Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
Prolog
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
Epilog
Glossar
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 2186
Der neue Souverän
Menschen von der Erde in tiefer Vergangenheit – ohne eine Chance zur Rückkehr
von Uwe Anton
An drei ganz unterschiedlichen Stellen sind zur aktuellen Handlungszeit – man schreibt den Mai 1312 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – Menschen von der Erde in kosmische Ereignisse verwickelt, die ursächlich mit dem Thema Thoregon zusammenhängen. So operiert beispielsweise das Hantelraumschiff SOL mit seiner Besatzung unter dem Kommando des Arkoniden Atlan im so genannten Ersten Thoregon, einer Art Miniatur-Universum.
Kampfraumschiffe der Terraner, Arkoniden und Posbis haben zur selben Zeit in der Galaxis Tradom einen Brückenkopf errichtet, fast vierhundert Millionen Lichtjahre von der Milchstraße entfernt. Die Überwindung dieser unglaublichen Distanz war nur möglich, weil die Verbündeten es schafften, das Sternenfenster in ihre Hand zu bekommen. Dieses Medium erlaubt die Reise über riesige Strecken in Nullzeit, und es wurde ursprünglich errichtet, weil das Reich Tradom die Milchstraße erobern wollte.
Nach einer Zeitreise in die Vergangenheit ist Perry Rhodan mit seinem Flaggschiff LEIF ERIKSSON mittlerweile in der Gegenwart eingetroffen. Der Terraner will endlich wieder zur Offensive übergehen. Da wird eine Funksonde geborgen, die offensichtlich 160.000 Jahre alt ist.
Die Funksonde enthält wertvolle Informationen: Sie berichtet vom Schicksal jener Menschen, die mit dem Spürkreuzer JOURNEE in der Vergangenheit zurückgeblieben sind. Zim November und seine Begleiter werden Zeugen schrecklicher Ereignisse. Und sie erleben einen seltsamen Aufstieg – ein Höhepunkt wird DER NEUE SOUVERÄN ...
Sickz Uknadi – Als Souverän der Vernunft baut der Tonkihn seine Macht über Tradom aus.
Zim November – Nach seiner Rettung durch insektoide Wesen beginnt für den Emotionauten ein langer Weg.
Raye Corona – Über Jahre hinweg verändert sich die junge Tefroderin.
Jo Vampuce – In der Verborgenheit ringt der Eltane um die Zukunft einer Galaxis.
Das kalte Licht der drei Monde
Der geistige Kampf tobte fast eine Ewigkeit, aber der Sieger stand von vornherein fest.
»Warum hast du das getan, Erste Inquisitorin?«, fragte der Souverän der Vernunft einmal.
Sie antwortete nicht. Schweigend standen sie sich gegenüber, reglos verkrümmt, die schwächlichen Arme leicht gespreizt.
Die Besatzungsmitglieder der beiden Schiffe, die beide zur Welt der drei Monde gebracht hatten, mussten glauben, sie wären in einen endlosen, stummen Dialog vertieft, den nur sie verstehen konnten, der für niedere, sterbliche Wesen nicht nachvollziehbar war.
Falls die Besatzungen gewagt hätten, sie zu beobachten.
Doch das war nicht der Fall. Niemand darf einen Inquisitor schauen. Und das galt erst recht für den Souverän der Vernunft. Sowohl er als auch die Inquisitorin hätten alle Lebewesen an Bord der Schiffe mit einem Schlag töten können, mit einer einzigen bewussten Anstrengung.
Der Kampf wogte hin und her, doch es war kein körperlicher, sondern einer der Gedanken, der Konzentration und Willensstärke. Beide versuchten, bei dem Gegenspieler eine Schwäche auszumachen, eine Lücke in der mentalen Verteidigung, durch die sie tief in das Innere des anderen dringen und ihn unterwerfen konnten.
Das kalte, reflektierte Licht der drei Monde tauchte die karge Planetenoberfläche in einen fast unwirklichen Schein. Es ließ die schroffen Konturen der fernen Gebirgszüge noch härter wirken, als sie es sowieso waren, und warf lange, sich überlagernde Schatten auf die Hochebene, die sich als verzerrte Abbilder ihrer Gestalten über den Felsboden wanden.
