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Nr. 2300 – Vorboten des Chaos
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Die Hauptpersonen des Romans
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Glossar
Die Milchstraße anno 1344 NGZ
Die Milchstraße
Karte Gesamtübersicht Milchstraße – Hypersturmgebiete und ehemalige Hyperkokons
Die ehemaligen Hyperkokons
Die galaktische Lage anno 1344 NGZ
Die Liga Freier Terraner
Raumfahrt und Technik
Nr. 2301 – Im Kolonnen-Fort
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Die Hauptpersonen des Romans
Prolog
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Epilog
Nr. 2302 – Die Mikro-Bestie
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Die Hauptpersonen des Romans
Prolog
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Epilog
Glossar
Nr. 2303 – Der Duale Kapitän
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Die Hauptpersonen des Romans
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Glossar
Nr. 2304 – Schatten über Atlan-Village
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Glossar
Nr. 2305 – Jagd auf die Dunkelkapsel
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Glossar
Nr. 2306 – Die Kristallbörse
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Epilog
Glossar
Nr. 2307 – Der Psi-Korresponder
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Die Hauptpersonen des Romans
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Epilog
Glossar
Nr. 2308 – Die Schattenlosen
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Die Hauptpersonen des Romans
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Epilog
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Nr. 2309 – Die Augen von Charon
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Die Hauptpersonen des Romans
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Epilog
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Nr. 2310 – Strukturpiloten
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Hauptpersonen des Romans
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Glossar
Nr. 2311 – Die Explosive Kraft
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Glossar
Nr. 2312 – Die Unschlagbaren
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Die Hauptpersonen des Romans
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Glossar
Nr. 2313 – Das Goldene System
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Nr. 2314 – Die Leben eines Seecharan
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Glossar
Nr. 2315 – Kampf ums Salkrit
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Nr. 2316 – Rivalen der Kolonne
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Die Hauptpersonen des Romans
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Nr. 2317 – Arkons Fall
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Nr. 2318 – Der Dunkle Obelisk
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Nr. 2319 – Die Siedler von Vulgata
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Nr. 2320 – Terra im Psi-Schauer
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Glossar
Nr. 2321 – Schatten über Halut
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Die Hauptpersonen des Romans
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Nr. 2322 – Die Schläfer von Terra
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Die Hauptpersonen des Romans
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Glossar
Nr. 2323 – Kinder der Erde
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Die Hauptpersonen des Romans
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Epilog
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Nr. 2324 – Traitanks über Drorah
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Nr. 2325 – Der verbotene Krieg
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Nr. 2326 – Galaktische Dämmerung
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Nr. 2327 – Risikoplan Charlie
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Die Hauptpersonen des Romans
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Epilog:
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Nr. 2328 – Mission der SOL
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Die Hauptpersonen des Romans
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Epilog
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Nr. 2329 – Gestrandet in Hangay
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Nr. 2330 – Spur ins Nichts
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Nr. 2331 – Die Eisstadt von Vaccao
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Nr. 2332 – Die Psychial-Werber
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Nr. 2333 – Die Universale Schneise
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Nr. 2334 – Im Auftrag der Friedensfahrer
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Die Hauptpersonen des Romans
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Zwischenspiel:
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Nr. 2335 – Das Geheimnis der Enthonen
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Die Hauptpersonen des Romans
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Epilog:
Glossar
Nr. 2336 – Das Wunder von Terra
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Epilog
Das Wunder von Terra oder: Das Runde muss ins Eckige
Nr. 2337 – Unter Prophozeuten
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Die Hauptpersonen des Romans
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Epilog
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Nr. 2338 – Im Bann des RUFERS
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Nr. 2339 – Ein halber Mensch
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Die Hauptpersonen des Romans
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Epilog 1
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Glossar
Nr. 2340 – Zum Tee bei Jonas Untergang
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Nr. 2341 – Die Ratten der JERSEY CITY
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Nr. 2342 – In der Kaverne des Laboraten
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Die Hauptpersonen des Romans
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Epilog 1
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Glossar
Nr. 2343 – Dantyrens Qual
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Die Hauptpersonen des Romans
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Epilog
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Nr. 2344 – Die Rebellen von Trakarat
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Nr. 2345 – Im Clateaux der Zeiten
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Nr. 2346 – Chyndors Weg
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Die Hauptpersonen des Romans
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Nr. 2347 – Die Heiße Legion
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Die Hauptpersonen des Romans
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Epilog
Nr. 2348 – Quarter Phillips Sehnsucht
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Die Hauptpersonen des Romans
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Epilog
Glossar
Nr. 2349 – Wurmloch ins Solsystem
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Die Hauptpersonen des Romans
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Epilog
Glossar
Leseprobe PR 2700 - Andreas Eschbach – Der Technomond
Vorwort
Prolog
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Gespannt darauf, wie es weitergeht?
Die Welt des Perry Rhodan
Vorwort
Die Welt des Perry Rhodan
Ein kleines Who's Who des Perry Rhodan-Universums
Häufig gestellte Fragen
Neu im PR-Universum?
Die PR-Produktpalette
Impressum
Impressum
Nr. 2300
Vorboten des Chaos
Sie sind TRAITORS Bestien – und sie bringen den Untergang
Robert Feldhoff
Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt
Auf der Erde und den zahlreichen Planeten der Milchstraße, die von Menschen besiedelt sind, ist das Jahr 1344 Neuer Galaktischer Zeitrechnung angebrochen – dies entspricht dem Jahr 4931 alter christlicher Zeitrechnung. Seit Perry Rhodan mit einer schlichten Rakete ins All vorgestoßen ist und der Menschheit dabei den Zugang zu den Sternen erschloss, sind fast dreitausend Jahre vergangen.
Längst bildet die Erde – oder Terra, wie man allgemein sagt – das Zentrum eines blühenden Sternenreiches aus Tausenden von Planeten. In der Liga Freier Terraner leben nicht nur Menschenabkömmlinge, sondern auch Angehörige anderer Völker. Der Mausbiber Gucky ist für viele ein typisches Beispiel; außer ihm gibt es zahlreiche Fremdwesen auf den wichtigsten Welten der Liga.
Dass kein Frieden ewige Zeiten währen wird, das wissen auch Perry Rhodan und seine Mitstreiter. Immer wieder wurde die Erde zum Ziel feindlicher Angriffe. So auch in diesen Tagen, als eine finstere Macht im Geheimen mit ihrer Arbeit beginnt.
Es handelt sich dabei um die VORBOTEN DES CHAOS …
Perry Rhodan – Der unsterbliche Terraner beruft eine Konferenz der galaktischen Völker ein.
Bostich I. – Der Imperator von Arkon nimmt eine weite Reise auf sich.
Gucky – Der Mausbiber wächst in der Gefahr über sich hinaus.
Zon Facter – Der Assassine erfüllt den Auftrag der Terminalen Kolonne.
Demetrius Luke – Der Siganese erweist sich als knallharter Kämpfer.
»Hohes Haus, geehrte Abgeordnete.« Perry Rhodans Stimme klang ruhig. »Ich weise aus gegebenem Anlass darauf hin, dass wir heute in geheimer Sitzung tagen.«
Mit staatsmännischem Lächeln blickte er über das Feld der 711 Abgeordneten im Residenz-Parlament.
