MATHIAS MORGENTHALER
MARCO ZAUGG
AUSSTEIGEN – UMSTEIGEN
Bildnachweise
Fotoatelier Haldemann, Beatrice Hermann, Christoph Hoigné, Cordula von Martha, Daniel Martinek, Mathias Morgenthaler, Adrian Moser, Marcel Studer, Toni Suter, Volker Umbreit, Marco Zaugg, ZVG/PD (vgl. die genauen Bildnachweise in der Printausgabe auf Seite 4)
Alle Rechte Vorbehalten
Copyright: Zytglogge Verlag, 2013
Lektorat: Hugo Ramseyer
Korrektorat: Monika Künzi, Jakob Salzmann
Umschlagfoto: fotolia.de
e-Book: mbassador GmbH, Luzern
ISBN 978-3-7296-0864-1
eISBN 978-3-7296-2012-4
Zytglogge Verlag • Schoren 7 • CH-3653 Oberhofen am Thunersee
info@zytglogge.ch • www.zytglogge.ch
Inhalt
Vorwort von Christian Wenk
Einleitung
Marco Zaugg
Teil 1: Zeit, etwas Neues zu beginnen
Der Auslöser für Veränderungen – Leidensdruck oder Sehnsucht?
Wie laufen Veränderungen ab?
Was hält uns zurück?
Was bringt uns in Bewegung?
Mathias Morgenthaler
Teil 2: Interviews
Adelmann Hans
«Hat man wenig Geld und viel Zeit, ist schon viel gewonnen»
Assig Dorothea / Echter Dorothee
«Die besten Jobs sind niemals ausgeschrieben»
Bangerter Yves
«Wer nie etwas probiert, gibt dem Glück keine Chance»
Bär Elsbeth
Wenn die Talent-Managerin im Keller fündig wird
Bauke Jan
Ein Feuerwehrkommandant mit gutem Draht nach oben
Baumann-von Arx Gaby
«Man muss nur noch die Tür öffnen, wenn das Glück anklopft»
Bosshart Olivia
«Seither mache ich keine Frustkäufe nach Feierabend mehr»
Catena Lisa
«Mani Matter hat viele Söhne, aber keine Töchter»
Conzett Jürg
«Geld ist nicht einfach ein Objekt, es ist ein Energieprinzip»
Cornelius Robin
«Der Kopf ist das schlimmste Organ des menschlichen Körpers»
Dekeyser Bobby
«Ich liebe Krisen, weil sie Energie freisetzen»
Dettwiler Peter
Wenn ein UBS-Manager auf Gewürze, Tee und Kaffee umsteigt
Diesbrock Tom
«Es ist ein Märchen, dass irgendwann der Traumjob auftaucht»
Egger Ulrich
«Lieber ein friedlicher Dissens als ein fauler Kompromiss»
Everett Sophie
Wenn die KV-Angestellte für einen Tag zur Bestatterin wird
Farner Maya
«Ich kann zwar nicht gehen, aber ich könnte versuchen zu tanzen»
Frei Daniel
«Ich wurde ein wenig belächelt von den Mitstudenten an der HSG»
Fuhrimann Patric
«Wir kauften mit dem Geld aus der Pensionskasse 20 Tonnen Quinoa»
Glauser Mike
«Das Schönste bleibt der Märit – da geht richtig die Post ab»
Grossenbacher Mario
Wenn der Pharma-Manager sich freiwillig zur «Gehirnwäsche» meldet
Haenni Loïse
«Ich danke Gott, dass er mich auf diese Idee gebracht hat»
Hauck Iwan
«In meinem Keller finden die Chefs eine Oase zum Ausspannen»
Hinrichs Hansjörg
«Wir drehten an der Erdkugel und suchten unbereiste Gegenden»
Illy Francesco
«Starbucks handelt mit Kühen, nicht mit Kaffee»
Keel Andy
«Manchmal fühle ich mich wie ein neugeborener Eisbär»
Lochbrunner Daniel
«Es gibt wohl keinen emotionaleren Beruf als den des Bestatters»
Lüthi Ariane
«Ich war Feuer und Flamme, als ich sah, wie viel man verändern kann»
Manser Gabriela
«Wenn man zu hoch fliegt, fällt man rasch vom Himmel»
Messerli Jürg
«Eigentlich bin ich heute in erster Linie ein Schatzsucher»
Metzener Paul
«Schwierig wurde es erst, als ich wieder in der Schweiz war»
Meyer Stefan
«Ich bin ein Vermittler zwischen Marktwirtschaft und Kunst»
Notter Pius
«Ich kann mir nicht vorstellen, irgendwann pensioniert zu werden»
Ogi Adolf
«Ich erhalte noch immer jeden Tag 30 Briefe und viele Anrufe»
Pfeifer Andrea
«Mein Leben hat dann einen Sinn, wenn ich dazu beitragen kann, chronische Krankheiten zu heilen»
Schläpfer Emilio
«Ich nutze den Leidensdruck als Instrument der Verwandlung»
Sommer Kuno
«Ich gab den Rebell, aber eigentlich war ich nur ein gut verkleideter Streber»
Staub Mats
«Die Neugier war meistens grösser als die Angst»
Steuder Ananta
«Das Einzige, worauf es wirklich ankommt, ist Stille»
Straub Matti
«Die wichtigen Erfahrungen habe ich in der Stille gemacht»
Tröndle Andreas
«Ich entdeckte ein Paradies, an dem ich immer vorbeigerannt war»
Wasescha Maura
«Mein wichtigstes Startkapital war mein Lachen»
Webster Adrian
«Ich will die Qualitäten der Kindheit zurückholen»
Wellershoff Klaus
«Darum machen alle das Gleiche, auch wenn es noch so falsch ist»
Wenk Christian
«Ich hatte Angst, am Rand der Gesellschaft zu bleiben»
Wyrsch Ernst
«Clinton schlief in unserem Bett, der Atomkoffer war im Kinderzimmer»
Marco Zaugg
Teil 3: Lesen ist gut. Tun ist besser.
Übungen und Tipps für die ersten Schritte
Was finden Sie hier?
Zur Einstimmung
Notizheft
Das Gasthaus
Ihr Ort
Hinein in den Veränderungsmodus
Auf Menschen zugehen
Das Wort «man»
Atmung
Kleine Veränderungen
Persönliche Entwicklungsaufgabe
Ihre Erfolge
Haben Sie eine aktive oder eine reaktive Grundhaltung?
Treffen Sie konkrete Abmachungen mit sich selber!
Entrümpelungsaktion
Wie ticken Sie?
Wie gehen Sie mit sich selber um?
Wie funktionieren Sie?
Dringlichkeit
Woher kommen Sie und wo stehen Sie?
Warum wollen Sie weg?
Fragen zu Ihrer Herkunftsfamilie
Der rote Faden Ihrer Laufbahn
Lebensrad
Ihre Werte
«Love it, leave it or change it»
Wohin wollen Sie?
In fünf, zehn, fünfzehn Jahren
Vorbilder
Ihre Stärken
Ihre Wünsche
Ihre Zukunft
Kriterienliste
Landkarte
Interessenbiografie
Innere Ideenkonferenz
Innere Fantasiereise
Was tun gegen Blockaden?
