Nr. 2859
Die ParaFrakt-Konferenz
Terraner, Tefroder und Onryonen im Solaren Haus – Perry Rhodan will eine Allianz schmieden
Uwe Anton
Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt
Auf der Erde schreibt man das Jahr 1518 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ). Die Menschen haben mit der Liga Freier Terraner ein großes Sternenreich in der Milchstraße errichtet; sie leben in Frieden mit den meisten bekannten Zivilisationen.
Doch wirklich frei ist niemand. Die Milchstraße wird vom Atopischen Tribunal kontrolliert. Dessen Vertreter behaupten, nur seine Herrschaft verhindere den Untergang – den Weltenbrand – der gesamten Galaxis.
Während sich der Arkonide Atlan ins vermutete Herz dieser Macht begeben hat – die Ländereien jenseits der Zeit –, reist Perry Rhodan durch vergangene Zeiten, um der Gegenwart Hilfe zu bringen. Denn die Gegenwart, wie er sie kennt, wird nicht nur durch die Atopen bedroht, sondern auch durch die brutalen Tiuphoren, die durch einen Zeitriss aus tiefster Vergangenheit zurückgekehrt sind.
Es gelingt Perry Rhodan, eine Abwehrwaffe gegen die Indoktrinatoren – die gefährlichste Waffe der Tiuphoren – zu entwickeln: Diese ParaFrakt genannte Technologie muss er nun möglichst schnell galaxisweit verbreiten, um gegen die über 45.000 Tiuphorenraumschiffe bestehen zu können. Sein Weg dazu führt über DIE PARAFRAKT-KONFERENZ ...
Perry Rhodan – Der Terraner steht hinter der ParaFrakt-Konferenz.
Cai Cheung – Die Politikerin überlässt die Konferenzleitung anderen.
Shekval Genneryc – Der Onryone äußert Vorbehalte.
Sybrand Herzog – Der Stellvertreter Attilar Leccores misstraut den Tiuphoren.
UFo – Der Vorsitzende des Galaktikums begibt sich ins Solsystem.
Prolog
20. September 1518 NGZ
Der Geruch des Alters und des Todes lastete schwer in den ineinander verschränkten Räumen des Banner-Observatoriums.
Ich muss den greisen Camaxi Texolot überzeugen, diese letzte Mission anzutreten, dachte Maxal Xommot, der Caradocc des Sterngewerks CIPPACONTNAL. Er ging an einigen Tiuphoren vorbei, die das riesige Aussichtsfenster des Observatoriums nutzen, um das Sextadim-Banner zu betrachten, das jedes Sterngewerk vor sich hertrug.
Kurz warf auch er einen Blick zum Banner und holte sich Glücksgefühle, bevor er dem Geruch weiterhin folgte.
Oder unterwarf er sich lediglich seinem Instinkt? Ging er zu dem Panoramafenster, weil er ahnte, dass Camaxi Texolot genau dort sitzen würde, auf einer der vordersten Reihen direkt vor der Aussichtsscheibe, die den besten Blick auf das Sextadim-Banner bot?
Der Geruch nach Alter und Tod wurde stärker. Seine Ahnung hatte ihn nicht getrogen. Als er das Fenster fast erreicht hatte, erkannte er einen der auf den Bänken sitzenden Tiuphoren als den Gesuchten. Er war inhörig und trug sein volles Kriegsornat sogar in diesen Stunden, in denen keine Schlacht anstand. Quer über seine Stirn zog sich eine lange Narbe, die er in einem Kampf davongetragen und als Zeichen seines Ruhms nie hatte beseitigen lassen.
Der große, legendäre Kämpfer schaute zu ihm hoch. Natürlich wusste Texolot, wer er war. Nicht nur, weil jeder an Bord des Sterngewerks den Caradocc zumindest vom Sehen her kannte, sondern weil er noch mit und für Maxal gekämpft hatte. Er hatte sich in zahllosen Kampagnen ausgezeichnet, darunter einige gegen die Rayonen, und war der einzige, der drei Zählungen mitgemacht hatte.