Allmählich zeigte sich die gewaltige Anstrengung auf dem Gesicht der Inquisitorin. Ihre dunkelgraue, verbrannt wirkende Haut schien sich so straff über das Fleisch und die Knochen zu spannen, dass sie jeden Augenblick zu zerreißen drohte. Ihre durchscheinenden Lippen waren leicht geöffnet; von den gewaltigen Eckzähnen, der Krönung des Raubtiergebisses, troff gelblicher Speichel. Ihre Augen ...
Der Souverän wandte schnell den Blick ab. Er wollte nicht in ihre Augen schauen. Ihm war klar, was er tun musste, und deshalb konnte er nicht in diese Augen blicken.
Was sich abzeichnete, traf schließlich ein. Der Souverän spürte, wie der Widerstand der Inquisitorin schwächer wurde. Sie hatte seinen überlegenen Kräften nur noch wenig entgegenzusetzen.
Der Kampf wogte hin und her, ein Kampf der Gedanken, und schließlich zerrte die Gier am Souverän. Solch eine Auseinandersetzung hatte Tradom noch nie erlebt. Der Souverän der Vernunft gegen einen Inquisitor!
Bislang hatte der Souverän den Kampf als Notwendigkeit betrachtet, um seine Herrschaft zu sichern, sein unsterbliches Leben zu schützen, doch nun ... nun spürte er ihre schier unvergleichliche Lebenskraft und wusste, sobald es so weit war, würde er nicht widerstehen können.
»Warum hast du das getan?«, wiederholte er nach einer Ewigkeit.
Diesmal antwortete die Erste Inquisitorin. Um ihn mit ihren Worten abzulenken, zum Nachdenken zu bringen, seine Konzentration zu schwächen. Aber der Versuch war aus der Verzweiflung geboren und zum Scheitern verurteilt.
»Was getan?«
»Warum hast du mich verraten? Warum hast du gegen mich gearbeitet, meine Pläne sabotiert?«
Selbst jetzt war es unter der Würde der Ersten Inquisitorin, ihn plump zu belügen. »Weil du Fehler begangen hast! Wegen deiner Besessenheit zu L'Erics! Weil du diesen elenden Planeten Terra aus einer bloßen Laune heraus unbedingt erobern willst! Weil wir für diesen Feldzug noch nicht bereit waren!«
Einen Moment lang war er erschüttert. Aber dann lachte er, schief und knarrend. »Nein!«, keuchte er. »Du wolltest nur noch mehr Macht ... meine Macht!«
Sie schlug den Blick nieder. »Wenn du das glaubst ...«
Dieser Augenblick genügte ihm. Er bewegte sich verkrümmt, ruckhaft. Trotz aller Übung, aller Bemühungen war es ihm nicht gelungen, seine Bewegungsweise zu verbessern. Früher, ganz am Anfang, hatte er seine veränderte Biomechanik verflucht, die neuen Hebel seiner neuen Glieder, doch er hatte sich schon lange daran gewöhnt.
Er schnellte sich ab und sprang vor und bekam mit seinen Klauenfingern einen Fetzen ihrer dunklen Robe zu fassen. Mit einer Kraft, die ihn selbst erstaunte, zerrte er daran, und das Gewand zerriss.
Ihr Körper war genauso hager wie der seine, so extrem mager, dass die Oberfläche der Haut von einem pulsierenden Geflecht aus Adern zergliedert wurde. Die Erste Inquisitorin schrie auf, als das kalte Licht der drei Monde auf ihre graue Haut fiel und sie zu verbrennen schien. Sie riss die Arme hoch, um den nun unbedeckten Kopf zu schützen.
Der Souverän der Vernunft warf sich auf sie und zerrte sie zu Boden. Er kam auf ihr zu liegen und drückte sie mit seinem Gewicht auf die kalten Steine der Welt der drei Monde, und ihre Lippen waren nur millimeterweit voneinander entfernt.
Einen Augenblick lang schienen diese schmalen, durchsichtigen Striche ihn an etwas zu erinnern, an eine Verheißung, die schöner als das Leben war, und die Inquisitorin nutzte seine Verwirrung aus, bündelte ihre mentalen Kräfte zu einem letzten Schlag. Doch der Souverän war auf der Hut, ahnte, dass dieser Verzweiflungsangriff kommen würde. Er blockte ihn ab und durchbrach die letzte Verteidigung seiner Gegenspielerin.