Bedenkenliste
Glaubenssätze
Zaubersprüche
Antreiber
Perspektivenwechsel
Willenskraft
Sich belohnen
Weiterführende informationen
Bücher
Autoren
Vorwort
Das Wichtigste im Leben ist, frei und glücklich zu sein – viele von uns würden das wahrscheinlich unterschreiben. Nicht wie alt wir werden, wie wichtig wir sind oder welche Hürden wir überwinden müssen, sondern dass wir glücklich sind. Und wir alle träumen, nachts, manchmal auch tags, vom Glück. Bewusst oder weniger bewusst. Träume brauchen eine gewisse Aussicht auf Erfüllung, sonst schmerzen sie uns und wir vergessen oder verdrängen sie früher oder später. Die Zuversicht, dass unsere Träume wahr werden können, ist nicht nur eine Frage des Selbstvertrauens, des Wissens um unsere Fähigkeiten und des festen Glaubens daran, sondern vor allem eine Frage unseres Muts, zu neuen Ufern aufzubrechen – unabhängig davon, was andere darüber denken mögen, wie lange wir suchen müssen und ob wir auch scheitern können. Frei von Ängsten.
Bedenken wie «Was denken andere darüber?», «Wie sehe ich dabei aus?», «Ich kann mich damit doch nicht outen!», «Das habe ich nicht gelernt!», «Jetzt ist es zu spät dafür!», «Das Risiko ist zu gross!» oder «Der Preis ist zu hoch!» blockieren uns. Sie hindern uns daran, unseren Träumen zu folgen und, wer weiss, unser Glück zu finden. Immer wieder, auch in kleinen Dingen im Alltag. Dabei haben wir häufig keine Ahnung, was für immense Fähigkeiten in uns stecken, was alles gelingen würde, wenn wir es nur probierten.
Ich selber habe geglaubt, die Welt erobern zu können, auf der Suche nach dem Glück. Als Medizinstudent, auf dem Weg zum Duathlon-Weltmeister, nebenbei Pianist und frisch verliebt. Ein Trainingsunfall hat auf einen Schlag alle meine Träume zerstört. Paraplegie, Rollstuhl für den Rest des Lebens, «die ultimative Herausforderung», wie ich es im Bewusstsein des totalen Verlusts nannte. Das Wieder-Aufstehen in dieser Situation, das Neuorientieren und Unter-Beweis-Stellen hat vor allem Mut gebraucht. Mut, es trotz allen Bedenken zu probieren. Und nochmals zu probieren. Und hartnäckig ein drittes Mal. Ich brauchte die feste Überzeugung, dass es Wege gab, auch wenn ich sie oft nicht sah. Den Glauben, dass es in den allermeisten Fällen eine Frage des Willens war, ob ich meine Träume realisieren konnte, und nicht eine Frage der Machbarkeit. Rückblickend kann ich mit Verwunderung feststellen, dass ich auch als sogenannt Behinderter praktisch alles erreichen konnte, was mir wirklich wichtig und was theoretisch machbar war: Wieder komplett selbständig zu werden, mich neu zu verlieben, als Arzt das volle Vertrauen der Patienten zu gewinnen, am Klavier mich selbst und andere zu berühren, mit dem Handbike Alpenpässe zu überqueren, Menschen Mut zu machen, ja sogar wieder ein wenig wie damals die Welt zu erobern.
Wo wäre ich heute, wenn ich damals nicht in den Hörsaal zurückgekehrt wäre? Es hat unendlich viel Überwindung gebraucht.
«Wo wäre ich, wenn …?» Fragen Sie sich selbst einmal! Es sind häufig nicht grosse Barrieren, sondern unsichtbare, innere Hindernisse, die uns am stärksten behindern. Solche, die nüchtern betrachtet gar keine sind. Und umgekehrt macht uns kaum etwas glücklicher, als mit Mut und Hingabe ein grosses Hindernis überwunden zu haben. Hand aufs Herz: Bereuen Sie Dinge, die Sie gewagt haben? Oder ist es nicht vielmehr so, dass wir am meisten bereuen, wenn wir etwas gar nicht versucht haben, was wir im Herzen wirklich wollten?
Dieses Buch erzählt von ungewöhnlichen Lebensgeschichten, von Menschen, die kleine und grosse Hindernisse überwunden haben, und macht vor allem Mut. Lassen Sie sich mitreissen!
Christian Wenk
Einleitung
Karriereratgeber gibt es viele. Wie man aufsteigt in grösseren Organisationen, wie man mehr Lohn herausholt in zähen Verhandlungen, wie man dank einwandfreier Bewerbung, beharrlichem Networking und geschicktem Verhalten im Vorstellungsgespräch eine neue, bessere Stelle findet: All das ist hundertfach beschrieben, alle paar Wochen erscheint ein neues Buch mit altem Inhalt dazu.
Selbstverwirklichungs-Bücher gibt es vermutlich noch mehr. Sie tragen Titel wie «Tu was du willst, und du musst nie wieder arbeiten» und machen uns weis, dass sich die Dinge ganz von selber arrangieren, wenn wir nur fest genug auf unser Bauchgefühl oder unsere innere Stimme hören. Wer zu seiner Mitte gefunden hat, so lautet der Tenor dieser Bücher, ist alle Sorgen los, alle Türen stehen ihm offen zum Paradies auf Erden.
Das Buch, das Sie hier in den Händen halten, ist weder ein Karriereratgeber noch ein Selbstverwirklichungs-Buch.
Denn mit Karriere allein ist nichts gewonnen – schon deshalb nicht, weil man nie die oberste Stufe der Leiter erreicht. Es gibt immer andere, die es weiter gebracht haben, die mehr verdienen, grössere Anerkennung bekommen. Und weil sich karrierebewusste Menschen eher gegen oben als gegen unten vergleichen, liegt die Frustration immer näher als die Befriedigung. Kommt dazu, dass Karriere nie umsonst zu haben ist. Vielen dämmert mit der Zeit, dass der Preis, den sie für ihren Aufstieg bezahlt haben und noch bezahlen, hoch ist. Manch glänzende Karriere ist mit Einsamkeit, Verzicht auf Freizeit und Hochstapelei erkauft worden – kein Wunder, melden sich früher oder später Zweifel, Ängste, Sinnfragen, Stress oder Krankheiten.
Auch die Selbstverwirklichung ist eine tückische Sache, denn sie führt leicht in versteckte Abhängigkeiten. Viele Trainer und Gurus, die uns zurufen, alles sei möglich, wenn wir nur genug auf unsere ureigenen Kräfte vertrauten, erreichen mit ihren suggestiven Botschaften genau das Gegenteil von dem, was sie propagieren: teuer bezahlte Gefolgschaft statt Eigenständigkeit. Zudem ist das Märchen, der Erfolg stelle sich von selber ein, wenn man seine wahre Berufung gefunden habe, zu schön, um wahr zu sein. Soll die Arbeit genug Geld für den Lebensunterhalt und Resonanz über den Freundeskreis hinaus einbringen, ist es mit Selbstverwirklichung allein selten getan.
Dieses Buch richtet sich an Menschen, die sich beruflich verändern wollen oder müssen und die auf diesem Weg Orientierung, Inspiration und Unterstützung gebrauchen können – ganz egal, ob Sie Ihre Stelle verloren haben, eine Erkrankung zur Neuorientierung zwingt, Sie sich zunehmend schwertun, im gewohnten Umfeld zu funktionieren, oder Sie sich ohne akuten Leidensdruck mit der Frage auseinandersetzen, worauf es Ihnen ankommt im Leben.