»Die Liga Freier Terraner besteht mit Stichtag zur Jahreswende aus 3143 Welten. Als Kerngebiet der LFT gilt eine Raumkugel von fünftausend Lichtjahren Durchmesser, ein Territorium, das sich aus dem historischen Erbe des Solaren Imperiums herleitet. – Aber aus der Größe und der Macht erwächst auch eine Pflicht. Wer die Milchstraßenvölker auf einen gemeinsamen Weg führen will, muss ein gemeinsames Ziel aufzeigen. Hohes Haus: Was diese Galaxis braucht, ist eine Vision!«
Perry Rhodan wartete ab, bis der spärliche Beifall verklungen war. Was er ihnen mitzuteilen hatte, wollten die Abgeordneten nicht hören. Bis zum Ziel lag vor der Regierung eine Menge Überzeugungsarbeit.
Mit spitzen Fingern hob Rhodan einen Daten-Kristall in die Höhe. Für die Kamerasensoren sichtbar schob er den Kristall in den Projektor.
Über dem Rednerpult flammte das Hologramm der Milchstraße auf. Ein Laser zeichnete die galaktopolitische Karte in das Feld der Sterne, die Territorien von Terra, Arkon, Akon, Gatas und allen anderen.
Rhodan beugte sich etwas nach vorn und berührte einen Sensor am Rednerpult.
In der Westside der Galaxis glommen Lichter auf, an den Standorten Sol, Plophos, Ertrus und Olymp. In der Karte formten sie einen gedrängten Haufen. Hoch über der Northside der Galaxis nahm ein zweiter Haufen Gestalt an. Die einzeln nicht unterscheidbaren Glutpunkte standen für Arkon, Aralon, Archetz und Zalit.
»Im Folgenden erhält das Hohe Haus Kenntnis von den Plänen der Regierung, eine solche Vision zu schaffen …«
»Das Jahr 1331 NGZ markierte den wohl schärfsten Einschnitt in der Geschichte der Milchstraße seit Jahrmillionen: die Erhöhung des hyperphysikalischen Widerstandes, den so genannten Hyperimpedanz-Schock.
Die High Tech der Milchstraßenvölker, gleich ob terranischer, arkonidischer oder halutischer Bauart, versagte ihren Dienst. Unbeschränkter Raumflug per Metagrav war ab sofort Geschichte. Die unbegrenzte Verfügbarkeit von Energie durch Hyperraumzapfung hatte ihr Ende gefunden. Syntronische Datenverarbeitung funktionierte nicht länger.
Perry Rhodan wusste damals, dass der Hyperimpedanz-Schock ein gezielter Angriff war. Im Hintergrund standen die Kosmokraten, die Hohen Mächte des Universums. Ein Naturgesetz als Waffe: um die Krankheit Leben, die im Universum überhand nahm, in ihrer Verbreitung einzugrenzen.
Im Jahr 1331 lag die galaktische Kultur in Trümmern. Insofern mag es mancher ein ›Wunder‹ nennen, dass bereits wenige Jahre später, im Jahr 1344 NGZ, das Leben aus den Ruinen seiner Technik längst wieder auferstanden war. Lebendiger denn je und auf dem Sprung, verlorenes Terrain zurückzugewinnen.«
[Hoschpians Chroniken des 14. Jahrhunderts NGZ; Kap. 21.33.1. Grundlagen der Rückkehr]
»Euer Erhabenheit, wir bringen eine dringliche Botschaft!«
Imperator Bostich I. blickte auf seine Diener, zwei kniende Dryhanen in Violett, beide sehr jung, und er registrierte das Beben ihrer Finger in seiner Gegenwart. Der Herr Arkons war nicht bekleidet. Dies waren die ersten Minuten des Tages, die er nicht mit dem Geschäft des Regierens verbrachte, sondern in seinem Palast-Bad. Heilige Minuten, dachte er. Die Einsamkeit, die ein Herrscher sich erkämpft.
Bostich wölbte die Brauen und blickte seine Diener an, bis er die Gesichter erblassen sah.
»Es handelt sich um eine Botschaft des Terraners Perry Rhodan, Euer Erhabenheit!«, setzte einer der zwei nervös hinzu. »Ihr gabt Anweisung, Kommunikation mit dem Terraner Rhodan stets als ›dringlich‹ zu behandeln!«
Der Imperator ließ sie ohne Antwort stehen, er trat an den Beckenrand und kippte mit geschlossenen Augen vorwärts. Das Wasser umspülte ihn wie Öl, ein Strom von Blasen stieg zur Wasseroberfläche, während Gaumarol Bostich I. die hundert Meter bis zum gegenüberliegenden Beckenrand tauchte. Die Sekunden unter Wasser gehörten ihm allein. Niemand sprach, niemand führte Klagen, und das gewaltige Imperium rückte für die wenigen, wertvollen Momente in irreale Ferne.
Der Terraner. Was kann er wollen? Der Imperator des Kristallimperiums war der mächtigste Mann der Milchstraße. Aber wenn es einen Gegenspieler von Format gab, hieß er Perry Rhodan. Der Herrscher von Terra, der sich Terranischer Resident nannte und der sich vom Volk wählen ließ. Demokratie nannten es die Menschen.
Als er aus dem Wasser tauchte, waren die Dryhanen zur Stelle.
Bostich holte tief Atem. Er befand sich in ausgezeichneter Verfassung. »Verlest die Botschaft«, ordnete er an.
»Erhabenheit, es handelt sich um eine Holografie.«
Einer der zwei hob seine Hand, dünne gesalbte Finger, und aus einem mit Losol besetzten Ring schoss ein Funkenregen, der sich zu einem Gesicht formte. Die ernste, selbstsichere Miene eines Mannes, der knapp dreitausend Jahre alt war, aber noch immer aussah wie ein Mensch von neununddreißig.
»Imperator Bostich!«, sprach Rhodans Stimme aus dem Ring. Höflich, aber nicht demütig. »Ich entbiete meine Grüße an den Herrscher der Arkoniden. Deine Geheimdienste werden dir berichtet haben, dass Terra eine Reihe von technologischen Neuerungen vorbereitet. Die Regierung der LFT plant, diese Neuerungen allgemein zugänglich zu machen. Auch für Arkon, falls sich Arkon interessiert zeigt. – Wir haben beschlossen, dass wir eine Aufbaukonferenz der Völker veranstalten werden. Als Tagungsort ist die Solare Residenz vorgesehen. Der Termin ist der 4. Januar 1344 Neuer Galaktischer Zeitrechnung. Es gilt, Entscheidungen von hoher Tragweite zu treffen. Ich füge hinzu, von galaktischer Tragweite, daher bitte ich dich um deine persönliche Teilnahme. – Die Details können auf der Ebene unserer Botschafter geregelt werden.«
Perry Rhodan lächelte offen, sein Gesicht zerstob zu Funken und wurde zu Luft.
