Hans-Jürgen Ferdinand

Politik neu erfinden

Visionen zur Weltethik und Weltregierung

Eine Aufforderung zum Handeln

Bibliografische Informationen der Deutschen Bibliothek:

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte Dateien sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar

Impressum

© 2015 Verlag Kern GmbH

1. Auflage 2015

Nachfolger von „Gott im Fokus der Menschheit“

und „Denker Zweifler Atheisten“

Autor: Hans Jürgen Ferdinand

© Inhaltliche Rechte und Verantwortung beim Autor

Verlag und Herstellung: www.verlag-kern.de

Umschlag und Satz: www.winkler-layout.de

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2016

Buch ISBN: 9783957161-796

E-Book ISBN: 9783957161-994

www.verlag-kern.de

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titel

Impressum

Widmung

Vorwort

Was ist Religion?

Politik, Gesellschaft und Religion

Der Sinn des Lebens

Zukunft selbst gestalten

Mein Fazit

Der Autor

Weitere Werke von Hans-Jürgen Ferdinand

Fußnoten

Widmung

Dieses Buch widme ich meinen Enkeln Yannik, Luca, Tom und allen Lesern, die danach streben, eine bessere Welt zu schaffen.

Ganz besonders jenen Wissenschaftlern und Aktivisten auf der ganzen Welt, die sich aufopferungsvoll für soziale Gerechtigkeit engagieren.

Vorwort

Im Herbst 2010 habe ich ein Buch mit dem Titel: Gott im Fokus der Menschheit - Bekenntnisse und Fußnoten, die den Glauben erschüttern herausgegeben und dann im Jahr 2015 eine Ergänzung: Denker, Zweifler, Atheisten - Die Bibel im Kreuzfeuer nachgeschoben.

Es war mir ein inneres Bedürfnis, vor allem meine eigene Sicht der Dinge, aber auch die Meinung von weiteren ca. 1500 Philosophen, Wissenschaftlern, Theologen und Zeitgenossen in ca. 2500 Beiträgen und Fußnoten zu dem für die Menschheit so existenziellen Thema einzuholen: Existiert Gott und darf der Mensch etwaige Jenseitserwartungen hegen?

Ich für meinen Teil habe mich als ehemaliger katholischer Ministrant in diesem Buch als Atheist bekannt und die an mir, einem Kind und Jugendlichen, ausgeübte Indoktrination der katholischen Kirche mit weltfremdem und unethischem Glaubensgut als geistige Pädophilie gebrandmarkt.

Beide Bücher sind in 22 Themenkomplexe gegliedert und zum Schluss habe ich ein Fazit gezogen, das im Wesentlichen die dringende Notwendigkeit eines neuen weltweiten gesellschaftlichen Miteinanders postuliert.

In diesem notwendigen Denkprozess will ich innerhalb meiner Trilogie fortfahren und erneut den oft schändlichen Einfluss der Religionen bei der Gestaltung gesellschaftlicher Herrschaftsstrukturen aufzeigen. Ich werde mich auch in diesem Buch der Aussagen bedeutender Zeitgenossen bedienen, die sich in der Pflicht sehen, sich in die Umgestaltung und den Aufbau eines revolutionären Politikverständnisses einzureihen und eine tiefgreifende weltweite Solidargemeinschaft anzustreben.

Nach meiner Auffassung gibt es für alle gesellschaftlichen Entscheidungsträger auf dem Erdball eine Verantwortung zukünftigen Generationen gegenüber an den Visionen einer Weltethik und Weltregierung mitzuwirken. Vor allem der kritische weltweite Journalismus ist in der Pflicht, solche Gedanken salonfähig zu machen.

Der negativ besetzte Einwand unseres verstorbenen Altbundeskanzlers Helmut Schmidt: Politik ziele nicht auf die Förderung von Glück, sondern auf die Verhinderung von Leid … sie bringe nicht Erlösung sondern Erleichterung, lasse ich gelten … nicht aber sein berühmtes Bonmot: Wer Visionen hat, müsse zum Arzt.

Gerade im Hinblick auf die Veränderungen in unserer Gesellschaft durch den enormen Zustrom von Flüchtlingen aus vornehmlich islamisch geprägten Ländern sollten wir uns schleunigst auf die Suche nach neuen Spielregeln für ein weltweites menschliches Miteinander begeben, die dem großen Ideal der Ethik nahekommt: Das Leid in der Welt zu mindern! Das heißt: Die Politik muss neu erfunden werden!

Religionen dürfen nicht im Vordergrund stehen. Ein weltweites soziales, auf den Grundlagen der Solidarität aufgebautes neues Regelwerk ist das Gebot der Stunde. Wir brauchen eine neue Verbindlichkeit für soziales Verhalten, soziale Bindungen und soziale Verpflichtungen im Umgang mit den Menschen aller Kulturen, Religionsgemeinschaften und ethnischen Besonderheiten.

Eine Gesellschafts- und Lebensform zu finden, die nicht auf Religion begründet ist, wird wohl unausweichlich sein!

Wir Menschen sind dringend dazu aufgefordert – als Einzelne und als Gemeinschaft -, die Verantwortung für die gemeinsame Zukunft der Menschheit und der Erde zu übernehmen, ein neues Paradigma für die Zivilisation zu erfinden. Wir müssen schöpferisch sein!

Ich schließe mich den Worten des verstorbenen tschechischen Schriftstellers und Menschenrechtsaktivisten Václav Havel an, der sagte: Die zentrale politische Aufgabe der nächsten Jahre ist die Schaffung eines neues Modells des Zusammenlebens der verschiedenen Kulturen, Völker, Ethnien und Religionen, die alle eine einzige Zivilisation in gegenseitiger Verknüpfung bilden.

In den nachfolgenden Beiträgen vertreten Philosophen, Wissenschaftler, Theologen und Zeitgenossen zu dieser Thematik ihre Sicht der Dinge.

Ich möchte weltweit Menschen und Institutionen gewinnen, die sich diesem hohen Ziel verpflichtet fühlen und sich möglichst zu einer globalen politischen Kraft vereinen.

Was ist Religion?

Religionen werden von Menschen organisiert: von Priestern und Bischöfen, Rabbinern, Imamen und Ayatollahs. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie von Menschen erdacht und gestaltet wurden. Selbst wenn Religionen zum Nutzen mächtiger Personen ausgenutzt und manipuliert wurden, bleibt immer noch durchaus die Möglichkeit, dass die Form einer Religion in ihren Einzelheiten vor allem durch unbewusste Evolution geprägt ist. Dabei handelt es sich nicht um genetische natürliche Selektion, denn die ist zu langsam, um mit ihr die schnelle Evolution und Auseinanderentwicklung der Religionen erklären zu können.