Schliesslich richtet sich dieses Buch auch an jene, die sich zunächst vielleicht gar nicht angesprochen fühlen, weil bei ihnen scheinbar keine Veränderung ansteht. Gemeint sind die vielen Angestellten, die ständig am Jammern sind, obwohl sie einen Job haben und ihr Arbeitgeber sie anständig entlöhnt – nur wissen sie nicht so genau, wofür eigentlich. Sie stellen sich von Zeit zu Zeit die Frage, was ihre Arbeit am Ende bewirkt und ob sie nicht im falschen Film sitzen, weil sie im Grunde etwas ganz anderes machen möchten. Es ist nicht nötig, hier die Gallup-Studien zu zitieren, die uns Jahr für Jahr vorrechnen, wie viele Milliarden den Unternehmen durch unmotivierte Mitarbeiter entgehen. Jeder kann in seinem Umfeld austesten, wie hoch der Anteil jener ist, die mit innerem Feuer zur Arbeit gehen – es sind in der Regel höchstens zwei von zehn Befragten. Bei den anderen acht stellt sich die Frage, ob sie wirklich zufrieden sind mit dem beruflichen Alltagstrott oder ob sie sich in ruhigen Momenten überlegen: War das schon alles? Hatte ich nicht einmal ganz andere Pläne? Wofür möchte ich mich mit ganzer Energie einsetzen? Und was müsste sich ändern, damit dies möglich wäre?
Bei Veränderungen hilft Theorie nur bedingt weiter. Man kann am Beckenrand noch so viele Bücher übers Schwimmen lesen – irgendwann muss man ins kalte Wasser springen, sonst lernt man es nie. Gleichwohl kann es hilfreich sein, die eigene Situation erst einmal von aussen zu betrachten und sich eine ungefähre Vorstellung davon zu machen, welche Phasen wir in Veränderungsprozessen durchlaufen, welche Ängste auftauchen können und wie wir das Ziel auch in kritischen Momenten im Auge behalten.
Teil 1 des Buches, der eine Einführung ins Thema vermittelt und Orientierung verschafft, beruht auf den Erfahrungen, die Marco Zaugg in den letzten zehn Jahren in seiner Coachingpraxis bei der Begleitung vieler Klienten gesammelt hat. So unterschiedlich die Klienten und ihre Anliegen auch waren, manche Themen tauchten immer wieder auf. Deshalb schien es uns sinnvoll, sie im ersten Teil zu benennen und zu skizzieren, was uns bremst in Veränderungen, und welche Ressourcen uns voranbringen.
Teil 2 steht im Zeichen der Inspiration. Wer Stelleninserate liest, könnte meinen, es gebe nur diese engen Jobprofile und es komme darauf an, sich in so ein Profil zu zwängen oder sich die fehlenden Kompetenzen dafür anzueignen. Die 45 in diesem Buch versammelten Interviews von Mathias Morgenthaler – eine Auswahl von über 800 Gesprächen, die er in den letzten 15 Jahren zu diesem Thema veröffentlicht hat – zeigen das Gegenteil: Da begegnen wir einem Bundesliga-Fussball-Torhüter, der heute als Designmöbel-Produzent in 80 Ländern erfolgreich ist, obwohl er als Unternehmer zunächst kolossal gescheitert war. Wir lernen eine Immobilienmaklerin kennen, die heute in St. Moritz die luxuriösesten Objekte verkauft – an jenem Ort, wo sie vor Jahrzehnten als Putzfrau und alleinerziehende Mutter schwierige Startbedingungen vorfand. Und wir machen Bekanntschaft mit einem ehemaligen Bank-Filialleiter, der heute Tee und Gewürze importiert und glücklich ist, mit greifbaren, wunderbar duftenden Produkten zu tun zu haben statt nur mit Nullen und Einsen. Die 45 Porträts in Interviewform zu lesen, ist ein Unterfangen mit Risiken und Nebenwirkungen. Es ist durchaus möglich, dass der Mut und die Leidenschaft dieser Aus- und Umsteiger auf Sie, liebe Leserinnen und Leser, abfärbt und Sie daran erinnert, was durch Sie noch alles in die Welt kommen könnte.
Wo aber anfangen, wenn das Ziel oder der Weg im Nebel liegen? In Teil 3 des Buches stehen Sie dann im Mittelpunkt. Sie finden dort Fragen, Aufgaben und Empfehlungen, die Sie darin unterstützen, die nächsten Schritte jener Veränderung in Angriff zu nehmen, die bei Ihnen gerade ansteht. Diesen Teil nicht nur zu lesen, sondern wirklich durchzuarbeiten, ist anstrengender, als die Erfolgsgeschichten anderer zu lesen, aber der Effort kann sich lohnen. Wer sich nicht nur den Kopf darüber zerbricht, was er ändern möchte, sondern sein Vorhaben systematisch anpackt, riskiert, einiges zu bewegen: zunächst bei sich und bald auch in seinem Umfeld.
So ist es gut möglich, dass dieses Buch Ihre Karriere beflügelt und Ihre Selbstverwirklichung vorantreibt, gerade weil es weder auf das eine noch auf das andere abzielt. In erster Linie geht es uns darum, dass Sie ambitioniert unterwegs sind und Ihre Träume, Talente, Bedürfnisse und Werte ernst nehmen.
Wir wünschen Ihnen eine Lektüre voller Entdeckungen und gutes Gelingen in allem, was Ihnen wirklich wichtig ist.
Mathias Morgenthaler und Marco Zaugg, im April 2013
Der Auslöser für Veränderungen – |
Veränderungen sind etwas ganz Natürliches, sollte man meinen. Unser ganzes Leben besteht aus kleineren und grösseren Veränderungen, das können Biologen ebenso bezeugen wie Paartherapeuten oder Unternehmensberater. Ohne Veränderung kein Stoffwechsel, kein Wachstum, kein Leben. Auch Beziehungen bleiben nicht lebendig ohne Veränderung. Wer das gegenwärtige Glück krampfhaft festzuhalten versucht, riskiert die Erstarrung. Es gilt das Paradox: Wenn es gut läuft, muss man etwas verändern, damit es gut bleibt. Oder mit den Worten von Tomasi di Lampedusa: «Wenn wir wollen, dass alles bleibt, wie es ist, muss sich alles ändern.» Das zeigt sich auch in Unternehmen: Wenn ein Patron, der eine Firma aufgebaut und erfolgreich gemacht hat, zu lange am Bewährten festhält, zu stark nur auf die eigene Erfahrung hört statt auch auf die Impulse der nachrückenden Generation, dann krankt die Firma eher früher als später an mangelnder Veränderungsbereitschaft. Wer das Bewährte kopiert, verpasst die Erneuerung und findet sich irgendwann auf dem Abstellgleis wieder. Dort hat er zwar scheinbar die Kontrolle, aber keine Perspektiven.
Veränderungen sind etwas Natürliches, Alltägliches – und gleichzeitig sind sie etwas Bedrohliches, dem wir oft genug so lange als möglich aus dem Weg gehen. Denn Veränderungen bedeuten stets auch Abschied, Kontrollverlust, Verwirrung, Unsicherheit, Risiko. Wer sich verändert, exponiert sich, erfindet sich neu, im Kleinen oder im Grossen, und er begibt sich auf einen Weg, den er selber nicht kennt.