Bostich fixierte den zweiten Dryhanen. »Meinen Terminplan!«
Ein zweiter Funkenregen formte sich zu einer Tafel, Tausende Einträge in Spalten gepresst, winzige arkonidische Lettern. Jeder Tag sah exakt genauso aus. Wenn es etwas gab, worüber der Imperator nicht verfügte, war es Zeit.
Bostich tauchte unter Wasser, sank bis zum Boden des Beckens, er stieß sich mit den Füßen von der Wand ab und tauchte den Weg, den er gekommen war, wieder zurück, um nachzudenken. Dieses Mal mit derben Stößen, mit der höchsten Geschwindigkeit, die er unter Wasser hundert Meter halten konnte.
Rhodan, du verdammter terranischer Hund. Ich hoffe für dich, du rufst mich nicht umsonst auf deine Erde.
Der Weg nach Terra war weit. Die Zivilisation der Milchstraße erholte sich zwar in schnellen Zügen nach dem Hyperimpedanz-Schock, der die alte Technik zerschlagen hatte, all die Syntrons und Gravitrafs, die Metagravs und Grigoroffs. Jeder Tag war ein Schritt nach vorn. Doch bis das alte Niveau wieder erreicht war, mussten Jahrhunderte vergehen. 34.000 Lichtjahre bedeuteten einen Flug von mehreren Wochen Dauer.
Bostichs Lungen brannten. Dennoch blieb er unten, die ganze Strecke, und zwang sich, die Arme bis zur Hüfte durchzuziehen. Mit einem Schrei stieß er durch die Wasseroberfläche, er spuckte Wasser aus und sog Atem ein.
Die Flecken vor seinen Augen formten sich zu einem Bild in Violett: seine Dryhanen. Sie wichen schnell beiseite, als der Imperator sich aus dem Wasser zog.
»Holografische Aufzeichnung!«, kommandierte er.
Einer der Dryhanen hob seinen Ring, und Bostich starrte mit nassem Haar in den Losol, der die Kamera enthielt. »Terraner«, sprach er grimmig, »du bestellst den Imperator des Kristallimperiums durch die halbe Galaxis. Besser, du bietest mir einen Gegenwert an, der meiner aufgewandten Zeit entspricht! – Ich treffe am 4. Februar deiner Zeit ein, sieh zu, dass du deine Konferenz an dem Tag beisammenhast!« Eine Geste mit der flachen Hand, Aufzeichnung aus.
»Euer Erhabenheit«, rief einer der Dryhanen erschrocken, »Perry Rhodan nannte nicht den 4. Februar, sondern den …«
Der Diener verstummte, als er Bostichs Blick sah. Aus dem Gesicht wich jede Farbe. »Sehr wohl, Herr. Ein neuer Termin.«
Der Duale Kapitän erreichte mit einem Transmitterfeld den Nega-Saal. An einer Sitzbank in der Mitte blieb er stehen. Von überall her zugleich kam Wind auf.
»Kapitän«, füllte eine Stimme den Saal, »nimm Platz.«
Der Duale Kapitän blieb stehen, denn sein verunstalteter Körper ließ keine sitzende Haltung ohne Schmerzen zu.
»Du hast hohe Verluste erlitten«, hörte er die Stimme. »Die Armee war dir anvertraut! Wir geben dir hunderttausend Traitanks, und du bringst weniger als zweitausend zurück. Hättest du doch bis zum Ende gekämpft, auch bis zu deinem eigenen! Das aber hast du nicht getan. Du hast deine Armee geopfert, aber nicht dich selbst.«
Er wurde von unsichtbaren Augen gemustert. Das Unbehagen schnürte wie körperliche Qual seine Hälse zu. »Es war nicht vermeidbar«, verteidigte er sich, und er hoffte, dass der Wind seine Worte zu den unsichtbaren Ohren mittrug. »Die Verluste des Feindes betragen ein Vielfaches!«
»Hast du deinen Auftrag erfüllt?«
Rings um ihn und die Bank entstand ein Wirbel, so übergroß und gewalttätig wie die Terminale Kolonne. Aus dem Wirbel stießen Protuberanzen wie Faustschläge aus Dunst auf ihn herab.
Der Kapitän bekannte: »Nein. Das habe ich nicht.«
Mit den Händen klammerte er sich an die Lehne der Bank, und er rechnete mit der Verkündung des Urteils, das nicht anders lauten konnte als Tod.
Schließlich mischte sich eine zweite Stimme in das ferne Toben, das er hörte. Ein Befehl. Der Duale Kapitän merkte auf. Er suchte den Dunst nach einer Kontur ab, doch da war nichts. Das Wirbeln rings um ihn verlor im selben Moment seine Wucht und fiel zusammen, und er begriff, dass irgendwer zu seinen Gunsten eingegriffen hatte.
»Alle diese Sachverhalte«, fuhr die Stimme fort, mit hörbarem Missvergnügen, »werden in Kürze aufgeklärt werden. Die Progress-Wahrer der Terminalen Kolonne verschwenden nicht, was sie geschaffen haben. In deine Zeugung wurden beträchtliche Mittel investiert, Kapitän. Also nehmen wir nicht dein Leben, sondern wir betrauen dich bis zur endgültigen Klärung mit einer neuen Angelegenheit.«
Der Kapitän blickte überrascht auf – aber da war nur Nebel rings um ihn.
Er entspannte sich etwas, denn die Auskunft verschaffte ihm eine Gnadenfrist, mit der er nicht gerechnet hatte. Er würde nicht sofort sterben. Vielleicht konnte er das Vertrauen der Kolonne sogar zurückgewinnen.
»Welche Angelegenheit ist das, Herr?«, fragte er schließlich.
»Du übernimmst das Kommando im Kolonnen-Fort TRAICOON 0098. Du wirst den ersten Vorposten in einer Galaxis namens Milchstraße errichten; ein Raumsektor namens Sol muss gesichert werden. Bereite die Übernahme eines Planeten namens Terra vor. Lösche aus, was sich dir in den Weg stellt, aber du wirst nicht beschädigen, was wir für die Zwecke der Kolonne noch benutzen wollen.«
Der Kapitän versuchte ruhig durchzuatmen. »Ich verstehe.« Was der Progress-Wahrer als Auftrag hinstellte, kam einer Degradierung gleich, doch er befand sich in einer Lage, die Widerspruch nicht ratsam scheinen ließ.
Aus dem Dunst löste sich ein einzelner Wirbel. An seinem Ende entstand die Ahnung eines Gesichtes. Mit zerfasernden Augen blickte das Gesicht auf ihn herab, so als wäre er ein Insekt auf dem Objektträger eines Mikroskops. »Du verdienst diese Chance nicht, Kapitän, wir wissen das. Unglücklicherweise verfügt selbst die Terminale Kolonne nur begrenzt über Kommandeure deiner Art. Aber vielleicht gelingt es dir ja, diese einfache Aufgabe zur Zufriedenheit zu erfüllen.«
Er begriff, dass das Gespräch zu Ende war. Der Kapitän versuchte, seinen Oberkörper in verneigte Haltung zu bringen. Der Schmerz zwang ihn jedoch, stattdessen lediglich die zwei Häupter zu beugen.