Die genetische natürliche Selektion hat in diesem Zusammenhang die Funktion, das Gehirn mit Vorlieben und Voreingenommenheit zu versorgen. Solche genetisch bedingten Vorlieben und Voreingenommenheit sind:

Die Darstellung des englischen Biologen Richard Dawkins, die ich hier verkürzt wiedergab, zeigt das Handwerkszeug und den Einfallsreichtum all der Glaubensverkünder auf ihrem Weg, ihre Religion zum eigenen Machterhalt zu missbrauchen.

Machen wir uns nichts vor. Solange die politischen Führer der Nationen sich in der Geiselhaft der Religionen befinden, driftet die Menschheit auf den Abgrund zu. Wir brauchen keine Religionen mit abstrusen jenseitigen Wunschbildern, sondern eine der Weltwirklichkeit angepasste Weltethik.

Zitate zum Thema

„Ich betrachte die Religion lediglich als ein kindisches Spielzeug, und glaube, es gibt keine Sünde außer Unwissenheit.“

(Christopher Marlowe, Dichter, 1564 - 1593)

„Religion ist die Poesie der unpoetischen Menschen.“

(Franz Grillparzer, Dichter, 1791 - 1872)

„Religion ist der Dienst an Gott und die Anbetung Gottes oder eines Gottes, ausgedrückt in Formen kultischer Verehrung, im Gehorsam gegenüber göttlichen Geboten, insbesondere wie sie in akzeptierten heiligen Schriften vorliegen.“

(Definition in Webster‘s Dictionary)

„Es gibt kein Volk ohne Religion und erst recht kein Volk ohne Ethos, das heißt: ohne ganz bestimmte Werte und Maßstäbe. Schon in den Stammeskulturen finden sich ungeschriebene, nicht satzhaft formulierte Normen, ein Familien-, Gruppen-, Stammesethos, überliefert in Geschichten, Parabeln und Vergleichen, das sich – wenn als gut erkannt – universalisiert: - ein Sinn für Gegenseitigkeit, Gerechtigkeit, Großzügigkeit (etwa im wechselseitigen Schenken), - eine tiefe Ehrfurcht vor allem Leben (etwa bei Konfliktregelungen, bei Gewaltbestrafung, beim Umgang mit der Natur), - bestimmte Regeln für das Zusammenleben der Geschlechter (etwa Inzestverbot und Ablehnung von Libertinismus), - großer Respekt vor den Alten (und zugleich Sorge für die Kinder) Es ist auffällig: Bestimmte elementare sittliche Standards scheinen sich überall auf der Welt zu gleichen. Ungeschriebene ethische Normen bilden nach Auffassung von Kulturanthropologen den Felsen, auf dem die menschliche Gesellschaft aufgebaut ist. Man kann dies ein Ur-Ethos nennen, das den Kern eines gemeinsamen Menschheitsethos, eines Weltethos, bildet. Dies ist gerade nicht in einer einzigen, in irgendeinem Stamm oder Volk vorfindbaren (aber tatsächlich nicht auffindbaren) Urreligion gemeint. Im Gegenteil: Ein solches Ur-Ethos findet sich in allen möglichen Stämmen und Völkern. Ein Welt-Ethos hat also sein Fundament nicht nur (syn-chronisch) in den heute gemeinsamen Grundnormen der verschiedenen Religionen und Kulturen. Es gründet sich auch (dia-chronisch) auf den schon in vorgeschichtlicher Zeit (vor dem Einsetzen schriftlicher Quellen) sich durchsetzenden Grundnormen der Stammeskulturen. Auch wenn selbstverständlich nicht jede Norm Element eines ursprünglich schon gegebenen Ethos ist, lässt sich doch zur Betonung der bei allen Transformationen gegebenen Kontinuität sagen: heute gelebtes Welt-Ethos im Raum basiert letztlich auf einem biologisch- evolutiv vorgegebenen, in der Zeit erprobten Ur-Ethos.“

(Hans Küng, kath. Theologe und Präsident der Stiftung Weltethos, geb. 1928)

„Nichts macht deutlicher, dass die Religion von Menschen erschaffen wurde, als das kranke Hirn, das sich die Hölle ausdachte, dicht gefolgt von dem arg beschränkten Hirn, dem nichts Besseres einfiel, als den Himmel als Ort weltlicher Behaglichkeit oder ewiglicher Langeweile zu beschreiben.

(Barbara Hufnagel, München)

„Was würden Sie von einem Gott halten, der zu Eroberungskriegen und zügelloser Gewalt aufruft, der den Mord an kleinen Kindern nicht nur gutheißt, sondern sogar anordnet, und der Andersgläubige gnadenlos verfolgt und mit dem Tod bedroht?

Die Rede ist nicht von einem Aztekengott, sondern dem Gott der Christen. Diesen sind die dunklen Seiten ihres Gottes meist nicht bewusst. Selbst fromme Christen kennen die Bibel in der Regel nur sehr lückenhaft und halten sich an die schönen Stellen.“

(Jörn Seinsch, dt. Theologe und Schriftsteller. Aus: Ein Gott der Liebe – Wie Theologen die Bibel verfälschen, Tectum-Verlag, 2015)

„Wer seine Religion lobt, der hat keine.“

(Salomon Baer, Oberdorf)

„Kaum etwas bestimmt das Schicksal der Menschheit so sehr wie der Glaube an eine höhere Macht. In den USA beeinflussen christliche Fundamentalisten die Politik, Islamisten propagieren den Krieg gegen die Ungläubigen, und der Buddhismus zieht immer mehr sinnsuchende Europäer an. Weltmacht Religion beschreibt, warum Menschen wieder Halt im Glauben suchen und welche religiöse Wurzeln es für Gewalt und Terror gibt. Der Konflikt zwischen dem Islam und dem Westen wird ebenso thematisiert wie die Faszination, die der deutsche Papst auf westliche Intellektuelle ausübt.“

(Aus: Weltmacht Religion – Wie der Glaube Politik und Gesellschaft bestimmt, von Karen Andresen und Stephan Burgdorff (Hg.), SPIEGEL-Buchverlag, 2008)

„Die Religion ist das Krankenhaus der Seele, welche die Welt verwundet hat.“

(John Petit-Senn, franz. Dichter, 1792 - 1870)

„Wie viel Hass und Dummheit die Menschen doch – elegant verpackt – Religion nennen können.“

(Sri Aurobido, ind.-engl. Philosoph und Mystiker, 1872 - 1950)

„Religionen sind Kinder der Unwissenheit, die ihre Mutter nicht lange überleben.“

(Arthur Schopenhauer, dt. Philosoph, 1788 - 1860)

„Religion ist weder mit Theologie oder philosophischer Metaphysik zu verwechseln, noch bedarf sie, wie bei Kant, ein bloßes Anhängsel der Moral sein. Ihr eigentliches Ursprungselement ist das Gefühl, ihr eigentlicher Inhalt das Verhältnis zu Gott, und zwar als Gefühl der schlechthinnigen Abhängigkeit vom Unendlichen.

