts als trübe Grautöne um sich herum zu haben, konnte Falcon die Kerle in lebhaften Farben sehen. Sie trugen blaue und violette Hemden, und eins war sogar in einem scheußlichen Orange.

Alles schien viel lebhafter zu sein. Sein Gehör war sogar noch schärfer als gewöhnlich, und die Regentropfen sahen wie glitzernde Silberfäden aus. Falcon atmete tief die kühle Nachtluft ein, nahm die Gerüche darin in sich auf und trennte sie voneinander, bis er den einen fand, nach dem er suchte. Diese unförmige Gestalt war kein Mann gewesen, sondern eine Frau. Und sie hatte sein Leben schon jetzt für alle Zeit verändert.

Die Männer kamen drohend näher, und der Anführer rief ihm zu: »Wirf mir deine Brieftasche herüber!« Einfach so. Ohne lange Vorreden oder Imponiergehabe gingen sie direkt zum Geschäft des Raubens und des Mordens über. Falcon hob langsam den Kopf, bis sein feuriger Blick dem herausfordernden des Anführers begegnete. Das Lächeln des Kerls verblasste und erstarb dann ganz. Offenbar hatte er den Dämon in den rot glühenden Flammen in Falcons Augen entdeckt.

Ganz unversehens erschien wieder die unförmige Gestalt vor Falcon, griff nach seiner Hand und zog daran. »Weg hier, Sie Idiot, verschwinden Sie!«, flüsterte die Frau eindringlich und zerrte an seiner Hand, um ihn näher an die dunklen Gebäude heranzuziehen. Ihre Stimme war von Furcht geprägt – Furcht um ihn und seine Sicherheit. Sein Herz verkrampfte sich, als ihm das bewusst wurde.

Die Stimme war weich und wohlklingend, ihr Tonfall darauf abgestimmt, Falcon zu beruhigen. Ein heißes, drängendes Verlangen ergriff seinen Körper und seine Seele und sandte kleine Stromstöße durch seine Blutbahn. Er konnte weder das Gesicht der Frau noch ihren Körper sehen, hatte keine Ahnung, wie sie aussah oder wie alt sie war, aber seine Seele schrie nach ihrer.

»Du schon wieder.« Der Anführer der Bande wandte sich von dem Fremden ab und der Frau zu. »Hab ich dir nicht gesagt, du sollst dich raushalten?«, fuhr er sie mit barscher Stimme an und trat drohend auf sie zu.

Womit Falcon am allerwenigsten gerechnet hatte, war ein Angriff dieser fremden Frau. »Laufen Sie«, zischte sie wieder und stürzte sich auf den Anführer der Gang. Sie kämpfte wie ein Streetfighter. Ihr Knie traf den Kerl so hart im Unterleib, dass es ihm die Beine wegriss und er auf seinem Allerwertesten landete. Mit einem gekonnten Tritt stieß sie ihm mit der Fußkante das Messer aus der Hand. Der Mann heulte auf vor Schmerz, als ihr Fuß sein Handgelenk traf und die Klinge seiner Hand entglitt. Ein weiterer Tritt von ihr beförderte das Messer über den Gehweg in den Rinnstein.

Dann fuhr die Frau herum und rannte in die finstere Gasse hinein, wo sie augenblicklich mit der Dunkelheit verschmolz. Ihre Schritte waren leicht und selbst für Falcons scharfes Gehör fast vollkommen geräuschlos. Er wollte sie nicht aus den Augen verlieren, aber der Rest der Gang rückte näher. Ihr Anführer fluchte lautstark, schwor, der Frau das Herz herauszureißen, und brüllte seine Freunde an, »den Touristen kaltzumachen«.