Als er wieder aufblickte, war das Gesicht verschwunden, und er blickte in unbewegten Dunst. Mit allen Sinnen lauschte er, ob noch einmal die zweite Stimme zu hören war, aber nichts geschah.
Per Kolonnen-Funk rief er Daten über TRAICOON 0098 ab. Das Fort lagerte in zerlegtem Zustand an Bord einer Kolonnen-Fähre, und seine Überstellung an den Einsatzort, Sektor Sol, Galaxis Milchstraße, war für den kommenden Tag vorgesehen.
Der Duale Kapitän verließ den Nega-Saal ratlos: Weshalb bedachte die Kolonne ihn mit einem Auftrag, der so simpel zu erfüllen war?
Die Wetterkontrolle hatte blauen Himmel über Terrania gezaubert; Sonnenschein verwandelte die Skyline in ein Band von aufeinander getürmten, glitzernden Kristallen. Perry Rhodan überflog mit seinem Gleiter die halbe Stadt, vom abgesperrten Aldebaran Space Port kommend Richtung Solare Residenz. Gegen die tief stehende Sonne zeichnete sich der Umriss ab, eine gigantische Orchidee aus Stahl und Glas, über einen Kilometer hoch. Der Regierungssitz hing nicht schwerelos am Himmel wie gewöhnlich, sondern war in seinem Futteral gelandet; als Sicherheitsmaßnahme für die Konferenz. Dennoch war die Residenz von jedem Platz der Stadt aus sichtbar.
»Perry?«, hörte er Mondra Diamonds Stimme über Funk. »Du hast unsere Verabredung hoffentlich nicht vergessen?«
Rhodan aktivierte seinen Sender: »Keineswegs, Mondra, ich überfliege soeben …«, er legte den Gleiter schräg und blickte durch das Fenster auf die Straßenzüge, »… soeben Antares City! Gedulde dich nur fünf Minuten!«
Er hörte ein Lachen – und ein schwaches Trompeten im Hintergrund, das verdächtig nach Elefant klang. »Na schön, Perry, du hörst ja, Norman freut sich schon! – Allerdings, fünf Minuten sind ein bisschen sehr optimistisch.«
»Weshalb? Das ist die übliche Flugzeit!«
»Das siehst du gleich.«
»Aha.«
Terrania strahlte längst wieder im alten Glanz, gut zwölf Jahre nach dem Hyperimpedanz-Schock: eine Stadt für die Sinne, aber ohne Dekadenz, denn für den Wiederaufbau hatte die Bevölkerung hart gearbeitet. Energie sparen, das Motto der Dekaden. Energie war nach wie vor ein teures Gut.
Die Polizei von Terrania überwachte weiträumig das Gebiet. Sicherungskräfte massierten sich um das Areal im Nordwesten der Stadt. Eine bläulich transparente Glocke aus Energie, ein Paratronschirm neuester Generation, hüllte mit zwei Kilometern Höhe das Konferenz-Gelände ein. Rhodan steuerte den Gleiter an die Strukturschleuse. Eine Traube von Kampfschwebern stoppte seinen Flug, alle besetzt mit Agenten des Terranischen Liga-Dienstes. Rhodans ID-Muster wurde überprüft, seine Identität zweifelsfrei festgestellt. Mit Sensorspürern checkten sie von vorn bis hinten den gesamten Gleiter.
Einer der Agenten stutzte, fuhr mit seinem Scanner drei-, viermal über Rhodans rechte Jackentasche und bat schließlich: »Ich möchte den Inhalt sehen.«
Rhodan öffnete den Verschluss. Er zog das Objekt heraus, das sich darin befand, und überließ es den Agenten zur Prüfung. Danach steckte er sein Mitbringsel wieder ein.
Nach zehn Minuten Suche ließen sie ihn passieren. Rhodan konnte sicher sein, dass jeder Schmutzfleck an seinem Gleiter begutachtet und registriert war.
Im Inneren des Schirms herrschte Hochbetrieb. Kampfschweber flogen lückenlos Patrouille, jeder Quadratzentimeter Residenzpark wurde durchgemustert, damit das Areal ab morgen zur Verfügung stand.
Mondra winkte von weitem, als sie Rhodans Gleiter kommen sah. Am Gleiter-Parkdock ging er nieder und stieg aus.
Ihre grünen Augen strahlten. Sie war noch immer die dunkelhaarige Schönheit von damals, die er lange Zeit geliebt hatte. Biologisch war Mondra über siebzig Jahre alt, dennoch sah sie nicht älter aus als dreißig. Rhodan wusste sicher, dass das Geheimnis ihrer ausbleibenden Alterung nicht kosmetisch war, dafür kannte er sie zu lange. Sie wurde nicht älter, im Grunde rätselhaft. Ihr Pullover saß unverschämt eng, und als TLD-Agentin und ehemalige Zirkusartistin war sie in körperlich unglaublicher Form.
»Schön, dich zu sehen«, sagte er ehrlich und umarmte sie. Ihr Körperduft mischte sich mit einem Hauch Orange.
Mondra blickte plötzlich auf. »Und? Wie war’s?«
»HWG-01 auf dem Mond produziert, Projekt BACKDOOR auf dem Merkur steht kurz vor dem Start. Alles bestens, soweit sich das jetzt sagen lässt, Mondra. Einmal die komplette Rundreise.«
»Die TERRANOVA-Flotte?«
Sein Lächeln gefror. »Das ist der Wermutstropfen. Aber verlieren wir die Hoffnung nicht, man kann nicht alles auf einmal haben.«
Rhodan spürte ein Zupfen am Jackenzipfel: Ein fünfzig Zentimeter großer indischer Klonelefant drängte an seine Seite, und der ausgestreckte Rüssel an seiner Jacke war beinahe schwarz.
»Na, Norman, wie geht’s?«
Ein Schnaufer durch den Rüssel.
Der kleine Elefant zupfte an seiner Jackentasche, bis Rhodan den Verschluss öffnete – und den Apfel zum Vorschein brachte, der eben noch Verdacht erregt hatte. Norman griff die Frucht mit dem Rüssel, führte den Apfel zum Maul und verspeiste ihn, schließlich bedankte er sich mit einem dünnen Tröten.
»Aber zur Sache, Mondra. Führst du mich bitte herum? Ich möchte einen Blick auf die Vorkehrungen werfen.«
»Dein Misstrauen ehrt uns nicht gerade. War die Strukturschleuse nicht genug? Sei ganz sicher, dass wir morgen bereit sind.«
»Das ist kein Misstrauen. Das ist einfach nur ein Verstand mehr, der versucht mitzudenken.«
*
Mondra brachte Norman in ihrer Kabine unter, in wenigen Minuten, dann führte sie Rhodan über das Gelände. Sämtliche Innenarbeiten wurden per Funk abgeschlossen gemeldet, als die Sonne draußen unterging. Die Agenten strebten gruppenweise zu den Gleitern. Ihre Arbeit war getan. Für Rhodan und Mondra das Signal: Sie traten in den zentralen Hauptträger der Residenz, inspizierten stichprobenartig von unten nach oben, Konferenz- und Arbeitsräume ohne Zahl, die beiden Daellian-Meiler, die NATHAN-Außenstelle, das Restaurant MARCO POLO, in dem sich Rhodan bei Anwesenheit fast täglich verpflegte; zuletzt die Rechnerräume der Biopositronik LAOTSE, bis auf das zylinderförmige Hauptsegment im oberen Bereich des Hauptträgers.