Fragen wie die, ob es einen Gott als Person oder die persönliche Unsterblichkeit der Seele gebe, sind der Religion nicht wesentlich. In der gefühlten Beziehung zum Unendlichen erfährt hier der Mensch die Erhabenheit des Göttlichen und somit die Ewigkeit in der Zeit – da bedarf es keiner speziellen Unsterblichkeit des Einzelnen mehr.“

(Friedrich Daniel Schleiermacher, protestantischer Theologe, 1768 - 1834)

„Wer will, dass die Menschheit - und die von ihr hervorgebrachten Religionen - so bleibt, wie sie ist, der will nicht, dass sie bleibt.“

(Herbert Görtsbrunn, Malmedy/​Belgien)

„Für all jene Leser, die in der Bibel den verbindlichen Moralkodex für uns Menschen sehen: Wenn der Herr, dein Gott, sie (eine belagerte Stadt, JS) in deine Gewalt gibt, sollst Du alle männlichen Personen mit scharfem Schwert erschlagen. Die Frauen aber, die Kinder und Greise, das Vieh und alles, was sich sonst in der Stadt befindet, alles, was sich darin plündern lässt, darfst du dir als Beute nehmen. Was du bei deinen Feinden geplündert hast, darfst Du verzehren; denn der Herr, dein Gott, hat es dir geschenkt. So sollst du mit allen Städten verfahren, die sehr weit von dir entfernt liegen und nicht zu den Städten dieser Völker hier gehören. Aus den Städten dieser Völker jedoch, die der Herr, dein Gott, Dir als Erbbesitz gibt, darfst du nichts, was Atem hat, am Leben lassen. (Dtn 20,13 - 16) … oder … Du wirst alle Völker verzehren, die der Herr, dein Gott, für dich bestimmt. Du sollst in dir kein Mitleid mit ihnen aufsteigen lassen.“ (Dtn 7,16)

(Rolf Becher, Student)

„Das metaphysische Bedürfnis ist eine Reaktionsbildung auf die Sinnwidrigkeit der Welt. Jede Religion lebt ja von der Spannung zwischen eigentlichem Leben (Sinn) und gesellschaftlichem Leben (Funktionieren) Atheistische Aufklärung kann daran nichts Wesentliches ändern. Denn die gesellschaftliche Funktion der Religion ist völlig unabhängig davon, ob die Mehrzahl der Menschen an Gott glaubt oder nicht. Religion ist der Thesaurus, die Schatzkammer des Sinns, und aller Lebenssinn ist religiös. Das gilt für die Religion nach der Aufklärung allerdings unter veränderten Vorzeichen. Religion bietet der modernen Gesellschaft nicht mehr die Antwort auf die Frage nach dem Sinn, sondern sie wirkt nur noch als Unterstellung, dass die Frage einen Sinn hat. Man könnte sagen: Religion hält die Wunde des Sinns offen.“

(Norbert Bolz, dt. Medien- und Kommunikationstheoretiker, geb. 1953. Das Metaphysische Bedürfnis und seine christliche Befriedigung. Aus: Das Wissen der Religion – Betrachtungen eines religiös Unmusikalischen, S. 85, 2008)

„Meine These lautet in der Tat, dass es keine Religion gibt, sondern nur missverstandene Übungssysteme. Ich finde den Begriff Religion falsch und schädlich. Auch steckt in ihm ein Teil des europäischen Kulturimperialismus. Die Inder wussten nicht einmal, dass sie Hinduisten sind, bevor sie durch europäische Religionswissenschaftler darüber aufgeklärt wurden, die Chinesen können bis auf den heutigen Tag mit dem Begriff Religion nichts anfangen, auch im Altgriechischen haben wir kein Wort für Religion, im Hebräischen ebenso wenig. Meine Polemik gegen den Religionsbegriff ist teilweise historisch, teilweise systematisch begründet (…)

Mir geht es nicht um die Selbsterschaffung, sondern um die Selbsthilfe. Ich schlage eine allgemeine Immunologie als Ersatz für die Metaphysik vor. Diese Form von Immunologie steht an Ernsthaftigkeit hinter der Theologie nicht zurück. Verstehen wir uns recht: Immunsysteme im allgemeinsten Sinn sind verkörperte und institutionalisierte Verletzungserwartungen. Wenn man in der Welt ist, weiß man, dass man an einem Ort weilt, wo vieles schief geht. Eines der dunkelsten denkbaren Ereignisse ist zugleich das gewisseste, mein eigenes Ende.

In Bezug auf diese Gewissheit bin ich dazu genötigt, mir Vorstellungen zu machen, wie mit ihr zurechtzukommen wäre. Die klassische Antwort lautet, dass Rettung am ehesten beim Schöpfer zu finden sei. Im Grunde genommen ist das eine Art Kundendienstidee: Der Hersteller muss auch die Garantie für die Entsorgung des Geschaffenen übernehmen. Bestimmte Religionen haben ein großes Interesse an einem starken Schöpfer entwickelt, weil von ihm die größten Immunleistungen erwartet werden dürfen. Wer mich schaffen kann, der kann mich am Ende auch retten.“

(Peter Sloterdijk, dt. Philosoph, gibt. 1947. Die Krise wird Gott. Aus: Nachrichtenmagazin Focus, Interview in 16/​2009)

„Die Religion soll wissen, dass es der Alltag ist, der die Andacht heiligt und entheiligt. Und der Sozialismus soll wissen, dass die Entscheidung darüber, wie ähnlich oder unähnlich der erreichte Zweck dem einst gesetzten ist, davon abhängt, wie ähnlich oder unähnlich dem gesetzten Zweck das Mittel war, durch das es erreicht wurde. Religiöser Sozialismus bedeutet, dass der Mensch in der Konkretheit seines persönlichen Lebens mit den Grundfakten dieses Lebens Ernst macht: den Fakten, dass Gott ist, dass die Welt ist, und dass er, diese Menschenperson, vor Gott und der Welt steht.“

(Martin Buber, jüdischer Sozialphilosoph, 1878 - 1965)

„Es gibt so wenig eine Religion wie eine politische oder wissenschaftliche Theorie, die sich selbst vor Missbrauch schützen kann. Mitteleuropäer, die sich - vom Christentum enttäuscht – dem Buddhismus zuwenden und dessen Gewaltverzicht und Lebensbejahung preisen, idealisieren das Fremde und entwerten das Eigene. Es gibt hierzulande eine penible Kriminalgeschichte des Christentums im Buchhandel, aber eine Kriminalgeschichte des Buddhismus fehlt, obwohl ein engagierter Autor gewiss genügend historische Berichte für sie fände. Denn auch im frommen Tibet dienten erleuchtete Mönche durchaus dazu, Gruppengrenzen zu definieren, Kreuzzüge mit dem Beiwerk von Unterdrückung, Raub und Mord zu rechtfertigen.“

(Wolfgang Schmidbauer, Psychologe, geb. 1941. Aus: Warum der Mensch sich Gott erschuf - Die Macht der Religion, S. 138, 2007)

„Die Religion ist eine Krücke für schlechte Staatsverfassungen.“

(Arthur Schopenhauer, dt. Philosoph, 1788 - 1860)

„Welcher Religion ein Mensch angehört, spielt keine so große Rolle wie seine Bereitschaft ein positiv gestimmter Mensch zu sein! Hier wird der Mensch zum Dienst an der Gemeinschaft verpflichtet. M. E. ein gangbarer Weg zu einem hohen ethischen Anspruch auf Erden.”

