1 Führungsjob oder führend im Job? – Was Ihre eigentliche Aufgabe ist
» ... die Präsentation für Herrn Dr. Klögner aus der Geschäftsführung für morgen vorbereiten, den Vertrag für den Neukunden prüfen, das Budget für das nächste Quartal planen, mit der Assistenz die Reisekosten durchgehen und … war da nicht noch was?«
Der Vertriebsleiter Holger Stumpp kommt gerade von einer Besprechung mit dem Marketing. Während er durch den Flur eilt, geht er im Kopf die Aufgaben durch, die er heute noch erledigen will. Wie ein leichter Zahnschmerz plagt ihn das Gefühl, dass er etwas Wichtiges aus dem Blickfeld verloren hat. »Doch, doch«, sagt er zu sich. »Da muss noch was gewesen sein.« Aber er kommt beim besten Willen nicht darauf.
»Ach, Herr Stumpp, gut, dass ich Sie hier treffe«, reißt ihn ein Mitarbeiter aus den Gedanken. Der Projektleiter steht auf dem Flur am Kopierer, als er den Vertriebsleiter vorbeigehen sieht – ein guter Moment, um seinen Vorgesetzten anzusprechen.
»Freitag ist doch die Deadline für das neue Außendienst-Konzept«, schildert der Projektleiter sein Problem. »Den Termin müssen wir unbedingt halten. Wir haben schon mächtig Gas gegeben, um eine Woche vorher damit fertig zu sein. Jetzt brauchen wir nur noch die Freigabe von Herrn Dr. Klögner. Aber ich habe keinen blassen Schimmer, wie ich ihn diese Tage zu fassen bekommen soll.«
»Ach, der Dr. Klögner!« Stumpp ist sofort präsent. Er weiß, dass ein Projektleiter nie im Leben so kurzfristig einen Termin beim Geschäftsführer bekommt. »Ich kann unmöglich zusehen, wie sich das ganze Projekt aus einem so dämlichen Grund verzögert«, denkt er bei sich – und hat sofort eine Lösung parat: »Ich habe gleich morgen eine Sitzung mit der Geschäftsführung, Dr. Klögner wird auch dabei sein«, beruhigt er seinen Projektleiter. »Schicken Sie mir Ihr ausgearbeitetes Konzept per E-Mail und ich kläre das dann morgen mit ihm.«
Abends liest Stumpp noch schnell die E-Mail seines Mitarbeiters und stellt fest: Der Anhang ist 27 Seiten lang! Und bereits auf der ersten Seite stehen einige gravierende Fehler ... Er rennt ins Büro des Projektleiters, aber der hat schon längst Feierabend gemacht. »Mist!«, denkt er sich und knallt die Tür wieder zu. Im Normalfall würde er seinen Mitarbeiter umgehend darum bitten, die ganze Datei nochmal prüfend durchzugehen. Wenn er aber morgen mit Dr. Klögner die Sache klären will, bleibt ihm nichts anderes übrig, als das Konzept selbst zu überarbeiten.
Zwei Stunden später schaltet Stumpp als Letzter das Licht im Büro aus und verlässt die Firma. Endlich Feierabend! Er atmet tief durch und beginnt sich zu entspannen. Doch da trifft ihn die Erinnerung wie ein Schlag, denn er weiß jetzt wieder, was ihm am Nachmittag nicht einfallen wollte, als der Projektleiter ihn auf dem Flur ansprach: Heute ist Hochzeitstag!
