©2006 – Dr. Maik Irmisch (Quellen beim Verfasser)
Herstellung und Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt
Printed in Germany
ISBN 978-3-8448-2482-7
1. Greithers Lebensweg. Greither als Dermatologe.
2. Greithers Bekanntschaft mit Künstlerpersönlichkeiten seiner Zeit. Greither als Kunstliebhaber und -sammler.
2.1. Greither und Wilhelm Schäfer (-Dittmar).
2.2. Greither und Wilhelm von Scholz.
2.3. Greither und Hermann Hesse.
2.4. Greither und Josef Scharl.
3. Greither als Kunst- und Musikhistoriker, Übersetzer und Schriftsteller.
3.1. Greithers Verhältnis zu Russland.
3.2. Greither als Übersetzer von Tilliers „Mein Onkel Benjamin“.
3.3. Greithers Kurzgeschichte „Der Nachtportier“.
3.4. Greither über Mozart und die Musik.
3.5. Greither über die Kunst.
3.6. Greithers „Arztbildnisse“. Greither und Dix.
4. Greither als Lyriker.
5. Greithers weitere „(nicht)-medizinische“ Schriften.
6. Greither als Violinist und Bratschist.
7. Greither als Maler und Linolschnitt-Künstler.
Über den Autor
Die Kunst
Sie ist billig.
Sie ist teuer.
Sie ist der Schatten.
Sie ist das Licht.
Sie kann erfreuen.
Sie kann quälen.
Sie kann vermitteln.
Sie kann missbraucht werden.
Sie zeigt den Ursprung.
Sie zeigt das Ende.
Sie zeigt das Leben.
Sie zeigt den Tod.
Sie spricht viele Sprachen.
Sie verstehen alle Menschen.
Sie überdauert Jahrhunderte.
Sie heißt: DIE KUNST.
Irmisch 2002
Alois GREITHER wurde am 29. Dezember 1913 als Sohn des Grenzaufsehers Johann GREITHER (geb. 25. Januar 1882 – gest. 11. Juni 1964) und seiner Frau Margarete GREITHER, geborene PRESTEL (geb. 19. August 1888 in Dietmannsried – gest.?) in Mittelberg im Kleinen Walsertal geboren.1
Sein Vor- und Taufname wurde zunächst, wie üblich, nur mit „i“ geschrieben, bis ihn GREITHER später selbst in die Form mit „y“, in Anlehnung an seinen Lieblingsnamen „Aloysius“ (auch „Aloisius“) änderte.2
In seiner handschriftlichen Biografie von 1959 schrieb GREITHER: „Ich bin römischkatholischer Konfession.“
GREITHERS Vater wurde als Grenzbeamter öfter versetzt. So musste GREITHER häufig die Schule wechseln. In Mittelberg und in Ebermannstadt/Oberfranken ging GREITHER zur Volksschule, anschließend noch zwei Jahre zum Progymnasium nach Memmingen.
Seit dem 15. April 1926 besuchte GREITHER das Gymnasium in Dillingen an der Donau, wo er im März 1933 die Reifeprüfung mit „hervorragend“ (Religion, Deutsch, Englisch, Mathematik und Geschichte) sowie „lobenswert“ (Latein, Griechisch, Physik, Erdkunde und Turnen) bestand (Urkunde vom 6. April 1933). Nach dem Abitur studierte GREITHER in München Philosophie, Psychologie, Pädagogik sowie Kunst- und Musikgeschichte. Besonders begeisterte er sich für Psychologie. Deshalb promovierte er 1936 bei Geheimrat Aloys FISCHER mit der Arbeit: „Über die psychoanalytischen Theorien zum Selbstmord Jugendlicher“ (Verteidigung der Arbeit am 21. Februar 1936).
Diese erste Dissertation zum Doktor der Philosophie erschien im November 1938, zur Monografie erweitert, unter dem Titel: „Selbstmord und Erziehung. Eine kulturphilosophische, psychologische und pädagogische Studie“ bei seinem Freund, dem jüdischen Verleger Felix MEINER in Leipzig. Dieses Buch kam aber nach den GOEBBELS‘schen Verordnungen auf den Index, was GREITHER und seinen Doktorvater in Schwierigkeiten brachte.
