Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
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13.
14.
Epilog
Glossar
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 2119
Der letzte Sturm
Eine Welt steht am Abgrund – erschüttert von seltsamen Phänomenen
von Horst Hoffmann
Im Herbst des Jahres 1311 Neuer Galaktischer Zeitrechnung operieren die LEIF ERIKSSON unter der Expeditionsleitung von Perry Rhodan und die von der arkonidischen Admiralin Ascari da Vivo kommandierte KARRIBO allein gegen eine ganze Sterneninsel.
Die beiden Kugelraumschiffe aus der Milchstraße sind in der Galaxis Tradom unterwegs, dem Herzstück des Reiches Tradom. Dahin kamen sie durch ein Sternenfenster, das mittlerweile »gesperrt« wurde und nicht mehr als Verkehrsmittel zur Verfügung steht.
Um dieses Reich Tradom von seinem befürchteten Großangriff auf die Menschheitsgalaxis abzuhalten, suchen Perry Rhodan und seine Begleiter fieberhaft nach Hinweisen, die ihnen weiterhelfen können. Sie wissen von dem so genannten Trümmerimperium, das angeblich als einzige Macht in der Galaxis gegen die so genannte Inquisition der Vernunft zu kämpfen wagt. Bisher aber konnte keine konkrete Spur dieser Widerständler gefunden werden.
Dafür fand man auf dem Planeten Pombar das Imitat eines menschlichen Skeletts. Wie Knochen von der Erde in eine Galaxis kommen, die 400 Millionen Lichtjahre von der Milchstraße entfernt ist, weiß bislang keiner. Aber der Hinweis ist wichtig genug, dass Rhodan den Planeten Linckx ansteuern lässt.
Dort stößt der arkonidische Zeroträumer Benjameen da Jacinta auf ein sehr seltsames Gebilde – und es entsteht DER LETZTE STURM ...
Eshmatay Amgen – Der Kapitän der RIGO möchte am liebsten tot sein.
Ailey – Der Maschinist will seinen letzten Wunsch erfüllt sehen.
Benjameen da Jacinta – Der Zeroträumer verändert die Geschichte eines Miniatur-Universums.
Perry Rhodan – Der Terraner muss mit der LEIF ERIKSSON die Flucht antreten.
Shirka – Der ehemalige Kapitän der Barkner wird verwandelt.
Rishtyn-Jaffami – Das seltsame Wesen sucht seine Bestimmung.
Gestrandet
5. Dezember 1311 NGZ
»Er ist tot«, sagte Ailey, der spindeldürre Maschinist mit den vier Armen und dem Kugelkopf. »Er bewegt sich noch, und ab und zu öffnet er ein Auge. Aber er ist tot, Tess. Seitdem Cip aufgehört hat zu pfeifen.«
Die junge Terranerin schüttelte den Kopf. »Er ist nicht tot, Ailey, aber wenn er weiterhin nichts isst und nichts trinkt, wird er es bald sein. – Norman, lass das!«
»Er darf es«, sagte Ailey. »Eshmatay will es so.«
Normans Rüssel griff nach einem Brocken Sumbai und führte ihn zum Mund des kleinen Elefanten, kaute eine Zeit lang darauf herum und spuckte die Verpackung auf den Boden aus. Eshmatay Amgen, der alte Fährmann und Besitzer des Luftschiffs RIGO, hatte alle seine Taschen geleert und sein gesamtes Sumbai auf den Kartentisch gelegt.
Tess hatte von Ailey ein Stück von dessen Vorrat zu kosten bekommen. Das Zeug war furchtbar trocken und schmeckte widerlich – ihr jedenfalls. Norman, der kleine indische Elefant, dagegen liebte es. Er konnte nicht genug davon bekommen. Vor Eshmatay, der reglos wie eine Statue vor dem Kartentisch saß, lagen jetzt nur noch vier in Folie eingepackte Brocken.