Falcon wartete schweigend ab, als die Burschen aus verschiedenen Richtungen auf ihn zukamen und dabei Baseballschläger und Bleirohre schwangen. Sowie sie jedoch in unmittelbarer Nähe waren, trat er mit übernatürlicher Geschwindigkeit in Aktion, riss einem der Kerle ein Bleirohr aus der Hand und verbog es vor den fassungslosen Blicken der Halbstarken zu einem Ring. Es kostete ihn keine Mühe und kaum mehr als eine Sekunde. Er warf es seinem Besitzer wie eine Halskette über den Kopf, versetzte ihm einen Stoß gegen die Brust und schleuderte ihn gegen ein etwa drei Meter entferntes Gebäude. Die Angreifer wurden jetzt vorsichtiger und schienen Angst zu haben, sich ihm zu nähern. Selbst ihr Anführer, der noch immer seine verletzte Hand umklammerte, war still geworden.

Falcon war jedoch abgelenkt, weil er an die geheimnisvolle Frau dachte, die ihr Leben riskiert hatte, um ihn zu retten. Er hatte keine Zeit für Raufereien, und Hunger quälte ihn. Deshalb unterdrückte er ihn nicht länger, sondern ließ sich von ihm beherrschen und das Tier in sich aufsteigen. Roter Dunst vernebelte seinen Geist, und ein hungriges Feuer flackerte in seinen Augen auf. Langsam wandte er den Kopf, lächelte die Kerle an und ließ sie seine Fänge sehen. Den Bruchteil einer Sekunde später griff er an. Wie aus weiter Ferne hörte er die entsetzten Schreie; er spürte die herumfuchtelnden Arme seines ersten Opfers. Es war Falcon schon fast zu umständlich, die Hand zu schwenken und Stille zu gebieten, um die Halbwüchsigen unter Kontrolle zu halten. Das Geräusch ihrer wild pochenden Herzen war so laut, dass die Gefahr eines Herzanfalls nur allzu real war, doch Falcon hatte weder das nötige Mitgefühl noch die Zeit, um das Bewusstsein der Jungen abzuschirmen.

Und so senkte er nur schnell den Kopf über den Nacken des jungen Burschen und trank begierig. Der Rausch war schnell und suchterzeugend, und das mit Adrenalin vollgepumpte Blut seines Opfers versetzte ihn in eine falsche Euphorie. Falcon spürte, dass er in Gefahr war, der Dunkelheit anheimzufallen, aber er schien nicht mehr die Disziplin aufbringen zu können aufzuhören.

Es war ein kleiner Laut, der ihn warnte, und das allein schon zeigte ihm, wie weit er dem Ruf der Finsternis bereits erlegen war. Er hätte die Gegenwart der Frau gleich spüren müssen. Sie war zurückgekommen, um ihm zu helfen. Falcon wandte sich ihr zu, und hungrig glitten seine schwarzen Augen über ihr Gesicht. Sie glühten vor Verlangen, diese Augen. Rote Flammen züngelten in ihren dunklen Tiefen auf, und jeder von Falcons markanten Zügen war von dem Wunsch geprägt, sie zu besitzen.

»Was sind Sie?« Die weiche Stimme der Frau holte ihn in die Realität zurück – und plötzlich wusste er wieder, was er gerade tat. Sie schnappte schockiert nach Luft, als sie näher trat, und starrte ihn aus großen, bangen Augen an. »Was sind Sie?«, fragte sie erneut, und die Furcht in ihrer Stimme zerriss ihm fast das Herz.

Falcon hob den Kopf noch mehr, und ein dickes Rinnsal Blut lief über den Nacken seines Opfers. Plötzlich sah er sich, wie die Frau ihn sehen musste: scharfe Fänge, wirres Haar und rote Flammen in den ansonsten leeren Augen. Er musste wie ein Tier, wie ein Monster erscheinen. Um sie zu beruhigen, streckte er die Hand aus. Falcon wollte sie berühren und sich bei ihr bedanken, dass sie ihn aufgehalten hatte, bevor es zu spät gewesen wäre.

