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GEO
Die Welt mit anderen Augen sehen
Gruner + Jahr AG & Co KG, Druck- und Verlagshaus,
Am Baumwall 11, 20459 Hamburg
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1813 Wohin aber gehst du, Deutschland?
Die ungeliebten Farben
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Befreiungskriege, Völkerschlacht, Zeitenwende: 1813 ist ein Jahr, das ganz Europa erschüttert. Am Ende ist Napoleon besiegt, eine Epoche geht zu Ende, eine neue bricht an. Den Deutschen bringt jene keineswegs jene Einheit und Freiheit, für die viele von ihnen schon damals, vor 200 Jahren, gekämpft hatten. Und für die, im Rückblick betrachtet, der französische Eroberer viel eher einstand als die deutschen Fürsten.
Die GEO-Rekonstruktion eines Schicksalsjahres, in dem ganz Europa marschiert – und sich in Deutschland erstmals eine Nation findet.
Eine Armee von Untoten taumelt westwärts in den ersten Wochen dieses Jahres. Durch die Städte, die Dörfer schleppen sich Gespenstergestalten, von Erfrierungen entstellt, fast wahnsinnig vor Hunger. Manche sind in Priestergewänder gehüllt, wieder andere in Frauenkleider oder Pferdedecken, was immer sie auf ihrem Marsch haben finden können gegen den weißen Tod.
Ein halbes Jahr ist es erst her, da sind diese Männer in makellosen französischen Uniformen, aber ohne ausreichenden Schutz gegen beinahe 40 Grad Kälte nach Russland gezogen, als Teil der bis dahin größten Streitmacht aller Zeiten. 600 000 Soldaten zählt das Heer Napoleons da noch. Mit dieser gewaltigen Kriegsmaschine herrscht er über Europa, von Spanien bis Polen, von der italienischen Stiefelspitze bis zum „Departement Elbmündung“, dessen Hauptstadt Hamburg die fünftgrößte französische Metropole ist. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation musste dem Kaiserreich Napoleons weichen, die deutschen Lande werden von Paris regiert.
Napoleons Truppen sind schnell und beweglich, das macht sie so siegreich. Doch die Mobilität ist erkauft mit dem Verzicht auf eine schwerfällige Versorgungsmaschinerie. Die Soldaten leben vom Land, durch das sie stürmen.
In den Weiten Russlands aber ist wenig zu holen. Und was da ist, vernichten die Russen vor dem anrückenden Feind. Sogar Moskau zünden sie an.
Napoleon jagt einem unerreichbaren Entscheidungskampf hinterher, seine Soldaten marschieren sich in einem leeren Land zu Tode. 400 000 von ihnen sterben, kaum ein Viertel im Kampf. Das ganze Ausmaß der Tragödie offenbart sich erst allmählich, als die Trümmer der Grande Armée zurückfluten an preußische, an napoleonische Ufer. Etwas Ungeheuerliches muss passiert sein weit hinter dem Horizont; das ahnen jene, die am Wegesrand stehen und auf das Treibgut des Krieges starren.
In jenen Januartagen 1813 verbreitet sich die Kunde: Der Franzosen-Kaiser hat keine Armee mehr.
Und es folgt der Ruf: Zu den Waffen!
Das Gasthaus „Zum Goldenen Szepter“ ist Rekrutierungsbüro einer Aufstandsarmee, die ein geeintes, eigenständiges Deutschland erzwingen will; täglich wird das vaterlandselige Gedränge im Schankraum größer. Ganze Hochschulseminare samt Professor treffen ein.