»Verflixt, wo soll ich denn jetzt noch einen Blumenstrauß herbekommen?«
Der Unverzichtbare
Viele Chefs kennen das Problem: Obwohl sie einen Führungsjob haben, geraten sie häufig in Situationen, die ihre Mitarbeit im operativen Geschäft zwingend notwendig erscheinen lässt. Und das, obwohl die Rollen von Führungskraft und Mitarbeitern klar verteilt sind: Die Führungskraft führt, und für die Ausführung ihrer Vorgaben sind die Mitarbeiter zuständig. Doch wenn schlechtes Projektmanagement den Arbeitsablauf in Gefahr bringt, ist es oft der Chef persönlich, der in die Bresche springt. Schließlich trägt er die Verantwortung für die Ergebnisse des ganzen Teams oder der Abteilung. Und weil er keine halben Sachen abliefern will, schiebt er zusätzlich zu seinen Führungsaufgaben noch Dienst in der freiwilligen Feuerwehr, um Projekte seiner Mitarbeiter zu retten. Das Ergebnis: jede Menge Extra-Stunden.
Fragt sich nur, wann neben privaten Verpflichtungen noch Zeit für Erholung sein soll. Schließlich geht es am nächsten Tag wieder rund. Der Job macht zwar Spaß … aber so? Und dann kommt das klassische Argument: »Ich habe ja selbst entschieden, Führungskraft zu werden. Ich habe von Anfang an gewusst, worauf ich mich einlasse ... naja, so ungefähr jedenfalls«, sagen sich überlastete Führungskräfte zur Beruhigung. Und nachdem sie sich kurz bei einem Kollegen ausgeheult haben, setzen sie sich wieder an den Schreibtisch – und machen weiter wie bisher.
Wenn es im Team heißt: »Das Meeting ist verlegt worden. Der Chef ist im Urlaub und will unbedingt dabei sein« oder: »Jetzt ist der Chef schon seit fünf Tagen krank und keiner kann Entscheidungen treffen!«, dann ist es ein klares Zeichen dafür, dass dieser Vorgesetzte viel zu vieles zur Chefsache gemacht hat.
Klar: Der Chef trägt die Verantwortung für sein Team. Heißt das aber, dass er in jede Entscheidung eingebunden und über jede Neuigkeit informiert werden muss, die sich in einem Projekt ergibt? Nein, das heißt es definitiv nicht. Denn der Chef arbeitet in den verschiedenen Projekten, die er verantwortet, nicht mit. Also sind projektspezifische Entscheidungen stets Sache seiner Mitarbeiter. Und trotzdem mischen sich viele Chefs in die Projektarbeit ihrer Mannschaft ein. Mal stärker, mal weniger stark, immer aber mit der fatalen Folge, dass ihre eigentlichen Aufgaben zu kurz kommen.
Der stärkste Eingriff in die Abläufe erfolgt, wenn sich der Chef initiativ und aktiv einschaltet. Zum Beispiel, indem er eine Teilaufgabe eines Mitarbeiters selbst übernimmt, mit der Begründung, so ginge es schneller, besser, effizienter. Er meint vielleicht, er unterstützt durch sein Handeln sein Team, räumt seinen Leuten Steine aus dem Weg und schafft die Voraussetzungen dafür, dass die Arbeit im Projekt richtig fortgesetzt werden kann. In Wahrheit aber reißt er eine Aufgabe an sich, die ganz klar die des Mitarbeiters ist.
Andere Einmischungen funktionieren subtiler: Wenn Mitarbeiter zu ihrem Chef kommen, weil sie ein Problem haben und nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen, dann geben viele Chefs prompt ihre Lösung vor, ohne den Mitarbeiter zuvor herausgefordert zu haben, eigene Lösungsansätze einzubringen. Damit hat sich der Chef schon in die operative Arbeit eingebracht – und mitgearbeitet. Nur: Das passiert oft unbewusst.
Chefs werden Chefs, weil sie sich durch Initiative, hohen Arbeitseinsatz, Qualitätsbewusstsein und ein Auge für Details auszeichnen. Und es gibt genügend Gründe, sich mit positiven Impulsen einzubringen. Schließlich will jeder Chef den Erfolg seiner Abteilung sichern. Der eine denkt, dass er die anliegenden Aufgaben einfach schneller erledigen kann als seine Mitarbeiter. Der andere geht davon aus, dass es sein Job ist, alle Entscheidungen zu treffen und operative Aufgaben zu übernehmen. Vielleicht hat er es so gelernt und kann es sich gar nicht anders vorstellen. Und wieder ein anderer ist davon überzeugt, dass er bestimmte Aufgaben schlicht am besten lösen kann.