Überrascht stellte Xommot fest, dass Camaxi Texolots Ysicc auf der Schulter des alten Kriegers saß. Das halbintelligente Tier war, nach Ysicc-Jahren, mindestens so alt wie der Tiuphore. Müde blickte es den Caradocc an und flatterte schwach mit den Flügeln. Fliegen konnte es längst nicht mehr.
Xommot setzte sich neben Texolot. »Du betrachtest das Sextadim-Banner? Wie so oft in letzter Zeit?«
Im dumpfen Rotgold der Tiucui-Kristalle schien das Banner am Bug zu wehen. Es durchmaß dreißig Meter und bildete eine sehr dünne, gebauschte Membran. In ihr waren die ÜBSEF-Konstanten ausgewählter, von den Tiuphoren befreiter Intelligenzen gefangen. Sie waren nach wie vor bei Bewusstsein, und Xommot wusste, dass die meisten schreckliche Qualen litten, weil sie nicht verstanden, welche Ehre ihnen zuteil wurde. Es waren die Besten, die ihre jeweiligen Spezies zur Zeit des Angriffs hervorgebracht hatten. Den Tiuphoren war an besonders herausragenden Persönlichkeiten gelegen, deren Bewusstseinsinhalte dem Banner im Rahmen der Banner-Zeremonie eingepflanzt wurden.
»Wie immer in letzter Zeit«, sagte Texolot knurrig, anscheinend ungehalten ob der Störung.
»Hörst du sie schreien?«, fuhr der Caradocc unbeeindruckt fort. »Sie sind bei Bewusstsein und leiden.« Stolz erfüllte ihn. Das war die Lebensaufgabe der Tiuphoren: die Planetenkriecher zu unterwerfen und zu töten und die Besten von ihnen in das Sextadim-Banner einzugliedern.
»Nein«, sagte Camaxi Texolot leise. »Ich höre sie nicht, und ich glaube nicht, dass sie leiden.«
Eine weitere Person näherte sich ihrer Bank. Xommot erkannte sie sofort. Es war Urccale, das Orakel des Sterngewerks. Er hatte den Zwitter hierher bestellt, damit er ihn im Gespräch mit dem legendären Recken unterstützte.
Urccale ging leicht gebeugt. Er trug weder eine Uniform noch einen Kampfanzug oder gar eine Brünne, sondern bloß einen weiten Umhang über einer nicht näher zu bestimmenden zivilen Kleidung. Sein Alter konnte der Caradocc nicht genau einschätzten, doch jung konnte das Orakel nicht sein, denn es hatte diese Funktion bereits innegehabt, als Xommot seinen Posten als Befehlshaber des Sterngewerks angetreten hatte.
Das irgendwie verhutzelt wirkende Orakel hatte wie selbstverständlich seinen Ysicc dabei. Das kleine Flugwesen hatte sich auf der Schulter des Tiuphoren niedergelassen und drehte hektisch den dreieckigen Schädel mit den großen schwarzen Augen und nadelspitzen Zähnen nach rechts und links. Es sah seinen Artgenossen auf Texolots Schulter und krächzte etwas, das sich wie »Moizen! Moizen!« anhörte.
Der Ysicc des alten Kriegers krächzte ebenfalls etwas, allerdings so schwach, dass der Caradocc es nicht verstand.
Daraufhin beruhigte sich das Tier des Orakels, breitete die Flughäute zwischen Armen und Beinen aus, zog sie wieder zusammen, zeigte seine scharfe Krallen, stieß erneut ein schrilles Krächzen aus und saß schließlich ganz entspannt da.
Urccale hielt sich sehr oft im Banner-Observatorium auf. Das halbintelligente Tier hatte die Umgebung erkannt, als vertraut und ungefährlich eingestuft und wartete nun beruhigt ab, was das Orakel unternehmen würde.
Die Orakel waren auf besondere, fast mystische Weise mit dem Banner und dem Catiuphat verbunden. Sie bewegten sich frei durch die Sterngewerke, und andere Tiuphoren sahen sie oft im Schiff. Der Caradocc fragte sich, wieso der Ysicc gerade eine so aufgeregte Reaktion gezeigt hatte. Urccale nahm ihn überallhin mit, und er kannte sich in der CIPPACONTNAL aus. Lag es daran, dass er das Sextadim-Banner des Sterngewerks sehen konnte?