(Rolf Möllerhenn, Rentner, evang.)

„Religion ist intolerant, sie führt häufig zu Gewalt, Krieg, Unterdrückung und Elend, und ist daher eine große Gefahr für die Allgemeinheit. Gesellschaftlich richten wir uns gegen jede Form von Religion. Insbesondere sind wir gegen das Christentum, den Islam und das Judentum. Wir setzen uns ein für eine vernunftbasierte Ethik, für Humanismus und Aufklärung. Wir wollen, dass die Gesellschaft endlich eingesteht, dass das Konzept der Religionen versagt hat, und dass nur die Abwendung von Religion und die Hinwendung zur Vernunft und Freiheit, Wohlstand und Frieden gebracht haben. Religion muss öffentlich ebenso geächtet werden, wie jede andere gewalttätige und verbrecherische Ideologie.“

(Atheismus in der Schweiz – atheismus.ch. Aus: Unsere Ziele, Internet, 24. 2. 2009)

„Die wärmende Glaubensgewissheit, die die Religionen darbieten, scheint eine geistige Heizung zu sein, die von den züngelnden Flammen des Höllenfeuers gespeist wird.“

(Oliver Seidl, Nürnberg. Aus: DER SPIEGEL, Leserbrief zum Titelthema Du sollst nicht …,16/​2006)

„Der Glaube einer gottesdienstlichen Religion ist ein Frohn- und Lohnglaube und kann nicht für den seligmachenden angesehen werden, weil er nicht moralisch ist. Denn dieser muss ein freier, auf lauter Herzensgesinnung gegründeter Glaube sein.“

(Immanuel Kant, dt. Philosoph, 1724 - 1804)

„Wer irgendeine Art von Religion zur Stütze seiner Sittlichkeit bedarf, dessen Moralität ist nicht rein, denn diese muss in ihrer Natur nach in sich selbst bestehen.“

(Karoline von Günderode, dt. Schriftstellerin, 1780 - 1806

„In unserem Streben nach Glück und unserem Wunsch, Leid zu vermeiden, sind sich alle Menschen gleich. Daraus resultieren die größten Errungenschaften der Menschheit. Deshalb sollten wir anfangen, auf der Grundlage einer Identität zu denken und zu handeln, die in den Worten „wir Menschen“ wurzelt.“

(Dalai Lama XIV)

„(…) Die mildeste Kritik an der Religion ist mithin die radikalste und vernichtendste. Religion ist von Menschen gemacht. Nicht einmal die Menschen, die sie geschaffen haben, sind sich einig, was ihre Propheten, Erlöser oder Gurus nun tatsächlich gesagt oder getan haben. Und erst recht wird es ihnen nicht gelingen, uns den Sinn späterer Entdeckungen und Entwicklungen zu erklären, die ihre Religionen zunächst behindert oder verleugnet haben. Trotzdem beharren die Gläubigen noch immer auf ihrem Wissen! Ja, sie bestehen darauf, über ein allumfassendes Wissen zu verfügen. Sie wollen nicht nur wissen, dass Gott existiert und dass er den ganzen Laden schuf und beaufsichtigte, sondern auch, was er von uns verlangt – von der Ernährung über religiöse Riten bis hin zur Sexualmoral. Anders ausgedrückt: Im Rahmen eines enormen und komplizierten Diskurses, in dem wir immer mehr über immer weniger wissen, der uns jedoch die eine oder andere erhellende Erkenntnis verspricht, will uns eine Gruppe – die ihrerseits aus widerstreitenden Gruppen besteht – in ihrer schieren Arroganz weismachen, dass sie bereits über alle wichtigen und nötigen Informationen verfügt. Diese Dummheit, gekoppelt mit solcher Überheblichkeit, sollte für sich schon ausreichen, den Glauben aus der Debatte auszuschließen. Wer alles weiß und für seine Gewissheit göttliche Rechtfertigung in Anspruch nimmt, hat seinen Platz in den Anfängen unserer Spezies. Es mag ein langer Abschied werden, doch er hat schon begonnen und sollte wie jeder Abschied nicht unnötig in die Länge gezogen werden.“

(Christopher Hitchens, engl. Buchautor und Journalist, geb. 1949. Gelinde gesagt. Aus: Der Herr ist kein Hirte – Wie Religion die Welt vergiftet, S. 22, 2007)

„Die größte Krankheit aller Religionen sind die Lippenbekenntnisse. Sie führen nicht zur Menschwerdung des Menschen, sie machen vielmehr krank. Eine Religion, die nicht praktische Lebenshilfe ist, führt millionenfach zu Neurosen. So hat das traditionell leibfeindliche Christentum Millionen von Sexualneurosen zu verantworten.“

(Franz Alt, dt. Publizist, geb. 1938)

Meine Kritik gilt vor allem einer autoritären Religion, die Anspruch auf Verehrung und Anbetung einer höheren Macht erhebt und Gehorsam und Unterwerfung fordert. Dies setze ich mit faschistisch oder stalinistisch gleich. Eine solche Religion eignet sich natürlich hervorragend zur Kompensation des Mangelsyndroms, sie bietet ersatzweise Halt und Schutz, allerdings auf Kosten der Lebendigkeit und Gesundheit und mit der großen Gefahr zerstörerischer und vergiftender Wirkungen auf die Seele und die Beziehungen der Menschen.“

(Hans-Joachim Maaz, Psychotherapeut, geb. 1943)

„Religion ist ein Prisma, von dessen sieben Farben jeder seine Lieblingsfarbe wählen mag; alle rühren nur von einem Sonnenstrahl.“

(K. J. Weber)

„Religion ist eine Beleidigung für die Menschenwürde. Mit ihr und ohne sie gibt es gute Menschen, die gute Dinge tun. Aber damit gute Menschen böse Dinge tun, braucht es die Religion.“

(Steven Weinberg, geb. 1933, Physik-Nobelpreisträger)

„Religion ist die einzige Philosophie, die das Durchschnittshirn verstehen und annehmen kann.“

(Joseph Joubert, franz. Moralist, 1754 - 1824)

„Eine Religion nach der anderen löscht aus, aber der religiöse Sinn, der sie alle schuf, kann der Menschheit nicht getötet werden.“

(Jean Paul, dt. Dichter, 1763 - 1825)

„Religion ist Feigheit vor dem Schicksal. Nichts weiter.“

(Rudolf von Delius, dt. Philosoph und Schriftsteller, 1878 - 1946)