Ein Klassiker sind Gespräche mit wichtigen Kunden, die der Chef persönlich führt. Dabei ist ein Kundengespräch alles andere als ein Führungsthema – es gehört zu den operativen Aufgaben und somit definitiv in die Hand eines Mitarbeiters. Wenn Chefs zulassen, dass Kunden einzig und allein ihn selbst als Gesprächspartner akzeptieren, ist das ein untrügliches Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmt.
Das Zepter an sich zu reißen, ist keine Hilfestellung, sondern ein Übergriff. Ob der Chef nun in die operativen Abläufe hineingrätscht, weil er es schneller oder besser machen will – oder weil er es nicht anders gelernt hat: Fakt ist, dass er so tatsächlich zum unverzichtbaren Mitarbeiter im operativen Geschäft wird.
Verantwortliches und selbstständiges Denken geben sie beim Pförtner ab, denn dafür ist ja der Chef da. Der wiederum investiert viel Zeit, um diese Zusatzaufgaben zu bewältigen. Irgendwann hat er das Gefühl, rund um die Uhr zu arbeiten. Kein Wunder, wenn er seine eigentliche Aufgabe, die Führung seiner Mitarbeiter und den Fokus auf die langfristigen Ziele aus dem Blick verliert. Ohne klaren Fokus wird die Abteilung jedoch erstens die Unternehmensziele schlechter unterstützen und zweitens schwieriger Nein sagen können zu Aufgaben, die nicht oder nur schwach zur Zielerreichung beitragen. Der ganze Fleiß des Chefs wirkt sich folglich kontraproduktiv aus.
Machen Sie sich deshalb klar: Führen bedeutet nicht, der beste Mitarbeiter zu sein oder sich als der Experte im Team zu profilieren. Auch nicht, wenn Sie damit positive Absichten verbinden. Nutzen Sie stattdessen Ihr Wissen und Ihr Können, um Ihre Mitarbeiter zu inspirieren und in die richtige Richtung zu lenken. Sie sind in der komfortablen Situation, die Zügel in der Hand zu halten. Die Kutsche ziehen andere für Sie. Allerdings nur, wenn Sie das zulassen. Stellen Sie sich die Frage: Arbeite ich an meiner Abteilung oder in meiner Abteilung?
weniger Schweiß deutlich bessere Ergebnisse.
Erstens: Raus aus dem Tagesgeschäft
Viele Chefs haben nicht nur in Krisensituationen, sondern selbst bei normalem Betrieb ihre Hände im Tagesgeschäft. Wenn Sie sich inhaltlich in Details hineindenken, während diese Details gerade von Ihren Mitarbeitern bearbeitet werden, arbeiten Sie tatsächlich voll mit – und laufen Gefahr, den optimalen Ablauf zu gefährden. So wie dieser Chef, der nichts Schlimmes ahnt:
»Ja, so geht es auf. Wir haben sogar noch ein bisschen Zeitpuffer drin.« Projektleiter Thilo Fischer ist zufrieden. Die Nachricht, dass eine der nötigen Komponenten zehn Tage später geliefert wird, als ursprünglich geplant, dafür eine andere eine Woche früher, hatte die Projektplanung zunächst kräftig durcheinandergebracht. Nach einigem Knobeln hat Fischer jetzt aber eine Lösung für die veränderten Termine gefunden und speichert den überarbeiteten Zeitplan ab. Dann steht er auf und holt sich einen Kaffee.
Mit der Tasse in der Hand, begegnet er auf dem Rückweg seinem Chef.