Dieser Anblick war für das halbintelligente Tier nicht ungewöhnlich, so wenig wie der seines Artgenossen, den es freudig begrüßt hatte.
Spürte der Ysicc etwa, dass er Camaxi Texolot bald erneut begegnen würde? Stammte die kurze Unruhe daher? Das Bewusstsein eines toten Tiuphoren, der sich als besonders guter Krieger erwiesen hatte, wurde im Rahmen einer Aufhebungszeremonie in das Sextadim-Banner überführt und ging somit ins Catiuphat ein. Die Beutebewusstseine waren fest an das spezielle Banner des Sterngewerks gebunden, das sie schmücken sollten, während die Bewusstseine der toten Tiuphorenhelden sich im Catiuphat tummelten, in der Gesamtheit aller Banner sämtlicher Sterngewerke. Bei der Zeremonie erfüllte der Ysicc eine wichtige Aufgabe. Es war nur eine Frage der Zeit, bis es bei Texolot so weit war.
»Ich glaube nicht, dass sie leiden«, sagte das Orakel. »Jedenfalls nicht alle.« Es musste den letzten Satz des alten Kriegers mitbekommen und seine Schlüsse daraus gezogen haben. »Tiuphoren fügen ihren Feinden kein ewiges Leid zu. Deren Ende mag nicht schnell vonstatten gehen, doch danach folgt kein unendlicher Schmerz, sondern eine Wiedergeburt.«
Camaxi Texolot neigte andächtig den Kopf. Da die Orakel die einzigen Mitglieder ihres Volkes waren, die die Aufhebungszeremonie durchführen konnten, brachten ihnen die anderen Tiuphoren große Ehrfurcht entgegen. Außerdem war das Orakel der einzige Tiuphore, der über die Fähigkeit und die Ausbildung verfügte, mit dem Banner zu kommunizieren. Der alte Krieger hätte Urccales Aussage wahrscheinlich auch nicht widersprochen, wenn er anderer Meinung gewesen wäre.
»Du bist catiuphatdurstig«, stellte der Caradocc fest. »Du möchtest sterben, vom Sein nach dem Sein aufgehoben werden.«
»In das Catiuphat aufgenommen werden«, stimmte der Greis ihm zu.
»Wie könntest du da etwas anderes glauben?«, fuhr Xommot fort.
»Du bist ein verdienter Kämpfer«, sagte Urccale bestimmt. »Du wirst ins Catiuphat übergehen, in das Reich jenseits des Lebens, das besonders tapferen Kriegern der Tiuphoren vorbehalten ist. Ich bin der diesseitige Wächter des Catiuphats. Es ist meine Aufgabe, dem Totenreich weitere verdiente Kämpfer zuzuführen, und ich werde sie erfüllen.«
»Du musst wissen, ob die Bewusstseine im Catiuphat Qualen erleiden«, sagte der alte Krieger leise. »Du kannst Verbindung mit ihnen aufnehmen.«
»Ich glaube nicht an diese unsäglichen Qualen, die Ungläubige angeblich erleiden«, antwortete das Orakel – ein wenig ausweichend, wie der Caradocc fand. »Sicher, die erste Zeit im Banner mag für die dort Eingepflanzten furchtbar sein, zumal sie nicht unseres Glaubens sind, doch ich sehe den Übergang in der Tat als zweite Geburt.«
Camaxi Texolot schien sich damit zufrieden zu geben, Xommot nicht. »Das Klagen der im Sextadim-Banner des Sterngewerks gefangenen Bewusstseine ist ständig wahrnehmbar.«
»Nicht mehr«, widersprach Urccale. »In dieser neuen Zeit, in der wir uns befinden, ist es verstummt.«
Aber früher war es das!, lag es dem Caradocc auf der Zunge, doch er schwieg. Das Gespräch über das Banner hatte einen unangenehmen Verlauf genommen. Er wollte Camaxi Texolot nicht davon abhalten, ins Banner überzugehen, ganz im Gegenteil.