GREITHERS Doktorvater Aloys FISCHER geriet ab 1936 „… in einen aussichtslosen Kampf um seine akademische Existenz. Dem Entlassungsschreiben kam der zermürbte Geheimrat durch eine tödliche Krankheit zuvor. … Ich selbst kam zunächst in keine akute Gefahr. Davor schützte mich einmal die Langsamkeit der Bürokratie, die von meiner ketzerischen Publikation keine Kenntnis nehmen wollte. Zum anderen erschwerte meine neue ärztliche Identität die Verfolgung meiner dissidenten Spur. Als sie endlich aufgefunden war und die Partei nach mir greifen wollte, erwiesen sich meine militärischen Vorgesetzten – trotz genauester Kenntnis meiner Gesinnung – als die Stärkeren. Und hier muss ich dankbar sagen, dass ich ebenso wie bei meinen akademischen Lehrern bei den Soldaten und Offizieren der Wehrmacht nur ausnahmsweise blindergebene Parteigänger des Führers angetroffen habe.“ (GREITHER am 27. Februar 1986 in seiner Ansprache zur Entgegennahme des goldenen philosophischen Doktor-Diploms - nach 50 Jahren „Dr. phil.“.).
GREITHER bemerkte bald, dass die Psychoanalytik ohne die medizinische Gesamtheit nicht voll zu erfassen ist. So begann er mit dem Winter-Semester 1934/35 parallel noch ein Medizinstudium, das er seit dem Sommer-Semester 1936 als alleiniges Studium fortsetzte.
Zunächst studierte er in München und bestand hier auch 1937 sein Physikum.
Das weitere Studium teilte er nach dem Physikum auf und ging für jeweils ein Semester nach Freiburg im Breisgau, zurück nach München und nach Tübingen. Die letzten beiden Semester absolvierte er wieder in München. Das reguläre Staatsexamen wurde aber durch den Ausbruch des Krieges im September 1939 vereitelt. GREITHER: „Zum Ausgleich der ohne Examen erfolgten Approbation (7. Oktober 39) unterzog ich mich einem Rigorosum in zwölf Fächern.“
Zu Kriegsbeginn im September 1939 wurde Aloys GREITHER zum Unterarzt ausgebildet und kam nach der Approbation von Oktober 1939 bis März 1940 zur Sanitätskompanie nach Prag.
Die Prüfungen für sein Staatsexamen absolvierte GREITHER parallel am 26. bzw. 29. Januar und 2. Februar 1940. Gleichzeitig verteidigte er seine zweite, medizinische Promotionsarbeit mit dem Titel: „Über die Ursachen der Frühgeburten – Eine empirische Untersuchung“, die er an der Universitäts-Frauenklinik in München unter RECH anfertigte (Leiter: EYMER).
Im März wurde GREITHER ins Feldlazarett nach Trier und 1941 nach Polen kommandiert. Seit 1942 nahm er am Russlandfeldzug teil. Hier an der Ostfront arbeitete er von 1942 bis 1943 zunächst in dem kleinen Dorf Satischenski bei Orel an der Oka (heute: Orjol, etwa 350 km südwestlich von Moskau) und dann bis 1943 in Orel selbst, in der Hautabteilung des Feldlazarettes 615. GREITHER arbeitete im Lazarett aber keineswegs nur als Dermatologe. Er war dort zugleich Chirurg, Internist, Psychologe und sogar Zahnarzt.
