Reinhold Ruthe
Träume –
Spiegel der Seele
Wie Sie Ihren Träumen auf die Spur kommen
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
ISBN 9783865068682
© 2007 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers
Einbandgestaltung: Brendow Verlag, Moers
Titelfoto: Getty Images
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014
www.brendow-verlag.de
Cover
Titel
Impressum
Vorwort
Kapitel 1:
Traum und Schlaf
Was ist der Traum?
Der Anlass für den Traum kann ein Reiz oder ein Tagesrest sein
Die Heilfunktion der Träume
Träume stellen Empfindungen bildlich dar
Der vernachlässigte Traum
Kapitel 2:
Die Symbol- und Bildersprache des Traumes
Bilder beschreiben die Gefühlslage
Symbole sind vieldeutig
Symbole für weibliche und männliche Geschlechtsorgane
Die Archetypen
Die Traumumgebung als Symbol
Die Farbsymbolik
Symbole enthüllen
Erwecken Sie die Bilder zum Leben!
Kapitel 3:
Der Traum und der Träumer
Wie der Mensch ist, so träumt er
Wozu träumen wir?
Das Verhalten entspringt unserer Meinung
Viele Träume verraten unsere religiöse Einstellung
Was bringt der Traum zur Sprache?
Der Traum – die Vorbereitung auf das Morgen
Der Traum offenbart unsere Lebenslügen
Kapitel 4:
Begriffe in der Praxis der Traumdeutung
Manifester Traum – latenter Traum – Traumarbeit und Traumanalyse
Die Traumentstellung – die Traumzensur
Der Traum als Wunscherfüllung
Lebensstil und Traum
Die Zielrichtung des Traums
Der Traum und das Unbewusste
Traumassoziationen
Kapitel 5:
Nackt- und Entblößungsträume
Ich gehöre da nicht hin
Ich schäme mich zu Tode!
Nackt auf der Kanzel
Kapitel 6:
Der Tod im Traum
Mutters Beerdigung
Katharina Luther träumt vom Tod
Ein Wunsch wird zu Grabe getragen
Ein vorausschauender Traum
Ich werde im Traum umgebracht
Der Mord im Traum
Kapitel 7:
Wiederholungsträume
Ich laufe hinter dem Berg her
Kapitel 8:
Träume – Gottes vergessene Sprache
Ich habe die Strafe verdient
Der Traum meint den ganzen Menschen
Träume – Gottes ungebetene Boten
Willst du einmal die Hölle sehen?
Gott hat sein Schaf zurückgeholt
Kapitel 9:
Wie Gott im Traum zu uns redet
Was ich für Gott opfere, kann ich nicht zurückfordern
Ein Laden im Norden Skandinaviens
Wie Sprengstoff verwandelt wird
Krieg in der Gemeinde
Kapitel 10:
Gott spricht zu Jakob im Traum
Was geht dem Traumgeschehen voraus?
Gott gibt Wegweisung durch Träume
Gott bestätigt den Betrüger
Welche Rolle spielen die Engel?
Gott redet im Traum verbindlich
Erwählung trotz Verfehlung
Jakob prüft, ob sich der Traum bestätigt
Kapitel 11:
Traumdeutung und Lebensstilkorrektur
Ich fühle mich allein und abgelehnt
Ich schaffe es nie!
Hinweise für den Beratungsprozess
Krisen in der Lebensmitte – Chancen zum Neubeginn
Womit hängen die Krisen zusammen
Die Zeit der Wende, die Zeit der Wandlung
Kapitel 12:
Konkrete Hilfen für die therapeutisch-seelsorgerliche Traumdeutung
Die Verknüpfung von Problem, Traum und frühkindlichen Erinnerungen
Welche Leitideen kennzeichnen Problem, Traum und frühkindliche Erinnerung?
Welches Lebensgefühl vermittelt das Problem?
Welches Lebensgefühl vermittelt die frühkindliche Erinnerung?
Welches Lebensgefühl vermittelt der Traum?