»Na, Herr Fischer, wie läuft es denn in dem Projekt?«
»Gut, gut. Die externen Programmierer liefern später als ursprünglich geplant, aber dafür haben wir eine gute Lösung gefunden. Die verbessert sogar das Endergebnis, weil wir die Erkenntnisse aus dem ersten Prüfdurchlauf in unser Briefing mit einbauen können.«
»Sie müssen aber auch unbedingt die Leute daran gewöhnen, dass sie Zusagen einhalten. Lassen Sie ruhig mal durchblicken, dass wir nicht jedes Projekt mit diesem Dienstleister machen werden!«
Der Chef verschwindet wieder in seinem Büro.
Zurück lässt er einen verunsicherten Projektleiter, der sich Gedanken macht. »Warum fragt der Chef so häufig bei mir nach, wie es läuft? Und wieso gibt er mir so einen banalen Tipp? Meint er, ich schaffe das nicht allein?«
Selbstverständlich ist Kontrolle eine wichtige Führungsaufgabe. Sie wollen sicherstellen, dass die Budgets eingehalten werden und sowohl das Timing als auch die Qualität am Ende stimmt. Die Frage ist nur: Wie gestalten Sie Ihre Kontrolle? Wenn Sie spontan einfach nur mal nachhorchen wollen, wie es so läuft, machen Sie nicht Ihren eigentlichen Job, sondern mischen sich aktiv in das operative Geschäft ein. Sie bringen die Mitarbeiter aus dem Konzept und gefährden die Stimmung im Team, denn Ihre Mitarbeiter spüren, dass Sie ihnen nicht voll vertrauen.
Die einzige Form der Kontrolle, bei der Sie tatsächlich Führungskraft bleiben, ist der geplante Schulterblick: Legen Sie zu Beginn des Projektes bestimmte Zeitpunkte fest, zu denen Ihre Mitarbeiter Sie über den aktuellen Projektstatus informieren. So vermeiden Sie störende, überkontrollierend wirkende Einmischungen und sorgen dafür, dass Ihre Mitarbeiter motiviert arbeiten können.
Und wenn Sie sich doch einmal außer der Reihe informieren wollen oder müssen? Dann funken Sie nicht ungefragt dazwischen, sondern verabreden Sie sich mit Ihren Mitarbeitern kurzfristig und – ganz wichtig – begründen Sie Ihren Wunsch nach Information. Ein kurzes Gespräch genügt: »Haben Sie heute um 14 Uhr kurz Zeit, mich auf den neuesten Stand zu bringen? Der Geschäftsführer hat mich gebeten, ihm bei unserem Treffen um 16 Uhr den aktuellen Status zu erläutern. Ich möchte ihm vermitteln, dass unser Projekt gut läuft und brauche ein paar Infos dazu.« Der Mitarbeiter wird sich freuen, dass sein Projekt bei der Geschäftsführung gut verkauft werden soll, und sich gerne Zeit nehmen, seinen Chef zu informieren. Es ist völlig in Ordnung, wenn Sie sich ab und an einen kurzen Statusbericht bei Ihren Leuten abholen. Wenn Sie dies begründen, ist es keine Einmischung, sondern völlig berechtigtes Sich-informieren.
Zweitens: Den Ball den Mitarbeitern zuspielen
Die meisten Mitarbeiter freuen sich, wenn sie Verantwortung tragen und Dinge mitgestalten können. Doch manchmal versuchen sie anscheinend mit aller Kraft, die an sie delegierte Verantwortung wieder an ihren Vorgesetzten zurückzugeben. Ein Vorgang, der Führungskräfte jedoch nicht alarmieren sollte. Denn dahinter steckt keine Faulheit, sondern die Gewohnheit: Verantwortung wahrzunehmen, hat manch einer nicht gelernt. Umso wichtiger ist es, den Mitarbeitern die Rollen wieder klarzumachen. Denn wenn der Chef nicht kontert, hat er ein Problem.