»Diese neue Zeit ...«, sagte Camaxi Texolot. Er klang niedergeschlagen.
»Bereitet sie dir Probleme?«, fragte der Caradocc.
»Das nicht«, antwortete der alte Kämpe zögernd. »Doch ich möchte aus dem Catiuphat zur Sammlung gerufen werden ...«
»Du möchtest schon im Catiuphat sein, wenn der Ruf zur Sammlung dich ereilt?«, hakte das Orakel nach.
»Unbedingt ...« Camaxi Texolot stockte.
Maxal Xommot stieß heftig die Luft durch die schmalen Nasenschlitze aus. Er hatte das Gefühl, dass das Gespräch ihm immer weiter entglitt. Überhaupt ... Er bezweifelte, dass der Ruf zur Sammlung jemals erfolgen würde. Für ihn war er nur Teil der tiuphorischen Mythologie.
Er musste wieder die Richtung bestimmen, die das Gespräch nahm, ohne den alten Krieger vor den Kopf zu stoßen. »Aber?«
»Was, wenn wir den Ruf zur Sammlung durch diesen Zeitsprung verpasst haben?«, ergänzte Texolot.
»Eine schreckliche Vorstellung«, antwortete das Orakel
»Das glaube ich nicht.« Der Caradocc richtete sich auf. »Kein Tiuphore wird den Ruf zur Sammlung verpassen.« Er wollte mit seinen Worten den Alten besänftigen.
Camaxi Texolot schaute zum Sextadim-Banner hinaus. So unglaublich es klang, die dünne Membran schien tatsächlich im luftleeren All vor dem Bug des Sterngewerks zu wehen. Sie bewegte sich wie in einem schwachen Luftzug.
Der Alte richtete den Blick wieder auf den Caradocc. »Du bist nicht hier, um mit mir über den Ruf zur Sammlung zu plaudern oder über das Catiuphat.«
»Nein«, gestand Xommot ein.
»Warum bist du hier?«
Der Ysicc stieß ein kurzes, schrilles Krächzen aus, als kenne er die Antwort auf diese Frage bereits.
»Ich möchte dich bitten, ein letztes Mal in einen Einsatz zu gehen.«
»Bitten?« Der alte Krieger sah den Caradocc fragend an. »Du musst es nur befehlen, und ich werde freudig eilen. Vielleicht erwartet mich in diesem Einsatz ja ein würdiger Tod.«
»Ich möchte dich trotzdem bitten. Es ist ein extrem wichtiger, aber auch sehr ungewöhnlicher Einsatz.«
»Sieh deine Bitte als erfüllt an. Was ist das für ein Einsatz?«
»Der Tomcca-Caradocc Accoshai von der XOINATIU erhielt Hinweise, dass ein Volk dieser Galaxis, das sich nach seinem Heimatplaneten Terraner nennt, Mittel und Wege gefunden hat, den Indoktrinatoren zu widerstehen.«
»Den Indoktrinatoren zu widerstehen?«, echote Camaxi Texolot ungläubig. »Wie soll diesen Terranern das gelungen sein?«
»Wir haben Kenntnis davon«, sagte Xommot ausweichend.
»Und was ist das für ein Einsatz?«
»Ich möchte, dass du mit ein paar Leuten in Erfahrung bringst, ob das zutrifft – und welcher Art die Gegenwaffe ist.«
Der alte Krieger dachte kurz nach. »Warum beauftragst du nicht einen jüngeren Einsatzleiter damit?«
»Weil«, antwortete Caradocc Maxal Xommot leise, »ich für diesen Einsatz einen ganz besonderen Tiuphoren brauche.«
»Was für einen Tiuphoren?«
»Einen toten.«
1.
20. September 1518 NGZ
Die TECZPHENNERY trat planmäßig in Höhe des Orion-Delta-Systems aus dem Linearraum. Mit geringer Verzögerung bildeten sich Holos und zeigten eine verkleinerte Darstellung des Binärsterns und seiner 27 Planeten.