Einige Denkanstöße für die therapeutischseelsorgerliche Arbeit
Zehn hilfreiche Fragen, um Traumbotschaften zu entschlüsseln
Drei Hinweise für die Traumarbeit in der Seelsorge
Kapitel 13:
Unterschiedliche Methoden der Traumdeutung
Der Tagtraum in der therapeutischen Seelsorge
Der Dialog zwischen dem »Topdog« und dem »Underdog«
Den Traum zum Leben erwecken
Traumdeutung auf der Objekt- und auf der Subjektstufe
Anmerkungen
»Ein ungedeuteter Traum ist wie ein ungeöffneter Brief«, heißt es im Talmud. Könnte es nicht auch sein, dass Gott uns in Träumen Briefe schreibt, die wir ungelesen liegen lassen? Viele Menschen, auch Christen sind skeptisch.
»Träume sind Schäume!« sagen sie
»Träume sind verwirrende Gedankenfetzen!«
»Träume sind nächtliche Ergüsse ohne Sinn und Verstand!«
Liegt diese Skepsis daran, dass im Traum Zeit und Raum, Gegenwart und Vergangenheit, Kindheit und Erwachsensein, bekannte und völlig unbekannte Gesichter, unbekannte Plätze und nie erlebte Situationen das Geschehen beherrschen? Verständlich, wenn Menschen das nächtliche Durcheinander ärgerlich beiseite schieben.
Wollen sie mit ihren Lebenskonflikten, mit inneren Nöten und Ängsten nicht konfrontiert werden? Finden sie einen plausiblen Grund für ihren Traumwirrwarr?
Wie ganz anders beurteilt die Bibel den Traum! Die ganze Heilsgeschichte Israels bliebe ohne den Traum unverständlich. In Träumen warnt Gott den ägyptischen Pharao davor, das Volk Israel weiter festzuhalten. Im Traum schickt Gott Maria und Josef auf die Flucht und bewahrt so den Heiland der Welt davor, den Kindesmördern in die Hände zu fallen. Ein Traumgeschehen revolutioniert die Missionsstrategie des Paulus. Gottes Regie im Traum führt Paulus nach Europa. Ein Traum gibt Petrus, dem Jünger Jesu, die Gewissheit, er solle auch Nichtjuden die »gute Nachricht« bringen.
Ich bin nicht überzeugt, dass solche Traumerfahrungen der Vergangenheit angehören. Gott hat nicht nur zu Menschen aus der Bibel in Träumen geredet. Auch heute noch meldet er sich in Träumen, Visionen und Nachtgesichten zu Wort. Es liegt an uns, ob wir seiner Stimme Gehör schenken.
Als Verfasser fühle ich mich wesentlich von Alfred Adler, dem Begründer der Individualpsychologie, angesprochen, der Träume als wichtige Lebensstil-Aussagen auffasst. Aber auch die Deutungshilfen anderer Traumforscher kommen zur Sprache. Die hier geschilderten und gedeuteten Träume stammen aus der seelsorgerlichen Beratungspraxis, auch aus Einzelanalysen, dazu von Seminarbesuchern, die Träume von Ratsuchenden mit in den Kurs brachten. Der Inhalt der Träume wurde im Wesentlichen beibehalten. Umstände und Lebenszusammenhänge der Ratsuchenden wurden jedoch so verändert, dass Identifikationen nicht möglich sind.
Das Buch ist nicht nur für Seelsorger und Berater gedacht, die bei Gesprächen mit Ratsuchenden auch mit Träumen konfrontiert werden. Es will praktische Anregungen vermitteln, Träume mit dem Ratsuchenden gemeinsam hilfreich zu deuten. Ebenso will das Buch Christen dazu ermutigen, Träume ernst zu nehmen. Wir möchten die Leser neugierig darauf machen, die »vergessene Sprache Gottes« oder »Gottes ungebetene Boten« neu zu hören und ernst zu nehmen.
KAPITEL 1
Eine junge Frau schlief seit Tagen unruhig und wurde plötzlich durch einen Albtraum aus dem Schlaf gerissen. Der Oberkörper flog hoch. Angstschweiß stand ihr auf der Stirn. Zwiespältige Gefühle beschlichen sie. Der Traum war bedrückend.
Sie lief zögernd und ängstlich hinter einer männlichen Gestalt her, die sich entfernte, ohne sich umzudrehen. Die junge Frau empfand ein demütigendes Gefühl. Plötzlich hatte die Straße keinen festen Untergrund mehr, und sie fiel ins Bodenlose. Die männliche Gestalt war verschwunden, nur eine panikartige Angst begleitete ihren Fall in die Tiefe. Sie blickte im Fallen nach hinten und entdeckte eine lange Leiter, die an der Wand des Loches stand, in das sie stürzte. Mit dem Aufschlag auf dem Grund des tiefen Loches wurde sie wach.
