Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
Prolog
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
Epilog
Glossar
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 2374
Der Trojaner
Ihr Ziel ist Arkon – sie sind Wissenschaftler und Strangeness-Scouts
Hubert Haensel
Seit die Einheiten der Terminalen Kolonne TRAITOR mit ungeheurer Waffengewalt die Kontrolle über die Milchstraße und ihre Planeten übernommen haben, steht die Menschheit in einem verzweifelten Abwehrkampf. Immerhin leistet das Solsystem – geschützt durch den TERRANOVA-Schirm – unter Perry Rhodans Führung hartnäckigen Widerstand gegen die Armada der Chaosmächte.
Nur wenige Verstecke in der Menschheitsgalaxis sind bislang nicht von TRAITOR besetzt. Zu diesen Schlupfwinkeln zählt der Kugelsternhaufen Omega Centauri mit seinen uralten Hinterlassenschaften ebenso wie die Charon-Wolke. Nahezu alle anderen Systeme sind jedoch ungeschützt, unter anderem das Zentrum des einst mächtigsten Imperiums der Milchstraße: Arkon.
Damit die Hauptwelt der Arkoniden nicht den weiteren Plänen der Terminalen Kolonne zum Opfer fällt, besinnt man sich auf einen uralten terranischen Trick: In den Einsatz geht nun DER TROJANER …
Ashtai – Ein Raumhafenangestellter spürt den Griff der Terminalen Kolonne.
Reginald Bull – Der Verteidigungsminister der LFT schickt Unterstützung ins Zentrum des Kristallimperiums.
Bostich I. – Der vertriebene Imperator begibt sich zurück nach Thantur-Lok.
Lezlie Haign – Die Wissenschaftlerin setzt auf Carapols Erfindung.
Alvaro Hearn – Ein Major übernimmt die Verantwortung für ein Trojanisches Pferd.
Sie kamen aus dem Nichts.
Von einer Sekunde zur anderen waren sie da – sechs Kolosse, die den Bewohnern des nahen Sonnensystems erschienen wären, als hätte die Hölle sie ausgespien. Vor der Kulisse des Kugelsternhaufens jagten sie der weißen Sonne und ihren sechsundzwanzig Planeten entgegen.
Einhundert Kilometer durchmaß jeder dieser Giganten. Sie wirkten wie halbierte Kugeln, die an den Polen neu zusammengefügt und in jenem Bereich mit einem mächtigen Ringwulst versehen worden waren.
Die äquatorialen Schnittflächen wiederum waren übersät mit Aufbauten, von denen die zentralen pyramidenförmigen Türme fünfundzwanzig Kilometer weit aufragten.
Es gab keine Raumschiffe in der Nähe, deren Besatzungen sich den anfliegenden Höllenmaschinen in panischer Verzweiflung entgegengeworfen hätten. Solch ein Angriff wäre ohnehin nichts anderes gewesen als der Versuch einer Handvoll Mücken, einen Elefanten niederzuringen.
Ein unbeteiligter Beobachter hätte der Ansicht sein können, der Tod sei in den Kugelsternhaufen M 13 gekommen und fliege in das Arkon-System ein.
Aber die gigantischen MASCHINEN brachten Schlimmeres als den Tod.
Ihm war klar gewesen, dass sie kommen würden.
Erst der heimtückische Anschlag auf die Konferenz in der Solaren Residenz von Terra … Dann die Entdeckung des Kolonnen-Forts am Rand des Solsystems, das unsichtbar und mit der standardmäßig verfügbaren Technik nicht zu orten gewesen war …
Seit beide Informationen bis nach Arkon vorgedrungen waren, wusste Ashtai, dass sich die Galaxis von nun an grundlegend verändern würde. Dabei hätte er nicht einmal zu sagen vermocht, ob er tatsächlich davon überzeugt war oder derart umwälzende Ereignisse nur herbeisehnte.
Vermutlich war es Letzteres.
Wenn er darüber nachdachte, war er sich dessen sogar sicher.
Ashtai ballte die Hände. Breitbeinig stand er da, die Oberarme eng an den Körper gezogen und die Unterarme angewinkelt auf die Brust gepresst. Mit angehaltenem Atem starrte er in die Höhe.