Sara Marten trat zurück und schüttelte den Kopf. Dabei starrte sie mit großen Augen das Blut an, das an Nordovs Nacken hinunterlief und sein lächerlich orangefarbenes Hemd befleckte. Dann fuhr sie herum und rannte um ihr Leben. Rannte, als würde sie von einem Dämon gejagt. Und das war dieser Fremde. Das wusste sie. Das Wissen war tief in ihrer Seele eingegraben. Es war nicht das erste Mal, dass sie eine solche Bestie sah. Bei der anderen Kreatur war es ihr gelungen zu entkommen, doch diesmal war es völlig anders. Von diesem Mann – oder Monster – fühlte sie sich auf unerklärliche Weise angezogen. Sara war zurückgekommen, um sicherzugehen, dass er der Bande entkommen war. Sie hatte sich einfach überzeugen müssen, dass er in Sicherheit war. Irgendetwas in ihr forderte, dass sie ihn rettete.

Sara rannte durch den dunklen Eingang in das verlassene Apartmentgebäude. Von den Wänden bröckelte der Putz, das Dach brach langsam ein, aber Sara kannte jedes Schlupfloch, jede Notluke und Hintertür. Und die würde sie auch alle brauchen. Die schwarzen Augen des Mannes waren leer und ohne jegliches Gefühl gewesen, bis … das Ding sie angeschaut hatte. Sara wusste, was Begehren war, wenn sie es sah. Seine Augen waren zum Leben erwacht und von einer solch brennenden Intensität gewesen, wie sie ihr noch nie begegnet war. Und sie hatten für sie gebrannt, als hätte er sie mit einem Brandzeichen versehen. Sie als Beute gekennzeichnet …

Die Kinder würden jetzt sicher sein in den Tiefen der Abwasserkanäle. Sara musste sich selbst retten, wenn sie ihnen auch weiterhin eine Hilfe sein wollte. Sie sprang über einen Haufen Schutt und schlüpfte geduckt durch eine schmale Öffnung, die zu einer Treppe führte. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, stürmte Sara sie zum nächsten Stock hinauf. Dort war ein Loch in der Wand, das ihr eine Abkürzung durch zwei Wohnungen ermöglichte und sie durch eine kaputte Tür auf einen Balkon führte, wo sie die niedrigste Sprosse der Feuerleiter ergriff und diese schnell herunterzog.

Leichtfüßig und flink kletterte Sara die Leiter hinauf. Sie hatte hundert Fluchtwege ausgetüftelt und erprobt, bevor sie auch nur begonnen hatte, auf den Straßen zu arbeiten. Schließlich wusste sie, dass diese Routen ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens sein würden. Indem sie jeden einzelnen Fluchtweg gründlich erprobte, die Zeit stoppte, die sie dafür brauchte, und Abkürzungen durch Gebäude und durch Gassen fand, hatte sie gelernt, sich in den geheimen Durchgängen der Unterwelt zurechtzufinden. Jetzt war sie auf dem Dach und rannte weiter, ohne auch nur eine Sekunde innezuhalten, bevor sie auf das Dach des nächsten Hauses sprang. Auch über dieses rannte sie, so schnell sie konnte, und wich einem Haufen Trümmer aus, um zu einem dritten Dach hinüberzuspringen.

Kaum war sie auf den Füßen gelandet, lief sie auch schon auf die Feuerleiter zu. Ohne die Sprossen zu benutzen, rutschte sie an den Stangen zum Erdgeschoss hinunter, wo sie durch ein zerbrochenes Fenster stieg. Ein Mann, der auf einer zusammengebrochenen Couch lag, schaute mit seinem drogenumnebelten Blick auf, schien sie jedoch nicht wirklich wahrzunehmen. Sara winkte ihm zu, als sie über seine ausgestreckten Beine sprang und gezwungen war, auch noch zwei anderen auf dem Boden liegenden Junkies auszuweichen. Nachdem sie über sie hinweggestiegen war, stürzte sie aus der Tür und über den Gang zu dem gegenüberliegenden Apartment. Die Tür hing nur noch schief in den Angeln, sodass Sara sie mühelos aufdrücken konnte und dann um die Bewohner dieses Raums herum zum Fenster lief.