Verwirrt schaute sie sich um. Sie lebte und war am Körper heil und unverletzt.
Sie ließ das Traumgeschehen noch einmal Revue passieren. Neben der schrecklichen Angst hatte sie besonders die Leiter in Erinnerung, die im Rücken stand und sie bis zum Boden begleitete. Neben dem Fall ins Bodenlose war die Leiter der stärkste Eindruck des Traums für die junge Frau.
Vor einigen Wochen hatte sie ihr Verlobter, den sie sehr liebte, verlassen. Gute Freunde hatten ihr geraten, den Mann zu vergessen, der sie im Stich gelassen hatte. Aber sie konnte den Schmerz nicht überwinden. Erst der Traum schockierte und beruhigte sie zugleich. Die Leiter wurde ihr zur inneren Gewissheit: Gott redete mit ihr. Sie solle sich umdrehen, eine völlige Kehrtwendung vornehmen. Gleichzeitig schenkte ihr Gott neuen Mut, aus der Tiefe der Verlassenheit wieder ans helle Sonnenlicht zu steigen.
Nach dem Albtraum konnte sie in der Tat die Blickrichtung ändern. Die Nächte mit dem unruhigen Schlaf waren ausgestanden. Die schmerzhaften Verlassenheitsängste waren weitgehend überwunden.
Schlaf und Traum sind geheimnisvolle Wunderwerke Gottes. Viele nehmen sie kommentarlos zur Kenntnis. Auch viele Christen, die Gottes Schöpferkraft besingen und bestaunen, gehen achtlos an diesen Wundern vorüber.
Traum und Schlaf sind eng miteinander verbunden. Seit etwa dreißig Jahren gibt es so etwas wie eine Schlafwissenschaft. Was für die Erforschung der Herzarbeit das EKG, also der zeitliche Verlauf der Herzstromkurve, bedeutet, ist für die Schlaf- und Gehirnforschung das Kurvenbild der Gehirnströme (EEG). Es ist damit möglich, den Schlaf von innen und natürlich auch von außen zu beobachten. Jeder Mensch hat sein persönliches Schlafprogramm, das in seinem EEG (Elektroenzephalogramm) sichtbar gemacht werden kann und wie ein Fingerabdruck des Gehirns zu werten ist.
Man entdeckte die Traumzeiten des Menschen und kam zu der Überzeugung, dass Träumen wesentlich für den Erholungseffekt des Schlafes ist. Wurden Versuchspersonen im Schlaflabor über längere Zeit am Träumen gehindert, veränderte sich ihre Persönlichkeit. Ängstlichkeit, Depression und mangelhafte Konzentrationsfähigkeit stellten sich ein.
Schlafen ist ein Naturbedürfnis, das man zwar einschränken, aber nie ganz abschaffen kann. Wie unser Gott Tag und Nacht, Sommer und Winter in den menschlichen Lebensprozess eingebaut hat, so wurde der Mensch auf Wachen und Schlafen programmiert. Gott hat diese Prozesse gewollt, wir können sie nicht einfach ignorieren. Menschen, die künstlich Tag und Nacht wach gehalten wurden, erlitten ohne Ausnahme schwere Zusammenbrüche. Der Schlaf ist also ein körperlicher Zustand der Erholung von der Ermüdung. Zeitweilig werden das Bewusstsein und die Tätigkeit der Skelettmuskulatur herabgesetzt.
Der Traum ist ein geistig-seelisches Geschehen während des Schlafes. Träumen ist eine lebensnotwendige Funktion, wie Wissenschaftler ermittelt haben. Jeder Mensch träumt. Auch Babys träumen. Das Ungeborene im Mutterleib träumt. Sogar Hunde, Katzen und Hühner träumen. Der Tagesverstand und der Wille üben keine Kontrolle über das Traumgeschehen aus. Das Bewusstsein ist fast ganz zurückgetreten. Gefühle und Reize aus der Umwelt werden nur noch stark gebremst wahrgenommen. Die Hirnzentrale hat die Wahrnehmung gebremst.