Wehrlos lag sie unter ihm, mit all ihrer Lebenskraft. Sie wussten beide, was nun kommen würde.
Was kommen würde, solange er ihr nicht in die Augen sah.
»Nein!«, krächzte sie. »Gnade, Souverän! Gnade, November!«
Er-Innerungen
Anfangs konnte er sich noch erinnern.
Nur in der Erinnerung bleiben die Toten lebendig. Und die Menschen, die man auf andere Weise, nicht durch den Tod, verloren hat. Zumindest für einen selbst. Aber mit der Erinnerung ist das so eine Sache. Sie verbleicht.
Er wusste es aus eigener Erfahrung. Das Schlimmste, was er sich vorstellen konnte, wäre, die Erinnerung zu verlieren. Sie definierte ihn. Sie machte ihn zu dem, was er war. Sie war seine Vergangenheit und bestimmte seine Zukunft. Ein Mensch ohne Erinnerung war ein Nichts.
An bessere Zeiten.
Es war unvorstellbar. Er hatte sie gesehen und sich in sie verliebt. Jeder Augenblick, den er mit ihr verbrachte, vertiefte diese Liebe. Irgendwann, sehr bald, würde der Zeitpunkt kommen, da er nicht mehr ohne sie leben konnte.
Und an richtig gute.
Er ließ den Blick über ihren nackten Körper gleiten. Über die langen Beine, die schmale Taille, den vollen Busen, das fein geschnittene Gesicht, die Arme. Aus irgendeinem Grund konnte er sich an ihren Händen nicht satt sehen. Sie waren sehr schlank und feingliedrig. Unter der dunkel gebräunten Haut kamen sie ihm wie zerbrechliche Kunstwerke vor, die jede noch so leichte Erschütterung, ja sogar schon ein starker Windstoß zerschmettern konnte.
An schöne Zeiten.
»Ich werde dich beschützen«, flüsterte er mit aller Inbrunst, die seine von der Angst umklammerte Seele noch aufbringen konnte. »Ich werde dich beschützen. Mit aller Kraft werde ich mich dafür einsetzen, dass dir, dass uns allen nichts zustößt. Dass nicht wir diejenigen sind.«
Aber auch an schlechtere.
Er dachte an die einhundertsechzigtausend Jahre, und ihn überkam tiefes Unbehagen, mehr noch, nackte Angst. Eine Furcht, wie er sie noch nie zuvor verspürt hatte. Sie ging tief, diese Angst. Es war nicht die kurze, hell lodernde des Augenblicks, die bei einer drohenden Gefahr das Adrenalin ausstieß. Diese Angst fraß sich vielmehr heimtückisch in seinen Körper und seine Seele, schien allgegenwärtig zu sein, und wollte nicht mehr weichen, auch wenn er nicht an das dachte, was geschehen war. Sie wühlte und krallte in seinen Knochen und Gedärmen und Gedanken und lauerte nur darauf, wieder an die Oberfläche zu springen, wie ein Raubtier, das ihn verschlingen wollte.
Und richtig schlechte Zeiten.
POTTON schwer beschädigt ... Flucht in den Hyperraum ... Systeme zusammengebrochen ... absolutes Chaos ... Schiff ... aus dem Hyperraum gestürzt ... Notlandung ... Mannschaft flieht aus dem Schiff ...
Er erinnerte sich an Verzweiflung ...
Er schleppte sich immer weiter, während sein Bewusstsein schwand, und schließlich sank er zusammen, halb wahnsinnig vor Schmerz und Sorge.
... und Hoffnung.
Er sah noch immer etwa menschengroße Insektenabkömmlinge mit vier Armen und zwei Beinen, die Körper gepanzert, die Chitin-Exoskelette blaugrün gefärbt. Die Genetiker von Kaaf! Mit stimmlosen, zischenden Lauten schienen sie sich über den Anblick des Wracks im Hintergrund und der für sie vermutlich fremden Wesen auszutauschen.
»Wir werden es schaffen!«, flüsterte er. »Die Insekten werden uns helfen!«
Doch irgendwann verblassten die Erinnerungen, und mit ihnen das, was er war.
*
Er lebte.
Zumindest das stand fest. Er war nicht gestorben.
