Aydogan Koc
Warum fällt uns der Himmel nicht auf den Kopf?
Fragen zu Luft- und Raumfahrt einfach und verständlich beantwortet
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Vorwort
Einleitung
1. Eine kleine Geschichte der Luftfahrt
2. Eine kleine Geschichte der Raumfahrt
3. Unsere Atmosphäre
4. Über Aerodynamik
5. Über Flugmechanik
6. Über fliegende Pflanzen und Tiere
7. Über Flugantriebe
8. Andere Fluggeräte
9. Über Hubschrauber
10. Über Flugzeuge
11. Über Raumfahrt
Schlusswort
Impressum neobooks
Aydoǧan Koç
Warum fällt uns der Himmel nicht auf den Kopf?
Fragen zu Luft und Raumfahrt einfach und verständlich beantwortet
Mit Illustrationen von Stefan Schiessl
Koc Consulting
International Cooperation Management
München
Über den Autor:
Aydoǧan Koç, 1957 geboren, studierte Maschinenbau und Luft und Raumfahrttechnik. Mehr als 18 Jahre war er im EADS Konzern (früher MBB/DASA) tätig. Er beschäftigte sich in dieser Zeit mit der Entwicklung und Produktion von Flugzeugen und Raumfahrzeugen als Ingenieur, Projekt und Abteilungsleiter. Seit Mitte 2004 ist er als Geschäftsführer der Koc Consulting in München tätig und berät Firmen in Management, Aerospace Engineering und International Cooperation.
Dank,
all denen, die zum Gelingen dieses Buches beigetragen haben, sei es durch Motivation, Unterstützung und vor allem Begeisterung für die Luft und Raumfahrt. Maria Engelbrecht, Nadine Knebel, Manuela Leitner und Manfred Knappe (EADS) für die redaktionelle Unterstützung und Beratung, meinem Sohn Yiǧit, für seine Neugier und Fragen.
Mein besonderer Dank gilt:
Herrn Nahit Ertongur, seit mehr als 35 Jahren in der Luft und Raumfahrtindustrie tätig, für die technische Beratung und Unterstützung und für die sehr interessanten technischen Gespräche und Diskussionen und Herrn Eugen Reichl, Autor verschiedener Fachpublikationen über Raumfahrt und Vorstandsrat im Verein zur Förderung der Raumfahrt e.V., für das Lektorat.
Dieses Buch ist den Hummeln gewidmet.
Aufgrund unseres heutigen Wissens über Aerodynamik und Flugmechanik ist es eigentlich bewiesen, dass Hummeln nicht fliegen können. Nur gut, dass ihnen das noch niemand gesagt hat. So kümmern sie sich nicht drum, und fliegen einfach trotzdem!
1. Auflage, Dezember 2004
Copyright © by Koc Consulting, München
Sie finden uns im Internet unter www.koc-consulting.de
Alle Rechte vorbehalten
Lektorat: Eugen Reichl
Illustrationen: Stefan Schiessl
Layout & Satz: schiessldesign, Dachau
Mein Sohn fragte mich immer wieder, wie ein Flugzeug fliegt und wie die großen Raketen in das Weltall kommen. Dabei fiel mir auf, dass es mir als Luftund Raumfahrt-Ingenieur besonders schwer fiel, komplexe Zusammenhänge einfach zu erklären. Umfangreiches Detailwissen ist manchmal eher hinderlich. Und die Gefahr sich in umständlichen technischen Referaten zu verlieren ist groß.
Aber ich wollte nicht, dass mein Sohn das Interesse verliert. So versuchte ich mich knapp zu halten, mich nur auf das Wesentliche zu konzentrieren und mit Metaphern und Beispielen zu arbeiten. Nach und nach gelang mir das immer besser.
Ich habe die Fragen meines Sohnes und Antworten in diesem Buch zusammengefasst. Damit kann sich jeder – auch ohne große technische Vorkenntnisse – einen Einblick in die Technik und Physik der Luftund Raumfahrt verschaffen.