Die Key-Accounterin Ulla Klose klopft vehement gegen die Bürotür ihres Chefs.
»Ja?«
»Tag, Herr Leitner, tut mir leid, dass ich Sie stören muss. Ich habe aber seit Tagen ein Problem mit dem neuen Großkunden. Und so langsam weiß ich einfach nicht mehr, was ich tun soll.«
Der Chef schaut zur Uhr und sagt im gleichen Atemzug: »Na gut, erklären Sie mir schnell, worum es geht.«
»Wir sind schon seit letzter Woche wegen der Sommerkollektion im Gespräch, das haben Sie sicher mitbekommen. Nachdem die Lieferbedingungen in unserem Angebot falsch aufgeführt waren, habe ich das Angebot vergangenen Freitag, wie mit dem Kunden vereinbart, überarbeitet und an den Verantwortlichen geschickt. Die Auftragsbestätigung war für Montag angekündigt. Heute ist schon Mittwoch und die Produktion steht wie abgesprochen in den Startlöchern. Aber die Assistentin meines Ansprechpartners vertröstet mich immer wieder ...«
»Okay, verstehe. Das Beste, was Sie jetzt tun können, ist selbstbewusst zu sein. Der Kunde hat es eilig und braucht uns – wir haben alles in die Wege geleitet, die Produktion ist startklar. Kontaktieren Sie die Assistentin des Ansprechpartners und erklären Sie ihr, dass andere Kunden ebenfalls bei uns produzieren wollen und auch dort die Zeit drängt. Wenn der Kunde unsere Lieferoption aufrecht erhalten will, dann muss er uns heute bis 16 Uhr das Angebot bestätigen. Sonst können wir die Liefertermine nicht einhalten. Weil seine Produkte im nächsten Quartal in den Läden stehen sollen, kann sich der Kunde eine Verzögerung einfach nicht leisten. Und bei uns stimmt sowohl der Preis als auch die Qualität!«
Auf dem Weg in ihr Büro denkt die Key-Accounterin: »Warum bin ich denn da nicht selbst drauf gekommen? Der Chef hat einfach immer gute Ideen. Immer wieder gut, ihn um Rat zu fragen.«
Da haben Sie den Salat! Sie sind gestresst, stehen unter Zeitdruck, und dann kommt auch noch ein verzweifelter Mitarbeiter, der ohne Ihre Hilfe nicht weiterkommt ... Was tun Sie? Natürlich: Sie schauen, wie Sie dem Mitarbeiter so schnell wie möglich die Steine aus dem Weg räumen können. Also geben Sie Ihre Antwort, Ihre Tipps und Ihre Sicht der Dinge weiter, so schnell es geht. Schließlich wollen Sie schnell zurück an Ihre eigene Arbeit gehen. Genau: Sie wollen wieder an Ihre Arbeit gehen. Aber da liegt der Hase im Pfeffer: Wenn Sie die Probleme Ihrer Mitarbeiter lösen, dann tun Sie nicht Ihre Arbeit, sondern die Arbeit Ihrer Mitarbeiter.
Auch wenn der Mitarbeiter dies als Unterstützung auslegen wird: Indem Sie seine Fragen beantworten, werden Sie zum Lösungsgeber. Also zum Entscheider! Sie greifen ihm ins Lenkrad und arbeiten einfach mal kurz mit. Aber das eigentliche Problem schaffen Sie damit nicht aus der Welt: nämlich die Tatsache, dass Ihre Mitarbeiter immer wieder mit ihren Problemen zu Ihnen kommen, statt sie selbst zu lösen.
Eine weitere Auswirkung, wenn Sie als Chef immer die Antworten vorgeben: Die Mitarbeiter suchen nicht mehr selbst nach kreativen Lösungen. Wer seine Kreativität nicht nutzt, stumpft ab. Und außerdem: Wenn die Ideen immer vom Chef kommen, haben die Mitarbeiter weniger Grund, auf ihre Leistung und die Erfolge der Abteilung stolz zu sein. Das ist ein Motivationskiller. Auf diese Weise geht Ihnen wertvolles Potenzial verloren.