»Eshmatay hat seit zwei Tagen kein Wort mehr gesprochen«, sagte Tess. »Wie kannst du also wissen, was er will?«
»Weil er tot ist«, antwortete der Maschinist stur. »Da braucht er kein Sumbai mehr. Also verschenkt er es. Ich habe selbst noch genug, und du isst lieber deine eigenen Konzentrate. Also soll Norman es haben.«
»Er ist nicht tot!«, fuhr Tess ihn an. »Ich weiß, du hast es mir erzählt. Jeder Fährmann auf Linckx besitzt eines dieser Maskottchen, einen Scoothen. Die kleinen Pelztierchen pfeifen an einem Stück, selbst wenn sie schlafen. Wenn sie aber damit aufhören, müssen die Fährleute sterben. Aber Eshmatay lebt, Ailey! Er atmet, und seine Stachelhaare bewegen sich. Er glaubt, dass er dem Tod geweiht ist, weil Cip verstummt ist. Sterben müssen wir alle einmal. Es fragt sich nur, wann, und der alte Mann hat vielleicht noch viele Jahre zu leben.«
»Ich weiß, dass es ein Aberglaube ist«, sagte Ailey. »Aber er nicht.« Tess fuhr sich verzweifelt mit den Fingern durch die violette Perücke über ihrem kurzen schwarzen Haar, die zu ihrer Maske als falsche Xirittin gehörte. Sie hatte alles versucht: an Eshmatay Amgens breiten Schultern gerüttelt, auf ihn eingeredet, sogar geschrien. Es hatte alles nichts genützt.
Die Hyperphysikerin setzte sich. Ihr Blick wanderte von Amgen zu Benjameen da Jacinta, ihrem Lebensgefährten. Benjameen lag auf dem Boden der Gondel, die fest unter dem Einkörper-Luftschiff verankert war. Der junge Arkonide hatte sich seit ebenfalls zwei Tagen nicht mehr bewegt. Er lag starr in einem Zerotraum. Zumindest glaubte sie das. Und da konnte sie noch viel weniger tun als bei dem alten Kapitän. Sie durfte ihn nicht wecken. Aber kam er von allein wieder zu sich? Und wenn ja, wann würde das sein?
»Wir drei stecken schön in der Klemme – du, Norman und ich«, sagte sie zu Ailey. »Allein kann keiner von uns die RIGO fliegen. Wir sitzen hier fest, zwischen Messerwerfern und Valentern. Unser einziges Glück ist, dass sie uns nicht sehen können, weil wir uns in einer anderen, verschobenen Realität befinden.«
Ailey gab keine Antwort, und das wollte viel heißen. Normalerweise nämlich plapperte er den ganzen Tag lang in einem fort. Es war sonst eine Tortur für die Nerven. Sein Schweigen war direkt unheimlich.
So unheimlich wie die Landschaft, auf die Tess von der auf einem Gipfel gestrandeten RIGO hinabblicken konnte. Unter ihnen öffnete sich ein weitläufiges Tal, in dem wie auf ganz Sikma, dem »Verbotenen Kontinent«, nichts wuchs außer Flechten und Moosen. In der Mitte des Tales lag ein rätselhafter Gebäudekomplex, auf dessen einer Seite sich eine Art Schule befand, auf der anderen eine Kaserne. Jedenfalls deutete Tess es so.
Und in der Mitte breitete sich das Seltsamste aus, was sie von Sikma gesehen hatte: eine Art Becken von annähernd ovaler Form, das von einer anfangs grauen Gallertmasse erfüllt war. Inzwischen hatten sich aus dem Grau schwarze und weiße Muster gebildet, in denen jeder Betrachter sein eigenes Gesicht zu sehen schien.
Tess schauderte bei dem Anblick. Sie kam sich einsam vor, furchtbar allein.
Seltsam waren ebenso die vielen zehn Meter hohen Säulen, die über die karge Landschaft verteilt und offenbar im steinigen Boden verankert waren. Sie sahen aus wie mit einer lumineszierenden blauen Flüssigkeit gefüllt. Und nicht weniger geheimnisvoll war das auf einem Spantengestell liegende, weiß und gelb angestrichene Schiff, das hier stand, gut fünfzig Kilometer von der Küste entfernt. Wie kam es hierher? Wozu diente es?