Nirgendwo ein Fehler.
»Kommen wir zum letzten Punkt«, bestimmte er: »Die Unterkünfte für Bostich und Gefolge.«
Mondra wölbte erstaunt die Brauen. »Man sollte meinen, ein Perry Rhodan hat Besseres zu tun, als das Hotel zu prüfen. Zum Beispiel schlafen.«
»Ich bin nicht müde.«
»Bilde dir nicht zu viel auf deinen Zellaktivator ein. Du siehst hundemüde aus.«
»Wir machen das trotzdem. – Bostich ist Herrscher durch und durch. Sei ganz sicher, der Dienerschaft im Kristallpalast hält unser Service nicht ansatzweise stand. Der Mann verträgt Strapazen wie ein Raumsoldat, aber machen wir einen Fehler, den man hätte vermeiden können …« Rhodan schüttelte den Kopf. »Bostichs Zustimmung ist die Kernfrage bei der Konferenz, und du solltest wissen, Mondra, wie heikel der Schurke sein kann.«
Die Unterkünfte lagen in der Peripherie im Südostflügel, hinter einer Front aus durchsichtigem Panzertroplon, die einen Panoramablick über Terrania bei Nacht gewährte. Tagsüber sah man von hier bis zum Goshun-See, zum Sirius River. Bei Dunkelheit endete der Blick am strahlenden Rainbow Dome im Südosten, dem Wahrzeichen der Waringer-Akademie. Über allem lag ein bläulicher Schleier, der von der Färbung des Paratrons herrührte.
Bostichs Schlaf- und Arbeitsräume führten gediegenen Luxus vor, nie verspielt, sachlich und funktional; jedem Gegenstand der Einrichtung war sein Wert dennoch anzusehen. »Wir hatten im Archiv ein paar uralte Holos von den Gemächern, die damals Atlan als Gonozal VIII. im Kristallpalast bewohnt hat. Das war vor etwa dreitausend Jahren, etwa um 2050 nach Christi. Wir haben das Ensemble nachgebaut und in den Farben gestaltet, die man bei Bostich normalerweise sieht. Bostich gilt als Kenner der arkonidischen Geschichte; wir denken, dass er das merken wird.«
Rhodan nickte beifällig. »Deine Idee, Mondra?«
Ihr dunkler Teint lief ein bisschen rot an. »Nicht ganz. Wir hatten vor zwei Wochen noch per Funkbrücke Kontakt mit Atlan. Zur Charon-Wolke. Dabei ließ er den Tipp fallen.«
»Kann ich die Räume für den Tross sehen?«
Mondra führte ihn durch Dutzende frisch aufgebaute Zimmerfluchten, alle in Luxus ausgestattet, und Rhodan fand keinen Ansatzpunkt, der Kritik verdiente.
In dem Moment erreichte ein Funkanruf Mondra. Sie neigte den Kopf und horchte auf eine Stimme, die für Rhodan nicht hörbar war. »Perry, da gibt’s ein Sicherheits-Problem im Holografischen Museum in Ebene 11. Ich verschwinde kurz und entscheide das.«
Rhodan blieb allein zurück und führte seinen Rundgang zu Ende.
Die letzte Suite lag noch immer an der Fensterfront, Luftlinie von Bostichs Räumen hundert Meter entfernt; für einen Agh’moas, einen Agh-Fürsten Erster Klasse aus Bostichs Gefolge.
Rhodan strich nachdenklich durch die Zimmer.
Das letzte in der Reihe war ein Schlafgemach: Ein Knistern erfüllte die Luft, als er über die Schwelle trat, und Rhodan glaubte zuerst an einen Show-Effekt, der für die Ankunft des Fürsten programmiert war.
Seine Haare stellten sich im Nacken auf. Über seine Haut legte sich ein Kribbeln. Stopp. Rhodan stand instinktiv still. Etwas war nicht in Ordnung. Er drehte sich um, aber da war nichts. Er horchte, doch sein Gehör nahm keine Geräusche wahr, die nicht dem Standard entsprachen. Rhodan checkte seinen Armbandorter, und die Ausschläge, die er fand, bewegten sich im Rahmen des Gewohnten.
Im selben Moment flammte am Bett des Agh-Fürsten ein holografisches Spektakel auf, eine Art weißes Rauschen, das sich zur Kontur eines Menschen verdichtete.
Die Gestalt war ein Mädchen von einsachtzig Größe. Etwas stimmte nicht. Rhodan blickte zurück und überzeugte sich, dass der Fluchtweg nach draußen offen stand. Doch statt zu fliehen, blieb er stehen.
Das Mädchen hatte ein verwischtes Gesicht, wie überlagerte Schatten, und war nach seinem Dafürhalten um die siebzehn Jahre. Die tanzenden Flecken in Gesichtshöhe wirkten wie Sommersprossen auf heller Haut. Das Kleidungsstück an ihrem Oberkörper sah aus wie ein schwarzer Rollkragenpullover. Ihre Figur wirkte schmal und knabenhaft.
»Perry Rhodan …« Die Stimme wisperte.
Er sah der Erscheinung konzentriert zu. Alarmiert, aber nicht fassungslos. Rhodan glaubte Augen zu sehen, einen tiefen forschenden Blick.
»Ich höre!«
»Mein Name ist Fawn Suzuke.« Schnelle, undeutlich klingende Worte, in einem drängenden panischen Ton. Die Arme des Mädchens waren zu den Seiten ausgestreckt, als stemmten sie sich in einem zu engen Korridor gegen die Wände. »Endlich finde ich dich, ich komme nun hierher, um …«
»Ja!«
»Ich muss dich warnen … waarrrnen, denn die Terminale … die Negasphäre Hangay …«
Von hinten tönte ein klapperndes Geräusch, vielleicht Mondra, er fuhr für eine Sekunde herum – und als er wieder zum Bett des Fürsten schaute, war die Erscheinung verschwunden. Rhodan sah einen verwehenden Funkenregen, dann nur noch das Bett und das Luxus-Dekor.
»Perry?« Mondras Stimme.
»Ich bin hier!«
Sie trat in die Schwelle, und Rhodan blickte sie an, als habe er eben einen Geist gesehen, was in gewisser Hinsicht der Wahrheit entsprach.
Mondra wollte eben sprechen, wollte fragen, was es mit seinem Gesichtsausdruck auf sich hatte – da schlugen zeitgleich ihre Armband-Funkgeräte an.
»Auskunft der Systemortung!«, meldete eine neutrale Stimme. »Ein Verband von zwölf Schiffen ist soeben aus dem Linearraum getaucht. Die Einheiten haben sich als arkonidisch identifiziert! Es handelt sich um die Thronflotte ARK’IMPERION. Als Landeplatz wurde von der Leitstelle Raumverkehr der Aldebaran Space Port zugewiesen.«
Rhodan und Mondra blickten sich an. Einen halben Tag vor der Zeit. Entweder die Arkoniden hatten sich mit der Flugzeit verkalkuliert, oder sie hatten etwas entwickelt, was die Triebwerke wiederum einen Tick beschleunigte.