Nach dem Krieg begannen die Amerikaner systematisch, in Schlafkliniken mit modernsten technischen Hilfsmitteln Testpersonen zu untersuchen, die sich dem Schlaflabor zur Verfügung stellten. Über 10.000 Versuchspersonen wurden getestet und die Daten ausgewertet. Wissenschaftlich ist daher heute unbestritten, dass jeder Mensch träumt und in jeder Nacht etliche Male Traumphasen durchlebt. Das körperliche Ausruhen im Schlaf und das Träumen sind zweierlei. Der Schlaf ist die Vorstufe des Traumes.
Das Schlafverhalten des Menschen läuft in verschiedenen Episoden ab, die immer wieder von motorischer Unruhe gekennzeichnet sind. Je geringer die Schlaftiefe, umso mehr nähert sich das Traumerleben dem Wachzustand. Die Bilder nehmen realere Züge an.
Mithilfe des Elektroenzephalogramms werden diese episodenhaften Schwankungen gemessen. Wenn ein Mensch etwa acht Stunden schläft, zeigt das EEG etwa fünfmal eine Kurvenform an, die dem Wachzustand eines Menschen ähnelt. Diese zyklischen Schwankungen dauern etwa zehn bis sechzig Minuten. Man fand heraus, dass der Mensch in diesen Intervallen fest schläft und nur schwer aufzuwecken ist. Diesen Zustand bezeichnet man in der Schlafforschung als paradoxen Schlaf, weil das EEG einen wachähnlichen Zustand registriert.
Besonders in den Zeiträumen des paradoxen Schlafes reagiert der Mensch mit Muskelzuckungen und schnellen Augenbewegungen. Man hat herausgefunden, dass diese REM-Phasen (rapid eye movements = schnelle Augenbewegungen) im Traum stattfinden. Früher glaubte man, ein Traum dauere lediglich einige Sekunden oder nur Bruchteile von Sekunden. Heute weiß man, dass der Traum zehn bis fünfunddreißig Minuten dauern kann. Diese Traumperioden sollen drei- bis sechsmal eintreten.
Werden Versuchspersonen in dieser REM-Phase geweckt, können sie detailliert über ihre Träume berichten. Wird eine Versuchsperson außerhalb einer REM-Phase geweckt, weiß sie von keinen Träumen. Mit fortschreitender Nacht werden die Träume länger; der dritte und vierte Traum können bis zu einer halben Stunde dauern, während die früheren Traumphasen nur minutenlang sind.
Wenn wir die Traumstunden unseres Lebens überschlagen, kommen über 50.000 Stunden heraus. Können Sie sich vorstellen, dass Gott in seiner schöpferischen Weisheit einen Menschen ins Leben ruft, damit der einige Jahre seines Lebens sinnlos verträumt? Der Traum spielt im biblischen Denken eine enorme Rolle. Ist es nicht überheblich, die Traumstunden unseres Lebens als ein nutzloses Abfallprodukt im Schöpfungsplan unseres Gottes zu bezeichnen?
Träume können auf tausend verschiedene Weisen zu Stande kommen. Es gibt unzählige Reize, die das Traumgeschehen in Gang bringen. Diese Reize sind Anlass, sie sind aber nicht der Inhalt des Traumes. Reize werden vom Träumenden aufgegriffen, bearbeitet und vom Lebensstil integriert.
Welche Reize können den Traum beeinflussen?
Insgesamt: Die Reize können von außen oder von innen kommen. Herz und Eingeweide, Hunger und Durst können den Traum beeinflussen, aber selten das Traumgeschehen einschneidend bestimmen.
Selbstverständlich können auch die letzten Ereignisse vor dem Schlafengehen den Traum berühren. Tagesreste aus einem interessanten Kriminalfilm, einem eindrücklichen Gespräch oder einem Streit mit dem Partner, mit Eltern oder Kindern können den Traum anregen.
Es besteht auch kein Zweifel, dass Krankheiten, die den Menschen heimsuchen, wilde Träume oder Fieberträume hervorrufen können. Die Veränderung der Bluttemperatur und die Blutzusammensetzung erklären Fieberträume und sind Beweise, dass zwischen körperlichem Befinden und Traum Beziehungen bestehen.