Aber war er auch?
Er dachte, also war er.
Auch wenn irgendetwas mit ihm nicht stimmte. Einfach falsch war.
Einhundertsechzigtausend Jahre. Wir gehören nicht hierher. Es ist falsch, dass wir hier sind.
Ja, das war auch falsch.
Er war eingeschlafen, hatte das Bewusstsein verloren, aber dann war er nicht wieder erwacht, nicht im üblichen Sinn wieder zu Bewusstsein gekommen.
Doch was war noch üblich?
Er hatte kein Gefühl mehr für die Zeit, und doch wusste er, dass Ewigkeiten vergingen.
Während in seinem Kopf alles langsam verblasste, bekam er allmählich wieder Eindrücke von der Außenwelt. Neue, verstörende Eindrücke, die aber mit der Zeit immer weniger befremdend, weil normal wurden.
Zeit? Was ist das?
Irgendwann bekam er wieder Augen. Irgendwann konnte er wieder sehen.
Zuerst sah er nur das Schwappen von Flüssigkeit. Es dauerte lange, bis er einen Zusammenhang herstellen konnte. Die Flüssigkeit schwappte immer, wenn er sich bewegte.
Dann sah er einen hellen Schimmer, die Begrenzung der Flüssigkeit, in der er scheinbar schwerelos trieb. Das Material erinnerte ihn an Glas, auch wenn er nicht mehr genau wusste, was Glas war.
Eine seiner letzten bewussten Erinnerungen war die an fremde Wesen, die er einmal gesehen hatte. Solmothen. Sie hatten in einem großen, mit einer Flüssigkeit gefüllten Behälter gelebt, einer Art Aquarium.
In solch einem Tank, in solch einem Gefäß schwebte er jetzt auch.
Dann sah er Teile seines Körpers. Es musste sein Körper sein, weil er ihn bewusst bewegen konnte, weil er manchmal auf das reagierte, was er ihm befahl.
Andererseits wiederum erinnerte ihn nichts von dem, was er sah, daran, wie sein Körper einmal ausgesehen hatte.
Aber seine Erinnerungen verblassten sowieso. Sie schienen aus seinen Gedanken zu tropfen und sich in der Flüssigkeit aufzulösen, die ihn vollständig umgab.
Es gab nur eine Erklärung dafür, dass sein Körper nun völlig anders aussah. Er musste verletzt worden sein, und sein Körper wurde in dieser Flüssigkeit anscheinend regeneriert.
Ansonsten wusste er nichts. Er wusste nicht, wo er sich befand. In einem Schiff? Was ist ein Schiff? Auf einem Planeten? Was ist ein Planet?
Oder war er doch schon tot, und das alles war nur ein Traum? Oder das Jenseits, von dem er nie geglaubt hatte, dass es überhaupt existierte? Oder lag er im Sterben, und während für ihn eine Ewigkeit verging, vergingen für alle anderen nur Sekundenbruchteile?
Für welche anderen?
Seine Wahrnehmungsfähigkeit vergrößerte sich in demselben Maß, in dem seine Erinnerungen verblassten, und schließlich konnte er in einem winzigen klaren Moment über die Begrenzung hinausschauen, die die Flüssigkeit, die seinen Körper umgab, an Ort und Stelle hielt. Und er sah einen riesigen Saal voller Apparaturen, deren Sinn und Zweck ihm völlig fremd waren. Mittlerweile erinnerten diese Apparaturen ihn an gar nichts mehr.
Mit Ausnahme anderer Behälter, die wie riesige Reagenztanks aussahen.
Als er nicht mehr wusste, was Reagenzgläser waren, erkannte er in diesen Tanks andere Körper. Sie waren aber nichts weiter als grässlich verformte Klumpen Gewebe.
Er fragte sich, ob auch sein Körper nur noch ein solcher grässlich verformter Gewebeklumpen war.
Aber der Körper in dem anderen Reagenztank hatte Augen, Augen wie die, mit denen er in den riesigen Saal hinausschaute, und er erkannte diese Augen, und ein Damm brach in ihm, und einige Erinnerungen kehrten wieder zurück.
Diese Augen würde er niemals vergessen, niemals, ganz gleich, was mit ihm geschah.
Es waren Rayes Augen.