Nichts fürchtet der Mensch mehr als die Berührung durch Unbekanntes.
ELIAS CANETTI
Was also veranlasst uns, uns zu verändern, obwohl es riskant und oft schmerzhaft ist?
Am Anfang jeder Veränderung steht ein Leidensdruck oder eine Sehnsucht. Meistens ist das allerdings kein Entweder-Oder, sondern es sind zwei Seiten einer Medaille. Wer über längere Zeit einen starken Wunsch, eine unerfüllte Sehnsucht vernachlässigt, wird früher oder später daran leiden, unzufrieden, vielleicht sogar krank werden. Und wer sich permanent energielos fühlt, frustriert ist, keinen Sinn sieht in dem, was er tut, wird vielleicht irgendwann in sich hineinhorchen und sich fragen, was es sonst noch gäbe, von was er geträumt hat früher und was von diesen Träumen übrig geblieben ist. Leidensdruck und Sehnsucht sind keine Gegensätze, sondern unterschiedliche Erscheinungsformen desselben Unbehagens.
Oft ist es ein akuter Leidensdruck, der Menschen zum Handeln veranlasst und einen Coach, Berater oder Psychologen aufsuchen lässt. Jemand verliert die Stelle, einer wird krank, ein anderer geht durch eine Beziehungskrise oder leidet unter depressiven Verstimmungen. Oder, niederschwelliger: Jemand fühlt sich leer, sieht keinen Sinn in seiner Arbeit, ist gestresst und permanent unter Druck, leidet unter Schlaf- und Verdauungsproblemen, hat chronische Rückenschmerzen oder steigt jeden Morgen nur widerwillig und mit bleierner Müdigkeit aus dem Bett. Das sind handfeste Gründe, die nach Veränderungen rufen. Unsere Sehnsucht und unsere Träume dagegen nehmen wir meistens weniger ernst, speziell dann, wenn sie diffus sind – was zu Beginn meistens der Fall ist. Irgendwann manifestiert sich ein Wunsch, manchmal sogar erstaunlich klar und konkret, aber wir trauen ihm selber nicht und finden ohne viel Aufwand eine Handvoll Gründe, die dagegen sprechen, ihn ernst zu nehmen. «Träume sind Schäume», heisst es – kein Wunder, bekennt sich praktisch niemand gerne dazu, ein Träumer zu sein.
Die grösste Verführung im Leben ist, aus Angst nichts zu verändern, nichts zu fühlen, nichts zu riskieren, nicht zu leben.
UNBEKANNT
Ich spreche hier nicht nur aus meiner Erfahrung als Coach, sondern auch als Betroffener, der seine Träume lange abgewertet und weit von sich geschoben hat. Als Kind war ich das, was Eltern einen Träumer nennen, ich konnte nachmittagelang mit einem Buch draussen sitzen, Landschaft und Himmel betrachten und Tagträumen nachhängen. Obwohl ich spürte, wie gut mir das tat, schwörte ich dem Träumen später mehr und mehr ab, taxierte es als minderwertige Tätigkeit, als Zeitverlust. Dann studierte ich Rechtswissenschaften und machte so etwas wie Karriere als Jurist. Ich war am Ende stellvertretender Chef der Rechtsabteilung eines Bundesamts und stand vor der Frage, ob ich mittelfristig gerne den Chefposten meines sieben Jahre älteren Vorgesetzten übernehmen möchte. Vernünftig betrachtet war das eine Chance, aber gleichzeitig gab es einen nicht zu leugnenden Leidensdruck: Ich litt seit Jahren unter depressiven Verstimmungen, fühlte mich gelähmt, neigte zum Jammern und Lamentieren. Mein Leitsatz war: «Das passt mir zwar nicht, aber so ist das halt – da kann man nichts machen.» Meine Energie steckte ich mit Vorliebe in die Vorbereitung von Ferien: Ich tüftelte monatelang Reiserouten aus und lernte mit grossem Einsatz Fremdsprachen wie Norwegisch oder Schwedisch. Ich lachte selber über mich und beschimpfte mich im Stillen dafür, ein typischer kleinkarierter Jurist geworden zu sein.
Irgendwann hatte ich genug von diesem Zustand und wandte mich an einen Psychologen, den ich an einem Seminar über Entscheidungsfindung kennengelernt hatte. Er riet mir zu einer Standortbestimmung und schrieb mir vier Namen auf. Ein Jahr später kam mir der Zettel wieder in die Hand und ich rief kurz darauf jenen Berufsberater an, der mit den unkonventionellsten Methoden arbeitete. Durch die Standortbestimmung wurde mir bewusst, dass es mich in etwas Neues drängte und dass ausserhalb des vorgezeichneten Karrierewegs noch andere Möglichkeiten offenstanden. In kurzer Zeit weitete sich mein Blickfeld: Es ging nicht mehr um die Frage, ob ich entweder in der bisherigen Position bleibe oder Chef werde, sondern es gab auch die Alternative, selber etwas aufzubauen.
Für mich hatte dieser Gedanke gleichzeitig etwas Befreiendes und etwas Bedrohliches. Ich löste mich vom Bisherigen und spürte, wie mir ein Stein vom Herzen fiel. Und ich fiel zwischen Stuhl und Bank, da es offensichtlich keinen Weg zurück gab und das Neue noch nicht trug. Spätestens nachdem ich in einem Zeitungsartikel über ein Seminar des bekannten Coaches Tim Gallwey in Grindelwald gelesen hatte, wusste ich, dass ich Coach werden wollte – gleichzeitig hatte ich keine Ahnung, wie ich das bewerkstelligen sollte und ob es funktionieren würde. Das ist das Verrückte in tief greifenden Veränderungsprozessen: Man schneidet Fäden durch, die einem Halt gegeben haben, und hat gleichzeitig keine Ahnung, wo der neu eingeschlagene Weg hinführt – so sehr man sich Orientierung wünschte in dieser Phase. Ich erzählte meinem Chef von meinen Plänen, verzichtete auf die Option, später Chef zu werden, und konnte in der Folge auf eine Teilzeitstelle wechseln. Das erleichterte mir den Übergang.
In den letzten zehn Jahren habe ich sehr viele Klienten in Umbruchsphasen begleitet. Immer wieder habe ich mich gefragt, wovon es abhängt, ob Veränderungen gelingen – ob Menschen diese im Gefühl erleben, sie beeinflussen zu können, oder ob sie sie primär erleiden oder sich sogar dagegen sträuben.
Der chilenische Coach Julio Olalla hat den Erfolg von Veränderungen in einer verblüffend einfachen Formel dargestellt:
Wille × Anziehungskraft × Zuversicht × Klarheit › Aufwand
Das Produkt aus Wille mal Anziehungskraft mal Zuversicht mal Klarheit muss grösser sein als der erforderliche Aufwand.
Entscheidend sind also vier Faktoren, die für Veränderungen unentbehrlich sind:
Der Wille, eine Sache anzugehen; die Anziehungskraft der Zielvorstellung; die Zuversicht in die Machbarkeit; und die Klarheit über die nächsten konkreten Schritte.