„‚Sind Dogmen überflüssig?‘ Wir sind eine Religion ohne Erfahrung und wenn man Religion wieder lebendig machen will, dann nicht durch Dogmen, sondern durch das Suchen nach religiösen Erfahrungen, denn die hat jeder, sie sind nur versteckt wie Träume. Jeder wird zu diesem Satz kommen, sein Leben als Geschenk zu betrachten. Religion ist Sache des Herzens.“

(Jürgen Fliege, ev. Pfarrer und Fernsehtalkmaster, geb. 1947. Aus: Was Deutschlands Prominente glauben, Interview von Hanno Gerwin (Hg.), S. 57, 1. Aufl., 2006)

„Ich denke an manchen Tagen, dass es besser wäre, wenn wir gar keine Religionen mehr hätten. Alle Religionen und alle Heiligen Schriften bergen ein Gewaltpotenzial in sich. Deshalb brauchen wir eine säkulare Ethik jenseits aller Religionen.“

(Dalai Lama XIV)

„Die beste von allen Religionen ist zweifellos auch die deutlichste, und wer den Gottesdienst, den er mir predigt, mit Geheimnissen, mit Widersprüchen belastet, der berechtigt mich hierdurch selbst, ihm nicht zu trauen.“

(Jean Jacques Rousseau, franz. Philosoph, 1788 - 1866)

„Je dümmer, desto schöner, je alberner, desto verehrungswürdiger, je sinnloser, desto erbaulicher. In diese zwölf Worte fasst sich bekanntlich das Ergebnis sämtlicher Dogmengeschichten, sämtlicher Religionen zusammen.“

(Johannes Scherr, Historiker, 1817 - 1886)

„Religiöses Empfinden ist eine eigenartige Mischung von selbstloser Hingabe und eudämonistischem Begehren, von Demut und Erhebung.“

(Georg Simmel, Philosoph und Soziologe, 1858 - 1918)

„Die Absurdität der religiösen Dogmen macht es zu einer endlosen Aufgabe, gegen sie polemisieren zu wollen.“

(Arnulf Överland, Vorsitzender der norwegischen Akademie für Sprache und Literatur)

„Nach der weltweiten Resonanz auf den politischen Islam und die Re-Islamisierung des Ostens muss ich mich der Frage stellen: Bin ich eine Muslimin? Will ich es sein und bleiben? Meine Entscheidung: Ja, ich will Muslimin bleiben, ich will weder konvertieren noch mich von dieser Religion distanzieren, aber ich akzeptiere auch nicht die Religion, die mir gepredigt wird. Ich muss eine Herangehensweise an sie finden, die mir erlaubt in Frieden mit mir selbst zu sein – eine, die mein Menschsein, meine Rationalität und meinen freien Willen respektiert. Und ich will nicht warten, bis jemand anderes dies für mich tut. Ich will diesen humanistischen Islam mithilfe meiner eigenen Rationalität finden. Und dann will ich ihn mit anderen teilen.

Meine humanistische Islam-Auslegung erlaubt es mir, meinen Glauben zu behalten, ohne mein Gefühl für Menschlichkeit, Fairness und Gerechtigkeit hintanzustellen. Fairness bedeutet für mich auch, für Klarheit im Denken und Handeln zu sorgen. Daher kritisiere ich anhand konkreter Vorfälle die falsche Toleranz des Westens gegenüber bestimmten Spielarten islamischer und arabischer Traditionen, die die Grundprinzipien einer offenen, demokratischen und auf Gleichheit der Menschen gebauten Gesellschaft missachten.

In erster Linie sehe ich mich als Humanistin, dann erst als Araberin und Muslimin. Und schließlich bleibe ich eine Frau: Das ist die Linse, durch die ich die Welt sehe und zur Reform des Islams aufrufe! Zu einem reformierten Islam gehört für mich: Menschsein geht vor Religion. Denn nicht der Islam oder andere Religionen sind die Lösung für die Menschen und die Welt, sondern der Mensch selbst. Auch die Wahlfreiheit und die Rationalität zählen für mich zu einem humanistischen Islam. Die Überwindung von Denkverboten, die in einer historischen Selbstaufklärung des Islams im Wege stehen, ist eine dritte Komponente. Die vierte besteht für mich in gleichen Rechten für Frauen und Männer. Ich vertrete einen Islam, der den verschreckten Westeuropäern helfen kann, ihre eigenen Ängste gewahr zu werden und sie im offenen Dialog zu überwinden. Der von mir angestrebte humanistische Islam soll Christen, Juden und Atheisten motivieren, mit, mit Muslimen eine freie, demokratische und die Würde des Einzelnen schützende Gesellschaft weiterzubauen.“

(Elham Manea, Politwissenschaftlerin und Autorin. Aus: Ich will nicht mehr schweigen. – Die Zeit ist reif für einen menschlichen Islam, 2009)

„Die Religion hat viel Schlechtes und nur wenig Gutes hervorgebracht.“

(Helvetius, franz. Philosoph, 1715 - 1771)

„Eine Religion, wie immer sie auch beschaffen sein möge, wird sich vor der Lächerlichkeit immer durch gute Werke retten.“

(Henry de Montherlant, franz. Dichter, 1896 - 1972)

„Der Volksmund sagt: Religion ist Opium für das Volk. Das ist irreführend. Opium ist eine bewusstseinserweiternde Droge.“

(Volker Pispers, dt. Kabarettist)

„Eine Religion, welche nicht oder nicht mehr fähig ist, sich auf die Höhe der erworbenen Wissenschaft zu erheben, ist eine tote Religion.“

(Leopold Zunz, dt. Wissenschaftler, 1794 - 1896)

„Wie denn überhaupt die Religion das rechte Meisterstück der Abrichtung ist, nämlich die Abrichtung der Denkfähigkeit; da man ja bekanntlich nicht früh genug damit anfangen kann. Es gibt keine Absurdität, die so handgreiflich wäre, dass man sie nicht allen Menschen fest in den Kopf setzen könnte, wenn man nur schon vor ihrem sechsten Jahre anfinge, sie ihnen einzuprägen, indem man unablässig und mit feierlichem Ernst, sie ihnen vorsagte.“

(Arthur Schopenhauer, dt. Philosoph, 1788 - 1860. Aus: Parerga und Paralipomena, II, Kap. 26, § 344)