1. Wenn Ihre Mitarbeiter an einer Frage knabbern, mit der sie nicht weiterkommen, wenden sie sich wahrscheinlich hilfesuchend an Sie. Dann ist es wichtig, ihnen den Ball zurückzuspielen.
2. Fordern Sie Ihren Mitarbeiter auf, Ihnen grundsätzlich mindestens zwei mögliche Lösungswege anzubieten. Wenn er diese nicht sofort parat hat, treffen Sie sich ein zweites Mal mit Ihrem Mitarbeiter, sobald er die beiden Lösungswege
erarbeitet hat. So machen Sie ihm klar: Sie stehen für ihn immer zur Verfügung. Aber nicht als Lösungsfinder, sondern als kompetenter Unterstützer.
3. Lassen Sie Ihren Mitarbeiter 75 bis 90 Prozent der Zeit sprechen und halten Sie sich zurück. Wenn Sie sich dabei ertappen, dass Sie den Mitarbeiter kaum zu Wort kommen lassen, dann sind Sie wahrscheinlich gerade dabei, Aufgaben zu erledigen, die nicht in Ihrer Zuständigkeit liegen.
4. Unterstützen Sie den Mitarbeiter im Gespräch durch gezielte Fragen, selbst die Vor- und Nachteile der von ihm angedachten Lösungen zu erkennen.
5. Fragen Sie Ihren Mitarbeiter nach den wichtigsten Entscheidungskriterien für die Auswahl einer Lösung.
6. Wenn nötig geben Sie Ihrem Mitarbeiter am Ende eines Gespräches noch einen Tipp oder weisen Sie ihn auf einen wichtigen fehlenden Aspekt hin.
7. Lassen Sie Ihren Mitarbeiter entscheiden. Entweder im Gespräch mit Ihnen oder allein, wenn Sie überzeugt sind, dass er die relevanten Entscheidungskriterien berücksichtigen wird.
Wenn Ihre Mitarbeiter Sie also in die Rolle des Entscheiders drängen, sollten Sie die Verantwortlichkeiten dringend klarstellen. Tun Sie das ruhig beim ersten Mal schon explizit: »Na klar, Herr Lüdemann, ich könnte Ihnen meine Lösung dazu nennen. Ich möchte aber, dass Sie Ihren Weg ausarbeiten und vorschlagen. Sie sind der Projektleiter und tiefer in der Materie als ich.« Wenn Ihre Mitarbeiter die Logik dahinter verstanden haben, reicht es, ohne große Erklärungen den Ball lediglich zurückzuspielen. Ihre Leute werden merken, dass Sie gerade die Verantwortung wieder dorthin schieben, wo sie hingehört.
Wenn Sie Ihre Mitarbeiter daran gewöhnen, dass sie sich bei Ihnen keine Lösungen, sondern nur Unterstützung zur Lösungsfindung holen können, kommen diese nicht daran vorbei, lösungsorientiert zu denken, Verantwortung zu übernehmen und letztlich Entscheidungen selbst zu treffen.
Drittens: Ihre Kernaufgabe in Angriff nehmen
Für die meisten Führungskräfte ist und bleibt es eine Herausforderung: alle Projektanforderungen erfüllen, die Mitarbeiterproduktivität aufrechterhalten oder sogar erhöhen, ohne dabei die Spontaneinfälle des eigenen Chefs zu kurz kommen zu lassen. Und weil die Bereitschaft, zusätzliche Aufgaben ohne viele Rückfragen anzunehmen, ein einhelliger Beweis für das Engagement und die Leistungsbereitschaft der eigenen Mannschaft ist, packen sie viele Chefs in den ohnehin schon vollen Kalender dazu. Schließlich ist es wichtig, den eigenen Vorgesetzten bei Laune zu halten. Doch wer sich für alles verantwortlich fühlt und eine Aufgabe nach der anderen annimmt, verliert schnell den Blick fürs Wesentliche. Viele Chefs tanzen auf so vielen Hochzeiten gleichzeitig, dass ihnen letztlich nichts anderes übrig bleibt, als gehetzt gerade das zu machen, was tagesaktuell scheinbar Priorität hat.