Er konnte nur einen begrenzten Ausschnitt des Himmels sehen, denn die hohen Gebäude am Ringwall versperrten ihm die Sicht. Für ihn waren weite Bereiche der Stadt ohnehin ein einziger architektonischer Sündenfall. Hier gab es kaum prachtvolle arkonidische Trichterbauten mit üppiger Begrünung und umliegenden Parkanlagen. Stattdessen griffen bizarr verdrehte, sogar mit Howalgonium bedampfte Fassaden in die Wolken hinauf und machten Shulukai zu einem fremd anmutenden Spiegelkabinett.
Ashtai empfand die Stadt als kalt, als würdelos für Arkoniden, doch sie war ein Zugeständnis an die raumfahrenden Völker der Galaxis, die ein Stück Vertrautheit finden sollten, sobald sie Arkon I besuchten. Das musste er akzeptieren. Auch wenn es ihm persönlich nicht gefiel.
Seit wenigen Augenblicken hing ein Dröhnen in der Luft und wurde schnell intensiver. Er hatte den Eindruck, dass sich eine unheimliche Erschütterung auf seinen Körper übertrug. Diese Vibrationen gingen durch und durch – und sie konnten nur eines bedeuten:
Die MASCHINEN der Terminalen Kolonne TRAITOR kommen!
Nach Drorah und Hayok griff das Chaos nun nach Arkon.
Täuschte er sich, oder hing hoch über dem Kontinent schon ein gigantischer Schemen, eine der riesigen MASCHINEN, die den Anfang vom Ende bedeuteten? Der Schatten schien tiefer zu sinken, wie ein Mond, der sich aus seiner Umlaufbahn gelöst hatte und dessen Annäherung allein schon planetare Katastrophen auslösen würde.
Ashtai stand wie erstarrt, unfähig, den Blick aus dem hellen Nachmittagshimmel mit seinen zerrissenen Wolkenbänken zu lösen.
Stürzenden Bruchstücken gleich, jagten jetzt die ersten schwarzen Diskusschiffe über das Firmament.
Traitanks! Die Jagdschiffe der Kolonne, die das Arkon-System längst mit ihrer unüberwindlichen Stärke okkupierten und den Schiffsverkehr nahezu vollständig unterbunden hatten.
Ashtai war nur ein spezialisierter Ortungstechniker, die galaktische Politik hatte ihm bislang wenig bedeutet. Trotzdem gab er alle Schuld den Terranern. Auch wenn Arkoniden und Terraner in dunkler Vergangenheit denselben Ursprung hatten – und Akonen, Springer, Aras und andere ebenfalls –, hatte doch von Anfang an der ungezügelte Expansionsdrang der Terraner immer nur Probleme heraufbeschworen. Dieses Volk hatte in seinem geradezu besessenen Drang, jedes Rätsel der Schöpfung ergründen zu müssen, die Hohen Mächte aufmerksam gemacht. Ohne Terra, davon war Ashtai überzeugt, und er reimte sich das aus Informationsbruchstücken zusammen, hätten die Chaosmächte niemals nach den Galaxien der Lokalen Gruppe gegriffen.
Längst war es zu spät für ihn, die Kristallwelt zu verlassen. Ohnehin hätte er sich wie ein Verräter gefühlt, wäre er an Bord eines Raumschiffs gegangen, um irgendwo, Tausende Lichtjahre entfernt, Zuflucht zu suchen. Davon abgesehen bezweifelte er, dass es in der Milchstraße noch viele sichere Orte gab, an denen er hätte leben wollen. Er war auf Gos’Ranton geboren, hier, am Rand des Shuluk-Raumhafens, in einem der unproportionierten Gebäude, die terranischer Kultur nachempfunden waren, und er würde auf Gos’Ranton sterben. Etwas anderes war für ihn nie relevant gewesen.
Vor knapp zwei Standardjahren, vor dem ersten offenen Angriff der Kolonne, hatte er den Tod noch gefürchtet. Heute setzte er seine Prioritäten anders.
Eine gleißende Lichtflut jagte jenseits des Ringwalls in den Himmel hinauf, gefolgt von dröhnendem Donner, als sei ein Raumschiff explodiert. Ashtai sah, wie mehrere Gleiter in großer Höhe von der Druckwelle erfasst wurden und davontrieben, ihre Antigravs kamen nicht gegen die Gewalt an, konnten das Unvermeidliche nur verlangsamen, hinauszögern.
Wenige Straßenzüge entfernt senkte sich ein Traitank auf den Gor’Ranton-Platz herab.