„Wie leichtfertig erliegt unsere Welt den Umtrieben von Männern und Frauen, die für die Glaubensinhalte, die nicht mal Grundschulbildung überstehen dürften, die Zukunft unserer Spezies aufs Spiel setzen würden. Dass so viele von uns nach wie vor für uralte Mythen sterben, ist ebenso befremdend wie grauenvoll, und unser eigenes Verhaftet sein an jene Mythen, ob wir nun gemäßigt sind oder extrem, lässt uns verstummen gegenüber Entwicklungen, die auf unsere endgültige Vernichtung hinauslaufen könnten. Fürwahr, die Religion ist heute ebenso ein unversieglicher Quell der Gewalt, wie sie es in vergangenen Zeiten immer schon war. Die aktuellen Konflikte in Palästina (Juden gegen Moslems), im Balkan (orthodoxe Serben gegen katholische Kroaten; orthodoxe Serben gegen bosnische und albanische Moslems), in Nordirland (Protestanten gegen Katholiken), in Kaschmir (Moslems gegen Hindus), im Sudan (Moslems gegen Christen und Animisten), in Nigeria (Moslems gegen Christen), in Äthiopien und Eritrea (Moslems gegen Christen), auf Sri Lanka (singhalesische Buddhisten gegen tamilische Hindus), in Indonesien (Moslems gegen timorische Christen) und im Kaukasus (orthodoxe Russen gegen tschetschenische Moslems; aserbaidschanische Moslems gegen katholische und orthodoxe Armenier) sind nur einige Beispiele. In diesen Gebieten war die Religion im vergangenen Jahrzehnt ganz eindeutig Anlass für den Tod von buchstäblich Millionen von Menschen. Diese Ereignisse sollten uns vorkommen wie psychologische Experimente, die als Amoklauf endeten, denn genau das sind sie. Man verabreiche den Menschen divergierende, unvereinbare und unüberprüfbare Behauptungen über das, was nach dem Tod geschieht, und verpflichte sie dann zu einem Zusammenleben bei begrenzten Ressourcen. Das Ergebnis ist genau das, was wir vor Augen haben: eine nicht enden wollende Abfolge von Mord und Waffenruhe. Falls die Geschichte uns auch nur eine kategorische Wahrheit offenbart, so jene, dass ein unterentwickeltes Verlangen nach Evidenz das Übelste in uns zum Vorschein bringt. Man füge diesem teuflischen Mechanismus Massenvernichtungswaffen hinzu, und schon hat mein ein Rezept für den Untergang der Zivilisation (…).“

(Sam Harris, US-amerik. Philosoph und Schriftsteller, geb. 1967. Die Last des Paradieses. Aus: Das Ende des Glaubens - Religion, Terror und das Licht der Vernunft, S. 22 - 23, 2007)

„Je religiöser ein Mensch, desto mehr glaubt er, je mehr er glaubt, desto weniger denkt er, je weniger er denkt, desto dümmer ist er; je dümmer er ist, desto leichter kann er beherrscht werden. Das gilt für Sektenmitglieder ebenso wie für die Anhänger der großen Weltreligionen mit gewalttätig intolerantem Wahrheits-Anspruch. Dagegen hilft auf Dauer nur Aufklärung.“

(Adolf Holl, Religionssoziologe, geb. 1930)

„In vielen Ländern Lateinamerikas, Südeuropas und Asiens übt die katholische Kirche eine große – und meistens rückwärtsgewandte – Macht über Geist und Körper der Menschen aus. Die Manipulation des Todes und die Begräbnisrituale bilden die Grundlage der Macht. Nur ein mit dem Segen des Priesters bestatteter Toter hat die Aussicht, ins Paradies zu gelangen. Den anderen droht das Fegefeuer oder die Hölle! Jeder Mensch hat Angst vor dem Tod. Die Manipulation des Todes durch die Kirche unterwirft die Menschen der kirchlichen Bürokratie, ihrem Moralkodex, den gesellschaftlichen, sexuellen, politischen, ökonomischen und ideologischen Wertvorstellungen, die sie umsetzt. Die Manipulation der Angst des Menschen vor dem Tod ist ein Herrschaftsinstrument der Kirche.“

(G. Kutsch, Rentner)

„Keine Religion ist an und für sich selig, sondern allein die Tugend. Religion ist die Tochter der Furcht.“

(Karl Julius Weber, dt. Schriftsteller, 1767 - 1832)

„Ich halte von Religion so viel, dass ich darin die naturgegebenen Problemfelder des Menschen angesprochen sehe. Der religiöse Mensch möchte über sich Bescheid wissen. Er sucht, seine Sinne auszuschöpfen, um zu wissen, was mit ihm ist und mit ihm passiert. Dass in dem Zusammenhang auch die Gottesfrage auftaucht und beantwortet werden möchte, halte ich für einen Begleiteffekt. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass man nicht sehr präzise über Gott Bescheid wissen muss, um ein religiöser Mensch zu sein. Man kann auch als bloß fragender und sich selbst nicht einfach genügender Mensch ein religiöser Mensch sein (…) Die Gewissensfrage wird zukünftig mit Sicherheit in allen Religionen eine große Rolle spielen. Der Einzelne wird mehr als bisher genötigt sein, sich ein religiöses Urteil zu bilden. Er wird sich in den Grundfragen des religiösen Empfindens zu befragen haben, wird sich über die Chancen und die Grenze des Menschseins verständigen und sich selbst überlegen müssen, was er meint, wenn er Gott sagt. Dabei wird er selbstverständlich zuerst seine eigene Religion kritisch befragen müssen, was für ein Gottesbild sie ihm vermittelt. Eine künftige Religion im postkirchlichen Zeitalter könnte eine Art Auswahl-Religion sein, die sich in intensiver Durchleuchtung eigener und fremder Antworten auf Lebensfragen eine individuelle Bahn sucht.“

(Manfred Görg, dt. Theologe. Aus: einem Interview in CONTUREN, Interview, 3/​2000)

„Ich glaube, dass die Religion selbst Betrug ist, und dass die Betrüger damit ein herrliches Geschäft machen.“

(Alfred Hrdlicka, österr. Künstler, geb. 1928)

„Die Religion ist nichts als der Schatten, den das Universum auf die menschliche Intelligenz wirft.“

(Victor Hugo, Schriftsteller, 1802 - 1885)

„Ich habe den Versuch unternommen, den Menschen aus sich selber zu verstehen, und zwar in der ihm eigenen Sonderstellung als Naturentwurf eigener Art. Mein Vorgehen bezeichne ich als empirisch; die Sonderstellung des Menschen in der Natur soll weder mit Hilfe eines jenseitigen Prinzips verstanden werden, noch kann die Eigenart des Menschen aus rein biologischen Voraussetzungen erklärt werden. Der Mensch ist nicht Tier mit Geist. Ich bestimme den Menschen zunächst als ein Mängelwesen. Morphologisch ist nämlich der Mensch im Gegensatz zu allen höheren Säugern hauptsächlich durch Mängel bestimmt, die jeweils im exakt biologischen Sinne als Unangepasstheiten, Unspezialisiertheiten, als Primitivismen, d. h. als Unentwickeltes, zu bezeichnen sind: also wesentlich negativ. Dem Menschen fehlen das instinktsichere Verhalten des Tieres und damit die Umweltstabilisierung. Als ein weltoffenes Wesen ist der Mensch einem Chaos von Reizüberflutungen ausgesetzt und deshalb muss die Grundfrage lauten: Wie ist dieses mit jedem Tier unvergleichbare Wesen lebensfähig? Meine Antwort: Aus eigenen Mitteln und eigentätig muss der Mensch sich entlasten, d. h. die Mängelbedingungen seiner Existenz eigentätig in Chancen seiner Lebensfristung umarbeiten. Die Praxis, der Mensch als handelndes Wesen, steht für mich von vornherein im Blickpunkt der anthropologische Betrachtungsweise und wie in der philosophischen Anthropologie generell tritt die vom Menschen geschaffene Kultur an die Stelle der artspezifischen Umwelt des Tieres. Kultur ist die zweite Natur des Menschen.