Mondra sprach es aus: »Bostich!«
*
Sie eilten zum nächsten Laufband, zum Antigravschacht, von dort zur nächsten Gleiterplattform an der Außenseite der Residenz.
Rhodan überließ den Sessel des Piloten Mondra, er selbst setzte sich nach rechts. Als die Strukturschleuse des Paratrons hinter ihnen lag, fädelten sie in den nächtlichen Verkehr ein. Er aktivierte sein Armband-Funkgerät: »Hier Perry Rhodan. Ich brauche eine Verbindung zu NATHAN.« Klack, ein Tonsignal. Direktverbindung zur Biopositronik auf dem Mond, dem wichtigsten Großrechner der Menschheit. »NATHAN, ich möchte, dass du für mich den Namen Fawn Suzuke recherchierst. Werte sämtliche Archive aus, die dir zur Verfügung stehen! – Dann meldest du dich bei mir.«
Mondra blickte ihn fragend an, hielt aber den Mund.
Vor ihnen lag der Sichelwall, der den Raumhafen vom Stadtgebiet trennte. Sie steuerte den Gleiter durch eine Tunnelschleuse, und der Anblick, der sich Rhodan und Mondra auf der anderen Seite bot, war atemberaubend:
Hunderte gelandete Raumschiffe, von Space-Jets bis zu Handelsfrachtern, zwischen Kugelriesen der NOVA- und ENTDECKER-Klasse. Das eigentliche Spektakel spielte sich jedoch hoch oben ab. Rhodan und Mondra verrenkten sich die Hälse. Ein arkonidischer Schlachtkonvoi senkte sich auf das Areal herab, illuminiert von Scheinwerferlicht. Zwölf GWALON-Kelchraumer aktuellster Generation, erkannte Rhodan. Grellbläuliche Lumineszenzeffekte umloderten die Triebwerke. Jeder der Raumgiganten bestand aus einer kugelförmigen Basiszelle mit einem Durchmesser von 2400 Metern sowie einem 750 Meter hohen, unten angeflanschten Kegelstumpf.
Er kannte Dossiers über die neue Thronflotte, Berichte aus Geheimdienstkreisen – doch es war das erste Mal, dass man in diesem Teil der Milchstraße den Konvoi zu Gesicht bekam.
Jedes Kelchschiff trug Waffen genug, um die Erde in Sekunden zu verwüsten. Rhodan hatte alle Autorität aufbieten müssen, um ihren Einflug ins Allerheiligste zu ermöglichen.
Arkonidische Raumschiffe über Terra.
Ein dreißig Jahre alter Alptraum, der aus dem letzten Krieg zwischen Terra und Arkon lebendig war. Damals hatten Truppen des Imperators die Erde besetzt, und Milliarden Terraner erinnerten sich lebhaft an die Besatzungszeit.
Die GWALON-Kelche verhielten schwerelos in einer kreisförmigen Schildformation über dem Hafen.
»Welches ist das Flaggschiff?«, wollte Mondra wissen. »Sie sehen alle gleich aus.«
»Nicht ganz.« Rhodan deutete auf das Display am Armaturenbrett des Gleiters. Einer der Kelche war am oberen Pol nicht abgerundet, sondern stark zerklüftet. So als stehe dort eine Stadt. »Das da dürfte die GOS’TUSSAN sein. Bostichs neues Spielzeug.«
»Und was sollen die Gebäude da oben?«
Rhodan lachte. »Warte es ab.«
Mondra steuerte den Gleiter durch den Sicherheitskordon. Zwei Personenchecks, obwohl im Gleiter Rhodan saß, dann waren sie durch.
In dem Moment löste sich eine riesenhafte Plattform vom oberen Pol der GOS’TUSSAN.
Rhodan hatte schon darauf gewartet.
»Das da oben ist die neue GOS’TEAULTOKAN!«, erläuterte er Mondra, den Kopf in den Nacken gelegt, um keine Sekunde des Spektakels zu verpassen. »Der fliegende Kristallpalast Seiner Erhabenheit. Die obere Schnittfläche des Kelchs dient als Hafen, aber die Plattform ist selbstverständlich autark flugfähig! – Überlichtfähig, um genau zu sein.«
Die GOS’TEAULTOKAN senkte sich zu Boden, und die Gebäude entpuppten sich als monströse Trichterpaläste. Der größte, im Mittelpunkt der Konstruktion, durchmaß am oberen Rand fast siebenhundert Meter.
»Beeindruckend«, meinte Mondra nüchtern. »Und jetzt?«
»Er wird sicher … Da geht’s schon los!«
Mit einem Mal stand eine Schleuse offen, zwanzig Meter über dem Boden, und ein Trupp Arkoniden in Kampfanzügen schwebte ins Freie. Kralasenen, die Bluthunde des Imperators. Diese Leute verließen sich nicht auf Sicherheitsvorkehrungen, die Terraner getroffen hatten.
Weitere zehn Minuten später gingen die Kralasenen auf dem Boden nieder. Ein Dutzend Kampfgleiter mit Celistas ergossen sich ins Freie.
»Jetzt übertreibt er aber«, raunte Mondra Rhodan zu.
Am unteren Rand der GOS’TEAULTOKAN manifestierte sich eine Rampe aus Energie, ein begehbarer Bogen zwischen der Schleuse und dem Boden, und die Gestalt, die entlang der Rampe herabschritt, war Bostich I.
Der Arkonide war über einsneunzig groß. Hervortretende Wangenknochen und schmale Lippen verliehen dem Gesicht harte, autoritäre Züge. Seine weißblonden, gewellten Haare trug er entgegen arkonidischer Tradition kurz. Hinter Bostich defilierte ein Gefolge aus Dryhanen, die meisten schmächtige Erscheinungen, faltige Gesichter, viele weißbärtig; die Leibdiener des Imperators. Zwischen den Diplomaten bewegte sich Aktakul, der Ka’Marentis des Imperiums; entsprechend einem Chefwissenschaftler. Den Abschluss bildeten arkonidische Raumlandesoldaten, unter ihnen ein Dutzend Naats.
Rhodan ging Bostich entgegen. Der Arkonide kam heute nicht als Feind, doch er war weit davon entfernt, ein Freund zu sein.
»Imperator!«, sprach er reserviert. »Ich grüße dich auf Terra. Die Unterkünfte in der Residenz sind gerichtet. Ich freue mich, dass du dieser Konferenz eine Chance gibst.«
Bostich starrte Rhodan aus tief liegenden, albinotisch roten Augen an. »Du lässt den Imperator des Göttlichen Imperiums durch die halbe Galaxis anreisen, Terraner. Ich hoffe in deinem Interesse, dein Angebot ist es wert. Was für technologische Neuerungen sind das, die du hast?«
Rhodan blockte ab. »Warte den Tag morgen ab, spätestens übermorgen. Dann werden alle eingetroffen sein. Wir haben eine Präsentation vorbereitet.«
Am Rand des Hafens sammelte sich ein diplomatischer Tross, ein kleines Heer aus hundert Residenz-Beamten. Mit der Leibwache des Imperators, den Celistas und den Kralasenen, setzte sich der Zug in Bewegung; Richtung Solare Residenz, nicht durch das Meer der Straßen, sondern auf einer Route durch den Luftraum.