Uldormuhecze Foelybeczt – UFo, wie die Terraner und mittlerweile viele andere Galaktiker mehr den für sie nur schwerlich korrekt aussprechbaren Namen abkürzten – ließ den Blick kurz über den weißen Hauptreihenstern der Spektralklasse A und den violetten Stern vom Typus B0 gleiten. Der dreidimensionalen Echtzeitdarstellung ließ sich nicht entnehmen, dass die beiden Sonnen einander umkreisten. Sie schienen wie festgefroren in der Dunkelheit zu schweben, Brüter glühend heißer Materie, die in der Kälte des Alls jedoch schnell wieder erstarrte.
»Eine Punktlandung«, sagte der cheborparnische Sprecher des Galaktikums anerkennend.
Toynzernophrete Toczszoryn sah ihn gleichmütig mit seinen großen, rot leuchtenden Augen an. Der Pilot wusste das Lob als das zu nehmen, als was es gemeint war: eine belanglose Freundlichkeit.
»Ich versuche, Verbindung mit der Präsidial-Despotin des topsidischen Sternenreichs zu bekommen«, meldete Loruczmerdpopta Retarkorete, die Leiterin der Abteilung Funk und Ortung. Kokett fuhr sie mit einer Hand über die Spitzen ihrer Hörner, die apart nach hinten gerundet waren. Sie wusste, dass sie sehr attraktiv war, und ließ keine Gelegenheit aus, UFo immer wieder darauf hinzuweisen.
»Ganz nach Plan«, bestätigte Uldormuhecze Foelybeczt mit einem leisen Lächeln.
Die Holos vergrößerten nun unterschiedliche Details des Orion-Delta-Systems. Die Bilder, die sie zeigten, waren genauso kompliziert wie die astronomischen Realitäten.
Aus dem Orion-Delta-System stammten die Topsider. Nicht nur die beiden Sonnen umkreisten einander, auch die Planeten vollführten ein Ballett, das einzigartig in der bekannten Galaxis war. 15 von ihnen umkreisten den weißen Stern, sechs seinen violetten Begleiter und sechs weitere beide Sterne. Topsid, die Heimatwelt der Echsenabkömmlinge, war der dritte der sechs Planeten, die beide Sterne umkreisten.
UFo fragte sich, wie es sein musste, auf einer Welt zu leben, deren Umlaufbahn um zwei Sonnen führte. Heiß und trocken war sie, das war klar, und überdies eher gebirgig. Aber wie stand es um den Wechsel zwischen Tag und Nacht? Wie veränderte es das Leben, wenn die Tage sehr lang und die Nächte sehr kurz waren? Welche Auswirkungen hatte dieser Umstand auf die Bewohner des Planeten?
»Maru-Chmre ist jetzt bereit, mit dir zu sprechen«, sagte Loruczmerdpopta. »Soll ich das Holo schalten?«
»Ich bitte darum«, antwortete UFo.
»Die Verbindung ist gesichert und verschlüsselt.«
Sekunden später bildete sich vor dem Cheborparner die dreidimensionale Darstellung der jungen topsidischen Präsidial-Despotin. Sofort drehte sie die kugelförmigen Augen in seine Richtung. »Ich begrüße dich im Sternenreich der Topsider, Sprecher des Galaktikums.«
»Ich grüße dich ebenfalls«, sagte UFo, »und danke dir für die offizielle Einladung zu einem Staatsbesuch, die ich gerne angenommen habe.« Es fiel ihm schwer, Maru-Chmre einzuschätzen. Sie war erst vor Kurzem in ihr Amt eingeführt worden, und jung war bei einer Lebenserwartung von 200 Jahren relativ. Jedenfalls glänzten die Schuppen ihres haarlosen Echsengesichts in einem gesunden Schwarzbraun.
