Inhalt
Vorwort
1 Gewissen oder Geld
Das Gesetz preiswerter Motive
2 Relativ – gut gemacht
Das Gesetz von gewünschter Wirklichkeit und passgenauem Vergleich
3 Karriere und Reichtum – oder Happiness ohne Ende
Das Gesetz beglückender Fürsorge
4 Mut zur Mertesacker-Wut
Das Gesetz unerwarteter Stärke
5 Wer nur einmal schwindelt, der ist kein Mensch
Das Gesetz entspannender Unwahrheit
6 Manchmal sind wir besser, als wir denken
Das Gesetz der weißen Lügen
7 Dumm ist, wer Dummes tut
Das Gesetz vom reinen Herzen und den besten Folgen
8 Den Richtigen helfen
Das Gesetz kindlicher Gerechtigkeit
9 Siegen – und dann nachtreten
Das Gesetz von der Zerstörungslust
10 Fit und sexy – aber um welchen Preis?
Das Gesetz angemessener Selbstverpflichtung
11 Schnell entscheiden oder Hängepartie
Das Gesetz vom richtigen Zeitpunkt
12 Du sollst nicht denken, dass du etwas Besseres bist
Das Gesetz vom Wettkampf im Krabbenkorb
13 Abgeben oder nicht
Das Gesetz der Krisenqual
14 Ehrlich und betrügerisch
Das Gesetz vom flexiblen Blick in den Spiegel
15 Tiermörder am Steuer oder nicht
Das Gesetz der Schildkröten
16 Mehr als wahr
Das Gesetz echter Freundschaft
Literatur
Danksagung
Die Autoren
Wir Menschen sind seltsame Wesen. Einerseits verfolgen wir große Ziele wie Karriereerfolg, Fitness, finanzielle Sicherheit, Glück, sexuelle Erfüllung oder Fairness gegenüber anderen. Andererseits tun wir oft einiges, um uns selbst zu sabotieren, uns also vom Weg abzubringen.
Manchmal handeln wir »richtig« (das Wort steht bewusst in Anführungszeichen). Zumindest empfinden wir das für einen Moment, und vielleicht bleibt das auch so. Aber nicht immer. Womöglich merken wir in ein paar Jahren oder schon nach ein paar Stunden: War wohl doch nicht so gut.
Der vermeintliche One-Night-Stand, der zur Beziehung wird, die dann ein Leben lang hält: »richtig« gehandelt. Der One-Night-Stand, in dem wir morgen oder auch übermorgen noch schwelgen, den wir dann aber bereuen, weil er unsere Ehe oder Partnerschaft zu zerstören droht: »falsch« gehandelt.
Die Prüfungen, durch die wir uns mogeln, um es am Ende gerade so zu schaffen: »richtig« gehandelt. Irgendwann aber merken wir: Die Kompetenz, die wir uns mit viel Arbeit hätten aneignen sollen, fehlt uns nun: »falsch« gehandelt.
Die Konkurrentin, gegen die wir uns bei der anstehenden Beförderung mit fragwürdigen Mitteln durchsetzen: »richtig« gehandelt. Später begegnet sie uns in einem anderen Unternehmen wieder, als Verhandlungspartnerin, von der wir Aufträge wollen, oder als Chefin. Es wird klar: Der Sieg vor ein paar Jahren war ein scheinbarer – »falsch« gehandelt.
Sind wir einfach zu schwach, um das »Richtige« zu tun? Lügen wir uns zu sehr in die Tasche – und betrügen dabei nicht nur andere, sondern auch uns selbst? Sind wir Spielball unserer Widersprüchlichkeit, unserer Schwächen, unserer Fehler?
Die in diesem Buch versammelten Geschichten möchten dazu beitragen, dass wir uns selbst und andere besser verstehen. Nicht einfach so, sondern damit unser Denken und Handeln besser wird. Es muss nicht perfekt sein, das wird es wohl auch nie – aber eben besser. Um unseretwillen, denn es ist unser Leben. Aber auch um der Menschen willen, mit denen wir interagieren, die wir lieben oder mögen, mit denen wir arbeiten und für die wir Verantwortung tragen in Unternehmen und Organisationen, in der Familie, in Vereinen und Netzwerken.