Wichtig ist, dass es sich um eine Mal-Verknüpfung handelt. Das bedeutet: Jeder einzelne Faktor muss eine gewisse Grösse aufweisen, damit das Resultat positiv ausfällt.
Beginnen wir mit dem letzten Punkt: die Klarheit über die nächsten konkreten Schritte. Sie geht oft vergessen, weil dieser Aspekt scheinbar unspektakulär ist. In Veränderungsprozessen stellt man sich tief schürfende Fragen, man möchte das Ziel kennen, beschäftigt sich mit grundsätzlichen Fragen, lässt sich abschrecken, weil vieles im Nebel liegt. Oder man überfordert sich mit dem Anspruch, sämtliche Schritte bis zum Ziel festgelegt haben zu müssen, bevor man sich auf den Weg macht.
Zahlreiche Beispiele zeigen, dass sich etwas entscheidend verändert, sobald man die ersten paar Schritte gegangen ist. Wer sich in Bewegung setzt, erste Schritte wagt und Fussabdrücke hinterlässt, sieht unverhofft klarer und gewinnt eine andere Sicht der Dinge. Sobald man unterwegs ist, empfängt man Zeichen, nimmt neue Möglichkeiten wahr, die vorher gar nicht vorstellbar waren, und begegnet der Umgebung mit einer neuen Offenheit.
Diese Form der Offenheit erlangt man meistens erst dann, wenn man bereit ist, vertraute Dinge wegzugeben. Das können alte Kleider sein, Bücher, Möbel oder andere Gegenstände, die nicht länger von Bedeutung sind, aber auch Gefühle, Gewohnheiten und Einstellungen. Entscheidend ist, dass wir unserem Hirn und unserer Umgebung ein Signal übermitteln, dass da Platz ist für Neues. Erst eine regelmässige «systematische Müllentsorgung», die Fredmund Malik Führungspersonen empfiehlt, macht den Weg frei für neue Ideen und Projekte.
Das Leben antwortet mit Zufällen, wenn ein Wunsch aufsteigt, der stark genug ist.
HANNA SCHYGULLA, SCHAUSPIELERIN
Nicht weniger wichtig ist die Anziehungskraft der Zielvorstellung. Während die nächsten Schritte klar umrissen sein sollen, muss das Fernziel nicht in der gleichen Verbindlichkeit formuliert sein. Entscheidend ist, dass die Zielvorstellung eine hohe emotionale Qualität hat, eine Sogkraft, die uns bewegt. Sie muss eine innere Ausrichtung, einen Fokus ermöglichen. Hilfreich sind hier Imaginationsübungen: Stellen wir uns vor, alles sei möglich, malen wir uns den Idealzustand aus: Wie würde das aussehen, was würden wir fühlen, wenn wir dort angelangt wären? Welche Gerüche, welche Klänge, welche Farben sehen wir dann? Oder, prosaischer: Wie soll unsere Visitenkarte aussehen, wie unser Büro?
Hilfreich bei der Annäherung an die Zielvorstellung kann auch sein, sich auf folgendes Gedankenexperiment einzulassen: «Nehmen wir an, über Nacht geschieht ein Wunder; alles, womit wir uns schwertun, ist aus unserem Leben verschwunden, wir können uneingeschränkt aus dem Vollen schöpfen. Wer merkt etwas davon? Und woran ist die Veränderung am nächsten Morgen ersichtlich?
Solche Techniken werden im lösungsorientierten Coaching eingesetzt. Sie haben den Vorteil, dass sie den Fokus nicht auf die Probleme, sondern auf die Lösung, den erwünschten Zustand legen. Im Alltag tendieren viele von uns dazu, sich mit ihren Schwierigkeiten und Begrenzungen zu identifizieren. Es spricht nichts dagegen, Dinge zu analysieren, die schiefgelaufen sind. Wer aber zu sehr in seinen Problemen kreist, übersieht unter Umständen wichtige Entwicklungsmöglichkeiten. Wenn wir uns intensiv mit einem erwünschten Zustand auseinandersetzen, dann senden wir starke Signale an unser Hirn und an unsere Umgebung – wir sind auf Veränderung ausgerichtet.
Der Psychiater Roberto Assagioli hat in seinen Schriften wiederholt darauf hingewiesen, wie wichtig die Entscheidung ist, wohin wir unsere Aufmerksamkeit lenken und mit welchen Menschen wir uns umgeben. Als ich noch in meiner alten Position war, neigte ich zum Jammern, und ich hatte keine Probleme, Gleichgesinnte zu finden, die mich in meiner Haltung bestärkten. Heute interessiere ich mich ungleich stärker für Entwicklungsmöglichkeiten als für Beschränkungen, und es ist kein Zufall, dass ich in schöner Regelmässigkeit Menschen begegne, die eher zu den Mutmachern als zu den Jammerern gehören.
Es soll hier nicht wie in einigen Motivations-Seminaren der Eindruck erweckt werden, positives Denken sprenge alle Grenzen. Ich halte es für unverantwortlich, den Leuten zuzurufen: «Wenn du fest genug daran glaubst, ist alles möglich!» Ich bin aber überzeugt, dass es unsere freie Entscheidung ist, auf was wir unsere Aufmerksamkeit lenken – ob eher auf die Probleme oder eher auf die Lösungen. Wer bewusst oder unbewusst die erste Perspektive wählt, neigt dazu, die Probleme grösser zu machen, als sie sind. Wer sich eher mit den Lösungen beschäftigt, riskiert, die Probleme ein wenig aus den Augen zu verlieren. Viele von ihnen lösen sich ohnehin auf, wenn wir einer Lösung einen Schritt näher gekommen sind.
Als dritter Faktor spielt die Zuversicht in die Machbarkeit eine wichtige Rolle. Diese hängt stark mit der Klarheit über die ersten Schritte und der Anziehungskraft der Zielvorstellung zusammen. Darüber hinaus kommt hier die Fähigkeit zum Tragen, mit Ängsten konstruktiv umzugehen.
In Umbruchphasen werden wir früher oder später mit Widerständen konfrontiert, die uns herausfordern, zweifeln lassen, Angst machen. Auch hier hängt viel von der inneren Einstellung ab. Wer die erstbesten Schwierigkeiten als Zeichen deutet, dass das Unterfangen offensichtlich nicht zu bewerkstelligen ist, wird stets gute Gründe fürs Scheitern finden. Wer hingegen stark daran glaubt, am Ende sein Ziel zu erreichen, der lässt sich durch ein paar Rückschläge nicht entmutigen, sondern zusätzlich anspornen.
Wohl nirgendwo erkennt man deutlicher, welche Bedeutung die Zuversicht in die Machbarkeit hat, als im Sport. Bei populären Sportarten wie Tennis sind die Leistungsunterschiede zwischen den Besten minim. Gleichwohl ist es Roger Federer gelungen, während Jahren eine unglaubliche Dominanz auszuüben. Das hat nicht nur mit seiner Technik und Fitness zu tun (andere schlagen die Bälle härter und sind körperlich stärker), sondern mit seinem lange Zeit beinahe unerschütterlichen Glauben an die eigenen Fähigkeiten. In nicht wenigen Sätzen musste sich Federer von einem starken Gegner dominieren lassen. Kam der Satz oder das Spiel in die entscheidende Phase, hob er fast immer sein Niveau an und machte praktisch keine Fehler mehr. Hatte er zuvor zehn Mal die einhändige Rückhand verschlagen, spielte er sie beim Matchball plötzlich traumhaft sicher der Linie entlang ins Feld. Solche Spitzenleistungen sind nicht mehr in erster Linie eine Frage des Talents oder der Ausdauer, sondern der Zuversicht in die Machbarkeit und der konkreten Schritte beim Umgang mit schwierigen Situationen. Grosse Sportler und herausragende Unternehmer sind dafür bekannt, dass sie Herausforderungen lieben. Wenn sie in scheinbar ausweglose Situationen geraten, zeigen sie ihr ganzes Können.