Hier musste sie innehalten, um vorsichtig durch das zerbrochene Glas zu steigen. Die zersplitterten Überreste verfingen sich in ihren Kleidern, sodass sie einen Moment zu kämpfen hatte. Dabei schlug ihr das Herz bis zum Hals, und ihre Lunge schrie buchstäblich nach Sauerstoff. Bei dem Versuch, ihre Jacke loszureißen, verschwendete sie kostbare Sekunden. Die Glassplitter zerkratzten ihr die Hand und rissen ihr die Haut auf, aber sie erkämpfte sich den Weg nach draußen in die frische Luft und in den leichten Nieselregen. Erst hier tat sie einen tiefen, beruhigenden Atemzug und hielt ihr Gesicht in den Regen, um die winzigen Schweißtröpfchen von ihrer Haut zu waschen.

Dann erstarrte sie auf einmal und fühlte, wie jeder ihrer Muskeln sich versteifte und es ihr eiskalt über den Rücken lief. Der Mann war immer noch hinter ihr her! Sie spürte, wie schnell und unerbittlich er sich voranbewegte. Sie hatte keine Spur in den Gebäuden hinterlassen und war flink und leise gewesen, doch er hatte sich nicht einmal von den komplizierten Schleichwegen irritieren lassen, die sie genommen hatte. Er war ihr zielsicher und unbeirrbar auf der Spur, das wusste sie. Trotz des unbekannten Terrains, der heruntergekommenen Gebäude und vielen Schlupflöcher und Abkürzungen hatte er es irgendwie geschafft, ihr auf den Fersen zu bleiben, beharrlich, unverdrossen und von der absoluten Sicherheit erfüllt, dass er sie finden würde.

Sara nahm den unangenehmen Geschmack von Furcht auf ihrer Zunge wahr. Bisher hatte sie immer noch entkommen können. Warum sollte es diesmal anders sein? Sie war intelligent und geschickt, und im Gegensatz zu ihm kannte sie diese Gegend. Grimmig fuhr sie sich mit dem Ärmel ihrer Jacke über die schweißbedeckte Stirn und fragte sich plötzlich, ob er sie zwischen all dem Verfall und Gestank vielleicht riechen konnte. Was für ein beängstigender Gedanke! Sara hatte mit eigenen Augen gesehen, wozu seinesgleichen in der Lage war. Sie hatte die leblosen, blutleeren Körper gesehen und die zu einer Maske des Entsetzens verzerrten Gesichter.

Fest entschlossen, ihrer Furcht nicht nachzugeben, verdrängte Sara die Erinnerungen. Wenn sie in Panik geriet, würde es nur zu einer Katastrophe kommen. Schnell setzte sie sich wieder in Bewegung und bemühte sich sogar noch mehr, ihre Schritte möglichst leicht und ihre Atemzüge flach und kontrolliert zu halten. Dennoch rannte sie fast durch einen schmalen Gang zwischen zwei Gebäuden, bog in geduckter Haltung um die Ecke und schlüpfte durch einen Riss in einem Maschendrahtzaun. Mit ihrer unförmigen Jacke hindurchzukommen kostete sie einige kostbare Sekunden. Ihr Verfolger war jedoch zu groß und kräftig, um es durch dieses Loch im Zaun zu schaffen; er würde den ganzen Gebäudekomplex umrunden müssen.

Sie erreichte die Straße, wo sie mit weit ausgreifenden Schritten und pumpenden Armen weiterrannte. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen und dröhnte ihr in den Ohren, aber sie hatte auch ein eigenartig wehes Gefühl darin, das sie sich nicht erklären konnte. Sie verstand nicht, warum ein solcher Kummer sie erfasste, doch er war da, ganz ohne Zweifel.

Die hässlichen schmalen Straßen verbreiterten sich, bis Sara sich in den Randgebieten der Zivilisation befand. Sie war noch immer in dem älteren Teil der Stadt, wo sie ihre Schritte nicht verlangsamte, aber Abkürzungen über Parkplätze nahm, mit eingezogenem Kopf an Geschäften vorbeihuschte und sich zielstrebig auf den Weg in die Innenstadt machte. Hier türmten sich hohe moderne Gebäude vor ihr auf, die sich bis in den Nachthimmel erstreckten. Die brennende Lunge zwang Sara, ein wenig langsamer zu werden. Außerdem war sie jetzt sicher. Die hellen, einladenden Lichter der Stadt tauchten bereits vor ihr auf, und der Verkehr nahm zu, als sie sich den Wohngebieten näherte. Sie joggte auf dem Gehweg weiter.