Am Paratronschirm staute sich der Tross.
»Ich nahm an, deine Residenz würde schweben, Terraner.«
»Wir haben sie aus Sicherheitsgründen gelandet. Einige Konferenzteilnehmer fürchten vielleicht, sie könnten zu Boden stürzen.«
Die Einlassprozedur dauerte ewig, trotz der hohen Gäste, und als Rhodan endlich mit dem Imperator in der Residenz stand, war eine Stunde vorbei. Rhodan führte Bostich durch die Suiten. Nicht aus Höflichkeit allein, sondern um verdeckt ein letztes Mal zu sichern. Der Funkenregen, der sich »Fawn Suzuke« nannte, war möglicherweise geeignet, die ganze Konferenz zu sprengen.
Aber nichts geschah.
Bostich musterte eine kostbare Vase gegen das Licht. Mit den Fingerspitzen strich er über ein bemaltes Wandgewebe. »Etwa 19.000 da Ark … Die Einrichtung stammt aus der Zeit von Gonozal VIII. da Arkon. Bemerkenswert – aber die Farben stimmen nicht.«
Rhodan neigte anerkennend den Kopf. »Meine Mitarbeiter dachten wohl, eine exakte Kopie würde dich verärgern, Imperator. Aus dem Grund wurde eine Reminiszenz für einen Fachmann gewählt.«
»Überflüssig.«
»Wie du willst.« Rhodan passte seinen Ton dem des Imperators an. »Diese Räume liegen zur Sonnenseite der Stadt, der Versammlungssaal liegt auf der anderen Seite. Allerdings wurde eine Bürosuite reserviert, direkt am Versammlungssaal, die dir exklusiv zur Verfügung steht. Du wirst nur wenige Schritte zu gehen haben. – Sollte dir der Sinn bis dahin nach körperlicher Betätigung stehen, wird eine Fitness-Etage für dich geräumt.«
»Ein Training in Rhodans Residenz?« Bostich verzog den Mund zu einem sehr dünnen Lächeln. »Wir wollen doch nicht zu weit gehen, Terraner.«
*
Rhodan sank eben ins Bett, in der Tat so müde, wie Mondra ihm auf den Kopf zugesagt hatte – als das Rufsignal seines Funk-Armbands tönte.
»Ich grüße dich«, sprach die neutrale Stimme des Mondgehirns NATHAN. »Die angeforderten Recherchen wurden mittlerweile abgeschlossen. Von menschlichem Personal wurden mehrere schriftliche Archive gesichtet. – Begib dich bitte an ein Terminal mit Netzanschluss und Holo-Projektor.«
Rhodan schlüpfte aus dem Bett, eilte nach nebenan und aktivierte das Terminal seiner Residenz-Wohnung.
NATHANS Symbol erschien. »Der Name Fawn Suzuke taucht in der Gegenwart und jüngeren Vergangenheit des Solsystems nur einmal in nennenswerter Weise auf«, berichtete das Mondgehirn. »Besagte Fawn Suzuke ging im Jahr 1304 NGZ im Nukleus der Monochrom-Mutanten auf. Sie war neunzehn Jahre alt, eine Telepathin, aufgewachsen in Terrania.«
NATHAN blendete ein Hologramm dazu: Rhodan musterte ein hübsches, aber nicht schönes Gesicht, mit Sommersprossen auf der hellen Haut und einem Silberblick, der selbst im Holo noch irritierend wirkte. Dass sie eine Mutantin gewesen sein sollte, sah man ihr nicht an. Der Blick wirkte jedoch durchdringend tief und forschend, und dass etwas Besonderes an ihr war, erkannte Rhodan.
Er verglich das Bild mit der geisterhaften Erscheinung. Die Sommersprossen stimmten überein, die Züge ebenfalls. Die Fawn Suzuke im Holo trug nicht den schwarzen Rollkragenpullover, den er gesehen hatte; aber das war belanglos, denn Kleider konnte man wechseln. Rhodan hatte die Geist-Erscheinung auf siebzehn Jahre taxiert, Fawn Suzuke war bei ihrem Ableben neunzehn gewesen.
Er ging den Rest der Liste durch, Lebenslauf und dokumentiertes Auftreten in der Öffentlichkeit, und fand nichts, was seinen Argwohn weckte.
»Danke, NATHAN. Verbindung Ende.«
Rhodan schaltete das Terminal ab.
Zu Beginn des 14. Jahrhunderts NGZ hatte Terra eine Schwemme von Mutanten hervorgebracht. Da sie alle schwarzweißsichtig gewesen waren, entstand der Name, den jeder kannte: Monochrom-Mutanten. Ein großer Teil war damals umgekommen. Mehr als dreißigtausend Monochrom-Mutanten gingen in der jungen Superintelligenz SEELENQUELL auf – und schlossen sich nach SEELENQUELLS Ende zu einem Verbund zusammen. Die neue Wesenheit nannte sich Nukleus der Monochrom-Mutanten, kurz: der Nukleus.
Seit dem Jahr 1312 hatte man auf der Erde vom Nukleus nichts mehr gehört. Sein aktuelles Verbleiben war unbekannt.
Wenn nun Fawn Suzuke, offiziell gestorben im Jahr 1304 NGZ, mit Rhodan sprechen wollte, hieß das, sie trat als Bote des Nukleus auf.
Dann gab es etwas, das der Nukleus an ihn übermitteln wollte.
Rhodan ging ins Bad und wusch mit kaltem Wasser das Gesicht.
Er schüttelte die Müdigkeit ab, setzte sich noch mal ans Terminal und gab einen Internen Alarm heraus. Der Alarm richtete sich an Verteidigungsminister Reginald Bull, den Koordinator für Wiederaufbau Homer G. Adams, den Multimutanten Gucky; im weiteren Kreis außerdem an Maurenzi Curtiz, den Ersten Terraner, natürlich an Mondra Diamond, an die Kosmopsychologin Bré Tsinga und Terras Residenz-Minster für Wissenschaft und Technik, Malcolm S. Daellian.
Etwas war im Busch. Eine Botin des Nukleus auf Terra. Rhodan erinnerte sich an den drängenden, panischen Ton in Fawn Suzukes Stimme.
Er legte sich zurück ins Bett, weil er nichts mehr tun konnte, und ihm fielen in Sekunden die Augen zu.
»Chefwissenschaftler Malcolm S. Daellian, die besten Kapazitäten und Techniker des Systems, sie alle arbeiteten unter Hochdruck auf eine Fernexpedition hin, deren Ziel die 2,13 Millionen Lichtjahre entfernte Galaxis Hangay war.
Soweit man wusste, stand in Hangay die Entstehung einer Negasphäre bevor; eines Ortes ohne physikalische Gesetze, in dem die Mächte des Chaos regierten. Die Entstehung einer Negasphäre galt als Vorgang von kosmischem Rang – und von kosmischer Dauer. Vor Ablauf einiger tausend, vielleicht Millionen Jahre war mit dem Abschluss nicht zu rechnen. Doch Perry Rhodan sah lange im Vorfeld Auseinandersetzungen voraus, einen Krieg zwischen Chaos und Ordnung, in den die Milchstraße verwickelt werden konnte.