Die Augen der Frau, die er mehr als sein Leben liebte.
Sieger und Besiegte:
Der Hauch der Zeit
Die Inquisition der Vernunft
»Die Unterwerfung der Thatrix-Kultur ist mittlerweile vollständig gelungen«, sagte der Erste Inquisitor Cualpo Ikat. »Das alte Reich des Glücks existiert nicht mehr, Kampfhandlungen finden nur mehr selten statt. Die Raumschiffe der Eltanen sind zum allergrößten Teil vernichtet, ebenso die eltanischen Wohnwelten.«
Sickz Uknadi, Souverän der Vernunft und damit neuer Herrscher über die Galaxis Tradom, zögerte nur kurz. Früher hatte er Schwierigkeiten gehabt, dieses Wort auszusprechen. Aber das war schon lange her. »Der Völkermord ist also praktisch vollendet?«
»Die Inquisition der Vernunft hält das Regiment fest in der Hand«, bestätigte Ikat. »Ich verstehe, ehrlich gesagt, deine Besorgnis nicht ganz.«
Uknadi lächelte schwach. Das unterschied ihn, den Souverän, von den Inquisitoren. Ihnen mangelte es einfach an seiner Weitsicht.
Er ließ den Blick durch den großen Konferenzraum in der Festung der Inquisition gleiten, von der aus sie das Reich Tradom regierten. Als er ihn zum ersten Mal betreten hatte, hatte er sofort einen Hauch von kosmischer Bedeutung gespürt. Er war überzeugt, dass in diesem Raum Entscheidungen getroffen worden waren, die über Leben und Tod von Millionen, wenn nicht sogar Milliarden von Lebewesen bestimmt hatten.
Im Nachhinein gratulierte er sich zu seinem Entschluss, der letzten großen Streitmacht der Eltanen im Austausch gegen die Calditischen Paläste freien Abzug geboten zu haben. Das zur Festung umgebaute Gigantobjekt war schon längst mehr als nur ein militärisches Machtmittel.
Es war ein Symbol.
Und an Symbolen mangelte es dem Reich Tradom noch immer. Mit Symbolen schaffte man Identität, Bewusstsein. Ein einheitliches Bewusstsein, das die vielfältige Bevölkerung der riesigen Galaxis dringend benötigte.
Oberflächlich gesehen war alles ruhig. Die Inquisition der Vernunft herrschte mit eiserner Faust. Das Wort des Souveräns und seiner Logenmitglieder, der Inquisitoren, war Gesetz. Das Regime hatte wichtige Helfer gewonnen: die Valenter, die für sämtliche militärischen Belange zuständig waren, aber auch die Wissenschaftler der Dhyraba'Katabe, welche die Steuerung der Hinterlassenschaften der Eltanen und Guyaam übernommen hatten.
Sickz Uknadi bezweifelte allen Ernstes, dass die unterworfenen Völker tatsächlich hinter der Inquisition standen, sich mit ihr identifizierten. Dazu war ein neues Bewusstsein erforderlich, und das war noch nicht vorhanden.
»Es wird gar nicht so einfach sein«, fasste er seine Überlegungen zusammen, »nach endlosen Jahrtausenden unter dem Schutz des Reichs des Glücks solch ein neues Bewusstsein zu schaffen.«
Cualpo Ikat pflichtete ihm durch Gesten bei, sagte aber nichts.
»Wir können uns auf Dauer nicht nur auf militärische Präsenz verlassen. Wir brauchen einen anderen Ansatz, um die Völker Tradoms zu befrieden und auf unsere Seite zu ziehen.«
»Und welchen?«, fragte der Erste Inquisitor.
Sickz Uknadi lehnte sich zurück. »Wir werden das Militär durch einen religiösen Ansatz unterstützen. Und zum Mittelpunkt der neuen Religion wird Anguela werden, der noch immer in den Köpfen der Völker verankert ist.«
»Anguela?«
»Wie du dich erinnerst, haben die Genetiker von Kaaf in meinem Auftrag schon vor langer Zeit einen Doppelgänger Anguelas hergestellt. Ich habe diesen Klon außerhalb von Tradom aufbewahrt, um ihn vor Cairols Welle zu schützen. Und jetzt ist es an der Zeit, Anguela Zwei einzusetzen!«
*