Die Folge: Der Chef ist permanent überlastet, das Team läuft heiß, aber die Ergebnisse entsprechen nicht dem enormen Arbeitseinsatz von Mitarbeitern und Führungskraft. Unzufriedenheit macht sich breit. Der Chef ist frustriert, weil er nicht weiß, wie er noch mehr Stunden in den Tag packen soll. Und weil die Ergebnisse immer schlechter werden, erreicht die Sache irgendwann auch die oberen Führungsetagen. Dann aber nicht als Führungsfehler, sondern als Krisenfall für das gesamte Unternehmen.
Wenn Sie das Gefühl haben, Ihre Mitarbeiter zu verheizen und trotzdem nur magere Ergebnisse zu erzielen, prüfen Sie, ob das, was Sie gerade tun, wirklich wichtig ist und vor allem, ob es überhaupt Ihre Aufgabe ist. So schaufeln Sie sich die nötige Zeit frei, um ein paar Schritte zurück zu machen und zu überlegen, was auch über den Tag hinaus die sinnvollen Prioritäten sind. Denn genau darum geht es: Auch in heißen und angespannten Phasen trotzdem noch ganz bewusst Distanz zum Tagesgeschäft zu entwickeln. Nur so behalten Sie das Ziel im Blick und verirren sich nicht im Gestrüpp am Wegesrand.
Anleiten, delegieren, Prioritäten setzen und Schulterblicke vereinbaren: Nehmen Sie Ihre Mitarbeiter mit auf dem Weg zum Ziel. Lassen Sie Ihre Leute arbeiten und überprüfen Sie nur an den entscheidenden Stellen, wie es vorangeht.
Was noch wichtiger ist: Behalten Sie immer im Blick, wozu Sie gerade Ja und wozu Sie gerade Nein sagen. Dazu gehört auch auszusortieren oder abzulehnen, was nicht direkt oder nur geringfügig der Zielerreichung dient. Selbst wenn die Aufforderung von Ihrem eigenen Vorgesetzten kommt. Denn Sie tun ihm und Ihrem Unternehmen keinen Gefallen, wenn Ihre Abteilung das Hauptziel verfehlt, weil Sie sich selbst und Ihren Mitarbeitern zu viele Aufgaben zugemutet haben. Und wenn ein zusätzliches Projekt durchgeführt werden soll, obwohl es die Kapazitäten Ihrer Abteilung klar übersteigt, dann haben Sie verschiedene Alternativen: Sie können den Fertigstellungstermin verschieben, Sie können die Qualität bei weniger wichtigen Aspekten reduzieren, oder Sie können der Geschäftsleitung erklären, dass Sie mehr Leute brauchen.
Es geht also nicht darum, mehr zu arbeiten, um ihr Ziel zu erreichen. Es geht darum, effizienter und effektiver zu arbeiten – und zwar im Sinne der Unternehmensstrategie und im vollen Bewusstsein Ihrer Ziele.
- Die Schwerpunkte und die Strategie für die kommenden Jahre festzulegen.
- Die Potenziale Ihrer Mitarbeiter zu entwickeln.
- Die Arbeitsergebnisse Ihrer Mitarbeiter zu kontrollieren.
- Ihre Mitarbeiter in allen Belangen zu unterstützen.
- Ansprechpartner für Ihren Vorgesetzten zu sein.
- Im Tagesgeschäft mitzuarbeiten.