Denn wir – und diesmal meint das »wir« uns, die Autoren – wir also sind überzeugt, dass »richtiges« Handeln im Idealfall auch »gutes« Handeln ist. Es ist nur dann »richtig« und »gut«, wenn es nicht nur uns selbst mehr oder weniger dauerhaft Vorteile bringt, sondern wenn dies zugleich auch für andere gilt.
Die Geschichten in diesem Buch handeln von den Grundthemen unseres Lebens. Sie handeln von Wahrheit, Lüge und Betrug, von Liebe, Hilfsbereitschaft, Freundschaft und Partnerschaft, von Gesundheit und Krankheit, von Geld, Gewissen und Moral, von Wahrnehmung und Denkfallen, von Job, Wettkampf, Karriere, Glück, Fußball und Tierliebe. Und sie basieren sämtlich auf den spannenden Erkenntnissen moderner Wissenschaft in den Grenzbereichen von Psychologie, Verhaltensökonomie, Arbeitswelt und Ethik. Auch deswegen sind sie nicht selten überraschend und kurios.
Als neugierige Forscher und leidenschaftliche Praktiker des Lebens wissen wir: Alles Wissen ist vorläufig. Daher glauben wir nicht an letztgültige Wahrheiten. Wir sind also bescheiden. Aber zugleich sind wir überzeugt von Erkenntnissen, die eine andere Perspektive auf unseren Alltag eröffnen als die bisher vertraute und die helfen, Job und Leben besser zu bewältigen.
Da die Storys, die wir in diesem Buch erzählen, kurz sind, müssen und wollen wir vereinfachen. Das tun wir mit Lust. Deswegen heißt der Buchtitel auch »GUT! Die 16 Gesetze für richtiges Handeln.«
Genauso lustvoll geben wir Ihnen, der Leserin, dem Leser, in jeder Gesetzesgeschichte einen oder mehrere Tipps mit auf den Weg, manchmal sehr konkret, manchmal eher offen, manchmal mit einem Augenzwinkern.
Sind wir also Ratgeber? Gewiss keine Erfolgsratgeber, die sagen, wie man zu leben hätte. Und auch keine Ratgeber, die sagen: So müssen Sie handeln, dann werden Sie sexy, reich, happy und erfolgreich. Doch aber Ratgeber in dem Sinne, dass wir Ihnen Denkanstöße für ganz praktische Dinge präsentieren, die Sie persönlich bewegen oder die Sie künftig besser machen wollen.
Wir möchten Ihnen also helfen, und wir möchten, dass Sie – wie auch immer – von dieser Hilfe profitieren. Wenn das gelingt, dann ist es ... GUT!
Jens Schadendorf und Prof. Dr. Christoph Lütge
München, im Oktober 2014
»Edel sei der Mensch, hilfreich und gut«, erinnert uns Goethe. Nun ja, noch so ein Sinnspruch, und außerdem wissen wir: Ganz so edel war der Dichter selbst auch nicht. Dennoch haben wir so etwas wie eine innere Stimme, die uns sagt, was gut oder schlecht ist. Nicht immer rät sie das Richtige. Aber diese Stimme flüstert vielen von uns irgendwann auch ein, wir sollten unser Leben ändern, sollten gute Menschen werden oder wenigstens kleine Dinge fortan besser machen.
Jenseits schönster Absichten indes grätscht uns manchmal etwas in diese moralischen Ziele hinein – und nicht selten geschieht das, ohne dass wir es richtig merken. Und ehe wir uns versehen, ändern wir dann unsere Einstellung und unser Verhalten. Manchmal zum Guten, manchmal nicht, oft auch überraschend.
Ein berühmtes Beispiel dafür, wie eine überraschende Einstellungs- und Verhaltensänderung aussehen kann, beschreiben die beiden Forscher Uri Gneezy und Aldo Rustichini anhand eines israelischen Kindergartens. Obwohl dieser feste Öffnungszeiten hatte, an deren Ende die Kinder abzuholen waren, kamen die Eltern immer wieder zu spät. Die in der Regel nicht gerade üppig bezahlten Betreuer, die in ihren wohlverdienten Feierabend gehen wollten, mussten immer wieder warten.
Das konnte so nicht weitergehen, und man ersann eine Lösung, welche die Eltern disziplinieren sollte. Wer mehr als zehn Minuten nach 16 Uhr kam, sollte eine Geldstrafe bezahlen. Doch entgegen den Erwartungen verspäteten sich daraufhin nicht weniger Eltern beim Abholen ihrer Kinder, sondern mehr. Am Ende waren es im Durchschnitt doppelt so viele wie vor der Einführung der Strafe, und das änderte sich auch dann nicht, als die Strafe wieder abgeschafft wurde.