Solche mentale Stärke ist bei Veränderungen unverzichtbar. Das gilt nicht nur für eine einzelne herausfordernde Phase, sondern auch für einen längeren Zeitraum. Bei beruflichen Neuausrichtungen ist es meistens schwieriger, das Ziel vor Augen zu sehen, als in einem Tennismatch. Oft irrt man durch ein Zwischenland – das Alte trägt nicht mehr, das Neue ist noch nicht klar erkennbar. In solchen Momenten kommt die Aushaltefähigkeit oder Resilienz zum Tragen. Vielen von uns fehlt eine wichtige Fähigkeit, die sich Sportler und Unternehmer früh aneignen müssen: der professionelle Umgang mit Rückschlägen und Niederlagen.
Wer sich auf seine nächsten Schritte konzentriert und von einem inspirierenden Ziel angezogen wird, der wird seine Zuversicht auch nach Misserfolgen nicht so leicht einbüssen.
Bleibt als vierter Faktor der Wille, eine Sache anzugehen, und die Beharrlichkeit, sie auch durchzuziehen. Wer die Geschichte der wichtigsten Erfindungen studiert, findet zahlreiche Beispiele von beeindruckender Willensstärke, aber auch solche, die sich scheinbar zufällig oder auf Umwegen ergeben haben. Thomas Edison, der Erfinder der Glühbirne, galt in seinem Umfeld längst als ziemlich verrückt, als ihm der Durchbruch gelang – so soll er ungefähr 2000 Substanzen ausprobiert haben, ehe er den Kohlendraht für seine elektrische Birne fand. Es hätte sicher gute Gründe gegeben, nach dem 500. oder 1000. Mal aufzugeben. Am Ende wurde aber seine Beharrlichkeit von einer glänzenden Erfindung gekrönt. Als Jules Verne, der Science-Fiction-Pionier, als 25-Jähriger seinen ersten Roman vollendet hatte, klopfte er mit dem Manuskript unter dem Arm bei 14 Verlegern an – und alle lachten ihn aus. Der 15. war endlich bereit, das Manuskript zu lesen. Nach zehn Tagen versprach er Verne nicht nur, den Roman zu verlegen, sondern bot ihm einen Vertrag an mit einem Buch pro Jahr. Sein Vermögen und auch dasjenige von Verne waren gesichert.
Angesichts solcher Vorbilder kommt man sich selber leicht ziemlich willensschwach vor. Und auch hier stellt sich die Frage, ob wir uns eher auf unsere Stärken oder Schwächen konzentrieren. Unser Wille ist keine einheitliche feste Grösse, er ist aus mehreren Teilaspekten zusammengesetzt, die alle Wesentliches bewegen können. Roberto Assagioli unterscheidet acht Dimensionen des Willens. Ich habe in den letzten 20 Jahren keinen einzigen Klienten kennengelernt, der nicht in einigen dieser Teilaspekte grosses Potenzial gehabt hätte. Eine genaue Betrachtung der verschiedenen Teilaspekte des Willens kann die Selbsteinschätzung verändern und damit die Intensität des Willens verstärken (vgl. Teil 3/Was tun gegen Blockaden?/Willenskraft).
Das Produkt der vier Faktoren Wille, Anziehungskraft, Zuversicht und Klarheit muss also grösser sein als der Aufwand, wenn Veränderungen gelingen sollen. Worin dieser Aufwand im Einzelnen besteht, welche Hürden sich Veränderungsprozessen in den Weg stellen, sei im Folgenden genauer beleuchtet.
Vorerst ist auf ein Missverständnis hinzuweisen, das viele Veränderungen erschwert. Es zeigt sich nie deutlicher als jeweils zum Jahreswechsel. Regelmässig fassen Menschen in dieser Zeit zahlreiche Vorsätze, was sie im neuen Jahr alles anders machen möchten: mehr Sport, weniger rauchen, mehr Zeit mit der Familie, weniger Süssigkeiten, mehr lesen, weniger TV schauen etc. Doch allzu schnell stellt sich bei den meisten die Ernüchterung ein: Man hat es nicht geschafft, der Wille war nicht stark genug, man bleibt inkonsequent und unfähig, sich ernsthaft zu verändern. Das Missverständnis besteht hier darin, dass wir Veränderung als Folge eines Ausnahmebeschlusses erwarten: Wir fällen eine mutige Entscheidung und machen es fortan besser. Es gibt Menschen, bei denen das funktioniert, die etwas dauerhaft verändern infolge eines plötzlichen Entscheids.
Bei vielen anderen jedoch bedarf es einer längeren Gärzeit, eines Prozesses, der aus vielen kleinen bewussten und unbewussten Entscheiden besteht. Sie brüten an einer Sache herum, lange passiert scheinbar nichts, und plötzlich – niemand weiss, warum gerade jetzt – schlägt etwas um und die Veränderung kommt in Gang.
Manchmal spüre ich im Coaching, dass sich ein Kunde gelähmt fühlt wie das Kaninchen vor der Schlange. Es sollte eine Entscheidung her, für oder gegen eine Stelle, aber der Betroffene ist nicht in der Lage, einen Schritt in die eine oder andere Richtung zu machen. In solchen Situationen ist es entscheidend, dass jemand überhaupt einmal in Bewegung kommt, dass er sich öffnet, sich austauscht, schon nur im Gespräch verschiedene Möglichkeiten ausprobiert. Über das Gespräch und über Kontakte eröffnen sich meistens neue Wege, die man allein im stillen Kämmerchen nie gefunden hätte. Deswegen halte ich es für gefährlich, sich vor schwierigen Entscheidungen zurückzuziehen und womöglich ins Grübeln zu verfallen. Nichts gegen intensives Nachdenken, aber unter Druck hat man meistens ein stark eingeschränktes Blickfeld.
Deshalb ermutige ich meine Klienten, sich nicht zu sehr unter Druck setzen zu lassen und die Situation mit Distanz neu zu betrachten. Ein früherer Lehrer hat es so formuliert: «Mache dich weiter als deine Probleme!» Das bedeutet zum Beispiel, sich nicht einfach von einem Ultimatum nach dem Motto «Wähle jetzt A oder B!» unter Druck setzen zu lassen. Wenn man – vielleicht mit professioneller Hilfe – die Situation in Ruhe betrachtet, sieht man meistens: Es gibt viel mehr Möglichkeiten, sobald man das Blickfeld öffnet. Nicht nur das Eine oder das Andere, sondern auch «weder noch», «beides» oder sogar «das ganz Andere». Wenn man sich in einem ultimativen Entweder-Oder festgebissen hat, setzt man sich derart unter Druck, dass man gar nicht mehr handlungsfähig ist. In solchen Momenten rufen mich gelegentlich Kunden an und sagen: «Ich muss mich in drei Tagen entscheiden, ob ich den Job will oder nicht.» Manchmal ist das möglich, oft jedoch müssen sich die unter Entscheidungsdruck stehenden Personen erst einmal Luft verschaffen, damit sie wieder atmen und die Situation in Ruhe betrachten können.