Und nichts ist so gut, dass es nicht auch verbessert werden kann. Wenn Ihnen Vereinfachungen, nette Beispiele und Metaphern und vor allem neue Fragen einfallen, melden Sie sich doch bei mir. In der nächsten Ausgabe können Sie mit dabei sein.
koc@koc-consulting.de
Warum fällt uns der Himmel nicht auf den Kopf?
Jedes Kind kennt Asterix den Gallier, seinen dicken Freund Obelix und den ebenso cholerischen wie furchtlosen Häuptling Majestix. Der hat weder Angst vor Römern und Wikingern noch vor anderen Gefahren des Lebens. Er hat eigentlich nur zwei größere Probleme, die ihm zu schaffen machen: Das eine ist seine Frau Gutemiene und das andere ist die Möglichkeit, dass ihm der Himmel auf den Kopf fallen könnte. Bekanntlich sind Männer gegen Frauen chancenlos. Haken wir diesen Punkt also ab. Bleibt also der Himmel. Könnte uns der wirklich auf den Kopf fallen?
Wenn man in einer klaren Nacht zum Firmament blickt, dann scheint dort alles friedlich und ruhig abzulaufen. Die Gestirne nehmen ihren immer gleichen Weg über das Himmelsgewölbe, die Planeten wandern auf ihren bekannten Bahnen. Die Sonne geht morgens im Osten auf und abends im Westen unter. Tag für Tag. Unverändert.
Kein Wunder, dass die Menschen früher glaubten, die Erde sei der Mittelpunkt des Universums. Seit einigen Jahrhunderten wissen wir, dass die Erde nur einer von acht bekannten Planeten im Sonnensystem ist, mit denen zusammen sie sich in gemächlichen Ellipsen und in weitem Abstand um die mächtige Sonne dreht.
Wie unscheinbar und klein unsere Erde ist, erkennt man erst, wenn man sich die Größenverhältnisse mit einem Modell bewußt macht. Wenn 10 Zentimeter in unserem Modell einer Entfernung von 1 Million Kilometer entsprechen würden, hätte die Sonne einen Durchmesser von 14 Zentimetern. Eine Art gelbweißer Lampion also. 15 Meter davon entfernt kreiste die Erde. In unserem Maßstab in etwa so groß wie ein Sandkorn. Um den nächsten Lampion zu erreichen, müssten wir 4.000 Kilometer weit laufen, dann hätten wir die Zwergsonne Proxima Centauri erreicht, unseren nächsten Nachbarn. Proxima Centauri würde im übrigen nur einen recht mickrigen Lampion abgeben, denn in unserem Maßstab ist dieser Stern nur ungefähr so groß wie eine Kirsche.
Im Universum ist alles in Bewegung. Die Erde dreht sich um die eigene Achse mit 1.670 Kilometern pro Stunde am Äquator; der Mond dreht sich um die Erde mit 3.700 Kilometern pro Stunde; die Erde um die Sonne mit 107.000 Kilometern pro Stunde; und die Sonne um den Mittelpunkt unserer Galaxis, die wir manchmal auch Milchstraße nennen, mit fast einer Million Kilometern pro Stunde. Und damit nicht alles haltlos voneinander wegtreibt, gibt es die Gravitation. Sie hält Monde, Planeten, Sterne und Galaxien zusammen.
Und all diese Monde, Planeten, Sterne und Galaxien werden sich auch die nächsten Millionen und Milliarden Jahre im Universum weiter drehen. Braucht also unser Gallier Häuptling doch keine Angst zu haben, dass ihm der Himmel auf den Kopf fällt?
Ein wenig schon, denn da draußen gibt es tatsächlich das eine oder andere, über das wir uns Sorgen machen sollten.
Allein in unserem galaktischen Hausgarten, dem Sonnensystem, fliegen Millionen von Meteoriten, Asteroiden und Kometen durch den Raum. Und sie ändern ihre Flugbahnen aufgrund von Zusammenstößen mit anderen Körpern oder durch die Anziehungskraft der Planeten oder Sterne immer wieder. Diese im Weltall herumsausenden Körper kommen manchmal der Erde gefährlich nahe. Und ab und zu fallen sie sogar auf unseren Planeten herab.