*
Zuerst erblickte Tess nur die Valenter, einige Dutzend, die von dem Kasernenbereich kamen. Die Terranerin sah über die Teleskopfunktion ihres Helmes, dass die Valenter eine Art Taucheranzug trugen, nicht etwa ihre gewohnten grünen Rüstungen mit dem Tradom-Symbol auf der Brust.
Dann erkannte sie, wo das Ziel der Gruppe lag: das gelb-weiße Schiff!
»Komm her, Ailey! Das musst du dir ansehen!«
Der nur anderthalb Meter große Maschinist war schon an ihrer Seite und starrte mit ihr aus dem Backbordfenster der Gondel. Natürlich hatte er keinen so guten Blick wie sie, aber er konnte die etwa fünfzig Gestalten erkennen, die sich zügig dem Schiff näherten.
»Wollen sie etwa hier in See stechen?«, fragte Tess. »Gibt es in diesen verworrenen Daseinsebenen hier in Wirklichkeit ein Meer?«
Möglich war auf dem Planeten Linckx alles, vor allem auf dem Verbotenen Kontinent. Tess hielt den Atem an und fuhr dann wie elektrisiert herum, als Eshmatay Amgen plötzlich einen furchtbaren Schrei ausstieß. Sie sah, dass der Kapitän der RIGO alle vier Augen in seinem mittlerweile eingefallenen, kantigen Gesicht weit geöffnet hatte. Sie rollten. Jedes von ihnen drehte sich anders als die anderen. Sie schienen ihr eigenes Leben zu besitzen.
Noch alarmierender aber waren die Stachelhaare des Fährmanns. Sie drehten und bogen sich wie unter Strom. Tess wusste, dass es sich bei ihnen um spezielle Organe handelte, die auf Ströme und Schwankungen im Hyperspektrum reagierten – etwa auf Hyperstürme oder fünfdimensionale Verwerfungen.
»Eshmatay!«, rief sie. »Was ist? Ortest du etwas?«
Für einen Moment sah er sie mit zwei seiner vier Augen an. Dann schloss er sie wieder und legte sich in seinem Sitz zurück. Aber die Stachelhaare führten ihren wilden Tanz fort.
»Irgendetwas geschieht, Ailey«, flüsterte Tess. »Es muss etwas Gewaltiges sein.«
Wieder schwieg der zum Nichtstun verurteilte Maschinist. Tess und er blickten hinab. Die Valenter hatten das Schiff erreicht. Jetzt stiegen die ersten von ihnen über Planken an Bord. Nach knapp zwei Minuten waren sie alle in seinem Bauch verschwunden.
Und noch während Tess ihre Augen anstrengte, entmaterialisierte das Schiff.
»Ich halte das nicht mehr aus!«, brach es aus dem vorher ziemlich gefassten Ailey heraus. »Wir müssen hier weg! Wir haben Medikamente an Bord. Ich werde Eshmatay Amgen eine Injektion verpassen. Danach ist er so wach wie ein junger Nubami. Ja, das werde ich tun. Das Medikament wird seine trüben Gedanken an den Tod verscheuchen, es wirkt stark euphorisierend. Ja. Eshmatay Amgen wird uns wieder nach Kaza bringen, in die Freiheit. Dort werden wir ...«
»Sei still!«, verlangte Tess Qumisha. »Auch wenn du ihn wiederbeleben könntest – ohne Benjameen kann er uns nie aus diesen pararealen Strömungen herausbringen.«
»Dann weck deinen Ben auf!«
Tess legte ihm die Hand auf die Schulter und schüttelte traurig den Kopf. »Genau das darf ich nicht«, sagte sie. »Ich habe einen bestimmten Verdacht.«
»Welchen?«, wollte Ailey wissen.
»Dass er mit dem Plasmawesen dort unten im Becken Kontakt hat ...« Allein die Vorstellung ließ sie schaudern.
*
Nur knapp zehn Minuten später kehrte das Schiff zurück. Es geschah auf die gleiche geheimnisvolle Weise, in der es verschwunden war. Plötzlich lag es wieder in dem Spantengerüst, und die fünfzig Valenter gingen von Bord.
Eshmatay Amgens Haare beruhigten sich. Der rätselhafte Transport war offenbar abgeschlossen – was immer ihn bewirkt und vollzogen hatte. Die zweifellos im Spiel gewesenen Hyperkräfte waren erloschen.