Sie betrachtete ihn aus roten Augen. Er konnte ihren Blick nicht deuten, bemerkte jedoch, dass ihre Schuppen leise summten. »Der machtbewusste, undurchschaubare Uldormuhecze Foelybeczt«, sagte sie und betonte den Namen fast richtig. »Ich bewundere dich für deinen Mut. Nicht jeder hätte deine Worte gewählt, wenn er von den Menschen in einem Interview mit deren negativer Versucherfigur einiger ihrer Hauptreligionen verglichen worden wäre. Wie sagtest du noch? Der Vergleich mit dem terranischen Teufel werde dir durchaus gerecht, und du würdest die Menschen deshalb nur umso stärker ins Herz schließen?«
UFo zupfte an der blütenweißen, eng geschnittenen Robe, die er nur bei offiziellen Anlässen trug. Seinen Ratsumhang hatte er allerdings nicht angelegt; das wäre der Übertreibung zu viel gewesen. Schon bei der Robe hatte er Zweifel gehabt, sich letzten Endes aber doch dafür entschieden. Er wollte selbst bei einer bloßen Holoverbindung eindeutig klarstellen, dass er nicht nur Bostichs Nachfolger, sondern durch Wahl und aufgrund seiner Fähigkeiten amtierender Erster Vorsitzender des Neuen Galaktikums war.
Denn der Staatsbesuch würde nicht stattfinden.
Zumindest vorerst nicht.
»Allerdings kann ich deine Einladung nicht sofort wahrnehmen«, fuhr Uldormuhecze Foelybeczt unbeeindruckt fort, ohne auf ihre Schmeichelei einzugehen. »Dringende Staatsangelegenheit, die ich von der TECZPHENNERY aus erledigen werde. Wir werden zwar in einen Orbit um Topsid gehen, aber den Staatsbesuch auf einen späteren Zeitpunkt verschieben müssen. Um ein paar Tage vielleicht.«
Die roten Augen der Präsidial-Despotin wurden größer, das Summen ihrer Schuppen lauter, ein unverkennbares Zeichen ihrer Erregung.
UFo wusste genau, warum sie so entrüstet war.
Sie hatte ihn zwar offiziell eingeladen, doch er hatte auf diese Einladung gedrängt.
Der Besuch auf Topsid war nur ein Vorwand gewesen. Er war auf der Rückreise von Gatas und hatte nun einen anderen Termin, einen, der viel dringender und wichtiger war als ein unverbindliches Sondierungsgespräch mit der topsidischen Regierung ohne konkrete Verhandlungspunkte und Ziele.
Er rief sich in Erinnerung, dass er die Spezies der Topsider nur nach ihren ureigenen Kriterien messen durfte. Deren Moralvorstellung unterschied sich grundlegend von der vieler anderer Völker der Milchstraße und kannte keine Gefühle wie Nachsicht oder Toleranz. Zumindest legten die Topsider sie auf eine andere Art und Weise aus, als Terraner oder Cheborparner es taten, und schon bei denen gab es beträchtliche Unterschiede. Maru-Chmre hatte den Eindruck, dass UFo sie an der Nase herumführte, und darauf reagierte sie geradeheraus und unverblümt.
Dennoch verfügte die Despotin über genug Selbstbeherrschung, um dem Vorsitzenden des Galaktikums nicht deutlich zu sagen, was sie von ihm hielt.
»Ich bitte um dein Verständnis! Eine kurzfristige Änderung der Pläne, die ich außerordentlich bedaure«, fuhr UFo fort, bevor Maru-Chmre endgültig gegen diplomatische Gepflogenheiten verstieß und sich um Kopf und Kragen redete. »Wir leben in unruhigen Zeiten ...«
»Ich ... verstehe«, sagte die Despotin gedehnt. Es war UFo klar, dass sie nichts verstand.
»Sobald ich meine dringenden Geschäfte erledigt habe, werden wir über die offiziellen Kanäle einen neuen Termin vereinbaren«, sagte der Cheborparner. »Wie gesagt, vielleicht ein paar Tage. Es hat mich sehr gefreut, dich kennenzulernen.« Er nickte, und LoRe – wie die Terraner sie nennen würden – unterbrach die Verbindung.
Das Holo löste sich auf.
UFo gab Toynzernophrete Toczszoryn ein Zeichen. »Loruczmerdpopta Retarkorete soll die Verbindung mit Admiral Iizipary Gellezermit herstellen. Nach dem Gespräch wechseln wir sofort auf die MERCZABA.«