Gneezy und Rustichini konnten sich zunächst keinen Reim auf diese Entwicklung machen, doch dann wurde ihnen Folgendes klar: Vor der Einführung der Strafe befanden sich die Eltern in einer Situation, in der ihr moralisches Empfinden sie immerhin dazu zwang, sich nicht allzu sehr zu verspäten. Kamen sie nämlich nicht rechtzeitig, so wussten sie dennoch – so gestresst sie auch sein mochten – um die Unanständigkeit ihres Verhaltens gegenüber den Betreuern ihrer Kinder.
Mit der Einführung der Geldstrafe änderten sich jedoch die elterlichen Handlungsmotive. Denn die Mütter und Väter lernten, dass sie sich nun von ihren Gewissensbissen, die zuvor der immaterielle Preis fürs Zuspätkommen gewesen waren und die wenigstens in gewisser Weise disziplinierend gewirkt hatten, durch Geld freikaufen konnten. Und nachdem sie das einmal verstanden hatten, nützte es auch nichts, die Geldstrafe wieder abzuschaffen. Genau deswegen blieb das durch die Einführung der Strafe entstandene höhere Verspätungsniveau weitgehend erhalten.
Ähnliche Veränderungen beobachteten die Forscher in anderen Situationen, so etwa bei Gymnasiasten, die einmal im Jahr für einen guten Zweck Geld sammeln gingen. Lange waren sie dafür mit nichts anderem als mit der Achtung ihres Umfelds (und den damit verbundenen guten Gefühlen) belohnt worden. Als die Jugendlichen dann jedoch zunächst 1 Prozent und später gar 10 Prozent der Spendengelder behalten durften, verbesserte sich ihr Sammelergebnis nicht etwa, sondern das Gegenteil geschah: Es verschlechterte sich.
Wie im Fall des Kindergartens bewirkte also ein gut gemeinter Geldanreiz nicht das Erwartete. Auch hier war zunächst nicht verstanden worden, dass der Geldanreiz einen anderen, viel stärker wirkenden Antrieb verdrängt hatte: nämlich in den eigenen Augen und in denen des Umfelds, etwa der Eltern, der Lehrer, der Mitschüler et cetera, als guter Mensch mit sozialem Gewissen zu gelten.
Zerstört oder verdrängt also Geld das Gewissen oder unsere moralischen Gefühle? Ganz so vereinfacht kann man es nicht ausdrücken. Aber einige kleine Regeln für richtiges Handeln lassen sich aus dem Erzählten (und weiterer Forschung dazu) natürlich dennoch ableiten.
Die vielleicht wichtigste Regel: Wenn Sie andere Menschen dazu bringen möchten, etwas eher Unangenehmes zu tun, dann hilft Geld nicht immer. Vielmehr kann es gerade solche Beziehungen und Verhaltensweisen beschädigen, die wir mit den Vorstellungen von »respektvollem Umgang« und »guter Tat« und insofern mit moralischem Handeln verbinden. Der Einsatz von Geld kann zu einem schlechteren Ergebnis führen, als wenn Sie auf Geldangebote verzichten.
Denken Sie zum Beispiel an einen guten Freund, den Sie darum bitten, Ihnen beim Umzug zu helfen. Er hat vielleicht etwas anderes vor, oder plötzlich fallen ihm seine Rückenschmerzen wieder ein. Dennoch unterstützt er Sie. Er würde es aber als beleidigend empfinden, wenn sie ihm hinterher 100 oder auch 1.000 Euro für seine Hilfe anböten. Ihr Geldangebot blockiert womöglich den viel tragfähigeren sozialen Antrieb, der verbunden ist mit der Vorstellung, dass echte Freunde sich nun mal helfen – und bei einem Umzug für ihre Hilfe allenfalls mit ein paar Bier und einem gemeinsamen Essen belohnt werden. Mit anderen Worten: Wer vergisst, dass Freundschaften vor allem nichtökonomisch ticken, der hat bald keine (echten) Freunde mehr.
Um manche Beziehungen mag es nicht schade sein. Gerade bei den besonders wichtigen aber wie den Freundschaften, den Partnerschaften oder jenen in der Familie dürfte das anders aussehen.