»Wir müssen hier weg!«, drängte Ailey wieder. »Wir müssen weg, bevor Schlimmeres passiert!«
»Ohne Benjameen und sein Orientierungsvermögen in den Pararealitäten haben wir keine Chance«, wiederholte Tess. »Wenn er uns nicht führt, werden wir möglicherweise nicht nur entdeckt, sondern uns in den pararealen Strömungen auf diesem Kontinent sogar verlieren.«
»Oje«, sagte Ailey mit erstickter Stimme. »Das heißt, wir sind verloren. Wir werden nie wieder nach Kaza zurückkommen. Wir haben gefrevelt – und nun bekommen wir unsere Strafe.«
»Hör auf mit dem Unsinn!«, rief Tess. »Morgen werde ich aussteigen und mich dort unten im Tal umsehen. Vielleicht kann ich einige Valenter belauschen.«
»Nein!«, begehrte Ailey auf. »Die Messerwerfer werden dich töten!«
»Ich bin für sie unsichtbar, hast du das vergessen? Und außerdem werde ich mich im Schutz eines Deflektorfelds bewegen.«
»Was soll ich machen?«, jammerte Ailey. »Was soll ich nur tun? Ich bin von Toten und Halbtoten umgeben. Denn wenn du an deiner Absicht festhältst, bist auch du schon tot.«
»Keine Diskussion mehr«, sagte Tess hart. »Und Norman wird mich begleiten.«
»Ihn willst du mir auch noch wegnehmen?«, zeterte der Maschinist der RIGO.
»Es muss sein, Ailey. Ich habe meine Gründe dafür.«
Normans Rüssel griff nach dem nächsten Brocken Sumbai. Eshmatay Amgen, der alte Fährmann, sah mit einem geöffneten Auge zu. Sein Kopf ruhte halslos auf dem voluminösen Leib mit den zwei starken Armen und Beinen.
»Eshmatay!«, rief Tess, als sie es sah. »Bist du wach? Kannst du mich hören?«
Aber das Augenlid des Fährmanns klappte wieder nach unten. Er gab keine Antwort. Er wartete auf den Tod.
Aus seiner rechten Brusttasche sprang Cip, sein Maskottchen, heraus und vollführte auf dem Kartentisch herrliche Kunststücke, der Inbegriff blühenden Lebens. Aber Cip pfiff nicht mehr.
6. Dezember 1311 NGZ
Am anderen Tag, nach einer qualvollen, einsamen Nacht, machte Tess ihre Absicht wahr. Sie hatte die ganze Zeit über neben Benjameen gelegen, ihren Arm auf seiner flach atmenden Brust. Sie hatte auf den Arkoniden eingeredet, leise, um seinen Traum nicht zu stören. Und wie erwartet hatte er ihr nicht geantwortet.
Jetzt stand sie aufrecht in ihrem Schutzanzug und machte sich bereit, die Gondel zu verlassen. Norman war bei ihr, ebenso Ailey.
»Ihr dürft mich nicht auch noch im Stich lassen«, flehte der dürre Maschinist. »Was soll ich denn ohne euch tun? Die Geister dieses Kontinents werden mich umbringen!«
»Dir wird nichts geschehen, solange du stillhältst, Ailey«, antwortete Tess. »Wir sind bald wieder zurück. Achte auf Benjameen und auf Eshmatay! Sobald einer von ihnen erwacht, gibst du mir Bescheid.«
»Bescheid?«, fragte er entgeistert. »Wie denn? Hier funktioniert kein Funk mehr.«
Tess hatte es fast vergessen. So, wie es keinen Funkkontakt nach Kaza und der Gruppe Rhodan mehr gab, gab es auch keine Verständigungsmöglichkeit hier auf Sikma. Sie waren abgeschnitten, verloren.
»Wir sind bald wieder zurück«, wiederholte die ehemalige Mutantin. »So lange musst du es allein aushalten, Ailey.«
»Aber warte! Du hast ja keine Ahnung, in welche Gefahren du dich begibst!«, rief er. »Nur hier in der RIGO bist du sicher! Du riskierst dein Leben – noch schlimmer, deinen Verstand! In den pararealen Strömungen, wie du das genannt hast, wirst du untergehen! Bleib hier, Tess, bleib bei mir. Ich will nicht allein bei zwei Halbtoten bleiben!«
»Dann komm mit!«, sagte Tess.