So ist zum Beispiel vor etwa 65 Millionen Jahren ein riesiger Meteorit in den Golf von Mexiko eingeschlagen. Man nimmt heute an, dass dieses Ereignis für das Aussterben der Dinosaurier verantwortlich gewesen ist. Bedrohlich für die Erde und seine Bewohner sind diese Meteoriten und Asteroiden immer dann, wenn sie eine bestimmte Größe überschreiten. Der Grenzwert liegt hier bei ungefähr 30 Metern im Durchmesser. Zum Glück hat unser Planet eine dichte Atmosphäre. Durch die werden die meisten dieser außerirdischen Eindringlinge abgebremst und damit erhitzt – so stark erhitzt dass sie in den oberen Schichten der Atmosphäre verglühen, und den Erdboden gar nicht erst erreichen. Die großen Brocken aber können durchaus eine Gefahr darstellen. Und deshalb beobachtet man unentwegt mit Teleskopen die Bahnen von Asteroiden, welche die Flugbahn der Erde kreuzen könnten. In der nächsten Zukunft ist wohl mit keinem Einschlag zu rechnen, der eine globale Katastrophe auslöst. Aber die kleineren Asteroiden haben wir längst nicht alle katalogisiert. Und eine regionale Katastrophe, und das könnte durchaus das Auslöschen eines kleinen Landes oder einer Großstadt sein, kann uns zu jeder Stunde bedrohen.
Majestix sollte sich also schon Gedanken über einige Sicherheitsvorkehrungen machen. Und dafür haben die Wissenschaftler auch schon Ideen.
In ständiger Angst leben brauchen wir deshalb übrigens nicht. Andere Naturkatastrophen haben einen höheren Wahrscheinlichkeitsgrad, als einschlagende Asteroiden. Und immer, wenn Majestix ein Problem hat, dann schickt er seine beiden besten Männer: Den dicken Obelix und seinen schlauen Freund Asterix. Diese beruhigende Unterstützung hat sich inzwischen auch die Raumfahrtgemeinde zu eigen gemacht: Der erste französische Satellit, gestartet am 26. November 1965 mit einer Diamant A-Rakete, trug den Namen „Asterix“!
Wann fand der erste Flug in der Geschichte der Menschheit statt?
Eine der bekanntesten antiken Sagen erzählt von Daedalus, einem Baumeister und Erfinder, der auf der Insel Kreta das sagenhafte Labyrinth für König Minos erbaute. Daedalus war allerdings nicht freiwillig in den Diensten des Königs. Zusammen mit seinem Sohn Ikarus lebte er dort als Gefangener. Um von der Insel zu entkommen, baute Daedalus für sich und seinen Sohn Flügel aus Federn, zusammengehalten mit Wachs.
Als der Tag der Flucht kam, warnte Daedalus seinen Sohn, nicht zu hoch zu fliegen. Das Wachs in den Federn könne sonst schmelzen, so schärfte er ihm ein. Ikarus aber, in seinem jugendlichen Leichtsinn, war taub für die Warnungen des Vaters. In seiner Begeisterung über die Schönheit des Fluges kam er der Sonne zu nahe, und es kam, wie es kommen musste. Das Wachs in den Federn schmolz, und Ikarus stürzte ab. Die Luftfahrt hatte ihr erstes Opfer gefordert.
Seit jeher betrachtete der Mensch den Flug der Vögel mit Faszination, aber auch mit etwas Neid. Und immer wieder wurde auch versucht, diese besondere Fähigkeit zu erforschen und nachzuahmen.
Der Wissenschaftler, der wahrscheinlich die ersten Flugmaschinen entwarf, war Leonardo da Vinci im 15. Jahrhundert. Im 16. Jahrhundert machte Francesco di Terzi die ersten Entwürfe von Luftschiffen, die leichter als Luft waren. Aber es vergingen dann noch mehr als hundert Jahre, bis tatsächlich erstmals ein funktionsfähiges Luftfahrzeug gebaut wurde.