GREITHERS Vorgesetzter und Leiter der Hautabteilung war der Sachse Oberstabsarzt Willy OBERLÄNDER. Unter seiner Leitung arbeitete GREITHER von April bis September 1942 als Hospitant, von Oktober 1942 bis März 1943 als Stationsarzt der Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten im Feldlazarett 615. In dieser Zeit wurden dort über 7.000 Patienten betreut. Während des Heimaturlaubs OBERLÄNDERS leitete GREITHER die Hautabteilung selbständig. Am 17. April 1943 schrieb Aloys GREITHER einen mutigen und offenen Brief an den Schriftsteller Hermann HESSE (Pseudonym Emil SINCLAIR, geb. 2. Juli 1877 in Calw bei Stuttgart – gest. 9. August 1962 in Montagnola/Schweiz) in die Schweiz, in dem er seinen inniglichsten Wunsch nach Frieden verdeutlichte: „Der Frühling zieht ins Land und es blüht der Friede nicht. Diese Jahreszeit ist im Kriege vielleicht am schwersten zu ertragen. Ob es überhaupt noch Länder gibt, in denen der Friede blüht? Ob nicht die Welle des Krieges alle streift, nicht mit Schlachtenlärm, sondern für diejenigen fühlbar, die feinere Nerven haben.“ Nach der Landung der alliierten Truppen in der Normandie am 6. Juni 1944 wurde GREITHER an die Westfront nach Frankreich kommandiert. Gegen Kriegsende geriet er in amerikanische Gefangenschaft und erhielt das Privileg, von Mai 1945 bis Februar 1946 als Chirurg an der Heidelberger Universitätsklinik von Karl-Heinz BAUER als „Prisoner of War“ arbeiten zu dürfen. Mit BAUER entstand eine langjährige Freundschaft. GREITHER fiel nicht unter das Entnazifizierungsgesetz und bekam am 8. Mai 1947 von der Spruchkammer Heidelberg den begehrten „Persilschein“ für die politische Unbedenklichkeit.
Am 1. Mai 1946 wechselte GREITHER zu Walther SCHÖNFELD (1888 – 1977) an die Heidelberger Universitäts-Hautklinik, unterbrochen von einer dreimonatigen Hospitation in Züricher Hautklinik bei Guido MIESCHER (1887 – 1961). 1951 habilitierte sich GREITHER in Heidelberg zum Thema „Experimentelle Untersuchungen zur Entstehung und Beeinflussung des so genannten akuten Lichtschlages“ bei Mäusen.3 Während dieser Zeit wohnte er auch in der Klinik in einem Dachzimmer auf dem Schwesterngang.
Als Oberarzt betreute GREITHER auch die dermatologische Klinikambulanz. Hier lernte er die junge Ärztin Helma-Hilde HOCHGESCHURZ (geb. 9. März 1921 in Kiel) kennen.
Am 22. Dezember 1951 heirateten beide standesamtlich in Heidelberg.4
Nach SCHÖNFELDS Emeritierung übernahm 1959 Josef HÄMEL (1894 – 1969), der 1958 aus Jena in den Westen geflüchtet war, den Lehrstuhl in Heidelberg. GREITHER wurde sein erster Oberarzt. Am 19. Dezember 1959 schrieb HÄMEL in einer Beurteilung über GREITHER: „Das Ansehen, das er besonders im Ausland besitzt, ist vielleicht am besten aus der Tatsache zu ersehen, dass er ohne irgendwelche Vermittlung spontan in das Editorenkollegium der in der Schweiz herausgegebenen, international besonders bedeutsamen Zeitschrift „Dermatologica“ aufgenommen worden ist, dem sonst aus Deutschland nur fünf Ordinarien der Dermatologie angehören. … Er verfügt über eine immense Arbeitskraft, die besonders dadurch dokumentiert wird, dass er, bei vollem Einsatz in der Klinik … immer noch Zeit findet zur Pflege außermedizinischer Interessen, die sich auf dem Gebiet der Literatur, Musik und Kunst bewegen.“
In dieser Zeit stand GREITHER auf den Berufungslisten in Essen an zweiter, in Aachen sogar an erster Stelle. Die Aachener Direktorenstelle nahm er als Nachfolger des pensionierten Chefs Philipp KELLER (1891 – 1973) zunächst auch an.