Über den Wahrheitsgehalt der Religionen will ich mich nicht äußern. Religion hat für mich nur eine Funktion für Institutionen: Sie garantiert, vor allem in archaischen Gesellschaften, die Dauerstabilisierung des für den Menschen notwendigen Außenhalts. Ich weigere mich, Metaphysik zu treiben. Es ist hier die Rede von einer philosophischen Lehre vom Menschen, die aus guten Gründen der allmächtigen Zeit in den Vordergrund trete, eine sehr kluge Ansicht, die mit meint und mit aussagt, dass eine anthropologische Philosophie keineswegs atheistisch sein muss, aber die Frage nach Gott doch nicht eigens aufwirkt.“

(Arnold Gehlen, dt. Philosoph und Naturwissenschaftler, 1904 - 1976)

„Warum toben die Völker? Eine Ursache des Konflikts liegt meines Erachtens in dem allen drei (Prophetie-) Religionen zugrundeliegenden Heilsgedanken des Auserwähltseins. Dieser fördert natürliche und ideologische Abgrenzung und somit Gegensätze und Rivalitäten, die seit Jahrhunderten in ganz diesseitigen gewaltgeprägten Auseinandersetzungen ausgetragen werden. Es stellt sich die Frage, wie und durch wen eine (Rück-) Besinnung auf gemeinsame ethische Werte zu schaffen ist. Hans Küngs Projekt Weltethos war ein Ansatz (…)“

(Michael Schwarz, Ebersbach, Baden-Württemberg. Aus: DER SPIEGEL, 16/​2006, Leserbrief zu dem Titelthema Du sollst nicht …)

„Ich glaube nicht, dass Religion wieder wichtig wird. Es ist eine ganz und gar säkularisierte Welt, in der wir uns bewegen. Momentan sind Religionen hübsches Beiwerk, jedenfalls in der westlichen Zivilisation. Nein, die katholische Welt geht unter. Die Kirche ist wie eine uralte, störrische Dame, die sterben will, aber immer noch nicht sterben kann. Und der deutsche Papst wird nur eine marginale Persönlichkeit bleiben, die dieser alten Dame hin und wieder den Schweiß von der Stirn tupft. Schade.“

(Robert Schneider, dt. Schriftsteller, geb. 1961. Aus: Publik-Forum, 15/​2008)

„Allein die Tatsache, dass es nicht eine, sondern fünf Weltreligionen gibt, spricht dafür, dass die Religion(en) eine Erfindung des Menschen ist. Der Mensch, der als einziges Lebewesen fähig ist, über sich und seine Existenz nachzudenken, konnte und kann sich nicht gut mit dem Tod als definitiver Endpunkt seines Lebens abfinden. Trotzdem ist die Existenz eines Gottes als Schöpfer des Universums sowie als Motor der Evolution denkbar und demnach möglich.“

(Gerd Havenith, Eupen)

„Sowohl in der Politik als auch in der Religion gibt es einen heiligen törichten Eifer. Indem wir andere überreden, überzeugen wir uns selbst.“

(Junius, engl. Politiker, 1770)

„Die christliche Religion, die den Völkern die Wahrheit bringen wollte, hat in einem beispiellosen Ausmaß mit Lüge und Betrug gearbeitet, sodass Nietzsches Definition des Christentums als Kunst heiligen Lügens mehr als zutreffend ist. Dass dieses Christentum zusätzlich über zweitausend Jahren in Blut gewatet ist, scheint selbst den doch weitgehendst aufgeklärten Christen nicht zu stören. Nicht zu fassen!“

(Herwig Schmitz, Kaiserslautern)

„Ein Mensch ohne Religion ist ein Wanderer ohne Ziel, ein Fragender ohne Antwort, ein Ringender ohne Sieg und ein Sterbender ohne neues Leben.“

(Dom Helder Camara, brasilianischer kath. Theologe und Erzbischof, 1909 - 1999)

„Das Christentum ist nicht mehr der kulturelle Leim einer ganzen Gesellschaft, sondern nur noch ein Ferment darin. Ein Menschenrecht namens Religionsfreiheit hat sich durchgesetzt. Vom 17. bis zum 19. Jahrhundert ist es von Freigeistern, Aufklärern, Bürger- und Arbeitervereinen mühsam erkämpft worden – gegen erbitterten kirchlichen Widerstand. Seit aber die kirchliche Macht nicht mehr ausreicht, es zu verhindern, gehören die Kirchen zu denen, die es am lautesten für sich reklamieren. Wir wollen nur das Recht, unseren Glauben praktizieren zu dürfen wie jede andere Religionsgemeinschaft auch, beteuern sie. Doch wenn sie Recht sagen, meinen sie Vorrecht.

Eintreibung der Kirchensteuer durch den Staat, christlicher Religionsunterricht als reguläres Schulfach, konfessionsgebundene Theologie im gleichen wissenschaftlichen Rang an der Universität wie Physik, Mathematik oder Soziologie: all das, was in unserem Kulturkreis sämtlichen anderen Glaubensgemeinschaften im Namen der Religionsfreiheit verwehrt wird und was die Großkirchen nur dürfen, weil sie es früher durften, als sie für das Menschenrecht der Religionsfreiheit der größte Hemmschuh waren, das soll ihnen selbstverständlich bleiben.“

(Christoph Türcke, dt. Theologe und Philosoph, geb. 1948)

„Nicht der hat Religion, der an eine heilige Schrift glaubt, sondern der, welcher keiner bedarf und wohl selbst eine machen könnte.“

(Friedrich Schleiermacher, protestantischer Theologe, 1768 - 1834)

„Wenn sich die Weltsicht ändert, können auch Religionen den Mut haben, neue Modelle zu kreieren oder die alten neu zu interpretieren, weil sie sonst den Menschen mehr verbauen als ihnen einen Weg zu öffnen.“

(Klaus-Peter Jörns, ev. Theologe, geb. 1933)

„Der Mensch hat zwei Beine und zwei Überzeugungen: eine, wenn’s ihm gut geht und eine, wenn’s ihm schlecht geht. Die letzte heißt Religion.“

(Kurt Tucholsky, dt. Schriftsteller, 1890 - 1935)

„Religion – Den Wahn erkennt natürlich niemals, wer ihn selbst noch teilt.“

(Sigmund Freud, Arzt und Psychoanalytiker, 1856 - 1939)

„Fanatismus ist das Paradies für eine Sekte.“

(John Keats, engl. Schriftsteller, 1795 - 1821)