Vergeblich wartete Ashtai auf den Raumalarm. Aber was hätte das tatsächlich bewirkt? Nichts. Arkon war verloren und die sturmgepeitschte Atmosphäre ein fader Vorgeschmack dessen, was die Bewohner der Kristallwelt erwartete.
Seine Hand schloss sich um den Griff des schweren Kombinadlers, der an seiner Hüfte hing. Er hatte ein Magazin mit hochbrisanten Sprengladungen eingesetzt, drei weitere Hunderter-Magazine trug er bei sich.
Dass die Waffe illegal war, störte ihn nicht. Gesetze und Verordnungen verloren angesichts des überall ausbrechenden Chaos ohnehin ihren Sinn.
Ashtai lief los.
Die Stadt schreckte jetzt aus ihrer Agonie auf. Schwärme von Gleitern hoben von den Landeplattformen ab oder verließen die Gebäude und jagten mit aberwitziger Beschleunigung davon, fort aus der Nähe des Raumhafens. Die meisten gingen auf Südkurs. Offensichtlich versprachen sich die Piloten in den hohen Küstengebirgen Schutz.
Ashtai zog den schnellen Tod einem zweifellos qualvollen Ende vor. Sobald er starb, würde er die Terraner und ihre verdammte Neugierde verfluchen. Wo steckten sie jetzt? Warum kam kein Perry Rhodan, kein Reginald Bull nach Arkon? Sogar Atlan hielt sich fern.
Er lief schneller.
Wenn er sich umblickte, sah er einige Dutzend Männer und Frauen in seiner Nähe, die ebenfalls im Begriff waren, sich den Angreifern entgegenzuwerfen.
Wie Sand auf der Kuppe einer Düne waren sie, der, einmal in Bewegung geraten, bald den ganzen Hang abrutschen ließ. Und sosehr die Terminale Kolonne sich auch wie ein tosender Fluss ihren Weg bahnte, jede Handvoll Sand würde Wasser an sich binden und einen Teil dazu beitragen, dass sogar diese Flut eines fernen Tages nur mehr ein schwaches Rinnsal sein und in der Wüste versickern würde.
Vor ihm zweigte die Straße zum Gor’Ranton-Platz ab.
Wenige Meter über dem Boden schwebte der unheimliche schwarze Diskus.
Ashtai sah Mor’Daer ausschwärmen und rannte schneller.
Neben ihm liefen die anderen. Von allen Seiten kamen sie; ihre Zahl wuchs stetig.
Wie Sand …
Wenn ihr uns tötet, verliert ihr eure Ressource! Tut ihr das nicht, werdet ihr sterben!, schrien seine Gedanken.
Er löste den Nadler aus. Eine Salve von zehn Sprengsätzen detonierte zwischen den Mor’Daer und fegte sie mit unwiderstehlicher Wucht beiseite. Zurück blieben nachglühende Krater in der Straße und leblose schlangengesichtige Soldaten der Kolonne. Der Vormarsch der Angreifer geriet nicht eine Sekunde lang ins Stocken.
Ashtai schaute nicht mehr rechts oder links, er sah nur noch den schwarzen Diskus, die Soldaten in ihren Rüstungen und die Explosionen seiner Nadlersalven.
Dann war das Magazin leer. Im Laufen warf er es aus, zerrte mit zitternden Fingern ein Ersatzmagazin aus einer Seitentasche seiner Kombination hervor und hätte es beinahe verloren. Er war Ortungstechniker, kein Soldat und schon gar nicht der Typ, der Auseinandersetzungen brauchte, um sich zu beweisen. Trotzdem …
Viel zu lange dauerte es, bis das Magazin endlich einrastete.
Für Sekunden war er abgelenkt gewesen. Als er den Blick wieder hob, sah er vor sich ein Heer von Mor’Daer, das jeden Widerstand niederwalzte.
»Verdammt sollt ihr sein!« Die Panik ließ seine Stimme beben. Zugleich löste er den Nadler wieder aus – Dauerfeuer diesmal, alle hundert Explosivgeschosse …
Grelle Helligkeit und eine mörderische Hitze schlugen über ihm zusammen und raubten ihm den Atem, während die Glut seine Kleidung zerfallen ließ und sich tief in seinen Körper hineinfraß.