Roberto Assagioli hat beschrieben, wie sehr wir dazu neigen, uns mit unseren jeweiligen Zuständen zu identifizieren – mit Stressgefühlen, mit Angst, mit Problemen, mit Krankheiten. Doch wer sich Raum gibt und gelegentlich einen Schritt zurücktritt, kann feststellen: «Ich habe Angst, aber ich bin nicht meine Angst.» Diese einfache Unterscheidung verhilft zu Distanz und verschafft Entscheidungsspielraum. Ohne diesen innerenFreiraum ist es schwierig, die ersten Schritte in Richtung Veränderung zu gehen.
Wie laufen Veränderungen ab? |
Obwohl Veränderungen unser Leben prägen, mobilisieren wir immer wieder erstaunliche Kräfte, um uns dagegen zu wehren. Erstaunlicherweise halten viele lieber an einem bekannten Unglück fest, als im Unbekannten das Glück zu suchen. Das mag bis zu einem gewissen Grad eine Frage des Charakters sein. Ein Bertrand Piccard oder ein Nick Hayek haben den Entdeckerund Unternehmergeist quasi mit der Muttermilch aufgesogen. Die Neugier war in diesen Familien traditionell viel grösser als die Angst. Sicherheit und Kontrolle waren nie die dominierenden Faktoren. Es wäre unsinnig, aus jedem Menschen einen Piccard oder einen Hayek machen zu wollen. Umgekehrt ist es schade, wenn viele Menschen im Gewohnten verharren, obwohl sie darunter leiden und ihre Talente dabei verkümmern. Oft hat das damit zu tun, dass sie sich falsche Vorstellungen machen von Veränderungen und dass sie sich in wichtigen Momenten abkapseln und keine Unterstützung suchen.
Mancher ertrinkt lieber, als dass er um Hilfe ruft.
WILHELM BUSCH
Gibt es so etwas wie Gesetzmässigkeiten, nach denen Veränderungen ablaufen?
Veränderungsprozesse verlaufen selten gradlinig. Man kann sie deshalb nur bedingt managen oder planen. Trotzdem haben sie eine innere Logik. Sie durchlaufen Phasen, die wir stark vereinfacht als vier Zimmer der Veränderung darstellen können:
Dieses Modell, ursprünglich vom Berater Hansueli Eugster entwickelt, erleichtert das Verständnis privater Veränderungen ebenso wie jenes komplexer Veränderungen in Firmen und Organisationen. Wer diese innere Logik versteht, tut sich leichter damit, auch die schwierigen Momente auszuhalten, ohne den Sinn des Ganzen in Frage zu stellen.
Zu Beginn befinden wir uns im Zimmer der Zufriedenheit (oben links in der Abbildung). Dort hat alles seinen Platz, seine Ordnung. Wir wissen, wie es läuft und was wir zu tun haben. Nicht immer herrscht in diesem Zimmer wirkliche Zufriedenheit, aber es dominiert in jedem Fall die Sicherheit des Gewohnten und Bekannten. Man könnte auch vom Zimmer der Routine oder der Selbstverständlichkeit sprechen.
Eines Tages wirft uns ein Ereignis aus dem Zimmer der Zufriedenheit hinaus. Meist kommt dieses Ereignis unvermittelt von aussen – als würde plötzlich aus heiterem Himmel ein Blitz einschlagen. So legen wir es uns zumindest zurecht. In Wirklichkeit hätten wir schon vorher Anzeichen für ein heraufziehendes Gewitter sehen können. Und doch trifft es uns unvorbereitet, weil wir uns sicher fühlten im Gewohnten. Der Blitz kann viele Formen haben: ein neuer Chef, ein dramatischer Umsatzrückgang, neue Spielregeln oder Technologien, eine Fusion, eine negative Mitarbeiterbeurteilung, ein Unfall oder eine schwere Krankheit, die Entlassung, Arbeitsunfähigkeit wegen akuter Erschöpfung oder Burn-out, der Tod einer nahestehenden Person, Trennung oder Scheidung.
Klar ist in allen Fällen: Sobald der Blitz eingeschlagen hat, ist nichts mehr wie vorher. Wir werden unweigerlich in das nächste Zimmer gestossen, ins Zimmer der Verleugnung. Je heftiger die Umstände, desto stärker fällt unsere Reaktion aus. Wir wehren uns, ignorieren die neue Situation, lehnen alles, was damit zu tun hat, instinktiv ab und versuchen, am Gewohnten festzuhalten. Wut, Aggression, Schuldzuweisungen und Eifersucht dominieren. Wir wollen nicht wahrhaben, dass das Vertraute und Gewohnte nicht mehr funktioniert, wir wünschen uns das Alte zurück, müssen aber feststellen, dass die Tür zum Zimmer der Zufriedenheit vom Zimmer der Verleugnung aus nicht zu öffnen ist. Es gibt also kein Zurück, aber einen Ausweg: Eine Drehtür erlaubt uns, ins Zimmer der Verwirrung zu treten.
Wir können dieses Zimmer betreten, wenn wir eingesehen haben, dass es keinen Sinn hat, sich gegen das Unabänderliche zu sträuben. Besonders angenehm ist es dort aber nicht, wir sind zwischen Stuhl und Bank, haben keinen Boden unter den Füssen und keine Ahnung, wie es weitergehen soll. Wir sind voller Angst, Ambivalenz, Misstrauen und Unsicherheit, die Wände sind voller Fragezeichen, wir hören widersprüchliche Stimmen, sind ratlos, unsicher, ohne klare Perspektive. In dieser qualvollen Situation ist die Versuchung gross, durch die Drehtür wieder zurück ins Zimmer der Verleugnung zu gehen. Dort hat man wenigstens ein Feindbild. Manche richten sich darin dauerhaft ein in Resignation, Jammern und Verbitterung.
Wer es im Zimmer der Verwirrung aushält, übt sich im Abschiednehmen, im Trauern und in Akzeptanz. Er lernt, sich mit der Tatsache anzufreunden, dass es niemals mehr so sein wird, wie es war. Mit der Zeit tauchen dann neue Ideen auf, verwirrend auch sie, unzählige Puzzleteilchen, die sich zunächst nicht zu einem sinnvollen Ganzen zusammenfügen lassen. Das Zimmer der Verwirrung ist der beste Ort zum Fantasieren, Brainstormen, Staunen, Träumen, Planen, wieder Verwerfen. Alles hat Platz, nichts wird bewertet.
Wie oft sind es erst die Ruinen, die den Blick freigeben auf den Himmel.
VIKTOR E. FRANKL
Die Türfalle zum Zimmer der Erneuerung ist versteckt. Lange sieht es so aus, als sei die Tür nicht zu öffnen. Erst wenn das Alte wirklich verabschiedet ist und das Neue ausreichend gegärt hat, können wir die Tür aufstossen, und es zeigt sich ein Silberstreifen am Horizont. Oft wechseln sich Erneuerung und Verwirrung zunächst ab, auch diese Tür kann in beiden Richtungen wiederholt durchschritten werden. Ist jemand aber richtig angekommen im Zimmer der Erneuerung, wirkt das wie ein Zauber. Das Selbstvertrauen kehrt zurück, mit ihm Energie und Tatkraft. Was vorher mühsam und anstrengend war, wird jetzt ganz leicht, wir kommen zielstrebig und zügig voran, die Zweifel treten in den Hintergrund.