»Nein, nur das nicht! Lieber würde ich ...«
»... endlich den Mund halten, oder? Ich sage es nur noch einmal: Wir werden bald wieder zurück sein. Ich will zu dem Becken gehen und sehen, was wirklich darin lebt! Und jetzt geh mir aus dem Weg!«
Ailey schob sich zur Seite und ließ sich in den freien Stuhl sinken. Er legte den Kopf in beide Hände und murmelte etwas Unverständliches. Tess wusste aber, dass es eine Anklage gegen sie war.
Sie hob die Schultern und gab Norman ein Zeichen. Inzwischen wusste sie, wie die Tür der Gondel geöffnet wurde. Beide stiegen aus. Eine primitive Rampe fuhr aus und ließ sie den steinigen Gipfel betreten. Die Luft war dunstig, der Sturm tobte weiter. Er schien den ganzen Planeten zu umfassen. Wenigstens regnete es nicht mehr, und die Hyperphänomene am Himmel hatten ebenfalls nachgelassen.
»Wir scheinen Glück zu haben, Norman«, sagte Tess, als sie ihren Deflektorschirm aktivierte. »Jetzt brauchen wir nur noch einen Weg hinab ins Tal. Aber ich fürchte, wir müssen klettern.«
Sie begann damit. Ihre Stiefel gruben sich in steinigen Morast. Sie hielt sich an steil aufragenden Felsen fest und kletterte, wo es nicht anders ging, auf allen vieren den Berg hinunter. Norman folgte ihr mühselig. Seine Füße waren für solche Partien nicht gerade geschaffen. Aber er wusste immer, wo sie war. Wahrscheinlich orientierte er sich an den Geräuschen, die sie verursachte.
Die Terranerin merkte plötzlich, dass sie die Orientierung verlor. Sie sah das Tal unter und die RIGO über sich. Aber es war, als lege sich ein dichter Nebel um sie. Sie sah plötzlich nichts mehr, nur graue Schwaden. Tess stieß einen erstickten Schrei aus und hielt sich an einem Felsen fest. Ihre Stiefelsohlen rutschten im Geröll aus.
»Norman!«, rief sie. »Norman, bist du noch hier?«
Sie sah den kleinen Elefanten nicht. Für einen Moment lichteten sich die Nebel, und Tess erblickte eine ganz andere Landschaft unter sich. Ein grünes Tal ohne Gebäudekomplexe, ohne Becken. Palmen und riesige Schachtelhalme bildeten einen wahren Wald, ohne einen Hauch von Wind.
»Was geht jetzt vor?«, fragte sich die Terranerin. »Es ist eine neue Pararealität!«
Sie klammerte sich an dem Felsen fest und warf den Kopf in den Nacken. Ihr Blick ging hinauf, zur gestrandeten RIGO. Die Nebel waren verschwunden, aber sie sah das Luftschiff nicht. Einige Meter vor dem Gipfel endeten ihre Wahrnehmungen.
Sie schrie in ihr Funkgerät, wider besseres Wissen. Natürlich meldete sich niemand. Es war, als habe es die RIGO nie gegeben.
Tess zitterte, ihr Herz klopfte wild. Sie schrie nach Ailey und nach Norman. Unter ihr war ein gähnender Abgrund, um sie herum wurden schwarze Wolken gewirbelt. Dann sah sie endlich Norman, und der Zwergelefant streckte ihr seinen Rüssel entgegen.
Tess griff danach wie nach dem rettenden Strohhalm. Sie konnte ihn packen. Norman stemmte sich mit allen vier Beinen gegen den Fels und zog sie hinauf, zog ...
Tess kam auf ebenem Geröllboden zu liegen. Sie hielt Normans Rüssel umklammert, und der kleine Elefant zog sie so sanft wie möglich mit sich. Er schien genau zu wissen, wohin er zu marschieren hatte. Tess richtete sich auf und folgte ihm, taumelnd und stolpernd.