Mit schwindenden Sinnen begriff er, dass ein Geschütz des Traitanks das Feuer eröffnet hatte. Ohne Rücksicht auf die eigene Truppe.
*
»Die Sequenz wird unvollendet abgebrochen!«, flüsterte eine angenehm akzentuierte Kunststimme. »Steuerung des Aufwachens mit bewusster Verzögerung, um der Gefahr eines destabilisierenden Schocks entgegenzuwirken. Die Abkopplung aus dem Programm beginnt – jetzt!«
Stille.
Vorübergehend war da nichts anderes mehr als ein heilloses Durcheinander in seinen Gedanken. Ashtai wollte alle Überlegungen zugleich zu Ende bringen, konnte sich aber nicht auf eine einzige davon konzentrieren.
Die aufkommende Übelkeit quälte ihn und machte es ihm unmöglich, sich gegen die Verzögerung zu behaupten.
»Du musst versuchen, ruhig zu bleiben!«, wisperte die Stimme.
Ich kann es nicht! Ich will …
Sein gedanklicher Widerstand provozierte einen Schwall positronischer Impulse, das wurde ihm gleichzeitig bewusst. Während er versuchte, Fiktion und Realität voneinander zu trennen, spürte er eine vage Berührung am Hals und gleich darauf das kühle Prickeln eines injizierten Medikaments. Es half ihm, sich zu entspannen.
»Noch drei hundertstel Tontas, dann kannst du dich aus dem Sessel erheben und …«
Im Hintergrund vernahm er Stimmen. Bislang verschwammen sie für ihn zu einem dumpfen Rauschen, das sich mit dem Pochen in seinen Schläfen mischte.
»Die Rekonvaleszenzphase geht zu Ende, Ashtai. Deine Körperfunktionen erreichen Normalwerte. Tiga Ranton Animas hofft, dass dein mentaler Ausflug die erwünschte Entspannung brachte …«
Das klang nach Ironie, obwohl es nicht so gemeint sein konnte. Ashtai hörte nicht mehr hin. Mit beiden Händen griff er sich in den Nacken und löste die letzten Sensoranschlüsse.
»Was ist geschehen?«
Schwankend kam er aus dem Sessel hoch, und nach wenigen Schritten hatte er seine Körperbeherrschung zurück. Gehetzt schaute er sich um in dem Meer von Holos und Datenschirmen, in dem seine Mitarbeiter kantig wie Puppen agierten. Zum ersten Mal fiel ihm ihre Blässe auf, diese unwirklich zerbrechliche Transparenz, die von den einander überlagernden Lichtreflexen und Projektionen verursacht wurde. Es schien, als bewegten sich seine Leute in einer anderen Welt, sichtbar zwar, aber trotzdem durch viele Barrieren von ihm getrennt.
Nur für einen Moment schloss er die Lider und massierte sich die Schläfen. Danach war alles ein wenig besser.
Garba da Miondal blickte ihm entgegen. Funkelnd umfloss ihr Silberhaar das Gesicht mit den ausgeprägten Wangenknochen und den vollen Lippen, doch die unaufhörlich wechselnde Helligkeit ließ sie weiterhin totenblass aussehen.
»Wir haben seit wenigen Sekunden eine neue Ortung!«, meldete die Frau tonlos.
Sein Kinn ruckte nach vorne und stemmte sich trotzig gegen die Befürchtung, die er nicht wahrhaben wollte, während Garbas dunkelrot schimmernde Pupillen sich an ihm festzufressen schienen.
»… etwas, das keiner der vorliegenden Schablonen entspricht«, fügte sie schwer hinzu.
Wortlos ging Ashtai an ihr vorbei.
Sie waren nur noch zwölf Spezialisten, die in der kleinen Ortungsstation TQT-10 außerhalb des Shuluk-Raumhafens ihren Dienst in drei Schichten versahen. Seit die Terminale Kolonne das System kontrollierte und die TRAITOR-Direktive den interstellaren Schiffsverkehr weitestgehend zum Erliegen gebracht hatte, gab es nicht mehr viel zu tun. Die Ankunft der zweiten Welle TRAITORS hatte das System endgültig in einen Belagerungszustand versetzt, und erst vor einigen Tagen waren weitere TRAIGOT- und TRAICAH-Fabriken sowie mehrere Chaos-Geschwader eingetroffen.