Träume haben die Aufgabe, das menschliche Gemüt nach seelischen Verwundungen und bedrückenden Erlebnissen wieder heilen zu helfen. Konflikte und Spannungen werden im Traum bearbeitet. Der Mensch soll sich wieder wohl fühlen können. Eric Berne, Psychiater und Begründer der Transaktionsanalyse, schreibt:
»Wird einem Menschen die Möglichkeit zu träumen genommen, so kann das zu starker geistiger Verwirrung führen. Vielen Psychosen geht eine längere Periode der Schlaflosigkeit und damit der mangelnden Gelegenheit zu träumen voraus. Es könnte sein, dass die so entstehende Anhäufung unverarbeiteter Emotionen einen gewissen Einfluss auf das Entstehen der Psychose hat.«1
Diese Überlegungen aus den Siebzigerjahren werden durch die neuesten Ergebnisse der Traumforschung bestätigt. Der Nobelpreisträger Francis Crieck, der die rasanten Fortschritte auf dem Sektor der Gehirnforschung und Bio-Technologie beschreibt, geht davon aus, dass die Träume ein lebenswichtiger Bestandteil des Schlafes sind. Sie bewahren uns davor,
Die amerikanische Psychiaterin Rosalind Cartwright schilderte auf einem Kongress 1992 überraschende Erfahrungen mit ihren Patienten. Die eine Gruppe steckte in einer tiefen Lebenskrise. Alle hatten gerade eine Scheidung hinter sich oder lebten von ihrem Partner getrennt. Ihre Verlusterlebnisse waren begleitet von schweren Depressionen.
Die Ärztin beobachtete, dass die schlechte Gemütsverfassung einen großen Einfluss auf den Traumschlaf hatte. Die REM-Phasen waren länger, häufiger und ungewöhnlich intensiv. Sie beobachtete regelrechte »Stürme von Augenbewegungen«. Die Träume waren heftig, schrecklich und auch dramatisch.
Eine andere Gruppe in ähnlicher Lebenssituation (Scheidung und Trennung) schlief und träumte normal. Am Ende der Therapien stellte sich heraus:
Deutlich wird:
Die Psychiaterin warnt davor, die REM-Schlaf-Aktivität durch Beruhigungsmittel zu bremsen. Sie ist fest davon überzeugt, dass diese das Leiden der Patienten nur verlängern würden.
Empfindungen lassen sich nicht leicht und direkt bildlich wiedergeben:
Aber der Handlungsakt, der für Empfindungen kennzeichnend ist, lässt sich darstellen. Emotionen können in Handlungen charakterisiert werden. Angst kann sich äußern im Weglaufen, nicht von der Stelle kommen, einen Verfolger im Nacken haben. Schuldgefühle kommen zur »Sprache«, wenn ein Mensch, ein Kind im Traum bestraft wird und diese Strafe als gerecht empfindet.
Hass offenbart sich in Handlungen, die zerstören, verletzen und verstoßen:
Eine Frau träumt, dass sie ihren Lieblingshund an der Autobahn aussetzt und in rasanter Fahrt davonfährt. Die leidenden Augen des Hundes verfolgen sie. Im Rückspiegel erkennt sie das Gesicht des Hundes, der ihr nachjagt. Sie fährt schneller und schneller, aber sie kann den Hund nicht abschütteln. Am eindrücklichsten sind ihr die Augen des Hundes. Mit einem zwiespältigen Gefühl wacht sie auf.
Im Gespräch wird ihr bewusst: Sie liebt und hasst. Der Hass hat die Oberhand gewonnen. Sie erkennt in dem Hund ihren Mann. Er hat sie zwei Jahre mit ihrer besten Freundin betrogen. Sie will ihn loswerden. Aber er will trotz Ehebruchs an ihr festhalten. Der Traum komprimiert die Gefühle der Frau. Sie muss sich losreißen, aber der Hund klebt ihr im Nacken. Sie will den Mann bestrafen; gleichzeitig sieht sie das leidende Gesicht im Rückspiegel. Die Zweifel, Schuldgefühle und Fragen der Frau, die der Traum auf den Punkt gebracht hat, können im Beratungsgespräch abgeklärt werden.
Der Traum bringt unsere tiefsten Empfindungen bildhaft zur Sprache.
Obwohl Träume für die seelische Gesundheit eine so große Rolle spielen, wurden sie in der Theologie lange Zeit nicht ernst genommen. Zum ganzen Menschen, zum ganzheitlichen Denken sowie zur ganzheitlichen Medizin gehört aber ein ganzheitlicher Realismus. Wer den Menschen aufspaltet und Teile seines Lebens ausblendet, kritisiert den Schöpfer, der diese wunderbare Ganzheit geschaffen hat.