Der erste Flug einer von Menschen gebauten Flugmaschine fand am 21. November 1783 statt. An diesem Tag erhob sich der Heißluftballon der Gebrüder Montgolfier in den Himmel über Frankreich. Nur Tage später kam es zu einer weiteren Erstleistung, als am 1. Dezember 1783 der Physikprofessor Alexandre Charles mit einem Wasserstoffballon in den Himmel stieg.
Wann gab es die erste Luftbrücke der Welt mit Passagiertransport?
1870 war die französische Hauptstadt von der deutschen Armee vollständig eingeschlossen. Somit war jeglicher Kontakt zwischen Paris und dem unbesetzten Frankreich abgeschnitten. Um wichtige Nachrichten aus der belagerten Hauptstadt hinausbringen zu können, kamen die eingeschlossenen Bewohner von Paris auf die Idee, bemannte Ballone zu benutzen. Am 23. September 1870 entfloh Jules Darouf in einer ersten erfolgreichen Ballonfahrt den deutschen Besatzern. Er entschwebte über den Köpfen der deutschen Truppen und landete drei Stunden später im unbesetzten Teil Frankreichs.
Die zweite Ballonfahrt über den deutschen Einschließungsring unternahm Gaston Tissandier. Auch er blieb unbehelligt. Allmählich ließ aber der Überraschungseffekt nach, und die deutschen Truppen begannen die Ballone zu beschießen. Daraufhin wurde nur noch nachts geflogen. Bei dieser ersten Luftbrücke der Welt wurden bei mehr als 60 Ballonfahrten neun Tonnen Post und 155 Menschen aus Paris ausgeflogen. Nicht alle ausgeflogenen Ballone landeten in Frankreich. Manche kamen bis Holland, einer ging sogar in Norwegen nieder.
Wann gab es die ersten windunabhängigen und gesteuerten Flüge des Menschen?
Die ersten kontrollierbaren und gesteuerten Flüge machte 1891 Otto Lilienthal mit einem Gleitflugzeug. Bei seinen Flügen von einem Hügel in Derwitz bei Berlin erzielte er Reichweiten von bis zu 250 Metern. Im Jahre 1896 kam Lilienthal bei einem Absturz ums Leben. Auf seinen Erkenntnissen konnten andere Flugpioniere aber aufbauen, und am 17. Dezember 1903 führten Wilbur und Orville Wright bei Kitty Hawk (USA) den ersten Flug mit Motorkraft durch.
Die Begeisterung für den Motorflug war bald auf der ganzen Welt entbrannt. Regierungen, Privatleute und Organisationen setzten Preise für verschiedene Wettbewerbe aus, um die technische Entwicklung von Motorflugzeugen voranzutreiben. Am 25. Juli 1909 flog Louis Bleriot mit seiner selbst gebauten Bleriot XI über den Ärmelkanal von Frankreich nach England. Sein Flugzeug war schon recht modern. Motor und Propeller waren vorne angebracht, der Pilot saß dahinter und das Leitwerk war ganz am Ende des Flugzeugs. Bei den ersten Maschinen der Gebrüder Wright war das Leitwerk noch vorne, der Pilot musste auf dem Rumpf des Flugzeugs liegen, der Motor lag hinten und trieb zwei Druckpropeller an.
Wann wurde das Flugzeug erstmals als militärische Waffe eingesetzt?
Eine kleine Anzahl militärischer Flugzeuge wurden etwa ab dem Jahr 1911 bei einigen Armeen der Welt in Dienst genommen. Das waren aber keine Kampfflugzeuge, vielmehr gedachte man, damit die unzuverlässigen Ballone und Zeppeline als Fotoaufklärer abzulösen. Keine der größeren europäischen Mächte hatte beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges eine nennenswerte Flugzeugindustrie. Doch im Verlauf des Ersten Weltkriegs wurde das Flugzeug auch als militäüü