- Lösungen für sämtliche Probleme Ihrer Mitarbeiter zu finden.
- Alle Zwischenschritte und Details zu kontrollieren.
- Alle internen und externen Anfragen bearbeiten zu lassen.
1. Welche Themen fokussieren Sie?
2. Mit welcher Intensität verfolgen Sie diese Schwerpunkte?
3. Um welche Themen kümmern Sie uns in diesem Jahr gar nicht?
4. Welche Themen bearbeiten Sie nur am Rande? Und wie intensiv bearbeiten Sie diese?
Klar definierte Schwerpunkte geben Ihnen Orientierung. Mit diesen im Hinterkopf wissen Sie immer, welche Aktivitäten Ihre Abteilung und Ihr Unternehmen in diesem Jahr voranbringen werden und welche nicht zielführend sind. Hierzu gehören: Flurprojekte, spontane Einfälle Ihres Chefs, Strohfeuerideen. Nun können Sie zu all den Aufgaben, die an Sie herangetragen werden, dieses Jahr aber nicht auf der Prioritätenliste stehen, leichter und mit guten Argumenten Nein sagen.
Dadurch haben Sie mehr Luft für Ihre wichtigen Führungsaufgaben: Sie können mehr Zeit dafür aufwenden, Ihre Mitarbeiter zu führen und zu entwickeln. Mitarbeiter-Jahresgespräche stehen dann nicht überraschend vor der Tür, wie Sie es jedes Jahr von Weihnachten gewohnt sind. Stattdessen können Sie sich regelmäßig Zeit für Entwicklungs- und Feedbackgespräche nehmen. Das verbessert die Fähigkeiten und somit die Motivation Ihrer Mitarbeiter. Diese können sich gezielt weiterentwickeln und noch selbstständiger arbeiten. Das wiederum kommt Ihrer Arbeitsbelastung und vor allem der Qualität der Ergebnisse Ihrer Abteilung zugute.
Kompakt
Geben Sie Ihren Mitarbeitern Raum für Verantwortung und Selbstständigkeit
Trauen Sie Ihren Mitarbeitern mehr zu.
Erledigen Sie keine Teilaufgaben Ihrer Mitarbeiter.
Inspirieren Sie Ihre Mitarbeiter mit Ihren Fragen, anstatt sich als Experte zu profilieren.
Erwarten Sie von Ihren Mitarbeitern, dass diese bei Gesprächen über Herausforderungen immer mindestens zwei Lösungsansätze mitbringen.
Stellen Sie die richtigen Fragen und belassen Sie die Entscheidung zum weiteren Projektverlauf bei Ihrem Mitarbeiter.
Sprechen Sie in Gesprächen, bei denen es um eine Herausforderung Ihres Mitarbeiters geht, maximal 25 Prozent der Zeit.
Spielen Sie den Ball zurück, wenn ein Mitarbeiter Sie in die Rolle des Entscheiders drängen will.
Informieren Sie sich bei Ihren Mitarbeitern über den Projektstatus in vorab geplanten Schulterblick-Gesprächen.
Konzentrieren Sie sich auf Ihre Führungsaufgabe
Führen, fordern und entwickeln Sie Ihre Mitarbeiter in regelmäßigen Gesprächen.
Arbeiten Sie an Ihrer Abteilung, nicht in Ihrer Abteilung.
Definieren Sie, welche Themen Sie bearbeiten werden und in welcher Intensität Sie dies tun werden.
Legen Sie fest, welche Themen Sie parken und nicht bearbeiten.
Lehnen Sie Aufgaben ab, die Ihren Schwerpunkten widersprechen oder nur geringfügig auf Ihre Ziele einzahlen.
Wenn Ihr Bereich zusätzliche Aufgaben übernehmen soll, fordern Sie Verstärkung an, verschieben die Fertigstellung anderer Projekte oder reduzieren den Umfang bestehender Aufgaben.