Ashtai hatte lange gebraucht, die erdrückende Präsenz der gegnerischen Einheiten zu verarbeiten. Ihre Machtfülle, die sich ihm aus einer Vielzahl von Messergebnissen aus dem gesamten System erschloss und zu einem Gesamtbild fügte, hatte seine letzten Hoffnungen zerbrechen lassen.
Sein Blick streifte die Statistikskalen. Pure Ohnmacht spiegelte sich in den Werten. Längst gingen die Chaosmächte nicht mehr im Verborgenen vor. Ihre Präsenz ohne Ortungsschutz lähmte.
Da gab es zuvorderst das Kolonnen-Fort TRAICOON 0060. Mit sechzehn Kilometern Länge, einer Breite von elf Kilometern, neun Kilometern Dicke und einer Schlagkraft, die es allein schon der Flotte überlegen machte, war es mittlerweile leider nur noch ein Mosaiksteinchen der Unterwerfung Arkons.
Ein einzelner Traitank war zwar wesentlich kleiner als das Fort, aber ihre schiere Masse raubte dem Arkoniden jedes Mal den Atem, wenn er sich die Größenordnung vorstellte, in der die diskusförmigen schwarzen Schiffe in Tiga Ranton präsent waren: Fünfunddreißig Chaos-Geschwader mit insgesamt 16.940 Traitanks erschienen Ashtai wie das Sinnbild der Unterdrückung an sich.
Hinzu kamen 2112 Fabriken, überwiegend eines Typs, der jeweils aus einem Verbund aus mehreren zylinderförmigen Scheiben bestand, das Hauptmodul vierzig Kilometer durchmessend und alle anderen Einheiten in den Schatten stellend.
Die vierunddreißig Kolonnen-Fähren fielen unter diesen Umständen gar nicht mehr ins Gewicht.
Nachrichten aus den Weiten der Galaxis, von Welten, die seit Ankunft TRAITORS tatsächlich wieder in weite Ferne gerückt waren, war zwar nur unter Vorbehalt zu glauben, aber es schien, als sei es das nächste Ziel der Kolonne, bedeutende Welten der Milchstraße zu zerschneiden, in »Kabinette« zu zerlegen. Und diese waren, wieder den Gerüchten zufolge, Lebenswelten im Innern eines Chaotenders unter absoluter Kontrolle der Chaotarchen, einer jener Hohen Mächte, denen man sich besser entzog. Wieder die Schuld der Terraner, dass der gesamten Galaxis einschließlich des heimatlichen Kugelsternhaufens diese Option nicht mehr offenstand.
Seit dem Fall Hayoks hegte er keinen Zweifel mehr daran. Die einzige offene Frage lautete, wann die Kolonne anfangen würde, Arkon zu einem Kabinett umzuformen.
Ashtai empfand schon diesen Gedanken als grauenvoll. Hier und da hatte er indes auch Stimmen vernommen, die dem entgegenfieberten. Er empfand keine Faszination dabei. Nur Abscheu.
»Fühlst du dich nicht wohl?« Eine Hand legte sich auf seinen Oberarm. Zögernd wandte er sich um, schaute in Garbas Augen, deren wässriger Glanz ihre Erregung verriet.
»Wie kann ich mich wohlfühlen? Wie kann überhaupt einer von uns …?« Er riss sich los, sein Blick suchte nach dem Statusholo der letzten Veränderung.
»Es scheint so, als sei dicht außerhalb des Systems eine gewaltige Masse in den Normalraum gefallen!«, verkündete Angut, der Analytiker ihrer Schicht.
»Identifikation?«
Angut zuckte mit den Schultern. »An der Zugehörigkeit zur Kolonne kann es keinen Zweifel geben. Mehr ist nicht bekannt.«
Die Anlagen von TQT-10 waren nicht für Fernortungen ausgelegt, sondern für die Überwachung des Shuluk-Raumhafens. Mit einhundertzwanzig Kilometern Durchmesser galt die komplett von einem zwei Kilometer hohen Wall umschlossene Anlage längst als größter Raumhafen von Arkon I. Nur war davon seit geraumer Zeit nichts mehr zu spüren. Shuluk lag in Agonie.
Die Verbindungen zu den großen Ortungsstationen bestanden weiterhin, wenn auch der Datenfluss auf einen Bruchteil der früheren Kapazität geschrumpft war.
»Da kommt was rein!«, rief Iton, die zweite Frau des Teams.