Am 4. Februar 1344 NGZ war das alles noch Spekulation. Über die wahren Zustände in Hangay gab es keine Nachricht.
Der Startschuss zur Expedition lag offiziell eine ungewisse Zeit in der Zukunft. Keine dreizehn Jahre waren vergangen, seit der Hyperimpedanz-Schock die fünfdimensional ausgerichtete Technik der Völker ihrer physikalischen Grundlage beraubt – und damit zertrümmert hatte.
Die technologischen Probleme für einen Flug nach Hangay galten als nicht annähernd gelöst. Wenngleich Terra insgeheim sehr viel größere Fortschritte erzielte, als zu diesem Zeitpunkt öffentlich bekannt war.«
[Hoschpians Chroniken des 14. Jahrhunderts NGZ; Kap. 31.3.1. Wettlauf nach Hangay]
»Es ist so weit, Bestien, versammelt euch!«, dröhnte Zon Facter durch die Räume der Baracke. »Es gibt Befehle vom Dualen Kapitän!«
Er aktivierte die Sprechanlage und gab die Nachricht wortgleich in die übrigen Baracken weiter.
Seine Stimme entfaltete die akustische Gewalt einer Baumaschine. Die Wände der Behausung erzitterten; jede Platte Plastik lag noch provisorisch, wie die übrige Installation an Bord des Kolonnen-Forts TRAICOON 0098. Auch die Böden fingen jetzt zu zittern an, denn Facters Artgenossen, die Assassinen des Chaos, strömten aus allen Räumen der Siedlung zusammen.
Der Körperbau der Bestien stellte sie hoch über andere Spezies: zwei Säulenbeine für den Bewegungsapparat, im Zusammenspiel mit dem unteren Armpaar, den Laufarmen. Das zweite, kürzere Armpaar diente nicht zur Fortbewegung, sondern sie wurden als reine Handlungsarme verwendet. Die Schädel waren halbkugelförmig, mit hoch effizienten Sinnesorganen besetzt, und schützten das leistungsstarke Gehirn.
Die Biologie tarnte unter einem monströsen Äußeren häufig Schwäche. Nicht so bei den Assassinen.
Kolonnen-Bestien verfügten über die Fähigkeit der Strukturwandlung. Der atomare und molekulare Bau der Körper war willentlich veränderbar; von einer Bestie aus Fleisch und Blut zu einem Gebilde, hart wie Baustahl. Ihre Körpermasse reichte aus, um Wände zu durchschlagen – bei entsprechender Geschwindigkeit. Facter erreichte über hundert Stundenkilometer.
Aktuell lag ihre Mannschaftsstärke bei sechzig Personen. Später, wenn das Fort voll aufgerüstet und bemannt war, würden es einige tausend sein.
Die Siedlung in der Peripherie von TRAICOON 0098 war ihr Zuhause. Die Wände der eiförmigen Baracken wirkten ausgebeult und mitgenommen, wohin man blickte. Facter hatte seinem Stellvertreter Val Rabozo zahlreiche Prügeleien geliefert, aus Langeweile und aus Überdruss, denn die Stimmung war entsetzlich. Das Nichtstun ließ sie alle manisch werden.
Aber nun war das vorbei, und es wurde Zeit.
Die Bestien sammelten sich vor Facters Hütte. Der Hangar wirkte endlos weit und war so leer, dass die Stimmen ohne Echo in der Tiefe des Raums verhallten. Sobald das Fort bestückt war, würde der Hangar voll Traitanks stehen, den Kreuzern der Kolonnen-Forts. So gab es nur die Baracken – und die Dunkelkapseln, ihre Einsatzboote, die hinter der Siedlung lagerten.
Facter hatte jedes Mitglied der Truppe im Blick. Zwei seiner Augen lagen an den Seiten seines Schädels, das dritte blickte hoch oben von der Vorderseite, was beinahe Rundumsicht ergab.
»Ruhe jetzt!«, brüllte Zon Facter seine Artgenossen nieder. Ein Kunststück, das so nur ihm gelang, dem anerkannten Kommandeur.
Stille kehrte ein.
»Bestien – der Duale Kapitän hat uns eine erste Mission zugeteilt!«
Jubel. Er ließ die Worte wirken.
»TRAICOON 0098 steht an der Schwelle eines Systems, das sich Solsystem nennt. Auf dem Planeten Terra, in der Hauptstadt Terrania, findet soeben eine Konferenz diverser galaktischer Herrscher und Volksvertreter statt. Nach Einschätzung des Dualen Kapitäns ist es ein Leichtes, mit einem gezielten Schlag diese Personen zu eliminieren. Wir erzielen bei minimalem Aufwand einen maximalen Schaden.«
Facter hörte seine Leute mit den Stiefeln scharren.
»Es ist unsere Aufgabe«, führte er weiter aus, »direkt am Veranstaltungsort die Hinrichtungen vorzunehmen, und zwar in der so genannten Solaren Residenz. Der Kapitän hat eine Gruppenstärke von drei Dunkelkapseln bewilligt. Neun Assassinen pro Kapsel.«
Das Brummen und Scharren erstarb wie ausgeknipst. Jeder konnte dabei sein oder auch nicht, – und war stattdessen dem Stumpfsinn im Kolonnen-Fort weiter ausgeliefert.
»Ich werde die Teilnehmer nun auswäh…«
Mit einem Mal Tumult von hinten: Ein blaugrauer Riese drängte durch die dicht geschlossenen Reihen, Val Rabozo, Facters Stellvertreter. Wer im Weg stand, wurde von Rabozos Lauf- und Handlungsarmen beiseite gedrückt.
Rabozos Haut war gefleckt, mit Pigmentstörungen über dem gesamten Schädel. Facter hätte schwören können, dass sich in diesem Moment selbst die Flecken dunkel färbten.
In voller Gewalt baute sich der Assassine vor Facter auf. »Wag es, mich auszuschließen«, bebte Rabozo, »und ich reiße dir das Hirn aus dem Kopf! Du wirst mich mitnehmen, oder ich schwöre dir, den Fehler überlebst du nicht!«
Zon Facter brüllte: »Du willst mir Angst machen, Zwerg?«
Für eine Sekunde maßen sie einander. Ihre Körper stellten automatisch Kampfbereitschaft her, und Zon Facter brachte mit Gewalt den Vernichtungstrieb unter Kontrolle, der ihn beinahe überwältigt hätte.
»Schluss damit, Rabozo!«, stieß er hervor. »Du wirst Gelegenheit haben, dich anderweitig auszuprobieren!«
»Das heißt, ich bin dabei?«
Mit beißendem Sarkasmus erwiderte Facter: »Kann ich etwa deinen Zorn riskieren? Außerdem brauchen wir einen Positronik-Spezialisten.«
Facter deutete mit einem seiner Handlungsarme nacheinander auf fünfundzwanzig weitere Bestien.
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