Die furchtbare Anspannung fiel jetzt langsam von ihr ab, sodass sie wieder denken und sich die Einzelheiten dessen, was sie gesehen hatte, in Erinnerung rufen konnte. Nicht das Gesicht des Mannes – das war in den Schatten geblieben. Alles an ihm schien undeutlich und verschwommen gewesen zu sein, außer seinen Augen – diesen glutvollen schwarzen Augen. Er war sehr gefährlich, und er hatte sie angeschaut, sie gewissermaßen gekennzeichnet und irgendwie sogar … begehrt. Sara konnte hören, dass ihre Schritte sich im gleichen Rhythmus bewegten wie ihr Herz, als sie, von Furcht getrieben, durch die Straßen eilte. Von irgendwoher kam der Eindruck eines Rufs, einer ungestümen Sehnsucht und eines schmerzlichen Versprechens, das so turbulent und ursprünglich war, dass es dem fieberhaften Trommeln ihres eigenen Herzens zu entsprechen schien. Der Ruf kam jedoch nicht von außerhalb, sondern aus ihrem eigenen Inneren – nicht einmal aus ihrem Kopf, sondern aus ihrer tiefsten Seele.

Sara zwang sich weiterzulaufen, durch die Straßen und über Parkplätze, über die verschlungenen Pfade vertrauter Nachbarschaften, bis sie ihr eigenes Haus erreichte. Es war ein kleines Cottage, das ein wenig zurückgesetzt vom Rest der Häuser lag und von großen Büschen und Bäumen umgeben war, die ihm einen Anschein von Ungestörtheit inmitten der dicht besiedelten Stadt verliehen. Mit zitternden Händen schloss Sara die Tür auf und taumelte hinein.

Ihre durchnässte Jacke ließ sie achtlos auf den Boden in der Diele fallen. Sie hatte mehrere dicke Kissen in die viel zu große Jacke eingenäht, damit es unmöglich sein würde, je ihr wahres Aussehen zu beschreiben. Ihr Haar war aufgesteckt und unter einem formlosen Männerhut verborgen. Den Hut und die Haarnadeln warf sie achtlos auf die Küchenarbeitsplatte und eilte ins Badezimmer. Sie zitterte unkontrollierbar, und ihre Beine waren kaum noch in der Lage, sie zu tragen.

Sara riss sich die nassen, verschwitzten Kleider vom Leib und drehte das heiße Wasser in der Dusche auf. Die Arme um den Oberkörper geschlungen, saß sie in der Duschkabine und versuchte, die Erinnerungen auszulöschen, die sie so viele Jahre erfolgreich aus ihrem Bewusstsein verbannt hatte. Sie war noch ein Teenager gewesen, als sie dem Monster zum ersten Mal begegnet war. Sara hatte es angeschaut, und es hatte sie gesehen. Sie war es gewesen, die diese Bestie zu ihrer Familie gelockt hatte. Sie war verantwortlich dafür und würde sich diese furchtbare Schuld niemals vergeben können.

Die Tränen, die sie auf ihrem Gesicht spürte, vermischten sich mit dem Wasser, das über ihren Körper lief. Es war lächerlich, in der Dusche zu kauern wie ein Kind. Sie wusste doch, dass das nichts nützte. Irgendjemand musste sich den Ungeheuern dieser Welt entgegenstellen und etwas unternehmen. Es war der pure Luxus herumzusitzen, zu weinen und sich in Selbstmitleid und Furcht zu suhlen. Sie schuldete ihrer Familie mehr als das, erheblich mehr. Damals hatte sie sich versteckt wie ein Kind, das sie ja auch gewesen war, und obwohl sie die Schreie und flehentlichen Bitten gehört und das Blut unter der Tür hatte hindurchlaufen sehen, war sie nicht aus ihrem Versteck gekommen, um der Bestie entgegenzutreten. Stattdessen hatte sie sich nur noch mehr zusammengekauert und sich die Ohren zugehalten. Aber die Geräusche ließen sich nicht ausblenden. Damals nicht und heute nicht. Sie würde sie für den Rest ihres Lebens hören.