Und plötzlich weisst du: Es ist Zeit, etwas Neues zu beginnen und dem Zauber des Anfangs zu vertrauen.
MEISTER ECKHART
So gerne wir für immer in diesem Zimmer bleiben würden, auch hier ist die Aufenthaltsdauer beschränkt. Früher oder später finden wir uns im Zimmer der Zufriedenheit wieder, das Neue ist zur Gewohnheit geworden. Und irgendwann schlägt wieder ein Blitz ein, der bedrohlich, aber gleichzeitig auch heilsam sein kann. Er entwurzelt uns und setzt uns in Bewegung.
Warum ist dieses simple Modell so wichtig für das Verständnis von Veränderungen?
Wer schon Change-Prozesse in Organisationen miterlebt hat, weiss, dass Führungskräfte am liebsten den direkten Weg vom Zimmer der Zufriedenheit ins Zimmer der Erneuerung nehmen würden. Viele von ihnen empfinden die Phasen der Verleugnung und Verwirrung als Zeitverschwendung und Zumutung, statt sie als notwendigen Teil der Veränderung zu begreifen. Sie täten gut daran, sich an das afrikanische Sprichwort zu erinnern, das besagt: «Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.» Denn wenn wir nicht Abschied nehmen können vom liebgewordenen Alten, wenn kein Platz da ist für Trauer und Wut, keine Zeit für Verwirrung, Chaos und Kreativität, ist auch keine echte Erneuerung möglich.
Es gibt also in Veränderungsprozessen keine Abkürzungen, das gilt für Organisationen ebenso wie für Individuen.
In der Coaching-Arbeit zeigt sich immer wieder, wie sehr die Klienten das Zimmer der Verwirrung fürchten, obwohl darin der Grundstein zur Erneuerung gelegt wird. Viele verweilen lieber im Zimmer der Verleugnung, bei ihrer Wut, die wenigstens einen klaren Adressaten hat. Statt sich dem Unbekannten zu öffnen, steigen einige gar über eine Treppe in den Keller unter dem Zimmer der Verleugnung hinab, wo sie sich in der Opferrolle einrichten und dunkle Gedanken wälzen.
Andere versuchen, durchs Zimmer der Verwirrung zu stürmen und direkt zur Erneuerung zu gelangen. Wenn Klienten, die sich durch äussere Umstände ungerechtfertigterweise aus dem Zimmer der Zufriedenheit gestossen fühlen, den Fokus einseitig darauf richten, möglichst rasch einen neuen Job zu finden, hat das oft damit zu tun, dass sie die Verwirrung nicht aushalten. Oft findet bei solchem Aktivismus keine Erneuerung statt, sondern es kommt nur zu einer Schein-Veränderung, die zu schmerzhaften Wiederholungen des gleichen Musters führt.
Sich auf eine Veränderung einlassen bedeutet deshalb auch: Abschied nehmen vom Bestreben, alles zu managen; das Tempo drosseln, den Blick gegen innen richten und Neues wahrnehmen statt krampfhaft versuchen, alles im Griff zu haben. In der Hektik des Alltags und unter grossem Druck gelingen selten tief greifende Veränderungen. Und doch wünschen viele Klienten genau das, wenn sie in meine Coaching-Praxis kommen: einen Ratschlag, der zu einer schnellen Lösung führt, zu einem Ausweg aus dem aktuellen Dilemma.
Ich brauche deshalb oft zunächst eine Art Stopp-Tafel, um zu signalisieren: «Nehmen wir uns Zeit, genau hinzuschauen. Wenn wir uns dieser Aufgabe stellen, kommen wir nachher schneller und besser voran.» Nur ein Stopp ermöglicht uns, aus den Automatismen des Überlebensmodus, die in unserem Reptilienhirn gespeichert sind, herauszutreten. Denn oft funktionieren wir rein reaktiv: Wir nehmen einen Impuls auf und reagieren aufgrund unserer automatisierten Verhaltensmuster, nach denen wir äussere Impulse blitzschnell beurteilen (gut oder schlecht für mich?). Dieser Überlebensmodus, der im entwicklungsgeschichtlich ältesten Teil unseres Hirns abläuft, kommt vor allem bei Druck und Stress zum Tragen. Genaues Hinschauen hingegen ermöglicht bewusste Veränderung. In diesem Fall müssen zwischen den Neuronen im Hirn neue Synapsen gebildet werden, vergleichbar den Verschaltungen in einem Stromkreis. Nicht von ungefähr reden die Hirnforscher davon, dass es beim Lernen darum geht, neue Synapsen zu «pfaden». Bis eine neue Synapse wirklich die alten Pfade ersetzen kann, also ein neues Verhalten wirklich integriert ist, muss die neue Verschaltung wiederholt gepfadet werden. Das allein erklärt, warum Veränderungen nicht von heute auf morgen gelingen. Beim Lernen einer Sprache ist uns klar, dass Fortschritt nicht ohne Wiederholung zu erzielen ist. Bei Verhaltens- oder Einstellungsänderungen vergessen wir oft, dass auch diese Wiederholung brauchen, bis sie sich gefestigt haben.
Meist kommen die Klienten mit eigenen Theorien, mit Erklärungsmustern und Glaubenssätzen. Dann ist es meine Aufgabe, diese scheinbaren Gewissheiten zu hinterfragen, den Klienten mitzunehmen auf eine Reise zu sich selber.
In der Mythologie gibt es das Motiv der Heldenreise: Wenn der junge Held die Komfortzone von Häuslichkeit, Gewohnheit und Bequemlichkeit verlässt, muss er zunächst buchstäblich durch die Asche gehen und sich in vielen gefährlichen Situationen bewähren, bevor er als strahlender Held zurückkehren kann.
Hier geht es nicht darum, Helden zu formen, aber es ist eminent wichtig, auch die Verwirrung und den scheinbaren Stillstand auszuhalten. Denn die Verwirrung ist ein ebenso qualvoller wie produktiver Zustand. Unterschwellig passiert viel, auch wenn sich zunächst nichts davon an der Oberfläche zeigt. Oft kommt es dann wie aus dem Nichts zu einem erstaunlichen Wandel: War lange Zeit alles mühsam und unklar, ist man plötzlich mit erstaunlicher innerer Sicherheit unterwegs. Und nicht nur das: Haben wir den Wendepunkt erreicht, ziehen wir die unglaublichsten Zufälle an, die Ideen und Angebote fallen uns buchstäblich zu. Spätestens dann wissen wir: Das vorher war keine Stagnation, sondern die Vorbereitung auf die Erneuerung.
Was hält uns zurück? |
Das Modell der vier Zimmer macht klar, warum Veränderungen selten gradlinig verlaufen. Was hält Menschen davon ab, ein Ziel mit aller Entschlossenheit anzupeilen oder einen lange gehegten Traum zu verwirklichen? Die Gründe fürs Zögern, Zaudern und Verschieben sind individuell sehr verschieden, aber es gibt einen gemeinsamen Nenner: die Angst.