Dieser Versuchung ist die Kirche in ihrer Geschichte immer wieder erlegen. Der Körper wurde nur als Hülle für die kostbare Seele gesehen. Er hatte für das Glaubensleben keine Bedeutung. Im Mittelpunkt des christlichen Glaubens stand die Seele: »Rette deine Seele!« Dass die Seele nahtlos mit dem Körper verbunden ist, wurde übersehen.
Heute entdeckt die Kirche wieder den Satz aus dem Neuen Testament: »Der Leib (ist) ein Tempel des heiligen Geistes« (l. Korinther 6,19).
Die Sexualität wurde jahrhundertelang tabuisiert oder als notwendiges Übel in Kauf genommen. Dass Ehe, Liebe und das Fortbestehen der Menschheit ohne Sexualität nicht möglich und denkbar sind, wurde zwar theoretisch akzeptiert, theologisch jedoch nie wirklich ernst genommen. »Auf der Kanzel haben sexuelle Themen nichts zu suchen!« sagte man.
Dass in der Eheseelsorge sexuelle Konflikte ohne Sachkenntnisse behandelt wurden, zeigt wiederum, wie gläubige Menschen Gottes wunderbare Schöpfung missverstehen können. Es leuchtet ein, dass die Sexualität auf dem beschriebenen Hintergrund nicht als ein schöpferisches Kleinod, sondern als Nebensächlichkeit eingestuft wurde.
Dem Traum geht es bis heute nicht anders. Die Floskel »Träume sind Schäume« hat sich tief auch im Bewusstsein der Christen eingenistet. Dass Gott den Menschen über Träume etwas mitteilen kann, wird häufig theologisch bestritten, obschon es nicht einen einzigen stichhaltigen biblischen Hinweis gibt, der dieses Argument erhärten könnte. Der Theologe Werner Jentsch bestätigt, dass Träume im Alten und Neuen Testament eine wichtige Rolle gespielt haben und bis heute als Werkzeug Gottes dienen können.
»Wann und wo es Jahwe gefällt, macht er Träume gleichsam zu Gefäßen seiner Gnade, zu Wegen für sein Wirken. An solche Träumer, die Geistträger sind, denkt der Prophet Joel, wenn er für das Ende der Tage die Ausgießung des Geistes auf charismatische Personen ankündigt: Das prophetische Charisma ist dann kein Monopol der Propheten mehr, sondern erstreckt sich auf das ganze ›Gottesvolk‹: ›Eure Greise (werden) Träume träumen, eure Jünglinge Gesichte schauen‹, Joel 3,1fr. Mit dem Stichwort ›Geist‹ schlägt sich von selbst die Brücke zum Neuen Testament.«2
Damit ist gesagt:
KAPITEL 2
Bilder und Symbole sind komprimierte Vorstellungen von Welt, Menschen und Situationen, wie wir sie im Traum erleben und einschätzen. Wir müssen die Symbol- und Bildersprache verstehen. Dafür hat es nicht viel Sinn, in einem Lexikon die Bedeutung der Begriffe nachzuschlagen. Die Deutungen können ausnahmsweise stimmen. In der Regel findet jeder Träumer
Wir sind einmalige Menschen und werden in der Regel unseren einmaligen Ausdruck für Dinge finden, die uns bewegen. Probleme, Ängste, Schuld, Versagen und Krisensituationen werden von jedem Menschen anders erlebt und mit unterschiedlichen Empfindungen wahrgenommen. Entsprechend sind auch die Bilder und Symbole von Mensch zu Mensch verschieden. Die meisten Träumer produzieren eindrückliche Bilder von dem, was sie sagen wollen. Da wir Menschen einmalige Originale Gottes sind, entwerfen wir auch einmalige Bilder und Symbole.
In der Regel sind die Bilder für den Menschen, der sie träumt, stimmig. Der Träumer hat seine Gedanken und Vorstellungen auf den Punkt gebracht. Präzise beschreiben die Bilder die Gefühlslage und die Stimmung:
»Es ist Winter.«
»Ich sehe vor mir eine Wüste.«
»Ich bewege mich in einem bunten Garten.«
»Mich verfolgt ein großes Raubtier.«
»Ich sitze in einem fensterlosen Raum.«
»An der Decke kriechen Spinnen auf mich zu.«
»Ein bissiger Hund bellt mich an.«
»Um mich herum Wasser und kein Ufer.«
»Ich werde unter Wasser gedrückt.«