„Geht man allen Religionen auf den Grund, so beruhen sie auf einem mehr oder minder widersinnigen System von Fabeln. Es ist unmöglich, dass ein Mensch von gesundem Verstand, der diese Dinge kritisch untersucht, nicht ihre Verkehrtheit erkennt.“

(Friedrich der Große, preußischer König, 1712 - 1786)

„Trotz aller weit fortgeschrittenen Säkularisierung trifft heute der Ruf nach neuen Wertmaßstäben, Modellen, Prioritäten und Idealen, nach neuer Lebenssicht und neuem Lebensstil und damit auch nach Ethik und Religion gerade unter der jüngeren Generation auf vielfältiges Echo. Der eindimensionale Mensch sucht, oft unbewusst, nach einer anderen Dimension des Lebens, und das nicht nur transzendierend nach vorne hin zur großen Revolution oder – nach ihrem Scheitern – zur großen Weigerung (H. Marcus), sondern – ebenfalls im Bild gesprochen – in die Höhe oder Tiefe einer wahren Transzendenz, aus der heraus der Mensch zu neuem Leben und Handeln befähigt wird. Nicht allein die eigentlich religiösen Wellen – von Jesus – Movements und charismatischer Bewegung bis zum Interesse an orientalischer Religion und Mystik (und alle möglichen Formen von Aberglauben bis hin zum Teufelsglauben) – zeugen davon. Auch das Engagement in der Bürger- und Menschenrechtsbewegung in Ost und West, Süd und Nord geht bei vielen auf religiöse Motivation zurück. Ebenso die Bewegungen in der 3. Welt vor allem gegen die Armut und für die nationale Unabhängigkeit besonders in Afrika und Südamerika. Früher war der extensiv-direkte Einfluss der Religion auf die Gesellschaft zweifellos größer, heute ist es vielleicht der intensiv-indirekte.“

(Hans Küng, kath. Theologe, geb. 1928. Aus: Existiert Gott?)

„Unter allen Religionen gibt es keine, die für die Fürsten vorteilhafter ist als die christliche; denn diese unterwirft ihnen nicht nur Leib und Vermögen der Untertanen, sondern auch den Sinn und das Gewissen; (…) sie bindet nicht nur die Hand, sondern auch die Affekte und die Gedanken.“

(Giovanni Botero, ital. Priester und Antimachiavellist, 1544 - 1617)

„Tantum religio potuit suadere malorum – So viel Übel vermochte die Religion den Menschen einzureden.“

(Lukrez, röm. Philosoph, 97  55 v. Chr.)

„Für das Leben der meisten Menschen, die jemals existiert haben, war und ist Religion von zentraler Bedeutung. Nach allem, was wir über die Geschichte des Wachstums und der Ausbreitung einzelner Religionen oder Bekenntnisse wissen, lässt sich deren Erfolg durch die sozialen Zwecke erklären, denen sie dienen, und niemand sollte erwarten, dass sie kampflos verschwänden, allein unter dem Ansturm eines Denkens, das den – wie ich meine – berechtigten Anspruch erhebt, Vernunft zu sein.. Denn die Vorzüge, den die Religionen den Gläubigen bieten, liegen auf der Hand und haben offensichtlich große Bedeutung, vor allem wenn Menschen sich in großer Not befinden. Auf einem Begräbnis vermag Darwin kaum Trost zu spenden. Natürlich hat auch das säkularisierte Denken seine verehrungswürdigen Gestalten, Menschen, die eine persönliche Tragödie erlebten, ohne sich tröstlichen Illusionen hinzugeben. Hume ertrug seinen schmerzhaften Tod mit stoischer Ruhe und hielt bis ans Ende an seinem Skeptizismus fest. T. H. Huxley, Darwins unermüdlicher Gefährte, verging fast vor Trauer um den Tod seines vierjährigen Sohnes und wies dennoch die von Charles Kingsley vorgetragene Hoffnung auf ein Wiedersehen im Jenseits zurück. Vielleicht sollten solchen Menschen uns allen als Vorbild dienen, als bewundernswerte Beispiele intellektueller Integrität und eines persönlichen Mutes, der keine Zuflucht in einer Abkehr von der Wahrheit sucht und dazu mit den Anhängern eines Glaubens an das Übernatürliche unterstellt, dass die Geschichten über ein Leben nach dem Tod im buchstäblichen Sinne wahr seien.“

(Philip Kitcher, brit. Wissenschaftsphilosoph, geb. 1947. Aus: Mit Darwin leben, S. 188 - 189, 2009)

„Wer aus meinen Ausführungen Schärfe heraushören will, dem konzediere ich gern, dass die Wortwahl von der Bezogenheit des glaubenslosen Humanisten auf den Menschen herrührt, um den es mir immer geht – und ich mich deshalb bitter tue mit dem, was Religion und Glaube Menschen durch Menschen zugefügt haben, solange wir zurücksehen können. Wenn die Gläubigen unter Ihnen wähnen, dass ich Sie verletzt hätte, so halten Sie mir meine vorangegangene Verletzung durch das zugute, was der Glaube des Menschen unter seinesgleichen angerichtet hat.

Nun kann mir mit Recht entgegnet werden, Religion habe auch Gutes gestiftet, habe menschenfreundliche Werke verrichtet, habe segensreich gewirkt und unendliche Wohltaten verbreitet. O ja, wer könnte, wer wollte das bestreiten? Spreche ich etwa dem einzelnen Gläubigen die Mitmenschlichkeit ab oder seine Bereitschaft zur Nächstenliebe? Natürlich nicht, und wie denn auch? Nur – die guten Taten konnten mich über die bösen noch nie hinwegtrösten, und irgendeine Aufrechnung der einen gegen die anderen gehört für mich ins Reich der Menschenfeindlichkeit. Das dauerhafteste Ergebnis von 2.000 Jahren Christentum ist denn auch das schlechte Gewissen seiner Anhänger über die guten Taten, die zu tun sie unterlassen haben. Die Quintessenz meiner Auseinandersetzung läuft auf das Hauptkriterium des glaubenslosen Humanisten, auf die Grundfrage hinaus: Was taugt Religion, um das Leben der Menschen menschlicher, die Erde, unseren blauen Planeten, für sie bewohnbarer zu machen? Meine Antwort lautet, nimmt man alles in allem: wenig, sehr wenig – bei gleichzeitig gutem Willen unendlich vieler durch alle Äonen der Religionsgeschichte hindurch. Zur Humanisierung des Diesseits hat Religion, hat insbesondere das Christentum, nicht beitragen können, im Gegenteil. Und für irgendein Jenseits, das hier ausgleichend wirken könnte, fehlt mir nicht nur die Vorstellungskraft, sondern auch das Verständnis. Ich ordne jede Lehre vom besseren Jenseits uneingeschränkt ein in die gesellschaftspolitische Vertröstungsfunktion der Religion, nämlich den Glauben des Menschen seit eh und je zu benutzen, um Elend, Not und Ausbeutungsverhältnisse im Diesseits als gottgegeben hinzunehmen und sie damit zu verewigen“