Langsam brachte Sara ihre Muskeln unter Kontrolle und zwang sie, ihre Arbeit wieder aufzunehmen und ihr Gewicht zu tragen, als sie sich widerwillig auf die Beine zog. Dann wusch sie sich mit dem Schweiß vom Laufen auch die Angst vom Körper. Wieder einmal kam es ihr so vor, als wäre sie fast ihr Leben lang davongelaufen. Sie lebte in den Schatten und kannte auch die Dunkelheit sehr gut. Sara schäumte ihr dichtes Haar ein und fuhr mit den Fingern hindurch, um es einigermaßen zu entwirren. Das heiße Wasser half ihr, ihre Schwäche zu überwinden. Sie wartete, bis sie wieder atmen konnte. Erst dann trat sie aus der Duschkabine und hüllte sich in ein dickes Handtuch.

Sie blickte sich im Spiegel an. Ihr Gesicht bestand fast nur aus Augen, die von einem solch dunklen violetten Blau waren, dass sie an die Farbe von Stiefmütterchen erinnerten. Saras Hand pochte, und sie betrachtete sie überrascht. Die Haut darauf war bis zum Handgelenk aufgerissen. Allein sie anzusehen ließ sie schon wie Feuer brennen. Sara wickelte ein Handtuch darum und ging auf bloßen Füßen in ihr Schlafzimmer. Nachdem sie eine bequeme seidene Hose mit Durchziehband und ein Trägertop angezogen hatte, ging sie in die Küche und brühte sich eine Tasse Tee auf.

Das Ritual brachte zumindest wieder einen Anschein von Frieden und Normalität in Saras Welt. Sie lebte und atmete. Außerdem waren da immer noch die Kinder, die sie dringend brauchten, und die Pläne, die sie schon so lange schmiedete. Die Formalitäten waren fast alle erledigt, sodass ihr Traum in greifbare Nähe gerückt war. Monster gab es überall, in jedem Land, in jeder Stadt und sämtlichen sozialen Schichten. Sie lebte unter den Reichen und fand die Monster dort. Sie bewegte sich unter den Armen, und auch dort waren sie. Das wusste sie inzwischen. Mit dem Wissen konnte sie leben, aber sie war auch fest entschlossen zu retten, wen sie retten konnte.

Sara fuhr sich mit einer Hand durch ihr kinnlanges kastanienbraunes Haar und schüttelte es, damit es schneller trocknete. Die Teetasse in der Hand, trat sie wieder auf ihre winzige Veranda hinaus und setzte sich auf die Schaukel, ein Luxus, auf den sie nicht verzichten mochte. Das nieselnde Geräusch des Regens war beruhigend, die leichte Brise in ihrem Gesicht sehr angenehm. In vorsichtigen kleinen Schlucken trank sie den Tee und ließ die wohltuende Stille die Furcht in ihr bezwingen. Jede ihrer Erinnerungen holte Sara wieder hervor, um dann hinter jeder einzelnen die Tür schließen zu können. Sie hatte gelernt, dass es Dinge gab, die man am besten ruhen ließ, Erinnerungen, die nie wieder hervorgeholt zu werden brauchten.

Geistesabwesend starrte sie in den Nieselregen hinaus. Die Tropfen fielen leise auf die Blätter der Sträucher und schimmerten wie Silber in der dunklen Nacht. Das Geräusch von Wasser war schon immer ein beruhigendes für sie gewesen. Sara liebte die Ozeane, Flüsse, Seen und alles, was in irgendeiner Weise Wasser mit sich führte. Der Regen dämpfte den Straßenlärm, verminderte die schrillen Geräusche des Verkehrs und ließ die Illusion entstehen, weit entfernt vom Zentrum der Stadt zu sein. Illusionen wie diese hielten Sara bei Verstand.

Seufzend stellte sie die Tasse auf den Rand der Veranda und erhob sich, um auf der kleinen Terrasse auf und ab zu gehen. Sie würde heute Nacht keinen Schlaf finden, das wusste sie. In eine Decke gehüllt, würde sie auf ihrer Schaukel sitzen und zusehen, wie die Nacht dem Morgengrauen wich. Ihre Familie war zu nahe, egal, wie sorgfältig sie ihre Erinnerungen weggeschlossen hatte. Sie waren Gespenster, die ihre Welt heimsuchten. Sara würde ihnen noch diese eine Nacht geben und sie dann verblassen lassen.

Sie starrte in die Dunkelheit und auf die noch dunkleren Schatten der Bäume. Die Bilder in diesen grauen Flächen faszinierten sie immer wieder. Wenn die dunklen Schemen sich vereinten, was war dann dort? Sie starrte auf die schwankenden Schatten und versteifte sich urplötzlich. Da war jemand – nein, etwas – in diesen Schatten, grau wie die Dunkelheit, und beobachtete sie still und reglos. Dann sah sie die Augen. Sie waren unbewegt, mitleidlos und tiefschwarz mit roten Flammen darin. Diese Augen waren auf sie gerichtet und markierten sie.

Sara fuhr herum, um zur Tür zu laufen, und das Herz blieb ihr fast stehen, denn das Ding bewegte sich mit schier unglaublicher Geschwindigkeit und landete auf der Veranda, bevor sie die Tür auch nur berühren konnte. Die Entfernung zwischen ihnen hatte fast zwölf Meter betragen, doch der Mann war so schnell, dass er sie noch mit seinen starken Händen packen konnte. Sara verschlug es den Atem, als ihr Körper mit seinem zusammenprallte. Ohne zu zögern, hob sie die Faust, um sie ihm gegen den Hals zu stoßen. Dann fuhr sie zurück und trat ihn gegen die Kniescheibe. Nur traf sie weder das eine noch das andere. Ihre Faust schoss an seinem Kopf vorbei, und er zog sie an sich und hielt ihre Handgelenke mühelos in einer seiner großen Hände fest. Er roch wild und gefährlich, und sein Körper war hart und unnachgiebig wie ein Baum.

Ihr Angreifer stieß die Eingangstür zu ihrem Zuhause, ihrem Zufluchtsort, auf, zog sie hinein und trat die Tür wieder zu, um nicht entdeckt zu werden. Sara kämpfte wie eine Wilde, schlug um sich und wehrte sich nach Kräften, obwohl sie beinahe völlig hilflos war in seinem Griff. Dieser Mann war stärker als jeder andere, dem sie je begegnet war. Sie hatte das entmutigende Gefühl, dass er sich ihrer heftigen Gegenwehr nicht einmal bewusst war. Außerdem konnte sie spüren, wie schnell ihre Kraft nachließ, und ihr Atmen hörte sich schon beinahe wie ein Schluchzen an. Es war schmerzhaft, gegen ihn anzugehen; ihr ganzer Körper fühlte sich schon wie zerschlagen an. Schließlich gab er einen ungeduldigen Laut von sich, stieß sie zu Boden, sodass ihr Körper unter ihm zu liegen kam, und hielt sie mit solch enormer Kraft fest, dass ihr keine andere Wahl mehr blieb, als ihren Blick zu dem Gesicht des Teufels … oder Engels zu erheben.

Kapitel zwei

Sara erstarrte, als sie in dieses Gesicht aufblickte. Für einen langen Moment schien die Zeit stehen zu bleiben. Saras Furcht ließ langsam nach, und an ihre Stelle trat ein ungläubiges Staunen. »Ich kenne dich«, flüsterte sie überrascht.

Ein wenig geistesabwesend verdrehte sie ihr Handgelenk, um es zu befreien, und Falcon löste den Griff um ihre Hände. So vorsichtig wie ein Künstler ein exquisites Werk berührte sie mit zwei Fingerspitzen sein Gesicht. Ihre Finger bewegten sich über seine Stirn und seine Wangen, als wäre sie blind und die Erinnerung an ihn nur in ihrem Herzen eingeprägt.